Draussen wehte ein sanfter Wind. Er streifte die Fensterscheiben, des Hauses von Professor Gustel Rindt, der grade versuchte den vier Teilnehmern seines NLP-Kurses, das erste Modul seines Lehrganges beizubringen.
Der Wind rüttelte an den Fenstern des Seminarraumes. Ein Sturm schien aufzuziehen.
„Wenn ich mich mit einem System nicht auskenne und das macht jetzt was, was mir nicht klar ist, dann führt das zu Unsicherheit. Ich bin damit überfordert.“
Syna Lollhand seufzte und strich sich theatralisch die Haare aus dem Gesicht.
„Da passiert dann was, ich weiß nicht, was, wieso und weshalb und ich fühle mich hilflos, weil ich keine Lösung, nichts habe, um das Problem in den Griff zu bekommen,“ fügte sie Aufmerksamkeit erheischend hinzu.
Sie hob nun ihre Stimme und sagte den bedeutungsschweren Satz:
„Wenn ich aber weiß, wie das System funktioniert, dann weiß ich auch, wo ich nachschauen muss .“
Gelangweilt schaute Professor Dr. Rindt auf seine Uhr.
Diese Person redete jetzt fast eine halbe Stunde über Selbstverständlichkeiten, als wenn sie etwas höchst Besonderes wären.
„Eine persönlichkeitsgestörte Narzisstin, wie sie im Buche steht“, dachte er.
"Grade Syna Lollhand, wusste wahrscheinlich nie wie ein „System funktionierte“.
Prof. Dr. Rindt war gelinde gesagt geschockt gewesen, als diese zwielichtige Dame in seinem Kurs „Wie kann ich meinen beruflichen Lebensweg mit Methoden aus dem NLP erfolgreicher gestalten“, gestern Abend aufgetaucht war. Der Name war ihm schon auf der Teilnehmerliste bekannt vorgekommen..
Als er aber sah, dass es die Internistin war, die sein Leben vor einigen Jahren durch eine Fehlbehandlung, nachhaltig zum Schlechten, beeinflusst hatte, kamen Hassgefühle in ihm auf, die er eigentlich dachte ad acta gelegt zu haben. Dass diese Frau überhaupt noch praktizierte, verstand er nicht. Sie war eine Gefahr für die Allgemeinheit.
Er hatte damals aus Scham, nicht viel gegen sie unternommen.
Syna Lollhand hatte sich auf dem Gebiet der Proktologie spezialisiert, wo sie mit Vorliebe giftige Verödungsmittel in die intakte Darmschleimhaut ihrer Patienten spritzte und diese damit unkontrollierten Entzündungsprozessen aussetzte. Da diese Behandlung von Hämorhidden sich am besten abrechnen liessen mit den Krankenkassen, hatten eben alle ihre Kassenpatienten, egal mit welchen Beschwerden sie zu ihr kamen, genau diese Verödung dringend nötig.
Sie fragte auch gar nicht mehr, sondern verödete ohne Sinn und Verstand drauf los. Die Folgen für die Betroffenen waren fürchterlich.
Zumindest für Prof. Dr. Rindt waren sie das. Er war sicher, er war nicht der einzige.
Nun sass diese Person in seinem Seminar und quatschte die Gruppe seit einer halben Stunde mit ihren Belanglosigkeiten voll. Sie hatte ihn natürlich nicht als einen ehemaligen Patienten erkannt.
Anna Kramer, die Attraktivste in der Runde, angeblich eine Lehrerin, gähnte verstohlen. Dann schaute sie zu Gustel Rindt. Ihr Blick sagte ihm, dass sie die Erwartung hatte, dass er dieser penetranten Langweilerin Einhalt gebot.
Er räusperte sich.
„Was Sie da beschreiben, wird den meisten Menschen so ergehen“, sagte er mit leicht erhobener Stimme.
Syna Lollhand schien ihn nicht wahrzunehmen.
„Ich bin überfordert, wenn ich ein System nicht kenne“, fing sie wieder an.
