Weihnachten.
Schon wieder.
Jedes Jahr aufs Neue dasselbe Spiel: Meine Mutter hatte pünktlich zum ersten Advent das alljährliche Zeremoniell der penibel ausgeführten Haussäuberung abgeschlossen und jede freie Fläche auf den Regalen, Fensterbretten, Beistelltischen und andere Ablageflächen – oder Flächen, die leicht oder mit nur wenig Fantasie dazu umfunktioniert werden konnten – akkurat mit zueinander passendem Kitsch versehen. Pünktlich zum Sonntag, der offiziell die Weihnachtssaison einläutet, packte sie mich dann am Arm – sie ist immer so aufgeregt, dass sie etwas zu fest zukneift – um mich in das große Wohnzimmer ziehen. Dort stellten wir uns dann in die Mitte des überheizten Raumes und mit roten Wangen hakte sie sich bei mir ein und drehte sich so lange mit mir im Kreis, bis mir schwindlig wurde, ich aber auf keinen Fall eine der glitzernden, lachenden, unnötigen Figuren verpasst hatte.
Besonders gefiel ihr der eineinhalb Meter große, leuchtende Plastikschneemann, der eher auf eine Terrasse gehörte, aber auch dort nur der Abschreckung von rational denkenden Menschen diente. Sein Hut konnte in beinahe allen Farben leuchten. Regelmäßig wechselte die Tönung, während er mich mit seinen unheimlichen Augen anstarrte. Er sollte mir doch eine Freude bereiten, oder? Immer, wenn ich ihn sah, blickte ich mich unwillkürlich um, ob hinter mir ein Serienmörder mit einer Axt aufgetaucht war. Oder ein Einbrecher.
Unsere dicke, überfütterte Katze Pammy hatte es mit ihrem Sprung geradeso auf die Kommode geschafft und musste sich jedes Jahr erst an die Figuren gewöhnen, zwischen die sie ihre samtigen, dunklen Pfoten setzte.
Mein Vater hingegen verfiel schon Wochen vor dem Heiligen Fest der Liebe in eine Art Schockzustand. Er bekam Anfälle, die Panikattacken glichen und sprang von Laden zu Laden, bis er alle Geschenke beieinander hatte – bis auf sein Geschenk, war er für alle verantwortlich.
Ich war natürlich eine mitfühlende Tochter, die ihm – vor allem bei ihren – Geschenken auf die Sprünge half, indem sie ihm zeigte, welches Handy noch niemand in ihrem Umkreis hatte oder welche Kette ganz besonders toll zu ihrem neuen Pulli passen würde. Aber sie wollte kein Danke dafür – sie konnte schließlich nichts für ihre großmütige Art und Weise.
Ihre kleine Schwester Ashley lachte jedes Mal, wenn ihr Vater mit leeren Händen von seinen Einkaufstouren zurückkehrte und fragte: „Nicht einmal ein Geschenk für Pammy hast du auftreiben können?“ In diesen Momenten besaß sie die Schadenfreude eines älteren Wesens als einer 13jährigen, wohlwissend, dass er ihnen genauso gut nichts hätte schenken können. Die Versuchung war, zumindest in meinen Augen groß, doch meine Eltern ließen nur ein perfektes Weihnachten als überhaupt ein Weihnachten durchgehen.
„Dieses Jahr wird es schöner als all die Jahre zuvor“, war ihr Lieblingsmotto und ich musste jedes Mal unwillkürlich die Augen verdrehen. Weihnachten war nicht mehr als die Zeit, in der die Schule mit Klassenarbeiten, Tests und Referaten nahezu nach mir warf und das sollte also die Zeit der Besinnung
sein? Ich sah die Geschenke an Heilig Abend vielmehr als verdiente Entschädigung für all die Zeit des Blutes und des Schweißes. Ashley sah diese Zeit als Zeit der Kekse, des Kakaos und der Lebkuchen. In einigen Jahren würde sie schon noch merken, dass das ganz schnell auf die Hüfte schlagen konnte. Ich kniff die Augen zusammen und bemerkte mit Enttäuschung, dass sie immer noch so dünn wie eine Laterne war.
