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Hubert möchte Hochzeit machen

 

 

Ich, Hubert Hundertmark, bin überglücklich. Wilma Wucherpfennig, meine Freundin und Nachbarin hat ja gesagt! Sie möchte mich heiraten. Niemals hätte ich noch vor einem Jahr gedacht, dass mir das passieren würde. Allerdings möchte Wilma nicht meinen Nachnamen annehmen. Sie meint, dass „Hundertmark“ nicht zu „Wilma“ passen würde. Ich habe darüber mit meinem Kollegen Hilmar Hintergesäß gesprochen. Wir beide teilen uns hier ja bei der Gemeindeverwaltung von Buxtehude das Aufgabengebiet für die Hundesteuer. Der Hilmar hat die Buchstaben A bis L, und ich die von M bis Z. Natürlich richtet sich das nach den Namen der Besitzer und nicht nach denen der Hunde. Wir sind da schon gewieft, wir von der Buxtehuder Gemeindeverwaltung. Aber ich schweife ab. Jedenfalls meinte Hilmar, dass er durchaus Verständnis für meine Freundin hat. Als er seine Rosa heiratete, wollte sie auch nicht seinen Namen annehmen! So sind sie halt, die modernen Frauen.

 

Es wird aber Zeit, sich wieder für die Verbraucher einzusetzen, wie ich das schon immer tue. Im Moment habe ich ja ununterbrochen mit den Hochzeitsvorbereitungen zu tun. Wilma hatte die Idee, dass wir keinen Disc-Jockey engagieren oder diese neumodischen Silberscheiben auflegen lassen, sondern romantische Klaviermusik aufführen. Das hat mir als Beethoven-Fan natürlich gefallen. Allerdings ist Ludwigs Musik nicht gerade besonders romantisch! Können Sie sich „Freude schöner Götterfunken“ auf einer Hochzeit vorstellen? Das ist doch eher etwas unpassend. Tja, und da haben wir das Problem. Ich habe ja Ludwigs Büsten auf meinem Klavier mit dem hervorragenden Alleskleber befestigt. Somit können wir mein Instrument nicht in die Buxtehuder Sporthalle bringen, die wir für unsere Feier anmieten wollen. Da muss ein anderer Flügel her.

 

Ich war froh, dass ich letzte Woche mal wieder Werbung geguckt habe. Wilma hatte ihre Schwester Wanda besucht, die in Eimsbüttel wohnt. Somit hatte ich Zeit zum Fernsehen. Ja, und in diesem Werbeblock wurde für ein Erfrischungsgetränk in einer blauen Dose Reklame gemacht. Da hieß es doch tatsächlich, dass diese Firma Flügel verleiht. Welch ein Glück! Ich informierte mich über das Internet über die Telefonnummer. Die sitzen zwar in Österreich, aber das ist mir egal. Für Wilma ist mir nichts zu teuer.

 

Vorgestern habe ich da angerufen. „Guten Tag, mein Name ist Hubert Hundertmark, ich rufe wegen Ihrer Werbung an. Ich hätte gerne einen.“

„Wie jetzt einen? Sie möchten nur eine Dose? Das ist aber bisschen wenig, um sich direkt an uns zu wenden. Gehen Sie bitte zu Ihrem Getränkehändler oder in den Supermarkt Ihres Vertrauens.“

„Nein, Sie missverstehen mich. Ich möchte nicht Ihr Getränk, sondern hätte gerne ein Klavier. Möglichst eines, auf dem keine Beethoven-Büste klebt. So eines habe ich nämlich selber. Aber das können wir ja nicht nehmen. Wilma, das ist meine Freundin, wünscht sich nämlich eher romantische Musik zu unserer Hochzeit. Und die Musik von Ludwig passt da nicht so recht.“

„Und wie kommen Sie darauf, dass Sie das bei uns bekommen? Wir sind ein Getränkehersteller, kein Musikinstrumentehändler.“

„Ich möchte das Klavier ja auch nicht kaufen, sondern nur leihen. In Ihrer Werbung sagen Sie doch, dass man diese bei Ihnen bekommt.“ Der junge Mann am anderen Ende der Leitung wurde wütend und sagte: „Wenn Sie mich verarschen wollen, sind Sie aber bei mir an der falschen Adresse. Das ist nicht witzig.“

„Witzig ist das allerdings nicht. Sie täuschen die Verbraucher und...“

 

Weiter kam ich nicht. Der junge Mann knallte empört den Hörer auf.

 

Na, die können was von mir erleben. Das gibt einen dicken Beschwerdebrief. Kunibert, mein Bruder, hat nämlich endlich nach achtunddreißig Semestern seinen Jura-Abschluss geschafft. Wir hatten ja alle gehofft, dass er etwas schneller ist, aber so sind wir Hundertmarks nun einmal. Langsam, aber gründlich. Das gilt auch für Herbert, Norbert und Berta, die in ihren Berufen als Nervenarzt, Programmdirektor beim Privatfernsehen und als Chemie-Laborantin täglich beweisen müssen, dass sie ihre Arbeit gut machen.

 

Kunibert werde ich nachher gleich anrufen. Vorher muss ich mich aber noch die Nummer von diesem Friseur heraussuchen. Wilma meinte nämlich kürzlich, dass ihr „Figaros Hochzeit“ gefallen würde.

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Bildmaterialien: www.awaytogo.co.nz
Tag der Veröffentlichung: 02.05.2012

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