„Um ein neues System kennen zu lernen, darum sind wir hier,“ bemerkte Thea, eine hagere Endvierzigerin, die sich als Fallmanagerin tätig in einem Job-Center, vorgestellt hatte.
„Das macht etwas mit mir...“überging Syna den Einwurf von Thea
„Det wissen wir nu hinlänglich“, polterte Knut, ein übergewichtiger Mittvierziger. „Iss ja nich’ auszuhalten. Det is hier ne' Vorstellungsrunde“.
Der Typ kam nicht aus Berlin, schien aber seine Unsicherheiten mit berlinern zu kaschieren. Für Dr. Rindt war er in der Runde noch der sympatischste Zeitgenosse, neben der hübschen Anne.
„Immerhin ist er keine männliche Konkurrenz,“ dachte der Professor.
„Sie kann doch sagen, was sie will. Wenn es Dir nicht passt, kannst Du ja gehen“, liess sich nun die fünfte Teilnehmerin vernehmen, eine feiste Endreissigerin.
Angeblich nur Hausfrau und Mutter. Sie trug ein knallrotes T-Schirt mit der Aufschrift „Bad Girl“.
Angewidert sagte Dr. Rindt in ihre Richtung:
"Jetzt schalten Sie mal einen Gang runter. Und Sie Syna, kommen bitte zum Ende, für Ihre", er verzog das Gesicht“ „b e s o n d e r e n Probleme werden Sie bestimmt im weiteren Kurs noch Lösungsansätze finden.“
Syna schaute giftig in die kleine Runde.
„Trotzdem, wenn ich keine Kontrolle über ein System habe dann....“
Kurt stöhnte, während die schöne Anna sich leise erhob und den Raum verliess.
Prof. Dr Rind nahm das zum Anlass, das Seminar für heute zu beenden.
Die Teilnehmer verliessen erleichtert den Raum ausser Syna. Sie nestelte an ihrer Tasche herum.
„Herr Rindt“, fing Sie an. „Ich finde das nicht gut, dass Sie mich unterbrochen haben. Sie scheinen im übrigen die Gruppe nicht unter Kontrolle zu haben".
„Wie kommen Sie da drauf?“, fragt der Professor mit hoch gezogenen Augenbrauen.
„Die Leute gehen einfach raus oder unterbrechen mich..“
„Das ist ihr gutes Recht.“, antwortete er. kurz.
„Nein, das ist ein Irrtum“.
„Wer sagt das?“, grinste der Professor.
„Ich“ beharrte Syna ärgerlich, "und aus meiner beruflichen Praxis kann ich sagen, dass Irrtum in Verbindung mit tiefem Misstrauen anderen Menschen generell gegenüber und damit auch Fachkräften bei gleichzeitiger Selbstüberschätzung, bzw. mangelnder Einsicht in die eigenen Problemlagen eine äußerst, ich nenne es mal komplizierte Kombination ist“
„Aha“,
"Das sagte die Richtige", dachte Prof. Dr. Rindt.
Anna hatte sich vorsichtig in Richtung Gruppenraum geschlichen.
"Prof. Dr. Rindt musste jetzt allein sein", dachte sie.
Eine gute Gelegenheit. Sie war auf diesem Seminar um endlich Rache an Gustl Rindt zu nehmen. Er hatte sie natürlich nicht erkannt.
Vor sieben Jahren, hatte sie bei ihm eine Therapie begonnen, er hatte während der Therapie angefangen mit ihr zu flirten und sie zu verführen.
Sie war erst 18 gewesen und war durch eine Anzahl von Traumen aus ihrer Kindheit zu dem Zeitpunkt völlig instabil. Sie dachte diese Therapie wäre die Rettung. Sie hätte alles getan, was er verlangt hätte. Sie dachte vielleicht hat es einen therapeutischen Zweck. Die sexuellen Anspielungen, die Berührungen. Sie war abhängig von ihm. Er war der Sinn ihres Lebens.
Nachdem der Professor bekommen hatte, was er wollte, beendete er das Therapieverhältnis und war für Anna nicht mehr erreichbar.
