Cover

Bevor ich starte

Ich schreibe dieses Buch unter anderem, um mit einigen Dingen in meinem Leben klarzukommen oder gar   abzuschließen. Menschen lassen vieles in einem zurück, wenn sie denn dann eines Tages nicht mehr da sind. Ein vollkommendes Durcheinander im Kopf. Gefühle die sich überschlagen. Wut, Verzweiflung, Schmerz, Trauer. Aber nach einiger Zeit wandelt es sich ins Vergessen oder Vergeben. Die Ereignisse, die damals so wichtig erschienen,  scheinen nach Monaten an Bedeutung zu verlieren. Nach Jahren an Wichtigkeit. Die Gedanken verlieren sich irgendwo in einem so komplizierten Gehirn, mit Millionen von Synapsen.
Doch bei Menschen, die Liebe hinterlassen haben... Diese Menschen werden wir wohl nie vergessen, weil wir ihnen auch Liebe entgegen gebracht haben. Vielleicht auch mehr als das. Damit meine ich keinen Sex, der z.B für mich so unwichtig ist. Ich meine.. Vielleicht haben wir einen Seelenpartner gefunden, mit dem wir Gefühle, Gedanken, Lachen & Tränen teilen konnten. Jemand der dich verstand.
 
Alle Daten in diesem  Buch haben eine Bedeutung für mich. Ich werde sie niemals vergessen können, weil diese Ereignisse mich geformt haben. Vom Aufstieg bis hin in den Abstieg. Von meiner Rettung bis hin zu meiner Veränderung; mein Leben an Hand von Gott & sehr guten Freunden ins Positive zu ändern. Weg von Depression und Schlimmerem, hinzu etwas, was mich glücklicher gemacht hat, als alles was ich bisher kannte.
Einige Textstellen entstammen aus meinem persönlichem Umfeld; Gesprächen/ Whatsapp Nachrichten. Bei Sam oder Alex Zitate vom Menschen, den ich bisher am meisten geliebt habe. Bei den anderen Personen sind es unter anderem meine beste Freundin, von meiner Schwester oder anderen sehr guten Freunden.

Vorwort

 

 

Dieses Buch ist denen gewidmet, die meinen, nach Verlust würde das Leben aufhören.

Es ist für die geschrieben, die in der Trauer gefesselt sind, sich fragen wie es weitergeht. Die nach einem Sinn in Allem fragen. Aus meinen persönlichen Erfahrungen kann ich nur aus der Bibel zitieren.

 

" Jedes Ereignis, alles auf der Welt hat seine Zeit: Geborenwerden und Sterben, Pflanzen und Ausreißen, Töten und Heilen, Niederreißen und Aufbauen, Weinen und Lachen, Klagen und Tanzen, Steinewerfen und Steinesammeln, Umarmen und Loslassen, Suchen und Finden, Aufbewahren und Wegwerfen, Zerreißen und Zusammennähen, Reden und Schweigen, Lieben und Hassen, Krieg und Frieden. "

 

Das Buch soll euch trösten; zeigen, dass Schmerzen vergehen werden. Das Lachen wieder zurückkehrt.

Das Liebe Wunden heilt & dass Vergebung Frieden schenkt.

 

 

Hey Schwesterherz, weißt du noch, als ich dir sagte, ich wolle dir ein Buch schreiben? Nach Jahren fange ich damit wieder an. Du wolltest keine Tragödie, du wolltest ein Happy End. Aber wie viel muss erst passieren, bis man am Ende glücklich sein darf?

Zitat

 

 

Man muß nie verzweifeln, wenn einem etwas verloren geht,

ein Mensch oder eine Freude oder ein Glück;

es kommt alles noch herrlicher wieder.

Was abfallen muß, fällt ab; was zu uns gehört, bleibt bei uns,

denn es geht alles nach Gesetzen vor sich, die größer als unsere Einsicht sind

und mit denen wir nur scheinbar im Widerspruch stehen.

Man muß in sich selber leben und an das ganze Leben denken,

an alle seine Millionen Möglichkeiten,

Weiten und Zukünfte,

dem gegenüber es nichts Vergangenes und Verlorenes gibt.

 

Rainer Maria Rilke

 

Prolog

 Wenn ich so darüber nachdenke, weiß ich noch ganz genau wie alles anfing. Unwillkürlich fing ich an zu grinsen. Ich schloss meine Augen um mir alles nochmal ins Gedächnis zu rufen.

