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„Mein Kind, wieso widersetzt du dich unserer Entscheidung?“, verlangte ihre Mutter von Dania zu erfahren. „Er ist so ein guter Mann. Es ist eine Ehre für uns, dass er um deine Hand angehalten hat.“
Die Rede war von Lord Agor. Einem Mann von solcher Güte und Großherzigkeit, wie ihn die Welt noch nie gesehen hatte. Seine Diener behandelte er immer nett. Er lies sie sogar an seinem Tisch speisen. Lord Agor erlaubte es ihnen in den Zimmern seines Schlosses zu wohnen, als würden sie ein Teil seiner Familie sein. Im Gegenzug für seine Großzügigkeit gingen sie jeder seiner Bitten sofort nach. Es machte ihnen regelrecht Spaß ihm zu Dienste zu sein.
Seine Begabung als Händler hatte ihn zu einem überaus großem Vermögen gebracht, bei dem sogar der König selbst neidisch werden würde, wenn er seine Schatzkammer erblickte.
Und Lord Agor gehörten die Herzen aller Frauen ob jung oder alt. Er war wirklich ein Traummann. Reich, Gutherzig und von Schönheit beschenkt.
Von allen Frauen, die er hätte haben können suchte er sich gerade Dania aus. Eine Bauerntochter und keine Adlige. Ein Mädchen, das noch nie ein schickes Kleid getragen hatte oder sich gar erträumte so etwas irgendwann einmal zu tragen. Sie war so berührt von Lord Agors Antrag aber dennoch.
Dania antwortete mit einem Nein, als er vor drei Tagen um ihre Hand angehalten hatte.
Dies Nein war nicht mal drei Tage alt aber es hatte sich schon im ganzen Dorf herumgesprochen. Jede Frau sah sie jetzt unglaubend an. Wieso sie diesen edlen Mann nicht heiraten wolle, wurde sie seit dem schon von so vielen gefragt.
Besonders ihre Eltern würde sie nicht verstehen.
Sie verstand sich ja selbst nicht. Lord Agor war so ein netter Mann aber bei dem Gedanken seine Braut zu werden schrie ihr Herz laut Nein.
Seit Jahren schon war der Lord Danias bester Freund. Er brachte ihr immer von seinen Reisen so viele Blumensamen mit, die sie in ihrem kleinen Garten säen konnte. Aber mehr als ein Freund war er für sie einfach nicht.
Ohne ihren Eltern eine Begründung zu nennen, verließ Dania das Haus, um in ihren Blumengaren zu gehen.
Die Sonne ließ die Blüten der Blumen in ihrer vollen Schönheit erstrahlen, so dass sie für jeden vorbeikommenden ein wundervoller Anblick waren. Und diese Schönheit hatte sie am meisten der Großzügigkeit des Lords zu verdanken.
Aber all diese Großzügigkeit bewegte sie dennoch nicht zu einem Ja.
Dania ging zum Brunnen. Er lag im Zentrum ihres kleinen Blumengartens. Um ihn herum hatte sie ein paar bunte Stiefmütterchen gepflanzt. Dania nahm den Eimer und lies ihn in den Brunnen.
Das Land, in dem sie lebte, war fruchtbar und reich an Grundwasser.
Die einzige Gefahr für die Bauern bestand in einem Heer des Königs. Genannt die Ritter der Schwarzen Lilie. Ihr Wappen war eine Schwarze Lilie. Ihr Kommandant ein grausamer aber kluger Anführer.
Wenn sie mit ihren schwarzen Rössern irgendwo ritten, dann brachte sie nichts von ihrem Weg ab.
Alles, was ihren Weg kreuzte wurde niedergetrampelt.
Dania erschauderte, als sie an diese Mörder dachte. Die nicht mal anhielten, wenn ein Mensch unter die Hufe ihrer Pferde geriet.
So viele Geschichten hatte sie über dieses Heer gehört.
Dania zog den schweren, mit Wasser gefüllten Eimer, wieder aus dem Brunnen. Das Wasser war sehr klar und angenehm kühl.
Dann füllte sie eine Kanne mit einem Teil des Brunnenwassers. Die Kanne nahm Dania um ihre Blumen zu gießen. Sie liebte es ihren kleinen Blumengarten zu hegen und pflegen.
Plötzlich ertönten die Hufe eines Pferdes, das ein Karren hinter sich her zog, aus Richtung Osten.
Dania drehte sich um, um zu schauen wer gekommen war.
