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Neustart


"Da gehen sie dahin, unsere Kleinen", sagt Aimi stolz und klopft Zorro auf die Schulter. Dieser hält seine Frau Robin im Arm und bedenkt das Schiff, die Cloudy, mit welchem seine beiden Kinder soeben mit ihren Freunden losgezogen sind, mit einem kritischen Blick. Ruffy steht daneben und grinst sich einen Ast ab.
"Ich wusste, das Miki eines Tages noch ein richtiger Pirat wird!"
"Wehe dir, er kommt ohne Nori und Nana wieder", sagt Zorro. Robin haucht ihm einen Kuss auf die Wange.
"Du solltest dir eher Sorgen darum machen, dass Miki mit Nana an der Hand, aber ohne Nori wiederkommt".
Aimi kichert und nickt zustimmend. Ruffy und Zorro schauen sich nur mit verdrehten Augen an. Zu oft machen sich Robin und Aimi darüber lustig, wie Miki Nana beäugt. Immer dann, wenn er glaubt, Nori bekommt das in diesem Moment nicht mit. Aber Zorro jr. ist nicht dumm. Er weiß, wie sein bester Freund seine Schwester taxiert. Noch jedoch fühlt er sich nicht gezwungen, einzugreifen.
"Wahrscheinlich kommen sie auch ohne Azarni wieder. Die bekommt doch bei dem Haufen Kiddies einen Anfall", sagt Ruffy.
"Wenn wir schon gerade von Anfall sprechen: Wo sind Sanji und Nami und warum hat sie heute noch nicht einmal rumgebrüllt?", fragt Aimi und lässt Robin ein weiteres Mal schmunzeln.
"Vielleicht hat der Karottenschäler endlich aufgehört in einer Tour zu paffen", mault Zorro und lässt sich von seiner Frau widerstrebend in das Haus ihrer beiden Freunde ziehen. Aimi und Ruffy folgen ihnen, nicht, ohne noch ein letztes Mal hinaus aufs Meer zu sehen, ihrem Sohn die Daumen zu drücken und sich liebevoll zu küssen.
Drinnen bleibt Zorro sein Wunsch verwehrt. Sein alter Lieblingsstreitpartner steht in der Küche, überwacht einen Haufen Töpfe und qualmt vor sich hin. Nami steht regungslos im Flur, die Arme verschränkt und guckt ihr Spiegelbild an. Als sie Aimi bemerkt, streicht sie sich verstohlen die Tränen aus den Augen.
"Ach Nami. Das ist doch kein Grund zu weinen", tröstet Aimi ihre Freundin.
"Ich weiß. Ich sollte mal darüber nachdenken, wie Beniko sich gerade fühlt. Ihre Schwester darf mit den gemeinsamen Freunden losziehen und die See unsicher machen und sie selbst muss zuhause bleiben".
"Ich vermute, sie zerreißt gerade jeden Papierfetzen, der ihr in die Hände kommt, bis er nicht mehr sichtbar ist".
Nami lächelt Aimi an und geht mit ihr zurück ins Wohnzimmer. In diesem Augenblick stehen Zorro und Sanji das erste Mal länger als fünf Minuten in einem Raum, ohne sich die Köpfe einzuschlagen.
"Seid ihr krank?", fragt Aimi leise, aber Robin nickt mit einer schwarzen Hand ab, während sie die eigenen in den Riesenpranken ihres Mannes versinken lässt. Robin und Zorro führen die "öffentlichste" Beziehung von allen. Ruffy und Aimi werden oft eher wie Kinder wahrgenommen, die soeben ihren ersten Kuss erlebt haben. Das liegt darin, dass sie noch genauso verliebt sind wie an dem Start in die neue Welt.
Sanji und Nami werden oft für ein Paar in der Ehe-bzw. Scheidungskrise gehalten, weil sie ununterbrochen streiten, Sanji derweil raucht und Nami meckert. Aber jeden Abend schafft Sanji es, dass die beiden sich versöhnen. Wie jedoch, das will niemand so genau wissen.
Robin jedoch hat jederzeit Angst, Zorro zu verlieren und bekundet ihre Liebe nicht durch Wörter, eher durch kleine Taten. Und auch, wenn man es nicht für möglich vermag, Zorro erwidert diese kleinen Zärtlichkeiten mehr, als jeder seiner Freunde vermutet hätte.
"Hat Miki dir gesagt, wo genau sie als erstes hinfahren wollen?", fragt Sanji Ruffy.
"Nö", sagt dieser und streicht sich verlegen über die Bartstoppeln, die er mal wieder rasieren könnte.
"Ich denke, sie werden einen Abstecher nach Loguetown machen und Ace gehörig auf die Nerven gehen".
"Wo genau wollen wir eigentlich als erstes Halt machen?", fragt Nana ihre beste Freundin Azarni, die sich gerade ausgiebig ein paar Dehnübungen widmet und in ihr eine gewisse Portion Neid entstehen lässt. Wie gerne würde Nana sich auch so verbiegen können.
"Frag das den Boss", lautet ihre Antwort, mit der sie ihr signalisiert, sie jetzt bitte nicht weiter zu stören.
Nana steht auf, verlässt das Zimmer ihrer besten Freundin und nimmt die Treppe. Oben blickt sie sich an Deck der Cloudy kurz um und klettert dann hoch zum Ausguck, wo sie Miki vermutet. Tatsächlich hat sich der Schwarzhaarige dorthin zurückgezogen und betrachtet eingehend das geflochtene Armband, welches seine Mutter ihm mit auf den Weg gegeben hat. "Es wird dir in besonderen Fällen helfen", hatte sie gesagt. Was so ein kleines Stoffband jedoch bringen soll, da ist Miki ratlos.
"Miki, wo genau segeln wir hin?", fragt Nana und setzt sich neben ihn.
"Nach Loguetown, zu Ace und Ami. Die will bestimmt auch mitkommen", erklärt er und grinst. Nana nickt. "Zeig mal", fordert sie ihn auf und deutet auf seinen Arm. Miki schiebt den Ärmel seines Hemds hoch und lässt Nana sein Armband begutachten. Sanft fasst das ebenfalls schwarzhaarige Mädchen nach dem Handgelenk ihres besten Freundes und nimmt das Band in Augenschein.
"Es ist hübsch", kommentiert sie, während sie es dreht. Dabei bemerkt sie nicht, wie Miki sie verträumt ansieht. Erst, als er seine Hand in ihren Nacken und seine Stirn an ihre legt, blickt sie auf. Dort sieht sie in zwei dunkelblaue Augen, umrahmt von dichten schwarzen Wimpern und mit einer unendlichen Tiefe, die man dem fröhlichen jungen Mann gar nicht zutraut.
"Ich bin froh, dass du mitkommst. Ich glaube, alleine mit Nori, Azarni und Beniko würde ich hier früher oder später verrecken", sagt er.
"Warum?", fragt sie angriffslustig und bereitet sich darauf vor, ihren Bruder und ihre beste Freundin zu verteidigen.
"Weil Nori den lieben langen Tag trainiert. Azarni ist gleich von allem und jedem angenervt und Beniko ist noch so ein Kind".
"Nori braucht halt ein paar Stunden Ruhe am Tag. Azarni ist die Älteste, sie wird immer gedrängt, auf jeden aufzupassen und Beniko...sie ist nur zwei Jahre jünger als du", erinnert ihn Nana.
"Ich weiß", seufzt Miki, setzt sich aufrecht hin und nimmt seine Hand aus Nanas Nacken, um sich durch die Haare zu streichen. Dabei fallen ein paar kurze Strähnen in seine Augen, die er nach oben pustet und Nana damit ein Lächeln entlockt.
Nori steht an der Reling der Cloudy und schaut mit einem Sichtrohr in die Ferne. Von Weitem kann er ein paar Dächer von Häusern sehen, auf welche sie zusteuern. Allerdings kann er keinen Menschen ausfindig machen, geschweige denn überhaupt die Umrisse der Insel erkennen. Aber sie werden sehen. Er schwenkt das Fernrohr herum und beobachtet etwas viel interessanteres. Im Ausguck sitzen Nana und Miki. Seine Schwester begutachtet das Armband, welches Miki seit neustem trägt und Nori könnte sich tierisch über den Blick aufregen, mit dem sein bester Freund seine Schwester ansieht. Fast verschluckt er sich an seinem Bonbon, als Miki die Hand in Nanas Nacken legt und sich vorbeugt.
"Das wirst du nicht tun...", murmelt er böse. Lange verharren die beiden in dieser einträchtigen Pose. Nori verkrampft die Hände am Rohr. Küssen sie sich gerade? Seine Schwester neigt den Kopf in die Schräge und Nori wird bald schlecht. Eigentlich will er gar nicht hinsehen, wie Miki sich an Nana ranmacht, aber etwas bewegt ihn dazu, das Rohr nicht wegnehmen zu können. Deshalb erschreckt Azarni ihn auch tierisch, als sie ihm auf die Schulter tippt.
"Hör auf, die beiden zu beobachten und verbringe deine Zeit sinnvoll, in dem du mit mir trainierst", sagt sie.
"Hmpf", ist Noris Antwort, aber tatsächlich legt er das Fernrohr beiseite und zeigt Azarni ein paar neue Aikido-Handgriffe. Es war ihr Wunsch, etwas von ihm zu lernen und um ehrlich zu sein macht es Nori auch Spaß, anderen etwas beizubringen. Sein Vater ist sowieso schon enttäuscht genug, dass er sich nicht für den Schwertkampf interessiert. Aber dann würde er immer mit ihm verglichen werden und das möchte Nori um jeden Preis vermeiden.
"Sieh mal, Nori flirtet wieder vergeblich Azarni an", meint Miki und nickt nach unten. Nana folgt seinem Blick und sieht, wie ihr Bruder gerade nach den Händen ihrer besten Freundin greift, um sie in eine Abwehrpose zu verformen.
"Du weißt doch, dass er das nicht tut", antwortet sie und ihr Ton wird scharf.
"Psch, kein Grund, rumzuschreien", beruhigt Miki sie. Nana atmet tief ein und aus, dann fällt ihr Blick auf etwas anderes.
"Sieh mal, da unten ist jemand!"
Wie von der Tarantel gestochen springt Nana auf und klettert hinab auf das Deck, Miki folgt ihr schnell.
"Mach schon, wir müssen ihm helfen", sagt sie aufgebracht.
"Aber ich kann doch gar nicht schwimmen", erinnert Miki sie an seine Teufelskräfte. Aber da ist schon Nori zur Stelle. Mit einem Satz springt er ins Wasser und packt den alten Mann, welcher hilflos auf einem Brett umher schwimmt. Ein paar Minuten später sitzt er klatschnass an Deck und Azarni wuselt um den Mann herum. Sie hat keine Ahnung von Medizin, aber sie ist sich sicher, dass er eine warme Decke und einen Tee gebrauchen könnte, also entscheidet sie, die Küche einzuweihen, während Nana Miki mit einem befehlenden Blick nach unten schickt, eine Decke zu holen. Miki diskutiert nie lange mit seiner Angebeteten herum, deshalb ist er auch flugs wieder da, eine dicke Tagesdecke in der Hand, die Nana nun sorgsam um den alten Mann legt. Dessen Atem ist normal und erst, als sich Nori vergewissert hat, dass auch sein Puls normal schlägt, verschwindet er in sein Zimmer, um sich trockene Klamotten anzuziehen.
Als Azarni mit dem Tee wiederkommt, schlägt der Mann verwirrt die Augen auf und mustert die drei Jugendlichen, die ihn besorgt umzingeln.

