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Vorwort



Weißt du, wie es ist, jemanden zu verlieren, der einem am allerwichtigsten war? Von dem man glaubte, ohne ihn nicht mehr leben zu können?


Ein Tag, der mein Leben um 180° drehte. Es auf den Kopf stellte. Mich veränderte. Fast ein Jahr. Fast ein Jahr ohne meine bis dahin allerbeste Freundin Andrea. Vor fast einem Jahr erkrankte sie an Krebs. Nichts und niemand konnte ihr noch helfen. Doch sie war immer fröhlich, egal was passierte. 6 Chemotherapien, alles umsonst. Eine Knochenmarkstransplantation, alles umsonst. Der illegale Versuch ihrer Eltern, künstlich ein Kind zu erzeugen, dass ihr Knochenmark spenden könnte. Alles umsonst. 8 Monate täglichen Besuch im Krankenhaus, wieder alles umsonst.
Hast du eine Ahnung, wie es ist, plötzlich allein in deiner Welt zu sein? Sich zu fühlen, als hätte man dich auseinander gerissen; dich so verletzt, dass du nur noch sterben willst?

Wenn nicht, sei froh. Wenn schon, dann geht es dir genauso dreckig wie mir.

Nach Andreas Tod, hatte sich alles verändert. Ich war nicht mehr fröhlich, zuerst hatte ich stark abgenommen, dann sehr stark zugenommen. Früher war ich beliebt gewesen. Jetzt meideten mich alle, so sehr es nur möglich war. Nein, das stimmt nicht ganz. Sie meideten mich, schafften es aber mich gleichzeitg wegen meinem „neuen“ Gewicht zu mobben. Andrea hätte nie zugelassen, dass das passiert. Hätte.

Jetzt ist es zu spät.
In jeder Nacht von Dienstag auf Mittwoch träumte ich das Gleiche: Meine letzte Erinnerung an Andrea, als sie sagte: „Versprich mir: Vermiss mich nicht und lebe dein Leben genauso, wie du es mit mir getan hättest.“ Jeden Dienstag Abend stellte ich meinen Wecker auf 3.27 und versteckte ihn unter meinem Kissen. Wenn er dann klingelt, öffne ich immer die größte Schublade in meinem Nachtkästchen. Dort bewahrte ich alle Erinnerungsstücke an Andrea auf. Und pünktlich um 3.28 taucht der riesige Klos in meinem Hals auf und erinnerte mich an ihren Tod.


1.Kapitel


Warum ich, warum ausgerechnet ich??? Wieso könne sie nicht mal wen anderen ärgern- bei mir tun sie es doch die ganze Zeit!!! Selbst Laura lacht mich aus….


Früher war ich beliebt gewesen, jeder mochte mich, selbst die größten Schlägertypen hörten auf, wenn ich was dazu sagte. Aber seit dem letzten Jahr hat sich viel verändert. Zu allen Freunden aus meinem alten Wohnort hatte ich den Kontakt verloren, sämtliche, die einmal meine besten Freunde waren, waren nicht mehr auf der Schule oder verachteten mich. Meine beste Freundin Andrea, die beste, die es überhaupt einmal gab, war an Krebs gestorben. Nur wenige blieben zurück. Und Laura, mein beste Freundin nach Andrea, blieb auch nicht auf meiner Seite. Sie wollte sich nicht mehr mit einer abgeben, die von allen geärgert und gemobbt wurde. Na toll.

Blieben nur noch ein paar Kumpels, die überall als schwul gelten, in Wirklichkeit aber eigentlich ganz nett waren, und eine Streberin, die mir seit der Ersten Klasse auf jeden Millimeter folgte und einfach das perfekte Streber-Image hatte.
Ich wünschte, ich könnte so viel rückgängig machen. Immer, wenn ich mit Laura gestritten hatte, hätte ich den ersten Schritt tun sollen und dafür sorgen, dass unsere Freundschaft darunter nicht litt. Aber dafür war ich zu stolz gewesen- und jetzt bereute ich es.

Gerade hatte ich Andreas Tod halbwegs verkraftet, und jetzt sollte ich auch noch den Verlust von Lauras Freundschaft verkraften. Ich hatte keine Ahnung, wie ich das schaffen sollte. Andrea, wie konntest du mir das antun? Ich wünschte, du wärst hier und könntest mir helfen…

Doch das konnte sie nicht mehr. Diana, jetzt reiß dich mal zusammen! Es ist kein Wunder, dass alle anderen sich so behandeln! Genauso hättest du dich früher doch auch verhalten…

Also beschloss ich, mich wieder zu meinem alten Ich zurückzuverwandeln. Was allerdings nicht so leicht ist wie man denkt, aber das sollte ich noch erfahren…

