„Eigentlich bin ich ganz froh, dass wir deinen Geburtstag dieses Jahr etwas ruhiger angegangen sind!“, sagte ich in das Lied hinein, das gerade im Autoradio gespielt wurde.
Und überging dabei das „Aber“, welches unweigerlich in einem Satz enthalten sein musste, der mit dem Wort „Eigentlich“ begann.
„Es blieb uns ja auch nichts anderes übrig!“, antwortete Chris müde. Dass dabei auch gleichzeitig Heiligabend ruhig ausgefallen war, war logisch. Wir hatten nur meine Eltern und die Eltern von Chris zum Abendessen eingeladen und entgegen unserer sonstigen Gewohnheit, hatten wir sogar einen kleinen Weihnachtsbaum aufgestellt. So feierten wir zum ersten Mal in den vier Jahren seitdem wir zusammen waren tatsächlich ein Weihnachtsfest - statt den Geburtstag meines Liebsten.
Die vergangenen Monate hatten es nicht gut mit ihm gemeint.
Aus einer verschleppten Sommergrippe hatte sich eine schwere herbstliche Bronchitis entwickelt, die in einer Lungenentzündung gegipfelt, unseren Urlaub zunichtegemacht und Chris sogar einige Tage ins Krankenhaus geschickt hatte, weil er eine Herzmuskelentzündung gehabt hatte, hervorgerufen durch die Infektion.
Diese Entzündung hatte Gott sei Dank keine bösen Nachwirkungen verursacht, doch Chris hatte auch so schon lange genug mit den „harmloseren“ Folgen seiner Erkrankung zu tun gehabt.
Seine Rekonvaleszenz verlief schleppend und viel zu langsam, verbunden mit einigen, zwar leichten, aber dennoch vorhanden, Rückschlägen. Er durfte längere Zeit nicht arbeiten, weder in seinem Job, noch zu Hause. Der Arzt hatte strickte Ruhe verordnet, damit es keine Folgeerkrankung gab.
Bei damals 25 Grad Außentemperatur im Bett zu liegen, anstatt im Meer zu baden, war außerdem eine herbe Enttäuschung gewesen - für uns beide.
Sein Körper machte ihm auch nach der überstandenen Infektion noch zu schaffen. Chris war nur wenig belastbar, reagierte gereizt, selbst Kleinigkeiten nervten ihn.
Das bekam auch meine Schwester Tanja einmal zu spüren, als sie ihn bei einem Besuch ein wenig zur Ordnung rufen wollte. Chris hatte mich die ganze Zeit, wie einen Laufburschen, hin und her geschickt; er bedankte sich nicht für die geleisteten Hilfsdienste und war in Tanjas Augen eine ausgesprochen launenhafte Diva.
Und wie Tanja halt ist, hielt sie nicht mit ihrer Meinung hinter dem Berg.
„Mann, Christmas! Krieg dich mal wieder ein! Jan ist doch nicht dein Dienstmädchen, es würde dir nicht die Zunge abfallen, wenn du mal Danke sagst. Ist dir mal aufgefallen, welche Doppelarbeit er zurzeit leistet? Sein Studium, den Nebenjob und den kompletten Haushalt. Du kannst ja nichts dafür, dass du krank geworden bist, aber lass deinen Frust über euren geplatzten Urlaub nicht an Jan aus!“
Chris‘ Blick hätte eigentlich reichen müssen, dass Tanja sich röchelnd auf dem Boden wand, doch meine Schwester war hart im Nehmen. Provozierend erwiderte sie den Blickkontakt, woraufhin Chris sie einfach hinauskomplimentierte.
Unser darauffolgender Streit war nicht von schlechten Eltern. So hatte es bei uns noch nie gekracht.
Wutentbrannt hatte ich ein paar Klamotten gepackt und war Tanja gefolgt.
Die mich zwar für den Tag aufnahm, mich am nächsten Tag jedoch postwendend wieder nach Hause zu Chris schickte, nachdem sie mir den Kopf gewaschen hatte.
Sie selbst nahm Chris den Rauswurf nicht übel.
