Nachdenklich biss Torsten Mosbach in seinen Käsebürger, den er gerade in einem Bürger-König-Reinfahrt-Gasthaus erworben hatte. Was hatten wir früher nur für seltsame Ausdrücke in unserer Sprache, dachte er. Aber nachdem die PDDS, die Partei der deutschen Sprache im Bundestag und in allen Volksvertretungen der Bundesländer die absolute Mehrheit erreicht hatte, wurden nach und nach sämtliche Fremdwörter verboten und durch deutsche Begrifflichkeiten ersetzt. Dafür hatte der Bundeskanzler Hubert Hundertmark gesorgt.
Gut fand Torsten, dass man in den Flughäfen wieder zum Schalter gehen konnte, um seine Flugkarte zu erwerben. Aber, dass diese Neuordnung auch vor Eigennamen und Firmenbezeichnungen nicht halt machte, ging zu weit, meinte er.
Der Beweglichkeitsfernsprecher klingelte und riss Torsten aus seinen Gedanken. Es erklang eine ihm vertraute Stimme. „Hallo, hier ist Fridolin. Wollen wir heute ins Lichtspielhaus gehen? Es gibt einen Spitzenfilm mit Hänschen Depp und Olivia Neustadt-Hans, der soll wirklich toll sein. Ich weiß, du magst diese beiden Sterne nicht, aber dieser Hauptstromfilm ist wirklich klasse, glaube mir. Er hat auch schon einen goldenen Globus bekommen.“
„Du, Fridolin, das hört sich gut an!“, antwortete Torsten und biss in einen gekochten Kartoffelstreifen, den er zuvor in die Tomatentunke getaucht hatte. „Ich esse hier noch auf, und komme dann mit meinem Selbstfahrzeug zu dir.“
„Schön, ich werde noch rasch meinen Ziehüber in die Reinigung bringen und bin dann um neunzehn Uhr am Lichtspielhaus.“
„Alle klar, bis nachher dann. Und iss nur nicht wieder zu viel Platzmais, du weißt, dass bekommt dir nicht.“
„Ich kann es ja mit Apfelsinenbrause herunterspülen…“
„Das macht es nicht besser. Aber gut, das ist deine Entscheidung.“
Torsten stieg in seinen VW Überfahrt und schob eine kompakte Musikscheibe in den Spieler. Sie enthielt seine Musik von seinem Lieblingsstern, Bernd Sonnenberg, der sich vor einigen Jahren als Eigengeschlechter geäußert hatte. Bernd hatte jetzt wieder große Erfolge als Schlagersänger, seitdem er beim europäischen Gesangswettbewerb den 8. Platz für Deutschland erreicht hatte. Die ersten Töne von „Mit Dir will ich mein Leben teilen“ erklangen.
Torsten sang begeistert mit. An der Kreuzung zum Altenbekener Damm musste er feststellen, dass die Lichtzeichenanlage ausgefallen war. Es gab ein furchtbares Durcheinander, weil die anderen Selbstfahrzeugfahrer die Halt-Zeichen nicht beachtet hatten. Ärgerlich schob sich Torsten ein Fischerfreund-Gutgut in den Mund. Das könnte dauern! Auch der Fahrer des Linien-Füralle neben ihm hupte empört.
Doch dann ging es weiter. Torsten erreichte sein Ziel fünf Minuten vor der vereinbarten Zeit. Fridolin wartete schon. „Ich wollte Dich gerade über meinen Beweglichkeitsfernsprecher anrufen.“, sagte er. „Da wäre nur meine Postschachtel angesprungen“, entgegnete Torsten. „Hast du schon die Karten?“
„Na, klar. Es kommt übrigens noch jemand, es ist Simone, meine neue Freundin. Sie ist sehr nett. Ich habe sie vor zwei Wochen in der Arbeitszentrale kennengelernt. Sie ist meine Sachbearbeiterin. Und noch eine Neuigkeit: ich habe wieder Arbeit, als Zeitarbeiter bei Männerkraft – ist das nicht toll?“
Torsten lachte, als er das hörte. „Hallo, Frau Mosbach!“, rief er aus, als die junge Dame um die Ecke kam. Fridolin war überrascht. Sie war niemand anders als Torstens Schwester.
Alle drei verbrachten noch einen angenehmen Abend. Nach dem Lichtspielhaus gingen sie noch in einen Hahnenschwanz-Gasthof. Torsten trank einen „Geschlechtsverkehr am Strand“, Simone einen „Weißen Russen“ und Fridolin einen „Grashüpfer“. Das Ganze war recht preiswert, weil die glücklichen Stunden noch nicht um waren.
Simone und Fridolin heirateten zwei Jahre später.
Tag der Veröffentlichung: 13.04.2012
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