Famous four


"Habt ihr sie gefunden?", ruft Nami panisch durch das Haus, aber Zorro schüttelt nur verneinend den Kopf, als er die Treppe hinab steigt. Unten angekommen nimmt er die Orangehaarige kurz in den Arm. Schließlich kommen auch Aimi und Robin ins Wohnzimmer zurück.
"Im Garten und auf dem Baumhaus ist sie auch nicht". Nami nickt tapfer. Als am Ende auch Ruffy und ihr Mann mit leeren Händen zurückkehren, bricht sie schluchzend zusammen und wird gerade so noch von Sanji aufgefangen. Dieser zieht sie liebevoll auf seinen Schoß und schlingt die Arme um sie.
"Beniko ist weg. Sie haben sie doch mitgenommen", spricht Aimi das aus, was unausgesprochen im Raum steht.
"Aber wir hatten doch abgemacht, dass sie noch ein wenig wartet. Ich dachte, Azarni wäre verantwortungsbewusst genug, ihre Schwester in die Schranken zu weisen", flüstert Nami. Sanji streicht ihr die Haare aus dem Gesicht.
"Liebling ich glaube kaum, dass der Rest von ihrer Anwesenheit in Kenntnis ist. Du kennst unseren kleinen Wirbelwind doch: Sie findet immer einen Weg. Azarni ist doch die Letzte, die das mitbekommt".
"Miki und Nori werden schon gut auf sie aufpassen", versichert Ruffy seiner alten Navigatorin. Diese nickt nicht so ganz überzeugt.
"Wahrscheinlich hast du Recht".
"Die Geschichte will ich hören", sagt Nana, quetscht sich zwischen Nori und Azarni auf die Küchenbank und mustert den alten Mann, der sich ihnen als Ole vorstellte. Sie ist neugierig auf das, was er zu erzählen hat, denn alte Menschen kennen viele Geschichten und Nana liebt Erzählungen. Auch Azarni interessiert es brennend, was der Mann ihnen so berichten kann, auch, wenn das Meiste davon wahrscheinlich erstunken und erlogen ist. Miki, welcher schräg hinter dem alten Mann sitzt, schaut genervt aus dem Fenster der Küche. Ihn bockt es überhaupt nicht, was ein alter Sack zu sagen hat und wenigstens täuscht er aus Höflichkeit auch nichts dergleichen vor, ganz im Gegensatz zu Nori, der seiner Schwester zuliebe auch um die Geschichte gebeten hat. Neben Miki hat Beniko platz genommen. Bisher hatte sie sich unter Deck verkrochen, da sie generell lieber alleine ist. Zum Sonnenuntergang ist sie jedoch pünktlich erschienen und war auch nicht verwundert über den Gast an Bord.
"Es ist die Legende der berühmten Vier. Kennt ihr sie?"
Alle fünf schütteln den Kopf. Da fängt Ole an zu grinsen: "Na dann spannt eure Lauscher auf.
Vor der Entstehung der Erde gab es nur die Materie. Eine undefinierte Masse, über deren Größe man keine Angaben machen konnte. Eines jedoch war klar: Die Erde wurde von vier Kräften erschaffen. Willenskraft, Zeit, Liebe und Licht. Sie schufen die Erde, bestückten sie mit Pflanzen, gruben riesige Löcher, füllten diese mit Flüssigkeit und das Meer war geboren. Schließlich kreierten sie den Menschen und die Tiere. Viele lange Jahre lebten die Mächte über den Wolken und betrachteten stolz das Werk, welches sie gemeinsam schufen und wie die Menschen friedlich mit der Natur zusammenlebten. Doch eines Tages begannen die Menschen, Unrecht über ihre Lebenspartner walten zu lassen. Sie zerstörten die Natur für ihre Zwecke und missbrauchten Tiere als Sklaven. Alle der Kräfte machten die Willenskraft verantwortlich, denn nur durch ihre Gabe seien die Menschen solcher Taten fähig geworden. Sie wurde in die Unterwelt verbannt. Bevor die Willenskraft die Anderen verließ, schwur sie, dass sie sich Verbündete suchen und Rache nehmen werde. Es heißt, dass eines Tages großes Unheil über die Erde kommen würde, bereit, jederzeit das zu zerstören, was die vier Kräfte mühsam aufgebaut haben.
Die Legende besagt, dass es auf der versunkenen Inselgruppe Atros eine Steintafel gibt, mit welcher man die Kräfte beschwören kann. Dazu benötigt man allerdings auch die dazugehörigen "Teile".
Ole macht kurz Pause und nippt an seinem Tee.
"Was sind diese Teile?", fragt Nana.
"Nun", sagt Ole und setzt die Tasse wieder ab, "das weiß niemand so genau. Es wird vermutet, dass es sich um Gegenstände handelt, welche in die Lücken der Steintafel passen und, dass sie ihrem Besitzer den Weg nach Atros schon weisen werden. Mit der Beschwörung der Kräfte sollen eines Tages die Verbündeten der Willenskraft zerstört und die Einigung wiederhergestellt werden".
"Das ist echt eine coole Geschichte", meint Azarni begeistert. Nori lässt seinen Blick durch den Raum schweifen und kann über Miki nur den Kopf schütteln. Dieser hängt fast sabbernd auf seinem Stuhl und schläft beinah. Auch Beniko daneben sieht nicht sonderlich angetan aus.
"Vielen Dank für die Geschichte, aber Sie sollten sich jetzt noch ein wenig ausruhen", unterbricht Nori die Stille.
"Ja, ich glaube du hast Recht, junger Mann", meint Ole, "es ist aber auch sehr nett von euch, mich zur nächsten Insel mitzunehmen".
"Kein Problem". Azarni steht auf, verpasst dem dösenden Miki unauffällig eine Kopfnuss und flüstert Beniko etwas ins Ohr.
"Wenn Sie möchten, zeige ich Ihnen den Schlafraum", sagt Beniko. Ole nickt ihr dankend zu, trinkt die Teetasse leer und humpelt auf seinen Krückstock gestützt aus der Küche.
"Och menno, ich hätte so gerne noch ein paar Geschichten gehört. Azarni du bist gemein", nörgelt Nana.
"Ich bin nicht gemein. Ich wollte nur nicht, dass Ole sich verdeppert vorkommt, weil Miki und Beniko hinter seinem Rücken die ganze Zeit gepennt haben".
"Miki du bist voll fies! Nur, weil du dich nicht benehmen kannst, muss ich jetzt bis morgen warten".
"Ich?", fragt Miki verwundert, "aber Beniko fand das auch öde".
Nana rümpft schnippisch die Nase: "Wenn du meinst".
Missmutig verkreuzt sie die Arme vor der Brust und lehnt ihren Kopf an die Schulter ihres Bruders.
"Lass mich da raus". Noris Kommentar ist eindeutig, aber er stößt seine Schwester nicht weg. Azarni rumpelt in der Küche umher, auf der Suche nach ein paar Töpfen.
"Ich habe Hunger!" Miki springt urplötzlich auf, erschreckt Nana und hüpft um Azarni herum. Deren Gesicht verfinstert sich zunehmend.
"Setzt dich auf deinen Arsch oder ich lasse dich verhungern!"
Sofort gehorcht Miki ihr, lässt sich auf seinen Hintern plumpsen und folgt der improvisierten Köchin mit Adleraugen. Nana zieht sich ihre Strickjacke über und verzieht sich.
"Ich geh mal auf den Ausguck, ein bisschen frische Luft schnappen".
"Und ich mache noch ein paar Meditationsübungen". Nori folgt seiner Schwester nach draußen, allerdings mit anderen Absichten.
"Nana, wir müssen reden".
Nori ist ihr zum Ausguck gefolgt. Nun sitzen die beiden Geschwister einträchtig nebeneinander.
"Schieß los!", fordert Nana ihn auf.
"Ich möchte", Nori kratzt sich verlegen am Kopf, "dass du vorsichtiger mit Miki bist".
Verdutzt schaut sie ihn an.
"Warum?"
"Weil mir nicht gefällt, wie er dich ansieht".
Nana lacht.
"Nori bitte, das ist wirklich lieb von dir, aber ich bin alt genug, um auf mich selbst aufzupassen. Und abgesehen davon: Es ist Miki".
"Ja, und genau deshalb mache ich mir Sorgen", denkt Nori, aber für seine Schwester scheint das Thema vorerst beendet zu sein.

(Gefühls)Stürme


"Was bei Rogers Hölle ist hier passiert?", fragt Nana fassunglos und starrt auf das grauenvolle Bild, dass sich den Freunden bietet. Es sind die Überreste eines Dorfes. Die wenigen Häuser der kleinen Insel liegen in Schutt und Asche. Die Ziegel der Dächer sind auf den Wegen verstreut, die Holzställe der Tiere eingestürzt. Holzbalken liegen verstreut zwischen den Mauern der Häuser, Fensterscheiben sind eingebrochen und die Millionen von winzigen Scherben glitzern im Sonnenlicht. Bäume sind aus den Wurzeln gehoben, umgekippt, abgebrochen und entledigen kleine Hütten ihrer Schornsteine. Der Wasser im Bach der Insel ist stark übergetreten und hat an manchen Erhebungen kleine Erdrutsche verursacht. Nirgends ist auch nur eine Menschenseele zu entdecken.
"Nun, ich würde sagen, die geheimnisvolle Zerstörungskraft ist jetzt auch in den Northblue vorgedrungen", meint Azarnie.
"Wenn es hier schon solche Schäden anrichtet, vielleicht sollten wir dann doch direkt auf die Grandline fahren und nicht in Loguetown vorbeischauen", schlägt Nana vor.
"Bist du verrückt? Wir müssen doch noch Ami einsammeln", erinnert Miki sie.
"Aber Nana hat Recht. Das könnte wirklich böse enden". Azarni kann über Mikis Ansicht nur den Kopf schütteln.
"Aber ich bin mir ganz sicher, dass Ami tierisch böse auf uns ist, wenn wir sie nicht mitnehmen".
Da muss Nana Miki heimlich zustimmen. Ami wäre nicht nur tierisch böse, sondern wahnsinnig enttäuscht von ihnen, wenn sie einfach weiterfahren würden.
"Machen wir es doch so", mischt sich nun auch Nori ein, "wir nehmen Kurs auf Loguetown und wenn es doch zu schlimm wird, brechen wir ab und fahren auf die Grandline".
"Wobei wir noch bedenken müssen, dass es keinerlei Berichte darüber gibt, ob die Grandline nicht die Hölle pur ist", fügt Azarni an. Sie ist wirklich gar nicht begeistert von der Idee ihrer Freunde.
"Azarni, die Grandline IST die Hölle, schlimmer als sonst wird da nichts wüten", sagt Nana. Miki nickt zustimmend:
"Außerdem, wenn unsere Eltern das geschafft haben, warum sollten wir es nicht schaffen?"
Azarni seufzt ergebend auf. Wenn Nana und Miki sich verbünden ist Widerstand zwecklos.
"Na gut. Aber wir werden es so machen, wie Nori vorgeschlagen hat. Wenn es zu heftig wird, drehen wir um". Mit diesen Worten lässt sie ihre Freunde stehen und bewegt sich zur Küche. Zwei Tage ist es her, dass sie Ole an einer kleinen Insel abgesetzt und die Vorräte aufgestockt haben. Seitdem nervt Miki, wenn abends nicht pünktlich das Essen auf dem Tisch steht. Und da Azarni auf der Cloudy das einzige kochbegabte Wesen ist, bleibt die Arbeit an ihr hängen. Sehr zum Vorteil der Anderen und zu ihrem verdammten Nachteil. Eine gute Sache hat das jedoch: Sie entscheidet, aus auf den Tisch kommt und was nicht. Miki ist dies in der Regel vollkommen schnuppe, aber Beniko und Nana machen immer so leidvolle Gesichter, wenn es etwas gibt, das sie nicht mögen. Zum Totlachen!
"Da draußen stehen sie alle. Sie lachen, diskutieren. Kommen gut miteinander aus. Nur ich nicht. Ich sitze alleine in meinem Zimmer. Mittlerweile bereue ich es, mich auf die Cloudy geschlichen zu haben. Wäre ich doch nur bei Mama und Papa zuhause geblieben. Ich habe immernoch das Gefühl, dass ich hier eigentlich gar nicht erwünscht bin. Alle von ihnen können etwas, sich verteidigen, füreinander kämpfen, nur ich nicht. Ich kann gar nichts. Hier unten, unter Deck, fühlt man sich so einsam. Aber wenigstens ist es ruhig. Ich wünschte, Ami wäre hier. Aber die müssen wir erst holen. Und außerdem: Wer sagt denn, dass Ace sie mitfahren lässt? Ob wir sie auch aufs Schiff schmuggeln können? Wohl eher nicht. Es sei denn, Ace schläft. Es war bei Mamas Adleraugen schon schwer genug, mich davon zu schleichen. Und dann sind da noch Nana und Miki. Ich finde jetzt nicht, dass Miki ein toller Kerl ist und ich bin auch kein Stück in ihn verliebt oder so, aber ankotzen tun mich die beiden schon. Überall diese glücklichen Pärchen, die sich in den Armen halten, sich küssen. Nana glaubt auch, dass niemand sie und Miki am Abreisetag im Ausguck gesehen hat oder wie? Ich würde diese Einsamkeit, diese Qual, auch gerne gegen stundenlanges Kuscheln eintauschen. Aber mit wem? Und abgesehen davon: Für mich interessiert sich sowieso kein Kerl. Ich bin nicht hübsch. Ich bin viel zu fett. Würde meine Schwester nicht immer Essen in mich hinein stopfen, wäre ich viel dünner. Stark bin ich auch nicht. Nicht im Geringsten. Kein Wunder, dass sich für mich niemand interessiert, mich versteht eh keiner. Darüber reden geht auch überhaupt nicht. Mit wem denn? Mit Azarni? Mit Nana? Die sind dann nur wieder genervt, von wegen "Aufmerksamkeitsgetue" und so. Also mal wieder alleine eine Runde heulen, wenn niemand zusieht.
Liebes Tagebuch, ich muss jetzt aufhören. Azarni hat mich gerade zum Essen gerufen. Eigentlich will ich nicht nach oben gehen und wieder Kohlenhydrate in mich reinschaufeln, damit die Fettberge auf meinen Hüften noch größer werden. Aber wenn ich nicht nach oben gehe, kommt Azarni runter und zwingt mich zum Essen. Wir schreiben uns wieder..."
Beniko legt ihr Tagebuch zurück unter die Matratze, zieht sich eine weite, dunkle Strickjacke über und schließt ihre Zimmertür sorgfältig ab. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn jemand von den Anderen ihre Fluchtmöglichkeit entdeckt.
"Wie kann jemand in dieser Geschwindigkeit so viel Essen in sich hinein schaufeln?"
Azarni und Nana haben ihre Portion Gemüsereis mit Hühnchenfleisch geschnappt und sich nach draußen verzogen. Es ist ein lauer Abend, windstill. Die Sonne taucht das Deck langsam in orangerotes Licht.
"Tja, das ist eben Miki wie er leibt und lebt". Nana zuckt mit den Schultern und probiert den Reis. Er ist köstlich! Wie konnte sie nur auf die Idee kommen, dass etwas, was Azarni gekocht hat, nicht schmecken kann?
"Du magst ihn sehr", stellt diese fest. Nanas Wangen färben sich rot und sie schluckt den Bissen herunter.
"Schon".
Azarni lacht.
"Ach komm schon Nana. Du magst ihn sehr sehr sehr..."
"Na und?", gibt Nana schnippisch zurück. Wieso muss eigentlich jeder gleich merken, dass sie in Miki verliebt ist? Weiß Beniko das auch? Na super, wenn ja, dann darf sie sich gleich wieder das Geheule antun, von wegen...ööh...sie hat ja keinen Freund, und es ist so unfair, dass sie bald einen hat....als wären sie und Miki schon verheiratet oder so.
"Ich sage doch gar nichts", Azarni löffelt ihren Reis schneller als Nana und ist schon fast fertig, "ich will dich nur eines fragen. Als wir losgefahren sind, da saßt ihr doch im Ausguck".
Nana bedeutet ihrer Freundin, fortzufahren.
"Sag mal: Habt ihr euch da geküsst?"
Nana lacht laut auf und verschluckt sich dabei am Reis. Hustend schüttelt sie den Kopf und lacht dabei weiter.
"Nein, haben wir nicht. Und ich habs auch nicht darauf angelegt", japst sie schließlich nach Luft ringend.
"Ach schade". Azarni ist enttäuscht.
Nana zuckt mit den Schultern und widmet sich dem Rest ihres Essens.
"Dein Bruder war davon übrigens nicht sonderlich begeistert", sagt Azarni.
"Ich weiß", Nana steckt sich den letzten Löffel in den Mund, "aber was will er machen? Das ist doch mein Leben".

