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Ich erlebte die Hölle auf Erden

 

 

Wir waren eine glückliche Familie: Mein Vater Andreas, meine Mutter Heidi, meine Schwester Konstanze und ich, Gabriele.

 

Doch dann geschah das Unglück. Mein Vater starb plötzlich und unerwartet an einem Herzinfarkt. Er wurde nur sechsunddreißig Jahre alt. Meine Mutter stand von heute auf morgen völlig alleine da. Mit ihrem kleinen Gehalt, dass sie als Kassiererin im Supermarkt erhielt, und der Witwen – und den Halbwaisenrenten kamen wir halbwegs über die Runden. Es war kein Leben in Luxus, aber wir mussten nicht hungern.

 

Dann lernte meiner Mutter Bernhard kennen. Bernhard war Bäcker und, so sagte es uns meine Mutter, ein toller Mann. Sie war auch sehr glücklich, dass er uns Mädchen liebevoll behandelte.

 

Nur drei Monate später zogen wir zu ihm und kurz danach heiratete ihn meine Mutter. Ich war zu diesem Zeitpunkt dreizehn Jahre alt. Eines Tages, ich lag gerade in der Wanne, betrat Bernhard das Badezimmer. Er war angetrunken, wie so oft. „Soll ich dir den Rücken eincremen?“, fragte er mich. Ahnungslos stimmte ich zu. „Das ist aber nicht mein Rücken!“, sagte ich protestierend, als seine großen Hände über meine Brüste strichen. „Ach, meine Süße. Das gefällt dir doch. Du bist doch schon richtig geil, das spüre ich doch.“ Natürlich gefiel es mir nicht, ich erhob mich und knallte ihm eine.

 

Zwei Wochen später, als meine Mutter mit meiner kleinen Schwester beim Arzt war, geschah erneut etwas. Ich saß auf dem Sofa und sah fern. Mit einer Flasche Merlot in der Hand kam Bernhard in das Wohnzimmer. Er sah mich, und lächelte. Es war ein schmieriges Lächeln. Ich ahnte, was er vorhatte. Er setzte sich neben mich und fing an, mich zu begrapschen. Diesmal hatte ich nicht den Mut, mich zu wehren. Offenbar verstand dieses Schwein das falsch. Nachdem er mich vollständig ausgezogen hatte, und überall angefasst hatte, nahm er mich und trug mich ins Schlafzimmer.

 

Das Martyrium wurde immer schlimmer. Es verging kaum ein Tag, an dem ich ihn nicht ertragen musste. Geschickt nutzte Bernhard die Abwesenheit meiner Mutter, die von all dem nichts ahnte.

 

Zwei Jahre später ging ich an Konstanzes Zimmer vorbei. Ich hörte ein leises Wimmern. Ohne zu klopfen, betrat ich den Raum. Konstanze lag auf ihrem Bett, tränenüberströmt. Ich umarmte sie, um sie zu trösten. Was sie mir erzählte, war genau das, was ich befürchtet hatte. Er hatte sich auch an ihr vergangen. Konstanze war nun dreizehn, so wie ich damals.

 

Das war zuviel! Konstanze und ich beschlossen, dem Ganzen ein Ende zu bereiten. Wir wollten uns rächen, wir mussten uns rächen. Ich hatte in den zwei Jahren die Hölle auf Erden erlebt, meine kleine Schwester sollte nicht dasselbe durchmachen.

 

Im Medizinschrank fanden wir ein Röllchen Schlaftabletten, die wir, zusammen mit etwas Zucker, in den Rotwein, den Bernhard stets trank, auflösten.

 

Der Plan funktionierte, Bernhard trank den Merlot vollständig aus, und schlief kurz danach auf dem Sofa ein.

 

Mit Mühe und Not trugen wir unseren schlafenden Stiefvater in die Backstube. Konstanze schaltete den Backofen ein. Ich öffnete die Klappe und wir schoben dieses elende Schwein hinein. Bernhard sollte Höllenqualen erleiden, für all das, was er uns angetan hatte.

 

Morgen muss ich mich vor Gericht verantworten, meine Schwester ist ja noch nicht strafmündig. Mein Anwalt sagte mir, dass ich beim Richter mit Milde rechnen könne.

 

Eines weiß ich jedoch, Bernhard spürt jetzt das Fegefeuer.

 

 

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Tag der Veröffentlichung: 02.06.2012

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