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„Ich will dich“, flüstert Mona in mein Ohr.
„Hier?“
Mein Gott, nebenan ist gerade die Verkäuferin mit einer Kundin zugange.
„Ja, wo denn sonst?“
„Und wie soll das gehen?“
Ich sehe die zwei Spiegel an der Wand, die Monas knackigen Körper einmal von der Seite und einmal von hinten wiedergeben, einen klapprigen Hocker und ansonsten nur noch Monas Schuhe, Hose und T-Shirt auf dem Fußboden liegen. Wie soll man da bitteschön Sex haben?
„Etwa im Stehen? Da hebe ich mir 'nen Bruch und die Wand wackelt und...“
„Nun hab’ dich nicht so. Setz dich auf den Hocker da...“ Mona dreht mich zur Seite und schiebt mich auf das klapprige Gestell. „...und ich setze mich auf dich.“ Sie steht mit gespreizten Beinen in weißer Spitzenwäsche über mir und will sich setzen. Auf mich. Auf diesen Stuhl. Wir zwei auf diesem Stuhl. Das hält der nie.
Ich halte sie an den Hüftknochen fest.
„Das Ding bricht zusammen“, presse ich zwischen den Zähnen hervor „wenn wir beide darauf sitzen.“
Sie rollt mit den Augen, dann macht sie plötzlich zwei Schritte rückwärts.
„Ich glaube, du bist noch nicht heiß genug“, murmelt sie, während sie sich vor mich kniet und meine Beine auseinanderdrückt. „Du denkst noch zu viel nach.“
Sie will doch wohl nicht? Instinktiv presse ich die Beine wieder zusammen.
„Weißt du, was passiert, wenn ich hier ...“ Ich versuche mit Gesten deutlich zu machen, was ich meine.
„Wenn du hier abspritzt?“, raunt sie in meinen Hosenbund, weil sie sich einfach seitlich über meine geschlossenen Beine beugt.
„Ja“, sage ich und packe sie unter den Armen. „Wir können hier nicht einfach...“ Ich gestikuliere mit den Augen. „Hier sind auch kleine Kinder, die sich umziehen.“
„In der Damenumkleide für Dessous?“ Mona schüttelt den Kopf. „Wohl eher nicht.“
„Vielleicht mit ihren Müttern...“, unternehme ich einen letzten Versuch .
„Außerdem“, Mona zieht plötzlich ein Kondom aus ihrer Jeans, die am Boden liegt, „bin ich für solche Fälle bestens ausgerüstet.“
Prima. Was soll ich ihr jetzt noch entgegenhalten? Ergeben beuge ich mich meinem Schicksal und lasse sie an und unter meiner Hose herumwerkeln.
„Haben Sie den auch in Doppel D?“
Mona kichert und ich spüre ihre Zähne, während sie giggelt.
Hoffentlich beißt sie jetzt nicht aus Versehen zu.
„Leider nein“, antwortet die Verkäuferin nebenan der älteren Dame höflich. „Die meisten Frauen mit einer so großen Oberweite wünschen sich eher einen Minimizer-BH.“
„Hey, gibt’s deinen auch in Doppel D?“, flüstert Mona und leckt mich derweil unten ab. „Entspann’ dich. Die beiden Damen haben doch gut zu tun, da drüben.“
Entspannen? Ist sie wahnsinnig? Die Verkäuferin braucht nur einmal aus Versehen den falschen Vorhang auf zu machen. Dann machen sie eine Durchsage im ganzen Kaufhaus: ‚Achtung, in Etage eins in der Damenumkleide sitzen zwei Nymphomanen. Halten Sie ihre Kinder fern, die Polizei ist unterwegs.’ Sie werden uns verhaften, es gibt Hausverbot, möglicherweise steht es morgen sogar in der Zeitung – mit Foto!
Ich kann nicht entspannen.
„Hey, was ist los mit dir?“ Mona macht einen Schmollmund und richtet sich auf.
Der Vorhang!
Ich springe hoch.
„Oh, Entschuldigung“, murmelt eine Frau mit Dauerwelle verlegen und dreht sich wieder weg.