6


Acht Tage später legt die Cloudy in Loguetown an, natürlich ohne die Jolly Roger gehisst zu haben. Die Straßen sind belebt, recht viele Menschen erledigen ihre Einkäufe. Während Nori auf dem Schiff bleibt, Azarni und Beniko losgezogen sind, die Vorräte aufzufüllen, da hat Miki Nana geschnappt und mit ihr Ace aufgesucht. Der ursprüngliche Plan lautete Ami einsammeln und dann verschwinden. Leider ist daraus nicht ganz das geworden, was die beiden sich vorgestellt hatten.
"Ich finde, dass das keine gute Idee ist", sagt Ace zu seinem Neffen Miki. Ami steht enttäuscht daneben. Die vier sitzen im Wohnzimmer bei einem Kaffee beisammen.
"Aber warum denn?", fragt Miki nörgelnd.
"Weil ich finde, dass Ami dafür noch zu jung ist".
"Ami ist nicht viel jünger als wir und außerdem haben wir doch Beniko auch dabei".
"Beniko ist dabei?", fragt Ace erstaunt, "nun ich muss zugeben, dass hätte ich nicht von Nami und Sanji gedacht". Miki verderht genervt die Augen.
"Seit wann bist du eigentlich so ein Spießer?", fragt Nana jetzt auch. Ihr Ton wird langsam zickig. Miki ahnt schon, dass das in einem bombenfesten Streit enden wird.
"Ich würde wirklich gerne mit. Schließlich kenne ich mich mit alternativer Medizin aus. Und jemand muss doch Nori wieder einrenken, wenn er beim Aikido etwas falsch gemacht hat", argumentiert Ami.
Ace kaut nervös auf seiner Unterlippe. Miki könnte schwören, dass er am liebsten sofort ja gesagt hätte. Aber dann wäre er wieder alleine.
"Sieh mal, Onkel Ace. Wenn du dich einsam fühlst, kannst du doch auch in den North Blue segeln. Das Haus, welches Sanji gebaut hat, ist schließlich riesig. Da hast du bestimmt auch noch Platz drinne", fährt Miki fort, die sieht, wie seine Angebetete sich sichtlich bemüht, ruhig zu bleiben.
"Naja..."
"Oh ACE! Du bist SO ein SPAßVERDERBER!", rastet Nana aus. Sie knallt die Kaffeetasse auf den Tisch, tritt Ace gegen das Schienbein und stürmt aus dem Wohnzimmer. Miki knallt seinen Kopf gegen die Tischplatte, während Ace sich fluchend das Bein reibt und Ami ein Kichern unterdrücken muss.
"Bin gleich wieder da", sagt er grinsend.
Nana steht im Flur, an die Wand gelehnt. Ihr Kopf raucht vor Wut. Miki schiebt verständnisvoll ihre zitternden Hände in seine.
"Psch", sagt er und nimmt Nana in den Arm. Dieser stehen die Tränen in den Augen.
"Oh Miki...ich versteh einfach nicht, warum zur Hölle Ace sich so anstellt. Mein Daddy hat sich doch auch nicht so aufgeregt. Als ich gesagt habe, dass du und Nori doch auf mich aufpasst, war er sofort einverstanden".
Miki streicht ihr durch die langen Haare, lässt ihre Hände los, nimmt ihr Gesicht in seine Hände und streicht ihr die Tränen von den Wangen.
"Nicht weinen Nana. Ace wird schon noch klein beigeben. Er hat doch jetzt ein verdammt schlechtes Gewissen wegen dir".
Nana lächelt und lehnt sich wieder an ihn. Miki ist der Einzige, der es schafft, sie in solchen Situationen zu beruhigen. Außerdem kuschelt sie gerne mit ihm. Er hat (für einen Jungen) extrem weiche Haut und ein verdammt gut riechendes Deo.
"Gehts wieder?", fragt er nach einer kurzen Weile. Nana nickt, also zieht er sie wieder zurück ins Wohnzimmer.
"Hast du darüber nachgedacht?" Nana lässt Ace nicht einmal Zeit, Luft zu holen.
"Bitte. Gebt mir noch einen Moment. Ihr könnt euch ja die Stadt ansehen und ich gebe euch heute Abend Bescheid. Wann wollt ihr weiterfahren?"
"Morgen", sagt Miki und stimmt zu. Er und Nana ziehen ihre Jacken über und verlassen das Haus von Ace. Es hat keinen Sinn, jetzt weiter zu diskutieren. Sie werden Ace eher zu einem ja bekommen, wenn sie ihn nun in Ruhe lassen. Gerade sind sie auf die Straße getreten, da kommt Ami schreiend aus dem Haus und springt den beiden in die Arme.
"Er hat JA gesagt", ruft sie freudenstrahlend und hüpft im Kreis umher.
"Juhu!", stimmt Miki überein, hakt sich bei Ami unter und dreht sich mit ihr. Nana wirft einen Blick zum Hauseingang, wo Ace mehr oder weniger glücklich steht. Sie zeigt ihm den Daumen nach oben und grinst. Dann packt sie Ami, schubst sie zurück und sagt: "Gut. Dann packst du jetzt deine Tasche. Wenn du fertig bist, gehst du runter zum Hafen, Nori ist auf dem Schiff geblieben". Ami hoppelt zu ihrem Vater zurück und reißt ihn dabei um.
"Und was machen wir jetzt?", fragt Nana.
"Jetzt gehen wir ein Eis essen und das Schafott angucken", bestimmt Miki, aber Nana hat auch keine Einwände. Auch sie möchte unbedingt den Ort sehen, an welchem Gol D. Roger starb. Und Miki möchte den Ort sehen, weil auch sein Vater bereits dort oben stand und gelacht hat, als jemand drohte, ihn umzubringen.
"Wo sind die anderen?", fragt Nori Azarni, die vollbepackt mit Tüten und ihre Schwester Beniko im Schlepptau aus der Stadt zurückkommt.
"Die sind von Anfang an alleine unterwegs gewesen", antwortet diese. Noris Gesicht verfinstert sich, Azarni muss darüber lachen.
"Ach Nori. Miki wird deine Schwester schon nicht vergewaltigen", grinst sie.
"Hmpf".
Beniko geht einfach an den beiden vorbei, betont ignoriert sie das Geschehen. Sie will lieber für sich alleine sein.
"Wow, ich hätte nicht gedacht, dass das Schafott so riesig ist", staunt Miki. Er und Nana stehen mit einem Eis in der Hand auf dem großen Platz und betrachten das historische Gerüst.
"Kannst du dir vorstellen, dass hunderte von Menschen sich hier auf diesem Platz versammelt haben, nur um zu sehen, dass einem Piraten der Kopf abgeschlagen wird?"
"Kannst du dir vorstellen, dass hier einmal unsere Urgeneration gestanden hat und dasselbe dachte wie wir?"
"Mein Vater dachte nicht dasselbe. Der hatte nur Mist im Kopf", belehrt Miki sie grinsend.
"Und hätte mein Vater nicht immer auf ihn aufgepasst, würden wir gar nicht existieren".
"Wohl eher nicht, nein".
Während Miki weiterhin das Schafott bewundert, bemerkt Nana aus den Augenwinkeln einen älteren Herrn mit einer dicken Zigarre im Mund, der die beiden Teenager beobachet. Genervt starrt sie zurück, bis der Mann den Blick abwendet. Im nächsten Augenblick ist er auch schon verschwunden.
"Was ist?", fragt Miki, der ihre Abwesenheit bemerkt hat.
"Da war gerade so ein Kerl, der uns angestarrt hat. Nicht so wichtig", winkt Nana ab. Sie hakt ihren Arm bei Miki ein, es wäre Zeit zu gehen, und zieht ihn, trotz Protest, mit sich. Weit kommen die beiden Nachwuchspiraten jedoch nicht.
"Monkey D. Ruffy, sofort stehen bleiben!", donnert eine unheilvolle Stimme durch die enge Gasse, welche Nana absichtlich gewählt hatte, um schnell abtauchen zu können. Dunkler Rauch klebt an den Wänden, füllt die Nasen und lässt Nana husten, so sehr verabscheut sie den Geruch von Zigarrenrauch.
"Geh einfach weiter", zischt sie Miki zu und nimmt dabei seine Hand. Miki versteht nur noch Bahnhof, aber jetzt kann er klammheimlich mit Nana Händchen halten, ohne, dass es jemand sieht. Trotzdem...warum sollte ein alter Mann ihn mit seinem Vater vertauschen? Er sieht doch ganz anders aus, zumindest seine Augen. Und außerdem ist sein Vater auch nicht mehr der Jüngste.
"Ich sagte: Stehen bleiben!"
Auf einmal steht der alte Herr von vorhin direkt vor den beiden. Er pustet Nana den Rauch ins Gesicht und Miki drückt ihren Kopf an seine Seite, damit sie Luft bekommt.
"Hör auf, meine Freundin zu belästigen!", sagt er wütend.
"Wer sind Sie überhaupt? Wir kennen Sie doch gar nicht", fügt Nana hinzu.
"Ich bin Ex-Unteradmiral Smoker. Mittlerweile bin ich aufgrund meines Alters zwar pensioniert, aber DU, Ruffy, spazierst nicht einfach durch Loguetown, solange ich hier lebe".
"Anscheinend wurde er nicht nur seines Jobs, sondern auch seines Hirns entledigt", flüstert Nana und grinst.
"Ich bin nicht Monkey D. Ruffy", Miki starrt den Marineheini böse an.
"Ach, und wer dann?"
"Ich bin...Miki. Einfach nur Miki, verstanden?"
Smoker sieht ihn wenig überzeugt an, also greift Nana ein:
"Und ich habe keine Ahnung, wie Sie auf die Idee kommen, dass wir beide etwas mit diesem Piratenpack zutun hätten. Eine Unverschämtheit ist das! Wenn Sie uns jetzt bitte durchlassen würden?"
Sie rempelt Smoker beiseite, Mikis Hand immernoch in ihrer. Vom Rauchgeruch ist ihr übel. Die beiden sind etwa fünfzig Meter weitergegangen, da ruft er ihnen hinterher: "Ihr Bälger! Das glaube ich euch nicht! Ich werde euch beobachten!"
"Nori, mach die Leinen los, wir müssen hier weg!", ruft Nana ihrem Bruder zu, sobald sie und Miki den ersten Fuß zurück auf die Cloudy gesetzt haben.
"Warum?", fragt Azarni besorgt.
"Wir haben einen Rentner getroffen, der früher mal Unteradmiral war und glaubt, dass Miki Onkel Ruffy ist".
Azarni stöhnt genervt auf: "Oh Miki! Die erste, große Insel die wir ansegeln und gleich baust du wieder Mist!"
"Ich kann doch nichts dafür!", wehrt Miki sich. Nana nickt zustimmend.
"Ärgere dich nicht Azarni. Die Vorräte sind aufgefüllt, Ami haben wir eingesammelt – es gibt keinen Grund, warum wir nicht jetzt sofort ablegen sollten". Nori beendet das Streitgespräch und holt mit ein paar Handgriffen den Anker ein. Die Reise kann weitergehen. Aber...
"Wohin sollen wir überhaupt Kurs nehmen?"
Miki guckt ihn betröppelt an. Darüber hatte er sich noch gar keine Gedanken gemacht.
"Ich weiß was!", ruft Azarni aus, "wir schauen bei Lysop vorbei..."
"Warum denn bei dem?", fragt Nana. Sie hat den langnasigen Lügner in ihrem Leben nur ein paar Mal gesehen und er war ihr viel zu feige. Azarnis Argument überzeugt sie jedoch: "Weil er uns bestimmt noch mehr über die Legende von Ole erzählen kann".
"Dann ist es beschlossene Sache", Miki haut seine Faust in die Handfläche, "auf nach Syrop Village!"

