Auf der Insel der Einsamkeit hatte ich mich von allen und allem zurückgezogen und den Kontakt zu meinen Freunden abgebrochen. Das Festland der Gemeinschaft war kilometerweit entfernt und von Tag zu Tag wuchs die Distanz. Anfangs war ich froh darüber, meine Ruhe zu haben und nicht gestört zu werden. Doch allmählich wurde ich der Einsamkeit überdrüssig.
Ich beschloss, mein Leben zu ändern und wieder Verbindungen aufzubauen. Dazu musste ich zum Festland der Gemeinschaft übersetzen. Mein kleines Boot sollte mich dahin bringen. Doch der Weg war gefährlich und ich hatte keine Erfahrung, diesen zu überwinden. Ich benötigte mehrere Anläufe, um überhaupt in der Nähe der anderen Menschen zu gelangen. Wann immer ich mich jedoch dem Ufer näherte, hörte ich die Fremden rufen: „Schaut dieser Verrückte dort hinten. Das ist doch der Inselbewohner. Was mag der nur von uns wollen? Das ist doch keiner mehr von uns.“ Das machte mich mutlos und unendlich traurig. Ich traute mich nicht, das Land zu betreten.
Doch dann eines Nachts, überwand ich all meine Ängste und machte am Ufer fest. Von der Ferne drang Lärm herüber. Offenbar wurde ein Fest gefeiert, der Grund war mir nicht bekannt. Alle waren fröhlich. Ich hätte gerne mitgefeiert, vielleicht würde ich meine alten Freunde wiedertreffen oder neue gewinnen. Die Sehnsucht nach Kontakten und Menschlichkeit wuchs und wuchs.
„Wer bist du?“ Ein kleines Mädchen sprach mich an. „Ich bin der Inselbewohner“, antwortete ich. „Oh, ich habe schon von dir gehört. Meine Eltern sagen, du bist verrückt.“ „Ich bin nicht verrückt. Aber ich bin einsam.“
„Einsam? Was ist das? Das Wort kenne ich nicht.“
„Einsam ist man, wenn man keine Freunde hat und alleine ist.“ Das kleine Mädchen war sichtlich überrascht. „Das musst du aber ändern. Komm mit.“ Sie führte mich in ihr Dorf. Dort sah ich nur glückliche, zufriedene Menschen. Einige erkannte mich. Auch ich erinnerte mich an sie. „Was willst du? Hast du genug von deiner Insel?“ Die Fragen strömten nur so auf mich ein. „Ich möchte wieder einer von Euch werden. Es war ein Fehler, mich zurückzuziehen.“
„So, du bist wieder vernünftig geworden. Kein Mensch ist dafür geschaffen, alleine zu sein. Wir brauchen einander. Stell dir vor, du wirst schwer krank oder du verletzt dich. Dann kann dir keiner helfen.“
„Ja, ihr habt recht. Ich möchte nie mehr einsam sein.“
Ich hatte Glück, dass ich wieder aufgenommen wurde. Meine Freunde gewann ich zurück. Die Insel der Einsamkeit war verschwunden.
Bildmaterialien: www.syn.org.au
Tag der Veröffentlichung: 10.05.2011
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