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Erstes Kapitel

„Geldgeschenke sind wirklich fantasielos. Besonders die kleinen.“ (Hans-Dieter Schütt)

 

„Du musst mich mit dem Auto abholen, Daniel! Papa hat angerufen. Es ist etwas passiert. So aufgeregt, wie er war, sicher etwas ganz Furchtbares.“

Mutter sprach hektisch. Es dauerte lange, bis ich begriff, dass ich sie auf der Stelle abholen und heim nach Keillingen fahren sollte und nicht erst nach Büroschluss. Als ob ich kommen und gehen könnte, wie und wann es mir beliebte. Zum Glück war Monika Nier, meine Chefin, immer sehr verständnisvoll. Zehn Minuten nach dem Anruf war ich unterwegs.

„Hierher, Junge!“ Mutter stand am Haupteingang der Privatklinik Rauhschindach und winkte verzweifelt mit dem Arm. „Hier bin ich. So mach doch, schnell.“

Ich half ihr beim Einsteigen. „Was ist passiert, Mama?“

„Das weiß ich nicht. Papa sagte nur, ich solle sofort heim kommen. Und jetzt gib endlich Gas. Sicher geht es um Sekunden.“

Ich nickte ergeben und fuhr los. Bei Vater ging immer alles um Sekunden. Das kannte ich noch aus meiner Kindheit: Junge, du musst sofort aufstehen! Junge, du musst sofort den Ranzen packen! Junge, du musst sofort zur Schule! Junge, komm sofort zum Mittagessen! Junge, geh sofort zu Bett!

„Stopp! Die Koffer!“

Ich trat auf die Bremse, setzte die zwanzig Meter zurück, stieg aus und belud den Kofferraum, die Rücksitze und den Dachgepäckträger mit Mutters „allernötigsten“ Sachen. Das Auto ging in die Knie, hielt der Belastung aber stand.

„Du hast die Kur abgebrochen, Mama? Sechs Tage vor Schluss? Bloß wegen diesem Anruf?“

„Beeil dich, Junge. Wie lange dauert das denn noch?“ Mutter ignorierte meine Frage. Es war, als hätte ich sie nie gestellt. Zwecklos, sie zu wiederholen. Wenn Mutter nicht antworten wollte, dann wollte sie nicht antworten! Das kannte ich längst.

Ich setzte mich wieder auf den Fahrersitz und griff betont ruhig nach dem Gurt. „Das mit den Koffern hätte ich mir aber überlegt. Sicher ist es gar nicht so schlimm. Wetten, dass die Sache mit Papa in fünf Minuten geklärt ist?“

„Daniel, Junge, hör zu! Ich kenne Papa seit über dreißig Jahren, und er hat noch nie jemanden um Hilfe gebeten. Er kann nicht viel, ich weiß, aber wenn ihn niemand daran hindert, dann macht er alles, auch das, was er nicht kann! Papa ist ein Allesnichtskönner. Wenn er also sagt, es ist etwas passiert, dann ist etwas passiert. Und zwar etwas, an das selbst er sich nicht herantraut. Vielleicht haben wir einen Rohrbruch und er bekommt die Leitung nicht dicht und ist zu stolz, den Klempner zu rufen? Vielleicht ist –

Himmel, der Teppich, die schönen Möbel, und erst das Parkett! Das kann man nach einem Wasserschaden doch alles wegwerfen. Ich darf gar nicht daran denken, was zuhause passiert sein kann. Und jetzt drück endlich auf die Tube; da hätte ich ja auch laufen können, so lahm wie du fährst. Ich hoffe nur, es ist nicht das Gas. Wenn dann noch jemand klingelt ...“ Mutter biss sich auf die Unterlippe und schwieg in stiller Sorge um ihr Hab und Gut.

Ich fuhr bereits neunzig, bei erlaubten siebzig, drückte aber gehorsam „auf die Tube“.

Der Tacho schnellte auf hundertzwanzig. Die Felsen an den Straßenrändern sausten nur so vorüber, ein vorbeihuschender Schatten musste ein Motorrad gewesen sein. Sicher war ich mir dabei nicht, so unvermittelt, wie es aus der Kurve geschossen und hinter der nächsten verschwunden war. Wir steckten mitten im Graunzer Rücken, durch den sich tiefeingeschnitten die Straße wand. Dahinter würden sie und das Land wieder flach und übersichtlich wie eine Schiefertafel werden.

„Junge, rase nicht so!“ Verzweifelt klammerte Mutter sich am Sitz fest, ihre Fingerkuppen und selbst die Knöchel wurden weiß. „Reicht es nicht, dass unser Haus abgebrannt ist? Müssen wir unbedingt noch ins Krankenhaus.“

„Wer sagt, dass euer Haus abgebrannt ist? Papa?“

„Nein, niemand. Aber was soll es sonst sein? Wegen ein bisschen Wasser hat er bestimmt nicht angerufen, wenn ich es mir recht überlege. Da war ich vorhin auf dem Holzweg. Und bei Gas macht man, glaube ich, einfach nur die Fenster auf und dreht den Gashahn zu; das schafft sogar Papa. Und sollte er ... Huch! Nicht so doll.“ Die Fliehkraft drückte sie trotz Sicherheitsgurt gegen die Türscheibe. Ich lächelte still in mich hinein.