Gerade hatten wir Mathe und schon wieder wurde ich gemobbt. Die Mädels in der Reihe hinter mir hatten ein Stückchen Papier zur mir gepustet und das ist natürlich in meinen Haaren hängen geblieben. Ich hatte es nicht gemerkt, nur gewundert, warum die ganze Klasse lachte, wenn ich mich umdrehte. Plötzlich hat unsere Mathelehrerin zu den Übeltätern gesagt, sie sollen das Papier aus den Haaren zupfen. Ich hatte überhaupt nicht verstanden, dass schon wieder ich gemeint war. Bis eine von ihnen zu mir nach vorne kam und mir kurz in die Haare fasste. Ich wurde puterrot und senkte den Kopf.
Eigentlich war es verständlich, dass fast niemand mit mir sprechen wollte, ich hatte keine Traumfigur wie alle anderen und sprach auch mit keinem. Seit Laura aber die Seiten gewechselt hatte - wenn auch nur kurzzeitig, denn manchmal hielt sie dann doch zu mir – hatte ich viel mehr gelesen und mich im Haus aufgehalten. Da war es für jemanden wie mich unvermeidlich, dick zu werden.
Jedenfalls beschloss ich auf dem Weg nach Hause noch einmal, jetzt endlich mich selbst auszugraben, damit ich nicht mehr wie ein Zombie, sondern wie ein Mensch behandelt werden würde. Doch das war leichter gesagt als getan.

Ich hatte beschlossen- da meine Busfahrkarte sowieso abgelaufen war- von jetzt an immer mir dem Rad zur Schule zu fahren. Außerdem ging ich jetzt 3 mal in der Woche joggen. Nach ein paar Wochen machte sich auch schon der erste Erfolg bemerkbar. Ich bemerkte, dass meine Hosen inzwischen zu weit waren, so dass ich jetzt immer einen Gürtel benutzen musste. Auch Laura fing wieder an, mit mir zu sprechen. „Hast du Lust, mit mir mal zum Eisessen zu gehen?“ fragte sie mich einmal. Einerseits wollte ich nicht – die Bemerkungen, die sie mir vor nicht allzu langer Zeit an den Kopf geworfen hatte, klangen mir noch immer in den Ohren- , aber andererseits bemühte sie sich wieder um unsere Freundschaft. Also sagte ich und wir verabredeten uns für Mittwoch.



2.Kapitel


Als ich die Eisdiele betrat, saß Laura schon an dem Tisch, an dem wir früher auch immer saßen. Grüßte sie und setzte mich. „Weißt du schon, was du willst?“, fragte ich sie, als sie schwieg. Ihre Antwort verwunderte mich ein bisschen. „Wie immer, einen extra großen Schokoladen-Himbeer Eisbecher mit Karamellsoße und viel Sahne. Was sonst?“ das hatte sie sich schon immer bestellt, da musste ich ihr Recht geben. So was konnte auch nur sie essen. Mich wunderte es, wieso sie es schaffte, bei der ganzen Fresserei auch noch dünn zu bleiben. Dann kam die Kellnerin und wir bestellten. Ich nahm nur eine Apfelschorle und Laura sah mich plötzlich an, als wäre ich krank oder so. „Was?“ murmelte ich leise.
Dann schwiegen wir eine kurze Zeit. Ich starrte unentwegt zur Tür, als würde ich jemanden Erwarten. Ich zuckte zusammen, als sich dann die Tür öffnete. Herein kamen Markus, der Clown der Klasse, und sein bester Freund Stefan. So weit ich wusste, stand Laura ziemlich auf ihn. Also Stefan. Deshalb warf ich einen Blick auf Laura. Ihre Wangen waren gerötet und ihr Blick war gesenkt.

Plötzlich sah mich Stefan an, und auch ich wurde rot und senkte leicht den Blick. Verdammt, wieso ist mir noch nie aufgefallen, wie süß Stef eigentlich ist????