Fight


Es ist ein lauer, windstiller Tag. Die Sonne geht gerade unter und die reflektierten Strahlen glitzern auf der Wasseroberfläche. Alles scheint ruhig und idyllisch, doch dann...
"Ihh!"
Amis entsetzter Schrei hallt über die bereits ruhende Cloudy, schreckt Nana auf und reißt Nori aus den Meditationsübungen. Die beiden Geschwister hasten an Deck, wo sich bereits Miki und Azarni versammelt haben, letztere scheucht soeben ihre Schwester in den sicheren Bauchraum der Cloudy.
Vor dem Schiff der Crew erstreckt sich eine Seeschlange. Groß und gefährlich wirft sie einen Schatten an die Segel. Ihre Schuppen am Kopf sind gelb, werden jedoch immer grüner, bis sie schließlich in der Schwanzspitze türkis leuchten. Die Seeschlange hat giftgrüne Augen und zwei spitze Reißzähne, welche aus ihrem Maul ragen. Sie knurrt gefährlich.
"Oh nein...ich glaube, wir sind in ihrem Revier gelandet", murmelt Nana und macht ein paar Schritte rückwärts. Die Seeschlange bemerkt ihre Unsicherheit und schnellt auf sie zu. Kaum jedoch hat sie sich nach unten gewendet, da wirft sie den Kopf wieder zurück und schüttelt ihn, als hätte sie Kopfschmerzen. Dann sieht sie sich panisch um, als suchte sie verzweifelt nach jemandem. Miki hat sich schützend vor Nana gestellt und lenkt das Ungeheuer mit verwirrenden Illusionen ab.
"Keine Sorge, die sind wir gleich los", sagt er zuversichtlich.
Jetzt, wo er da ist, fühlt Nana sich gleich viel besser. Azarni hat nun auch die erstarrte Ami geschnappt und zu Beniko geschubst.
"Achtung Mistvieh, jetzt geht es dir an den Kragen!", ruft er laut. Miki verkreuzt die Finger zu merkwürdigen Formen und legt konzentiert die Stirn in Falten. Die Seeschlange zuckt. Sie windet sich, als hätte sie Schmerzen. Anschließend knallt ihr Kopf auf das Deck.
"Miki du Idiot, was machst du da?!", ruft Nori, der noch im rechten Moment zur Seite springen konnte, sonst wäre er erschlagen worden.
"´Tschuldigung", antwortet Miki verlegen. Sein Plan hat nicht ganz so funktioniert, wie er wollte. Er löst das Fingerzeichen und die Schlange richtet sich verwirrt auf. Sie blinzelt umher, ihr Blick fällt auf Azarni.
"Komm doch her, Mistvieh!", ruft diese. Ihre Augen blitzen wütend. Gleich geht es dem Ungeheur mächtig an den Kragen, die anderen drei spüren das. Die Seeschlange macht einen heftigen Satz auf die taffe Frau zu...und im nächsten Augenblick hält sie inne, denn sie weiß nicht mehr, wo links oder rechts ist. Auf beiden Seiten steht Azarni. Diese ist wütend. Sehr wütend.
Auf einmal ist auch Nori zur Stelle, packt die Schlange am Stoßzahn und knallt sie mit ein paar geschickten Handgriffen zu Boden.
"Kann die mal bitte jemand köpfen?", flucht er. Die Bodenklappe des Decks öffnet sich, Ami reicht Azarni das Schwert, welches Ace ihr mit auf den Weg gegeben hatte.
Die blonde Frau schwingt das Schwert mit erstaunlicher Präzision und rammt es dem Seekönig geradewegs durch die dicke Haut in den Brustkorb. Ein paar Minuten lang hört man das Tier noch keuchend, dann kehrt Stille ein.
"Juhu, Essen!" Miki springt vor Freude auf und ab. Nana wagt sich hinter seinem Rücken hervor und betrachtet die Schuppen der Schlange genauer. Daraus ließe sich bestimmt guter Schmuck herstellen. Auch Ami scheint an der Schutzschicht des Monsters interessiert zu sein.
"Ich habe mal gelesen, dass man aus den Schuppen gute Medizin gegen Entzündungen herstellen kann", belehrt sie Nana. Diese erklärt sich sofort bereit, die Schlange ihrer Schuppen zu berauben, solange Azarni und Nori sie auseinander nehmen, um ein Festmahl vorzubereiten und einen Großteil des Fleisches als Vorrat anzulegen, auch, wenn Miki es am liebsten gleich am Stück verschlingen würde.
"Du würdest deine Freunde gerne mal wieder besuchen, oder?"
Kaya läuft hinter dem Sessel vorbei, in welchem Lysop herum lümmelt und stupst ihn sachte an. Lysop zuckt gelangweilt mit den Schultern.
"Weiß nicht", nuschelt er. Kaya lächelt milde und lässt sich auf die Couch neben ihn sinken.
"Hör mal...es ist jetzt fast zehn Jahre her, dass du sie alle gesehen hast, aber das heißt doch nicht, dass ihr nicht mehr befreundet seid. Manchmal braucht es eben eine Ruhepause".
"Hm". Lysop schnickt mit den Fingern herum und lässt Kaya aufseufzen. In letzter Zeit hat ihr Lebenspartner wirklich zu nichts mehr Lust. Seine halbfertigen Erfindungen fristen ein trostloses Darsein in seiner Werkstatt. Seit mehreren Wochen war er nicht mehr im Dorf und hat Paprika besucht. Er geht nicht einmal mehr aus dem Haus, es sei denn, Kaya zwingt ihn, weil sie selbst keine Zeit hat, einkaufen zu gehen. Oder eher keine Kraft mehr. Lächelnd legt sie die Hand auf ihren gerundeten Bauch. Bald ist es soweit. Nur noch eineinhalb Monate. Kaya wünscht sich von ganzem Herzen eine Tochter, der sie hübsche Frisuren flechten und Kleider kaufen kann.
Sie will gerade ansetzen, etwas zu sagen, da kommt Lämmchen in den Raum.
"Meine Herrschaften: Das Essen wäre nun angerichtet". Sie nickt und erhebt sich. Als sie kurz einknickt, weil das Gewicht ihres Bauches sie belastet, reagiert Lysop. Liebevoll stützt er seine Frau bis ins Esszimmer. Diesen Service hat er schon immer genossen, sich um nichts kümmern zu müssen. Und Syrop Village ist immernoch der gleiche, ruhige Ort, an dem nie etwas passiert. Dabei wünscht sich der Lügenbaron des Öfteren ein paar Abenteuer, die ihn an vergangene Tage erinnern.
"Boah Miki, du bist so ein Schwächling! Nicht einmal eine Seeschlange kannst du in Schach halten".
Nori neckt seinen besten Freund, der missmutig auf dem Deck der Cloudy herumtigert und die Reste des geschlachteten Ungeheuers beseitigt.
"Na und? Wenigstens muss ich nicht fünf Stunden am Tag trainieren, um mich einigermaßen über Wasser halten zu können".
"Stimmt...egal wie viel du trainieren würdest, du gehst trotzdem unter", macht Nori weiter. Miki versucht zähneknirschend, ihn zu ignorieren. Seine Teufelskräfte sind unglaublich praktisch, aber nicht, wenn man es mit einem trieb- und instinkgesteuerten Gegner zutun hat, gegen welchen man nur mit Kraft eine Chance hat. In dieser Hinsicht haben es Nori und Azarni wirklich besser getroffen mit ihren Fähigkeiten.
"Sinnlose Teufelskräfte...von wegen. Dir werde ich noch zeigen, wie nützlich die sein können", murmelt Miki böse, aber Nori hat das schon nicht mehr gehört. Er schlendert bereits zurück in die Küche, um sich seine Portion des Abendessens zu genehmigen. Miki darf sich erst seinen Teller nehmen, wenn er das Deck geputzt hat. Hätte Nori ihn nicht abgelenkt, wäre er sicherlich schon längst fertig. Verbissen schrubbt er die Cloudy weiter. Warum muss er als Kapitän eigentlich putzen? Warum macht das nicht Beniko? Die sitzt doch eh den ganzen Tag nur auf der faulen Haut und rührt sich keinen Zentimeter. Er taucht den Wischmopp zurück in den Eimer und pfeffert die letzten gröberen Überreste über Bord. Endlich Essen...
Ein paar Stunden später lässt Mikis Rache nicht mehr lange auf sich warten. Der Rest der Crew liegt in ihren Betten und zählt Schäfchen. Nicht mehr lange. Miki schleicht zu Noris Zimmer und öffnet die Tür einen Spalt breit.
"Jetzt wirst du sehen", grinst er fies. Dann überkreuzt er die Hände zu schwierigen Posen. Im ersten Augenblick geschieht nichts, doch dann fängt Nori an, sich unruhig im Bett herum zu wälzen. Miki hat ihm mithilfe der Illusionsfrucht einen netten Alptraum geschickt.
"Gute Nacht, bester Freund", lacht er, bevor er die Tür schließt und sich aus dem Staub macht. Kurz bevor er an seinem eigenen Zimmer angelangt ist, macht er halt bei Nana und lugt in ihr Zimmer. Auch sie schläft bereits, jedoch nicht ganz so wohlig wie alle anderen. Ihre Stirn ist verzerrt und ihre Hände umklammern krampfhaft ein Kissen.
"Schlaf schön, Prinzessin". Mikis Hände verformen sich erneut. Nana entspannt sich und ein erleichertes Grinsen um die Mundwinkel verrät, dass sie mit dem von Miki geschaffenen Traum einverstanden ist. Miki grinst ebenfalls bis über beide Ohren. Er hat Nana bewusst ein paar Bilder geschickt, wie sie beide im Sand liegen und sich küssen. Und ihr Grinsen ist mehr als eindeutig, hehe...
"Miki! Wach sofort auf!"
Mit Schwung reißt Nana die Tür zu seinem Zimmer aus der Angel. Müde schlägt der junge Mann die Augen auf, aber Nana lässt ihm keine Zeit, seine Gedanken zu ordnen. Sie stürzt sich auf sein Bett, legt die Hände an seine Schultern und schüttelt ihn.
"Beniko und Ami sind weg!"
"Psch, schrei doch nicht so, sonst wird dein Bruder wach", murmelt Miki mehr als nur nicht-anwesend, schlingt die Arme und Nanas Taille und zieht sie an sich. Sanft drückt er ihren Kopf an seine Schulter, dreht sich mit ihr im Arm auf die Seite und vergräbt den Kopf in ihren Haaren. Nanas Kopf läuft rot an. Peinlich ist ihr das nicht, nein. Sie ist sauer.
"Monkey D. Miki...HAST DU MIR ÜBERHAUPT ZUGEHÖRT!", brüllt sie, richtet sich auf und aus ihrer Wut heraus holt sie aus, denkt nicht nach und verpasst Miki ein paar heiße Ohren.
Nun doch entgültig wach richtet dieser sich erschrocken auf, den roten Handabdruch auf der Wange.
"Wie? Wo? Was ist passiert?", fragt er verwirrt. Nana rollen bereits die Tränen über die Wangen, ihre Hände zittern. Miki schwingt die Beine aus dem Bett, zieht sich schnell eine Hose an (er schläft immer in Boxershorts) und rennt noch mit seinem Schlafshirt bekleidet nach draußen. Dort stößt er mit Nori zusammen, dessen Augenringe so dunkelblau wie das Meer sind und bestimmt auch bis auf dessen Grund reichen.
"Was ist los?", fragt er.
"Beniko ist weg und Ami können wir ebenfalls nicht finden", erklärt dieser mit brüchiger Stimme und wirft einen besorgten Blick hinüber zu Azarni, die verzweifelt über die Cloudy läuft und nach ihrer Schwester ruft. Soeben ist ein Alptraum wahr geworden. Sie sind nicht einmal auf der eigentlichen Grandline angekommen und schon ist ihre Schwester verschwunden...
Schlagartig schreckt Nami aus dem Schlaf. Ihr Herz rast und der Schweiß perlt auf ihrer Stirn. Wie in Trance steht sie auf, um sich in der Küche ein Glas Wasser zu holen. Die ersten Sonnenstrahlen scheinen durch das Fenster. Erst, als ihr die kühle Flüssigkeit die Kehle hinab rinnt, beruhigt sie sich etwas. Langsam schleicht sie zurück ins Bett und verfrachtet ihre kalten Füße unter der Decke. Sanji öffnet verschlafen die Augen, legt eine Hand auf ihre Hüfte und küsst sie sacht.
"Schlecht geschlafen, Nami-Maus?"
"Ich habe geträumt, Beniko ist etwas zugestoßen", murmelt sie stockend. Sanji zieht sie näher an sich und legt den zweiten Arm um sie.
"Es war nur ein Traum Liebling. Die anderen passen doch gut auf sie auf", versichert er ihr. Dann schläft er auch schon wieder ein. Nami liegt noch lange wach, zu beunruhigend ist das beklemmende Gefühl, dass sich in ihrem Brustkorb festsetzt.

Umbruch


"Sieh mal dort hinten. Ist das ein Piratenschiff?"
Nori greift auf Nanas Frage hin zum Fernrohr und betrachtet den dunklen Fleck am Horizont eine Weile.
"Ja, ist es", antwortet er, "sie haben die Jolly Roger gehisst".
"Und fahren sie von uns weg?"
Nori nickt.
"Hey Azarni. Ich glaube, wir haben etwas entdeckt", macht Nana ihr Hoffnung, "da hinten fährt ein anderes Schiff von uns weg. Am besten, wir holen die in und sehen dort mal nach".
Azarni sitzt schniefend und mit den Nerven am Ende auf dem Deck herum, die Augen geschlossen. Erst, als Nana sie anstupst und auf die Beine zieht, gibt sie die Kommandos. Die Cloudy ist ein gutes Schiff. Onkel Franky hat es gebaut. Sie wird den jämmerlichen Holzhaufen der feindlichen Piraten schon einholen. Und hoffentlich wird sie dort ihre Schwester finden...
Zur gleichen Zeit spielt sich auf der Yellow Duck eine ganz andere Szene ab.
"Verdammt! Die beiden Bälger haben weder Schmuck sonst eine einzige Berry bei sich", flucht Kapitän Tai herum, "wir haben sie völlig umsonst entführt!"
"Was machen wir jetzt mit ihnen?", fragt sein Vize, Matt.
"Pah...wir setzen sie an der nächsten Insel aus, das machen wir mit ihnen..."
Aussetzen? Beniko knirscht mit den Zähnen. Im Gegensatz zu Ami ist sie schon längst wieder wach geworden. Die Narkosepfeile sind wirklich fies gewesen, keine Chance hatten sie, um Hilfe zu rufen. Gespannt beobachtet sie das Geschehen zwischen Kapitän und Vize. Leider hört sie nichts mehr, denn die beiden haben den Raum schon längst verlassen. Während Matt sich bereits davon gemacht hat, neue Anweisungen zu geben, steht Kapitän Tai noch angenervt vor der Kajüte. Jetzt, wo Beniko ihn genauer betrachtet, sieht er eigentlich nicht schlecht aus. Seine langen, blonden Haare sind zu kleinen Zöpfchen geflochten und fallen ihm bis zur Mitte des Rückens. Er trägt eine dunkle Hose, dunkle Stiefel und ein blaues, kurzärmeliges Hemd, welches seine Armmuskeln unbedeckt lässt. Er hat ein markantes Gesicht und ein kleines Tattoo am Hals, welches sie jedoch nicht genau erkennen kann. Sein gepflegter, kurz gestutzter Kinnbart und die kleinen Fältchen um die Augen lassen ihn älter wirken, als er wahrscheinlich ist. Beniko schätzt ihn auf fünfundzwanzig. Eigentlich sieht er recht nett aus und er behandelt seine Crew auch sorgsam. Aber natürlich ist das ein anderes Thema, wenn man nicht zu seiner Bande gehört, so wie sie. Schade, Beniko hätte ihn gerne näher kennen gelernt, schließlich sieht er wirklich gut aus. Ob er...?
"Nun mach schon Miki, erschaffe irgendwas, das ihnen Hören und Sehen vergeht", drängt Nana ihren Kapitän und sieht immer wieder besorgt in die Ferne. Der Angesprochene steht konzentriert auf der Gallionsfigur und überlegt sich ein paar Fingerzeichen. Schließlich kommt ihm die Idee.
"Drei nach links, einer nach rechts und ein Kreuz nach unten", murmelt er. Kurz darauf erscheint noch vor dem feindlichen Schiff eine große, nebelige Mauer aus Wasser.
"Ach du meine Güte, was ist das?", fragt Matt ensetzt. Die riesige Wasserwand vor ihnen ist aus dem Nichts aufgetaucht und blockiert die Weiterfahrt.
"Keine Ahnung. Lass uns die Bälger einfach hier aussetzen, dann können wir eine andere Route einschlagen. Aber getrennt, nicht, dass sie sich gemeinsam an uns erinnern", befiehlt Tai. Ami, die soeben erst die Augen aufgeschlagen hat, bekommt einen Hieb auf den Hinterkopf und wird unsanft in ein Rettungsboot gestoßen. Die Crew der Yellowpiraten lässt das Boot herunter und gibt ihm noch einen Schub in Richtung der Cloudy.
"Sieh mal, sie haben ein Boot hinabgelassen". Nori hält weiterhin das Fernrohr in der Hand und beobachtet das entfernte Geschehen.
"Kannst du erkenne, wer darin sitzt?", fragt Azarni. Sie hält Noris anderen Arm umklammert und schlottert vor Sorge.
"Ja. Ami ist darin. Mehr kann ich nicht sehen, aber es ist ganz sicher Ami", Nori lässt das Fernglas sinken. Azarni fällt ein Stein vom Herzen.
"Miki, du kannst das Trugbild wieder auflösen!", ruft Nana, nachdem ihr Bruder ihr ein Zeichen gegeben hat.
"Alles klar!"
Miki löst die Hände und die Mauer verschwindet.
"Sag das nochmal: Du würdest lieber hier bleiben? Ist das dein Ernst?"
Kapitän Tai sieht Beniko ungläubig an. Diese nickt, wobei die schulterlangen, rotblonden Haare ihr um die Ohren fliegen. Der Boss der Yellopiraten setzt sich im Schneidersitz vor sie auf den Boden.
"Warum fährst du mit denen, wenn du gar keine Lust auf sie hast?"
"Was hätte ich denn sonst tun sollen?", fragt sie angriffslustig, "warten, bis endlich jemand an meiner blöden Heimatinsel vorbei kommt und mich mitnimmt? Ich würde ja gerne zur See fahren, meine Eltern waren schließlich auch Piraten, aber nicht mit meiner ach so tollen großen Schwester".
"So", Tai grinst, "deine Eltern waren also Piraten und du hast keine Lust auf Familienidylle? Weißt du was Kleine...ich mag dich, du bist dabei!"
Er löst mit ein paar geschickten Handgriffen ihre Fesseln und zieht sie auf die Beine. Beniko schwankt etwas, denn der Griff des Piraten ist stark.
"Und damit ich nicht dauernd auf dich aufpassen muss, wirst du mit meinem Vizen Matt trainieren und ansonsten in der Küche aushelfen", befiehlt er. Beniko nickt und strahlt. Endlich ist sie weg von ihrer Schwester. Nun kann ihr eigenes Leben beginnen...
Vorsichtig hebt Nori Ami aus dem kleinen Boot. Sie ist wach, aber wirklich klar ist ihr Blick nicht. Außerdem ist sie alleine. Nana beugt sich über sie und spricht leise mit ihr. Amis Antworten sind undeutlich und noch viel leiser. Miki steht stumm neben Nori. Hinter den vieren stützt Azarni sich an der Reling ab. Tränen fließen in Sturzbächen über ihre Wangen und das heimliche Schluchzen in ihrer Kehle dringt an die Oberfläche. Auf der einen Seite ist sie froh, dass es Ami einigermaßen gut geht, aber sie wäre noch viel froher, hätte Beniko in der Nussschale gelegen. Nori packt Ami und wuchtet sie gemeinsam mit Miki unter Deck, während Nana langsam zu Azarni geht und sie in den Arm nimmt. Ohne Halt bricht die Angst und die Enttäuschung aus ihr heraus und die Tränen durchnässen Nanas T-Shirt. Miki beobachtet die Szene und schwört sich, dass er Beniko finden und zurückholen wird...

