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Leise fuhr der Wind durch die Bäume. Die Blätter am Boden tanzten im Takt dazu. Es war Herbst schon fast Winter. Die Menschen warteten schon auf den Schnee. Dennoch trotzen einige Blätter und hingen noch vereinzelt an den Bäumen. Traurig sah Jil zu ihnen hinauf, blickte dann zum grauen Himmel, hoffentlich kam bald der Schnee. Fröstelnd zog sie ihre Jacke etwas höher und rutschte auf der Bank in eine bessere Position. Sie wartete auf Kevin, der Schwarm aller Mädchen an ihrer Schule. Alle waren verrückt nach ihm, was er sichtlich genoss, jedoch hatte er bis jetzt noch keine Freundin, obwohl sich viele Mädchen darum reißen würden, Jil eingeschlossen. Sie dachte an den ersten Tag, an den Tag, als sie ihn das erste mal sah. Wie er als neuer Schüler in die Klasse kam und sich auch auf den freien Sitzplatz neben ihr setzte, sie anlächelte und sich mit „Hi, ich bin Kevin“ vorstellte. Danach sah sie ihn nicht mehr so oft. Ständig war er von Verehrerinnen umringt, was ihr unmöglich machte mit ihm zu reden. Jil war eher unscheinbar und schüchtern. Ihre Person fiel niemanden auf. Manchmal kam es ihr so vor, als würden manche überrascht sein, dass sie überhaupt da war. Deshalb hatte sie sich auch dieses Jahr dazu entschlossen, der Theater AG beizutreten, um zu zeigen, dass sie in der Tat auf ihre Person aufmerksam machen kann. Zur ersten Theaterstunde erschienen 12 Schüler. Was sie jedoch überraschte war, dass auch Kevin unter ihnen war. Jil bemerkte er jedoch nicht. Sie saß weit weg von ihm und hatte so die Möglichkeit ihn ungehindert zu beobachten. So hörte auch nicht wie ihr Lehrer ihnen mitteilte, dass sie dieses Jahr „Romeo und Julia“ aufführen würden, da jedoch zu wenig Akteure da wären würde er ein freies Carsting veranstalten, an denen sie teilnehmen mussten, um eine Rolle zu bekommen. Sie alle standen bereits auf der Teilnehmerliste. Dass sich viele Mädchen meldeten, um eine Rolle in der Nähe von Kevin zu bekommen überraschte Jil nicht. Sie machte sich nicht viele Hoffnungen, lernte jedoch fleißig den Text, den sie als Julia vorsprechen wollte. Im schlimmsten Fall würde sie hoffentlich wenigstens eine kleine Rolle bekommen.
Am Freitag war ihre Stunde gekommen. Sie gab alles, ob es reichen würde, wusste sie nicht. Als sie am Montag in die Schule kam, hing die Liste am schwarzen Brett. Eine Menge Leute hatten sich bereits darum gesammelt. Als Jil auf die Liste sah, sackte ihr das Herz in die Hose. Sie, Jil, hatte die Rolle der Julia bekommen! Kevin natürlich die des Romeos. Sorgen machte sich Jil jedoch nur um seine vielen Verehrerinnen. Sie war nicht mehr sicher vor ihren mörderischen Blicken
Ein Monat später begannen die Proben, Jil konnte ihren Text sicher, immerhin wollte sie sich vor Kevin keine Patzer erlauben, und er beherrschte seinen ebenfalls. Ihr Lehrer war zufrieden mit ihnen. Jil freute sich darüber aber auch, dass sie Kevin so nah sein konnte. Sie genoss seine Nähe. Außerdem schien er kein Problem mit ihr zu haben. Er lachte mit ihr und berührte sie auch ganz ungeniert, wenn es das Skript verlangte. Als sie an an einem Nachmittag nach der Probe nach Hause wollte, lauerten ihr fünf Mädchen auf. Sie nahmen Jil ihren Rucksack weg und kippten ihn mitten auf den Schulhof. Eine von ihnen hielt sie fest, während eine andere auf sie einschlug. Sie, versuchte ihre Arme vor ihr Gesicht zu halten, es gelang ihr jedoch nicht, da sie festgehalten wurde. Jil hatte jedes Zeitgefühl verloren. Hoffte nur noch, dass sie irgendwann aufhören würden. Das taten sie auch irgendwann. Mittlerweile lag sie am Boden und spührte einen Tritt an ihrer Schulter als jemand rief: “Hey was macht ihr denn da?“ Das nächste was sie sah war Kevins besorgtes Gesicht. Er hielt sie im Arm und strich ihr eine ihrer langen braunen Strähne aus dem Gesicht,“Wie geht’s dir?“ fragte er. Jil versuchte sich aufzusetzen, was ihr mit einem stöhnen gelang. Sie rieb ihre Schulter. „Danke“ nuschelte sie, packte ihre verstreuten Sachen in ihre Tasche und ging nach Hause. Kevin beobachtete sie nur besorgt.
