Ich werde ihn umbringen.
Die Nixe vor mir, deren runde Brüste fast aus dem roten Spitzen-BH quellen, lehnt lässig an meinem Türrahmen.
„Und, hast du nun Sahne oder nicht?“
Nicht nur, dass er jeden Freitag dämonisch grinsend mit einer anderen in seiner Wohnung verschwindet, nein, inzwischen besitzt er auch noch die Frechheit, mir seine Braut vor die Tür zu setzen, damit ich Hampel seinen leergeräumten Kühlschrank auffülle. Wenn ich jemals die Gelegenheit dazu bekomme, werde ich...
„Hallo?“
„Reicht ne Packung?“, murmle ich und könnte mich gleichzeitig dafür ohrfeigen, dass ich sie das gefragt habe.
„Ich denke schon. Obwohl...“ Sie grinst lasziv. „Wenn wir die nicht nur für den Tee verwenden...“
Ich drehe mich um und renne in die Küche.
Weiße Sahne, die über ihren zarten, leicht gebräunten Bauch läuft, rennt in meinem Kopf mit. Ich stelle mir vor, wie es sich anfühlt, sie mit der Zungenspitze aufzulecken. Die zarte Haut, die leicht zurückzuckt, wenn meine Zunge sie berührt, der süßliche Geschmack der Sahne zwischen meinen Lippen. Kreise um ihren Bauchnabel, die langsam tiefer wandern in die Wärme ihres...
Schluss!
Mein kleiner Wurm regt sich. Und das darf er nicht. Nicht jetzt, wo diese Wasserschönheit vor meiner Tür steht.
Ich kneife die Augen zusammen und drehe mich zum Küchenschrank um, in dem ich die Sahne aufbewahrt habe. Dann ein kurzer Blick nach unten – die Beule ist noch nicht allzu sichtbar.
Schnell haste ich zurück, halte der Nixe die Sahne hin, möglichst ohne sie anzusehen und schlage, sobald sie sie in den Händen hält, die Tür zu.
Das war knapp.
Verdammter Hurensohn!
Wieso passiert immer mir so etwas?
„Nimm’s mir nicht übel, Stefan, aber du bist nicht mein Typ.“ Sandra sieht betreten an mir vorbei, nachdem ich ihr gerade meine Zuneigung gestanden habe.
„Was heißt das?“
„Dass du nicht mein Typ bist.“
„Bitte“, ich komme mir vor wie ein kleines Kind, das um einen Bonbon bettelt, „sag mir wenigstens, wieso ich nicht dein Typ bin.“
Sie ist nicht die erste Frau, die kein Interesse an mir hat. Und ich möchte endlich wissen, woran das liegt. Dann kann ich mich ändern.
„Wegen allem.“
„Was ist ‚allem’?“
Muss ich ihr denn jedes Wort aus der Nase ziehen?
„Du bist kein Mann, du bist ein Junge.“ Sie ist aufgeregt.
„Natürlich bin ich ein Mann.“ Ich lache hart.
„Vom Alter her vielleicht, aber der Rest...“
„Der Rest?“ Ich kneife missbilligend die Augenbrauen zusammen, dann fällt mir ein, dass ich ja möchte, dass sie es ausspricht, damit ich mich ändern kann, und ich lächle also wieder aufmunternd.
„Du hast keinen Bart.“
Na, Moment mal, da ist schon etwas, obwohl nicht so ausgeprägt wie bei anderen Männern. Aber wieso ist das überhaupt wichtig? Frauen wollen doch eh nur rasierte Männer, oder?
„Du bist dürr wie eine Bohnenstange. Da sind gar keine Muskeln.“
Keine Muskeln? Klar habe ich welche, bloß sind das die tiefen Muskelschichten, nicht diese aufgeblähten äußeren Bodybuilderstränge.
„Und du verhältst dich wie ein Junge.“
„Was hätte ich denn tun sollen? Dich an mich reißen und dir meine Zunge in den Rachen stecken?“
Ist es das, was die Frauen wollen? Doch nur das männliche Arschloch zu dem sie aufblicken können?
„Quatsch.“
„Was dann?“ Meiner Stimme schwingt ein aggressiver Unterton mit, den ich nicht länger unterdrücken kann.
„Ach, frag doch ne andere. Für mich bist du nichts. Tschüs.“
Und damit ist sie weg gewesen.
Ich bin ins Fitnessstudio gegangen, den mild lächelnden Blicken der anderen Hengste ausgesetzt, als ich meine 20kg stemme, während sie 60 schieben.
„Nimm’s dir nicht zu Herzen, Jungchen, aber das liegt an den Genen. Da kannst du machen, was du willst, du wirst nie ein Arnold Schwarzenegger“, versucht mich ein Coach aufzumuntern. „Überfordere dich nicht, tu etwas für deine Gesundheit. Und beeindrucke die Frauen mit etwas anderem als Muskeln.“
„Mit was denn?“, frage ich zähneknirschend.
Ein allgemeines Pfeifen und Lachen hallt durch den Raum.
„Ich wüsste da was...“, ruft ein muskelbepackter Glatzkopf vom Schultergürteltrainer hinüber und schwingt seine Hüfte in eindeutigen Posen.
Wieder Gelächter.
„Na ja“, versucht der Coach zu schlichten. „Es gibt ja noch andere Dinge, die Frauen an einem Mann interessieren.“
Ach ja? Da bin ich ja mal gespannt. Mit Büchern und Bildung habe ich es nämlich schon probiert. Damit wird man nur der Kumpelfreund, niemals der Mann für’s Bett.