Ich nahm den Fuß vom Gas, es ging bergan, der Wagen drohte auszurollen. Jemand hinter uns hupte zornig. „Besser so, Mama?“

In Gedanken beglückwünschte ich mich, nicht Taxifahrer geworden zu sein und meistens ohne Mitfahrer fahren zu dürfen.

Sie sah mich entnervt an. „Und ich dachte, du hättest den Führerschein ohne Tricks gemacht. Hast du den Fahrlehrer bestochen?“

Ich entschied mich für den Mittelwert und fuhr mit hundertfünf Sachen weiter, egal ob es durch freie Strecke, Geschwindigkeitsbegrenzungen oder durch enge Kurven ging. Der Wagen scherte ein paar Mal aus, aber ich hatte ein Sicherheitsfahrtraining absolviert und bekam ihn immer wieder rasch in Griff. Michael Schumacher hätte es nicht besser gekonnt. Trotzdem schlingerten wir mitunter ganz schön dahin. Mutter schluckte, schloss die Augen und sagte nichts mehr. Ich atmete auf.

Mit Mutter war heute einfach nicht zu reden. Vater hatte sich vielleicht nur heftig beim Rasieren geschnitten oder wusste nicht, ob man die Spagetti nun nach dem Kochen nicht abschrecken sollte oder vielleicht doch, und sie machte ein Theater, dass es weh tat. Aber so sind halt manche Ehefrauen. Erst lassen sie ihre Männer ganze sechs Wochen allein, und dann bringen sie sich vor Sorge um sie fast um. Ich hoffte nur, dass meine Frau Ronja später nicht auch so wurde.

Endlich waren wir da. Das Haus meiner Eltern stand noch. „Na bitte. Nichts passiert.“

Mutter wühlte in ihrer Handtasche. „Das besagt noch gar nichts. Wer weiß, wie es drinnen aussieht. Vielleicht liegt Papa leblos am Boden und hat einen Zuckerschock.“

„Mama, Papa hat keinen Diabetes.“

Sie wühlte noch tiefer in der Handtasche. „Zur letzten Untersuchung hatte er keinen. Außerdem war es nur ein Beispiel. Bei Männern in seinem Alter muss man mit allem rechnen.“

„Mama, Papa ist einundfünfzig. Du sprichst von ihm, als wäre er neunzig. Außerdem geht er jedes Jahr zur Vorsorge.“

„Auch Ärzte können etwas übersehen!“ Ihre Hand irrte von einer Ecke der Handtasche zur nächsten. „Daniel, wenn du wüsstest, was die anderen Kur-Teilnehmerinnen in dieser Hinsicht alles erlebt haben. Ich sage dir, du würdest ohne Arzneischrank und persönliche Krankenschwester keinen Schritt mehr aus dem Haus wagen.“

„Was suchst du da?“

„Die Wohnungsschlüssel. Wo stecken sie nur? Sie müssen doch da sein.“

Ich seufzte und drückte auf die Klingel.

„Nicht, Junge, das Gas!“ Die Arme über dem Kopf gekreuzt, stolperte Mutter rückwärts davon.

Ich erwischte gerade noch den Riemen ihrer Handtasche und zog beide wieder zu mir heran. „Es gibt keine Überschwemmung, keinen Gasausbruch und keinen Alterszucker, begreif das doch! Ich werde mit Papa schimpfen müssen, dass er dir einen solchen Schrecken eingejagt hat. Ich hoffe nur für ihn, er hatte einen halbwegs guten Grund.“

Einen Moment später öffnete Vater. Er wedelte wie verrückt mit einem Lotto-Spielschein vor unseren Nasen herum und zerrte uns ins Haus. Erst als die Tür geschlossen war, öffnete er den Mund.

„39 Millionen 632 Tausend und 712 Euro und 80 Cent! Sechs Richtige mit Superzahl! Ich konnte es dir nicht am Telefon sagen, Ute. Ich wollte dein Gesicht sehen, wenn du es hörst. Vielen Dank, dass du sie hergefahren hast, Daniel. Ich hätte vor Aufregung einen Unfall gebaut.“

Geduldig wartete Vater die halbe Minute ab, die Mutter und ich mit Räuspern und krampfhaftem Schlucken und fassungslosem Kopfschütteln vertaten.

Endlich waren wir wieder in der Lage, halbwegs vernünftig zu denken und unsere Gedanken zu artikulieren.

„Hast du die Zahlen genauestens überprüft, Papa?“ Ich wollte Vater den Spielschein aus der Hand nehmen, doch Mutter trat zwischen uns.