Ich war überrascht, dass ich so etwas denken konnte. Das war mir noch nie passiert. Die beiden Jungs gingen an einem Tisch, der so weit weg von uns war, dass es schien, dass sie uns ausweichen wollten. „Wusstest du, dass sie auch kommen wollten?", fragte ich Laura, als sie bereits saßen und anfingen, sich zu unterhalten. „Nein. Wahrscheinlich haben sie uns belauscht.“ Sie grinste. Da hat sie wahrscheinlich Recht. Niemand kann Lauras Charme und ihrem Aussehen widerstehen. Vorausgesetzt wenn man davon schon mal in Genuss gekommen ist. Wir begangen zureden, über die Schule, unsere Klassenkameraden und schließlich begannen wir zu lästern. Es kam mir vor, als hätte ich all das schon mal erlebt. Mein Her z machte einen Freudensprung, als mir einfiel, woher das das kannte. Es war alles wie früher, als wir uns jeden Mittwoch nach der Schule hier getroffen hatten. Als ich einen Blick auf mein Handy warf, bemerkte ich, dass es schon fast 18 Uhr war. Ich hätte eigentlich schon vor einer halben Sstunde zu Hause sein müssen. „Oh! Laura, sorry, aber ich muss los. Ich bin schon viel zu spät dran!“ erklärte ich ihr hektisch. Gut, dass wir schon bezahlt haben. Im Weggehen rief ich ihr noch zu: „Bis morgen in der Schule!“ Dann nahm ich mein Rad, das im Fahrradständer an der Wand des Eiscafes stand, und schob es durch die Stadt. Normalerweise wäre ich ja gefahren, aber ich schrieb meiner Mutter im Gehen noch schnell eine SMS, dass ich erst jetzt losgefahren war. Auf dem Weg nach Hause war ich so glücklich, dass es sich schon fast falsch anfühlte. Ich hätte nie gedacht, dass ein Nachmittag mit Laura solche Auswirkungen haben könnte.

Zu Hause erwartete mich keine Donnerwetter, ehrlich gesagt erwartete mich niemand. Nur meine Katze Findus, unser Hund Charlie und die Fische meines Bruders. Charlie kam schwanzwedelnd auf mich zu. Er sah mich mit diesem Blick an, von dem ich wusste, dass er jetzt raus wollte. „Na gut, Kleiner, hol mal die Leine.“ Eigentlich sollte das ein Scherz sein, aber als ich in der Küche ein paar Schlucke Orangensaft direkt aus dem Kühlschrank getrunken hatte, brachte er mir tatsächlich die Leine. Erstaunt schüttelte ich den Kopf und ging mit ihm raus.

Am nächsten Tag in der Schule wartete Laura schon am Eingang auf mich. Sie sah aus, als wäre sie gerade ausgeflippt. So hatte ich sie schon länger nicht mehr gesehen. Sie kam auf mich zu und breitete die Arme aus, um mich zu umarmen. „Darf ich fragen, was los war?“ fragte ich sie direkt und einfach. Sie schien total aus dem Häuschen zu sein. „Nein darfst du nicht. Irgendwann erzähl ichs dir, aber nicht jetzt. Komm mit“ antwortete sie. Laura nahm meine Hand und zog mich zur Treppe, wo Nina wartete. Bevor sie die ganze Zeit mit Laura herumhing, war sie meine Freundin gewesen, und ähnlich angesehen gewesen, wie ich es war. Aber mit ihr hatte ich in letzter Zeit noch weniger geredet als mit Laura. „Es tut mir Leid“, begann Nina, „ich hätte mich nicht so verhalten dürfen. Es tut mir wirklich Leid, aber irgendwie konnte ich nicht anders….“ Bevor sie ihre Rede weiterführen konnte unter brach ich sie. „Ja ja, die Jungs waren da und du wolltest nicht uncool rüber kommen, schon klar. Aber macht nichts, wenigstens hast du dich entschuldigt.“ Ich begann zu grinsen. Wie viel ein paar Pfunde schon ändern konnten.

In letzter Zeit hatte ich noch mehr abgenommen. Dabei waren meine Noten allerdings schlechter geworden, weil ich viel Zeit damit verbrachte, mit Charlie spazieren zu gehen. Da blieb eben nicht mehr viel Zeit zum Lernen. Meine Eltern regten sie deswegen stundenlang auf, aber ich fand, dass ich lange genug brav gewesen war. Jetzt konnte ich doch auch mal ein paar Vieren nach Hause bringen. Soo schlecht war das jetzt auch wieder nicht, oder? Aber mit Laura und Nina hatte ich keine Probleme mehr. Wir verstanden uns besser denn je, und das machte mich glücklich. Allerdings war ich verwirrt, und zwar von Stefan. Jedes Mal, wenn ich ihn anschaute, errötete ich leicht und mein Magen fühlte sich an, als würden zwei Milliarden Ameisen Walzer tanzen, wobei aber keine im Takt war. Das passierte mir aber ziemlich oft, weil er genau so saß, dass wenn ich nach vorne zur Tafel schaute, immer ihn sehen konnte. So konnte ich ihn beobachten und niemand bemerkte es.
Bleib cool und behandele ihn wie jeden Anderen, hätte Andrea jetzt gesagt. Oder halte dich an Laura, die hängt doch eh immer mit den Jungs rum. Sie hätte mich auch immer um halb acht in die schule bestellt, um mich „schön“ für ihn zu machen. Sie konnte so etwas wirklich, da war es ein Wunder, dass sie so beliebt war. Wenn sie mir nicht mehr helfen kann, dass muss ich das eben selber in die Hand nehmen. Also begann ich heimlich mit den Schminksachen meiner Mom zu experimentieren und nach einiger Zeit traute ich mich, mich mit eine bisschen Kajal, Wimperntusche und Puder zu zeigen.