„Engagier dich für den Weltfrieden“, grölt einer vom Rückenstreckergerät.
„Genau, oder hüte kleine Kinder, das finden sie auch immer soooo süß“, ruft ein zweiter dazwischen, der bei dem „so süß“ die Stimme so kippt, dass er eine Frauenstimme imitiert und dabei ins Lächerliche zieht.
Es ist immer dasselbe. Ich bin der Looser und die anderen sind die Gewinner. Und genau so ein verdammter Gewinner wohnt neben mir in der Wohnung. Sascha. Wie ich ihn hasse.
Ich gehe in meinen Lagerraum und hole mir ein Bier aus dem Schrank. Die Flasche zischt, als ich ihr den Kronkorken abschlage, und ich ramme mir dabei den gezackten Rand in den Finger, der sofort zu bluten beginnt.
Scheiße. So etwas passiert auch nur mir und meiner superzarten Baby-Haut.
Ich spüle das Blut mit Bier weg, weil mir alles egal ist und weil ich auch mal cool sein will.
Autsch, das brennt wie Hölle.
Blöde Idee.
Ab mit dem Finger unter den Wasserhahn, kaltes Wasser, das kühlt, gut, dann abgetrocknet am Kleenexpapier.
Das Papier um den Finger gewickelt, das Bier in der anderen Hand, schleiche ich in mein Schlafzimmer.
Dort lasse ich mich auf mein Bett fallen, setze das Bier an meine trockenen Lippen.
Ich weiß, was gleich kommt.
Ich trinke ein paar Schlucke, mehr vertrage ich eh nicht, und es reicht, um zu entspannen.
Drüben fängt es auch schon an.
Tiefe kehlige Laute – das ist er, und es macht mich verrückt.
Gleich fängt sie an. Sie fangen immer an zu stöhnen, nachdem er angefangen hat.
Ich frage mich, was er mit ihr macht.
Gibt’s ein Vorspiel? Zarte Küsse und ein „Du bist so schön, Babe?“
Vermutlich nicht.
Wahrscheinlich kommt er gleich zur Sache.
„Leg dich hin, mach die Beine breit, ich bin schon ganz geil, Schnecke.“ Seine Hose hat er mit einem Handgriff geöffnet, ein zweiter befördert sie zu Boden. Das Shirt zieht er sich wie beiläufig über den Kopf, aus den Augenwinkeln gibt er ihr Anweisung, wie sie sich zu positionieren hat, für ihn, den großen Hengst.
Ich wechsle die Hand, in der ich mein Bier halte, damit ich die unverletzte frei habe für meine Hose.
Genau so wird es sein. Er spricht gar nicht mit ihr, er gibt ihr nur über Mimik und Gesten zu verstehen, was er will. Sie liest in seinen Augen, versucht, allem zuvor zu kommen, willig, von ihm genommen zu werden.
Verdammt, was spinne ich mir hier für einen Mist zusammen.
Und verdammt, dass ich nicht sehen kann, was er tut. Dann könnte ich einfach dasselbe mit ihr machen und sie würde abgehen wie eine Rakete.
So wie jetzt. Ich höre sie. Sie stöhnt.
Er ist in ihr. Ganz sicher.
Mit seinem Glied, das vermutlich genauso perfekt geformt ist wie der Rest seines Körpers. Oder nimmt er erst die Finger? Schiebt er erst die Finger in sie hinein, zieht Fäden mit ihrem glibbrigen Schleim und treibt sie so zur Lust? Oder ist er noch draußen? Massiert ihre Perle, fährt mit sanften Strichen über sie hinüber. Er, Sascha, der Hengst, der die Frauen schon ohne viel Getue zum Orgasmus bringt. Vermutlich braucht er ihnen nur näher zu kommen, sein heißer Atem streift ihren Bauch, umkreist ihren Bauchnabel und die Region darunter, fährt tiefer, kitzelt sie an ihren Lippen, und sie explodiert vor Lust.
Die Nixe stößt einen Laut von sich, der schon fast erschrocken klingt.
Er hat sich in sie gestoßen. Der große prächtige Penis ist in sie eingedrungen. Ich sehe, wie er sie massiert, den zarten Ring zwischen ihren Beinen dehnt, während sie sich dreht und windet vor Lust. Ich höre, wie es ihr gefällt, denn sie wird immer lauter. Seine Stöße werden kräftiger, er packt sie an den Pobacken, das Bett quietscht und poltert.
„Komm endlich, komm endlich“, stöhne ich, denn ich will das erlösende Seufzen auf der anderen Seite der Wand hören, wenn ich abspritze.
Aber Sascha kommt nicht, er hat die Ausdauer eines Arabers.
Ich kann nicht mehr an mich halten.
Das war’s. Wie immer.
Ich trinke noch einen Schluck von dem schal schmeckenden Bier, dann erhebe ich mich vom Bett und kippe den Rest des Bieres in den Ausguss. Die leere Flasche wandert in den Kasten zu den anderen Flaschen.
Ich hasse mich. Nie bekomme ich das Ende mit, immer bin ich zu früh. Ich sollte mich kastrieren lassen, ist ja eh nichts wert, das Ding.
Dann schlurfe ich ins Badezimmer, um die Kleherei in meiner Hose wegzumachen und mir ein Pflaster auf die Schnittwunde an meinem Finger zu kleben.