Sie fiel in ein tiefes Loch. Der Schmerz war nicht aushaltbar. Sie stalkte ihm hinterher. Er war eiskalt, drohte ihr sogar mit rechtlichen Schritten.
Sie schmiess ihr Studium, verlor ihren Job, ihre Wohnung, lebte auf der Strasse, erst nach einem Suizidversuch, wurde ihr geholfen. Sie hatte aber so gut wie kein Vertrauen mehr. Sie brach jede Therapie ab.
Sie wurde mit 30 berentet. Lebte allein und zurückgezogen. Sie lebte für ihre Rache. Der Plan bestand schon länger.
Als sie las, dass der Professor ein NLP-Seminar in ihrer Gegend gab, zögerte sie nicht lange und meldete sich unter falschen Namen und Adresse an. Sie löste ihre Wohnung auf und kaufte sich ein Ticket nach Puerto Rico, wo einige gute Bekannte von ihr lebten.
Sie war immer noch sehr attraktiv. Sie hatte seine Blicke gesehen. Sie war die attraktivste Teilnehmerin. Prof. Dr. Rindt würde zweifelsohne versuchen sie ins Bett zu bekommen.
Und das würde sein Tod sein.
Sie hörte Stimmen aus dem Gruppenraum.
Sie hörte die erhobene Stimme von Syna.
„Und mir scheint, Sie schauen mehr, was bei den anderen ist, was sie sind und was nicht, was sie Ihrer Ansicht nach können und nicht, tun oder auch nicht.
Gucken Sie auch bei sich selbst?“fragte diese nach Aufmerksamkeit lechzende Person, Gustl Rindt grade.
„So ein Mist, die vermasselt mir noch meinen Plan, so schlecht sieht die nicht aus", dachte Anna selbstunsicher.
Aber der Professor schien verärgert zu sein. Sie hörte es an seiner Stimme.
„Was wollen Sie eigentlich von mir? Das ist mein Job. Sie sind hier um bei sich zu gucken...“
Syna wurde rot und fing nun an zu keifen. Sie ging dabei bedrohlich auf den Professor zu.
„Völlig durchgeknallt die Alte“, dachte Anna verächtlich.
„Sie sind unfähig. Sie schaffen es nicht mal die Gruppe unter Kontrolle zu bringen.. Sie sind gar kein Therapeut und ziehen hier nur eine Riesenshow ab“, fing sie an...
Die Grenzen des körperlichen Abstandes, den man normalerweise zu anderen Menschen hielt, waren bei weitem überschritten.
So war seine Reaktion nicht verwunderlich, fand Anna, er fasste Syna bei den Armen und schubste sie instinktiv von sich weg.
Und dabei passierte es.
Syna stolperte nach hinten und verlor das Gleichgewicht Sie fiel und ihr Hals krachte auf eine Tischkante.
"Das Genick ist gebrochen", dachte Anna.
Der Professor stand regungslos da.
Dann liess er sich mit einem „Oh Gott“, auf den nächsten Stuhl fallen, von dem er sich aber gleich wieder mit schmerzverzerrtem Gesicht erhob.
Er machte keine Anstalten Syna zu helfen oder zu schauen, was wirklich passiert war.
Anna hielt es nicht mehr aus.
Sie ging in den Seminarraum und hustete.
Der Professor sah sie an.
„Ich habe gesehen, was passiert ist,“ sagte Anna. „Es war ein Unfall. Es war Notwehr“.
Der Professor lachte kurz auf.
„Das ist nicht gut“, sagte er.
„Sie ist wahrscheinlich tot“, sagte Anna und ging zu der nun am Boden verrenkt liegenden Syna.
„Wir könnten sie woanders hinbringen,, letztendlich hatte sie ja selbst schuld“, sagte Anna, während in ihrem Kopf ein Plan heran reifte.
„Was würde mir das bringen?“, fragte Gustl abwesend.