„Stell dir doch nur vor, wie es ihm geht! Er war immer der Macher bei euch und du hast dich wohlgefühlt, ihn machen zu lassen. Jetzt ist alles anders. Er keucht schon, wenn er die paar Etagen bis in euer Wohnung klettern muss. Geschweige denn, dass er eure Einkäufe hochschleppen könnte. So von Hilfe abhängig, so von dir abhängig, war Christmas noch nie. Er selbst sieht sich bei euch als den Starken, jetzt sind eure Rollen neu verteilt und er, der … naja, ich möchte es nicht wirklich Macho nennen, aber du weißt was ich meine ... muss sich momentan neu definieren!“
„Aber das ist es doch gerade, es ist nur momentan. Er benimmt sich eher wie die Axt im Walde. Ich lasse mich doch gerne hin- und herschicken, ich weiß doch auch, es geht ihm nicht gut. Aber er hatte nicht das Recht dich hinauszuwerfen.“
„Jan, meinst du nicht, ich kann meine Kämpfe selber ausfechten? Mir ging es nur gegen den Strich, dass er noch nicht einmal merkte, wie sehr er dich gestern ohne ein Wort des Dankes als Dienstboten missbrauchte. Da waren einige Sachen bei, die er durchaus auch selbst hätte tun können. So eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank holen und ein paar Gläser aus der Küche ist jetzt wirklich nicht so schrecklich anstrengend. Ich wollte ihn lediglich dazu bringen, mal über sein Verhalten nachzudenken. Er sollte einfach auch mal anerkennen, was du gerade für euch beide tust.“
Meine Schwester im Beschützermodus, schon irgendwie süß!
Wenn ich ganz ehrlich zu mir war: Ein kleines bisschen hatte Chris‘ Verhalten mich tatsächlich angepisst, nur …
Wenn ich noch ehrlicher war, aus einem ähnlichen Grund, aus dem es auch Chris schlecht ging, nur mit umgekehrten Vorzeichen.
Ich war es so sehr gewohnt, dass Chris sich um alles kümmerte. Egal ob es der wöchentliche Großeinkauf war, inklusive des Überblicks was in unseren Schränken fehlte, bis zur Einteilung unserer Hausarbeit.
Wir haben beide unsere Stärken und Schwächen. Es gibt Dinge, die ich nicht gerne mache, es gibt Dinge, die Chris nicht gerne macht und dann gibt es eben die Sachen, die wir beide nicht gerne machen und irgendwie schienen die gerade alle an mir hängen zu bleiben.
Ich liebe es, verwöhnt zu werden, keine Verantwortung übernehmen zu müssen. Ich bin nicht faul, nein, das nicht … Aber ich war nur ein HiWi, wenn auch ein Guter! Soll heißen, ich war ein guter Hilfswilliger. Ich tat alles schnell und gründlich, wenn mir jemand sagte, was zu tun war. Das Organisationstalent bei uns beiden war ohne jeden Zweifel Chris.
Nun musste ich mich mit Sachen beschäftigen, dich ich normaler Weise nur zu gerne Chris tun ließ.
Es funktionierte.
Manchmal zwar eher schlecht als recht aber wir kamen klar. Wenn Chris mir auch des Öfteren Gelegenheiten unter die Nase rieb, an denen es eben nicht wirklich reibungslos gelaufen war.
Ich fand es undankbar und er unbelehrbar.
Auf gut Deutsch: Die Stimmung zwischen uns beiden kippte immer mehr.
So war es nur zu verständlich, dass unser Weihnachtsfest, sprich Chris´, aus gutem Grund genannt Christmas, Geburtstag mehr oder weniger ins Wasser fiel.
Ich hätte so eine Riesenfete, wie Chris sie normalerweise organisierte, nie alleine managen können und Chris fühlte sich dem auch noch nicht wirklich gewachsen.
Zwar ging er mittlerweile wieder ganz normal arbeiten, aber er war noch nicht auf seinem früheren Leistungslevel.
Ein Urlaub würde uns beide guttun, aber irgendwie ...
Als ich am nächsten Tag endlich wieder zu Hause ankam, entschuldigte Chris sich nicht nur bei mir für sein Verhalten, er rief auch Tanja an und leistete Abbitte.