Es war der 30 Juni.

Ich hatte dich schön öfter im Krankenhaus gesehen. Aber erst ab diesen Tag fingen wir an miteinander zu reden & zu schreiben.

 

Es war ein Mittwoch. Du warst wie viele andere auch zur monatlichen Untersuchung ins Krankenhaus gekommen. Hinter dem Spalt in der Tür,  kam dein Gesicht zum Vorschein. Du schienst ziemlich ungeduldig auf etwas zu warten. Wahrscheinlich hattest du dir deswegen die ganze Zeit durchs Haar gestreift. Ob sie wohl weich waren? Nachdem ich über diesen Gedanken schmunzelte, stellte ich Theorien über deine Krankheit an. In diesen Untersuchungsräumen gab es nur ein:" Sie haben ... Es tut uns schrecklich leid. "  Jedenfalls bekam ich das jedes mal mit, wenn ich hier lang fuhr, mit dem Rollstuhl.

" Schwester Catherine, wer ist dieser Junge? ", platze es auf einmal aus mir heraus. Die runde Frau beäugte mich neugierig. Sie bremste den Rollstuhl und schob mich unauffällig, damit ich ihn beobachten konnte, zur Seite. " Wenn du willst, kann ich mich ja gerne schlau machen ob er ein Patient wird und was er hat."

"Nein. Mir reicht sein Name. Ich möchte nicht voreingenommen auf Grund einer Krankheit sein. Vielleicht frag ich ihn ja selber, was er hat. " Die Schwester fing an zu lachen. Dabei kamen einige Falten im Gesicht zum Vorschein, wobei man ihr Alter langsam erahnen konnte. " Das ich nicht lache mein Kind. Du bräuchtest erst einen Schubs um auf ihn zu zugehen! " Belustigt streckte ich ihr die Hand entgegen.

" Um wie viel wollen wir dieses mal wetten? " Catherine legte ihren Kopf leicht zur Seite, überlegte. " Ich wette mit dir, dass du es nicht schaffst ihn anzusprechen. Der Einsatz meinerseits ist.. Hmm. Ein neues Kleid für dich plus Schokolade. " Diese Frau hatte wirklich gesegnete Hände. Alles was sie an Stoff zu Händen bekam, verwandelte sie zu einem Wunder. Dafür war sie aber ungeschickter beim Kochen.  

" Okay, ich wette dagegen. Mein Einsatz wird ein Hillsong Mix sein, dazu ein Stück Käsekuchen den Mum mir am Freitag bringt. " 

Was man über die 35 jährige Krankenschwester wissen sollte.

Erstens. Sie liebt ihre weiblichen Kurven, weswegen sie diese auch gerne mit Kuchen füttert.

Zweitens. Sie ist die gute Fee in diesem Krankenhaus. Egal was, sie kann alles ermöglichen.

Drittens. Diese Frau schafft alles durch Gott.

Vor 10 Jahren, fragte ich sie einmal, warum sie so positiv sei, in einer Station wo viele "totgeweihte" sind. Sie sagte nichts und drückte sie mir als Antwort eine Bibel in die Hand. 

 

Wir gaben uns die Hände als Zeichen dafür, mit den Wetteinsätzen einverstanden zu sein.

 Ich schaute nocheinmal durch den Spalt, bevor Doktor Williams die Tür für  den Untersuchungsraum öffnete. Du sahst mich, lächeltest kurz und ich lächelte zurück. Doch sobald die Tür geschlossen war erstarb es, denn ab da wusste ich, du würdest auch nicht mehr lächeln. Doktor Williams war Onkologe, was mich wissen ließ, dass du höchstwahrscheinlich die Diagnose Krebs hattest.

" So viel dazu, dass du nur den Namen wissen wolltest. ", seufzte Cathrine.

Teil 1 - Herbst

 Der Sommer der sich dem Ende neigt,

während der Singvogel schweigt.

Der Herbst weht hinein.,

während die Wolken anfangen zu wein'.

 Blätter in allen Farben,

scheint jeder Baum zu haben.

Alles scheint noch einmal aufzuleben,

bevor es im Winter untergeht.