Bonus 1 - Unicon


Monkey D. Ruffy sitzt gedankenverloren auf der Gallionsfigur der Flying Lamb und dreht den alten Strohhut in den Händen. Von Weitem kann er den Rest seiner Crew sehen, wie sie ihren Tätigkeiten nachgehen. Zorro schläft, Nami sonnt sich, Sanji kocht, Lysop bastelt an seinen Wurfgeschossen und Brook komponiert ein neues Lied. Robin hat sich mit einem Buch verzogen, genau wie Chopper, der an einem neuen Rezept für ein Gegengift forscht. Aimi und Franky bauen eine Sandburg. Ein halbes Jahr ist es nun her, dass die Strohhutbande die Insel Unicon erreicht hat, die letzte der gesamten Grandline. Alle Magnetströme laufen hier zusammen und damit bedeutet die Insel das Ende der Reise. Es stimmt Ruffy ein wenig traurig, hier zu sein, denn jeder seiner Freunde hat in irgendeiner Art und Weise nun sein Ziel erreicht, nur er nicht. Nicht wirklich...
Das süße Rauschen des Meeres hallt in meinen Ohren wieder und das leise Lachen meiner Freunde vermischt sich mit dem Wellenklang. Unicon ist das Paradise, beziehungsweise mein Leben ist es. Ich habe mein Ziel erreicht, für welches ich so lange gekämpft habe. Wenn ich mich an den alles entscheidenden Moment erinnere, habe ich immernoch die Geräusche im Bewusstsein, wie die Klingen meiner Schwerter gegen die von Falkenauge geknallt sind. Wieder und immer wieder. Mihawk war ein starker Gegner, der Stärkste überhaupt, aber auch nicht mehr der Jüngste. Und so habe ich es vollbracht: Ich habe ihn besiegt. Ich, Lorenor Zorro, bin der beste Schwertkämpfer der Welt! Siehst du, Kuina? Ich habe mein Versprechen gehalten, es für uns getan. Nun kannst du endlich in Frieden ruhen und ich kann mich den wirklich wichtigen Dingen widmen. Oder der wirklich wichtigen Person...Robin...
Es ist verrückt! Wirklich, es ist verrückt. Nie hätte ich gedacht, dass, einmal in der Neuen Welt angekommen, die Rio-Porneglyphen so einfach zu finden wären. Es brauchte nur ein paar gezielte Nachforschungen und ein paar alte Ruinen, die ich besichtigt habe, und schon war ich an meinem Ziel. Zumindest halb. Die "wahre Geschichte" ist noch viel älter, als die Glyphen es mir hätten verraten können. Wie konnte ich auch nur daran denken. Aber umgekehrt heißt dies, dass ich nun weiterfahren werde. Ich habe noch immer einen Ansporn in meinem Leben. Und sollte ich eines Tages der Archäologie müde werden, gibt es ja noch Zorro. Ja, genau, Zorro. Es klingt merkwürdig, er ist soviel jünger als ich, aber ich liebe ihn für alles, was er getan hat und wie er die Bande beschützt hat. Alles an diesem Mann ist so liebeswert, dass ich gar nicht anders kann.
Während die Steaks auf dem Grill dampfen, ziehe ich an meiner Zigarette und werfe einen Blick auf meine Ausbeute. Wer hätte gedacht, dass der Allblue wirklich existiert, hier, auf dieser Inselgruppe? Im Nachhinein ist es natürlich logisch, dass dort, wo alle Ströme zusammen laufen, es auch alle Meeresbewohner gibt. Wie Jeff und der Rest des Baraties wohl schauen wird, wenn ich zurück bin und sagen kann: Ich habe den Allblue gefunden, ihr undankbaren Suffnasen! Oder vielleicht...es klingt krank aber...vielleicht sollte ich das Geheimnis des Allblues für mich behalten. Ich kann mir vorstellen, dass einmal verraten hier jeder herkommen wird. Und was von der Natur übrig bleibt, wenn sich Menschen irgendwo ansiedeln, da haben wir ja genug Beispielen gesehen. Wer weiß, mal sehen. Und etwas Besonderes brauche ich ja noch für Nami-Maus. Robin ist in letzter Zeit nicht mehr wichtig. Zwischen ihr und dem Spinatschädel scheint eh was zu gehen, da ist sie jetzt aus dem Rennen. Solange ich noch Nami habe...
Ich grinse vor mich hin, während die Sonne auf meinen Bauch scheint und mich wärmt. Gestern Abend habe ich sie vollendet, die weltbeste Seekarte. Jede noch so kleine Insel ist darauf abgezeichnet. Sie ist wirklich ein Meisterstück geworden. Damit lässt sich bestimmt ein Haufen Berrys verdienen. Oh, ich kann die riesige Menge Geld und die dazugehörigen, vollen Tüten mit Klamotten schon bildlich vor mir sehen...ich glaube, ich sollte Franky bitten, mir einen zweiten Kleiderschrank zu bauen. Der wird dringend nötig sein. Vielleicht kann ich die Hälfte meiner Sachen ja auch bei Sanji unterbringen. Ach, was heißt da vielleicht, natürlich kann ich meine Sachen bei ihm verstauen. Vor allem gegen meine Unterwäsche und Nachhemden wird er wohl kaum Einwände hegen...ach, er ist schon süß so, wie er ist.
Vorsichtig verbinde ich die Kabel miteinander. Meine neuste Waffe, die Likegun 400, ist bald fertig. Ich freue mich schon darauf, sie auszuprobieren. Aber noch viel mehr freue ich mich, bald wieder zurück in Syrop Village zu sein. Wie Paprika erst gucken wird, wenn ich ihm meinen Steckbrief zeige und ihm beweise, dass ich ein tapferer Krieger der Meere geworden bin. In einer der wohl berühmtesten Crews der Welt! Das wird ein Spaß...und all die Dorfbewohner, wie ich sie vermisse. Ganz besonder Kaya. Was sie wohl macht? Durch die Sache mit Aimi habe ich kaum an sie gedacht. Ob sie schon ihr Arztzeugnis in der Tasche hat? Hoffentlich geht es ihr gut. Oh, das wird toll. Aber die Rückfahrt wird bestimmt auch sehr anstrengend. Einfach so mal abzuhauen geht jetzt schließlich nicht. Und Ruffy zieht den Ärger immernoch an wie Scheiße die Fliegen. Das wird noch stressig...
Die Farbe der Flüssigkeit schlägt um. Von gelb zu grün. Schön, das war auch mein gewünschtes Ergebnis! Bald ist mein Werk vollendet...eine Medizin, die zwar nicht jede Krankheit heilen kann, jedoch jede Wunde schließt. Meine Recherchen und Versuche haben viel Zeit in Anspruch genommen, aber nichts geht über die Abenteuer, welche ich mit meinen Freunden erlebt habe. Wir haben zusammen gelacht und zusammen geweint. Dank ihnen bin ich ein Stück erwachsener geworden und doch Chopper geblieben. Zum Glück habe ich sie damals getroffen und bin mit ihnen gefahren. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte ich ihr Angebot abgelehnt. Bestimmt wäre ich dann mit Kuleha zusammen in ihrer Berghütte versauert und hätte meinen Traum nie gelebt...
Vorsichtig stimme ich meine Violine. Auf dem Papier habe ich eines der letzten Lieder festgehalten, die ich während meiner Zeit bei der Strohhutbande komponiert habe. Die Kinder sind ein tolles Volk, auch, wenn ich meine alten Jungs vermisse...diese Kids haben mir die Freude am Leben zurück gegeben. Was würde ich nur ohne sie tun? Alleine meine Lieder singen, ohne Lysop und Ruffy? Oder wie ein alter Sack zuhause rumlungern und kleine Kinder erschrecken. Ach was, das tue ich auch so schon...yohohoho...
Liebevoll fällt mein Blick auf die Thousand Sunny. Als ich den letzten Nagel ins Holz geschlagen habe, wusste ich schon, dass dieses Schiff ein Meisterwerk geworden war. Aber, dass sie so gütig und so erfolgreich werden würde, als erstes Schiff nach der Oro Jackson bis nach Unicon zu segeln, das hätte ich nicht zu träumen gewagt. Ich glaube, wenn ich in Ruhe zurück in Water Seven bin, baue ich ein zweites Schiff. Die kleine Schwester. Ich werde sie Thousand Cloudy nennen. Bestimmt wird es ein genauso gutes Schiff!
Der Wind pustet mir durch die Haare, aber die Sandburg, welche Franky und ich bauen, zerstört sie nicht. Glück gehabt, denn sie ist wirklich riesig geworden. Ich schaue durch das improvisierte Fenster und mein Blick fällt auf Ruffy. Ach ja, mein Lieblingsgummiheld. Niemand ist nachts so schön kuschelig warm wie er. Wie mein Leben wohl verlaufen wäre, hätte ich damals nicht Lysop gefragt, ob sie mich mitnehmen? Ganz anders. Ich würde immernoch den Mann suchen, der mich liebt, so wie ich bin. Jetzt habe ich ihn gefunden und ich bin mehr als nur glücklich. Auch, wenn er etwas jünger ist als ich. Bei Zorro und Robin interessiert das auch niemanden und dort ist der Unterschied viel größer...
Aimi klettert vorsichtig aus der Sandburg heraus und betritt die Sunny. Den Rest der Truppe scheint das nicht zu interessieren, sie gehen weiter ihren Beschäftigungen nach. Schnurstracks geht sie auf Ruffy zu und springt ihm in die Arme.
"Schatz, was machen wir jetzt?"
Einen Moment lang ist Ruffy still und sieht sie nachdenklich an. Er seufzt und Aimi kann in seinem Blick nichts deuten. Plötzlich nimmt er den Strohhut ab und legt ihn neben sich auf die Reling, nimmt Aimis Gesicht in seine Hände und küsst sie stürmischer als je zuvor.
"Ich habe meinen Traum an deiner Seite gelebt. Dachte ich. Aber nun, wo wir hier auf Unicon sind, habe ich meinen wahren Traum erkannt und den muss ich noch beginnen", sagt er. Aimi sieht ihn verständnislos an. Langsam greift Ruffy in seine Hosentasche und zieht ein kleines Kästchen hervor. Aimi scheint etwas zu ahnen. In ihrem Kopf gibt es nur noch einen Gedanken: Oh mein Gott, er will doch nicht...
Doch da tut er es schon. Langsam kniet Ruffy sich vor seine Traumfrau und öffnet das Kästchen, darin ein kleiner, goldglänzender Ring.
"Meine Piratenprinzessin bist du ja schon, aber...willst du auch meine Königin werden?"
Aimi beginnt zu weinen, so gerührt ist sie. Antworten kann sie nicht, nur nicken. Ruffy steht wieder auf und steckt ihr ganz langsam den Ring an den Finger.
"Du zurückgebliebenes Gummihirn, du bist doch verrückt", flüstert sie, bevor Ruffy sie hochhebt und küssend unter Deck trägt, um sie mit anderen Dingen zu beschäftigen.