Ich sah ihm an, er hatte die Nacht über kein Auge zugetan und ich … ich konnte es in seinen Augen lesen, es war so deutlich, als würde er die Worte sagen.
Ich konnte sehen, wie unendlich erleichtert Chris war, dass ich heimgekehrt war.
Als ich seine Umarmung erwiderte, war es, als würde ein Zentnergewicht von seinen Schultern genommen, so plötzlich entspannte er sich.
Ich war ein wenig erschüttert meinen wunderschönen, blonden Weihnachtsengel in dieser Verfassung vorzufinden.
Und plötzlich war ich mir wieder sicher! Ich wollte Chris, ohne Wenn und Aber. Wollte ihn in guten Tagen und in schlechten Tagen. Mit guter Laune oder eben auch mal mies gestimmt.
Mein Chris, mein Christmas, mein ganz persönliches Weihnachtswunder.
„Es tut mir leid, Jan! Es tut mir so leid! Ich wollte dich durch mein Verhalten doch nicht verletzen, aber ich komme mir so hilflos vor, so unterlegen. Dabei ist es doch egal, es ist vollkommen egal. Ich liebe dich. Hauptsache du bist bei mir!“
Ich hörte ihn stammeln, nach Worten suchen, um Dinge zu erklären, die mein Herz doch schon lange als wahrhaftig erkannt hatte.
„Pst, schon gut, Chris!“, tröstete ich ihn. „Mir tut es doch auch leid. Ich liebe dich, ich liebe dich so sehr!“
Eine Unendlichkeit hielten wie uns umschlungen, keiner war gewillt die Nähe des anderen aufzugeben. Sicher, gestritten hatten wir schon des Öfteren, aber diesmal war eine andere Komponente mit in diese Auseinandersetzung hineingeflossen. Dieser Streit war bitterer, ging ans Essenzielle, an das, was unsere Liebe ausmachte. Wir hätten unserer Liebe beinahe einem Alltag geopfert, ohne uns über die Ausmaße dieses Opfers im Klaren gewesen zu sein.
Chris leiser Seufzer holte mich aus der Vergangenheit zurück.
„Verdammt, ich bin schon wieder so müde!“
„Dann mach die Augen zu, Schatz! Ruh dich aus. Ich bringe uns schon sicher ans Ziel. Sieh mal, hinten auf der Rückbank liegt eine Decke! Kuschel dich ein, ich pass auf dich auf!“
Chris‘ Lächeln war echt; endlich konnte er meine Fürsorge annehmen, ohne sich schlecht zu fühlen.
„Warum willst du mir nicht verraten wo es hingeht?“, fragte er nach, während er sich tatsächlich in die Decke wickelte und seine Augen schloss.
„Weil es dann keine Überraschung mehr ist, Dummerchen!“, antwortete ich lächelnd, während ich den Wagen durch die Dunkelheit unserem Ziel entgegensteuerte.
Von außen drückte die Nacht gegen die Scheiben, im Inneren des Wagens war es gemütlich warm, das gedämpfte Licht der Instrumentenbeleuchtung zeichnete alle harten Kanten weich und leise summte ich die Lieder im Radio mit. Ab und an warf ich einen zärtlichen, prüfenden Blick auf meinen Verlobten, der friedlich schlief. Ich freute mich auf morgen, freute mich auf sein Gesicht, wenn er das Ziel unserer Reise erkennen würde. Diese Reise war mein nachträgliches Geburtstagsgeschenk und sie sollte dafür sorgen, dass endlich die angestrengten Linien um Chris‘ Mund verschwanden, die dunklen Ringe unter seinen Augen wieder einer normalen Hautfarbe entsprachen und überhaupt sollten seine Augen endlich wieder in ihrem wunderbaren, klaren Blau strahlen.
Dreieinhalb Stunden später erreichten wir unser Ziel.
Es war noch immer stockdunkel, die Umgebung außerhalb der Straßenlaternen auf dem Parkplatz kaum zu erkennen.
Liebevoll weckte ich meinen persönlichen, ganzjährigen Weihnachtsengel auf.
