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Fr. Walzing und Julian trennten sich im Flur von Melinda, die schon mal in die Klasse gehen sollte. Schweigend gingen die beiden den Gang entlang, bis sie Hr. Konz begegnen. Hr. Konz war ein durchschnittlicher Lehrer, mit dunkler Haut und einer großen Nase. Seine Ohren waren ebenfalls ziemlich groß und sein schwarzes Haar war so lang, dass er es hinten wie einen Indianerzopf zusammen band. Man sagt auch, dass er von den Indianern abstamme. Mit ihm konnte man über alles reden, deshalb wurde er auch Vertrauenslehrer.
„Guten Morgen Fr. Walzing“ sagte er höflich.
„Guten Morgen auch Hr. Konz. Gut, dass ich sie treffe. Das hier ist Julian, unser neuer Schüler. Er hat noch keine Schulbücher bekommen. Geh ihm doch bitte seine Bücher besorgen.“
„Ja, natürlich Fr. Walzing. Ich mach mich gleich auf den Weg. Er kommt in die 8. Klasse, nicht war?“
„Ja“ antwortete der Junge für Fr. Walzing.
Hr. Konz nickte ihm zu und bedeutete Julian, ihm zu folgen. Julian folgte dem Lehrer gelassen und dachte über Melinda nach. Er fand, sie war ein besonders hübsches Mädchen, und er hatte sie auf Anhieb gemocht. Julian brannte darauf, mehr über sie zu erfahren.
„Hr. Konz, kennen sie Melinda“ fragte er leise.
„Melinda, natürlich kenne ich sie. Ich unterrichte sie.“
„Hmm“ machte Julian, er war sich nicht siecher was er sagen sollte.
„Woher kennst du Melinda eigentlich?“ Hr. Konz klang nicht nur neugierig sondern auch sichtlich interessiert, als wüsste er etwas über sie, und möchte noch mehr über sie erfahren.
„Ich? Ich hab sieh heute morgen in der Bäckerei kennengelernt. Ist das wichtig?“
„Ja. Sie ist ein sehr geheimnistuerisches Mädchen. Keiner kennt sie sehr gut. Niemand weiß etwas von Familie und Freunden, oder wo sie wohnt. Aber viele bewundern sie. Sie ist recht selbstbewusst und ausgesprochen klug. Und sie hat schon vielen Jungen den Kopf verdreht.“ Der Mann sah sehr nachdenklich aus. Und auch Julian dachte nach. Der Schüler konnte seinem neuen Geschichtslehrer nur zustimmen und ihm wurde bewusst, dass das irgendwie zu ihr passte. Er wurde neugierig.
„Sagen sie mal Hr. Konz. Woran könnte es liegen, dass man so wenig über sie weiß?“
„Ich weiß nicht. Aber man kann sagen, sie interessiert sich für Dinge, die so sind wie sie. Sie beschäftigt sich mit seltenen Dokumenten, Schriftstücken und Büchern aus früherer Zeit. Weißt du, ich bin ihr Geschichtslehrer. Sie hoffte einmal, von mir mehr über die Vergangenheit zu finden. Und einmal sagte sie: „In der Vergangenheit liegen die Lösungen für die Zukunft.“ Die meisten finden sie sehr seltsam, aber sie hat sehr ausgeprägte Sinne. Sie spürt viele Dinge die andere nicht spüren können. Jedenfalls wirkt das auf mich so.“
„Alles was sie sagen, passt zu ihr. Ich glaube sie haben recht. Sie ist etwas ganz Besonderes ...“ Er machte eine kurze Pause.
„... und das weiß sie.“ Der Lehrer beobachtete seinen Gesichtsausdruck.
„Du denkst darüber nach, dass sie in der Vergangenheit nach Lösungen über sich selbst sucht, nicht war?
„Ja.“