Das Pferd war eine alte braune Mähre, die einen Krämerkarren hinter sich herzog. Auf dem Kutschbock saß ein Kaufmann. Sein Gesicht schien gutmütig. Dania schätzte ihn auf Mitte 40. Auf seinem Kopf trug er einen Strohhut.
Kurz vor Danias Blumengarten stoppte er sein Pferd, um die große Arten- und Farbenvielfalt zu betrachten. Sprachlos stand er eine Weile da. Bis Dania dem Pferd den Wassereimer reichte.
Dania freute es, wenn die Leute ihren Garten bewunderten. Sie war dann immer stolz auf das, was sie erschaffen hatte.
„Was für ein wunderschöner Garten!“, staunte der Händler, als er seine Sprache wieder fand.
Dania lächelte ihn glücklich an, während sie die trinkende Stute streichelte.
„Danke“, rief sie dem Mann zu.
Er stieg vom Kutschbock, um sich den Garten genauer zu betrachten.
„Würdet ihr mir eine dieser wundervollen Blumen verkaufen?“, wollte der Händler wissen.
„Gerne doch“, antwortete Dania auf seine Frage.
Der Händler betrachtete sich die Blumen genau. Bis er vor einer Rose stehen blieb.
Die Rose trug nur eine Knospe. Doch Dania wusste, dass diese Knospe sich niemals öffnen würde. Wie es jedes Jahr der Fall war. Jedes Jahr, seit dem Dania sie bekam, trug die Rose eine Knospe, aber öffnen tat sie sich nicht.
„Würdet ihr mir diese Pflanze verkaufen?“, bat der Händler.
Dania sah ihn überrascht an. Dann schüttelte sie den Kopf.
„Das kann ich nicht“, antwortete Dania ihm. „Es tut mir Leid, aber diese Rose kann ich Ihnen nicht verkaufen. Sie wurde mir einst von meiner Großmutter geschenkt.“
Der Händler lächelte Dania an. „OK, dann nehme ich die beiden Blumen daneben.“
Dania rannte sofort ins Haus um zwei Tongefäße zu holen, damit sie die Blumen darein einzupflanzen konnte.
„Diese beiden Pflanzen sind aus einem fernen Land“, erklärte Dania ihm. Sie tat etwas Erde in die Gefäße, dann grub sie die erste Blume vorsichtig aus der Erde. Dania setzte sie in das Gefäß und reichte sie dem Händler. „Dies ist eine Lilie.“ Das gleiche machte sie auch mit der anderen Blume. „Das ist Jasmin.“
Der Händler verstaute die beiden Pflanzen sofort in seinen Karren. Dann kam er mit einem Beutel zurück.
„Dies sind 500 Goldmünzen“, rief der Händler. Er gab Dania den Beutel. Dann zog er einen kleinen Beutel aus seiner Hosentasche. „Und das sind Samen. Ich habe sie einst auf einer meiner Reisen bekommen. Ich weiß nicht, was für Blumen daraus werden. Aber ich kann sie nicht gebrauchen. Ich würde mich freuen, wenn ihr diese in euren Garten pflanzen. Und wenn ich wieder vorbei komme, könnt ihr mir die Pflanzen ja zeigen.“
Dania bedankte sich für die großzügige Bezahlung und das kleine Geschenk des Händlers. Doch ihre Eltern zeigten wenig Begeisterung. Sie waren immer noch zornig darüber, dass ihre einzige Tochter Lord Agors Antrag nicht annahm.
Dania senkte traurig den Kopf. Sie wollten es einfach nicht verstehen.
Dann ging sie wieder in den Garten, um ihre Arbeit zu beenden.
Als sie vor ihrer Rose stand, lies sie sich auf den Boden fallen.
„Wieso verstehen, sie mich denn nicht?“, rief Dania traurig. Aber die Blume konnte ihr keine antwort geben.
Wenn diese Rose blüht, Dania mein Schatz, dann wird dir großes Glück zu teil. Ging es Dania durch den Kopf. Diese Worte hatte ihre Großmutter zu ihr gesagt, kurz bevor sie starb.
„Das ist doch lächerlich“, sagte Dania leise zu sich. Doch dann überkam sie etwas.
Dania schloss leicht die Hände um die Knospe. Eine Träne kullerte ihre Wange hinunter.