„Chris? Komm, Schatz, wach auf! Wir sind da!“
Es dauerte ein paar Sekunden bis er gewillt war die ruhige Behaglichkeit des Schlafes aufzugeben. Grummelnd öffnete er die Lider.
„Wo sind wir?“, fragte er schlaftrunken.
„Das wirst du morgen sehen. Jetzt beziehen wir erst einmal unser Haus!“ Dabei zog ich den Schlüssel für unser Ferienhaus aus der Tasche meiner Jeans.
„Haus? Du hast für unser langes Wochenende ein ganzes Haus gemietet? Wo sind wir? Wie lange sind wir gefahren?“ Chris versuchte sich anhand der Fahrzeit ein Bild von unserem Ziel zu machen, doch ich wusste es geschickt zu verhindern, indem ich ihm einfach einen dicken, herzhaften Kuss auf seine schlafwarmen Lippen drückte.
Dann stieg ich aus, öffnete die Beifahrertür und zog Chris an der Hand nach draußen.
„Komm!“, sagte ich nur, ging um das Auto herum und hob unsere große Reisetasche aus dem Kofferraum.
Wir tasteten uns quasi einen unbeleuchteten, schmalen, unbefestigten Weg entlang, bevor wir endlich unser kleines gemietetes Häuschen erreichten.
Tief sog Chris die Nachtluft in seine Lungen.
„Hier riecht es gut!“, sagte er anerkennend. „ Und was ist das für ein Geräusch?“
Ich lächelte. „Das erfährst du morgen früh genug!“ Und freute mich schon diebisch auf sein Gesicht.
Die Zeit meines Schlafes erschien mir zu kurz, als Chris‘ überraschter Ausruf mich weckte.
Er stand, nur in seinen Schlafshorts, am Fenster, hatte die dunklen Vorhänge beiseitegeschoben und starrte fassungslos auf die stürmische Nordsee, deren weißgekrönte Wellen in heftigen Schlägen gegen das Ufer brandeten.
Unser Häuschen lag direkt hinter den Dünen, unser Schlafzimmer jedoch lag knapp über dem Dünenkamm und bot so einen ungehinderten Blick über die Weite des Meeres.
Noch immer vollkommen geflasht sah Chris zu mir herüber.
„Du bringst mich im Winter ans Meer?“ Ich konnte Chris ansehen, dass er nicht wusste, ob er erfreut oder irritiert sein sollte. Vielleicht war er beides. Ich gebe zu, der Winter ist eine eher ungewöhnliche Zeit für einen Aufenthalt am Wasser, aber Dr. Berg, Chris‘ Arzt, meinte eine Luftveränderung würde Chris guttun.
Ich muss gestehen, dass meine Wahl ein klein wenig egoistisch war. Ich bin nicht der Wander - und Bergfan und normaler Weise sieht Chris das ähnlich wie ich. Aber … Winter? Am Meer?
Ich war bereit mich überraschen zu lassen und gerade deshalb hatte ich mich für dieses Häuschen entschieden. Nach einem Strandspaziergang war man schnell wieder im Warmen und unten im Wohnzimmer gab es einen verlockenden offenen Kamin plus einem absolut klischeebehafteten, passenden Fell irgendeines Tieres davor.
Gott sei Dank war unser Kühlschrank schon bestückt. Dafür hatte ich mittels E-Mail-Kontakt mit der Vermieterin schon gesorgt.
Also stand zuerst einmal einem gemütlichen Frühstück nichts im Wege.
Anschließend machten Chris und ich uns tatsächlich auf zu einem Spaziergang am Meer, merkten aber schnell, wir mussten unbedingt noch in den kleinen Ort und uns einige Dinge besorgen, wie zum Beispiel Gummistiefel und Mützen. Der Wind pfiff uns kalt um die Ohren und ohne Mütze würde es nicht funktionieren. Zudem rieselte uns beständig Sand in die Turnschuhe und ich hatte durch einen unachtsamen Moment schon nasse Füße bekommen, als ich Chris, Nahe der Wasserkante, unbedingt küssen musste.
Natürlich lachte er mich aus, doch dann scheuchte er mich regelrecht nach Hause, damit ich mich umziehen konnte.
