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Vom Märzipan zur Märzweckhalle

 

 

Als mein Großonkel väterlicherseits vor zwanzig Jahren verstarb, übergab er mir am Totenbett ein sensationelles Dokument. Nach endlosen Diskussionen innerhalb unserer Großfamilie und zahlreichen Rechtsstreitigkeiten darf ich Ihnen, meine Damen und Herren endlich den Inhalt präsentieren.

 

Die Familie März hat mit ihren Erfindungen und Entdeckungen über Jahrhunderte das Weltgeschehen beeinflusst. Sie werden von diesen Enthüllungen überrascht sein. Ich will sie Ihnen nicht länger vorenthalten.

 

24. Oktober 1254

 

Der Zuckerbäcker Albert März erwirbt in Lübeck von einem Handelsreisenden aus dem Orient ein Geheimrezept und verfeinert es. Aus Mandeln, Zucker und Rosenwasser mischt er ein Produkt zusammen, das seine Kunden begeistert und bald darauf einen Siegeszug durch ganz Europa antreten sollte. Albert nennt seine Erfindung „Märzipan“. Zur besseren Vermarktung im Ausland entfallen schon bald die Punkte über dem Ä.

 

05. März 1512

 

In Rupelmonde in Flandern wird Gerhard März geboren. Er war Mathematiker, Geograph, Philosoph, Theologe und Kartograf. 1569 schuf er eine Weltkarte, die Weltruhm erlangte, ebenso wie seine Globen. Sein Name wurde später zu Märzcator verballhornt, wobei es ja eigentlich Märzkarter heißen müsste. Viele Jahre später wurde daraus Mercator. Gerhard starb als reicher Mann im Jahre 1594 in Duisburg.

 

28. Oktober 1555

 

Der in Rom lebende Neffe von Gerhard, Francesco Marcia, erhält den Auftrag, ein Musikstück zu Ehren des Königs, bzw. seiner Soldaten zu schreiben. Inspiriert von spätmittelalterlichen Prozessionsgesängen und Kreuzfahrerliedern entsteht daraus die nach Francesco benannte Musikrichtung „Marcia“. In Deutschland wurde daraus durch eine Fehlübersetzung der Marsch. Auch in Opern ist er sehr beliebt.

 

26. April 1792

 

Der nach Amerika ausgewanderte Thomas März, der sich dort Thomas March nannte, verfasst zusammen mit seiner französischen Freundin Simone Laissé eine Komposition, die er March et Laissé nennt. Drei Jahre wird das Lied zur französischen Nationalhymne erklärt und der Name in Marseillaise verändert. Im Jahre 1917 war sie für zehn Monate nach der Revolution auch Hymne Russlands.

 

12. Juli 1899

 

Emil März nimmt zusammen mit seinem spanischem Beifahrer Pedro Edes an der Rennwoche von Nizza teil. Die beiden sind so erfolgreich, dass ein Jahr später der Markenname März-Edes für die Fertigung von Fahrzeugen der Daimler-Motorenwerke benutzt wurde. Im Jahre 1909 wurde dann der Name gesetzlich geschützt, allerdings international als Mercedes, was sich dann auch in Deutschland durchsetzte.

 

 

03. August 1903

 

Robert March, ein Nachfahre von Thomas, erfindet in New York eine Süßigkeit aus Eischnee, Geliermittel, Zucker sowie Farb- und Aromastoffen und nennt sie Marchmallow. Durch ein Versehen eines Druckers einer örtlichen Zeitung in der Werbeanzeige wurde „Marshmallow“ daraus. Sie sind noch heutzutage, besonders in Amerika beliebt und werden gerne am offenen Feuer an Spießen gegrillt.

 

03. Mai 1919

 

Hermann März, Galerist aus Berlin, stellt seinem Freund Kurt Schwitters seine Räumlichkeiten zur Verfügung. Dessen Kollagen aus Zeitungsausschnitten, Abfall und Reklame begeistern die Kunden. Zur Ehre von Hermann verwendet Schwitters für seine Kunst eine Anzeige der Kommerz – und Privatbank, was letztendlich auch den Namen dieser Stilrichtung trotz des falschen Buchstabens prägen sollte.

 

04. April 1923

 

George March weigert sich, die Firma seines Vaters Robert zu übernehmen. Ihm steht der Sinne nach etwas anderem. Er konzipiert eine neue der Verkaufsförderung namens Marchandising, die noch heute bekannt ist, wobei jedoch das erste A einem E weichen musste. Filme, Videospiele, Comics, Sportmannschaften sowie Musikstars kommen ohne diese Form der Vermarktung gar nicht mehr aus.

 

01. April 1954

 

Der Finanzbeamte Werner März, erfindet eine neue Steuerart, die die bis dahin übliche Umsatzsteuer ablöst, welche von vielen als ungerecht empfunden wurde. Sein Vorgesetzter ist davon so begeistert, dass er sie Märzwertsteuer nennt. Werner verbat sich jedoch die Nennung seines Namens, so dass Mehrwertsteuer daraus wurde. Sie wird heutzutage in 120 Staaten der Welt erhoben und erbringt durchschnittlich 25% der Steuereinnahmen.

 

18. Juni 1973

 

Der 65-jährige Wolfgang März aus Sindelfingen bemerkt, dass die neben seinem Eigenheim erbaute Sporthalle ein ausgezeichnetes Mittel ist, ihn um den Schlaf zu bringen, da er des Öfteren unsanft geweckt wurde, wenn der örtliche Handballverein Heimspiele austrägt. Die Einheimischen geben ihr den Namen Märzweckhalle, um ihn zu ärgern. Phonetische Missverständnisse machen daraus dann die Mehrzweckhalle.

 

 

Meine Damen und Herren, die Echtheit des Dokumentes ist eindeutig belegt. Mir liegt ein Echtheitszertifikat eines gewissen Herrn Kujau vor.

 

 

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Bildmaterialien: www.food-info.net
Tag der Veröffentlichung: 18.04.2012

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