„Dass der Verdacht auf jemanden anderen fällt, als auf Sie. Es könnte ja wirklich wie ein selbstverschuldeter Unfall aussehen. Draussen am Brunnen vielleicht.....“ sagte Anna.
„Und Sie würden mir dabei helfen? Was hätten Sie davon?“, fragte der Professor auf seine typische Art, die eigentlich schon seine Überzeugung erkennen liess, dass diese Fragen nicht ernst gemeint waren. Jede Frau würde alles für ihn tun. Schon in seiner Nähe zu sein war ein Geschenk für alle Menschen.
Anna ging sofort auf seinen Ton ein. „Ja, natürlich“, sagte sie mit einem unterwürfigen bewundernden Blick zu ihm. „Ich möchte nicht, dass Sie Schwierigkeiten bekommen.“
Bald darauf schleppten Anna und Professor Gustl Rindt, die Proktologin Syna Lollhand einvernehmlich in den Garten in die Nähe des Brunnes. Sie legten sie so hin, dass es aussah, als wenn sie genau dort auf die Brunnenkante gefallen wäre.
Anna war beflügelt von ihrem Plan, mit Prof. Rindt durch diese Handlung eine engere Beziehung herzustellen, so dass er dachte sie wäre seine Komplizin, die ihn bewunderte und die ihr Möglichkeiten gab mit ihm allein zu sein, um ihn in Ruhe umzubringen.
Margo rutschte unruhig auf ihrem harten Bürostuhl hin und her. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt.
Seitdem sie sich vor einiger Zeit ihre Hämorrhidden veröden lassen hatte, konnte sie nicht mehr sitzen.
Bei ihrem letztem Besuch hatte ihr die Ärztin mitgeteilt, dass sie nun leider ganz plötzlich eine Analfissur hätte, die operiert werden müsste. Natürlich in einem Krankenhaus in einem Belegbett von ihr.
„Nicht mit mir und jetzt sowieso nicht mehr“, sagte Margo und biss die Zähne zusammen.
„Was haben sie gesagt?“, fragte Wiegbert, ihr Assistent, während er wie immer mit einer Giesskanne gerüstet, durch die Büros lief. Wiegbert war ein Hydrokulturfanatiker. Überall standen diese Pflanzen mit den Steinchen und Röhrchen herum. Keine Sekretärin war seiner Meinung fähig diese Gewächse richtig zu giessen.
Margo seufzte. Wiegbert war ihr zugeteilt worden, nachdem sie in dieses Nest versetzt wurden war.
Einst war sie als Kommissarin in einer Großstadt tätig gewesen. Nachdem sie Beweise in einem Mordfall vertuscht hatte, um einen einhändigen Täter zu schützen, dessen Tat sie nur zu gut verstehen konnte. Ihrer Meinung nach hatte sich dieser schon traumatisierte Mann nur gewehrt und dabei hatte leider einer seiner Angreifer das Zeitliche gesegnet.
„Nichts, ich habe nur laut gedacht“, antwortete sie Wiegbert.
„Ich habe eine Liste der möglichen Verdächtigen im Mordfall Lollhand zusammengestellt“, teilte ihr, ihr Assistent mit.
„Die Proktologin Dr. Syna Lollhand“, dachte Margo. "Welch ein Zufall. Die Ärztin, die sie derartig gehandicapt hatte.. Kein Wunder, dass die einer ermordet hatte."
Wieder so ein Fall, wo sie den Mörder absolut verstehen konnte, sie hatte selbst in den letzten Wochen ähnliche Gedanken in Bezug auf diese Ärztin gehabt.
Syna Lollhand, die an einem NLP-Kurses bei dem ortsansässigen Prof. Dr. Gustl Rindt teilgenommen hatte. Er war der Hauptverdächtige in diesem Mordfall, zumindest was die Fingerabdrücke anging. Sie hatte recherchiert, Gustl Rind hatte früher als Therapeut gearbeitet und mit etlichen Patientinnen ein sexuelles Verhältnis angefangen. Er selbst hatte mehrere Frauen wegen Stalking angezeigt. Was da abgelaufen war, konnte Margo sich denken.