„39 Millionen Euro! Ich – wir – wenn – Wahnsinn ...“

Ich wollte sie beruhigen, brachte aber trotz allen Räusperns schon wieder keinen Ton heraus.

Also schleppte ich lieber Mutters „allernötigste Sachen“ aus meinem Auto und vom Dachgepäckträger ins Haus. Manchmal retten einen nur ganz banale Dinge vor dem Durchdrehen.

Inzwischen schaffte Mutter es, drei Dinge gleichzeitig zu tun. Erstens murmelte sie wieder und wieder: „39 Millionen Euro, ich fasse es nicht!“ Zweitens blickte sie alle paar Sekunden zum Fenster hinaus und hielt Ausschau, ob Ronja und meine Zwillingsschwester Daniela nicht endlich kamen, die Vater ebenfalls angerufen und hierher bestellt hatte. Drittens wühlte sie nebenbei in ihren Koffern und Reisetaschen nach dem verschwundenen Wohnungsschlüssel.

Die Anzahl der noch nicht durchsuchten Gepäckstücke nahm Besorgnis erregend ab. Ich betete im Stillen, der Schlüsselbund würde sich noch im verbliebenen Rest finden. Ansonsten stand fest, dass Mutter ihn in ihrem Zimmer der Privatklinik Rauhschindach liegen gelassen hatte und ich noch mal mit ihr hinfahren durfte.

Ich atmete auf, als ich Mutter wieder in ganzen Sätzen reden hörte.

„Über ein Vierteljahrhundert spielen Papa und ich Lotto und haben nie etwas gewonnen. Und jetzt: Den Jackpot geknackt! Und niemand sonst hat unsere Zahlen getippt, es geht alles an uns.“ Blind vor Freudentränen tastete sie nach dem nächsten Papiertaschentuch. Drei hatten sich bereits in ihren zitternden Händen in durchweichte Klümpchen verwandelt. Lange konnte die Packung nicht mehr reichen. Mutter sah aus wie meine Kollegin Pauline bei ihrem schlimmsten Heuschnupfen.

Benommen blickte sie zu Vater, der strahlend neben ihr stand, den Spielschein mit ebenfalls zitternder Hand als Beweis ihres Glücks so hoch es ging in die Luft gehalten.

Der Computer war an. Die Homepage, auf der Vater heute am Montag nach der Gewinnhöhe und der Anzahl der Gewinner der Samstagabendziehung von 6 aus 49 geforscht hatte, flimmerte noch auf dem 22-Zoll-Flachbildschirm, aber keiner schaute mehr hin. Der Betrag hatte sich uns dreien ins Gehirn eingebrannt.

Vater hielt weiterhin wortlos den Spielschein empor, als bestünde sein Arm aus Gips und sänke ihm niemals wieder herab.

Ich zückte mein Handy und fotografierte Vater, wie er so dastand. Ein Denkmal der Glückseligkeit. Meine Kinder und Enkel würden es noch staunend betrachten.

Sofern es mir gelang, Ronja zu wenigstens einem Kind überreden zu können, natürlich nur. Ein Thema, dem sie seit Jahren konsequent aus dem Wege ging. Brachte ich doch die Rede darauf, gab es meistens Streit. Aber vielleicht kam sie später selbst damit an. Viele Frauen bekommen einen Kinderwunsch erst mit Mitte Dreißig, und Ronja war ja erst sechsundzwanzig. Allerdings hatte ich mit fünfunddreißig schon Vater einer Schar von Pubertierenden sein wollen. Es sah nicht gut aus mit der Erfüllung meines Kinderwunsches. Mein Blick wurde starr.

Mutter hatte mit sich zu tun und merkte nichts von meinem Stimmungsumschwung. Sie lag mehr in ihrem Lieblingssessel, als dass sie saß. Sie konnte seit einer Weile nicht mehr stehen.

Mutter wischte sich die Augen erneut aus. „39 Millionen 632 Tausend und 712 Euro und 80 Cent! Kinder, wir haben ausgesorgt, ab jetzt und für alle Zeiten! Nie mehr den ganzen Tag lang im Salon stehen und Haare waschen und färben und Spitzen schneiden und mit den grantigsten Kundinnen schöntun, bloß wegen dem bisschen Trinkgeld. Himmel, ich hätte schon bei 632 Tausend einen Freudensprung gemacht. Wird das Leben jetzt doll! Ich fasse es nicht. Wahnsinn.“

Sie war Friseurin, musste den ganzen Tag lang stehen und hatte sich erst letztes Jahr jede Menge unschöne Besenreißer aus Kniekehlen und Oberschenkeln entfernen lassen. Dennoch litt sie noch immer unter einer unsagbaren Angst vor Krampfadern, von denen sie annahm, dass sie sich früher oder später einfach bei ihr einstellen mussten. So richtig dicke blaue Schlangen, von den Knöcheln hinauf bis zur Hüfte. Hässliche, hervortretende, knotige blaue Schlangen, die man vor aller Welt verstecken musste, um sich nicht zu schämen. Nie mehr einen Rock tragen können, immer lange Hosen an, selbst bei der größten Hitze. Sich vor sich selbst ekeln. Das war ihr schlimmster Albtraum.

