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Friedrich Moninson schließt die Tür hinter sich und lässt sich schwer atmend gegen das weis lackierte Holz fallen. Bleich und mit Schweißtropfen auf der Stirn starrt er in den dunklen Flur seiner großen, teuren Innenstadtwohnung.

 

„Danke Herr Doktor. Ich wusste, dass Sie mich hier herausholen. Man muss nur Leute haben, die ihren Job lieben. Dann tun sie alles dafür, ihr Ziel zu erreichen. Das bisschen Blut an ihren Händen. Na ja, die Drecksarbeit habe ich ja gemacht. Keine Angst mir hat es Spaß gemacht. Und Ihnen?“

 

Der Hohn, der in diesen Worten lag. Ausgesprochen von Markus Maier. Nach dem der Richter den Freispruch ausgesprochen hatte. Dieses Grinsen in Maiers Gesicht, als er sich bei Friedrich bedankte.

 

Friedrich wird schlecht bei dem Gedanken daran. Er fühlt den Schweiß an seinem Körper. Reißt sich den teuren Boss-Anzug herunter. Wirft ihn auf den Boden. Nackt sackt er zusammen. Er fühlt sich schmutzig. So schmutzig wie noch nie in seinem Leben.

 

Er sieht die Bilder vor sich. Die Bilder des Tatorts. Ein toter Vater. Eine tote Mutter. Die blutigen Körper zweier toter Kinder. Kleiner Kinder. Und das Gesicht von Markus Maier. „Danke Herr Doktor.“

 

Friedrich schmeckt Galliges in seinem Mund. Er springt auf, rennt schwankend durch den Flur in sein mit Marmor gefliestes Bad. Fällt in die Dusche und reißt den Hahn auf. Abwaschen. Diesen Dreck abwaschen. Diese Schmach.

 

Heißes Wasser. Seife. Die harte Bürste. Irgendwie muss er doch dieses Gefühl los werden. Doch alles hilft nichts. Es ist ihm, als könne er das Blut sehen. Als spüre er das große Küchenmesser in seinen Händen. Das Messer, mit dem diese Familie dahin gemetzelt wurde.

 

Das Wasser zeigt eine Wirkung. Nass und mit rot gescheuerter Haut verlässt Friedrich Moninson die Wanne. Ohne sich abzutrocknen und nackt läuft er durch seine Wohnung. Er schaltet das Licht an. Diese Wohnung. Sein ganzer Stolz. Dafür hat er hart gearbeitet. Als Strafverteidiger.

 

„Man muss nur Leute haben, die ihren Job lieben. Dann tun sie alles dafür, ihr Ziel zu erreichen.“ Ja, da musste er Markus Maier recht geben. Allein dieser Gedanke lässt ihm wieder Galle in den Mund fließen. Schnell gießt er sich ein Glas des 30 Jahre alten Whiskeys ein und spült es herunter.

 

Er hatte alles getan. Und nun ist er zu weit gegangen. Dabei hatte alles für Maier gesprochen. Die dünne Beweislage, sein Alibi, das so wasserdicht schien. Es gab keinen Zusammenhang zwischen ihm und den Opfern. Wie der Staatsanwalt sich abgemüht hatte. Wie er noch einen Deal anbot. Und ich habe gelacht, denkt Friedrich.

 

Langsam geht er in den Flur und hebt seinen Anzug auf. Er starrt ihn an. „Das bisschen Blut an ihren Händen.“ Er glaubt zu sehen, dass der Stoff durchtränkt ist mit dem Blut dieser Menschen. Er wollte doch nur verhindern, dass ein Mann unschuldig in das Gefängnis kommt. Und nun?

 

Er wirft den Anzug in den Müll, geht in sein Schlafzimmer. Starrt auf das große Wasserbett. Wie oft hat er da gefeiert? Seinen „Sieg für die Gerechtigkeit“. Waren sie alle unschuldig? Ist „Recht sprechen“ gleich mit „Gerecht sein“?

 

Er öffnet seinen Schrank. Nimmt sich einen neuen Anzug. Den Teuersten den er Besitz. Die Hemdärmel schließt er mit den goldenen Manschettenknöpfen, die er damals zur Dissertation bekam. Dem Anlass angemessen.

 

Er geht zurück ins Wohnzimmer. Nimmt die teure Flasche Whiskey und schaut sie sich an. Genau. Sie hat 130 Euro gekostet. Blutgeld? Er wollte doch nur ein bisschen mehr Gerechtigkeit in diese Welt bringen.

 

Er gießt sich das Glas voll. Betrachtet den goldenen Saft. Gerechtigkeit und ein bisschen was damit verdienen. Nur ein kleines bisschen Luxus.

 

„Na ja, die Drecksarbeit habe ich ja gemacht.“ Sein Blick fällt von dem Glas zum Kamin. Diesen Luxus hat er sich gegönnt. Und die doppelläufige Schrotflinte seines Vaters war immer ein Symbol für ihn.

 

Ein Symbol dafür, immer so lange auszuharren, bis man das Ziel genau vor sich hat. Und erst dann, wenn man sich absolut sicher ist, zu zuschlagen und zu Ende zu bringen, was man erreichen wollte.

 

Mit einem Zug leert er das Glas. Er öffnet den kleinen Schrank in der Ecke und nimmt zwei von den alten Patronen heraus. Bedächtig geht er zum Kamin.

Er nimmt das Gewehr herunter, klappt es auf und lädt es mit den beiden Schrotpatronen.

 

Es wird Zeit, der Gerechtigkeit zum Recht zu verhelfen….

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Texte: Namen, Orte und Handlung sind frei erfunden. Etwaige Übereinstimmungen mit tatsächlich existierenden Personen sind Zufall und nicht beabsichtigt. Copyright by Simon Kahnert. Abdruck, Kopie und Veröffentlichung nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors
Tag der Veröffentlichung: 05.08.2009

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