Scheiß Freitag. Wie immer.
„Wie war dein Wochenende? Ne geile Schnecke aufgerissen?“ Jörg, mein Arbeitskollege ist am Montag gut gelaunt wie immer, wenn er ins Büro gepoltert kommt.
„Haha.“ Ich bin am Montag schlecht gelaunt wie immer, wenn ich schon lange vor ihm da gewesen bin, die Heizung angedreht habe und den vollen Papiereimer geleert habe, die die Putzfrauen überall leeren, nur unter meinem Schreibtisch ständig vergessen.
„Ey, man, du musst mal was aus dir machen.“
Was denn, bitte schön? So nen Renegade-Verschnitt wie Sascha? Habe ich versucht, hat mir grölendes Gelächter bei den Frauen eingebracht, als ich genauso hüftschwingend mit Flirt-Blick an einer vollen Bushaltestelle vorbeigeschlendert bin.
Nie wieder!
Da bleibe ich lieber mein Leben lang Single, gucke mir Pornofilme im Internet an und rubble selber an mir rum.
„Ernsthaft, man.“
„Ja ja.“ Ich habe keine Lust auf Verkupplungsversuche. „Wie war dein Wochenende?“
Damit kriege ich ihn immer abgelenkt, Jörg erzählt gerne von sich und seinen Erfolgen. Ein wahrer Hengst halt. Heute lässt er sich hingegen nicht so leicht abwimmeln.
„Wir sollten vielleicht mal zu zweit ausgehen. Ich nehm’ dich mit.“
Wie bitte? Kommt gar nicht in Frage.
Ich schüttle vehement den Kopf und lege demonstrativ einen Stapel Akten auf meinen Tisch.
„Im Casablanca gibt’s echt geile Bräute. Da finden wir auch eine für dich.“
„Danke, aber ich habe kein Interesse.“ Ich öffne die erste Akte zum Zeichen, dass ich arbeiten möchte.
„Feigling.“
Weiß ich, das höre ich nicht zum ersten Mal, und trotzdem will ich mir nicht die Blöße geben, von Jörg vor irgendwelchen Frauen als ewiger Junggeselle verkuppelt zu werden.
„Ach Mensch, Stefan. Das ist echt frustrierend mit dir, dich jeden Montag so niedergeschlagen hier vor zu finden.“
Jörg macht sich Sorgen?
Das bereitet mir irgendwie ein schlechtes Gewissen. Bin ich wirklich so ein Montagmuffel, der allen Kollegen die gute Laune vom Wochenende verdirbt?
„Unternimm doch mal was. – Oder stehst du auf Männer?“
Das hätte er allerdings nicht sagen sollen.
„Nein!“, belle ich ihn an und er wird fast der zweite Todeskandidat auf meiner Liste.
Bis Freitag hat er mich rum. Ich bin lange nicht mehr ausgegangen und vielleicht funktioniert es ja wirklich. Ich sehe mich schon mit einer hochgewachsenen Blondine im Arm – ach nein, die sollte lieber kleiner und zierlicher sein als ich. Wobei – noch zierlicher, das geht ja kaum noch. Jedenfalls sehe ich mich mit einer attraktiven Blondine aus der Haustür die Auffahrt von dem Mehrfamilienapartment, in dem ich wohne, hinabschlendern. Wie zufällig begegne ich Sascha, der am Samstagmorgen wie immer sein Motorrad auf Hochglanz poliert. Ihm bleibt bei dem Anblick der göttlichen Erscheinung neben mir der Mund offen stehen, doch ich ignoriere das, grüße ihn nur wie selbstverständlich. Theatralisch verabschiedet sich meine Bettgenossin schließlich von mir, fällt mir um den Hals, mit Tränen in den Augen – nein, da wird er lachen. Also gut, sie schmiegt sich an mich wie eine Katze, haucht in mein Ohr, laut genug, dass er es hören kann, dass ich ihr geiler Hengst sei und ich sie haben könne, wann immer ich wolle, während ich mich würdevoll von ihr distanziere und ihr ein „mal sehen“ zuraune.
Genau.
Dieses Mal wird Sascha auf meine Hüfte starren und auf das, was da wohl in der letzten Nacht gelaufen ist.
Ich werde die beste, genialste, hübscheste Frau der ganzen Welt mit nach Hause schleppen, die alle Frauen, die er je hatte, in den Schatten stellt.
Vermutlich nicht.
Vermutlich werde ich die hässlichste aller Frauen, der man ansieht, dass sie noch Jungfrau ist, mit Pickeln und Dauerwelle, nach Hause schleppen. Sie wird dämlich kichern und über ihre eigenen Füße stolpern und ihre Brust wird man suchen müssen. Wobei ich nichts gegen kleine Brüste habe. Eigentlich mag ich die sogar besonders gerne, die haben etwas Freches. Aber sie sind eben nicht gut zum Angeben geeignet.
Frustriert setze ich den Blinker, um in unsere Auffahrt einzubiegen. Ich weiß, was gleich kommt. Es ist immer dasselbe. Er steht vor der Tür. Aber nicht alleine. Eine Frau, eine Schönheit, die einem den Atem raubt, nein, die mir das Blut in den Schwanz treibt und mein Hirn vernebelt, steht neben ihm, lasziv an ihn gelehnt, ihre Blicke saugen ihn auf. Er grüßt lapidar mit der Hand, wenn ich an ihm im Schritttempo vorbeifahre. Sie stehen immer halb auf der Auffahrt, und er macht immer erst im letzten Moment, betont überrascht, einen Schritt zur Seite. Sieht mich und grüßt dann betont lapidar.