Andächtig entfachte meine Mutter das Feuer der ersten Adventskerze mit einem kleinen Streichholz und lächelte, als ein zartes Flämmchen den Kranz aus Tannenzweigen beleuchtete.
„Und wieder ist das Jahr beinahe rum“, seufzte sie. Beinahe hätte wieder meine Routine eingesetzt, bestehend aus Augenverdrehen und Seufzen, doch rechtzeitig realisierte ich einen bedeutenden Unterschied: Das schwerfällige, entkräftete Seufzen anstelle des vorfreudigen, seligen Seufzen, das eine heile Welt verkünden wollte.
„Ist doch klasse – noch ein Weihnachten unter Gottes ausgebreiteten Armen“, erwiderte ich und sah es als angemessen Ersatz für meine Routine – Abwechslung tat gut, hatte ich mal gehört.
Meine Mutter nickte nur und drehte sich um, um das Mittagessen vorzubereiten.
Wie? Kein zustimmendes Herumgefloskele?
Nun seufzte ich doch und wandte mich wieder meiner Zeitschrift zu. Ashley saß mir gegenüber am Esstisch. Ihren Bleistift hatte sie zur Seite gelegt, statt weiter an ihrem Porträt zu zeichnen wartete sie, bis unsere Mutter das Zimmer verlassen hatte und pustete einmal kräftig. Die Flamme erlosch.
Die Zeit kroch nur so dahin. Ich stieg bei Dunkelheit und Kälte aus meinem warmen, kuscheligen Bett - dem einzigen, das mir geben konnte, wonach es mich so sehr verlangte - und lief durch trübe, verregnete Straße zur Schule. Dort saß ich meine Stunden ab, nur um nachmittags heimzukehren und damit fortzufahren, mich meiner Bildung ohne die Hilfe von Lehrern zu widmen. Angesichts dieser nervenaufreibenden und anstrengenden Beschäftigungen konnte auch ich es mir nicht verkneifen, ab und zu zu den Keksen zu greifen, doch ich bin entschuldigt durch die Tatsache, dass ich so ins Lernen vertieft war, dass ich selbst kaum Einfluss darauf nehmen konnte.
Und so vergingen zwei quälende Wochen voller Paukerei und mangelnder Freizeit und heranschleichender Pfunde, bis der dritte Advent bereits anstand.
Pünktlich um 20 Uhr war der Fernseher bereits angeschaltet und das Nachrichtenmagazin überraschte uns einmal wieder mit der Ehrlichkeit der Politiker und Autos, die trotz schlechter Winterreifen und Schneestürme im Norden des Landes in Unfälle verwickelt wurden.
Schon seltsam, diese Welt.
Danach sprach unser verehrter Nachrichtensprecher von einem Bankraub in der nächsten großen Stadt.
„Am Vormittag des heutigen Tages stürmten zwei maskierte, vermeintlich bewaffnete Männer die Bank in der Büchsenstraße. Beinahe entkamen die Täter mit einer Beute von knapp 2 Millionen, doch eine der umstehenden Personen konnte die Waffen als Spielzeugpistolen identifizieren. Die Täter flohen in einem schwarzen Smart.“
Ich starrte auf den Fernseher. Es gab also doch noch Überraschungen in dieser Welt. Sollte ich eines Tages eine Bank ausrauben und mich blamieren, sagte ich mir, so würde ich den Smart zumindest rosa lackieren – das wäre nur konsequent.
Aber durfte ich mich dann überhaupt Bankräuber nennen, wo ich die Bank doch nicht wirklich beraubt hatte?
Mir kam eine weitere geniale Idee: Mit dem Smart könnte man auch direkt in die Bank reinfahren – ohne was kaputt zu machen. Hach, es gab so viele Möglichkeiten.
Ein Seufzer zu meiner rechten riss mich aus meinen Zukunftsplänen. Meine Mutter raufte sich über dicken Ordnern und hohen Papierstapeln das Haar.
„Was ist?“, fragte ich mehr aus bloßem Respekt den Konventionen gegenüber als wirklichem Interesse.
„Ach, es ist einfach nur so viel Papierkram.“
„Mhm, kenn ich.“, behauptete ich und wandte mich wieder dem Fernseher zu, der gerade das Wetter verkündete. Es war kein Schnee in Sicht.