Dann murmelte sie leise: „Bitte bring den Mann zu mir, der mich glücklich machen wird.“

Es war ein schöner Sommermorgen. Die Sonne war gerade dabei im Osten aufzugehen. Osten, die Richtung, in der die Ritter der Schwarzen Lilie ritten. Immer der Sonne entgegen. Was sich unter die Hufe der schwarzen Pferde verirrte, wurde ohne Reue nieder getrampelt.
Die Ritter der schwarzen Lilie waren gerade unterwegs in eine große Schlacht. Insgesamt waren es 648 Rappen, die ihre Reiter durch das Land trugen. Jeder von ihnen freute sich schon auf das Gemetzel. Alle wussten, dass nur sie dieses Schlachtfeld mit hoch erhobenem Haupt verlassen würden.
Doch einer von ihnen freute sich nicht auf den Kampf.
Seljo war ein junger Schwertkämpfer, der nicht recht wusste wie er hier herein gekommen war.
Sein Vater war ein alter Freund des Kommandanten der Ritter der schwarzen Lilie. Er hatte gemeint, dass sein Sohn etwas Kampferfahrung brauchte, um irgendwann einmal in die Fußstapfen seines Vaters treten zu können.
Doch das war nicht gerade Seljos Traum.
Obwohl, er wusste noch nicht mal, was er machen wollte.
Seljo stöhnte laut auf.
Dann tauchte plötzlich im Osten ein kleiner Blumengarten auf.
Die Angewohnheit des Heeres war es, alles nieder zu trampeln, was auf ihrem Weg lag. Da war ein wundervoller Blumengarten keine Ausnahme für sie.
Doch Seljo gehörte nicht zu diesen Rittern. Und genau dies nahm er sich vor seinem Vater zu sagen. Falls er die kommende Schlacht überlebte.
Während die anderen durch den prächtigen Blumengarten ritten, wies er seinem Pferd an, langsamer zu reiten.
Die Hufe der Pferde trampelten alle Blumen nieder. Keine einzige, wurde verschont.
Seljo sah traurig auf die zerstörten Blumen, während er langsam an dem ehemaligen Blumengarten vorbei ritt.
Eine der Pflanzen viel ihm ins Auge.
Eine Rose.
An einem umgeknickten Ast befand sich nur eine Knospe. Dennoch übte dieser kleine Ast eine magische Anziehungskraft auf ihn aus.
Seljo konnte nicht anders. Er brachte seinen Rappen zum halten. Dann stieg er von dem Pferd, um sich die Rose zu betrachten.
Mit einem kurzen Ruck, löste er den Ast am Knick. Dann sah er seinen Kumpanen nach.
„Vielleicht bringt uns die Knospe ja Glück“, rief er seinem Rappen zu. Dann stand er auf. Seljo machte die Knospe an der Mähne seines Rappen fest. Danach stieg er wieder in den Sattel.
„Na dann auf ins Verderben“, rief er und gab seinem Rappen die Sporen.
Mit einem lauten Wiehern, galoppierte das Pferd los.

Dania wurde an diesem Morgen von donnernden Hufen geweckt.
Erschrocken richtete sie sich im Bett auf. Angst machte sich in ihr breit. Sie war sich sicher, dass dies die Ritter der der schwarzen Lilie waren. Und die Hufe der Tiere waren so verdammt nah. So schrecklich nah. Sie zitterte.
Dania wartete in ihrem Bett geduldig, bis sie sicher war, das die Ritter der schwarzen Lilie auch sicher weit weg waren. Erst dann stand sie auf, um mit klopfendem Herzen zur Tür zu gehen.
Plötzlich wieherte ein Pferd. Sie erschrak, während der Reiter davon galoppierte. Zitternd öffnete sie die Tür. Entsetzt schaute sie in ihren einstigen Blumengarten.
Vor ihrem Haus breitete sich eine Traurigkeit aus, die einst ihr wundervoller Blumengarten war.
Tränen füllten sich in Danias Augen. Sie rannte in ihren Garten. Ihr Blick richtete sich gen Osten, wo in der Ferne noch einer der Ritter der schwarzen Lilie ritt. Das Haus, in dem sie und ihre Eltern lebten wurde sonst immer verschont, aber jetzt stand sie vor einem Elend, das die Ritter angerichtet hatten.
Dania stürzte zu ihrem liebsten Schatz. Sie hoffte, wenigstens ihre Rose hätten die Ritter verschont. Aber mit enttäuschen stellte sie fest, dass die Knospe fehlte.
Ihre salzigen Tränen tränkten den Boden.