"Scheissärzte und Scheisstherapeuten", dachte sie. "Niemanden kann man mehr vertrauen".
Vielleicht war Syna eine ehemalige unbequeme Klientin von ihm gewesen?
Aber es gab noch 4 andere Teilnehmer, die in Frage kamen. Es war typisch für Wiegbert, auch wenn es nur vier Tatverdächtige waren, Listen zu erstellen.
Die Frau war Ostermontag auf dem Grundstück von Prof. Dr. Rindt gefunden worden.
Es sah aus, als sei sie gestolpert und nach hinten gefallen mit den Kopf auf einen Brunnenrand. Aber es gab ein paar Details, die auf einen Mord hinwiesen
Sie spürte wieder den Schmerz in ihrem Hinterteil.
Diese Ärztin hatte sie nicht darüber informiert, was sie machen wollte. Margo war in der Absicht, eine Salbe verschrieben zu bekommen, zu Frau Dr. Lollhand gegangen. Aber eh’ sie es richtig realisiert hatte, hatte die Ärztin ihr irgendetwas in die angeblichen Hämorrhidden gespritzt und seitdem hatte sie Schmerzen.
Sie schaute auf die Liste.
Anna Kramer, eine angebliche Lehrerin, die nicht mit diesem Namen und unter der von ihr angegebenen Adresse gemeldet war. Eine hübsche Enddreissigerin. Ein paar Fingerabdrücke von ihr hatte man auch auf der Kleidung des Opfers gefunden.
Knut Zinke, ein grobschlächtiger Berliner, der als Täter ausgeschlossen werden konnte, da er zur Tatzeit der hiesigen Dorfkneipe einen Besuch abgestattet hatte.
Thea Freytag, Fallmanagerin in einem Jobcenter , war mit dem Opfer angeblich befreundet. Vielleicht hatte sie ja ein Motiv? Ein Alibi hatte sie jedenfalls nicht. Aber es waren keine direkten Fingerabdrücke vorhanden.
Und zuletzt Prof. Karl Rindt, der Hauptverdächtige. Sie hatte mittlerweile herausgefunden, dass er auch einmal Patient von Frau Dr. Lollhand gewesen war. Sein Motiv Rache?
Sie hatte vor, den Professor am nächsten Morgen bevor sie zur Arbeit fuhr, allein zu befragen.
Sie war auf seiner Seite. Vielleicht konnte man es noch so hindrehen, dass der Mordvorwurf von ihm abgewendet wurde. Immerhin hatte er vielen Menschen durch seine Tat grosses Leid erspart.
Anna sah den Professor an.
„Mögen Sie mit mir etwas essen?“, fragte er sie grade. Sie waren sich auf dem Flur begegnet, nachdem sich beide nach der Leichenbeseitigung gewaschen und umgezogen hatten..
Die Mordwaffe steckte in ihrer Handtasche.
„Gern“, sagte sie und ging mit ihm in den Privatbereich seines Hauses.
Es kam wie Anna es erwartet hatte, nach dem gemeinsamen Essen, welches der Professor schnell in ihrer Anwesenheit, wie in alten Zeiten gezaubert hatte, versuchte er Körperkontakt herzustellen.
Während er noch an ihrer Bluse herum nestelte, zog Anna die Waffe hielt sie ihm an die Brust und drückte ab. Das passierte in sekundenschnelle. Es gab, dank des Schallschutzes keinen Knall.
Sie sah einen Baseballschläger in der Ecke stehen. Obwohl der Professor sich nach dem Schuss nicht mehr rührte, ergriff sie ihn und schlug noch ein paar mal zu. Der nachfolgende Anblick von Gustl bescherte ihr eine kurze Übelkeit.
Sie wischte die Waffe ab und steckte sie ein, zog ihre Sachen aus und säuberte den Raum.
Den Baseballschläger, liess sie, nachdem sie ihre Fingerabdrücke entfernt hatte, neben dem Toten liegen.