„Tatsächlich?“, fragte Miranda mich. „Du kriegst echt so ein teures Smartphone zu Weihnachten? Meine Eltern haben sich geweigert mit den Worten: ,Konzentrier dich lieber auf die Schule, Miranda!‘“ Während sie so sprach stemmte sie eine Hand in die Hüften, ahmte mit der anderen Hand eine rügende Gesten nach und verstellte ihre Stimme. „,Wer braucht denn so etwas? Bist du nicht zufrieden mit dem, was wir dir geben? Denkst du etwa, Geld fliegt vom Himmel? Geh doch selbst arbeiten, wenn du es haben willst!‘ Mann, wie gemein es doch ist!“ Ich nickte pflichtbewusst.
Dann waren wir an der Kreuzung angekommen, an der sich unsere Wege für gewöhnlich trennten. Miranda wandte sich nach rechts und winkte mir noch einmal zum Abschied, nachdem sie die Straße überquert hatte, ich nahm den Weg an der Apotheke vorbei.
Als ich nach Hause kam hatte Pammy es sich in ihrem Körbchen vor der Heizung bequem gemacht und schlief eingerollt, tief und fest.
Meine Mutter saß wieder vor dem Esstisch über Papierstapeln und beinahe schien es, als hätte sie sich seit gestern Abend überhaupt nicht von der Stelle bewegt.
Leise schloss ich die Tür hinter mir, um Pammy nicht zu wecken, und wollte in mein Zimmer schlürfen, als meine Mutter anhob: „Nein, Cheryl, ich habe keinen neuen Schneemann gekauft! Ich weiß ja, dass du ihn hasst, aber deswegen… Nein, ich finde das einfach nicht komisch… ja, nett, dass du mich aufmuntern willst, aber dann lass dir was anderes einfallen…“
Erst jetzt sah ich, dass sie das Telefon zwischen Ohr und Schulter geklemmt hatte, während sie in einem der prall gefüllten Ordner blätterte. Cheryl war ihre Schwester. Man konnte ihr Verhältnis zueinander als eine ON/OFF-Beziehung betrachten, so oft wollten sie und meine sonst so friedfertige Mutter sich an die Gurgel gehen und beschimpften einander wüst, bevor sie sich wieder vertrugen und stundenlang das Telefon besetzten und lachten und dabei so laut durch die Wohnung brüllten, dass bald jeder unserer Nachbarn wissen musste, dass Cheryl demletzt, neulich erst, doch taaaatsächlich an der Kasse im Supermarkt gefragt wurde, ob sie denn Charlize Theron sei. Und die Verkäuferin hatte auch noch gefragt, wer das eigentlich sei. Der Mann hatte sie wirklich gefragt, ob sie Charlize Theron sei. Wirklich. Wirklich!
Doch jetzt schien wieder eine Off-Phase in Sicht zu kommen.
Leise öffnete ich die Tür.
„Ich weiß nicht, wie ich das bezahlen soll, Cheryl! Nachzahlungen für Wasser, Heizung… und erst die Stromrechnung! Die Stromrechnung müsstest du sehen. Du denkst, wir versorgen einen ganzen Freizeitpark mit Strom…“
Eine kurze Pause trat ein, in der meine Mutter einen schwarzen Ordner zuschlug.
„Ich weiß noch nicht, was wir den Kindern schenken können… wir haben ja auch eine Menge für Catherines Urlaub und Ashleys Schullandheim ausgegeben. Und dann Pammys OP… Und mit Adams Arbeit war‘s demletzt auch nicht einfach… Nein, ich weiß noch nicht, wie schlimm die Lage so genau ist. Ich muss mir noch einen genauen Überblick verschaffen. Momentan versinke ich nur in den ganzen Papierbergen. Ich hab es wohl zu lange vor mir hergeschoben.“ Ein Seufzer entfuhr ihr und sie raufte sich das Haar.
„Ja, ist gut, Catherine kommt sowieso gleich von der Schule.“ Mein Name holte mich sofort wieder in die Realität zurück – die Realität in der ich wie eingefroren vor meiner Zimmertür stand und meine Mutter belauschte, die gerade Dinge ausgesprochen hatte, die bisher vor uns geheim gehalten worden waren.