Seljo konnte seine Kameraden nicht mehr einholen, bevor sie auf dem Schlachtfeld ankamen.
Und als er das Kampfgetümmel erreichte waren die Ritter der schwarzen Lilie die unterlegenen.
Der Feind besaß 1000 Kämpfer. Ein Sieg war unmöglich.
Dennoch konnte Seljo seine Kameraden nicht im Stich lassen.
Er trieb seinen Rappen ins Kampfgeschehen. Mit hocherhobenem Schwert stürzte er auf einen Ritter, der sich vorsichtig dem kämpfenden Kommandanten näherte.
Mit einem präzisen Schlag, trennte Seljo dem Ritter den Kopf ab. Dann kamen drei Ritter auf ihn gestürmt. Seljo siegte.
Während des Kampfes warf er immer ein wachsames Auge auf den alten Kommandanten.
Es gelang den Rittern der schwarzen Lilie sogar das Blatt zu wenden. So trugen sie den Sieg davon.
Er selbst hätte nichts dagegen gehabt, einige der Gegner als Gefangene zu nehmen. Aber für die Ritter der schwarzen Lilie zählte so etwas wenig. Er musste sich den Gesetzten beugen. Auch wenn er es nicht gerne tat.

Zu beginn dieses Kampfes hätte der Kommandant es nicht gedacht, dass sie Siegen würden. Sein Heer hatte zwar etliche Verluste weggesteckt. Genau 169 waren gefallen 280 waren sehr schwer verletzt, der Rest nur leicht.
Doch seit der Junge zu ihnen stieß, war es, als würden sie von Schutzengeln beschützt.
Jetzt betrachtete sich der Kommandant den Jungen genauer.
Sein alter Freund hatte ihm gesagt, er solle seinen Jungen aufnehmen. Der Kommandant hatte es zwar nicht gut geheißen, immerhin war er erst 21 und hatte kaum Kampferfahrung. Aber als sein Freund nicht locker ließ, nahm er den Jungen auf.
Er war sogar überrascht, als er den Jungen im Kampf erlebte. Entweder hatte Seljo nur verdammtes Glück oder eine sehr große Begabung im Schwertkampf.
Seljo stieg von dem rücken seines Pferdes und lies sich auf die Erde fallen. Er setzte seinen Helm ab, dann betrachtete er die Wolken, am Himmel.
Der Kommandant konnte nicht verstehen, wie ihm dieser unreife Knabe vorhin das Leben retten konnte.
Der Wind blies durch die schulterlangen, braunen Haare des Jungen.
Der Kommandant kam auf ihn zu. Dann betrachtete er sich den Rappen. Eine knospe war in die Mähne des Pferdes gebunden.
„Was ist das?“, verlangte der Kommandant von Seljo zu erfahren.
„Ein Glücksbringer“, antwortete Seljo.
Der Kommandant begann zu lachen. „Hat ja scheinbar geholfen. Ruh dich aus, am Abend wollen wir unseren Sieg feiern.“ Er betrachtete sich den Jungen genauer. Er schien müde zu sein. Seljo gähnte etwas. „Wenn du schlafen willst, kannst du eines der Zelte nehmen. Wir brechen erst morgen früh ins Schloss auf.“
Seljo nahm das Angebot dankend an.

Seljo konnte nicht fassen, wie er diesen Kampf überlebt hatte, aber er war dankbar dafür.
Er gähnte.
Vielleicht sollte er das Angebot des Kommandanten annehmen und sich ein paar Minuten hinlegen.
Aber vorher wollte er etwas Wasser holen. Zum einen für den kleinen Rosenzweig, zum anderen um sein Pferd zu tränken.
Er musste gar nicht mal so weit laufen. In der Nähe des Schlachtfeldes war ein kleiner Bach. Dorthin führte er sein Pferd. Dann nahm er seinen Helm, um ihn mit Wasser zu füllen.
Seljo ging an sein Pferd und machte den Rosenzweig von der Mähne des Rappen ab. Diesen legte er dann in das klare Wasser.
Noch einmal gähnte Seljo.
Er legte sich in das grüne Gras. Dann schloss er seine Augen.
Seljo wollte nicht schlafen. Aber die Müdigkeit übermannte ihn.
In Seljos Traum stand er ein einem Meer von Blumen. Die Köpfe der Blumen bewegten sich im Wind.
Aber in seinem Traum war Seljo nicht alleine. Vor ihm stand ein junges Mädchen. Sie lächelte ihn an, als würde sie schon sehr lange auf ihn warten.