Hat sie etwas gesehen? Mona steht direkt vor mir, aber meine Hose? Die Spiegel?
Hektisch drehe ich mich um, ziehe mir die Hose über die Hüften.
„Ich bin hier weg. 'Warte draußen“, rufe ich Mona zu.
„Warte. Welcher gefällt dir besser?“
„Egal“, sage ich und stürze aus der Umkleide. „Nimm irgendeinen.“
„Mit dir kann man auch nicht einkaufen gehen“, höre ich sie noch maulen, als ich schon den kleinen Flur hinuntersprinte.
Von wegen, mit mir kann man nicht einkaufen gehen. Einkaufen hätten wir gut gekonnt. Aber Mona musste ja diese dumme Idee vom Sex in der Umkleide haben.
Draußen atme ich erleichtert auf. Auf diesen Schreck brauche ich jetzt erst einmal etwas zu Essen. Ein paar Meter weiter ist eine Dönerbude, das Fleisch duftet verführerisch. Ich schlendere zu dem Imbiss, quatsche ein bisschen mit dem Türken, der eigentlich Deutscher ist, oder beides, und genieße meinen heißen Döner. Das Leben kann so schön sein.
„Rotes Fleisch enthält viel Cholesterin, das verfettet dein Blut und senkt deine Lust. Ich habe den Eindruck, du willst überhaupt keinen Sex mehr mit mir.“
Mir bleibt das Fleisch im Hals stecken.
Hat sie gerade vor allen Leuten gesagt, dass ich keinen Sex mehr mit ihr will?
Der Deutsch-Türke lacht. „Ist gutes Fleisch. Ich habe vier Kinder“ und zwinkert mir zu.
Ich tue so, als fände ich das lustig und nicke.
„Gemüse enthält viel mehr Vitalstoffe als Fleisch. Es ist ein Mythos, dass...“
Sie will doch nicht hier vor allen Leuten über unser Sexualleben diskutieren?
„Mona, du wolltest doch noch eine Aktentasche kaufen?“
„Ja, das will ich auch immer noch. Aber erst, nachdem du mich hast ausreden lassen.“ Sie ist sichtlich wütend. Ich auch.
„Du demütigst deinen Mann“, will der Imbissbesitzer mir helfen.
„Oh der“, Mona winkt ab. „Der ist nicht mein Mann. Der ist nur – “
Das ist ja wohl das Allerletzte! Natürlich bin ich nicht ihr Mann, ich bin nur

der Freund, aber muss sie das so herablassend verkünden? Muss sie so tun, als wäre ich der größte Looser der Nation? Stinksauer drehe ich mich um, lasse sie mit dem Imbissbudenbesitzer ausdiskutieren, ob nun Fleisch oder Gemüse potenter machen und fahre nach Hause. So nicht. Nicht mit mir. Wird ein Mann heutzutage etwa nur noch über seine Potenz gemessen? Ist er nicht mehr liebenswert, nur weil er keinen Sex in der Umkleidekabine haben möchte? Zählt heutzutage Romantik gar nichts mehr? Oder das gute Gespräch, das Zusammensitzen am Essenstisch, das einfache Reden über den Alltag? Das gemeinsame Sitzen auf der Couch nach einem anstrengenden Arbeitstag, während die Tagesschau läuft?
Und was wäre denn passiert, wenn er hart geworden wäre? Wenn wir auf diesem Stuhl Sex gehabt hätten? Die Frau hätte uns entdeckt. Oder man hätte von nebenan unser Stöhnen gehört, mein Keuchen.
‚Dein Keuchen?’, höre ich Mona sagen. ‚Dein Keuchen habe ich schon bestimmt seit drei Monaten nicht mehr gehört. Nicht mal hier im Schlafzimmer. Denn da könnten die Nachbarn... und bei mir, da könnte die Katze... und im Keller, da könnte irgendein Fremder...’
Herr ja, so ist es eben. Das Leben ist gefährlich. Und außerdem wird meiner nicht mehr richtig hart. Das dauert viel zu lange, bis wir dann fertig sind, falls wir überhaupt irgendwann fertig sind.