Ich hasse ihn.
Ich fahre derweil weiter, im Schneckentempo, weil das Blut eben in meinem Schwanz ist und mein Hirn leer und ich Angst habe, dass ich andernfalls irgendwo ins Beet oder die Hauswand sause . Dann bleibe ich noch eine möglichst lange Zeit im Auto sitzen. Tue so, als ob ich hier und da etwas sortiere, meine Sachen suche – dabei suche ich nie meine Sachen, ich bin ein ordentlicher Mensch. Ich habe mir sogar extra ein Fahrtenbuch angelegt, das ich nicht brauche, nur, um etwas zu tun zu haben, während ich noch im Auto sitze. Damit er und die Göttin derweil in die Wohnung verschwinden können und die Beule in meiner Hose nicht mehr sichtbar ist.
Aber es funktioniert nie. Auch heute nicht. Ich sehe ein, dass ich nicht länger im Auto sitzen bleiben kann und verlasse es mit verklemmten Beinen. Dieses Mal ist es eine Rothaarige. Nicht mein Typ eigentlich, aber ich kann nicht anders. Ich bin so unter Strom, dass mich nahezu jede anregt. Jörg hat Recht, es wird Zeit, dass ich eine mit nach Hause schleppe.
Ich schließe noch ein bisschen ungeschickt den Wagen ab, weil ich dabei versuche, meine Erektion vor den beiden zu verbergen, dann haste ich fast auf die Haustür zu, die Tasche vor meinem Unterleib gepresst.
„Hi, Steffi.“ Er sagt das jedes Mal. „Was brauchst du solange im Auto?“
Die Rothaarige kichert, auch wie fast jedes Mal.
„Dies und das.“ Ich sage das auch jedes Mal.
„Na, komm, lass uns reingehen, oder?“ Das fällt ihm ebenfalls immer genau zu dem Zeitpunkt ein, indem ich an ihm vorbei bin und den Schlüssel ins Schloss stecke.
Meistens rempelt er mich beim Umdrehen zu seiner Liebsten auch noch an.
So wie heute.
Und erwischt meine Tasche!
Scheiße, hat er meine Erektion gesehen?
Ein Pfeifen bestätigt meine schlimmsten Befürchtungen.
„Was ist?“ Ich schleudere wütend zu ihm herum, so dass ich fast gegen ihn pralle.
„Hoho.“ Sascha hebt abwehrend die Hände und geht demonstrativ einen Schritt rückwärts. „Ganz schön wild, unser Kleiner, nicht?“
Die Rothaarige lacht.
Zum Glück. Gegen Sascha hätte ich keine Chance. Muskelbepackt wie der ist und nen knappen Kopf größer als ich.
Ich hechte die Treppen nach oben.
Und bekomme den Schlüssel vor Aufregung nicht ins Schloss.
Scheiße, scheiße, scheiße!
Hinter mir höre ich Sascha, der es plötzlich eilig hat, und die Rothaarige die Treppen hochkommen.
Er bleibt jedes gottverdammte Mal, wenn ich versuche mit zittrigen Fingern die Tür zu öffnen, hinter mir stehen, während er seelenruhig seine Wohnungstür aufschließt und seine Unterhaltung galant in die Wohnung schleust.
Endlich, der Schlüssel passt.
Ich drücke die Klinke, schiebe mich durch die Tür und werfe einen kurzen Blick zurück zu Sascha, der die Rothaarige gerade an sich vorbei schiebt.
Der hat ne volle Erektion und schämt sich kein bisschen dafür! Grinst mich nur selbstgefällig an.
Ich werde ihn umbringen.
Dann knalle ich die Tür lauter als nötig ins Schloss und schleudere wütend die Tasche auf den Boden. Erst danach höre ich das leise Klacken der Tür nebenan.
Dieses Mal mache ich mir sofort eine Flasche Bier auf. Wozu warten, bis wieder eine halbnackte Göttin an meiner Tür klingelt und mich nach einem Päckchen Sahne fragt. Oder vielleicht nach Zucker. Oder Himbeereis. Oder Apfelkuchen oder Pudding oder...
Was ist das?
Es stöhnt nebenan.
Jetzt schon?
Ich eile in mein Schlafzimmer, werfe die Jacke achtlos aufs Bett.
Sie schreit „Ah! Oh! Ja, mach’s mir!“ Wie im Porno. Und ich dachte, Frauen stehen darauf nicht.
Er grummelt kurz angebunden etwas, sie ist still.
Dann höre ich nur noch das Bett rumpeln und ihn stöhnen, stöhnen, stöhnen, stöhnen.
Exakt vier Mal. Dann gibt es eine laute kehlige Explosion. Von ihm. Er kommt. Und ich stehe da in meiner Hose, mit dem Bier in der Hand und habe den Orgasmus verpasst.
Scheiße!
Die Flasche knallt gegen den Schrank am Ende des Zimmers.
Zerbricht. Scherben. Bier ergießt sich über den Teppich, sickert zwischen die feinen Schlingen des weichen und von mir so gepflegten Bodens. Kleine Schaumkronen drapieren das Textil.
„Ist alles okay bei dir, Steffi?“ Nebenan hat er das Fenster geöffnet.
Ich schweige.