Plötzlich dachte ich an den gestrigen Abend und mir kam der unwillige Gedanke, dass ich es vermutlich gar nicht hatte wissen wollen
. Nunja, ich hatte ja auch viel mit der Schule zu tun.
So viel, dass du nicht einmal kurz fragen kannst, wie es deiner Mutter geht, für die Weihnachten doch eines der schönsten Ereignisse des Jahres ist?, fragte eine leise Stimme in meinem Hinterkopf.
Ich schüttelte entschlossen den Kopf. Ich war doch nicht zu egoistisch. Ich war wie alle anderen auch – nicht mehr oder weniger selbstsüchtig als meine Eltern oder meine Freunde oder sonst wer in meinem Umfeld es auch war.
Ich ließ mich auf mein Bett fallen und verlor mich in Gedanken über die vor uns stehende Woche. Ein Seufzer entfuhr mir.
Am Abend hörte ich meine Eltern miteinander streiten, als mein Vater von der Arbeit zurückkehrte. Ich tippte darauf, dass es um die Geldprobleme ging, die wir anscheinend hatten. Ich wusste immer noch nicht, ob ich empört über meine Eltern sein sollte, die mir so etwas verschwiegen hatten, oder die Schuld vielleicht
doch bei mir suchen sollte.
Stunden vergingen und ich war überzeugt davon, dass das Vergangene nicht meine Schuld war.
Aber ich hatte einen Plan.
Rosa Smart, nimm dich in Acht!
Ein Bankraub. Eigentlich eine einfache, schnelle, unkomplizierte Sache… wenn man eine richtige
Waffe besaß. Die besaß ich aber nicht.
Mein Plan zerbrach in viele kleine Scherben, die es nicht lohnte, wieder zusammenzufügen.
Aber es ging ja auch eine Nummer kleiner. Entschlossen sprang ich auf, schnappte mein Handy, meine Hausschlüssel und wollte schon zur Garderobe eilen, um nur noch in meine Stiefel und meinen Mantel zu schlüpfen, als mein rechter Fuß plötzlich in etwas Feuchtes und Weiches trat, das ein schmatzendes Geräusch verursachte.
Angewidert hob ich meinen Fuß und wandte mein Kopf mit gefährlicher Langsamkeit nach unten, um das, was meine Socken verdreckt hatte, mit meinem Blick zu töten, falls es sich um etwas noch Lebendes handeln sollte. Wenn nicht, würde es einfach unter meinem Laserblick zu Asche zerfallen.
Es war etwas, das nicht mehr lebte, doch bestimmt vor einiger Zeit gelebt hatte. In einer Metallschüssel versanken braune Würfel in Gelee.
Katzenfutter.
Ich holte einmal tief Luft und versuchte, meine Wut niederzukämpfen. Ich setzte meinen Fuß auf den hellen Teppich, als Rache für diese unverhoffte Wendung und blickte mich im Wohnzimmer nach Pammy um. Stellte ich mein Essen etwa einfach so in den Gang?
Dann fiel mir auf einmal ein Unterschied auf. Das Wohnzimmer war in der Mitte freigeräumt, der Tisch zur Seite gerückt, der Teppich eingerollt. Zogen wir aus?
Nein. Mein scharfer Verstand erkannte anhand des Wassereimers und des Wischmops, dass meine Mutter all diese Gegenstände zur Seite geräumt hatte, um vor den Festtagen noch einmal gründlich durchwischen zu können.
Mein Kopf ruckte zur Seite und suchte mit seinen Augen nach einer Spur meiner Mutter. Dann fiel mir jedoch ein, dass sie fragen würde, wohin ich überhaupt gehen würde. Und in diesem Moment fragte ich mich das ebenfalls.
Ich starrte von dem Napf mit dem Katzenfutter zur Tür und zurück. Was, wenn ich erwischt würde? War das eine Sünde? Auf jeden Fall immerhin eine Straftat. Und würde meine Mutter sich nicht sogar mehr über das Geld wundern als über die Tatsache, dass ich es ihr schenken würde? Wenn ich das Geld klauen würde… dann würde es doch an anderer Stelle fehlen. Einer Familie, die dieselben Sorgen hatten wie wir?
Und würde mich das interessieren?
