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Das Ende des Euros

 

 


Noch vor zehn Jahren hätten viele gejubelt, wenn sie gewusst hätten, was heutzutage, im Juli 2023, Realität ist. Nachdem vor sechs Jahren die rot-orange-grüne Bundesregierung die Abschaffung des Euros vorschlug und der Antrag mit großer Mehrheit durch den Bundestag und den Bundesrat als Gesetz verabschiedet wurde, kam es zu einer unglaublichen Konsequenz und einer radikalen Reform. Es wurde nicht etwa die DM wieder eingeführt, sondern auf etwas zurückgegriffen, was die Menschheit seit Jahrtausenden nicht mehr praktizierte: der Tauschhandel.

 

Bäcker zahlten ihre Rechnungen mit Brot, Schlachter mit Wurst, Bauern mit Früchten, Getreide oder Vieh. Das hatte für viele andere Berufe üble Folgen, zum Beispiel für Leute meines Standes. Als Finanzbeamter ist man nun einmal nicht besonders produktiv, jedenfalls nicht im wörtlichen Sinne. Wer gedacht hatte, dass mit der Geldabschaffung auch die Steuerpflicht entfällt, sah sich getäuscht. Jeder Bürger muss ein Fünftel seines Ertrages an den Staat abführen. Wir mussten daher in unserem Verwaltungsbau etliche Büros zu Lagerräumen umbauen, um dort die Waren zu horten, die an uns abgeführt wurden. Das ist alles sehr aufwändig und kompliziert, und bedarf einer enormen Logistik. Keinesfalls durften wir die versteuerten Schweine und die Feldfrüchte in einem Raum aufbewahren, weil dieses zu außerordentlichen Verlusten des Staates führen würde.

 

Wir Beamten werden auch mit diesen Naturalien entlohnt, letzten Monat erhielt ich 200 Kilo Äpfel, 85 Vollkornbrote, 18 Mettwürste und acht Käselaibe. Was war das für ein Aufwand, das alles wieder umzusetzen! Eigentlich wollte ich eine neue Waschmaschine erwerben, doch der Händler lehnte ab, er wollte diese Waren nicht.

 

Ich musste mir etwas einfallen lassen und besann mich auf meine literarischen Fähigkeiten. Da bei Bookrix seit einiger Zeit, die Mehrfachbeherzung und deren Weitergabe an Dritte erlaubt ist, schrieb ich mehrere Bücher, die großes Interesse fanden. Allein „Das Liebesleben der brandenburgischen grünen Waldameise“ sowie „Die richtige Verarbeitung der brasilianischen Flugananas“ und „Die Entwicklung des Ansehens der Finanzbeamten vom Frühmittelalter bis zur Neuzeit“ fanden großen Anklang und brachten mir viele, viele Herzen ein. Diese gab ich an den befreundeten KFZ-Händler weiter, dessen Werk „Alle Laster dieser Welt“ zwar extrem hohe Klickzahlen, aber wenig Erfolg hatte. Er gab mir einen alten Lieferwagen dafür, den ich wiederum gegen vier anatolische Bergziegen eintauschen konnte. Diese Ziegen reichte ich an ein türkisches Feinschmeckerlokal weiter, deren Bewirtungsgutschein für vierundzwanzig Personen glücklicherweise an das Elektrogeschäft weitergegeben werden konnte, was mir letztendlich doch noch die begehrte Waschmaschine einbrachte.

 

Ja, ja, das ist alles sehr kompliziert geworden und war so sicherlich nicht von der Regierung erwartet worden. Auch die kürzlich beschlossene Griechenland-Hilfe hat nicht jedermann gefallen. Der Kredit in Form von zehn Millionen Bockwürstchen hatte zu massenhaften Protesten und zu Forderung zum Austritt der Bundesrepublik aus der europäischen Tauschzone geführt. Wir werden sehen, was weiter passiert.

 

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Bildmaterialien: www.welt.de
Tag der Veröffentlichung: 12.06.2013

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