Ihre Haare waren lang und Blond. Ihre Augen so blau wie der Himmel.
„Wie lautet dein Name?“, fragt er sie.
Doch eine Antwort bekam Seljo nicht. Stattdessen wurde er unsanft geweckt.
„Seljo, du kannst auch ein Bett haben“, rief ein alter Bärtiger Mann zu ihm.
„Ja schon gut“, murmelte Seljo verschlafen. Er drehte sich auf die andere Seite. Verschlafen betrachtete er sich die schöne rote Blüte in seinem Helm.
Plötzlich war er hellwach.
Seljo erinnerte sich an das Mädchen aus seinem Traum. Sein Herz klopfte als er an ihr hübsches Lächeln dachte.
Aber sie konnte doch nicht existieren. Oder doch? Es war ja schließlich nur ein Traum.
Seljo nahm die Rosenblüte aus seinem Helm. Langsam drehte er sie in seiner Hand.
Er wollte wissen, ob es dieses Mädchen gab. Vielleicht könnte ihm ja der Besitzer des Blumengartens eine Antwort auf diese Frage geben.
„Seljo?“, kam es von dem Bärtigen.
Der Junge drehte sich um. Es war sein Kommandant, der ihn etwas wütend anschaute.
„Es tut mir leid“, entschuldigte sich Seljo für seinen Ton. „Würdet Ihr mich aus Eurem Heer entlassen.“ Seljos Bitte schien den Kommandanten zu überraschen. „Ich weiß, mein Vater bat Euch, mich auf zu nehmen. Aber ich will kein Ritter sein.“
„Es ist zwar schade“, antwortete der Kommandant. „Aber wenn du wirklich gehen willst, dann gehe.“ Er betrachtete Seljo kurz, dann fragte er: „Und wohin willst du dann gehen.“
Seljo zuckte mit seinen Schultern. „Erstmal einem Traum nachjagen“, antwortete er.
Sein Kommandant begann lauthals zu lachen. „Dann wünsche ich viel Erfolg dafür.“
Seljo machte die Rosenblüte wieder in der Mähne seines Rappen fest. Dann setzte er seinen Helm wieder auf. Das kühle Wasser, das dabei über seinen Kopf floss, vertrieb den letzten Rest Müdigkeit aus seinem Körper.
Dann stieg Seljo in den Sattel seines Pferdes und ritt los.
Um das schönste Mädchen zu suchen, dass seine Augen je erblickt hatten.

Lord Agor war sofort zu Dania geritten, als er die schreckliche Nachricht erhielt. Doch, dass es so schlimm war hatte selbst er nicht gedacht.
Die Ritter der schwarzen Lilie hatten ihrem Ruf wieder alle Ehre gemacht.
Lord Agor betrachtete sich das Unglück, dass dieses Heer über den Blumengarten gebracht hatte. Er konnte nicht verstehen, wie jemand diese Schönheit zerstören konnte.
Als Dania ihn erblickte, rannte sie sofort zu ihm. Agor öffnete seine Arme um ihr etwas Trost zu spenden.
„Wieso?“, fragte Dania nur. Sie weinte bitterlich.
„Ich bitte dich Dania, komm mit zu mir“, bat Agor. „Die Ritter der schwarzen Lilie dürfen mein Land nicht betreten. Du könntest dort deinen Blumengarten wieder aufbauen. Ohne Angst zu haben, dass er zerstört wird.“ Er hob Danias Kopf, dass sie ihn anschaute. In ihren blauen Augen, lag so viel Traurigkeit. „Bitte werde meine Frau.“
Dania wandte sich von ihm ab. „Ich …“, sie stockte.

Sie konnte einfach nicht. Dania konnte ihm nicht mit Ja antworten. Sie mochte Lord Agor aber lieben tat sie ihn nicht. Wie hätte sie da seine Braut werden können?
Plötzlich wurde die Stille von dem Wiehern eines Pferdes durchbrochen.
Ein Ritter in schwarzer Rüstung hatte sich mit seinem Rappen zu ihnen gesellt.
Dania zuckte zusammen, als sie in dem Fremden einen Ritter der schwarzen Lilie erkannte.
Was wollte er hier? Reichte es ihm nicht, dass diese Barbaren ihren Blumengarten zerstört hatten.
Wut stieg in Dina auf.
Der Ritter stieg von seinem Ross herunter. Dania beschloss ihrem Ärger Luft zu machen.
