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Eine klitzekleine Schulentscheidung

Schwipp. Schwapp. Schwipp. Schwapp. Immer hin und her schwappt der kleine Wasserrest in der kleinen Plastikflasche, die sie vor sich hin und herkippt. Schwipp, schwapp, hin, her. Vom Bauch in den runden Flaschenhals: Aber nie das ganze Wasser wechselt die Seite. Ein Rest blieb immer im anderen Teil der Flasche zurück. Schwapp. Schwipp. Der Flasche geht es wie ihr: Sie weiß auch nicht was sie will. Sie, die Flasche, das Mädchen. Beide wissen nicht was sie wollen. Können sich nicht entscheiden. Solche Flaschen. Dabei geht es nicht um viel, nur um ein bisschen Wasser.

Wen interessieren schon zwei Jahre Schule? Ob man die jetzt noch so einsam wie die letzten verbringt oder wechselt? Ist och eigentlich auch egal. Die Zeit wird schnell vorbeifließen. Alles egal- das Wasser in der Flasche ist bald ausgetrunken, die Schule bald vorbei. Wen interessiert das groß? Niemand. Sie ist ein Niemand. Nur ein kleines Mädchen, das sich überlegt, die Schule zu wechseln. Aus einem Grund, den niemand versteht. Schwipp Sie hat zwar keinen richtigen Anschluss auf ihrer Schule, aber einen Stein im Brett bei den Lehrern und keinen schlechten Notenschnitt. Außerdem kann sie nächstes Jahr in der Jahrgangsstufe die Fächer belegen, die sie interessieren und bekommt dabei wahrscheinlich sogar gute Lehrer. Gute Noten. Schwapp. Gemobbt wird sie auch nicht, hat nur keinen Anschluss. Aber das nächste Jahr kommen neue Schüler dazu, alles durchmischt sich neu und alle meinen, da könne sie sicher neue Freunde finden. Die Neuen wären sicher alle nett. Haben sie Recht? Vielleicht. Sie weiß es nicht. Schwipp. Auch ihre Klasse ist nett. Zu ihren Freunden sind sie das zumindest, zu ihr... höflich. Mehr nicht. Ob sich da noch so viel tut nächstes Jahr, vielleicht. Auch nicht. Schwipp. Auf der Neuen Schule hingegen hätte sie Chancen auf einen sozialen Neuanfang. Dort hat sie auch schon ein paar Freunde, die sich um sie kümmern würden. Allerdings auch „gezwungenermaßen“ einen schulischen Neuanfang. Schwapp. Kein Chemie vierstündig, was sie sehr gern belegt hätte. Aber Chemie würde ja nicht weg fallen, sie hätte es nur weniger. Und Bio ist ja auch schön. Schwipp. Zusätzlich statt der Täglich insgesamt halben Stunde Busfahrt nun zwei Stunden Busfahrt. Dafür auch mehr Möglichkeiten, da sie nun in einer großen Stadt wäre, statt in einem Kaff. Schwapp. Auch nach Daheim, wo es nicht immer ganz einfach ist, hätte sie mehr Abstand. Würde aber auch ihre kleine Schwester… noch seltener… sehen. Der Gedanke tut weh. Schwipp. Alle drängen sie zur Eile, das Schuljahr neigt sich dem Ende zu. Sie muss sich jetzt entscheiden. Hat schon ein Gesprächstermin mit dem voraussichtlich neuen Schulleiter. Der jetzige Schulleiter würde sie ziehen lassen. Schwapp. Will sie das? Was sie will, ist sich nicht entscheiden müssen. Kann es nicht. Und wen sie auch fragt, einen Rat, was sie tun soll, bekommt sie selten. Sie soll das tun, was sie für richtig hält. Sich für das entscheiden, hinter dem sie steht. Ihre Freunde dort meinen, sie würden sie unterstützen. Die Anderen ach so tollen beratenden Personen meinen nichts, oder, sie soll die zwei Jahre halt noch aushalten auf ihrer alten Schule. Ihre Noten wären da besser. Und sie soll an die netten Neuen denken. Alles prima. So denkt zum Beispiel auch ihr Vater, ihre Mutter dagegen ist für den Wechsel. Das hilft ihr jetzt unglaublich weiter. Nicht. Zerrissen zwischen zwei Welten, sie muss die Entscheidung treffen. Was will sie eigentlich? Das weiß sie, glücklich werden. Sie weiß nur nicht wie. Wird sie das wirklich durch Noten, gute Lehrer und wenig Anfahrt? Oder durch einen Neuanfang, Abstand und Freunden, die für sie da sind- und zwar sicher, nicht nur durch Leute, die vielleicht mal irgendwann ihre Freunde werden?

Soll das gebotene auf der alten Schule reichen? Ja klar, sind ja nur noch zwei Jahre. Krk- Tropf. Verdammt, die Fingernägel waren zu viel für die Flasche gewesen. Tropf. Nun lief ihr das Wasser langsam, aber sicher und immer schneller davon. Tropf. Genauso wie ihre Tränen zu fließen begannen, dem Kopf wurde es auch zu viel und er lies es an den Augen raus. Tropftropf. Schade, dass Probleme nicht wasserlöslich sind und einfach auslaufen können. Tropftopf Wie sollte sie nur später. Entscheidungen treffen können, wenn ihr schon diese so schwer fiel? Tropftropf. Tropf.

Impressum

Texte: Ich
Bildmaterialien: Ragna-Sophie
Tag der Veröffentlichung: 28.06.2013

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Widmung:
Danke an alle, die mich unterstützen.

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