Nicht mehr den ganzen Tag stehen müssen, die Füße hochlegen können, wann immer ihr danach war, schien für Mutter das Größte zu sein, was es zu erwerben gab. Selbst während der Kur, die sie eines anderen Leidens wegen von ihrer Krankenkasse zugesprochen bekommen hatte, war sie zusätzlich zu den medizinischen Maßnahmen jeden Tag gewandert und hatte Wasser getreten. Damit die Wadenpumpe die Venenklappen wieder in Form brachte, wie sie uns bei jeder Gelegenheit erklärte.

Jetzt hatte sie schon wieder neue Sorgen. Zum Hundertsten Male starrte sie forschend zum Fenster hinaus. „Wo bleiben Daniela und Ronja denn? Du hast ihnen doch gesagt, dass sie sofort kommen sollen, Frank?“

„Aber ja doch, Ute. Genauso, wie ich es auch Jan und Sara gesagt habe.“

Jan war mein jüngerer Bruder, lebte mal in dieser und mal in jener Wohngemeinschaft und machte sich, seit er sie mit sechzehn das erste Mal im Fernsehen sah, an jedes Mädchen heran, das der fünf Jahre älteren Jungschauspielerin Annika Asmus ähnlich sah. Sobald er dann ein Mädchen traf, das Annika Asmus noch mehr glich, war die alte Flamme vergessen, und er trennte sich von einem Moment zum anderen von ihr. Da waren schon viele Tränen geflossen. Nicht wenige Leute hielten Jan für einen Schuft. Ansonsten weiß ich nicht viel über ihn, bekomme ihn nur dreizehn, vierzehn Mal pro Jahr für jeweils ein paar Stunden bei den üblichen Anstandsbesuchen zu Gesicht; Weihnachten, Geburtstage, Ostern, Beerdigungen und so. Manchen Freund, manchen Bekannten kenne ich besser.

Sara, meine kleine Schwester, war während Mutters Kur bei den Hierheimer Großeltern untergekommen und fuhr von dort aus mit dem Bus zur Schule nach Keillingen. Alle vier würden kommen, aber erst morgen am späten Vormittag. Vielleicht würden es auch fünf sein, Jan brachte meistens seine derzeitige Eroberung mit. Nur selten war eins seiner Mädchen öfter als zweimal bei uns gewesen. Nach mir oder unserem Vater war er in Hinsicht Treue nicht geraten. Außer Ronja hatte ich nie eine andere Frau gehabt, und bei Vater war es mit Mutter das Gleiche. Trotzdem hatte ich Jan sehr gern. Vielleicht musste er sich auch nur erst die Hörner abstoßen, wie man so schön sagt, dieser kleine Casanova.

„Trotzdem, sie müssten längst da sein!“

„Mama, bis Engelstädt sind es neunzehn Kilometer und bis Moosdörfel fünfzehn. Luftlinie! Das dauert eine Weile mit dem Auto. Sie können nicht fliegen.“

„Noch nicht. Was kostet denn so ein Hubschrauber?“

Ich nahm die Frage, als was sie gedacht war – nicht ernst. Allerdings – bei Mutter wusste man nie. Besorgt sah ich sie an. Schnappte sie etwa über? War der plötzliche schier unermessliche Reichtum über ihren Verstand gegangen? Gewundert hätte es mich nicht.

Das war aber auch ein Tag! Und dabei war es noch nicht mal siebzehn Uhr. Geschafft lehnte ich mich in meinem Sessel zurück und dachte sogleich wieder an den Gewinn.

39 Millionen Euro! Ein gehöriger Teil, ich schätzte so drei bis fünf Millionen, würde auch für mich und Ronja abfallen. Meine Eltern liebten ihre Kinder und würden alles für uns tun, natürlich auch das Geld mit uns teilen. Nie mehr arbeiten, nie mehr ins Büro, nie mehr grübeln, was man sich leisten kann und was nicht. Sorgenlos von den Zinsen leben können. Nie mehr Angst vor drohender Arbeitslosigkeit und zu niedrigen Renten, nie mehr Existenzangst, ich und meine Frau und der Rest der Familie. Weltreisen. Kreuzfahrten. Luxushotels. Von mir aus konnten die Eltern und Schwiegereltern sogar mitkommen. Urlaub, Sonne, Strand und Meer. Unser ganzes restliches Leben würde Urlaub, Frohsinn und Glück sein. Und dabei war ich erst neunundzwanzig Jahre alt und hatte mich auf noch zirka drei und ein halb Jahrzehnte dröge Arbeit im Büro eingestellt. So richtig konnte ich es immer noch nicht fassen, es kam mir alles vor wie ein Traum.

Ich räusperte mich und schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter. Ich wusste, bald würde sich der nächste bilden. Das war mir heute Nachmittag schon mehrfach passiert.