Kapitel 1 - Alles soll bleiben wie es ist

Alles ist in Farbe getaucht. Die Blätter welche schon zeigen, dass ihre Zeit bald um ist. Aber davor alles erhellen in Rot, Orange, Gelb und Braun. Es ist eine ganz andere Schönheit als in den anderen Jahreszeiten. So komisch es auch klingen mag, aber im Herbst fängt das Sterben der Natur an. Die Natur bietet alles noch einmal auf was es hat, um dem Winter dann nur noch die kahlen Bäume und Büsche zu hinterlassen.

Die Temperaturen lassen immer mehr nach, selbst der hellblaue Himmel, der im Sommer so gut wie jeden Tag zu sehen war, verdunkelt sich immer mehr im Herbst. Keine weißen, flauschigen Wolken mehr, sondern eine dunkelgraue, undurchdringliche Wolkendecke. 

Der Regen, der nach langer Pause wieder ungehindert auf den Boden rieselt. Die ganze Stadt wird dadurch in Glitzer getaucht, da das Licht sich überall in den Pfützen und Tropfen spiegelt. Pflanzen werden getränkt, das Gras wird matschig, auf den Straßen bilden sich kleine Bäche. 

Die Menschen betrachten aber den Herbst wohl eher als lästig. Viele tragen Regenschirme, statt das kühle Nass zu begrüßen. Beschimpfungen fallen, wenn ein Auto über eine Pfütze fährt und ein Fußgänger die ganzen Spritzer abbekommt. Im Sommer war es ihnen zu warm, nun regnet es ihnen zu viel.

Hätte ich die Chance, würde ich wahrscheinlich im Regen tanzen, bis die Kleidung an mir klebt. Würde mich im Kreis drehen, bis mir schwindelig ist. Würde lauthals Lachen. Sollte man das Leben nicht, in seinen jungen Jahren, auf jede Weise nutzen, so lange man sich und andere nicht verletzt?   

  

       *

  

Das Zimmer lag im dritten Stock. Wenn man rein kam,  stand das Bett in der Ecke links an der Wand, unter einem der Fenster. An der rechten Wand war ebenfalls ein Fenster, wodurch die Sonnenstrahlen durch die hellblauen Vorhänge dringen. Auch unter diesem Fenster war etwas. Ein cremefarbener Schreibtisch, mit vielen Blöcken, Stiften, Zeichenkohle quer über den Tisch verteilt. Wer Zeit gehabt hätte, hätte auf dem Tisch die Zeichnungen entdeckt. Welche waren schwarz, Gesichter mit breiten Lächeln, dunklen Augen. Bunte Zeichnungen mit Pastelkreide, das Meer während eines Sonnenuntergangs und eine realistische Zeichnung von einem Baum, der neben dem Fenster beim Bett stand. Rechts vom Tisch stand ein schwarzes Elektroklavier. Es war jedoch versteckt unter einer Abdeckung. Staub hatte sich darauf schon abgesetzt. Es war schon lange nicht mehr darauf gespielt worden. Gegenüber stand ein großes Regal mit vielen Büchern. 

 

" We let love be like water to wine. We let love be the higher design. We let love be a call in the night. We let love be the fire divine. But here we are turning our heads down. Here we are falling like lovers. We're falling like lovers and I turn my head. 'cause I know what shame you've done ", tönte es aus meinem Handy als mein Handyweckruf. Die Gitarrenklänge ergriffen mein Herz, als würden sie versuchen, sich mit den Schlägen zu verschmelzen.  

Wärme machte sich auf einmal auf meinem Gesicht bemerkbar. Ich nahm die Helligkeit durch meine geschlossenen Augen wahr. Die Strahlen waren so unerbittlich, dass ich meine Augen öffnete. Ich drehte mich zu meinem Handy, welches rechts auf der Kommode, neben dem Bett lag, um den Wecker aus zumachen.

Doch ich hatte einen dieser Momente wo du einfach perfekt liegst. Jeder Kissen wo er sein sollte, die Decke, die alles angenehm warm hielt. In solchen Momenten klingelte der Wecker, egal welche Uhrzeit einfach zu früh. Ich drückte auf die Klingel. Im nächsten Moment war auch schon Catherine da. Sie ist die Pflegerin, die sich hauptsächlich um mich kümmert. Aber sie ist auch eine gute Freundin über die Zeit geworden.

´

" Guten Morgen Grace! " Ich versuchte mich langsam im Bett aufzusetzen. Es zerrte an diesem Morgen sehr an meinen Kräften. " Wie hoch sind die Schmerzen? " Meine Atmung wurde etwas schneller. Ich spürte das Ziehen in der Lunge.  