„Diana, can you make a sentence with the verb „to be able to“, please?“ Erschrocken schaute ich auf, als meine Englischlehrerin Mrs Warner mich aufrief. „Ähm…“ begann ich langsam. Dann kam mir eine Idee, ich grinste und sagte: „I think I’m not able to repeat the last sentence you said.“ Ich hörte Laura, Nina und ein paar Jungs, darunter auch Stefan, kichern. “And I think you’re right.“ Mit einem letzten, mahnenden Blick ließ sie von mir ab und fuhr mit dem Unterricht fort. Obwohl Englisch eines meiner Lieblingsfächer war, passte ich heute nicht auf. Heute galten mein Blick und meine Gedanken einzig und allein Stef. Wie kann man nur so verflucht gut aussehen…

Unauffällig ließ ich meinem Blick wieder zu ihm schweifen. Dann begegnete ich seinem Blick und schnell schaute schnell auf meine Tischplatte. Wieso sieht er mich an?!? Überlegt er sich gerade etwas, wie er mich ärgern kann, oder was?

Ich traute mich immer noch nicht aufzusehen, also begann ich mit meinem Füller im Heft rumzukritzeln. Sollte ich ES eigentlich Laura erzählen? In der letzten Zeit war sie echt voll okay, und Nina auch… aber ich kann ihnen nicht mehr wirklich vertrauen…was, wenn sie es weitererzählen?? Mann, stell dich doch nicht so an! No risk, no fun

, schon vergessen?
Dann schaute ich doch auf, und ich sah, dass mich Mrs Warner beobachtete. Oh, oh, jetzt wird’s gefährlich… Um weiteren Ärger mit ihr vorzubeugen, schloss ich mein Heft, wobei mir auffiel, dass ich zwei Herzchen gezeichnet hatte, die durch einen langen, dicken Strich getrennt wurden, und eines davon einen großen Riss in der Mitte hatte. Mich hatte es anscheinend mehr erwischt, als ich es mir je hätte träumen lassen.


3.Kapitel



„Diana, kann ich das haben?“, fragte mich Laura und hielt einen kleinen, silbernen Schlüsselanhänger hoch. Nach langer Zeit war sie endlich wieder in einmal bei mir zuhause und durchsuchte mein Zimmer, um festzustellen, was sich alles verändert hatte. Andrea, schick mal bitte kurz einen Engel herunter, der dieses neugierige Etwas von mir und meinem Zimmer weghält.

„Ähm, zeig mal her“ antwortete ich ihr. Auf dem Anhänger stand I love you.

„Na gut, nimm ihn, wenn es denn sein muss. Du würdest mich ja sonst die ganzen nächsten Tage bearbeiten. Ist das dann für jemanden bestimmten?“ Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ihre Augen gefunkelt hatten. Sie wollte den Schlüsselanhänger doch nicht etwa Stef schenken?? „Das siehst du dann noch, Jana.“ Oh mein Gott, sie hatte sogar meinen alten Spitznamen wieder ausgegraben! Als mir dann einfiel, dass Andrea mich immer so genannt hatte, spürte ich heiße Tränen hinter meinen Lidern brennen. „Sorry, Laura, ich bin gleich wieder da“, erklärte ich flüchtig und verließ mein Zimmer. Sie sollte nichts davon merken, dass ich immer noch nicht ganz über Andreas Tod hinweggekommen bin. Jetzt liefen mir die Tränen über die Wangen. Ich versuchte, mich zusammenzureißen und rannte ins Badezimmer. Ich sperrte die Türe zu, stellte mich vor den Spiegel und versuchte meine verwischte Wimperntusche mit einem Entfernungstuch herunterzuwischen. Noch immer rannen die Tränen in winzigen Bächen herunter. Ich holte noch einmal tief Luft. Diana, das ist einfach lächerlich. Reiß dich zusammen, oder Laura merkt etwas.

Ich ging zurück in mein Zimmer.
Laura saß auf meinem Bett, als ich herein kam. „Entschuldige, Diana.“, begann sie. Und sie sagte auch nicht mehr Jana. Hatte sie doch etwas bemerkt?

„Ich dachte du seiest, na ja, schon über… du-weißt-schon-was hinweggekommen. Aber da hatte ich mich getäuscht. Es tut mir Leid, ich hätte dich besser kennen müssen. Aber es ist so viel passiert…“ Oh, jetzt hatte sie eine perfekte Ausrede. Die Zeit. Ph, dass ich nicht lache.

