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Die Zimmerpflanze

An seinem 7. Geburtstag bekam Marvin eine Zimmerpflanze geschenkt. Sie hatte viele Blüten, die in den unterschiedlichsten Farben schillerten. Marvin gefiel seine Pflanze auf Anhieb so sehr, dass er seiner Mutter hoch und heilig versprach, sich immer um seine Pflanze zu kümmern. Das tat er dann auch. Gewissenhaft nahm er regelmäßig die Gießkanne aus dem Wohnzimmer und goss die Pflanze, damit diese nicht verdursten und ewig blühen würde. Auch konnte er sich erinnern, dass er mal in der Zeitung gelesen hatte, dass Pflanzen auf Stimmen und Musik reagieren würden. So begann Marvin seiner Pflanze Musik aus seiner Stereoanlage vorzuspielen und ihr beim Gießen gut zu zureden. Der Pflanze schien es zu gefallen, denn mit jedem Tag leuchteten ihr Blüten mehr als am Tag zuvor.

 

Auf diese Weise vergingen die Tage, die Wochen, dann die Monate und schließlich die Jahre. Marvin wurde älter und mit dem Älterwerden veränderte er sich. Seine Interessen wechselten und auch wenn Marvin die Pflanze noch immer regelmäßig goss, so wechselte er immer weniger Worte mit ihr, bis er eines Tages komplett schwieg. Auch veränderte sich mit dem Eintritt in die Pubertät Marvins Charakter. Er wurde zunehmend unruhiger und rebellischer und lag ständig im Streit mit seinen Eltern. In seinem Zorn bemerkte er nicht, wie die Blüten seiner Pflanze immer weniger leuchteten. Um sich ablenken zu können kaufte er sich bald Köpfhörer, damit er sich besser auf seine Musik konzentrieren konnte und nicht ständig seine Eltern hören musste, die immer wieder miteinander diskutierten, wie Marvin sich so verändern konnte. Die Pflanze wurde inzwischen nur noch gegossen, wenn Marvins Mutter ihn darauf hinwies oder das Gießen selbst übernahm. So war es kein Wunder, dass die Pflane, ihrer Nahrung und Liebe entzogen ihre Blütenblätter eine nach der anderen zu verlieren begann und an manchen Stellen bereits braun wurde.

 

Eines Tages kam Marvin von der Schule heim in sein Zimmer und sofort fiel ihm auf, dass etwas anders war als sonst. Nach anfänglicher Verwirrung merkte er dann aber doch rasch, dass die Pflanze, welche die kahle Wand verdeckt hatte nicht mehr da war. Sie war gestorben und von seiner Mutter entfernt worden. Und da erkannte Marvin, dass man alles Schöne im Leben nähren und lieben muss. Denn sonst verwelt es und es bleiben nur kahle Stellen zurück, die einem keine Freude bereiten.

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Tag der Veröffentlichung: 03.12.2015

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