Endlich hörten wir, wie draußen der erste Wagen bremste. Daniela stieg aus und sprintete atemlos zu uns ins Haus.

Fünf Minuten später traf auch Ronja ein.

Ich umarmte meine Frau. „Du wirst es mir im Leben nicht glauben! Wetten, du denkst, ich erzähle dir ein Märchen ...“

Ronja ließ mich stehen und trat zu Daniela, die mit dem Spielschein in der Hand, großen Augen und weit aufgerissenem Mund vor dem Computer stand. Ihre Blicke huschten unentwegt vom Schein zum Bildschirm und vom Bildschirm zum Schein zurück. Die Hand, mit der sie den Schein hielt, zitterte, als wäre Daniela mit einem Male nicht mehr neunundzwanzig Jahre alt wie ich, sondern mindestens neunundachtzig.

Es dauerte keine Minute, dann sah Ronja genauso aus wie Daniela.

Verstört blickte sie von unserer Mutter zu unserem Vater, vom Vater zu mir und dann zu Daniela.

„Wir haben immer die gleichen Zahlen getippt“, Mutter sagte es wie ein Automat, „über ein Vierteljahrhundert lang die gleich Zahlen, obwohl Papa mich öfters bedrängte, es mit anderen zu versuchen. Aber ich blieb standhaft. Und das ist das Resultat. Jetzt hat es sich ausgezahlt. Einmal musste es klappen.“

Ronja war immer noch nicht ansprechbar. Es war mehr Zufall, dass sie sich in einen der Sessel plumpsen ließ und nicht glatt daneben.

Mutter und Schwiegertochter sahen einander an. Beide den gleichen weltentrückten Ausdruck im Blick.

Ich schätzte, ich sah immer noch nicht anders aus, und Daniela keinen Deut besser.

Vater trat zu Daniela, nahm ihr den Spielschein ab und hielt ihn wieder gut sichtbar für alle empor. Frohlockend und ein bisschen spitzbübisch blickte er von einem zum anderem. „Mama irrt. Ganz so, wie sie glaubt, kam der Gewinn nicht zustande. Hört mal, was haltet ihr davon, wenn ich jedem von euch einen gewissen Anteil vom Gewinn überlasse, ein Konto mit den restlichen Millionen eröffne und –“

Ein homerisches Gelächter übertönte seine Rede.

Irritiert brach er ab. „Was ist denn?“

„Papa!“, brach es spontan aus mir heraus. „Du kannst doch nichts beisammenhalten, und Geld schon gar nicht! Du hast keinerlei Bezug zu ihm. Zwei Jahre, und die 39 Millionen sind alle, vielleicht auch nur eines. Wie kommst du nur auf diese Idee?“

„Aber die 39 Millionen habe –“

Vater kam nicht zu Wort. „Das stimmt!“, prustete Daniela mitten in seinen begonnen Satz. „Papa kann echt nichts beisammenhalten. Ich sage euch: Schickt ihn in die Wüste, und nach einer Woche ist der Sand alle. Papa als unser Finanzwart! Ich glaub das nicht.“ Sie verschluckte sich fast vor Gekicher, blinzelte Mutter unter Lachtränen an und witzelte weiter: „Stell dir das mal bildlich vor, Mama! Papa, und Herr über euren Millionengewinn! Ich kann dir genau sagen, wofür er das Geld ausgeben wird! Für Kinkerlitzchen. Für teure Pelzmäntel für dich, Sara, Ronja und mich. Für fünf Luxusvillen, auf jedem Kontinent eine, die die meiste Zeit nur leer stehen und Geld zu ihrer Erhaltung kosten. Für einen wahren Fuhrpark von unnötigen Nobelkarossen für Daniel und Jan und sich selbst, Benzinfresser der allerschlimmsten Art. Für eine dreißig Meter lange Luxusjacht für Sara, weil sie ja das Meer so liebt. Für Feten für zweihundert geladene Personen, die wir kaum kennen und die uns nicht mehr kennen werden, sobald das Geld alle ist. Für irgend so ein halbverfallenes Schloss mit zugigen Gemäuern und ohne Heizung, weil das ja so romantisch ist. Für Rubine und Diamanten für dich, Mama. Für ein ... Na, für was denn gleich noch ...?“

„Aber so hört doch! Die 39 Millionen habe doch ich –“

„Für einen eigenen Leuchtturm“, ergänzte ich, Vater respektlos unterbrechend.

„Ja, genau.“ „So ist es.“ „Du sagst es, Junge.“

Alle stimmten sie mir zu. Weil es genau so war: Wenn Vater von etwas träumte, dann vom Leben auf einem von haushohen Wellen umtosten Leuchtturm. Vater als Leuchtturmwärter und natürlich vor allem als mit Orden überhangener Lebensretter von Hunderten Schiffbrüchigen, ich konnte es mir gut vorstellen.

