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Anfang



Als wir uns das erste Mal begegneten spürte ich, dass es ein besonderer Moment war.
Besondere Momente gibt es auf dieser Welt kaum noch. In der heutigen Gesellschaft verplant man seinen Tage oft so, dass unsere Definition von „Besonders“ kaum mehr als der Schatten der eigentlichen Bedeutung dieses Wortes ist.
Ein Blatt, das im Wind weht, aber nicht der prachtvolle Baum, der ihn hervorbringt. So sieht unsere Realität heute aus. Uns kommen Werte abhanden, wir fragen uns was Traditionen sind und haben keine Ahnung von der Tiefe dieses Daseins.
Eine Folge der Industrialisierung? Der Globalisierung? Vielleicht. Ich für meinen Teil bevorzuge zu glauben, dass unsere Errungenschaften uns geholfen haben die Verblödung unserer Zeit schneller aufzudecken und zum Allgemeingut zu machen. Wir sind eine Generation von Menschen, die nur glaubt was nicht aus den Rahmen unseres kleinen Sandkastens fällt.
Wenn aber doch einmal etwas passiert, was so ganz anders ist, was uns zwingt unsere Augen ein bisschen mehr zu öffnen und die Masse, die sich unser Gehirn nennt, zu aktivieren, sind wir gnadenlos überfordert. Wir können nur glauben, was in unseren überfüllten Schubladen zu finden ist. Nicht aber etwas vollkommen neues.
Ich denke ich bin nicht anders.
Als ich ihn traf, es war ein stickiger Tag und es hat bestimmt später noch geregnet, dachte ich, dass ich mir dieses Gefühl nur einbilde. Und obwohl ich mich der Gesellschaft genauso hingegeben habe, wie ein Politiker, der versucht zum Leitbild seiner Gesellschaft zu werden und sie somit in eine für ihn nette Richtung lotst, war da ein Körnchen Sehnsucht in mir das diese von mir geglaubte Einbildung Realität werden würde.
Wer kennt das nicht?
Der Sog des Alltags zerrt an uns allen. Wir träumen von großen Autos, von unvergesslichen Urlauben, von der perfekten Beziehung oder einer heilen Familie. Da reicht es doch dass ein Mensch uns lieb anlächelt und schon haben wir einen Film in unseren Köpfchen. Einen perfekten Film vom perfekten Glück. Dieser Film dauert meist nur wenige Sekunden, aber diese Sekunden reichen aus um die Sehnsucht in uns zu entfachen, stärker als gut für uns ist.
Ich war ein Teil dieser Welt bevor ich ihn traf. Ich rannte von einem Termin zum anderen, ich gab mich Konsumgesteuerten Träumen hin und hielt sie für meine eigenen und ich spürte diese Leere in mir, die einem die Luft nimmt und wegen der man am liebsten schreiend etwas zerstören würde.
„Ich LEBE. LEBE. Bemerkt mich.“
War ich glücklich? Ich bezweifele es. Aber wie können wir uns jemals sicher sein ob wir glücklich oder unglücklich sind? Unsere Erinnerungen werden durch so viel getrübt. Vielleicht war ich ja doch glücklich. So glücklich, wie ein Tier im Zoo, dass genug Fressen hat und sich nie auf seine Instinkte verlassen muss, da es nie Gefahr kennenlernt.
Am liebsten wäre ich vor ihn weggelaufen, wie ich da stand mit meinen vom Wind verstrubbelten Haaren und meinen dunkel geschminkten Augen. Aber ich konnte nicht. Vor den unvermeidlichen kann man nie weglaufen. Weder ich, noch sonst irgendeine Person.
Man konnte es nur hinauszögern. Und das tat ich. Nicht auf die intelligenteste Weise muss ich gestehen, aber ich war noch nie gut darin in Situationen, die mich überfordern Intelligent zu wirken. Ich tat so als sehe ich ihn nicht, sondern betrachte den See hinter ihm.
Er hingegen schaute mich direkt an und seine Augen schienen mich zu verschlingen. Sie waren groß und bernsteinfarben und was vielleicht das schönste an ihnen war, war das sie so Warm wirkten. Eine Wärme die ich in dieser kalten Stadt nie erlebt habe, die mir gleichzeitig angst machte und mich magisch anzog. Es waren Augen, die bei denen man eine Gänsehaut bekam, die sich vom Nacken bis zum gesamten Rücken zog.
Und dann vergas ich alles andere. Ich vergas den grauen Himmel und die trostlosen Gesichter fremder Menschen. Ich vergas die tausend namenlose Schilder und Straßen. Meine Pflichten, meine Ziele, meine Wünsche, selbst meine geheimsten Gedanken vergas ich in diesen Moment.
Da wusste ich, dass es ein besonderer Moment war, den ich nie vergessen würde, den dieser Fremde auch nicht vergessen würde, egal was wir tun würden, egal wie sehr wir versuchen würden ihn in den tiefen unserer Seele wegzusperren.
So als hätte er meine Gedanken gelesen, kam der er auf mich zu. Langsam, fast sachlich, als hätte er alle Zeit der Welt und dabei wandte er nicht einen Moment den Blick von mir ab. Bei mir bildete sich ein Kloß im Hals, in meinen Magen begann es zu kribbeln, ohne dass ich es erklären konnte. Als er dann schließlich vor mir stand, es km mir vor wie eine Ewigkeit, war ich so nervös, dass ich dachte er müsse es riechen.
Was dann geschah, war so simpel das wenn man es mir erzählt hätte, ich wahrscheinlich aufgelacht hätte, weil es mich n diese typischen 0/8/15er Liebesgeschichten erinnert hätte. Aber natürlich lachte man nicht, wenn es einem selber passierte. Man fand es nicht einmal besonders witzig. Ja, was danach geschah, führte mich weg von all den Problemen unserer modernen Welt, gab mir eine neue Realität. Es veränderte mich Grundlegend. Es gab mir das Gefühl das „Wahre“ Leben entdeckt zu haben. Es brachte mir Probleme und Schmerzen. Es gab mir eine Tiefe, von der ich nicht dachte dass sie existiert. Es vertrieb die Leere.
„Ich bin Steve.“

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Tag der Veröffentlichung: 27.05.2011

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