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Lieber Paketzusteller,

 

Mal wieder verbringe ich einen Tag zu Hause, weil ich auf Sie warte. Und das gibt mir die Möglichkeit, einige Gedanken niederzuschreiben.

 

Wer erinnert sich noch an die alten Western aus den 60igern?

Eine Postkutsche donnert durch die Pairie. Wirbelt Staubwolken auf. Kugeln fliegen. Die Pferde die Augen weit aufgerissen …

Die Kutsche donnert in ein verschlafenes Nest im Westen. Der Kutscher springt vom Bock und übergibt dem Sheriff ein Paket. Geschafft. Die Lieferung kam sicher an.

 

Oder der legendäre Ponyexpress? Oder Dschingis Kahns berittene Kuriere?

 

Aber man muss ja gar nicht soweit zurückgehen.

In meiner Kindheit war es wie Weihnachten, wenn man auf ein Paket wartete.

Der sehnsuchtsvolle Blick aus dem Fenster.

Da, das gelbe große Postauto.

Man hörte das Geräusch der sich öffnenden und schließenden Schiebetür.

Es klingelte, Mutter öffnete und kam mit einem Paket die Treppe herauf …

 

Heute sehe ich kein gelbes Auto mehr oder nur noch selten. Mein Paketlaster ist braun und hat ein Pappschild auf dem Armaturenbrett liegen:

„Im Auftrag von 'Hier Name des Paketdienst einfügen' “ steht da mit blauem Edding auf braunem Karton.

Das Schiebetürgeräusch gibt’s auch nicht mehr, denn der Lieferwagen kommt schon mit offenen Hecktüren die Straße hochgeschossen. Bleibt auch so stehen. Offen. Während ein junger Mann hektisch durch die Wohnanlage rennt. Laut schimpfend, weil er dieses „schei… Paket“ an eine Adresse liefern soll, die er nicht kennt.

 

Während dieser Zeit steht sein Lieferwagen mit offenen Türen auf der Straße. Paket über Paket fliegen, nein das ist kein Schreibfehler, durcheinander im Laderaum herum. Er kommt zurück und rast weiter … mit offenen Türen.

 

Was regt der sich eigentlich so oft, werden Sie jetzt fragen. Das kann doch mal vorkommen. Und man muss auch Verständnis haben für diese Fahrer, die als Subunternehmer als Ich-AG arbeiten. Zu Konditionen die sie zwingen as fast as possible as much as possible zu liefern.

 

Das stimmt und mein Groll richtet sich auch nicht gegen die Kuriere per se.

 

Aber wie kann es sein, dass meine Erfahrung zeigt, das in den letzten 1 ½ Jahren 2/3 aller Pakete, die von oder zu mir geliefert wurden defekt oder verschwunden sind?

 

Beispiele gefällig?

 

Ein schönes Weihnachtsgeschenk, getöpfert, kam als Puzzle an.

Eine Bestellung, die an die „Packstation“ geliefert werden sollte:

SMS: Ein Paket konnte nicht in die Packstation eingeliefert werden, es wurde in der Filiale hinterlegt.

Also auf in die Filiale.

„Ein Paket? Für Sie? Nöö.“

„Aber hier, die SMS….“

„Oh. Keine Ahnung. Da hinten ist ein Servicetelefon von XYZ…“

Ich rief an und erhielt die Auskunft: „Der Fahrer hat das Paket zugestellt. Eine Frau xxx hat unterschrieben“

Auf Rückfrage wie das sein könne, da das Paket an die Packstation adressiert war, gab es keine Antwort und ich könne ja einen Nachforschungsantrag stellen.

 

Und der jüngste Fall:

Paket von München ins Saarland.

Mein Freund bekam einen Zettel in den Kasten, dass ein Paket in der Filiale hinterlegt sei, da er nicht zu Hause war. Er also einen Tag später in die Filiale:

Kein Paket auffindbar. Für Sie ist nichts gekommen.

Dank Internet zu Hause also in die Trackinglist geschaut.

Paket wurde in der Filiale hinterlegt.

Mein Freund erneut in die Filiale.

Da sei definitiv kein Paket.

Nach zwei Wochen hab ich einen Nachforschungsantrag gestellt. Mal wieder.

Und was kommt gestern per DHL bei mir an: mein Paket. Es konnte nicht zugestellt werden.

 

Lieber Paketzusteller, „We move the world“ bekommt bei euch eine besondere Bedeutung.

Mein Paket hat viel gesehen. Auch wenn es wahrscheinlich in einem braunen Kastenwagen durch die Lande fuhr. Aber wahrscheinlich bei offener Tür.

 

Unsere Welt lebt von Informationen. Aber scheinbar sind „harte Facts“ nicht mehr so wichtig. Denn Pakete kommen nicht an. Guter sicherer Service ist für mich was anderes.

 

Die Aufhebung des Paketmonopols hat einen Vorteil gebracht:

Ich kann mein Paket mit anderen Dienstleistern schicken und werde das auch in Zukunft tun.

Und falls auch das schief geht, kauf ich mir sechs Pferde und ’ne Kutsche …

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

Simon Kahnert

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 30.05.2009

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