"Happy Birthday Tyron!", rief meine Mom, als ich fertig angezogen ins Wohnzimmer tappte. Neben ihr stand mein kleiner Bruder Zayn und mein Dad. Er machte ein frostiges Gesicht, während Zayn auf mich zustürmte und mich umarmte.
"Alles Gute zum 18 Geburtstag Ty!", sagte er und fing an lauthals zu lachen. Dad machte immernoch keine Anstalten mir zu gratulieren, oder mich wenigstens zu begrüßen. Wir hatten in letzter Zeit ein ziehmlich gestresstes Verhältnis, da er meine Freundin Ashley überhaupt nicht ausstehen konnte. Nur weil ihre Mutter alleinerziehend war und die Familie keine Supermillionäre waren, musste er sie glech hassen. Manchmal ging er mir echt auf die Nerven. Wie viele Freunde von mir hatte er schon aus unserer Villa geworfen, weil ihr Dad nicht so ein Staranwalt war wie meiner.
Jetzt durchbohrte er mich mit einen hasserfüllten Blick und ich versuchte genauso zurückzustarren. Vergeblich. Schade, dass ich diesen praktischen Blick nicht von ihm geerbt hatte.
"Los! Pack deine Geschenke aus!", schrie mein Bruder ganz aufgeregt. Sonst war er nie so, nicht mal an seinen eigenen Geburtstagen.
Auf dem Esstisch lagen zwei Geschenke. Ein großer Umschlag und ein kleines Kästchen.
Ich griff zuerst nach dem Umschlag und riss ihn auf. Er enthielt ein Wachsmalbild, auf dem ich und Zayn zu sehen waren. Wir hielten Händchen und lächelten. Ich musste grinsen. Ich fand seine Geschenke immer sehr süß, weil ich wusste wie sehr er malen hasste.
"Danke kleiner.", sagte ich zu ihm und wuschelte in seinen Haaren herum.
"Bitteschön.", antwortete er und zerrte mich zum kleinen Kästchen.
Ich nahm es vorsichtig in die Hand, in der Angst es kaputtzumachen. Meine Mutter schien fast vor Aufregung zu platzen.
Ich öffnete es und mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. Auf einem schwarzen Samtkissen lag ein silber glitzernder Autoschlüssel.
Sofort rannte ich aus der Haustür und sah einen nagelneuen BMW in der Einfahrt stehen. Ich wollte grad eine Probefahrt machen, als mein Handy piepste. Ich zog es aus meiner Hosentasche. Eine sms von Ashley. Ich musste lächeln. Wir waren jetzt schon ein halbes Jahr zusammen und ich liebte sie wirklich. Ich konnte es ihr nur sagen. Ja richtig, der sonst so selbstbewusste Tyron Thompson konnte auch schüchtern sein.
'Alles Gute Süßer ;**
Hey, jetzt bist du ein Jahr älter als ich...
Ich hoffe das neue Auto gefällt dir und wie ich dich kenne
möchtest du grade zu einer Testfahrt aufbrechen ;)
Ich wolltre dir nur viel Spaß wünschen!
Ashley'
Aaha. Sie wurde also eingeweiht.
Ich stieg mit einem breiten Grindes auf dem Gesicht in den Wagen und startete den motor. Mein Herz klopfte vor Aufregung und ich sauste los. Wir lebten in einem kleinen Ort, desswegen fuhr ich auf die Autobahn, wo ich richtig Gas geben konnte.
Eine Zeit war ich so gefahren, als es Anfing zu regnen. Ich beschloss nach Hause zu fahren, doch auf einmal fingen die LKW's vor und hinter mir an zu schleudern.
"Scheiße!", schrie ich noch, bevor ich eingequetscht wurde.
Ich wusste es.
Ich wusste es von dem Moment an, als das Telefon klingelte.
Ich wusste es von dem Moment an, als meine Mom ranging.
Ich wusste es von dem Moment an, als sie mich mit ihrer besorgten Stimme nach unten rief.
Jetzt saß ich hier, auf einem klapprigen Stuhl im Flur des Krankenhauses.
Ich hielt in den Händen eine Packung Taschentücher, dessen Aufschrift ich mir jetzt schon gefühlte 500.00 mal angeschaut hatte, um mich abzulenken.
"Ashley Compotion?", hörte ich eine leise Stimme sagen. Eine Schwester schaute mich mit zaghaften vorsichtigen Blick an. Sofort war ich auf den Füßen und hatte die Taschentücher auf den Boden fallen lassen.