Ängstlich trat sie vor den Ritter, der sie musterte.
„Du …“, sie stockte, als der Ritter seinen Helm abnahm.
Er war jung. Kaum älter als 20 und hatte gutmütige braune Augen. Dania konnte sich kaum vorstellen, dass er einer dieser gefürchteten Ritter war.
Neugierig musterte sie der Ritter. Dania wurde rot und der Ritter begann leicht darüber zu lächeln.
„Was wollt Ihr hier“, begann sie vorsichtig. Sie wollte keinen Ritter dieses Heeres reizen.
„Euch etwas zurück bringen“, antwortete er ihr. Dann machte er etwas von der Mähne des Rappen ab. „Ich kam nicht an Eurem Garten vorbei, ohne von dieser Rose angezogen zu werden. Als Glücksbringer nahm ich sie Euch. Jetzt will ich sie zurückgeben.“
Dania betrachtete ihn neugierig, aber dennoch mit einer Portion Misstrauen. Dania wusste, dass es sich um ihre Rosenknospe handeln musste.
Sie betrachtete, wie der Ritter etwas in seiner Hand verbarg. Dann steckte er ihr die Blume in das Haar.
„Euch steht sie viel besser, als meinem Rappen“, lächelte er Dania an. Dann kniete er vor ihr. „Ich entschuldige mich vielmals für die Zerstörung, die meine Kameraden angerichtet haben und würde gerne anbieten, dass ich Euch helfe Euren Garten wieder her zu richten.“
Dania griff nach der Blüte. Sie betrachtete die rote Blüte in ihrer Hand.
Wenn diese Rose blüht, Dania mein Schatz, dann wird dir großes Glück zu teil, dachte Dania an die Worte ihrer Großmutter.
Dania hatte außerdem darum gebeten, dass die Rosenknospe den Mann zu ihr führte, der sie glücklich machen würde. Jetzt kniete dieser junge Mann vor ihr.
Sollte das heißen, dass dieser Mann für sie bestimmt war? Dania konnte kaum daran glauben.
„Dania“, rief Lord Agor. Besorgt sah er sie an. „Die Ritter der schwarzen Lilie sind allesamt Lügner. Und keiner würde seine Tat bereuen.“
Der Fremde stand auf. „Ich war ein Ritter der schwarzen Lilie“, entgegnete der junge Mann ihm. „Aber ich bin aus dem Heer ausgetreten, weil ich nicht dorthin gehöre. Und es besonders schade fand, das Euer schöner Garten zerstört wurde.“
Dania betrachtete sich die Rose in ihrer Hand. Dann den jungen Mann. Als sich ihre Blicke trafen wurde Dania wieder rot.
„Wenn Ihr mir helfen wollt, dann könnt ihr ruhig eine Weile hier bleiben“, rief sie dem Ritter zu.
„Mein Name ist Seljo“, stellte er sich vor.
Dania betrachte ihn dabei, wie er seinen Rappen an einen Baum band.
„Dania, sollte Euch der Kerl Probleme bereiten, dann braucht ihr nur etwas zu sagen.“ Dankend nahm Dania das Angebot von Lord Agor an. Dann verabschiedete er sich von ihr.
Ihre Eltern waren wenig begeistert von dem Besucher. Aber sie gestatteten ihm, dass er mit Dania ihren Garten wieder aufbaute.

Seljo konnte kaum fassen, was es für eine Arbeit macht, einen Garten wieder her zu richten. Das einzige, was von den Blumen noch übrig geblieben war, waren die, die um den Brunnen herum standen.
Schon drei Tage arbeitete er mit Dania zusammen an ihrem Blumengarten.
Den ersten Tag hatte sie mit Seljo die Blumen aussortiert, die nicht mehr zu retten waren. Den zweiten hatten sie neue Blumen gesät und heute wollte er sie überraschen.
Seljo gähnte. Die Sonne warf nur ein ganz schwaches Licht auf das kleine Bauernhäuschen. Aber es reichte. Und seine Arbeit musste noch bevor Dania aufwachte fertig werden.
Doch Seljo wusste, dass er schon nach einem Meter kläglich versagt hatte.
Eigentlich sollte dieses krumme Etwas ein Zaun werden. Aber er hatte mehr Talent für den Umgang mit dem Schwert, als den mit Hammer und Nagel.
Er stöhnte.
Dann stand er auf, um sich den Staub von seiner Hose abzuklopfen.