Das heißt, ich konnte es mir eben nicht vorstellen. Vater besaß alles andere als die Statur eines David Hasselhoff. Die Schiffbrüchigen müssten eher ihn vor dem Ertrinken retten als umgekehrt. Wahrscheinlich hatte er als Jugendlicher einfach nur zu viele Kitschromane gelesen.

Ich hatte Vater sehr gern, dennoch lachte ich ihn jetzt lauthals aus. Die Vorstellung, er könnte finanziell für uns sorgen, war einfach nur grotesk.

„Ich muss doch bitten ...“ Auf das Tiefste beleidigt, blickte Vater von mir zu Daniela und wieder zurück.

„Frank“, Mutter sprach zu Vater wie zu einem geistig zurückgebliebenen Kind, „ich weiß es ja, du kannst alles. Aber wenn es etwas gibt, was du eben doch nicht kannst, dann mit Geld umgehen. Seit wir zusammen sind, ging dein und mein Lohn auf unser gemeinsames Konto, und du hast von mir jeden Monat ein angemessenes Taschengeld in Höhe von 500 Euro beziehungsweise 1.000 DM erhalten und durftest damit machen, was du wolltest. Um unsere Finanzen aber, unsere Einkäufe, Rechnungen, Verträge, Versicherungen samt den Steuererklärungen habe bisher ausschließlich ich mich gekümmert, und das war gut so. Anderenfalls schliefen wir nämlich längst unter einer Brücke! Jeder hier weiß das.“

„Aber der Spielschein ist –“

„Frank, hör mir bitte zu, ja! Ich sage es jetzt zum letzten Mal: Du – kannst – NICHT – mit – Geld – um – ge – hen! Und jetzt gib mir bitte unseren Spielschein, damit ich den Gewinn einlösen kann.“ Mutter streckte freundlich lächelnd die rechte Hand aus.

Daniela, Ronja und ich atmeten auf. Die unliebsame Szene war beendet, alles war geklärt.

Wir hatten die Rechnung ohne Vater gemacht. Ich erkannte ihn nicht wieder. So hatten wir ihn noch nie erlebt. Statt einzulenken und Mutter endlich den Spielschein zu geben, verbarg er ihn hinter seinem Rücken. Den Kopf schüttelnd, wich er zwei Schritte zurück. Nach Spaß sah das nicht mehr aus.

Besorgt musterte ich Vater. Nicht dass jetzt er übergeschnappt war. So viel Geld auf einen Haufen bekommt nicht jedem. Und wie jemand in einer bestimmten Extremsituation regiert, kann man vorher nicht wissen, wenn er noch nicht in einer solchen war.

Auch Daniela und Ronja blickten verstört drein.

Mutter verstand die Welt nicht mehr. Ihr ausgestreckter Arm war ihr wie kraftlos herabgesunken. „Hör zu, Frank, natürlich belassen wir es nicht bei den 500 Euro monatlich für dich; statt dessen gebe ich dir, sagen wir, 5.000 Euro. Damit ist gut auskommen, noch dazu, da du davon weder die Miete noch den Strom noch sonst was zu bezahlen hast. Es steht alles zu deiner freien Verfügung. Und sollte es wider Erwarten nicht ausreichen, dann kommst du halt zu mir und sagst, was los ist. Man kann über alles sprechen. Du weißt: Ich bin die Letzte, die dir eine Freude nicht gönnt. Wir haben 39 Millionen Euro gewonnen, Frank, und wir sollten jetzt lieber jubeln und feiern, als über die Höhe deines Taschengeldes zu feilschen.“ Sie trat zwei Schritte zu ihm und streckte abermals fordernd die Hand aus.

Vater behielt den Spielschein nach wie vor stur hinter dem Rücken versteckt. „Wir haben keine 39 Millionen gewonnen, Ute. Das habe ich nie behauptet. Da siehst du etwas grundlegend falsch.“

„Aber Papa!“ „Ich bitte dich!“ „Da auf dem Monitor steht es doch!“

Vaters Augen glitzerten vor Stolz und Schadenfreude. „Irrtum! Wir haben wirklich keine 39 Millionen Euro gewonnen, Ute. Ich habe 39 Millionen Euro gewonnen. Mein Spielschein hat gewonnen und nicht unser gemeinsamer. Das versuche ich ja die ganze Zeit, dir und den Kindern beizubringen. Wenn ihr mir nur einmal zuhören würdet. Vielleicht lasst ihr mich in Zukunft einfach mal ausreden, ja? Dann haben wir alles viel schneller hinter uns.“

Mutter stand starr. „Wie – ,dein‘ Spielschein? Seit wann spielst du denn? Du hast nie etwas gesagt ...“

„Warum denn? Muss ich dich etwa wegen alles um Erlaubnis bitten? Mit meinem Geld kann ich machen, was ich will, auch Lotto spielen! Und ansonsten: Wie oft habe ich dir nicht vorgeschlagen: ,Lass uns die Zahlen ändern, Ute!‘, weil wir die ganzen Jahre über nie etwas mit ihnen gewonnen und immer nur den Einsatz verloren haben. Aber da ging kein Weg ran, immer lehntest du meine Vorschläge kategorisch ab, hieltest du an deinen albernen Zahlen fest. Und so habe ich mich letzte Woche, weil der Jackpot so unsagbar anwuchs und ganz Deutschland dem Tippfieber verfiel, entschlossen, es selbst einmal zu versuchen.“

„Du hast nur einmal gespielt und gleich gewonnen, und dann noch den Jackpot?“ Daniela und ich fragten es wie aus einem Mund.