‚Wenn das so ein Problem für dich ist, dann geh’ doch zum Urologen. Vielleicht hast du einen Testosteronmangel’, hat sie gesagt.
Ich und Testosteronmangel. Ich bin doch ein Mann, oder etwa nicht?
Vor dem Badezimmerspiegel ziehe ich mir mein Shirt und die Hose aus. Blondes Brusthaar würde dort wachsen, wenn ich es nicht wöchentlich wegrasieren würde. Aber das weiß Mona doch, das rasiere ich doch nur ihretwegen weg. Und einen Bart – ich drehe mein Kinn vor dem Spiegel von links nach rechts – einen Bart habe ich normalerweise auch.
Vielleicht sollte ich das von nun an alles wieder wachsen lassen, damit sie meine Männlichkeit sieht.
Ich höre sie lachen. ‚Ich will deine Männlichkeit da unten sehen’, sagt sie und ich schaue auf meinen hängenden Zipfel.
Ich will sie auch da unten wieder sehen. Ohne Mona. Hier und jetzt unter der warmen Dusche. Ich streife mir die Socken von den Füßen, lege die Handtücher zurecht, schließe die Badezimmertür ab. Dann steige ich in die Wanne, ziehe den Vorhang zu und lasse das warme Wasser meinen Rücken hinabrieseln. Tut das gut. Ich fixiere den Duschkopf, drücke einen Klacks Duschgel in meine Hand und seife meinen Körper damit ein. Die Arme, die Brust, die Schultern, den Bauch, ich streife kurz mein Glied, dann die Beine hinab. Ich massiere das duftende Gel in meinen Po ein, dann greife ich wieder mit einer Hand an meinen Schwanz.
Der war auch schon mal schneller größer. Früher reichte die Vorstellung, dass ich mir gleich in der Dusche einen runterholen würde, dass er sich aufrichtete – jetzt hängt er da nur noch im Energiesparmodus rum. Selbst hier alleine unter der Dusche in meinem Bad. Da stimmt etwas nicht. Vielleicht hat Mona doch recht mit dem Testosteron. Vielleicht werde ich alt. Bei Männern ab vierzig sinkt der Spiegel schließlich – auch wenn ich noch keine Vierzig bin, aber es gibt ja auch Menschen, die früher altern als andere. Mona hat erzählt, eine Bekannte ihrer Mutter sei schon mit 36 Jahren in den Wechsel gekommen. Vielleicht ist das mit mir jetzt auch schon vorbei, mit 34.
Ein leichter Anfall von Panik überkommt mich. Hektisch rubbele ich härter an ihm rum, aber die ersehnte Steifheit bleibt aus.
Ich muss einen Arzt anrufen. Jetzt sofort. Mit noch eingeseiftem Körper schliddere ich aus der Dusche über den glatten Badezimmerfußboden und das Laminat im Flur zum Telefon.
„Praxis Dr. Henning“, meldet sich eine junge Frauenstimme am anderen Ende der Leitung, nachdem ich die Telefonnummer der urologischen Praxis gewählt habe.
„Ich brauche einen Termin bei Herrn Henning“, sage ich. „So bald wie möglich.“
„Worum geht es denn?“
„Das ist vertraulich.“
„Hm. Ich kann Ihnen nur in Notfällen einen kurzfristigen Termin geben. Ansonsten habe ich erst wieder einen in drei Wochen.“
In drei Wochen? Das ist viel zu spät. Bis dahin ist der Alterungsprozess unaufhaltsam fortgeschritten und möglicherweise nicht mehr rückgängig zu machen.
„Könnte ich vielleicht kurz mit dem Doktor sprechen?“
„Warten Sie einen Moment... Sie haben Glück, er kommt gerade aus seinem Sprechzimmer... Ich frage ihn.“
„Ach, da nehmen Sie übergangsweise einfach mal Viagra“, sagt Urologe Henning mit dunkler kräftiger Stimme, nachdem ich ihm mein Problem geschildert habe. Er hat bestimmt das Fell eines Bären, einen Vollbart, der jeden Moslem in Ehrfurcht versetzt, und einen Ständer so hart wie ein Fußballtorpfosten. „Und dann kommen Sie in drei Wochen in meine Praxis und wir sehen uns Ihre Werte einmal an...“
„Und das ist wirklich nicht schädlich?“ Ich will ja schließlich nicht noch früher altern.