Danias Vater hatte ihm ein paar Sachen gegeben.
Seljo merkte, das Danias Eltern ihm kaum Vertrauten.
Und Dania?
Seljo wusste nicht, was in ihrem Kopf vorging. Hin und wieder, schien Dania ihm kaum zu trauen, andere Male schien sie sehr angetan von Seljo zu sein.
Er selbst war von dem Tag, an dem er von ihr Träumte, von ihr angezogen worden.
Seljo betrachtete nochmals sein Kunstwerk. Anders konnte man dieses Etwas auch nicht sehen.
Aber ein Zaun wäre eh sinnlos. Er würde die Ritter der schwarzen Lilie kam daran hintern Danias Garten erneut zu zerstören, sollte er auf ihren Weg liegen.
„Seljo“, kam es von der Tür zu Danias Elternhaus.
Er drehte sich um. Ihn erwartete Danias überraschtes, wenn auch noch etwas verschlafen dreinblickendes Gesicht. „Was machst du so früh schon hier draußen?“ Sie gähnte.
„Ich?“ Seljo versuchte seinen verunglückten Zaun mit seinem Körper zu verdecken, was nicht all zu gekonnt gelang. „Was machst du so früh hier draußen.“
Dania zeigte ihm einen Eimer. „Kühe melken“, gähnte sie. Dann wurde sie auf Seljos Zaunversuch aufmerksam. Kritisch begutachtete sie das Ding aus der ferne.
„Was soll das denn darstellen?“, verlangte sie von Seljo zu erfahren.
Seljo lies den Kopf hängen. „Ach ähm …“ Er kratzte sich verlegen am Kopf. Dann sprach er weiter. „Ich hab versucht einen Zaun zu bauen.“
Dania begann zu lachen. Das war etwas, das Seljo an ihr besonders gefiel. Ihr wundervolles Lachen.
„Du musstest wohl noch nie einen Zaun bauen“, stellte Dania fest.
„Na ja, mein Vater arbeitet als Leibwache im Schloss, da braucht man so was nicht zu können“, gestand Seljo. Er sehnte sich nach dem Leben am Hofe. Aber er wollte auch Dania näher kennen lernen. Und er meinte sie gut genug zu kennen, dass er wusste, dass er Dania niemals von hier wegbewegen könnte.
Ihr Lachen wurde noch lauter. Seljo stimmte darin ein.
Plötzlich wurde ihr fröhliches Lachen von den grollen von vielen hunderten von Hufen unterbrochen. In der ferne erkannte Seljo die Leiber von hunderten von schwarzen Pferden.
Die Ritter der schwarzen Lilie.
„Dania geh ins Haus“, befahl Seljo. Dania sah ihn besorgt an, gehorchte ihm aber.
Seljo wollte und konnte nicht zulassen, dass sie ihre harte Arbeit ein zweites Mal zu Nichte machten.
Solange er hier war, konnte er es nicht zulassen.
Seljo stellte sich vor Danias Blumengarten. Stur blickte er in die Richtung der schwarzen Leiber, die unaufhaltsam auf ihn zugaloppierten. Vorne weg der Kommandant des Heeres.
Er wusste nicht, ob sie führ ihren einstigen Kameraden, auch wenn er nicht lange dabei war, anhalten würde, aber er hoffte es. Und sein Hoffen wurde erhört.
Kurz vor ihm gab der Kommandant seinen Männern den Befehl zu halten.
Mit langsamen Schritt lies er sein Pferd auf den jungen Mann zu laufen. Kurz vor ihm brachte er das Tier zum stehen.
Langsam setzte der bärtige Mann seinen Helm ab. Dann musterte er Seljo genau.
„Du bist nicht nur auf dem Schlachtfeld ein mutiger Bursche“, rief er dem jungen Mann zu.
„Dürfte ich Euch um etwas bitten?“, platzte Seljo heraus.
Der Kommandant sah ihn interessiert an. „Nur zu Junge.“
„Würdet Ihr mit Eurem Heer, bitte um den Garten herum reiten, statt mitten durch?“ Seljo sah ihn zornig an.
Der Kommandant wirkte überrascht. Dann zuckte er mit den Schultern. „Gerne doch“, antwortete er dem Jungen. „Wenn wir mit dem Wasser Eures Brunnens unsere Tiere tränken dürfen, dann umreiten wir den Garten sehr gerne.“
Dann warf er einen Blick zur Tür des Hauses. Dania betrachtete sich etwas ängstlichem Blick das Treiben.