Zufrieden stellte ich fest, dass es das würde – ich hatte also doch ein Gewissen.
Und eine andere Idee – die mich zugegebenermaßen die Überwindung meines Egoismus kostete.
„Das sind…“ Deutlich verdattert blickte meine Mutter auf all die Scheine und beendete ihren Satz nie. Nein, natürlich war es nicht so viel Geld, das man es nicht zählen konnte. Ich tippe darauf, dass es eher die Ungläubigkeit war, die ihr die Sprache verschlug.
„…Wofür?“, fragte sie nach einer Ewigkeit. Die Überraschung war noch immer nicht aus ihren Zügen gewichen.
„Für all das Make-Up, das zu für mich bezahlen musstest, für meinen Urlaub, für Pammys OP, die Stromrechnung… was-weiß-ich-denn.“
Die Augen meiner Mutter wurden noch größer – unfassbar, dass das noch möglich war. Sie starrte zuerst eine weitere Ewigkeit auf das Geld, dann in mein ausdrucksloses Gesicht, dann wieder zum Geld.
„Woher kommt das?“
„Hab’s geklaut?“
Wieder erntete ich nur ein Starren. Dann schließlich schien meine Mutter den Sinn meiner Worte zu begreifen und ein hohes Quieken entfuhr ihr. „Was?“
Sie blickte erneut auf die Scheine und man sah ihr an, dass sie überfordert war. Sollte sie sich meiner hehren Absichten wegen bedanken oder mich auf ewig in meinem Zimmer einsperren?
Bevor sie sich für eines dieser Dinge entscheiden konnte, fügte ich hinzu: „Und ein wenig auch von den Gassi-Touren, die ich für Leute in der Nachbarschaft erledigt habe, sowie vom Babysitten in den letzten beiden Tagen. Außerdem habe ich meinen Schminktisch und einige andere meiner Sachen verkauft.“
Ich fragte mich allmählich, ob meine Mutter zu unterbelichtet war, um meine Worte zu begreifen, ob sie sie in einen Schockzustand versetzt hatten, der ewig andauern würde oder ob sie einen Herzinfarkt erlitten hatte und ihre Seele bereits auf dem Weg zum Allmächtigen war.
„Mama?“ Ich hob meine Rechte und winkte damit hektisch vor ihrem Gesicht hin und her. „Bist du da? Mama anwesend?“
Meine Mutter schüttelte den Kopf, wie um ihren Unglauben abzuschütteln und blickte mir endlich wieder direkt in die Augen.
„Du hast gelauscht?“, war dann ihre Frage und ich erwiderte achselzuckend. „Scheint wohl so.“
Plötzlich stürmte meine Mutter nach vorne und fiel mir um den Hals. Ich spürte ihre Lippen auf meinen Wangen, wie sie mir einen zarten Kuss darauf hauchten und hörte ihr leises: „Danke, mein Schatz.“
Dieses Mal musste ich mir meine bissigen Kommentare nicht einmal verkneifen, denn ich hatte gar kein Verlangen, eines zu äußern.
Am nächsten Tag war Heilig Abend. Ich und Ashley halfen meiner Mutter so gut wir konnten, nachdem wir zusammen mit unserem Vater den Tannenbaum – den ebenfalls er alleine besorgt hatte – geschmückt hatten.
Das Essen war spitze, der Nachtisch war natürlich das Beste – denn hatte schließlich ich gemacht.
Und zum ersten Mal dachte ich beim Betrachten meiner Geschenke nicht: Hätte es nicht ein wenig mehr sein können?
Wir bekamen nur einige Kleinigkeiten, doch ich wusste, sie kamen von Herzen.
Meine Mutter hatte mein Geld zwar mit etwas Widerwillen angenommen, aber sie und ich wussten beide, dass es das erste war, was ich zum Familienleben beigetragen hatte, und meine Mutter hatte mir versprochen, dass dafür im neuen Jahr eine Überraschung auf mich warten würde – wir beide gingen von nichts Materiellem aus.
Pammy bekam ebenfalls etwas: Eine neue Spielzeugmaus und ein neues Napf.
Und ich musste zugeben: Das Weihnachten dieses Jahr war schöner als all die Jahre zuvor.
Tag der Veröffentlichung: 22.12.2011
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