Währenddessen betrat Melinda das Klassenzimmer und die Schüler sahen sie neugierig an. Sie ging auf ihren Platz und verdrehte dabei die Augen. „Meine Güte, müssen die denn immer so glotzen?“ Sie lies ihre Haare vor ihr Gesicht fahlen und spähte hindurch. Das tat sie oft, denn so konnte sie ihr Umfeld unbemerkt beobachten. Ca. 20 Augen starten sie an. Plötzlich schlug sie völlig unkontrollierbar auf den Tisch und rief laut durch die Klasse:
„HÖRT ENDLICH AUF MICH ANZUSTARREN!“ Sie hielt sich die Hand vor den Mund, bevor sie noch den Unterricht der anderen Klassen störte. Dann fasste sie sich wieder. Die ganze Klasse hatte sich nun ihr zugewendet, als warteten sie nur darauf, dass sie sprach. Und das tat sie dann auch.
„Entschuldigung, dass ich eben so geschrien hab, aber es nervt mich echt sehr, dass ihr mich die ganze Zeit anstarrt, als wär ich ein Alien. Ich bitte euch, wenn ihr mir irgendetwas sagen wollt, dann tut das bitte. Und übrigens ist Fr. Walzing nicht unfair und ihr solltet nicht immer über sie lästern. Sie ist eine gute Schulleitung und eine anständige Lehrerin. Nur weil sie mit ihren markanten Wangenknochen, der Hakennase, den dünnen Lippen, den schmalen Augen und der perfekt hochgesteckten Frisur sehr streng und böse aussieht, heißt das nicht, dass sie auch so ist.“ Ihr Mitschüler nickten, und Melinda spürte, dass dieses Nicken nur auf das Anstarren ging. Die erstaunten Gesichter und der offen stehende Mund waren eindeutig von ihrem Kommentar zu Fr. Walzing herzuführen. „So, jetzt hab ich hier mal einiges klargestellt. Ich hoffe die Klasse nimmt sich meinen Wunsch, was das anstarren betrifft zu Herzen.“ Sie lächelte zufrieden in die Runde. Noch immer sahen einige ihrer Mitschüler sie an, doch diesmal lag in ihren Blicken bloße Anerkennung.

Fr. Walzing betrat den Klassenraum und bedeutete Julian ihr zu Folgen. Die Klasse sah in neugierig. Sie stellte ihn vor:
„Das ist Julian, euer neuer Mitschüler. Julian setz dich bitte neben Melinda. Alle dreht sich zu Melinda um, weil sie erwarteten, dass sie den Tisch freimachte. Aber er war schon frei. Melinda Lächelte verschmitzt und fragte knapp:
„Außen oder innen?“
„Mir egal“ Melinda rückte einen Platz nach innen, zur Wand und Julian setzte sich an den Gang. Er sah sich um, und bemerkte, dass alles ihr Biologiebuch auf dem Tisch hatten. Auch Melinda.
„Müssten wir in Bio nicht eigentlich in den Fachraum?“ flüsterte er ihr leise zu.
„Nein, wir haben keine F-Räume.“, murmelte sie entgegen. Dann verstummten sie, denn der Blick Fr. Walzings lag auf ihnen.
„Lasst uns mit der Stunde beginnen. Steht alle auf.“ Die Schüler erhoben sich hastig und Fr. Walzing sprach wieder:
„Guten Morgen Klasse“
„Guten Morgen Fr. Walzing“ entgegneten die Kinder synchron.
„Setzt euch bitte und schlagt euer Biologiebuch auf Seite …“