" Diesen Morgen ist es nicht so schlimm wie letzte Woche! ", grinste ich ihr entgegen, während sie mir half mich vernünftig im Bett hinzusetzen. Ihr prüfender Blick musterte mich

" Okay. Wir cremen mal gleich die Stellen ein, die schmerzen. Danach setzen wir dich mal bisschen in den Rollstuhl. Bewegung tut bekanntlich gut. Wenn es nicht besser wird, gebe ich dir später eine Tablette. Auch wenn du  es überhaupt nicht leiden kannst Tabletten zu nehmen. " Ich wusste, dass sie mir an sah, wie hoch die Schmerzen tatsächlich waren. Lügen war nicht meine Natur, aber dafür spielte ich vieles herunter.

" Nimmst du mir es denn übel, dass ich meinen Körper nicht mit noch mehr Gift voll pumpen will? " Sie seufzte.  " Ich weiß, dass du gegen das chemische Zeug was hast Grace. Du hast ja auch recht, Tabletten & einige Therapien haben meist auch Nebenwirkungen. "  Ich wusste, dass sie ihn meinte.

Die rundliche Frau tapste zu meinem Schrank. " Wie wäre es heute mit dem  Türkisen Chiffon Rock, dazu ein ärmellose weiße Bluse? "

" Gerne! Hast du Sam schon gesehen? Wie geht es ihm? "  Sie legte erstmal die Sachen auf einen Stuhl ab.

" Nun ja, heute ist er nicht besonders gelaunt. Er möchte niemanden sehen. "

Nebenwirkungen. Damit es einem selbst  besser geht oder anderen, muss man manchmal diese in Kauf nehmen. Sie treten ganz unerwartet auf. Manche von ihnen treffen einen selbst oder andere werden getroffen. Schmerzhaft ins Herz.

" Dann sollte ich ihn heute unbedingt besuchen. " Catherine schüttelte den Kopf.

" Es tut mir leid Grace, aber er sagte mir explizit, dass er nicht mal dich sehen will. " Es trifft einen mitten ins Herz. " Lass ihm etwas Zeit, vielleicht geht es ihm heute Mittag sogar besser!"  Wir wussten beide, dass er noch lange schlechte Laune haben würden. Aber das ließ mich nicht davon abhalten ihn zu sehen. Selbst wenn er unabsichtlich seine Laune an mir ablassen würde.

 

                    *

 

" Sam, du musst dich beruhigen! Hey, kann mal einer schnell kommen?", schrie das Mädchen aus der Tür heraus, in den Flur. Immer wieder schlug er mit seiner Faust gegen die Wand. Die Wut, die Verzweiflung machten sich breit. Er spürte, dass seine Hand anfing zu bluten. Ein Schmerz durchfuhr ihn. Doch er wusste nicht, ob es der Innere Schmerz war, oder ob einer seiner Handknöchel gerade gebrochen ist. Vielleicht war es auch beides. 

Zwei Pfleger stürmten in das Zimmer und hielten ihn fest. Sie zogen ihn von der Wand weg, doch er tobte weiter. Wollt sich los reißen, alles nieder schlagen. Doch eine Handfläche traf ihn mitten ins Gesicht. " Hör sofort auf damit! ", brüllte das Mädchen, welches immer noch im Zimmer stand. Er sah sie an. " Scheiße noch eins! Ich verstehe ja, dass du wütend bist, aber musst du gleich alles um dich verwüsten? Ich weiß, du hast ein anderes Ergebnis erwartet, aber reiß dich zusammen. Gott benutzt dich für irgendwas. Bis dahin, habe Geduld und kämpfe weiter!" Er wurde wieder ruhiger. Sackte dann einfach in sich zusammen. " Bitte, legt ihn ins Bett, ich hole eben Verbandszeug. "  Die zwei Männer die ihn hielten, hebten ihn ins Bett. Sam ließ es einfach mit sich machen. Die zwei Männer gingen wieder heraus. 

Als er wieder ruhiger wurde, und sein ganzer Körperkreislauf nicht mehr mit Hormonen voll gepumpt war, machte sich die blutende Hand nicht nur durch die Verfärbung der Hand bemerkbar. Er zog scharf die Luft ein. Stöhnend betrachtete Sam seine Hand und warf seinen Kopf zurück. " Scheiße!" 