Ronja verzog sofort das Gesicht. Daniela und ich sagen oft das Gleiche und verwirren dadurch unsere Umgebung. Unsere ehemaligen Lehrer und Mitschüler können ein Lied davon singen. Ronja kennt das längst, reagiert nach all den Jahren aber immer noch allergisch darauf. Manchmal halten wir uns in ihrem Beisein bewusst zurück, manchmal provozieren wir sie mit Vorbedacht. Ronja ärgert sich immer so schön.

Vater lachte. „Ja, das habe ich. Sagt es ruhig: ,Nichts als unverdientes Anfängerglück!‘ Ich werde es überleben.“

Ronja staunte mit offenem Mund. „Volltreffer! Und gleich beim ersten Mal, Papa. Die meisten schaffen das in tausend Jahren nicht. Aber wie das Geld angelegt und verwendet wird, solltest du doch lieber –“

Vater trat rasch wieder zwei Schritte zurück und hielt den Spielschein noch höher. „Stopp! Hergeschaut, Leute, und aufgepasst, ich sage es nur einmal! Das hier ist mein Spielschein. Der von meinem Taschengeld bezahlt worden ist, von meinen 500 Euro monatlich. 39 Millionen Euro. Die auf mein Konto gehen. Das ich morgen sofort eröffnen werde.“

Da hatten wir es wieder, sein „sofort“.

„Und du, Ronja, gehörst eigentlich gar nicht richtig zur Familie, bist nur angeheiratet. Also halt dich da raus. Wie ich das Geld anlege und für was ich es verwende, geht dich nicht die Bohne an.“

„Also hör mal, Papa!“ Daniela und ich riefen es zugleich. Meiner Frau hatte es glatt die Sprache verschlagen. Ich wusste nicht, ob ich Vater nun wegen des abfälligen Spruches böse sein oder ihn für dessen Ergebnis bewundern sollte. Ich jedenfalls hatte das noch nie geschafft.

Vater sah zur Uhr. „Für heute ist es leider schon zu spät, aber gleich morgen früh gehe ich los, meinen Gewinn einlösen. Wenn ihr nämlich glaubt, ich gebe mich mit lächerlichen 60.000 Euro im Jahr von meinen 39 Millionen zufrieden, dann habt ihr euch geschnitten, und zwar gehörig! Ich lasse vieles mit mir machen, aber nicht alles.“

Wir standen beziehungsweise saßen so starr, starrer konnte man schon gar nicht mehr stehen oder sitzen, und sahen ihn nur fassungslos an.

„Ute“, Vater sprach zu Mutter wie zu einem geistig zurückgebliebenen Kind, „du erhältst von mir natürlich jeden Monat ein angemessenes Taschengeld, ich denke da an 5.000 Euro oder so. Damit kannst du dann tun und lassen, was du willst. Es steht alles zu deiner freien Verfügung. Und sollte es wider Erwarten nicht ausreichen, dann kommst du halt zu mir und sagst, was los ist. Man kann über alles sprechen. Du weißt: Ich bin der Letzte, der dir eine Freude nicht gönnt.“ Mit dem 39-Millionen-Euro-Schein in der Hand, seinem 39-Millionen-Euro-Schein, stolzierte Vater fröhlich pfeifend hinunter in das ausgebaute Kellergeschoss.

Halbblind vor Tränen tastete Mutter nach dem nächsten Papiertaschentuch. Sie weinte wieder. Diesmal aber nicht vor Glück. Sie sah wohl bereits, so wie wir alle, wie Vater in spätestens zwei Jahren die 39 Millionen für Kinkerlitzchen, Pelzmäntel, Luxusvillen, Nobelkarossen, Luxusjachten, Großfeten, Schlösser, Rubine und Diamanten und einen Leuchtturm verschwendet hatte und wie sie und Vater als Sozialfälle endeten, vielleicht sogar mit einigen Millionen Euro Schulden. Und sie und wir konnten nichts, rein gar nichts dagegen tun. Apathisch griff Mutter nach dem letzten, noch nicht durchsuchten Gepäckstück.

Der Absturz von höchster Euphorie zu tiefster Depression war gigantisch und tat schrecklich weh.