"Ja? Gibt es etwas neues? Wie geht es ihm?", bombardierte ich sie mit Fragen.
Sie holte tief Luft bevor sie sprach: "Es tut mir leid ihnen das mitteilen zu müssen. Die Verletzungen die er an dem Autounfall erlitten hat, waren zu groß. Ihr Freund ist... Er ist tot."
Ich konnte nichts anderes machen als sie sprachlos mit tellergroßen Augen anzustarren.
Sie kaute unruhig auf ihrer Unterlippe herum.
Da erst registrierte ich die Situation.
Ty war tot. Er würde niemals wiederkommen. Mich nicht mehr küssen. Gestern, als wir im Kino waren, hatte ich ihn das letzte Mal gesehen. Hätte ich das gewusst, hätte ich mich an ihn rangeheftet und nie wieder losgelassen.
"Nein! NEIN! Wie konntet ihr das zulassen? Wie konntet ihr nur? Ihr habt ihn sterben lassen!", ich merkte nicht, dass ich sie am Kragen gepackt hatte und sie ziehmliche Angst vor mir zu haben schien.
Da tauchte der Chefarzt hinter ihr auf.
Er schaute mich traurig an. Als ob es ihn groß mitnehmen würde, wenn hier jemand starb! Das sah er doch bestimmt jeden Tag.
Ich ließ die Krankenschwester los, die daraufhin wegrannte.
"Mrs. Compotion. Es tut mir leid, wir haben alles getan, was in unserer Macht stand. Bitte ebruhigen sie sich."
Jetzt musste ich noch mehr anfangen zu weinen.
"Beruhigen?! Mein Freund ist gestorben, nur weil so ein paar Mistkerle meinen auf einer Autobahn nicht aufpassen zu müssen. Und da soll ich mich beruhigen? Ich bitte sie!", schrie ich ihn an.
"Ich denke es ist besser wenn sie erst einmal nach Hause gehen Mrs. Compotion."
"Nein! Ich will zu ihm!"
"Aber..."
"Ich habe doch wohl das Recht dazu, oder?"
"Natührlich. Den Gang links."
Ich machte mich auf den Weg. Kurz vor der Tür blieb ich stehen und atmete noch einmal tief durch. Das würde jetzt ganz hart werden, dass wusste ich. Aber ich musste ihn sehen.
Vorsichtig betrat ich den Raum.
Da lag er. Seine braunen Haare klebten nass an seiner Stirn und seine blauen Augen waren weit geöffnet. Seine Haut war kalkweiß, was mich sehr erschreckte. Ich hatte noch nie eine Leiche gesehen.Ich brach heulend neben ihm zusammen. Das konnte nocht wahr sein.
Ich schloss seine Augen und nahm seine Hand.
"Ty... Ich liebe dich! Es ist mir egal, dass du mich nicht hörst, aber wieso musstest du gehen? Wieso lässt du mich allein? Ich kann nicht ohne dich."
Mich durchfuhr ein heftiger Schauer und ich dachte schon ich hätte eine Hand auf meiner Schulter und ein Atmen in einen Nacken gespürt. Doch als ich mich umdrehte, war da niemand.
Na toll, jetzt werde ich schon verrückt, dachte ich mir und wandte mich wieder Tyron zu. Er sah friedlich aus, nicht so verzerrt, wie bei Leuten die erwürgt wurden. Seine Wunden wurden verbunden, sodass fast sein ganzes Gesicht in weiß gewickelt war. Seine Lippen waren aufgeplatzt, doch das machte mir nichts. Ich küsste ihn und machte mir keine Gedanken darüber, dass ich da eine Leiche küsste.
Mir kamen schon wider die Tränen.
"Oh. Du bist auch da. Geh besser raus und lass seine richtige Familie an seinem Bett sein. Du hast hier nichts verloren."
Ich drehte mich um. In der Tür stand Mr. Thompson und musterte mich wütend. Er konnte mich nicht ausstehen. Nur weil ich unehelich geboren wurde und meine Eltern sich getrennt hatten. Dazu kam noch, dass wir in einer Wohnung lebten und nicht so viel Geld hatten, wie die Thompsons. Tyron, seine Mutter Bridgit und sein Bruder Zayn mochte ich schon immer. Richard, Ty's Vater, hasste ich. Das kam wahrscheinlich, weil er mich auch hasste, aber das war ja egal.
Tag der Veröffentlichung: 14.06.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Dieses Buch ist für alle Leute, die schon einmal jemanden verloren haben.