„Ist schon in Ordnung.“ Ich wusste nicht, was ich sonst hätte sagen können, ohne sie zu verletzen. „Aber ich verstehe einfach nicht, wie sie euch allen einfach so egal sein kann…“ Ich schaffte nicht, meinen Gedanken zu Ende zu sprechen, ich weinte schon wieder. „Sie ist und war uns nicht egal, Diana. Wir versuchten lediglich, dir zu helfen, indem wir sämtliche Erinnerungsstücke an sie wegräumten. Das erschien uns allen richtig. Aber das wahr es nicht.“ „Das ist doch noch lange kein Grund, ein neues Klassenfoto ohne sie zumachen, ihren Tisch aus dem Zimmer zu räumen, alle Klassenlisten zu ändern…“ ich versuchte mich und meine Meinung zu verteidigen, schaffte es aber nicht, gegen die Tränen anzukämpfen. „Oh Diana, glaub mir, das war alles nur für dich. Auch wir waren schockiert als wir davon gehört haben. Aber wir wollten Stark sein. Wir versuchten dir zu helfen, aber du hast niemanden an dich herangelassen. Du hast keine Ahnung, wie das uns alle veränderte und fertig machte. Wir waren niedergeschlagen, weil wir Andreas Tod nicht verkrafteten, und dir auch nicht helfen konnten. Die ganze Klasse ist durch… das Geschehene erwachsener geworden, ob du das glaubst oder nicht.“ Sie wurde immer leiser, ihr letzter Satz war nur noch geflüstert, ihr Blick wurde schwer und auch in ihren Augen blitzten Tränen auf. Ich hatte mich auf den Boden gesessen, aber jetzt stand ich auf und lies mich neben ihr nieder. Ich sah sie an, noch immer Tränen in den Augen. Sie blickte zurück und legte einen Arm um meine Schultern. Ich tat das Gleiche und drückte sie fest an mich. „Was sind wir doch für ein armseliger Haufen. Sitzen rum und heulen.“, flüsterte ich. Langsam breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht auf.

Als ich am nächsten Morgen in der Schule ankam, wartete Laura bereits am Vertretungsplan auf mich. „Hi! Hast du schon gesehen, sechste Stunde fällt aus! Die Warner ist krank! Hast du Lust, dann gleich in die Eisdiele zu gehen? Ich muss unbedingt mit dir reden!“ „Ähm, du redest doch schon mit mir… aber in Ordnung, ich komme mit. Ich glaube ich muss dir auch was sagen.“ Antwortete ich ihr. Gestern Abend war ich noch lange wach gelegen und hatte über alles nachgedacht. Vor allem wieder über Steff, und ob ich es Laura sagen sollte. Irgendwann beschloss ich, dass sie so uns so herausfinden würde, wie auch immer. Der Schultag verlief, abgesehen von einer Kleinigkeit, wie immer. Diese Kleinigkeit war für mich eigentlich keine Kleinigkeit. Laura war in der Pause in unser Klassenzimmer geschlichen und hatte ein kleines, rotes Päckchen auf Markus’ und Steffs Tisch gelegt. Dann war sie wieder zurückgekommen, sodass niemand merken konnte, dass das Geschenk von ihr war. Als es gongte gingen wir alle ganz normal hinauf, aber Steff sah das Päckchen als Erstes. Es lag ziemlich in der Mitte des Tisches, aber eher auf seiner Seite. Ich sah, wie er die Stirn runzelte, sich kurz umsah und dann das Päckchen einsteckte. Sie hat es also wirklich auf ihn abgesehen. Unglaublich, aber wahr. Es ist echt nicht ihr Typ.

Die restliche Zeit bis zu Schulende vertrieb ich damit, kleine Bildchen an den Rändern meiner Hefte zu malen. Und meistens waren es Herzen und Herzluftballons; was für ein Zufall aber auch.

Als Laura und ich uns endlich auf den Weg machten zur Eisdiele machten, fiel mir auf, dass Steff und Markus nah beieinander standen und leise diskutierten. Als hätten sie Angst, dass jemand mithört. Verrückt.

Ich warfeinen letzten Blick über die Schulter und begann, Laura zu beschäftigen. Sie mochte es nicht, wenn man still war. „Hast du Lust, heute gleich noch Hausaufgaben zu machen? Zusammen geht es schneller und lustiger ist es auch.“, begann ich deshalb. „Hm, vielleicht. Wenn wir nicht gestört werden“, antwortete sie. „Gestört? Von wem denn?“ Was meinte sie damit?

