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Hubert und der Ausstieg beim Einstieg

 

Ich, Hubert Hundertmark, gebe nicht auf. Auch nicht, wenn Verkehrsbetriebe mit Werbesprüchen locken, die nicht stimmen. Aber der Reihe nach. Zunächst möchte ich noch ein Erlebnis aus meiner Jugend schildern. Ich war gerade volljährig geworden. Wir machten eine Klassenfahrt nach Freiburg. Am vierten Tag wollten wir den Schauinsland besteigen, den höchsten Berg in der Gegend. Unser Lehrer hatte noch appelliert, dass wir uns gut vorbereiten sollten. Das tat ich dann auch. Ich besorgte mir ein Dutzend kleine Fläschchen voll mit einem Kräuterschnaps. Dieser wurde damit beworben, dass er zwar ganz schön bitter schmeckt, aber einem schnell über den Berg hilft. Ich trank alle Flaschen aus. Meinen Sie, das hat geholfen? Ganz im Gegenteil. Erst war mir schlecht, dann wurde ich müde. Niemand hatte mir gesagt, dass da so viel Alkohol drin ist. Ich konnte nicht mitkommen bei der Wanderung und bekam noch einen Tadel. Meine Eltern waren darüber natürlich wenig begeistert.

 

Vor ein paar Jahren wollte ich mal wieder eine Städtereise machen, diesmal nach Hannover. Es wurde – Sie können es sich denken – ein Fiasko. Darum musste ich mich beschweren, diesmal bei der Zentrale der hannoverschen Verkehrsbetriebe „ÜSTRA“. Ich betrat das Gebäude und begab mich zum Empfang.

 

„Guten Tag, was kann ich für Sie tun?“. Die junge Dame lächelte mich an.

 

„Ich muss mich beschweren. Man hatte mir gestern im Hotel nahegelegt, den Zoo zu besuchen. Voller Tatendrang begab ich mich zum Hauptbahnhof, um dahin zu gelangen. Ratlos stand ich dort am Reiter-Denkmal. Es gab zwei Haltestellen, für jede Richtung eine. Kurz entschlossen begab ich zur rechten. Ich nahm die nächste Straßenbahn, die kam. Es war die 10, glaube ich. Ich fuhr bis zur Endhaltestelle. Danach bin ich dann da in einen Bus gestiegen, vom Bahnfahren hatte ich genug. Eine Ewigkeit fuhr der Bus durch die Gegend. Nichts war vom Zoo zu sehen. An der Endhaltestelle habe ich dann gefragt war, wo ich hingeraten war. Das war dann der Mühlenberg.“

 

„Oh, oh, da waren Sie aber immer noch völlig falsch. Das muss der 581er gewesen sein. Aber..“

 

„Das habe ich dann auch gemerkt.“ Ich wurde allmählich wütend und fuhr fort: „Ich stieg dann wieder in einen Bus. Dieser Bus fuhr durch eine Hochhaussiedlung und…“

 

„Und der brachte Sie nach Empelde, unser 129er.“

 

„Ja, ja, schön, schön, dass Sie das alles wissen. Dort in Empelde stieg ich dann wieder in eine Straßenbahn, das war die 9, und bin schließlich wieder am Hauptbahnhof gelandet.“

 

„Oh, da haben Sie aber eine schöne Stadtrundfahrt gemacht. Warum haben Sie sich nicht vorher informiert, wo es zum Zoo geht?“

 

„Das habe ich doch! An allen Haltestellen, stand ein Plakat: Steigen Sie Sie ein. Die Richtung stimmt. Und das tat ich doch auch.“

 

„Junger Mann, das ist doch ein Werbespruch. Das ist nicht wörtlich gemeint. Aber wir wollen mal großzügig sein. Wir schenken Ihnen einen Netzfahrplan, eine Tageskarte, sowie eine Ermäßigungskarte für den Zoo. Nehmen Sie einfach ab Steintor die Linie 11 Richtung Zoo bis zur Endhaltestelle.“ Das fand ich toll. Die junge Dame war wirklich sehr nett. Zu gerne hätte ich mich auf ein Techtelmechtel mit ihr eingelassen, aber da wäre wohl höchstens ein Tanzabend dabei heraus gekommen. Ich streiche so etwas künftig aus meinen Gedanken.

 

Im Zoo hat es mir dann doch sehr gut gefallen. Ach, ja, nächste Woche besuche ich erneut Hannover. Dort sind Fahrkarten jetzt sehr preiswert. In der neuen Werbebroschüre stand, dass es sie für einen Appel und ein Ei gibt. Ich habe mich entsprechend bevorratet.

 

 

 

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Tag der Veröffentlichung: 19.10.2011

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