„Ey, Alter, ich weiß, dass du zuhörst. Also, ist alles okay?“
Ich möchte rübergehen und ihm eine reinhauen.
Das kann ich nicht machen.
Ich reagiere einfach gar nicht. Was will er schon wissen.
„Stefan! Antworte!“ Das klingt wie ein Befehl und macht mich maßlos wütend.
„Mir ist eine Flasche runtergefallen, du selbstgefälliger Depp!“, brülle ich, während ich zum Fenster stürme und es aufreiße. Und weil ich gerade dabei bin, schleudere ich hinterher: „Es dreht sich nicht immer alles nur um dich!“
Jetzt geht es mir besser. Viel besser.
So gut, dass ich vor Erleichterung heule.
Verdammt, nur kleine Jungs heulen.
„Weißt de was? Ich schick dir die Tine rüber. Ist bei mir eben ein bisschen zu kurz gekommen.“
Er tut was? Jetzt? Das wird sie jawohl nicht mitmachen.
Nebenan höre ich gesenkte Stimmen, das Fenster wird wieder geschlossen.
Ich haste aus dem Schlafzimmer, trete dabei in eine Scherbe.
Aaaaah...
Es klingelt.
Das ist jetzt nicht wahr.
Die Hand an dem verletzten Fuß humple ich zur Tür.
Die Rothaarige.
Ich blicke von unten nach oben, und da ich so tief bin, weil ich ja meinen Fuß halte, sehe ich ihren kurzen Rock und das, was da drunter ist – nämlich nichts. Also das heißt, natürlich ist da was drunter – ihre Spalte.
„Was willst du – Eis, Pizza, Pudding?“
Der Fuß tut so verdammt weh und das Blut versaut mir meinen Teppich, dass ich meine sonstige Höflichkeit vergesse.
„Danke. Alles.“ Ich glaube, sie lächelt, aber ich streife sie nur mit meinem Blick, humpele in Richtung Bad.
„Ist alles in der Küche. Kannst du dir rausholen. – Wenn du mich jetzt entschuldigst, ich muss mich verbinden.“
Dann bin ich weg, das heißt im Bad, setze mich auf die Toilette und ziehe die Scherbe raus.
Ist sie jetzt reingegangen oder steht sie noch immer vor der Tür? Oder ist sie wieder zurück zu Sascha?
‚Ich schick dir jetzt Tine rüber’ – Wie dekadent ist das überhaupt. Wieso hat so ein Arschloch wie der jede Woche ne Neue? Und sie gehen auch noch bereitwillig mit ihm ins Bett, jeden Freitag wieder.
Ich ziehe mir den Socken vom Fuß und werfe ihn in die Wanne.
In meiner Küche klappert es. Sie ist tatsächlich reingegangen.
So ein eingebildetes Weibsstück. Was glaubt die denn, wer ich bin? Dass sie jetzt auch noch meinen Kühlschrank plündern kann, nachdem sie ihn gevögelt hat?
Ich schnappe mir ein Kleenextuch, drücke damit mehr schlecht als recht die Schnittwunde an meinem Fuß ab und humpele hinüber in die Küche.
Sie steht über die Anrichte gebeugt, sucht meine Schränke durch. In ihrem Rock ist hinten ein dunkler Fleck.
„Hat er dich von hinten genommen?“
Es rutscht mir heraus, und ich könnte mir im gleichen Moment auf die Zunge beißen. Hätte ich bloß den Mund gehalten, dann hätte ich noch eine Weile beobachten können, wie eine rothaarige Schönheit in meiner Küche nach dem Pudding sucht und dabei ihren Po nach hinten zu mir streckt.
„Hast du ein Problem damit?“
„Ich frage mich, wieso er dir nicht in die Augen sehen kann beim Sex?“
Scheiße. Romantischer Blümchensex. Gleich lacht sie mich aus.
Sie lacht.
„Wo ist der Pudding?“
„Schoko oder Vanille? Oder Stracciatella?“
Ihr Gesichtsausdruck wechselt zwischen Ärger und Skepsis. „Das hast du also alles, ja?“
„Ja.“ Für den Fall der Fälle, der nie eintreten wird, habe ich tatsächlich alles. In meiner Wohnung als Single ist ja auch genug Platz. „Du kannst auch Karamell haben oder Zitrone oder Himbeere, oder, wenn dir das lieber ist, Vanillepudding mit richtiger Himbeersauce.“
Sie lächelt.
Sie glaubt doch nicht wirklich, dass ich ihr das einfach so gebe.
„Und du darfst dir sogar aussuchen, ob du es von meinem Bauch, meinem Mund oder meinem Schwanz lutschen willst.“
Einen Moment lang sieht sie mich nachdenklich an, dann kommt sie die Hüfte schwingend süffisant lächelnd auf mich zu.
Sie steht doch nicht etwa auf so was? Sie müsste mich ohrfeigen für das, was ich gesagt habe, das tut man nicht, das ist frauenverachtend, das...
Vielleicht hat sie genau das vor?
Ich gehe einen Schritt zurück.
Ihr Blick nimmt den einer mitleidenden Krankenschwester an, als sie mir mit der Hand über die Wange streicht.
„Steven hat Recht, du bist ein verzweifelter Junggeselle, der nie eine abkriegt und an sich selbst rubbeln muss.“
„Steven?“
„Dein Nachbar.“
„Der heißt ... ?“ Ich schlucke den Rest herunter. Er belügt die Frauen und nennt ihnen einen falschen Namen? Ich bin mir sicher, dass er Sascha heißt, ich habe schließlich schon mal seine Post angenommen, als ich krank zu Hause war. Warum tut er das? Hat er vielleicht auch ein Problem? Oder wirkt das einfach nur sexier?