„Naja, es sieht so aus, als würden Steff und Markus uns folgen. Ich weiß nicht, was sie vorhaben, aber sie versuchen vergeblich, etwas vor uns zu verbergen. Also, dass sie uns folgen, meine ich.“ Das klang irgendwie logisch. „Das werden wir ja sehen“ . Mittlerweile waren wir bei der Eisdiele angekommen. Ich ließ Laura vorausgehen, sie machte sich gleich auf den Weg zu unserem Stammtisch. Wortlos setzten wir uns, dann kam auch schon der Kellner und wir bestellten. „Meine Güte, der sieht wirklich gut aus. Ist der neu hier?“ flüsterte sie, als der besagte Kellner wieder verschwand. „Keine Ahnung, ich glaube ich habe ihn schon mal gesehen. Aber er ist eindeutig Italiener. Und noch dazu ein gut aussehender“, antwortete ich ihr. „Seit wann machst du dir Gedanken über Aussehen? Noch dazu bei männlichen Wesen? Haben dich Aliens überfallen und dir ne Gehirnwäsche verpasst oder bist du einfach nur dabei, normal zu werden?“. Sie schien wirklich überrascht. „Tja, das weiß ich auch nicht.“ Dann öffnete sich dir Tür, ein kleines Glöckchen klingelte und Markus und Steff kamen herein. Oh mein Gott. Andrea, schick sie wieder weg. Schick einen bösen Dämon oder so, damit sie wieder abhauen. Sonst merkt Laura noch was. Und wenn sie kommen und mit mir reden, dann beginne ich bestimmt, zu stottern. Tu doch was!

Ich blickte zu Laura, in ihrem Gesicht spiegelte sich mein Ausdruck. „Verdammt, sie sind uns wirklich gefolgt! Was tun wir jetzt?“ flüsterte sie entsetzt.
„Ähm… gute Frage. Andrea hätte gesagt, dass wir einfach ruhig bleiben sollten. Und in solchen Sachen hatte sie immer Recht“, antwortete ich. Inzwischen gingen sie zu einem Tisch, von dem sie uns problemlos beobachten konnte und der möglichst weit weg war. Sie setzen sich und ich hörte Laura aufatmen. In ihrem Gesicht sah ich gleichzeitig Erleichterung und Trauer. Einerseits hatte sie Angst, dass sie herüber kamen und andererseits wollte sie das – ihr ging es nicht anders als mir. Früher oder später musst du ihr davon erzählen, Diana.

Ich versuchte, mich dazu zu bringen, ihr es sofort und an Ort und Stelle zu sagen, aber das war aussichtslos. Dann lieber später. Es war auffällig, einfach nur dazu sitzen und nicht zu reden, also versuchte ich, Laura in ein Gespräch zu verwickeln. „Was hast du eigentlich in der letzten Mathearbeit?“, fragte ich deshalb. Sie sah immer noch zu den beiden hinüber. „Laura?!? Hallo, ist jemand zu Hause?“
„Oh, ähm, entschuldige, ich hab wohl nicht ganz aufgepasst… In Mathe? Eine 3, wenn ich mich richtig entsinne“ Sie klang etwas verwirrt, aber wenigstens war sie so weit bei sich, dass sie es schaffte, in sinnvollen Sätzen zu reden. „Dann warst du immer noch besser als ich. Ich hatte eine 4. Mann, es ist echt auffällig, wenn du immer da rüber schaust. Oh, jetzt haben sie was bemerkt“ Jetzt sahen auch sie herüber. Sofort senkte ich den Blick, und aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass Laura das gleiche tat. „okay, du hast Recht. Komm, wir fangen mal mit den Hausaufgaben an“, schlug sie vor. Ohne meine Meinung abzuwarten, begann sie, ihre Sachen auszupacken. Na gut, jetzt wird’s lustig…

ich hoffe sie hat diesen ganzen Käse verstanden… ich riss ein Blatt Papier aus meinem Block und fragte Laura nach einem Stift.
Wir rätselten mindestens zehn Minuten über eine Aufgabe. Sie schien unlösbar und wir waren nah daran, aufzugeben und sie morgen abzuschreiben. Doch dann hörte ich Stühle rücken und sah zwei Schatten zu uns rüber kommen. Ich blickte auf. Vor unserem Tisch standen Markus und Steff. Oh-oh, was ist jetzt los?

„Können wir euch helfen? Es sieht aus, als bräuchtet ihr Hilfe.“, sagte Markus und lächelte. Steff stand nur daneben und lächelte auch. Als ich ihn ansah, bekamen seine Wangen einen rotstich. Ich sah sofort wieder weg, ich wollte ihm und mir peinliche Augenblicke ersparen. Dann begriff ich, was Markus gesagt hatte und ich sah Laura fragend an. Auch sie schien dem Angebot nicht so ganz zu vertrauen. „Also gut, wenn ihr meint, dass ihr das könnt…“, sagte sie schließlich, „dann setzt euch.“ Sie taten, was sie vorschlug. Ich blickte auf mein Mathebuch, aber aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass Steff neben mir saß- „Na dann, wo ist denn euer Problem? Die Gleichungen sind doch eigentlich leicht“, sagte Steff. Seit wann war er denn ein Mathegenie? Es ärgerte mich, dass die beiden, die doch eigentlich so schlecht in der Schule waren, sich nun bestens auskannten. „Tja, für Genies vielleicht, aber ihr hab es hier mit Schön-ies zu tun.“ Ich konnte es nicht lassen, ich musste jetzt einfach mal den Kommentar loslassen. Ich sah, dass Laura breit grinste und die Jungs es ihr gleich taten. 1. Aufgabe: Image retten. Erledigt! 2.Aufgabe: immer freundlich bleiben…