" Hey, du sollst sowas nicht sagen!", meldete sich das Mädchen zurück. " Ich säubere und desinfiziere mal deine Hand. " Sie nahm ein paar Kompressen, tränkte sie mit Desinfektionsmittel. Das Blut ließ sich so besser entfernen und die Wunde reinigen. Die Haut war von den vielen Schlägen an der Wand aufgeplatzt.

" Scheiße, dass tut weh Emma! "  

Sie grinste, verpasste ihm einen leichten Schlag gegen den Hinterkopf. " Gut, ich hoffe, dass es weh tut! Außerdem hör auf, die ganze Zeit solche Flüche von dir zu geben! Wenn ich nicht mehr hier bin, kannst du gerne weiter fluchen. Dann kannst du dich auch, in deinem Kopf mit der ganzen Situation auseinandersetzten, aber deswegen gleich hier alles durch die Gegend zu schmeißen und die Wand mit deinem Blut zu streichen ist nicht die beste Lösung deine Wut rauszulassen. Der Arzt kann auch nichts für die Testergebnisse.  "

Sie schmiss die benutzten Kompressen weg, legte eine neue auf die Handrückseite und verband diese.

" Sam, dass ist nicht der Weltuntergang. Der Arzt will morgen nochmal mit dir reden, vielleicht  werden noch ein mal Untersuchungen laufen. Wie z.b deine Hand zu röntgen, um zu sehen, ob diese gebrochen ist. "

Sam schnaubte, drehte sich mit dem Öberkörper weg von ihr. " Du hast leicht reden! Du hast doch keine Ahnung, wie ... ", er verkniff es sich. " ... wie be lastend das alles ist, wenn man das Gefühl hat, dass Gott einen nicht gesund werden lässt! "    

Emma legte ihre Hand auf seine Schulter. " Ich weiß, welche Schmerzen du hast, wie sich das alles anfühlt. Doch ich bin nicht Gott, ich weiß nicht, was er mit dir vor hat. Vielleicht ist das auch gut so. Nebenbei, kannst du deinen erneuten längeren Krankenhausaufenthalt mal so sehen. Du hast eine super liebe Krankenschwester, die dich sowohl quälen wird, als dich auch pflegen wird. Außerdem gibt es ja auch hier wunderhübsche Schwestern und Patienten, auch eine Station über uns."

Sie hob eine Augenbraue und wartete das Lächeln ab, dass auch schon 3 Sekunden später folgte. Sam drehte sich wieder zu ihr um. " Okay, aber was soll daran positiv sein? "  

Emma zuckte die Schultern. " Was ist mit Grace? " Ihr Grinsen wurde noch breiter, als sie sein Zucken bemerkte. Ebenso das Leuchten in den Augen, als sie ihren Namen erwähnte. " Was soll mit ihr sein? ", gab er lässig zurück.

" Okay, wie du willst. Verleugne das offensichtliche ruhig weiter. Ich werde still schweigen." Sie machte mit ihrer Hand eine Geste, als würde sie ihren Mund wie einen Reißverschluss schließen. Sam verdrehte nur seine Augen.

" Ist ja schon gut, ich gehe ja schon wieder. " Sie schlenderte auf die Tür zu, als von hinten eine Hand sie fest hielt und es sie zwang sich umzudrehen. Sein Gesicht war überraschend nahe, sodass die Röte ihres Gesicht, plötzlich jedes Wort auf seiner Zunge wegbrannten. " Ich.. wollte mich.. " Er wich sofort ein Stück zurück. " Ich wollte mich nur entschuldigen. " Emma gewann ihre Fassung wieder versuchte normal zu klingen. " Wer hört schon gerne, dass sein Krebs schon wieder auf keine Behandlung anschlägt?" 

 

   *

  

Nach dem Frühstück wollte ich gerne raus. Also suchte ich meinen  Arzt Dr. William auf. Er war ein sehr liebevoller Arzt, der seinen Job und seine Verantwortung genau kannte. Die Verantwortung Leben zu retten. Vielleicht war auch das der Grund, warum er noch mit 32 immer noch Single war. 

Ich fuhr mit meinem  Rollstuhl aus dem Zimmer, schloss gerade hinter mir die Tür und sah Emma die Treppen hoch kommen. Sie war ein wenig errötet. Ich rollte die Ränder der Rohlstuhles rechts herum und fuhr auf sie zu.  " Ist irgendetwas passiert? " Sie stütze ihre Hände kurz auf ihren Knien ab und atmete tief ein und aus. " Guten Morgen Grace! Soweit ist alles okay. Wie geht es denn dir heute? Immer noch starke Schmerzen?" Ich nickte. " Es geht mittlerweile. Hast du Alex gesehen? Wie geht es ihm? " Ich erwartete zu hören, dass es ihm besser geht. Doch Emma schüttelte den Kopf.  