Ich könnte ihm hier und jetzt eine reinwürgen, aber irgendetwas hält mich zurück.
„Der Pudding ist in dem Schrank da unten rechts.“
Ich nicke mit dem Kopf in die Richtung.
Sie guckt einen Moment irritiert.
„Der Pudding.“ Ich möchte sie nicht länger als nötig in meiner Wohnung haben. Soll sie sich den Pudding holen und gut ist.
„Echt jetzt?“
„Ja, natürlich, was denkst...“
Ich weiß, was sie denkt. Dass ich sie dahin geschickt habe, weil sie sich dann bücken muss und ich sie mir noch einmal von hinten ansehen kann.
„Egal.“ Sie winkt ab. „Bist ein armer Spanner. Also hab deinen Spaß.“ Damit dreht sie sich um, bückt sich nach dem Schrank, ohne in die Knie zu gehen, und ich habe freie Sicht auf ihr intimstes Paradies.
Ich schlucke. Zartrosa Haut wölbt sich wie Blütenblätter aus Krepppapier zwischen ihren Beinen.
„Warum schiebst du nicht auch noch deinen Rock hoch“, sage ich bitter und es soll meine Verärgerung ausdrücken.
Aber sie greift nur mit ihren Händen nach dem Rock und schiebt ihn nach oben.
Die spinnt ja total.
Zwei feste Pobacken lachen mich an und wollen berührt werden. Mit Händen, Fingern, der Zunge. In kreisenden langsamen Bewegungen, die langsam auslaufen zu Strichen, die nach unten streichen, in ihre Innenschenkel hinein. Daumen, die ihre Blütenblätter entlang fahren, meine Zunge, die ihren Nektar trinkt.
Meine Hose spannt fest um meinen Lendenbereich.
Wenn da nur nicht ihr gerötetes Poloch wäre.
„Er hat dich also noch nicht mal vorne rein gevögelt.“
Sie kommt wieder hoch, vier Packungen Pudding in der Hand. Warum auch nicht. Nimm doch gleich den ganzen Schrankinhalt mit.
„Ja, vorne bin ich noch frei.“
Ich sehe sie verhalten an, als sie wieder langsam auf mich zugeschlendert kommt.
„Wenn du dich traust.“ Ihre freie Hand legt sich auf mein Hemd, ihre Finger fahren zwischen den Knöpfen auf meiner unbehaarten Brust entlang.
Ich träume. Vor mir steht eine Klasse-Frau und will mich vögeln.
Oder will sie mich nur verarschen?
„Nein, danke. Geh wieder rüber zu deinem – “, ich zögere kurz, „Steven.“
„Du bist echt bemitleidenswert. So wird das nichts. Wenn eine Frau dir schon zu verstehen gibt, dass sie bereit ist, mit dir ins Bett zu steigen, musst du das auch tun.“
Muss ich?
„Sonst?“
Sie setzt wieder den Krankenschwesterblick auf, dann zieht sie ihre Hand zurück von meinem Hemd.
„Sonst kriegst du nie eine ins Bett, man. Und auch keine Übung mit Frauen. – Oder bist du schwul?“
Das hätte sie nicht sagen sollen.
„Schwul? Ich bin verdammt noch mal nicht schwul!“, brülle ich ihr entgegen.
Abwehrend hebt sie die freie Hand hoch. „Reg dich nicht so auf, das ist völlig normal heute. Dafür brauchst du dich nicht zu schämen.“
„Ich – bin – nicht – schwul“, sage ich gedehnt, um Fassung ringend.
„Na, wie dem auch sei – hast du vielleicht auch noch Schokosauce hier für das Eis?“
„Ja – ich – habe – auch – noch – Schokosauce – hier – und – ich – bin – nicht – schwul“, grummle ich verärgert.
Aber glauben tut sie mir das ja eh nicht.
Ehe ich weiter denken kann, greife ich nach ihrem Arm und schiebe sie rückwärts zum Küchentisch, presse meinen heißen Unterleib an ihren.
Sie hat ein Bein hochgezogen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.
Ich könnte sie jetzt vögeln. Ich könnte es wirklich versuchen.
Die Erektion in meiner Hose pocht schmerzhaft auf.
Aber ich wäre dann nur ein billiger Handlanger von Sascha. Weitervermittelt.
„Was hat er zu dir gesagt, dass du rübergekommen bist?“ Ich lasse von ihr los, trete wieder einen Schritt zurück.
Sie richtet ihren Rock, ehe sie antwortet. „Dass drüben ein einsamer Junge wohnt, der noch nie eine Frau im Bett hatte. Und dass du ihm leid tust, weil die Frauen alle deine wahren Stärken nicht sehen.“
Wie bitte? Ich tue im Leid? Ich habe Stärken? Das hat Sascha gesagt?
Sie lächelt.
„Mach deinen Mund zu. Sonst könnte man meinen, du seiest darüber erstaunt.“ Ihr warmer Finger legt sich auf meine Lippen, fährt über ihre Konturen.
Ich schlucke.
Plötzlich lässt sie von mir ab.
„Hast du wirklich Schokosauce fürs Eis?“
Ich nicke. Und Himbeersauce, Erdbeer-, Kirschsauce.