„Ach, wenn Sie das jetzt zwei-, dreimal nehmen. Nein, nein, keine Sorge. Mit Ihrem Herzen ist doch alles in Ordnung? Niedrigen Blutdruck haben Sie auch nicht?“
Ich verneine.
„Na, sehen Sie. Dann nehmen Sie das mal und genießen den Sex. Und Sie lassen sich gleich einen Termin geben. Ich bin übrigens auch Psychotherapeut, wenn sie Ihre Freundin also einmal mitbringen möchten...“
„Nein, nein.“
Bloß das nicht. Ich sehe Mona und Herrn Henning schon über meine Potenzprobleme sprechen, während ich mit übereinandergeschlagenen Beinen auf einer weißen Liege hocke.
Ich lasse mir einen Termin geben und verabschiede mich höflich.
Viagra habe ich sogar zu Hause. Hat mir Mona aus ihrem letzten Urlaub mitgebracht. Nachdem ich darauf bestanden hatte, keinen Testosteronmangel zu haben.
‚Hier, für dich. Habe ich in der Apotheke besorgt. Probier das mal’, hat sie gesagt und mir eine kleine Schachtel in die Hand gedrückt. Ich dachte erst, das wären Pralinen oder gar Eheringe. Und dann das. Schlimmer kann ein Wink mit dem Zaunpfahl nicht sein. Und das am Valentinstag.
Die Packung habe ich natürlich nicht angerührt. Was da an Nebenwirkungen drinsteht... Und außerdem brauche ich sie auch gar nicht.
Oder jetzt doch?
Ich tapse wieder zurück ins Bad, mein baumeliger Freund – oder vielleicht momentan eher Feind – mit mir. Klar, er kann ja nicht anders.
Was tut er mir da eigentlich an? Ich hätte Sex haben können. In der Damenumkleidekabine. Welcher Mann hat schon einmal Sex in der Umkleidekabine gehabt? Welcher Mann hat so eine Freundin wie ich, die so geil ist, dass sie viermal die Woche mit ihm schläft. Wenn er denn mit ihr schlafen würde. Wenn er denn mit ihr schlafen könnte. Aber ich kann ja nicht, weil dieser Wurm da unten, dieses schwache dämliche Etwas einfach seinen Dienst verweigert.
Stinksauer knie ich mich vor den Badezimmerschrank und wühle in dem Waschbeutel, der ganz hinten liegt, nach den blauen Pillen.
Jetzt werde ich’s dir zeigen, du dummer Wicht, du wirst jetzt stramm stehen wie ein Soldat, der die Hosen voll hat, und zwar stundenlang bis ich dich blutig gerubbelt habe.
Ich drücke eine Pille aus dem Blister, trinke einen Schluck Wasser aus dem Hahn und schlucke sie runter. Dann schließe ich wieder die Badezimmertür ab, korrigiere die Lage der Handtücher, die sich vorhin verschoben haben, und steige wieder in die Wanne. Ich schließe den Vorhang hinter mir und drehe den Wasserhahn auf. Meine Haut kribbelt.
Das Duschgel, das ich mir vorhin nicht abgewaschen habe.
Ich lasse mir Zeit, wasche das Gel von den Armen, der Brust, den Schultern, dem Bauch, meinem Penis. Spüle mir die Beine ab und weil ich mir ja Zeit lassen will, bevor ich teste, ob der Drückeberger wieder normal reagiert, schamponiere ich mir noch schnell die Haare ein.
Wie angenehm.
Draußen klopft es an der Tür, aber ich lasse es klopfen. Es interessiert mich nicht.
Eine angenehm wohlige Wärme fließt durch meinen Körper, mein Herz schlägt kräftig. Ich massiere meine Kopfhaut, dann blicke ich hinunter zu meinem Schwanz.
Nanu, er steht ja schon fast?
Ich schamponiere ihn ein, erst zart, dann immer fester. Plötzlich kann ich nicht mehr an mich halten und er spuckt.