 " Wenn es ihm besser geht wird er dir schon schreiben. Das weißt du aber auch. Wo willst du überhaupt hin?" Emma richtete sich wieder gerade auf. " Doktor Williams. Ich würde mir gerne ein wenig draußen die Zeit vertreiben. Selbst wenn ich nur in den Wintergarten gehen kann." Emma klopfte mir auf die Schultern. 

" Bestimmt, ansonsten sage ich Karherine,  sie soll mal ein Wörtchen mit ihm reden. So ich wollte eigentlich nur was abholen. Ich muss schnell wieder runter. Ich komme aber wieder wenn ich Pause hab!"  Und damit lief sie auch schon Richtung Schwesternzimmer. 

Ich fuhr weiter zum Ärztezimmer, am Ende des Flures und klopfte  kurz, bis ich ein:   "Herein!", hörte und öffnete  die Tür. Der große Raum war mit vielen Büchern in Regalen gefüllt. Ein großes Fenster gegenüber der Tür.  Erstmal sah ich Ihn nicht, bis ich zum Schreibtisch nach  links sah. 

Da saß er in seinem riesigen schwarzen Lederstuhl. Die schwarzen Haare  Vertieft in Bergen von Papier und umgeben von zu vielen Büchern.

" Einen kleinen Moment noch, ich bin sofort fertig Grace." Er schrieb kurz etwas auf einen Zettel und sah dann wieder hoch. "Was kann ich denn heute für dich tun?" Ich  fuhr etwas näher an den Tisch. " Ich würde gerne etwas raus, wenn das in Ordnung wäre. " Er musterte  mich eine Weile und seufzte. " Ich weiß, dass du Schmerzen hast. Ich sehe es dir an. Du krallst deine Finger in die Handflächen. " Ertaptt ließ ich meine Hände flach auf den Schoß liegen. " Du hast aber meine Erlaubnis, so lange dich jemand begleitet!"  Misstrauisch beäugte ich ihn. So schnell gab er mir die Erlaubnis nicht. " Stimmt etwas nicht?" Er schüttelte den Kopf und sah mich  das erste mal an, seit dem ich in diesem Raum war. " Nein. Das braucht dich nicht zu kümmern. Genieß lieber deine gewonnene Freiheit für unbestimmte Zeit!" Ich nickte und fuhr raus aus dem Zimmer.  

 

 Als sie raus war, nahm er ein Foto aus der Schreibtischschublade und sah es sich an. Die drei auf dem Bild sahen glücklich aus. Gesund und am Leben. Etwas das über die Jahre sich verändert hatte. Doktor Williams versteckte es wieder und vergrub sich wieder in seinen Patientenakten.

  

                      *

 

Er seufzte. Er nahm die Blätter aus seiner Komode und setzte sich an den Tisch.  Wie soll ich nur anfangen zu schreiben? Dann hatte er eine Idee.  Sam war gerade dabei etwas zu schreiben, als sein Bruder  Alex die Tür öffnete und ins Zimmer kam. " Hey Sam! Wie geht es dir großer Bruder? " Sam stand auf und lächelte seinem Bruder entgegen. Die zwei umarmten sich herzlich und klopften sich auf den Rücken. " Naja, den Umständen entsprechend. ", sagte er abfällig. " Wie soll es mir schon gehen, wenn der Krebs mich innerlich frisst und ich dagegen nichts tun kann?" Sein Bruder antwortete darauf nicht, weil er genau wusste, egal was er jetzt sagen würde, es würde die Situation eh nicht besser machen. " Woran schreibst du?" Alex nickte in Richtung der Blätter. "Meine Beerdigungsliste. ", sagte er grinsend. Als dann auch noch Alex leichenblass wurde musste sein Bruder lauthals loslachen. " Wie.. Wieso schreibst du an einer.. " Sam unterbrach ihn. " Jetzt sieh mich nicht so an. Es ist nur für alle Fälle. Ich bin einfach müde. Ich spüre, wie die Kräfte meinen Körper immer mehr verlassen. Ich weiß wirklich nicht wie lange ich diese ganzen Tortouren noch aushalte. " Er biss sich auf die Zunge. Er wollte nicht, dass sein Bruder hört, wie die Verzweiflung überschwappt. Er atmete tief ein. " Es sind nur Kleinigkeiten. Dinge wie, Musik die ich mir wünsche, oder welches Essen cool wäre. Oder wer meine Grabrede schreiben könnte.. "  Alex klopfte seinem Bruder auf die Schulter. " Wir haben Hoffnung das es besser wird. Vielleicht bist du ja auch einfach nur realistisch und wir anderen halten einfach nur an das nicht gewollte fest. Wer weiß, was Gott mit dir vor hat, oder mit uns. "  "Ja, wer weiß. "