„Und hast du Traumfänger, deinen Traum gefangen?“, erkundigte sich der alte Mann. Er grinste Seljo an.
Seljo wurde plötzlich verlegen. Sein Blick wanderte auf die ängstliche Dania. „Jedenfalls habe ich ein tolles Mädchen gefunden“, seufzte er glücklich.
Der alte Kommandant begann lauthals zu lachen. „Dann wünsche ich euch beiden alles Gute.“
Dann befahl er seinem Pferd zurück zu laufen.
Der Kommandant wies seinem Heer an ihm zu folgen. Er hielt sein Versprechen gegenüber Seljo. Das erste Mal lenkten die Ritter der schwarzen Lilie ab, um einen kleinen Garten zu verschonen.
Als das Heer in weiter ferne war, kam Dania auf Seljo zugelaufen. Sie schien sehr erleichtert. Dann wurde sie etwas neugierig.
„Über was für einen Traum habt ihr gerade gesprochen?“ Sie sah Seljo fordernd an.
Wieder wurde er verlegen. Er schaute auf die Rose, von der er in den letzten Tagen einen Zweig mit Knospte ab gemacht hatte.
Sie war eine der Blumen, die noch zu retten waren.
„Nun“, begann er zu erklären. „Es hört sich für dich, sicher albern an.“ Sein Blick lag verlegen auf dem Boden. „Als diese Blüte zu blühen begann, da hatte ich einen Traum. Ich träumte von dir. Das du auf mich warten würdest. Und als ich aus dem Traum erwacht bin, da musste ich einfach wissen, wer du bist. Also begab ich mich auf die Suche nach dir.“ Seljo kratzte sich am Kopf. „Das ist sicher albern für dich.“ Doch auf Danias Lachen wartete er vergebens.
Sie sah ihn nur überrascht an.
„Diese Rose habe ich von meiner Großmutter bekommen“, erzählte sie ihm. Sie sah verträumt auf die Rose. „Kurz bevor sie starb, sagte sie zu mir, dass, wenn die Rose blüht, mir großes Glück zu teil wird.“ Sie machte eine kurze Pause. „Klingt doch genauso albern.“ Sie lächelte Seljo an.
Er lächelte zurück.
„Kurz bevor ihr meinen Garten zerstört habt, hab ich darum gebeten, dass die Rose einen Mann zu mir führt, der mein Gemahl werden soll.“ Verlegen schaute auch sie auf die Rose. „Das ist doch alles nur ein Zufall.“ Dann sah sie Seljo direkt an. „Oder?“
„Keine Ahnung“, gestand er. Für ihn war das alles, als würde er noch immer träumen. Er wusste nur, dass er Dania liebte. Seit diesem Traum.
War es vielleicht doch möglich, dass diese Rose sie zu einander geführt hatte?
„Vielleicht sollten wir es als Zeichen betrachten“, schlug er vor.
Dania sah ihn gespannt an.
Seljo kniete sich vor ihr auf den Boden.
„Dania willst du meine Frau werden?“, fragte er sie.
Dania wurde rot. „Ähm“, rief sie sprachlos. Dann begann sie zu lächeln. „Vielleicht, wenn du gelernt hast, wie man einem Zaun baut.“
Seljo schloss sich ihrem Lächeln an.

Es vergingen zwar noch einige Wochen, bis Dania seinen Antrag annahm. Aber sie nahm ihn an.
Nur ihre Eltern waren genauso glücklich darüber, wie Seljos Vater.
Der alte Leibwächter konnte nicht verstehen, wie sein Sohn eine Kariere in der Armee des Königs einfach so wegwarf. Dennoch freute es ihn, dass sein Sohn eine so gute Braut gefunden hatte. Auch wenn er es niemals zugab.
Die Ritter der schwarzen Lilie folgten dem Versprechen. Sie umritten immer den Garten, wenn er auf dem Weg lag. Dafür bot ihnen das Paar immer Wasser an.
Und einen Sommer später war die Hochzeit.
Die Prophezeiung ihrer Großmutter hatte sich erfüllt. Von dem Tag an, an dem die Rose das erste Mal blühte war ihr Leben voller Glück und Zufriedenheit.
Danias Blumengarten wurde sogar noch schöner als zuvor.

Impressum

Bildmaterialien: DawnAllynnStock (deviantart.com)
Tag der Veröffentlichung: 14.02.2012

Alle Rechte vorbehalten

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