Verdammt, viel zu schnell. Frustriert wasche ich mir die Haare aus.
Aber was ist das? Das fühlt sich normalerweise doch anders an nach einem Orgasmus. Das fühlt sich doch...
Er steht noch immer. Oder schon wieder.
Das gibt es nicht.
Heilige Scheiße, das gibt es doch. Wow, ist das geil. Ich greife mit meiner einen Hand nach unten und – hola, bin ich plötzlich potent. Das müsste jetzt Mona sehen, das müsste jetzt Mona spüren, ich würde sie überall vögeln: im Keller, in der Umkleide, an der Bushaltestelle, mitten auf der Straße... Stöhnend komme ich ein zweites Mal.
„Thorsten?“
Mona steht vor der Badezimmertür. Sie hat sich aufgeschlossen. Eigentlich sollte ich ihr jetzt böse sein, ich habe ihr den Wohnungsschlüssel nur für einen Notfall gegeben, ich mag es nicht, wenn Leute einfach unangemeldet in meiner Wohnung auftauchen.
Aber ich bin schon wieder geil und so reiße ich nur die Badezimmertür auf und stehe mit meiner vollen Erektion vor ihr.
Na, was sagst du nun?
Ihr fällt die Kinnlade runter.
Hervorragend, auf Diskussionen habe ich jetzt nämlich gerade gar keine Lust. Ich drücke sie an die Wand, presse meine Lippen auf ihre und zerre an ihrer Hose.
„Ach du Schande, langsam, langsam...“
Langsam gibt es bei mir nicht mehr Baby, langsam war vor einer Stunde, aber das wolltest du ja nicht. Jetzt gibt es nur noch Turbosex.
Ich vögel sie auf dem Parkett im Flur, ich vögel sie auf dem Küchentisch.
Sie sieht mich erst sprachlos an, dann giggelt sie.
Als ich sie zum dritten Mal auf der Couch nehmen will, sagt sie etwas von „Gleitcreme“ und rennt ins Bad. Sie hat die Vaseline noch in der Hand, da nehme ich sie schon von hinten, weil sie gerade so gebückt da steht. Was für ein Prachthintern. Was für eine Prachtfrau. Was für eine prächtige Erektion ich da gerade habe. Ich bin voll in meinem Element.
Plötzlich möchte sie ins Schlafzimmer und faselt etwas von langsam und zärtlich. Ich reiße mich zusammen und schlafe mit ihr so langsam wie ich kann. Sie sieht glücklich aus. Und ich erst. Jetzt wäre der richtige Moment für ein leckeres Essen und ein gemeinsames Sitzen auf der Couch Arm in Arm .
Aber mein Glied ist schon wieder so hart wie ein Baseballschläger.
„Wie wär’s mit dem Keller?“, raune ich in ihr Ohr.
Ich sehe ihr an, dass sie eigentlich genug hat, aber sie will mir nicht den Spaß verderben.
„Okay“, sagt sie und grinst.
Zwischen den Fahrrädern auf dem rauen Betonboden ist es furchtbar ungemütlich, aber ich bin zu geil, um das lange zu bemerken. Mona findet es immerhin noch aufregend, auch wenn sie nicht mehr zum Orgasmus kommt.
„Lass uns duschen“, sagt sie schließlich.
Ich nicke.
Duschen... Ich denke an Badeschaum und Monas wohlgeformte Rundungen im Badewasser vor mir und fühle schon wieder das Blut in meinen Lenden pulsieren.
Wir planschen, sie seift mich ein, ich seife sie ein, sie setzt sich auf mich. Ich schreie das ganze Haus zusammen. Gott, ist das geil.
Und Gott, tut mir der Schwanz inzwischen weh. Die Seife brennt auf der Vorhaut. Und das Wasser auch. Einfach alles.
„Kannst du dich anziehen?“, sage ich, als wir den Stöpsel aus der Wanne gezogen haben und ich ihr den Rücken trockenrubbel. Ihr Hintern lacht mich schon wieder so verführerisch an, aber ich kann nicht mehr. Das heißt: Ich kann doch, also er steht stramm wie sonst was, aber der Rest von mir kann nicht mehr. Ich zeige auf das Dilemma, das rot zu mir nach oben guckt.