„Ich will nicht, dass du krank wirst!“, sagte er zärtlich und wieder versanken wir in einen langen Kuss. Doch konnte diese Zärtlichkeit nicht über die Intention seiner Worte hinwegtäuschen. Chris hasste es krank zu sein, hasste alles, was damit zusammenhing und wollte um alles in der Welt verhindern, dass es mir so schlecht ging, wie es ihm in der näheren Vergangenheit ergangen war.
Oh Gott, wie sehr ich diesen Kerl liebte! Es tat beinahe weh, weil sich alles in mir unter dem plötzlichen Ansturm meiner Gefühle zusammenzog und verkrampfte.
Konnte ein einzelner Mensch so viel Liebe in sich tragen, ohne an diesem Übermaß zu zerplatzen, wie ein zu prall gefüllter Luftballon?
Nachdem ich endlich wieder trocken war, bummelten wir gemütlich durch das kleine Dörfchen. Im Sommer sprudelte das Leben hier über. Hunderte, ach was … tausende von Touristen bevölkerten den Ort und die Umgebung. Campingplätze, Feriendörfer, Hotels und Pensionen dicht an dicht. Doch nun lag alles im Winterschlaf, die meisten Geschäfte hatten geschlossen, während in ihrem Inneren Postkartenständer darauf warteten mit dem Kuss der Frühlingssonne Dornröschen gleich geweckt zu werden. Sandspielzeug, Lenkdrachen, Sonnenschirme und aufblasbare Schwimmreifen ruhten in ihren Regalen wie Haselmäuse in ihrem Kobel. Auf den Neuanfang, auf das Wiedererwachen wartend.
Dieser kleine Ort strahlte in seiner Winterruhe eine stille Melancholie aus, die an einem Jahrmarkt nach der Schließung erinnerte. Die sogenannte „Touristenmeile“ mit ihren nun geschlossenen Discotheken, Eisdielen, Schnellimbissen und Spielhallen … Wenn die bunten Lichter erloschen und das Zahnlückenlächeln schmuddeliger und teilweise renovierungsbedürftiger Gebäude offenbart wurde. Einst strahlend in mitternächtlicher Sommerpracht, nun notdürftig überschminkt von abgeschalteten Leuchtreklamen und Neonwerbungen und dem entlarvenden winterlichen Tageslicht ausgesetzt. Dennoch war es auf seine ureigene Art und Weise schön. Es war absolut ungewöhnlich, als ob man alles aus einer neuen, ungewohnten Perspektive betrachtete. Abseits, ohne den üblichen, ablenkenden Touristenstrom, sah man plötzlich die alten Häuser der Bewohner. Zurückgesetzte, hinter im Sommer dichten Hecken, die der Winter nun ihres Blätterkleides beraubt hatte und einen Blick erlaubte auf altes Fachwerk. Oder Bauernhäuser, die in der wachsenden Ausdehnung eines größer werdenden Ortes integriert worden waren. Chris und ich konnten uns kaum satt sehen und waren mit gelegentlichen Unterbrechungen in einzeln geöffneten Cafés zum Aufwärmen beinahe den ganzen Tag mit dem Fotoapparat unterwegs.
Am Abend kochten wir gemeinsam in der kleinen Küche und nahmen dann unsere Teller mit vor den Kamin. Dicht aneinander geschmiegt aßen wir und erfüllten dann tatsächlich jedes Klischee, als wir uns im Schein der tanzenden Flammen liebten. Voller Leidenschaft und tief empfundener Zärtlichkeit schmiedeten wir das Band unserer Zusammengehörigkeit fester. Was konnte schöner sein, als sich in die Arme der Person fallen zu lassen, die das eigene Leben erst perfekt machte? Wir waren in unserer Gegensätzlichkeit wie die zwei Seiten einer Medaille. Anders und doch gleich, nur zusammen ergaben wir das vollständige Bild unserer Liebe. Ein Schmuckstück der besonderen Art.
In der Nacht nahm Christmas mich plötzlich in den Arm und sagte: „Was ist eigentlich mit dir los? Du bist so unruhig. Warum kannst du nicht schlafen?“
Ich seufzte, es war also Zeit Farbe zu bekennen.
Tag der Veröffentlichung: 27.12.2015
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