Trip


"Nori, du kannst jetzt den Anker auswerfen!", ruft Miki. Die Thousand Cloudy liegt nahe einer kleinen Insel, die unbewohnt und recht verwildert aussieht. Große, dunkle Bäume bilden einen dichten Wald und lassen die Kehrseite der Insel bedeckt.
"Wow, sieht interessant aus hier. Ob wir auf dieser Insel wohl Menschen finden?"
Ami hat sich unternehmungslustig ihre Jacke übergeworfen.
"Wir suchen einfach welche", schlägt Miki vor. Ami scheint begeistert. Der Beginn ihrer Reise war schon abenteuerlich genug, aber eine fremde Insel erforschen stellt sie vor eine völlig neue Situation.
"Ich komme mit!" Nana steht schon an der Treppe, bereit, jeden Moment loszugehen. Sie hat einen Rucksack mit einem Schlafsack und einer Isomatte auf dem Rücken. Azarni wuchtet genau dasselbe Modell hervor, als sie aus der Küche tritt und reicht Nana ein Lunchpaket.
"Essen!"
Miki springt auf die beiden Frauen zu, die ihn jedoch vor den Kopf stoßen und die Lebensmittel sorgfältig verstauen.
"Nix gibts. Das ist für später", sagt Nana und packt ihren Kapitän am Arm, um ihn festzuhalten.
"Wohin geht ihr?"
Nori betrachtet missmutig seine vier Freunde. Es ist offensichtlich, dass sie losziehen wollen, um die Insel zu entdecken, aber er will partou nicht verstehen, warum ausgerechnet er auf dem Schiff bleiben soll.
"Wenn wir Ami auf dem Schiff lassen, wird sie wieder entführt", meint Azarni.
"Genau! Und wenn wir Azarni auf dem Schiff lassen, dann verhungere ich im Urwald", sagt Miki. Ami lacht, Nori dagegen sieht rein gar nicht amüsiert aus.
"Und warum bleibst du dann nicht hier, Miki?"
"Oh Nori, sei doch nicht so ein Sturkopf", antwortet Nana, bevor Miki den Mund aufmachen kann, "Du musst das so sehen. Du bist der Stärkste von uns, also musst du auch auf die Cloudy aufpassen".
"Ist er gar...", setzt Miki an und kassiert eine Kopfnuss von Azarni.
"Still", zischt sie ihn an. Nori kämpft derweil mit sich selbst. Schließlich gibt er auf.
"Na gut, ich bleibe hier. Spätestens morgen seid ihr aber wieder zurück".
Er konnte seiner Schwester noch nie eine Bitte abschlagen. Diese grinst triumphierend und marschiert an der Spitze der Truppe voran, um endlich im Gestrüpp des Dschungels zu versinken.
"Diese ganzen Ranken hier machen mich noch wahnsinnig". Azarni packt eine Ranke und schleudert sie zur Seite. Vor ihr geht Aimi, bewaffnet mit zwei Dolchen und hackt sich den Weg durch die Büsche frei.
"Wer kam eigentlich auf die Idee, querfeldein zu wandern?", fragt Ami.
"Miki!", ruft Nana, obwohl das gar nicht stimmt. Es war ihre Idee gewesen. Was solls. Miki kann ruhig auch mal an etwas schuld sein, er hat sowieso nicht zugehört.
Azarni unterhält sich mit Ami über das Pulver, welches diese seit Tagen versucht aus den Schuppen der Seeschlange herzustellen, als Aimi abrupt stehen bleibt.
"Was ist los?", fragt Miki.
Aimi deutet auf den Weg, welcher sich direkt vor ihrer Nase in zwei Biegungen teilt.
"Oh wunderbar, was machen wir jetzt?"
"Ganz einfach Azarni, wir teilen uns auf. Du gehst mit Nana und ich mit Miki". Ami hakt sich bei Miki ein und zieht ihn nach links. Seinem Gesicht nach zu urteilen ist er mit der Aufteilung gar nicht einverstanden, sicherlich wäre er lieber mit Nana gegangen, damit sie wieder etwas Zeit alleine und ohne Nori verbringen können. Aber das will er jetzt nicht so offen zugeben, sonst machen sich Ami und Azarni noch über ihn lustig oder noch schlimmer, sie verpfeifen ihn bei Nori und erzählen Nana werweißwas. Also muss er sich der Entscheidung seiner Freundin wohl oder übel fügen.
"Was genau war eigentlich in Loguetown mit diesem Penner, von dem du erzählst hast?", fragt Azarni. Nana seufzt und berichtet ihrer Freundin, was genau sich an diesem Tag zugetragen hatte: "Na Miki und ich waren doch bei Ace, um Ami einzusacken. Und nachdem dieser seine Erlaubnis gegeben hat, wollten wir unbedingt noch das Schafott sehen, auf welchem Gol D. Roger damals hingerichtet worden ist. So ein wenig Heimatkunde, weißt du? Jedenfalls standen wir dann dort und haben über die Reise unserer Eltern geredet, da kam ich mir auf einmal beobachtet vor. Ich sah mich um und entdeckte diesen alten Mann, wie er an einer Hauswand gelehnt stand und eine Zigarre gepafft hat. Irgendwie merkwürdig, er hat überhaupt nicht mich angestarrt sondern Miki. Und der Depp hat es natürlich nicht gemerkt. Ich habe ihn dann, als wir weitergegangen sind, in eine engere Gasse gezogen, weil ich eine Konfrontation mit dem Opa vermeiden wollte. Plötzlich stand er vor uns und hat uns blöd angemacht, weil er Miki mit seinem Vater verwechselt hat. Wir haben anschließend herausgefunden, dass er was mit der Marine zutun hatte und uns "im Auge behalten" will. Miki hat eben abgestritten, dass er sein Vater ist und war zur Abwechslung auch nicht so dumm, sich als Ruffys Sohn vorzustellen und ich habe noch ein paar Lügen erfunden, dann sind wir gegangen. Das war es auch schon, seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen und auch sonst nichts von ihm gehört. Vielleicht hat er uns ja auch schon längst wieder vergessen".
"Anhänger der Marine vergessen nicht so leicht". Azarni ist beunruhigt, trotzdem winkt sie ab. Sie will Nana nicht noch mehr verrückt machen, die dreht eh schon wegen jedem Mist durch, den Miki veranstaltet oder ihn auch nur im Geringsten betrifft. Sie will das Thema wechseln, da kommt ihr ein anderer Gedanke.
"Meinst du, er könnte etwas mit dem Verschwinden von meiner Schwester zutun haben?"
"Mit Beniko?" Nana denkt kurz nach, doch ihre Antwort ist klar: "Nein, das glaube ich nicht. Er hat ja nur uns beide gesehen und niemanden von euch und als wir in Loguetown geankert haben, war auch keiner von uns so blöd und hat zugegeben, dass wir Piraten sind, geschweige denn die Jolly Roger gehisst".
Azarni nickt. Nana merkt, dass ihre Freundin enttäuscht ist. Sie macht sich abgrundtiefe Sorgen um Beniko und Nana kann nicht abstreiten, dass auch sie sich um das jüngere Mitglied sorgt.
"Kannst du dich wirklich an gar nichts mehr erinnern?"
Miki ist neugierig. Ami hat nach ihrer Entführung nicht viel erzählt, höchstens Nana weiß ein paar Insider. Und ausgerechnet die kann schweigen wie ein Grab, wenn es darauf ankommt. Amis Gesicht verdüstert sich. Sie denkt nicht gerne zurück an den Tag, an welchen sie sich so hilflos gefühlt hat wie noch nie, aber alles, was helfen könnte, einen Hinweis auf Benikos Verbleib zu erhalten, ist äußerst wichtig.
"Naja, da ist nicht wirklich viel", gibt sie zu, "ich weiß nur noch, dass da drei Männer waren, die erst Beniko und dann mich mit etwas beschossen haben. Als ich wieder aufgewacht bin, saß ich in einem dunklen Raum, Beniko neben mir. Vor uns stand ein mittelgroßer Mann mit langen Haaren. Aber an mehr kann ich mich auch nciht mehr erinnern, denn ich glaube, ich habe direkt nach diesem Bild wieder einen Schlag abbekommen. Das letzte, woran ich mich erinnere, sind eure entsetzten Gesichter".
"Hm. Das ist natürlich nicht allzu viel. Aber es wird uns helfen". Miki ist guter Dinge, aber es ist auch seine Art, motiviert zu sein. Trübsal blasen hilft jetzt auch keinem.
"Hey, sieh mal. Dort drüben sind die anderen", Ami stupst ihn an. Tatsächlich, unweit der beiden tapsen Nana und Azarni durch das Unterholz.
"Da seid ihr ja wieder!"
Miki springt flink wie ein Kaninchen zwischen den Büschen und Bäumen umher, so, dass Ami Mühe hat, ihm zu folgen.
"So sieht man sich also wieder. Ich sehe, du warst beschäftigt". Azarni klopft ihr mitfühlend auf die Schulter und wirft einen bösen Blick zu Miki, der mal wieder rein gar nichts mitbekommt.
Nana hat sich schon wieder in Bewegung gesetzt. Eine halbe Stunde lang sollte ihr Tatendrang noch anhalten. Genau solange, bis die vier erneut vor eine Abzweigung stehen.
"Mir reichts. Miki, du bist mir zu anstrengend. Ich gehe jetzt mit Azarni", bestimmt Ami und zieht sie beiseite. Miki grinst und freut sich einen Keks. Er reicht Nana den Arm (ganz der Gentleman) und spaziert mit ihr los, einen mehr oder weniger festen Trampelpfad entlang. Hauptsache, er ist alleine mit ihr...

Nixe


Nori legt die Gummibänder, mit welchen er trainiert hatte, beiseite und verschwindet in die Küche, um sich eine Flasche Cola zu holen. Ohne die Anderen ist es so schön ruhig an Deck der Cloudy, trotzdem wäre er lieber selbst in den Dschungel verschwunden. Miki alleine kann schließlich nicht auf alle aufpassen, auch, wenn Azarni alles andere als wehrlos ist. In ihrer momentanen Verfassung ist mit ihr als Kampfpartner nämlich nicht zu rechnen.
Seufzend stützt der junge Mann den Kopf in die Hände. Auch er sorgt sich um Beniko. Onkel Sanji wird seinem Vater den Kopf abhacken, wenn er herausfindet, dass Beniko noch vor der Grandline verloren gegangen ist. Außerdem traut er der Tatsache nicht, dass Ami auf dem Boot ausgesetzt wurde und sie nicht. Entweder, Beniko befindet sich noch an Bord des gelben Schiffes oder sie wurde von jemand anderem entführt. Beides ist schlimm, denn das Schiff haben sie bereits eine Stunde nach Amis Auftauchen aus den Augen verloren. Sollten die Piraten auch in die Richtung der Grandline segeln, hätten sie Glück. Wenn nicht, dann bleibt nur zu hoffen, dass sie irgendwelche Hinweise auf Benikos Verbleib erhalten. Moment mal, Hinweise? Vielleicht gibt es wirklich welche! Nori stellt die halbleere Colaflasche auf den Tisch und sprintet unter Deck. Es ist gar nicht so unwahrscheinlich, dass es hier Hinweise gibt. Er muss nur genau suchen. Und so beginnt Nori damit, Benikos Zimmer zu durchwühlen. Ihren Schrank, ihren Schreibtisch, alles wird akribisch geprüft.
"Sag mal Azarni", fängt Ami vorsichtig an,"sind Miki und Nana eigentlich jetzt zusammen?"
"Nein, ich wüsste nicht, dass sie neuerdings ein Paar sind".
"Schade, ich finde die zwei wirklich süß zusammen. Aber ich muss auch ehrlich zugeben, dass ich auf Nana schon etwas neidisch bin. Immer hat sie dieses Glück Kerle zu treffen, die sie genau dann mögen, wenn sie die toll findet".
"Wer ist da nicht neidisch?", seufzt Azarni. In Gedanken ist sie bei ihrer Schwester, welche auch immer neidisch auf alles und jeden war.
"Wow, das ist echt...eindrucksvoll!"
Miki kann auf Nanas Ausruf nur zustimmend nicken. Die beiden jungen Piraten stehen vor einem riesigen Wasserfall, wessen Wasser türkisblau leuchtet und tosend hinab stürzt. Der entstandene See ist so klar, dass man die dunklen Kiessteine am Grund erkennen kann.
"Wahnsinn, glaubst du, es gibt hier besondere Fische?" Nana bückt sich am Ufer und steckt die Hand in das kühle Nass. Sie sieht nicht, dass sich auf Mikis Gesicht erst ein böses Grinsen erscheint, bevor er sich ihr vorsichtig von hinten nähert und ihr einen Schubs gibt. Nana platscht ungehindert ins Wasser. Miki lacht laut auf. Hustend erscheint ihr Kopf über der Wasseroberfläche. Das Ufer ist gerade so tief, dass die Dunkelhaarige noch stehen kann. Blitzschnell springt sie heraus.
"Sag mal SPINNST DU!?" Die Zornfalte auf ihrer Stirn ist unübersehbar. Miki hört auf zu lachen, aber das Grinsen ziert weiterhin sein Gesicht.
"Ich sehe einen besonderen Fisch. Ich glaube, es ist eine Wassernixe", sagt er. Nana findet das überhaupt nicht lustig: "Miki! Wir sind mitten in einem Urwald, meine Klamotten sind nass, es dämmert langsam und du hast nichts besseres zutun, als mich ins Wasser zu schubsen? Du bist so ein Kindskopf!"
"Ist ja gut, es tut mir ja Leid", wehrt Miki sich, "aber ich konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen".
Nana schüttelt deprimiert den Kopf.
"Komm, wir gehen zurück zur Cloudy, sonst kommen wir nicht mehr pünktlich an und Nori wird sauer sein".
Sie geht vor, doch Miki überholt sie und kämpft für beide den Weg durch das Unterholz frei. Jedoch ohne großen Erfolg...
"Bist du dir sicher, dass wir hier nicht schon einmal waren?"
Nana sieht skeptisch den großen, lilafarbenen Strauch an, welcher zu ihrer Rechten wächst.
"Hm, keine Ahnung. Mir ist der nicht aufgefallen", lügt Miki. Die Wahrheit jedoch ist, dass er keine Ahnung mehr hat, wo die beiden sich befinden. Einfach geradeaus, irgendwann werden sie schon am Strand landen...
Dämmeriges Licht hüllt die Segel der Cloudy ein. Azarni und Ami nähern sich erschöpft dem Schiff.
"Wo ist Nana?"
Nori stemmt die Hände in die Hüften und mustert die beiden Freundinnen. Während Ami unter seinem Blick immer eingeschüchterter wirkt, baut Azarni sich mutig vor ihm auf.
"Wir hatten eine Abzweigung passiert. Nana und Miki sind wohl noch unterwegs".
"Du hast meine Schwester mit Miki alleine gelassen?", ruft Nori aus, krallt die Hände in seine Haare und mustert Azarni vorwurfsvoll.
Diese winkt Ami vorbei. Erst, als diese unter Deck verschwunden ist, packt Azarni den tobenden Kerl am Shirt und reißt seinen Kopf zu sich.
"Reg dich ab! Miki wird sie schon heil zurückbringen. Nur, weil DU keine Freundin hast, musst du deiner Schwester ihr Glück nicht zerstören".
Dann stößt sie ihn von sich und tritt die Tür zur Küche auf. Nori reibt sich verwundert den Hals, während er Azarni nachsieht. Derartige Ausbrüche ist er nicht von ihr gewohnt. Außerdem...was soll das heißen, nur weil er keine Freundin hat? Wenn Nori eine gewollt hätte, würde die restliche Crew sich vor seinen Verehrerinnen kaum retten können.
"Miki, mir reicht es! Siehst du die Höhle da vorne? Wir scheuchen seine Bewohner heraus und übernachten dort. Dann habe ich den Schlafsack wenigstens nicht umsonst mitgeschleppt".
Betröppelt latscht Miki in das Innere der Höhle. Sie ist leer. Gut, immerhin keine wilden Tiere. Nana stellt den Rucksack ab und lässt sich auf den Po plumpsen. Ihre Kleidung ist immernoch feucht, sie friert, hat Hunger und unendliche Wut auf Miki, der ihr das alles eingebrockt hat. Im Sitzen packt sie den Schlafsack aus. Endlich schlafen...nicht einmal was zu Essen ist ihnen geblieben. Miki hat alles gefuttert. Nana rollt die Isomatte entzwei und öffnet den Reißverschluss den Schlafsacks, um ihn zur Decke umzufunktionieren.
"Geh mal raus und guck, ob du in der Ferne die Cloudy siehst", sagt sie zu Miki. Dieser verflüchtigt sich ohne Murren nach draussen. Während er versucht, über das Dickicht der Bäume hinweg zu schauen, öffnet Nana die Knöpfe ihrer Hose und zieht sich bis auf die Unterwäsche aus. Ihre nasse Kleidung legt sie auf ein paar Steine zum Trocknen, bevor sie ihren halbnackten Körper unter die Decke verfrachtet und sich demonstrativ zur Wand dreht.
"Nein, ich sehe nichts..."
Miki kommt in die Höhle zurück und stutzt. Sein Blick fällt auf das nasse Shirt und die Jeans und siedend heiß fällt ihm ein, dass Nana im Grunde gar nichts an hat.
"Und wo soll ich schlafen?", fragt er beleidigt, denn Nori erwürgt ihn, wenn er sich jetzt zu dessen Schwester unter die Decke kuschelt.
"Irgendwo anders", murmelt diese und schnieft. Ihre Nase hat angefangen zu laufen. Schon jetzt weiß sie, dass sie sich im See eine nette Erkältung eingefangen hat. Dank Miki.
"Weinst du?", fragt Miki.
"Nein!", antwortet Nana zischend und beendet damit das Gespräch.
Miki lässt sich auf der anderen Seite der Wand sinken und beobachtet, wie die Sonne untergeht. Die Bäume werfen dunkle Schatten in den Eingang der Höhle und nur der Mond spendet ein wenig Licht. Obwohl Miki sich mit Hilfe seiner Teufelskräfte eine Hitze wie in der Wüste vorstellt, zittern seine Hände vor Kälte. Fehlt nicht viel und an seiner Nasenspitze wären Eiszapfen gewachsen.
"Na gut, komm halt her".
Nanas Stimme ist nur ein leises Flüstern, trotzdem hat Miki haargenau verstanden, dass sie es ihm erlauben würde, auch unter der Decke zu schlafen. Während sie fast keine Kleidung trägt.
"Sicher?", fragt er misstrauisch.
"Jetzt mach schon. Ich habe keine Lust, morgen eine Eisleiche zur Cloudy zu schleppen". Nana hebt die Decke ein Stück an. Mit zwei Sätzen ist Miki unter die warme Decke geschlüpft. Regungslos liegt er da, lauscht Nanas Atem und spürt, wie langsam das Leben in seine Hände und Füße zurückkehrt.
Nana beißt die Zähne zusammen. So nah war sie Miki noch nie. Nicht einmal seit fünf Minuten liegt ihr Schwarm neben ihr und schon fängt ihr Herz an zu klopfen, als wollte es einen neuen Rekord im Blutpumpen aufstellen. Ihre Hände kribbeln. Andauernd wandern ihre Gedanken zu Miki, wenden sich gar nicht erst ab. Ihr Körper zittert.
Irritiert hält Miki die Luft an. Ihm selbst ist wieder warm. Dafür scheint Nana umso mehr zu frieren. Seine Chance.
"Ist dir kalt?", fragt er vorsichtig, "möchtest du kuscheln?"
Einen kurzen Augenblick ist es ruhig, dann dreht Nana sich zu ihm um und sieht ihn an: "Ja".
Miki rutscht näher zu ihr, schlingt einen Arm um ihren Körper, so, dass Nana ihren Kopf darauf legen kann und streichelt mit der anderen Hand ihren Rücken, bis sie entspannt die Augen schließt.
Nana hat keine Ahnung, wie lange sie still da liegt und sich einfach von Miki anfassen lässt. Irgendwann schleicht sich ihr der Gedanken in den Kopf, ob Miki genauso trainierte Bauchmuskeln hat wie ihr Bruder. Ohne Hemmungen schiebt sie ihre Hand unter sein Shirt und fährt die Musekeln mit den Fingerspitzen nach. Auf Mikis Gesicht schleicht sich ein Lächeln, bevor er sich selbstsicher seines Shirts entledigt, sich auf den Rücken dreht und Nana auf sich zieht. Diese vergräbt glücklich ihren Kopf an seinem Hals, bevor sie schließlich einschläft. Miki liegt noch lange wach. Nanas gleichmäßige Atemzüge beruhigen ihn und doch kämpft er gegen die Müdigkeit an, um sie im plötzlichen Ernstfall beschützen zu können.