Einen schlimmeren Tag hatte ich noch nie erlebt, auch wenn Mutter genau in diesem Augenblick einen Schlüsselbund hochhielt, ihn wie ein Glockenspiel klimpern ließ und unter Tränen rief: „Gefunden!“

Zweites Kapitel

„Was der liebe Gott vom Gelde hält, kann man an den Leuten sehen, denen er es gibt.“ (Peter Bamm)

 

Steile Hänge und hohe Berge sucht der Blick rings um Keillingen vergebens. Bis auf wenige unbedeutende Erhebungen ist das Land flach und eben. Die Flüsschen Keil und Lingen schlängeln sich gemächlich dahin, eine reißende Strömung findet man hier selbst zur Zeit des Hochwassers nicht. Die Keil wie die Lingen besitzen zwar Wehre, von denen sich die Wasser aus einer sagenhaften Höhe von einem Meter heroisch in die Tiefe stürzen; ein Wildwasserkanute hat sich trotzdem noch nie zu uns verirrt.

Schon von der Dachluke eines zweigeschossigen Hauses aus kann man bei klarer Sicht und wird der forschende Blick nicht von grünen, gesunden Wäldern gebremst, ringsum auf viele Kilometer hin allerhand Äcker, Felder und Weiden, Dörfer, Städte, Heideland, Flüsse und Seen betrachten. Vor allem die Kirchtürme und Aussichtstürme dienen dabei gut der Orientierung.

Fern am nördlichen Horizont duckt sich die mit dürftigem Mischwald und dürrem Gesträuch bestandene felsige Hügelkette des Graunzer Rückens, hinter dem der Kurort Rauhschindach mit seiner Privatklinik liegt.

Trotz seiner nur 11.227 Einwohner besitzt Keillingen viele Kleinbetriebe und Geschäfte, ein malerisches Schwimmbad und einen wohlbesuchten Badesee, zu denen auch die Wasserratten und Sonnenanbeter der Nachbarorte schwärmen, eine Tanz- und Veranstaltungshalle, in der schon dreimal das Zweite Deutsche Fernsehen eine Sendung aufnahm, vier Frisiersalons, wo in einen davon Mutter arbeitet beziehungsweise bis gestern gearbeitet hat, zwei schmucke Schulen, in denen sich gut lernen lässt, ein ansehnliches Rathaus aus feuerrotem Backstein, eine gutbesuchte Bibliothek, einen Erholungspark mit Springbrunnen und Festbühne, eine stattliche Kirche nebst von Kastanienbäumen umstandenem Friedhof, auf dem auch meine Urgroßeltern ruhen, ein Kino, fünf Dutzend gutgehende Kneipen und Gaststätten, Straßencafés und Restaurants sowie das Hotel „Fernblick“ mit dreihundert Betten – Keillingen ist ein anerkannter Urlaubsort, in dessen Umgebung es sich angenehm wandern lässt -, sowie etwas weiter weg von der Innenstadt ein ausreichend großes unbebautes Grundstück mit Wasser- und Starkstromanschluss, gedacht für Wanderzirkusse.

Hauptzelt und Wohnwagen, Raubtierkäfige und Tierschau haben dort ausreichend Platz. Als Kinder haben Daniela und ich immer die Vorstellungen besucht, später als Jugendlicher half ich oft beim Zeltauf- und –abbau. Auch Karussell- und Riesenradbesitzer und mehrere Rassekatzen-, Hühner- und Kaninchenausstellungen zog es schon dorthin.

Im Zentrum von Keillingen bilden Bahnhof, Busbahnhof, Marktplatz und das schon erwähnte Rathaus ein Quartett nicht zu übersehenden Wohlstandes. Natürlich fehlt auch eine Sparkassenfiliale nicht. Hübsch ocker gestrichen ist sie und steht gleich neben dem Rathaus und der Post. Die Polizeidienststelle ist nur zwei Querstraßen entfernt.

Am östlichen Ortsrand gibt es ein Gewerbegebiet mit allerlei Leichtindustrie und Service-Unternehmen, Autohäusern, Waschanlagen und Reparaturwerkstätten; am südlichen Rand zwei rivalisierende Großmärkte für Waren des täglichen Bedarfs, ein Taxiunternehmen und ein Möbelhaus.

An sehenswerten hohen Gebäuden besitzt Keillingen außer der Kirche nur noch einen als „Wohnhaus“ ausgebauten ehemaligen Wasserturm, für den die ansonsten überaus erfolgreiche Immobilienmaklerin Irma Ärmchen seit Jahren vergebens nach einem neuen Besitzer sucht. Rund und von verhältnismäßig geringem Durchmesser, aber sechs Geschosse in die Höhe ragend und auf dem einzigen nennenswerten Hügel der Stadt thronend, wird er vom Volksmund nur „Die Wasserpfeife“ genannt. Das kleinste Kind weiß, was damit gemeint ist. Niemand will in ihm wohnen, alle potentiellen Interessenten schütteln nur hartnäckig den Kopf, wenn Irma Ärmchen ihnen mit diesem Ansinnen kommt. Und dabei sieht er von außen sehr schmuck aus und ist

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Bildmaterialien: Jürgen Müller
Lektorat: p.machinery Michael Haitel
Tag der Veröffentlichung: 30.12.2012
ISBN: 978-3-7309-0514-2

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