„Das wäre echt nett, wenn ich die haben könnte.“
Ich nicke noch einmal. „Ich hol sie dir.“ Dann reiche ich ihr das Fläschchen.
„Und wo soll ich sie essen?“, fragt sie, wieder mit diesem lasziven Blick in den Augen. „Oder von wo soll ich sie lecken?“
„Bitte drüben.“ Ich bin plötzlich sehr müde. „Bei Steven.“
Dann schiebe ich sie zurück zur Tür.
„Sag mal, hast du ne Meise?!“
Sascha steht vor mir, mit nichts bekleidet als seinem schwarzen String.
Hätte ich bloß die Tür nicht geöffnet.
„Da steht ne erstklasse Frau vor die, ne 1-A-Frau vor dir, eine, die du niemals abschleppen wirst, und du schickst sie wieder weg, wenn sie von dir flachgelegt werden will?“
Ich zucke mit den Schultern. Ist ja schließlich nicht das erste Mal, dass ich irgendetwas nicht bekomme, das ich haben will.
„Du verdammter Feigling hättest es wenigstens probieren können!“
Ich deute ihm an, dass wir hier auf dem Flur stehen und er vielleicht besser mal etwas leiser sprechen sollte, da schiebt er sich und mich in meine Wohnung.
„Bist du schwul?“
Jetzt reicht’s!
„Nein, ich bin nicht schwul!“
Seine Augen, eben noch zusammengekniffen mich fixierend, öffnen sich plötzlich wieder.
„Hey, man, ich hab damit kein Problem.“
„Aber ich. Ich stehe nicht auf Männer!“
Wie selbstgefällig kann man sein?
Noch selbstgefälliger.
Sascha macht plötzlich einen Schritt auf mich zu, legt seine Hand unter mein Kinn.
„Hey, Bubi“, sagt er fast sanft, „vielleicht solltest du’s mal ausprobieren.“ Er zwinkert mir zu, grinst und schwingt seine Hüfte einladend.
Hat er sie noch alle?
„Du nimmst wohl alles, was sich bewegt“, sage ich abfällig und schiebe seine Hand von meinem Kinn. Am liebsten würde ich ihm ins Gesicht spucken, aber ich habe zu viel Anstand dafür. „Vielleicht solltest du mal zum Arzt gehen, nennt sich Sexsucht, die Krankheit.“
Saschas Mundwinkel zucken, fast sieht er etwas bedröppelt drein. Doch dann seufzt er theatralisch, schnappt sich wieder mein Kinn und fixiert mich mit seinen jetzt dunklen Augen.
„Nein, nennt sich Homosexualität und ist keine Krankheit.“
Meine Hand, die instinktiv nach seiner gegriffen hat, um ihn von meinem Kinn wegzuzerren, fällt schlagartig herunter.
Was hat er gesagt?
Sascha grinst diabolisch und nähert sich mit seinem Gesicht meinem.
„Willst du’s vielleicht doch noch ausprobieren?“
Ich schlage mit beiden Händen nach seiner und gehe erschrocken einen Schritt rückwärts, so dass ich in meine Garderobe stolpere.
„Du spinnst ja total!“
„Hast du was gegen Schwule?“ Seine Stimme bekommt einen scharfen Unterton.
Natürlich nicht. Aber es ist eben nicht meine Art.
„Mensch, Bubi, so verklemmt kann man doch gar nicht sein, dass man eine Frau, die einem auf dem Servierbrett angeboten wird, ablehnt.“
„Nenn mich nicht Bubi.“
„Okay, Steffi.“ Er lacht.
Wenn ich ihn töten könnte, ich würde es tun, genau jetzt.
„Wieso vögelst du mit Frauen, wenn du auf Typen stehst?“ Ich befreie mich aus meiner Garderobe, hänge die Jacke wieder auf den Bügel, die vorhin runtergefallen ist, und starre ihn feindselig mit verschränkten Armen vor der Brust an.
Sascha hebt den linken Arm, lehnt sich lässig mit dem Ellenbogen an die Wand.
„Ach weißt du, das ist mein Job...“
„Frauen vögeln?“ Toller Job, den will ich auch.
„Ey, man, ich bin kein Pornostar. Ich bin Fotograf bei einem Erotikmagazin. Da kommt nur das Beste vom Besten rein. Und ich fotografiere sie alle.“
„Fotografieren und vögeln beginnt zwar fast gleich, ist aber was anderes“, kläre ich ihn auf.
Er grinst. „So, meinst du?“ Er spielt ein bisschen mit einer Haarsträhne, dann stößt er sich von der Wand ab. „Eigentlich nicht. Du musst in beiden Fällen die Frauen dazu bringen, sich zu öffnen, dir zu vertrauen, alles zu geben.“
„Und deswegen gehst du mit ihnen ins Bett. Zur Übung, ja?“ Diesen Scheiß kann er jemand anderem erzählen. Ich wende mich von ihm ab und gehe in die Küche, den Kehrbesen für die Bierscherben suchen.
„Ne, man, ich wollte checken, wie rum du bist.“
„Wie bitte?“ Ich drehe mich zu ihm.
„Na, ob du schwul bist.“
„Das hättest du mich auch fragen können.“
„Und – was hättest du gesagt?“
„Nein.“
„Siehst de.“
„Ja, was?“ Langsam geht mir der Typ auf die Eier.