Rauch


"Mein Gott, was ist hier los?"
Beniko stürmt in die Kombüse der Yellow Duck und schiebt Keiichi, den improvisierten Koch, hinaus.
"Männer am Herd", beschwert sie sich, während sie die dicken Rauchschwaden mittels einer geöffneten Luke aus dem Raum vertreibt. Die verbliebenen Lebensmittel, welche sich noch nicht in Form von schwarzer Paste in die Pfanne geklebt haben, bereitet sie auf dem Tisch aus. Viel ist es für heute nicht mehr, aber damit sollte man die eher kleine Crew von fünfzehn Leuten schon satt bekommen. Seit einigen Wochen ist sie schon auf der Yellow Duck und es geht ihr blendend. Ihre Schwester und Konsorten vermisst sie keinesfalls.
Fluchend schrubbt sie die Pfanne sauber und erhitzt neues Öl darin. Völlig in der Arbeit versunken bemerkt sie den Kapitän nicht, der hinter ihr in den Raum kommt und sie bei ihrem Tun beobachtet. Es wundert ihn ein wenig, dass Keiichi sich hat einfach so von ihr aus seinem Revier vertreiben lassen. Sein Vize tritt neben ihn.
"Weißt du Tai, sie macht im Training zwar nur langsam Fortschritte, kann die Jungs aber unglaublich gut herum kommandieren".
Der Angesprochene nickt zustimmend.
"Ich glaube, sie braucht mal eine Lektion was Gehorsam angeht. Ich kommandiere hier herum und sonst keiner", sagt er und schickt Matt nach draußen.
"Beniko, geh ins Büro. Wir müssen etwas besprechen". Anschließend verlässt auch Tai die Kombüse seines Schiffes und lässt eine verdatterte Beniko zurück.
"Da! Diese Dreckskiste da vorne! Das ist sein neues Schiff!"
Smoker steht an der Spitze der A6N2, ein kleiner, jedoch sehr wendiger Zerstörer und deutet auf die ankernde Cloudy in etwa zweihundert Meter Entfernung. Ein besseres Schiff war im Hafen von Loguetown nicht auffindbar gewesen. Dabei musste er doch so schnell es geht hinter dem Kahn mit den Wolken auf dem Segel herkommmen.
"Sir? Sie sind sich sicher, dass es sich hierbei um das Schiff von Monkey D. Ruffy handelt?"
"Todsicher!", brüllt Smoker den Kapitän des Zerstörers an und beträufelt ihn dabei mit Spucketröpfchen. Dann zieht er ein Pillendöschen hervor und genehmigt sich eine Hustenpastille.
"Aber Sir...die Flagge des Schiffes ist nicht identisch und wir konnten auch keine Person mit Strohhut an Deck ausmachen. Das ist generell überhaupt keine Piratenflagge".
"Na und?", ist Smokers grimmige Antwort, "dann hat der alte Schuft sich eben eine neue Flagge zugelegt! Ich habe ihn doch selbst gesehen! Er war es!"
"Nun, wenn Sie das sagen". Der Kapitän stiehlt sich davon, nicht ganz so überzeugt wie Smoker.
"Nori?"
Azarni steht mit gemischten Gefühlen an der Reling der Cloudy und starrt das näherkommende Marineschiff an.
"Hm?" Nori taucht neben ihr auf und erblickt den Zerstörer.
"Geh und hole die Flagge ein. Wenn das der Heini aus Loguetown ist, dann haben wir vielleicht Glück. Immerhin hat dieser nur Miki und Nana gesehen".
Nori nickt und klettert zum Ausguck hinauf. Es ist ihm unklar, warum Azarni die Flagge weg haben will, schließlich konnten sich die sechs noch nicht einigen, welches Motiv nun auf ihre Jolly Roger gemalt werden soll.
"Rauskommen! Ich weiß, dass ihr hier seid!"
Smokers kratzige Stimme hallt über die Cloudy. Azarni, Nori und Ami kommen aus der Küche. Sie alle sind unbewaffnet und sehen wie normale Kinder aus.
"Bitte? Wie können wir Ihnen helfen?", fragt Azarni höflich und darauf bedacht, dem furchteinflössenden Blick des Marineopas stand zu halten.
"Wir suchen Monkey D. Ruffy, also ergebt euch besser sofort", faucht Smoker sie an.
"Tut mir Leid. Da sind Sie hier wohl falsch", erklärt Nori ruhig.
"Veräppeln kann ich mich selbst, junger Mann!", ist die schnippische Antwort, "ich habe ihn doch selbst gesehen!"
Ami bemerkt das verwirrte Gesicht des Kapitäns, welches klar dafür spricht, dass er den Kerl für genauso verrückt hält, wie sie. Mit einem amüsierten Grinsen wendet sie sich an Smoker:
"Es steht Ihnen frei, unser Schiff zu durchsuchen, aber seien Sie unbesorgt, Sie werden hier niemanden finden und schon gar nicht...äh, wie hieß der Gesuchte? Luffy?"
"Pah", schnaubt Smoker und rempelt sich an den dreien vorbei hinunter in den Bauchraum der Cloudy. Eineinhalb Stunden später sollte er jedoch völlig erschöpft wieder hinauskommen, ohne Erfolg gehabt zu haben und mit bestialisch mieser Laune...
"Tai? Worüber wolltest du sprechen?"
Zögernd schließt Beniko die Tür des Büros hinter sich. Tai winkt sie an seinen Schreibtisch, steht auf, geht um diesen herum und stellt sich ihr gegenüber. Im Grunde genommen hat er Beniko jeden Fluchtweg versperrt, denn der Schreibtisch sticht ihr in den Rücken.
"Du wirst in Zukunft niemanden mehr herum kommandieren, klar? Das ist mein Job.", fragt er, greift unsanft nach ihrem Kinn und hebt es an. Beniko schießt augenblicklich die Angst durch den Körper. Sie kann sich doch gar nicht gegen ihn wehren, sollte er ihr was antun wollen. Völlig eingeschüchtert nickt sie.
"Gut", sagt Tai und prüft ihren Blick, "weshalb so still? Du bist doch sonst nicht auf den Mund gefallen?"
"Ich...ähm, ich...", stottert Beniko, "ich wollte...d..dich nicht verärgern".
Tai lacht leise. Wie ein kleines Kind steht sie vor ihm, bereit, jeden Moment wegzulaufen oder zu weinen, je nachdem, welche Möglichkeit ihr das geringere Übel bringt. Er lässt ihr Kinn los, umfasst ihr Gesicht mit seinen Händen und zieht sie in eine Umarmung.
"Hör auf, dich wie ein Baby zu benehmen. Du bist keines", flüstert er ihr ins Ohr. Dann steht er still im Raum und wartet. Von Beniko kommt keine Reaktion. Immernoch stocksteif steht sie da und wartet anscheinend auf Weiteres von ihm.
"Worauf wartest du?", fragt er schließlich.
"Darauf...", Benikos Körper spannt sich noch mehr an, "dass du mir sagst, dass ich eine Versagerin und zu nichts zu gebrauchen bin, und es gar nicht verdient habe, hier zu sein". Tai stockt der Atem.
"Hat dein früherer Kapitän das zu dir gesagt?"
In seiner Umarmung gefangen schüttelt sie den Kopf.
"Wer dann? Deine Eltern?"
"Nein. Aber meine Schwester hat mir immer dieses Gefühl gegeben. Dass ich nur die Zweitgeborene bin. Dass sie viel besser ist als ich, alles kann und immer bekommt, was sie will. Nie hat mich jemand angesehen. Nie haben mich...Jungs...angeguckt, wenn wir in der Stadt unterwegs waren. Nie habe ich so gute Schulnoten nach Hause gebracht. Nie haben meine Eltern gefragt, wie ich mich fühle und ob ich mit der momentanen Situation zufrieden bin. Das waren immer ihre Privilegien", bricht es aus Beniko heraus und ein Schluchzen entfährt ihr.
Tai schließt die Arme fester um sie.
"Wie sieht deine Schwester aus?"
"Schulterlange, blonde Haare, blaue Augen, schlank. Eben der Traum von jedem Kerl".
Tai schnaubt.
"Und wie siehst du aus?", fragt er Beniko. Diese hebt verwirrt den Kopf.
"Was soll das? Das siehst du doch".
"Ich will es aber aus deinem Mund hören. Wie siehst du aus Beni-Süße".
Süße?
"Ich habe lange, rotblonde Haare, wässrige hellblaue Augen und komische Augenbrauen".
Tai lächelt.
"Es ist mir egal, wie du deine Schwester beschreibst, denn du siehst um Meilen besser aus als sie. Jede Wette. Und jetzt hör auf, dich über ihre Meinung zu definieren und sei die, die du bist". Mit einem liebevollen Kuss auf die Wange lässt er Beniko los und scheucht sie aus dem Büro, um Logbuch zu schreiben.