  

Nachdem sein Bruder weg war, machte sich Sam auf dem Weg zu Grace. Die Tür war einen Spalt offen. Eigentlich wollte er rein kommen, aber da hörte er das Thema des Gespräches.

"Grace, warst du wirklich nie verliebt? Fandest du noch nie einen Jungen interessant?" Sams Füße waren wie angewurzelt. " Nein, ich war noch nie verliebt. Und doch,..  ich interessiere mich schon für Jungs. ", gab sie schüchtern zurück. Das andere Mädchen im Raum schnaubte. "Ach ja? Und wen? Sam?" Diese Stimme hatte was listiges. " Ja! Aber er ist auch einer meiner besten Freunde! Da ist es doch natürlich, dass man an seinen Freunden interesssiert ist. ", rief sie erfreut.  Autsch. Sam fing an über ihre Naivität zu grinsen. Das war typisch Grace. Diese leichte Verpeiltheit, war schon öfters sehr unterhaltsam gewesen. Es war eigentlich klar, dass das Mädchen auf etwas anderes hinaus wollte. Aber Grace, die nichts von dem Unterton der Fragen bemerkte, grinste einfach weiter.  " Und ich hoffe, dass das so bleibt. Ich kann mir keinen besseren besten  Freund vorstellen. Und es klingt vielleicht dumm, aber ich wünschte mir, dass ihr hier alle, bei mir bleibt, und vielleicht auch Sam gesund wird, aber.. ich wünsche mir einfach, das alles so bleibt wie es ist. " 

Kapitel 2 - Selbst wenn alle anderen gehen.. bleib!

Die Tage vergingen und ich sah Sam kein einziges Mal. Er war zusammen gebrochen, nach einer Untersuchung und seit dem ist er kaum wach. Er schläft fast den ganzen Tag und nachts ist er nur kurz wach und isst was. Danach schläft er wieder direkt weiter.  

" Wie geht es ihm Kathrine?"  Schwester Kathrine und ich schauten von außen in Sams Zimmer, durch das kleine Fenster in seiner Tür. Die Krankenschwester seufzte. " Nicht sonderlich gut. Man weiß nicht genau, was diesen jetztigen Zustand ausgelöst hat. Wir können nur warten. Bis auf weiteres ist leider nur den Familienmitgliedern es erlaubt hn zu besuchen." Die rundliche Frau legte mir den Arm um die Schulter. " Ich möchte auch, dass du dich daran hälst. Kein rausschleichen nachts. Okay? " Wie konnte sie nur wissen, dass ich mich rausschleichen würde?, fragte ich mich.  " Ich weiß, dass du dir sorgen machst. Aber das wird dir nicht helfen und ihm auch nicht. Bete lieber und vertraue. In einigen Situationen kann man einfach nicht mehr tuen. " Also machte ich mich auf dem Weg zurück in mein Zimmer. Meine Gedanken gaben mir jedoch keine Ruhe.

 

                          * 

 

" Wie geht es Grace, David?" Ayle Samuels schaute den Arzt an.

Sie war eine rothaarige Anwältin mit großen Locken. Ihre Gesichtszüge waren sanft, doch sie hatte hervorstehende Wangenknochen. Ihr Gesicht war schon so schmal, dass sie als Make Up nur Wimperntusche trug und einen pfirsischfarbenden Lippenstift.  Ihre grünen, mandelförmigen Augen, passten zu ihrem grünen Kostüm. Kein auffälliges Grün, sondern ein pastellfarbenes. Eine dünne Silberkette zierte ihren Hals. Ein Edelstein herunterhängend.  Die weiße Bluse unter ihrem Jacket legte sich eng an ihrem Körper. Die Kostümhose war dagegen eher locker um ihre Hüften und ging dann weiter eng bis zu den Knöcheln. Dazu trug sie weiße Pumps.

