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Das müsst ihr mich wohl nicht fragen; ich weiß es sicherlich nicht. Vielleicht kann ich euch ja antworten, sobald ich es einmal wahrhaftig erfahren habe. Doch viel fragen sich: was passiert mit uns nach dem Tod? Dazu gibt es massig Varianten und Hypothesen. Im folgenden die Möglichkeiten, die mir am plausibelsten und deshalb einer Vorstellung würdig erscheinen:

1.Landauers ewiger Seelenstrom. Ich weiß nicht, ob Gustav Landauer (1870 – 1919) an einen Himmel glaubte. Jedoch glaubte er an anderes. Seiner Ansicht nach gibt es keine Individuen, sondern nur die menschliche Gemeinschaft. „Das Individuum ist das Aufblitzen des Seelenstroms.“ (S.13, Skepsis & Mystik), „Wir sind die Augenblicke der ewig lebenden Ahnengemeinde.“ (S.15) und „Die individuellen Leiber, die von Anbeginn an auf der Erde gelebt haben, sind nicht bloß eine Summe von abgesonderten Individuen, sie alle zusammen bilden eine große, durchaus wirkliche Körpergemeinschaft, einen Organismus.“ Und „so stirbt auch der Mensch und stirbt doch wieder nicht; in seinen Kindern, in seinen Werken lebt er selbst verwandelt [...] weiter.“ (S.16)
Die Auswirkungen dieser These, dass nämlich das sogenannte 'Individuum' in seinen Werken weiterlebt, wird wohl eine grundsätzliche Wahrheit sein und steht hier deshalb über den anderen Theorien – doch vollbrachte Werke werden irgendwann auf jeden Fall vergessen sein, die Menschheit irgendwann vielleicht ausgestorben, ohne Nachfahren in Form anderer Kreaturen. Doch bis dahin dauert es vielleicht noch ein wenig.

2.Als nächstes betrachte man die Erkenntnisse der Gaia-Hypothese. Von James Lovelock (*1919) Mitte der 1960er entwickelt, besagt sie folgendes: Die Erde samt der sie bewohnenden Organismen bilden zusammen einen einzigen, geeinten großen Organismus, eine Biosphäre. ein Gesamtsystem, dass von einander abhängt und sich selbst erhält. Erweiternd hierzu kam später die eher spirituelle Theorie, basierend auf dem Grundsatz der Physik, dass keine Energie verloren geht, so dass man sagen kann, auch die Seelenenergie fließt zurück in das Gesamtsystem um von dort neu genutzt zu werden. Hier kann man aber folgende Frage aufstellen: Wenn die Energie begrenzt ist und sich weder erweitert, noch verloren geht, wie kann es dann sein, dass es immer mehr Menschen gibt? Man betrachte hierzu doch mal, dass immer mehr Arten aussterben, Wälder abgeholzt werden – die Natur stirbt – damit der Mensch leben kann. Man könnte dort sicher statistisch mal nachhaken.
Es gibt noch andere Erweiterungen und Abwandlungen dieser These, aber darauf gehe ich hier nun nicht ein. Auf jeden Fall ist dies aber eine pessimistische Hypothese, denn hiernach gäbe es wohl definitiv kein Leben nach dem Tod, höchstens wie von Landauer angemerkt, ein ewiges Leben in Form vollbrachter Werke.

3.Die Atomtheorie nach Leukipp (5.Jh. v. Chr.) , Demokrit (460 – 371 v. Chr.), Epikur (342 – 271 v. Chr.) sowie ihren Schülern: mit dem Tod ist das Leben vorbei. Sie betrachteten alles atomistisch: jedes existierende Ding im Universum setzt sich aus Atomen zusammen. Diese Atome sind begrenzt und gehen auch nicht verloren, sie setzen sich lediglich neu zusammen. Aus einem Stein wird Sand, aus einem Menschen ein anderer Mensch oder Humus. Eine fortlebende Seele gibt es nach ihnen auch nicht, der Tod beendet die Existenz komplett und für immer. Deshalb aber muss man vor ihm auch keine Angst haben: solange er nicht da ist, kann er einem nichts tun, und wenn er einmal da ist – da existiert der Betroffende nicht mehr und hat also auch keine Schmerzen. Es gibt aber eine Seele, solange der Mensch lebt – doch diese ist ebenso atomar und setzt sich nach dem Tod neu zusammen.
In gewisser Weise lässt sich diese Hypothese auch gut mit der Gaia-Theorie verbinden

4.Als viertes nun die einzige Theorie, welche ein Fortleben nach dem Tod postuliert. 1978 erschien das Buch ‘What Dreams may come‘ von Richard Matheson. Dieser hatte den Roman nach intensiven Recherchen geschrieben und bezog sich auf alles, was man damals an Berichten und Erkenntnissen über ein Leben nach dem Tod hat, besonders Berichten von Fast-Verstorbenen, darunter auch Selbstmörder. Seine Zusammenstellungen folgen aber nicht strikt einer irdischen Religion, sondern rein wissenschaftlichen Erkenntnissen. Daher gibt es auch Ähnlichkeiten sowohl zum Hinduismus, als auch Christentum und anderen. Die Hauptthese folgt dem Prinzip ‘Mind over matter‘, Geist ist alles und Materie nichts. Der Geist kann einem das schrecklichste Gefängnis sein, andererseits aber auch zu Erkenntnissen und Befähigungen jenseits der normaler Menschen führen. Der Glaube wird wahr, im guten wie im schlechten, Gedanken werden real und es erwartet einen genau das, an das man wirklich und wahrhaftig glaubt. Da das Leben sozusagen weitergeht, braucht man auch weiterhin Beschäftigung. Und wer mag, kann auch wiedergeboren werden.

In Abwandlung sind sicher alle Hypthosen gut vereinbar und für mich durchaus anstrebbar, auch wenn nur die letzte einen optimistischen Ausblick bietet. Was aber alle vereint ist die Annahme, dass man sein Leben gut leben und auch etwas vollbringen sollte – entweder um darin 'weiter zu leben', oder um nach einem guten Leben geistig besser entwickelt im Jenseits anzukommen – und nicht in einer eigenen endlosen Hölle.
Natürlich wurden hier viele andere Theorien, wie z.B. den Kreislauf der Wiedergeburt, nicht beachtet – aber das auch aus persönlichem Interesse und Glauben.

Literatur:
- Demokrit: Fragmente (http://www.pinselpark.org/philosophie/d/demokr/)

- Gustav Landauer: Skepsis & Mystik (1903 / 1905)

- Epikur: Philosophie der Freude (1973)

- Richard Matheson: What Dreams May Come (dt.: Hinter dem Horizont) (1978)

- James Lovelock: The Ages of Gaia (1995) und Nachfolger

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Texte: (c) 2008 A. Schuchardt
Tag der Veröffentlichung: 02.01.2009

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