Gustav, Fridolin, Erwin, Detlev, Christoph, Bernd und Alwin saßen wie jedes Jahr am ersten Advent zusammen und tranken Feuerzangenbowle. „Was machen wir eigentlich Silvester?“, wollte Erwin wissen. „Auf große Partys habe ich jedenfalls keine Lust“, ließ Fridolin wissen und zündete sich die nächste Zigarette an. „Du solltest nicht soviel rauchen“, tadelte Bernd. „Dann wird er so dick wie du!“, rief Gustav aus und goss sich noch ein Glas ein. „Da kommt mir eine Idee.“, bemerkte Alwin und ergänzte: „Wir wichteln.“ Allgemeines Stöhnen. „Ach, Alwin, das ist doch blöd. Das ist etwas für kleine Kinder oder Kaffeetanten“, antwortete Detlev. „Es soll kein normales Wichteln und auch kein Schrottwichteln werden. Jeder von uns, hat doch etwas was er im nächsten Jahr ändern möchte. Bernd futtert zuviel, Christoph schwindelt ständig, Detlef ist bekannt für seine Spielsucht, Erwin ist eine Tratschtante und lästert öfters über seine Kollegen, Fridolin wollte schon längst mit dem Rauchen aufhören und Gustav schaut zu tief ins Glas. Wir tauschen ganz einfach unsere Sünden. Jeder schreibt seinen Namen auf einen Zettel und zieht dafür den eines anderen. Dann darf man im neuen Jahr seinem eigenen Laster nicht mehr frönen, doch dafür das eines anderen.“ „Das ist großartig, Alwin. Dann möchte ich mal wissen, wer im nächsten Jahr seine Alte betrügen darf, so wie du das jetzt permanent tust“, antwortete Erwin. „Jetzt haben wir also noch fünf Wochen unseren Spaß. Wirklich eine geniale Idee von dir.“
Die sieben Freunde hatten eine wundervolle Adventszeit und genossen ihr Leben in vollen Zügen, solange sie es noch konnten und durften. Ein jeder war gespannt, was ihn nach dem Vorsätze-Tausch erwartete.
Am Silvestertag fanden sich alle in Alwins Gartenlaube zusammen, „Ich hoffe doch, Ihr habt Stillschweigen bewahrt, sonst klappt das nicht. Das ist so, wie wenn man eine Sternschnuppe sieht. Also, auch wenn Ihr Euren Zettel erhalten habt: Nichts verraten!“, sagte Alwin und verteilte das Bier. Um 23.30 Uhr holte der Gastgeber einen alten Strohhut hervor. Jeder warf seinen Zettel herein. „So jetzt noch Geduld bis Mitternacht. Dann losen wir. Eine halbe Stunde könnt ihr noch sündigen. Tja, bei mir geht es leider nicht“, sagte Alwin mit todtrauriger Mine. „So ein Pech auch, Alter“, antwortete Bernd und nahm sich noch eine große Hähnchenkeule. Herzhaft biss er hinein. „Prost, du Sack.“, ergänzte Gustav und trank gierig sein Bier, während Fridolin emsig seine Zigarre paffte. Detlev spielte noch eifrig im Internet-Kasino, Christoph erzählte Lügen von seinen Nachbarn und Erwin Geheimnisse aus seinem Kollegenkreis.
Nach dem Anstoßen auf das neue Jahr kreiste der Hut. Gustav erwischte Detlef, Fridolin zog Bernd, Alwin den Erwin, Christoph erwischte Alwin, Erwin zog Fridolin, Bernd erwischte Gustav und Detlef den Christoph. „Nun, seid Ihr mit Eurem Los zufrieden?“, wollte Alwin wissen und vernahm ein schelmisches Grinsen von Christoph.
Alwin, der Frauenheld war nunmehr seiner Frau treu und verspürte kein Bedürfnis mehr, fremdzugehen. Dafür konnte er kein Geheimnis mehr für sich bewahren. Als ihm ein Kollege anvertraute, was er von seinen Chef hielt, wusste es am nächsten Tag die ganze Firma. Ähnliche Vorfälle häuften sich in den nächsten Wochen, mit der Folge, dass Alwin entlassen wurde.
Bernd, der Fressmolch, hielt fortan Diät und nahm innerhalb von sechs Wochen zehn Kilo ab. Leider sprach er nunmehr verstärkt dem Alkohol zu, setzte sich betrunken in sein Auto und kam prompt in eine Verkehrskontrolle. Folglich verlor er seinen Führerschein und somit seinen Job als Fernfahrer.
Christoph, der Lügner sagte jetzt die Wahrheit, leider auch gegenüber seiner Frau, als sie ihm fragte, ob er ein Verhältnis mit einer anderen hatte. Sie trennte sich umgehend von ihm.
Detlef, der Spieler, rührte jetzt keine Karten mehr an. Auch die Glücksspielautomaten waren ihm egal. Da er jedoch nur noch log, bekam ihm dieses schlecht, als er vor Gericht wegen seiner Spielsucht aussagen musste und auch dort nicht die Wahrheit sagte. Er bekam eine Freiheitsstrafe von drei Monaten auf Bewährung wegen illegalem Glücksspiel in Tateinheit mit Falschaussage.
Erwin, die Tratschtante, war nunmehr verschwiegen, begann aber Kette zu rauchen. Da er seine Pausenzeiten deswegen immer überzog, wurde auch er entlassen.
Fridolin, der Raucher, hatte tatsächlich am 31.12. seine letzte Zigarette gepafft. Er aß stattdessen ununterbrochen, und nahm folglich stark zu. Das war in seinem Beruf als Kaufhausdetektiv nicht von Vorteil, er hatte keine Kondition mehr. Auch er verlor seine Arbeitsstelle.
Gustav, der Trinker, trank keinen Tropfen mehr. Seine neue Leidenschaft war das Spielen. Binnen weniger Wochen hatte er sich ruiniert.
Am 01.05. des nächsten Jahres trafen sich die sieben unglücklichen Freunde wieder in Alwins Gartenlaube. Vier waren arbeitslos, einer wurde von seiner Frau verlassen, einer war pleite und einer war vorbestraft. Gemeinsam beschlossen sie, dass jeder wieder seinem alten Laster wieder frönen durfte, und dass sie sich nie mehr gute Vorsätze nehmen würden.
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Tag der Veröffentlichung: 01.02.2012
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