Puh, die zweite Aufgabe war schon schwieriger. „Öh… braucht jemand einen Stift?“, fragte ich deshalb. Ich blickte in die Runde. Steff lächelte dankbar und griff in mein Mäppchen, das ich ihm zuschob. „Danke. Jetzt schulde ich dir einen Gefallen“ 2.Aufgabe: auch erledigt!

Dann konnte unser „Date“ ja mal beginnen…

„Hast du schon eine Idee, was du morgen anziehen willst?!, fragte Laura. Seit unserer Nachhilfestunde in der Eisdiele waren 2 Tage vergangen und es war Freitag. Es war unglaublich, aber anscheinend war ich so schlecht in Mathe, dass Steff mir noch eine „Privatnachhilfestunde“ geben wollte. „Äh… ich glaub, da lasse ich dich lieber nicht ran, Süße. Du… neigst dazu, etwas zu übertreiben, und das ist nur Nachhilfe und kein Schönheitswettbewerb!!" Ich schwieg kurz, dann fügte ich hinzu: "Und ich hab als erstes ein Date mit ihm!“ Ich war mir inzwischen sicher, dass sie was von Steff wollte. Ihre Reaktionen erzählten einem alles, was man wissen wollte. Wir standen vor meinem Kleiderschrank. Doch als ich sprach, hörte sie auf, herumzuwühlen und sah mich an. Als ich dann das mit dem Date erwähnte, fiel mir ein Funkeln in ihren grau-blauen Augen auf. Hatte ich mich doch getäuscht? Laura starrte mich immer noch an. Irgendwie schien sie verwirrt, entsetzt und traurig gleichzeitig. Dann setzte sie sich auf mein Bett. Ich ging zu ihr hinüber und fragte: „Laura, was ist los?!? Ich weiß, dass etwas nicht stimmt, also sag es mir!“ Sie starrte immer noch. Langsam machte sie mir wirklich Angst. Dann begann sie zu flüstern. „Es war nicht Steff, Diana.“
Oh mein Gott! Aber wenn es nicht Steff war, dann musste sie doch… „Markus? Bist du dir sicher? Aber was sollte dann die Nummer mit meinem Schlüsselanhänger? Sorry, aber ich versteh gerade nur noch Bahnhof.“ „Er hat den Anhänger einfach mitgenommen. Dabei war er doch nicht für ihn.“ Laura flüsterte immer noch. Ich legte einen Arm um sie und drückte sie fest an mich. Dann sah sie auf, Tränen glitzerten in ihren Augen. Wenn ich dich verkuppeln könnte, dann würde ich es tun. Laura war ein Typ, der nie allein sein wollte. Sie brauchte immer jemanden um sich, ob sie ihn kannte oder nicht war egal. Das war der größte Unterschied zwischen uns. Mein Vertrauen musste man sich verdienen, aber wenn man das einmal hatte, dann stehe ich immer zur Verfügung. Vertrauen und Treue waren für mich das wichtigste, das war Laura aber egal. Wenn das hört, denkt man wahrscheinlich dass sie eine Angeberin und eine ziemliche Zicke ist. Das ist falsch – sie kann zwar zickig und angeberisch sein, aber normalerweise war sie das nicht. Und jetzt brauchte sie jemanden, der sie tröstete. Liebeskummer- das war so ziemlich das einzige, was ihr so zu schaffen machte. Wir saßen da und sahen uns an. Dann gab ich mir einen Ruck und erzählte ihr von meinen Gefühlen.

Dann war auch sch on Samstag, und damit der Tag der „Nachhilfestunde- Schrägstrich- Date“ gekommen. Um halb drei schwang ich mich dann auf mein Fahrrad – man bemerke, ich trug ein luftiges Sommerkleid – und fuhr zur Eisdiele. Als ich gerade mein Rad abschloss, klingelte mein Handy. Ich zog es heraus und las die gerade angekommene SMS.

Hallo!
Dreh dich mal um 180°. Dein Nachhilfelehrer wartet! Bin an dem Tisch, an dem du damals mit Laura warst… :D freu mich schon^^
S.
P.S.: hübsches Kleid xD



180°?