Sie nickt. „Was ist nur mit dir los?“
„Ich hab’ 'ne Pille genommen“, sage ich und drehe mich dabei zur Seite.
„Ne Pille? Was für eine?“
„Viagra. Die Dinger, die du mir mitgebracht hast.“
„Nur eine?“ Mona schlüpft in ihre Unterhose.
„Ja, nur eine.“
„Das ist aber nicht normal...“
Den Eindruck habe ich auch.
„Wir sollten zu einem Arzt fahren“, sagt Mona und zieht sich ihr T-Shirt über.
„Wegen 'nem steifen Penis? Bist du verrückt?“
„Aber offensichtlich wird er nicht mehr normal.“
„Erst willst du dauernd Sex mit mir und jetzt, wo ich mal kann, da gefällt er dir nicht.“
„Natürlich gefällt er mir.“ Sie lächelt mich an. „Aber das sieht da unten einfach nicht gut aus. Sieh mal wie rot er ist und...“ Sie fasst ihn an.
„Au.“
„... er tut dir weh.“
Natürlich tut er mir weh. Er ist ja völlig ausgelaugt. Und nicht nur er.
Ich winde mich vor der Entscheidung.
Ich versuche es mit Beuteln von Tiefkühlerbsen. Im ersten Moment hilft es, er schrumpft wegen der Kälte, aber das Eis brennt gleichzeitig an meinem Schwanz. Als ich den Beutel wieder wegnehme, dauert es zehn Minuten, dann schwillt er wieder an und richtet sich auf.
Verdammt, so wortwörtlich hatte ich das mit dem blutig nicht gemeint.
Ich höre Mona nebenan telefonieren. Wenig später kommt sie zu mir in die Küche.
„Ich habe mit Herrn Henning gesprochen. Er ist Urologe. Wir können sofort vorbeikommen. Es ist ein Notfall, sagt er, und du solltest nicht länger selbst experimentieren.“
Herr Henning.
War das ein Trick? Hatte er mir nur deswegen gesagt, ich solle die Pille nehmen, damit ich mit meiner Freundin in seiner Praxis auftauche?
Egal, ich kann nicht mehr. Mona reicht mir ein weites Shirt, das meine Erektion verdecken soll, dann fährt sie mich zum Urologen.
Herr Henning trägt keinen Vollbart und auch kein Bärenfell. Außerdem keinen Ständer wie ein Fußballtorpfosten. Den habe jetzt ich. Bei der Vorstellung muss ich grinsen.
Trotzdem bin ich mir sicher: Die blauen Pillen wandern sofort in den Mülleimer, wenn ich wieder zu Hause bin. Die werde ich nie wieder nehmen. Nie wieder.


Nachwort



Diese Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit. Dass sie sich genau so zugetragen hat, wie hier geschildert, kann ich allerdings nicht bezeugen.


2. Nachwort



Damit an mich keine Regressansprüche von Seiten der Herstellers der V. gestellt werden:
Selbstverständlich kann ich nicht wissen, ob der junge Mann, der nach einer V.-Einnahme mit Dauerständer ins Krankenhaus fahren musste, die Pille evtl. missbräuchlich angewendet hat (z.B. mehr als eine genommen). Ebenfalls ist nicht auszuschließen, dass der Dauerständer nicht von der Pille, sondern von seiner Psyche oder anderen nebulösen Faktoren ausgelöst worden ist. So jedenfalls würde das ein Mediziner sehen (Name ist mir leider entfallen), der die Meinung vertritt, V. sei nur in der Lage, die Durchblutung zu fördern. Das Wesentliche geschehe im Kopf des Mannes. Wobei wir bei der im Text angesprochenen Vitalstofftheorie wären.
Also Männer: Treibt Sport, esst ordentlich Gemüse, denn V. wirkt sowieso ... – upps, ich bin still.

Impressum

Texte: June F. Duncan
Bildmaterialien: June F. Duncan
Tag der Veröffentlichung: 13.02.2013

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