Als sie am nächsten Morgen in die Schule kam, saß er bereits an seinem Platz. Sie setzte sich und packte ihre Tasche aus als er sagte: „Das wegen gestern, das tut mir leid.“. „Du hast damit nichts zu tu“ antwortete sie. „Doch, eigentlich schon und deshalb würde ich dich gern als Entschädigung zum Eis essen einladen“. Er gab erst ruhe als sie nachgab.
Nach der Schule gingen sie in das Eiscafé neben der Schule, beide aßen einen Eisbecher und redeten. „Warum lässt du es dir gefallen, dass dich keiner Wahrnimmt?“, fragte Kevin. „So lassen sie mich in Ruhe“, antwortete Jil. „Aber ich habe mich ja nicht umsonst in die AG eingeschrieben. Ich wollte ihnen zeigen, dass ich auch noch da bin. Dass ich Julias Rolle bekommen war jedoch nicht vorgesehen.“ Sie lächelte ihn an. „Das solltest du öfter tun“, sagte er und lächelte zurück. Er brachte sie an diesen Abend nach Hause, vor ihrer Haustür blieb er stehen, als sie sich verabschiedete und die Tür aufschließen wollte zog er sie zu sich und küsste sie. Das hatte sie sich immer erträumt und jetzt passierte es! Jil genoss den Kuss, als er sich von ihr löste lächelte er schüchtern. „Tja … ich denke, wir sehen uns morgen.“, sagte er und ging.
Bei der Anprobe am nächsten Tag, sah Jil, wie blau ihre Schulter geworden war, und versuchte sie mit einem Tuch zu verdecken. Bei der Probe verrutschte es jedoch für einen kurzen Moment. Kevin sah es. Entsetzt hielt er inne und sah sie an. Zum Glück gab ihr Lehrer in diesem Moment das Zeichen, dass für heute Schluss sei. Jil, ging ohne ein weiteres Wort in die Umkleide und zog sich um, bedacht darauf, ihre Schulte nicht zu berühren. Kevin wartete vor der Tür. „Warum hast du mir nichts gesagt?“, fragte er entsetzt, „Es ist nichts“, antwortete sie darauf. Kevin zog sie in seine Arme und küsste ihre Schulter, dann ihre Stirn und zuletzt auf den Mund. Er hielt sie einfach im Arm. Jil löste sich vorsichtig von ihm, um sich ihren Pullover über zu ziehen. Kevin sah die Schneeflocke auf ihm. „Ich liebe Schnee“, sagte er. „Ich auch“, antwortete Jil lächelnd. „Wenn der erste Schnee fällt, treffen wir uns an der Bank unter der Trauerweide im Park, ich werde dort warten“, sagte er, drehte sich um und ging.
Zwei Wochen später war die Premiere des Theaters, es war ein großer Erfolg. Jil genoss die Aufmerksamkeit. Kevin war ihr bis dahin nicht mehr näher als nötig gekommen. Sie war sehr traurig darüber, jedoch erinnerte sie sich immer an seine Worte. Daher saß sie jetzt auch hier. Eine Woche, war sie jeden Abend hergekommen und hatte gewartet, in der Hoffnung es würde schneien. Jil liebte Kevin. Sie wünschte sich so sehr an seiner Seite, als seine Freundin gehen zu können. Hand in Hand. Sie unterbrach ihr Gedanken. Es war schon dunkel, sie blickte auf ihre Uhr. 18 Uhr war es. Sie seufzte und stand auf, richtete ihren Blick nochmals gen Himmel. Heute würde es wohl wieder nicht schneien. Sie ging los, den Blick auf den Boden gerichtet. Daher bemerkte sie auch erst die Person als sie mit voller Wucht in sie hinein rannte. Sie wurde festgehalten und in eine Umarmung gezogen. Als sie aufblickte, sah sie Kevin, der er sie anlächelte. „Also so umwerfend bin ich nun auch wieder nicht. Wo willst du denn hin?“, fragte er lachend. Jil kuschelte sich in seine Umarmung, „Ich habe auf dich gewartet“, sagte sie. „Ich weiß“, er streichelte über ihre braunen Haare und drückte sie noch fester an sich. „Der Schnee lässt auf sich warten“, flüsterte sie ihm zu. „Nein“ war seine Antwort. Sie löste sich aus seiner Umarmung und sah zum Himmel hinauf. Etwas kaltes fiel ihr ins Gesicht. Sie drehte ihre Handfläche nach oben und sah wie Schnee in ihre Handfläche fiel. Lächelnd sah sie Kevin an „Es schneit“. Er zog sie wieder zu sich und beugte sich zu ihrem Ohr. „Ich liebe dich“ flüsterte er hinein.

Impressum

Texte: Inspiriert von 21 guns von Green Day
Tag der Veröffentlichung: 29.03.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für ihn

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