Hä? Was meinte es damit? Ach ja- ich stand mit dem Rücken zum Fenster. Jetzt ergab es Sinn. Aber woher hatte er meine Handynummer? Naja, egal, jetzt gibst es wichtigeres, und zwar „Nachhilfe“…
Ich ging zur Tür, öffnete sie und ging einen Schritt hinein. Ich drehte mich um- tatsächlich, er saß wirklich an unserem Stammplatz. Steff lächelte und stand auf. Ich lächelte zurück und versuchte, die Ameisen in meinem Bauch zu verdrängen. Wir begrüßten uns wie zwei normale Freunde. Wir setzten uns, bestellten was zu trinken und begannen. Selbst wenn ich es versucht hätte, ich hätte es nie geschafft, ihm meine Gefühle zu beichten. Dafür war ich doch zu schüchtern. Es war eine ganz normale Nachhilfestunde. Davon, dass es möglicherweise ein Date sein sollte, merkte ich nichts. Ich versuchte, meine Enttäuschung hinunterzuschlucken, aber ganz gelang es mir nicht. Was hast du erwartet? Dass er dir sagt, dass er dich liebt und dich küsst? Gib’s zu, du hast du Hoffnungen gemacht. Ja… wo ich Recht habe, habe ich Recht…

Auch Laura war enttäuscht, als ich ihr davon erzählte. Dann sah ich ein kurzes Aufblitzen in ihren Augen und ich wusste sofort, dass sie etwas ausheckte.


4. Kapitel



„Laura, warum redet er nicht mehr mit mir?“, fragte ich verzweifelt, als wir am Samstag, zwei Wochen nach der Nachhilfestunde in meinem Zimmer saßen. „Keine Ahnung… vielleicht hast du einfach zu viel darein interpretiert…“, antwortete sie unschlüssig. Ich sah sie an. Dass Steff überhaupt nicht mehr mit mir redete, machte mir Angst. Was habe ich gemacht? Ich zerstöre meine eigenen Chancen… Endlich hatte ich es über mich gebracht, darüber zu reden. Und jetzt begann ich zu heulen. Die Tränen liefen mir in wilden Sturzbächen über die Wangen, ich konnte mich nicht mehr halten. Zum ersten Mal in meinem Leben merkte ich, was Liebeskummer wirklich war. Durch meine Tränen sah ich Laura kurz an. Sie nahm mich in die Arme und rieb meinen Rücken. Doch all das nützte nichts; ich hatte nie gewusst, dass man so traurig sein konnte. Dann kam wieder ein neuer Schwung Tränen und ich lehnte mich wieder an meine beste Freundin. Inzwischen war ihr T-Shirt schon ganz feucht, aber es war ihr egal. Ich weinte, weinte und weinte; die Tränen wollten einfach nicht mehr versiegen. Dass mich ein Junge zum Weinen gebracht hatte- das war absurd und unglaublich. Aber es war wahr. Nach einer gefühlten Stunde blickte ich auf, Lauras Blick ruhte besorgt auf mir. „Ist es wirklich so schlimm? Warum hast du nichts gesagt? Wen ich das gewusst hätte, dann…“, sie sprach nicht weiter. Ich sah ihr tief in die Augen. „Danke“, flüsterte ich. Dann stand ich auf, ging zu meinem Kleiderschrank und zog ein frisches Oberteil für sie heraus. Ich gab es ihr und setzte mich wieder. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich ohne eine richtige Erklärung geweint hatte; ich hatte meiner besten Freundin nicht das erzählt, was wirklich in mir los war. Sie schaute mich mit ihrem berühm-berüchtigten Röntgenblick an. „Du hast jetzt nicht ein schlechtes Gewissen oder so?“, fragte sie. Als sie meinen Gesichtsausdruck sah, sprach sie weiter. „Mädel, so geht das nicht weiter. Klär das mit ihm oder ich verkupple dich mit jemandem Wildfremden! Du… du hast sozusagen ein Date und dann rührst du dich nicht mehr! Was meinst du, was er jetzt von dir denkt?“ „Lau, er rührt sich doch auch nicht mehr! Warum sollte ich dann etwas tun und mich möglicherweise dabei blamieren?“, widersprach ich ihr. Sie schüttelte den Kopf. „Ihr würdet echt ein Traumpaar abgeben“ Wieder blitzte in ihren Augen etwas auch. Ich stöhnte innerlich. Sie plante etwas, und ich wusste nicht was; wahrscheinlich hatte es sogar mit Steff zu tun.


An Alle Leser, es tut mir leid, hier wird es vorerst nicht weiter gehen. Wenn es soweit ist, sage ich bescheid.
Vielen Danke für euer Verständnis,
Just the One

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 16.06.2010

Alle Rechte vorbehalten

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