" Erstmal schön euch zu sehen Ayle und Gabriel! " Gabriel Samuels, Ingenieur. Die honigblonden Haare streifte er sich nach hinten. Er hatte eine warme Stimme, die Leute schnell auf seine Seite zog. Seine blauen Augen schweiften über den Raum. Das weiße Hemd bewegte sich über die Brust bei jedem Atemzug. Er trug eine dunkel blaue Stoffhose.             

Doktor Williams umarmte Graces Eltern herzlich und bat sie sich zu setzen. „ Um deine Frage direkt zu beantworten, soweit ist ihr Zustand noch stabil. Ich mache mir nur sorgen, da einer ihrer Freunde in einem schlechten Zustand ist. Ich befürchte, seelisch wird sich das demnächst auf ihren Zustand auswirken. Reden sie mit ihr!" Ihre Eltern sahen sich ernst an. " Ist es Sam? Wie schlecht ist sein Zustand? ", fragte Ayle.  Der Arzt seufzte. " Ich kann euch keine Auskunft darüber geben. Ihr wisst ich bin an die Schweigepflicht gebunden. Wenn ihr was wissen wollt, dann fragt in selbst, wenn es ihm besser geht. Aber zurück zu Grace. Ich habe morgen ein MRT angeordnet. Ich habe die Ahnung, dass sich ihr Zustand verschlechtern wird. Aber ich bin mir nicht ganz sicher ob es äußerliche oder innerliche Faktoren sind. " Wieder sahen sich die Eltern schweigend an. Gabriel drückte die Hand seiner Frau. " In Ordnung. Wir wollten nur kurz einmal bei dir vorbeischauen und fragen, ob sich etwas verändert hat. Meinst du wir könnten sie über das Wochenende nach Hause mitnehmen? " Doktor Williams schüttelte den Kopf. " Vorerst nicht. Ich würde mich bei ihnen beiden melden, wenn sich der Zustand sich ändern sollte. Was ich ihnen anbieten kann ist, dass entweder einer von Ihnen oder beide das Wochenende hier verbringen. In unserem Hotel. "

Ayle grinste und schlug ihrem Mann vor, dass sie doch gerne da lieben würde. Dann könnte sie Grace die neuen Bücher und die neuen Kleider mitbringen.

„ In Ordnung, Sie können sich beim Empfang für ein Zimmer melden. Ich danke Ihnen beiden fürs kommen und ich denke mal auch Grace wird sich freuen, dass einer von ihnen beiden hier ist. “ Doktor Williams schüttelte die Hände der beiden und begleitete sie zur Tür. 

Als sie weg waren setzte er sich wieder auf seinen Ledersessel und zog unter Grace Akten die von Sam hervor. Er schlug sie auf, sah sich die Ergenisse der letzten Untersuchungen an. Die, hatte Sam noch nicht gesehen. Der Primärtumor hatte angefangen zu streuen. Das heiß als nächstes würde er eine neue Chemotherapie mit neuen Zytostatika und Medikamenten bekommen. Doktor Wiliams schlug seine Hände über sein Gesicht zusammen. „ Scheiße.“ 

 

Sam hörte neben sich den Überwachungsmonitor. Er war nicht auf der Intensivstation. Es wäre sonst wesentlich lauter oder neben ihm würde jemand vor Schmerzen stöhnen oder schnarchen. Schwestern würden einmal die Stunde nach ihm sehen. Schwere oder leichte Schritte würden zu hören sein, je nach dem ob es ein Pfleger oder eine Schwester wäre. Aber so war es nicht.

Sam fiel es schwer die Augen zu öffnen. Seine Lider fühlten sich wie Blei an. Es dauerte eine halbe Ewigkeit. Das grelle Licht der Lampen blendete ihn. Er schloss sie schnell wieder. „ Ich bin also in meinem Zimmer.“, dachte sich Sam. „ Aber warum hänge ich am Monitor?“ Er versuchte sich daran zu erinnern.

„ Du bist während einer Untersuchung zusammengebrochen. “ Wessen Stimme war das? Er drehte sich langsam um. Seine Mum saß auf einem Stuhl rechts von ihm. Und auch erst jetzt merkte er, dass sie seine  Hände gehalten hatte. 

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Tag der Veröffentlichung: 14.07.2016

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