Nackt, nur mit Handschuhen bekleidet, schlich sie zu ihrem Zimmer.
Sie duschte, nahm das Bündel mit den getragenen Kleidern, die Pistole und verliess das Haus. Sie fuhr in ein einsames Waldstück zündete ihre Kleider an und vergrub die Waffe.
Die Blätter raschelten besänftigend im Wind. Kurz darauf fing es an zu regnen.
Sie fuhr zum Flughafen und sass drei Stunden später im Flieger nach Puerto Rico.
Eine Anna .. gab es nicht mehr. Niemand würde sie finden. Vor morgen früh würde niemand den Prof. vermissen.
Sie seufzte erleichtert darüber, dass nun ein Arschloch weniger auf dieser Welt weilte.
Nach einer unruhigen Nacht, wachte Margo, wie immer in den letzten Wochen, mit Schmerzen auf. Nichts half ihr.
Sie fuhr zum Haus des Professors.
"Diese Ärztin hatte den Tod verdient", dachte sie, als sie aus dem Auto stieg.
Von ihr aus konnte der Täter ungeschoren davon kommen.
Die Tür zum Privatbereich des Professors stand offen.
Sie klingelte – aber niemand kam.
Vorsichtig ging Margo hinein.
"Hallo, ist hier jemand?"
Stille umhüllte sie.
Sie schaute aus dem Fenster. Die Autos der Seminarteilnehmer standen noch auf dem Parkplatz. Bis auf eines.
Margo öffnete vorsichtig die Wohnzimmertür.
Der Anblick, der sich ihr bot, überraschte sie.
Ein blutüberströmter Professor Gustl Rind lag tot auf dem Sofa
Draussen tobte der Sturm. Regen peitschte ans Fenster
Die übergeordnete Gerechtigkeit hatte zugeschlagen.
Es gab vielleicht eine Höhere Macht - einen Gott, der alles ordnete.
Syna Lollhand hatte sich schuldig gemacht als Ärztin. Dass sie nicht mehr auf dieser Welt weilte und Patienten schädigte, war gut. Und der Professor war seiner Verantwortung den Menschen gegenüber die ihm vertraut hatten nicht nachgekommen.
Margo hatte keine Lust sich einzumischen.
Ihren Glauben an höhere weltliche Instanzen, wie Ärzte und Richter, Menschen, denen sie vertrauen sollte, hatte sie sowieso verloren.
Es wäre gut, glauben zu können, dass es noch andere himmlische Instanzen geben würde.
Dieses Mal verlor sie ihren Job, nachdem Kollegen sie dabei erwischten, wie sie versuchte noch vorhandene Spuren des Mordes gänzlich zu vernichten. Wiegbert und das Team verhinderten, dass sie die Leiche des Gustl Rind in ihr Auto hievte.
Später teilte ihr Wiegbert, der wenig für sich behalten konnte mit, dass die Pathologie bei dem Professor Merkmale dafür fanden, dass an seinem Hinterteil ein proktologischer Pfusch stattgefunden hatte, der - für Margo offensichtlich - die Handschrift der Syna Lollhand trug.
Verantwortung und Schuld waren enge Verbündete. Jemand der Verantwortung für etwas hatte und Fehler machte, hatte auch eine Schuld. Und der Schuldige wurde bestraft.
Margo wurde Vorsitzende in einem Verein von Menschen, die gegen Ärztepfusch vorgingen. Es musste ja nicht immer mit Mord enden.........
Verantwortung: Ja, ich habe das getan/verursacht.
Schuld: Ja, ich wollte das.
Es ist eine Frage der Absicht.
Ein Schuldgefühl ist nicht hilfreich, denn
es macht unser Verhalten nicht ungeschehen, führt nicht unbedingt zu einer
Wiedergutmachung und auch nicht zur Vermeidung zukünftigen Fehlverhaltens.
Übernahme der Verantwortung und Reue genügen.
Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig
Texte: Maria Skorpin
Bildmaterialien: woophy.com - Geert Geenen
Tag der Veröffentlichung: 18.01.2013
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