„Ist gut, reg dich ab, hab ich kapiert.“ Er schiebt die Hände in die Hosentaschen, bleibt aber in meinem Flur stehen. Na, wenn er eben will, soll er halt zugucken, wie ich die Scherben aufsammle.
„Du hast echt nen sexy Arsch“, sagt er plötzlich und ich weiß, dass er grinst, ohne dass ich ihn dabei ansehe.
„Pass auf, was du sagst und vor allem, was du tust.“ Ich hebe warnend das Kehrblech mit den Scherben nach oben.
Er lacht. „Hey, man, freu dich doch mal über nen Kompliment. Kriegst de ja sonst nicht zu hören, oder?“
„Doch.“ Ich richte mich auf, das Kehrblech in der Hand. „Ob du’s glaubst oder nicht. Ich bin zum Mitarbeiter des letzten Jahres gewählt worden, ich kann gut kochen, und meine Kumpels loben, dass sie sich auf mich verlassen können.“
Sascha nickt.
„Tja, siehst du, du kannst wenigstens was. Ich kann gut fotografieren, mein Haushalt ist ne Katastrophe und ansonsten sehe ich einfach nur gut aus. Die Frauen stehen auf mich, weil sie mein Äußeres mögen und sich ne Chance ausrechnen, aufs Titelblatt zu kommen. Dafür tun die meisten Models fast alles. Dumm nicht?“
„Na ja, wenn du es ihnen auch suggerierst...“
Er zuckt mit den Schultern.
„Ich schleppe die Frauen jeden Freitag nach Hause, lasse sie meinen Haushalt erledigen, indem ich den armen hilflosen Mann mieme...“
Ich schnaufe.
Er grinst. „Schon komisch, nicht, St-“
Ich hebe drohend das Kehrblech und er bricht ab.
„Ne, echt jetzt. Und danach poppe ich sie noch, um dich eifersüchtig zu machen.“
„Danke, ist dir gelungen.“
„Freut mich.“ Das Grinsen ist ihm nicht aus dem Gesicht zu treiben. „Bedauerlicherweise aber wohl nur, weil du die Frauen gerne hättest.“
Natürlich, was denkt er denn.
Ich halte meine Klappe, hole Wischtuch und Eimer.
„Das machst du echt gut, Bubi.“
„Ein Wort noch, und du hast den Eimer auf dem Kopf.“
Jetzt lacht er schallend.
Okay, er ist wie gesagt nen knappen Kopf größer als ich und viel kräftiger.
„Du hast Humor, Kleiner.“
Drohend schwenke ich den Eimer, er weicht einen Schritt rückwärts.
„Ernsthaft, jedes Mal, wenn ich deinen jungfräulichen Bubiarsch gesehen habe, habe ich ein Rohr bekommen. Und da ich dich nicht haben konnte, habe ich die Frauen genommen – von hinten. Habe mir vorgestellt, wie du auf der anderen Seite der Wand stehst und dir ...“
„Es reicht.“
„Hey, man, ist doch nichts dabei.“
Ich werde rot.
„Alter, du hast wirklich...? Jedes Mal?“ Sascha kommt auf mich zu, breit grinsend, wie sonst, wie ein Tiger, der seine Beute gewittert hat.
„Ich habe dabei nicht an dich gedacht.“
Jedenfalls nicht so, wie er es gerne hätte.
„Und außerdem – “ Ich schwenke das Handtuch, um ihn davon abzuhalten, näher zu kommen. „hast du ja wohl deinen Spaß gehabt, so lange, wie ihr immer rumgemacht habt.“
Er bleibt stehen, sieht mich mit diesem bemitleidenden Blick an.
„Weißt du, wenn man nicht kommen kann, weil einen die Person, die man da vor sich hat, nicht erregt, dauert’s auch lange.“
„Du hast Probleme.“
„Ja, scheiße, ich habe welche. Ich bin ein gut aussehender Mann, der von den Frauen ausgenutzt wird für ihre Karriere, bei dem jeder nur die Hülle sieht und niemand das innere Wesen...“
„Der selber die Frauen ausnutzt und von seinem inneren Wesen her entsprechend nicht viel besser ist“, vollende ich schulmeisterlich.
„...und dabei stehe ich auf diesen geilen Bubi von nebenan, den ich am liebsten die ganze Nacht durchvögeln würde, aber er lässt mich eiskalt abblitzen.“
Was soll ich da sagen? Okay, dann nimm mich eben doch?
Ich schüttle den Kopf.
„Tut mir leid“, sage ich, „Du bist nicht mein Typ.“
Scheiße, dass ich das mal sagen würde.
Mir treten die Tränen in die Augen und ich krümme mich vor Lachen.
„Ja, danke.“
„Tut mir leid, ist nicht wegen dir.“ Ich richte mich wieder auf, mit nassen Augen. „Warum gehst du nicht zu der Rothaarigen. Die scheint besser gewesen zu sein eben.“
„Die war nicht besser als alle anderen.“ Er atmet tief ein. „Du warst besser. Dein Schwanz in der Hose vorhin, das war echt geil....“
Ich schnappe nach Luft. „Ey, sorry, aber du bist wirklich nicht...“ Ich hebe entschuldigend die Hände.
„Ja, ja“, grummelt er.
Dann dreht er sich um und verlässt die Wohnung.
Texte: June F. Duncan
Bildmaterialien: Cover: Franziska Kleinschmidt / PIXELIO, www.pixelio.de
Tag der Veröffentlichung: 25.11.2014
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