Es war einmal ein LKW-Fahrer, der wollte nur geradeaus fahren, denn er hasste Kurven. Also beschloss er eines Tages, genau das zu tun: Nur geradeaus zu fahren.
Er stieg in sein Führerhaus, startete den Motor und fuhr - geradeaus. Er rumpelte und polterte geradeaus über den Hof, er rumpelte und polterte geradeaus über den Rasen und er rumpelte und polterte geradeaus über den Gehweg. Er fuhr direkt auf die Schnellstraße und gab Vollgas. „Juchhu!“ So gut hatte sich der LKW-Fahrer schon lange nicht gefühlt - mit 180 über die Schnellstraße immer geradeaus. Zum Glück war es eine sehr lange Straße und so konnte sich der LKW-Fahrer sehr lange daran erfreuen. Bis plötzlich eine scharfe Linkskurve kam. Der LKW-Fahrer dachte, er würde jetzt einfach hinüberfliegen und auf dem Acker dahinter weiterfahren, aber leider hatte er den Graben nicht gesehen. Mit einem jähen Ruck lag er drin, der LKW und der LKW-Fahrer - das Führerhaus zuerst.
Der LKW-Fahrer hatte von dem Aufschlag starke Kopfschmerzen. Benommen versuchte er, die Fahrertür zu öffnen, aber es ging nicht. Er stolperte zur Beifahrertür, aber auch die ließ sich nicht öffnen. Schließlich versuchte er, die Fenster herunterzukurbeln, aber auch das gelang ihm nicht - das Führerhaus war zu verbeult.
‚So ein Mist’, dachte sich der LKW-Fahrer. ‚Was mache ich nur?’ Da fiel es ihm ein. Er kramte nach seinem Handy, das er in der Hosentasche trug, und wählte die 112.
„Notrufzentrale, Eberhard Meyer. Wie kann ich Ihnen helfen?“
‚Das klingt ja wie beim Lieferservice’; dachte sich der LKW-Fahrer und wollte schon routinemäßig seine Pizza mit Salami, Schinken und Pilzen bestellen. Doch sein Kopf schmerzte und da fiel ihm wieder ein, warum er angerufen hatte.
„Ich liege mit meinem LKW im Graben“, sagte er, „und komm’ nicht raus hier. Außerdem tut mir mein Kopf weh.“
„Wo genau liegen Sie denn?“, fragte der Mann aus der Notrufzentrale, und der LKW-Fahrer beschrieb ihm die Lage.
„Okay, ich schicke Ihnen jetzt die Feuerwehr und den Notarzt vorbei“, sprach ihm der Mann von der Notrufzentrale beruhigend zu.
Etwa 8 Minuten später hörte er die Sirenen und sah das Flackern der Blaulichter. Endlich! Die Feuerwehrleute brachen die Fahrertür auf. Dann halfen die Sanitäter dem LKW-Fahrer aus dem Wagen und brachten ihn in ein Krankenhaus.
„Na, Sie haben da aber eine ziemlich dicke Beule“, sagte der Arzt. Er tastete den Kopf des LKW-Fahrers ab und horchte ihn ab. Schließlich bekam der LKW-Fahrer einen dicken Verband mit einer kühlenden Salbe um den Kopf gewickelt.
Sein LKW wurde in der Zwischenzeit vom Abschleppdienst abgeholt. Nachdem die Feuerwehrleute sich die Situation angesehen hatten, informierten sie Udo, der den stärksten Abschleppwagen der ganzen Stadt hatte. Als Udo schließlich kam, befestigten sie mehrere starke Seile an dem LKW und mit der Seilwinde des Abschleppwagens zogen sie den LKW wieder aus dem Graben. Udo und sein Abschleppwagen brachten den LKW in die nächste Werkstatt, und schon zwei Wochen später konnte der LKW-Fahrer seinen heißgeliebten LKW wieder abholen. Glücklich stieg er in das Führerhaus und setzte sich hinter das Steuer.
„Das machst du aber nicht noch einmal“, hörte er plötzlich eine Stimme.
„Wie bitte?“ Der LKW-Fahrer drehte sich um, aber da war niemand.
„Das hat echt wehgetan.“
Wem hatte er weh getan? Der LKW-Fahrer verstand überhaupt nichts. „Äh, wer bist du denn?“, fragte er statt dessen.
„Dein LKW!“, kam es nun schon fast ein bisschen beleidigt zurück.
„Du kannst sprechen?“
Aber darauf ging der LKW nicht ein. „Weißt du, wie lange sie an mir herumgedrückt und - gezogen haben, bis alles wieder gerade war?!“
„Äh, nein. Also doch, 2 Wochen.“
„Das wollte ich damit nicht sagen!“ Jetzt war der LKW beleidigt.
„Also gut, es tut mir leid...“, nuschelte der LKW-Fahrer kleinlaut. „Ich wollte doch bloß schnell geradeaus fahren...“
Als keine Reaktion kam, steckte er den Zündschlüssel ins Schloss und startete den Motor. Aber es kam nur ein gluck-gluck-gluck.
„Es tut mir wirklich leid“, sagte der LKW-Fahrer. Und nach einigem Nachdenken: „Ich könnte in Zukunft auf der Autobahn schnell fahren. Die ist ziemlich gerade.“
Immer noch machte es nur gluck-gluck-gluck, wenn er den Motor starten wollte.
„Ich halte mich auch an die Geschwindigkeitsbegrenzung!“, schlug der LKW-Fahrer vor.
Wuuammm, machte es, und der Motor sprang an. Glücklich fuhr der LKW-Fahrer mit seinem LKW vom Hof der Werkstatt.
Und warum der LKW plötzlich sprechen konnte... Nun, das ist eine andere Geschichte.
Diese Geschichte wurde in Auftrag gegeben, gehört und für ausreichend gut befunden von meinem vierjährigen Lektor. Sämtliche moralische Kritik richten Sie entsprechend bitte an ihn.
Wer noch Fehler bzgl. Rechtschreibung, Zeichensetzung oder Absatztrennung findet, teile sie mir gerne mit (die konnte mein Lektor nicht berücksichtigen).
Texte: June F. Duncan
Cover: June F. Duncan. Bild: www.pixaby.com
Tag der Veröffentlichung: 19.10.2018
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