Nach der Stunde folgte ein kurze Pause Julian versank in Gedanken. Er dachte mal wieder über Melinda nach. Er kannte sie noch keine 12 Std. und war dennoch sichtlich fasziniert von ihr. Aber wenn er so die anderen Typen aus der Klasse beobachtete, fiel ihm schnell auf, dass sie alle Melinda bewunderten und ebenfalls völlig betört von ihrer Schönheit waren. Sie genoss das anscheinend nicht, es nervte sie nur enorm.
Er wollte sie mal darauf ansprechen:
„Alle Typen aus der Klasse bewundern dich und sind nahezu fasziniert von dir und deiner Schönheit. Aber es nervt dich, dass sie dich so sehen, wieso?“ Als er die beiden Sätze zu Ende gesprochen hatte, wurde ihm gleich klar, dass er einen Fehler gemacht hatte. Aber es war ihm einfach so raus gerutscht. Sie funkelte ihn nur böse an und wand sich dann ab. „Hmm … vielleicht hätte ich nicht so fies sein sollen, aber … ach was solls ...“ Sie wandte sich wieder Julian zu, der sie im Stillen beobachtete und jetzt zusammenzuckte.
„Sorry, dass ich so fies war … nur … es interessiert mich neuerdings nicht.“ Sie schwieg und er überlegte, was sie damit meinte. Nach 1 Minute peinlichen Schweigens meinte Julian dann nur:
„Ah … Dein Herz ist vergeben, nicht war?“ Selbst wenn sie es gewollt hätte, hätte sie ihm nicht antworten können, da Hr. Konz in diesem Moment das Klassenzimmer betrat.
„Tach Kinder! Na was haben wir in der letzten Unterrichtsstunde gemacht?“ Er sah erwartungsvoll in die Runde und sein Blick blieb schließlich bei Melinda hängen. In genau diesem Moment schoss ihr Arm in die Höhe.
„Wir haben über Mythos und Legenden aus dem 10. Jahrhundert gesprochen.“ Sie hatte nicht einmal gewartet, bis sie dran genommen wurde, sondern hatte einfach rein gerufen. Naja, nicht unbedingt, schließlich hatte der Lehrer sie ja angesehen.
„Sehr gut Melinda, du hast mal wieder gut aufgepasst.“
„Danke, Konz“ Sie lächelte ihm zu. Er war wie eine Art Großvater für sie und die beiden verstanden sich ausgesprochen gut. Doch auch er wusste nicht über ihr geheimen Forschungen der alten Zeit Bescheid.
„Nun gut“ sagte Hr. Konz und wendete sich Julian zu „Du bist neu hier, blätter doch bitte kurz in dem Kapitel 'Mythos und Legenden' und such dir ein Zwischenthema aus.“ Er tat wie geheißen und blätterte durch die Seite und las die verschiedenen Titel, dann antwortete er gedankenversunken:
„Legenden um Magie.“ Melinda sah ihn überrascht an. „Magie?“ fragte sie sich und plötzlich brannte sie darauf, all diese Legenden auswendig zu lernen. „Ich glaube nicht, dass Julian sich für so etwas interessiert …“ Ja, sie erwartete sogar, dass er sich darüber lustig machen und er den ganzen Unterricht versauen würde.
Doch so kam es ganz und gar nicht. Julian zeigte sich äußerst interessiert.
„Nun, der erste Text.“ sagte der Lehrer „Wer möchte vorlesen?“ Julian meldete sich
„Darf ich?“ fragte er. Hr. Konz nickte. Der Junge setzte den Finger aufs Papier und öffnete den Mund.
„Man schrieb das Jahr 1657. In der Nacht vom 21. zum 22. Dezember soll es ein fantastisches Phänomen gegeben haben. Man erzählt sich, dass in Kantusk ein Fluss mit heilendem Wasser floss, der jedoch während einer der Dürreperioden austrocknete …“ Beim Klang seiner samten Stimme verstummte die ganze Klasse schlagartig und lauschte aufmerksam seinen Worten. Die Mädchen flossen nahezu dahin und als Melinda hörte, wie er las, glaubte sie daran. An jedes einzelne Wort. Und vor ihrem inneren Auge konnte sie sich alles genau vorstellen. Und genau so erging es auch den anderen …

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Tag der Veröffentlichung: 24.01.2011

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