Nihilismus


Der Wind streicht sachte über die Segel der Cloudy. Den ganzen Vormittag hatte es stark geregnet, ja fast schon gestürmt, doch jetzt ist Ruhe auf See eingekehrt. Der Himmel klärt sich langsam auf und die abziehenden Wolken hinterlassen einen hellgrauen Schleier in der unendliche Weite des blauen Hintergrunds. Die Wellen schwappen sanft gegen die Cloudy, auf deren Gallionsfigur Monkey D. Miki herum lümmelt. Lange hat er in seinem Zimmer gesessen und gewartet, dass er nun endlich wieder an Deck kann, doch hier oben angekommen weiß er nun auch nicht recht, mit was er sich die Zeit vertreiben soll. Sein Blick fällt auf den Mast des Schiffes und da kommt ihm der geniale Einfall ! Die Cloudy, besser gesagt ihre Piratenflagge, könne nun endlich das Logo seiner eigenen Crew tragen. Motiviert springt er auf und sucht seine Freunde zusammen, doch die sollten ihm die Leichtigkeit des Seins noch nehmen. Denn sie alle sind von einer Krankheit befallen. Genauer gesagt: Vom Nihilismus, einer altertümlichen "Modekrankheit". Sie alle gammeln auf der Cloudy herum, jammern in einer Tour, dass sie nichts zu tun hätten und bemängeln die Zeit, die ihnen im Leben noch bleibt und welche sie ja füllen müssen. Bei dem Gedanken an die Ewigkeit wird es ihnen Angst und Bange.
"Ami? Was machst du da?"
Ami sitzt in ihrem Zimmer, genauer gesagt in ihrer Hängematte, und starrt an die Decke. Erst dachte ich, sie würde schlafen, aber eigentlich sitzt sie nur tatenlos herum.
"Ich mache nix. Das siehst du doch", meint sie.
"Warum forschst du nicht an deinen Schuppen weiter? Du weißt schon, die von der Seeschlange. Irgendwann wirst du bestimmt ein paar super Ergebnisse erzielen".
"Ja. Irgendwann. Irgendwann ist ein unbestimmtes Zeitintervall auf eine bestimmte Lebensspanne".
Komisch gucke ich sie an. Irgendwie habe ich das nicht ganz verstanden.
"Ist ja auch egal Miki. Du verstehst das nicht. Du bist viel zu lebensfroh. Kannst du nicht einfach gehen und mich mir selbst überlassen?", fragt sie.
Ich schüttele den Kopf so heftig, dass meine kurzen, schwarzen Haare wild in meine Stirn fliegen.
"Damit du hier weiterhin ein trostloses Dasein fristest? Auf keinen Fall! Du musst doch was tun. Willst du wirklich, dass dir eines Tages jemand mit den Forschungsergebnissen zuvor kommt?"
Ami betrachtet mich. Plötzlich springt sie auf und rennt an mir vorbei.
"Du hast Recht Miki!", ruft sie mir noch zu. Na bitte, eine habe ich geschafft. Ob das bei dem Rest auch so leicht wird?
Ein Zimmer weiter empfängt mich das Chaos pur. Komisch, dabei ist Nana ein wirklich ordentlicher Mensch. Zumindest meistens.
"Störe ich dich?", frage ich vorsichtig, aber die Antwort ist unnötig. Nana liegt in ihrem Bett, mit dem Gesicht nach unten und drückt ein Kissen auf ihren Kopf.
"Ja", brummt sie.
"Oh, das tut mir aber Leid...nicht! Komm schon du faule Nuss, du kannst nicht den ganzen Tag hier rumliegen!", rufe ich und springe auf ihr Bett. Als sie sich nicht rührt, kitzle ich sie an den Rippen.
"Miki, hör auf damit!", faucht sie. Als ich die Finger nicht von ihr lasse, dreht sie sich um und schlägt mich mit dem Kissen ins Gesicht.
"Das gibt eine Schlacht!" Ich greife mir ebenfalls eines und haue zurück. Nana wird wütend. Yeah, eine Gefühlsregung bei ihr hervor zu rufen ist noch einfacher als bei Ami. Und sie ist wirklich süß, wenn sie wütend ist.
"Du Spast! Du undankbarer Vollpfosten! Lass! Mich! In! Ruhe!"
Mit jedem Wort bekomme ich einen Hieb mehr ab. Nana ist richtig fix, so schnell kann ich ihre Hiebe gar nicht parieren.
"Boah, du hast es voll drauf! Los, gibs mir!" Ich halte inne. Nana lässt das Kissen sinken, läuft rot an und prustet los.
"Was?", japst sie und verfällt in einen akuten Kicheranfall.
Verwirrt sehe ich sie an. Keine Ahnung, wovon die spricht.
"Miki...das war mehr als nur zweideutig". Ihr Lachen füllt den ganzen Raum und die Hitze schießt mir in den Kopf. Oh Gott, warum habe ich nicht vorher nachgedacht? Peinlich...!
"Tja, dann kannst du, wenn du jetzt schon wieder anwesend bist, dich ja auch mal an die Wäsche machen. Du bist die Woche dran mit dem Waschen", sage ich, werfe das Kissen zurück auf ihr Bett und verlasse das Zimmer, während sie immernoch kichert. Peinlich...
"Hey Nori! Warum trainierst du nicht? Denkst du, du bist stark genug, es endlich mit mir aufzunehmen?", rufe ich meinem Kumpel zu. Dieser liegt ausgestreckt auf der östlichen Seite des Decks und starrt gedankenverloren in der Gegend herum. Wie er mich nervt. Schon den ganzen Tag geht das so!
"Ach Miki, lass mich in Ruhe", mault er und verschränkt die Arme vor der Brust.
"Nein, ich lass dich nicht in Ruhe! Den ganzen Tag faulenzst du hier schon rum! Wenn du nicht weißt, was du machen sollst, dann kämpfe gegen mich".
"Nö".
"Doch! Oder willst du damit sagen", ich grinse, weil ich weiß, dass er mir nicht mehr bald Widerstand leisten wird, "dass du zu feige bist?"
Nori taxiert mich mit unergründlicher Miene.
"Na gut, Kleiner! Du hast es nicht anders gewollt". Er erhebt sich.
"Nenn mich nicht Kleiner. Ich bin zwei Monate älter als du!"
Ich lache. Ich habe doch gesagt, dass Nori sich nie lange wehren kann, wenn man mit ihm Raufen will. Da ist er wie jeder andere Junge auch.
"Na los, fang doch an!", ruft er.
Ich kreuze meine Finger und schicke ihm ein bisschen Kopfkino von einer nackten Frau. Nori lacht.
"Haha Miki, du Schuft! Darauf falle ich nicht rein! Da musst du dir schon was besseres ausdenken". Mit zwei Sätzen steht er mir gegenüber und bevor ich eine Illusion erschaffen kann, die ihn glauben lässt, er würde vor der Wand stehen, fliege ich auch schon über das Deck der Cloudy und krache gegen den Mast. Mist!
"Übe noch ein wenig...KLEINER!", betont Nori und verschwindet gut gelaunt in Richtung Ausguck. Blödmann! Ich wollte doch nur ein wenig raufen und nicht gleich wieder ein paar auf die Mütze bekommen. Das gibt jede Menge blaue Flecken. Dumm gelaufen...ich sollte langsam anfangen, Gewichte zu stemmen, sonst wird das nie was.
"Azarni? Ich habe Hunger".
Mit verschränkten Armen und Schmollmiene baue ich mich in der Küche vor der Älteren auf. Sie sitzt, genau wie der Rest, tatenlos herum und rührt zum zweihundertsten Mal in ihrer, mittlerweile erkalteten, Teetasse.
"Dann mach dir was", antwortet sie mürrisch. Oh nein, wenn Azarni schlechte Laune hat, ist der Tag, beziehungsweise das Abendessen, wirklich gelaufen!
"Komm schon! Du weißt, dass ich nicht kochen kann", bettele ich, doch sie bleibt stur.
"Warum überhaupt so missgelaunt?"
Traurig sieht sie mich an und kaut verstohlen auf ihrer Unterlippe, bis das feine Häutchen reißt und ein Blutstropfen sich seinen Weg an ihr Kinn bahnt. Sie wischt ihn weg und starrt auf die Tasse. Schließlich fällt die erste Träne. Schweigend setze ich mich neben sie und lege meine Hand auf ihre.
"Ich vermisse sie so sehr", schluchzt Azarni, als sie den Kopf auf meine Schulter legt. Meine, vorher so fröhlichen, Gedanken sind schlagartig weggewischt.
"Wir finden sie. Das verspreche ich dir und du weißt, ich halte immer, was ich sagen".
"Ich weiß doch! Aber das bringt uns nichts, wenn wir nicht wissen, wo wir suchen sollen. Außerdem habe ich Angst um sie. Beniko kann nur bei diesen Piraten mit dem gelben Schiff sein, sonst gibt es keine andere Möglichkeit. Und wir haben nirgends einen Hinweis auf ihren Verbleib erhalten. Was, wenn sie ihr etwas antun? Was, wenn der andere Kapitän ein...ein perverser Spinner ist?"
Die Stimme bleibt Azarni weg, als sie ihre größte Angst ausspricht. Dass ihre Schwester misshandelt werden könnte.
"Wohl kaum. Du kennst doch Beniko, die kann sich wehren, wenn es darauf ankommt", versuche ich sie zu trösten.
"Nein Miki", Azarni nimmt den Kopf von meiner Schulter und sieht mich an, "das kann sie nicht. Was glaubst du wohl, warum Mama und Papa sie nicht haben mitfahren lassen wollen?"
Ich sehe zu Boden. So habe ich noch nie über die Situation nachgedacht.

Neues


"Und? Hat er endlich mal geschrieben?"
Erwartungsvoll mustert Aimi ihren Mann. Dieser liegt im Garten in seiner Hängematte und schwelgt in alten Erinnerungen. Da darf natürlich sein Strohhut nicht fehlen.
"Nö. Hast du das erwartet?"
Aimi seufzt und setzt sich neben Ruffy, dabei nimmt sie ihm den Hut aus der Hand und setzt ihn sich selbst auf.
"Sagen wir, ich hatte es gehofft".
"Sieh mal Schatz...unser Kleiner erlebt jetzt jede Menge Abenteuer. Da hat er keine Zeit, andauernd an uns zu denken und uns Briefe zu schicken. Außerdem ist er doch schon erwachsen, da braucht er uns nicht mehr so stark". Ruffy zieht sie in seine Arme und Aimi schließt die Augen. Sie vermisst ihren Sohn. Die ersten Wochen waren aushaltbar gewesen, da das Augenmerk auf der abgehauenen Beniko lag und sie damit beschäftigt war, Nami abzulenken. Aber nun, wo er morgens nicht mehr zum Frühstück erscheint, mit seinem Vater rauft und ihr stundenlang von Nana erzählt, fehlt er ihr umso mehr.
"Ja, du hast Recht. Aber ich vermisse ihn. Fehlt er dir gar nicht?"
Ruffy runzelt die Stirn.
"Natürlich fehlt er mir. Aber als ich sein Alter hatte, war ich schon lange auf der Grandline unterwegs und habe Abenteuer erlebt. Ich denke, dass er das tun muss, um endlich im Leben anzukommen".
Aimi muss ihm still recht geben. Auch sie denkt, dass es für Miki ein Muss war, zur See zu fahren.
"Vermisst du das Piratendasein?", fragt sie Ruffy.
Dieser lacht und platziert ein, vom Dreitagebart, kratziges Küsschen auf ihrem Hals.
"Ich habe doch nie aufgehört, einer zu sein. Aber ich muss zugeben, ich würde schon gerne mal wieder die Aussicht auf der Sunny genießen".
"Dann lass uns das machen", schlägt Aimi vor, "wir trommeln die anderen zusammen und machen einen Abstecher nach Loguetown, besuchen Ace!"
Ruffy nickt. Ihm gefällt die Idee. Er will die Arme gerade enger um seine Frau ziehen, um noch ein wenig mit ihr zu kuscheln, da ist diese schon aufgesprungen und hüpft zurück ins Haus, Nami von ihrer Idee überzeugen.
"Azarni?"
Nori klopft zaghaft an der Tür zu ihrem Zimmer. Erst, als sie ihn herein bittet, tritt er ein und schließt die Tür hinter sich. Nori ist sichtlich nervös. In seinen Händen hält er ein dunkelgrünes Notizbuch. Und was hier drin steht, wird noch ein Chaos auslösen, wie er es noch nie erlebt hat. Da ist sich der junge Mann sicher.
"Was ist?"
Azarni sitzt auf ihrem Bett, einen Roman in der einen, eine Teetasse in der anderen Hand. Sie stellt diese ab und bedeutet Nori, der einen Stuhl herangezogen hat, sich doch lieber neben sie zu setzen.
"Sieh mal", Nori reicht ihr das Notizbuch, "das habe ich...gefunden".
"Wie gefunden?"
"Als ihr diese Dschungelinsel erforscht habt, da...da habe ich ein wenig im Zimmer deiner Schwester gewühlt. Ich dachte, dass wir dort vielleicht etwas finden, was auf ihren Verbleib schließen lässt".
"Und nun?"
"Sieh hinein". Nori faltet beunruhigt die Hände im Schoß, als Azarni das Buch öffnet. Auf der ersten Seite prangt ihr die Handschrift ihrer Schwester entgegen. Das kleine Ding ist bis zur drittletzten Seite gefüllt mit ihren Erinnerungen.
"Ich wusste gar nicht, dass sie Tagebuch schreibt, geschweige denn, dass sie überhaupt eines besitzt".
"Es kommt noch schlimmer", meint Nori und senkt den Kopf, "ich konnte es mir nicht nehmen lassen, hinein zu schauen. Lies dir mal die letzten drei Beiträge durch".
Azarni blättert bis nach hinten und liest. Mit jedem Wort wird ihr Gesicht dunkler und ungläubiger. Ihre Hände beginnen zu zittern und unbewusst kaut sie wieder auf ihrer Unterlippe herum.
"Nein! Das ist nicht wahr!", ruft sie aus und wirft das Notizbuch in die Ecke ihres Zimmers, sobald sie geendet hat.
"Das ist nicht...das kann nicht...", stammelt sie.
"Doch. Sie kann", sagt Nori und greift mitfühlend nach Azarnis Hand. Mit der anderen wischt die Blondine sich die Tränen aus den Augenwinkeln.
"Ich hasse meine Schwester. Das steht da drinne. In jedem Satz steht das", schluchzt sie und bricht in einem Weinkrampf zusammen. Nori nimmt sie fest in den Arm, als könnte er mit seinen starken Armen eine Mauer um sie bilden, welche sie vor allem Unglück der Welt schützt.
"Wusstest du von ihrer Essstörung? Hast du sie deshalb immer gezwungen, ihren Teller leer zu machen?", fragt er vorsichtig. Azarni schüttelt den Kopf, vor lauter Schluchzen kann sie nicht richtig antworten. Nori schweigt. Er weiß nicht, was er dazu sagen soll. Der Inhalt hat ihn ebenfalls geschockt, auch, wenn es Azarni natürlich viel mehr trifft als ihn. Beniko wollte nur weg von zu Hause. Sich immer einsam fühlen zu müssen, ist bestimmt mies.
"Weißt du", beginnt Nori, doch sie unterbricht ihn.
"Ja, ich weiß. Du meinst, sie will gar nicht, dass wir sie suchen. Sie hat den Überfall der fremden Piraten genutzt, um sich entgültig von uns abzugrenzen". Azarnis Stimmung kippt. Sie richtet sich auf. Ihre Hände zittern immernoch, doch aus einem anderen Grund. Ehrfürchtig bemerkt Nori, wie sich die kleine Wunde an ihrer Lippe schließt. Die Wut-Frucht schlägt an.
"Shh", sagt er und will sie wieder in den Arm nehmen, aber Azarni schubst ihn weg.
"Diese Ziege! Diese hinterhältige Schmarotzerin! Diese B****! Mein ganzen Leben lang habe ich immer auf sie aufgepasst, mich nach ihr gerichtet...immer war ich für sie da und habe sie unterstützt und dann...dann...dann zieht sie einfach so eine Nummer ab!"
Azarni springt auf und tritt so fest gegen den Fuß ihres Bettes, dass er wegbricht. Eigentlich hätte sie sich den Zeh brechen müssen, doch die Wut-Frucht lässt ihre Wunden sofort verheilen. Sie sieht sich rasend im Zimmer um und ihr Blick bleibt an einer Kiste mit der Aufschrift "Erinnerungen" hängen.
"Nori, bitte geh. Und nimm dieses behinderte Ding mit", sie deutet auf das aufgeschlagene Tagebuch. Sobald Nori das Zimmer verlassen hat, greift sie nach einem Foto von sich und Beniko und reißt es in winzige Schnipsel.
"Na du süße Maus, willst du eine Runde Hoppe Hoppe Reiter spielen?"
Beniko erstarrt in ihrer Bewegung, einen Schluck aus dem Bierkrug zu nehmen. Ein kleiner, grauhaariger Fettwanst hat sich vor ihr aufgebaut und die übrig gebliebenen, gelblichen Zähne verziehen sich zu einem widerlichen Grinsen, bevor er sich über die aufgesprungenen Lippen leckt. Beniko, Matt und Tai sitzen in einem schäbigen Lokal, dessen Bier auf Anrat der Dorfbewohner jedoch sensationell gut sein soll. Matt wollte gerade aufspringen, da hält Tai ihn zurück. Das will er selbst erledigen.
"Der Einzige, mit dem die Süße spielt, bin ich. Und jetzt verzieh dich!"
Mit einer lässigen Bewegung legt er den Arm um Beniko, zieht sie dichter an seine Seite und mustert den alten Sack finster. Die restlichen Gäste des Lokals halten entsetzt den Atem an.
"Du kleiner Penner hast wohl keine Ahnung, mit wem du es hier zutun hast, oder? Ich bin Scratchmen Apoo".
"Na und? Das interessiert mich nicht und jetzt zieh Leine", blafft Tai und winkt mit der Hand ab. Beniko wird mulmig. Natürlich hat sie Vertrauen in ihren Kapitän, aber der Kerl vor ihnen ist war einer der Supernovae, genau wie Onkel Ruffy es war. Er ist zwar gealtert, aber viel von seiner Stärke ist sicher nicht verloren gegangen.
"Na warte, du brauchst wohl mal ein paar heiße Ohren!"
Apoo stürzt sich auf Tai, doch bevor er ihn auch nur berühren kann, schnippt dieser mit den Fingern und Apoo kracht quer durch die Bar, bevor er in ein paar zerbrochenen Holzstühlen liegen bleibt.
"Keine Sorge, das Geld für die Stühle zahlt er ihnen", sagt Matt zu dem fassungslosen Wirt, legt ein paar Berry auf den Tisch und zieht den Rest seiner Truppe nach draußen.
"Man Matt! Mit dem Scheisskerl war ich noch gar nicht fertig!", ruft Tai, doch Matt hält ihm den Mund zu.
"Auf dieser Insel sollen sich zwei Unteradmiräle herum treiben, also benimm dich", zischt er. Tai hält kurz inne, dann antwortet er:"Geh vor zur Duck und gibt das Kommando zum Ablegen. Wir sollten hier verschwinden".
Beniko läuft still neben den beiden Männern her, der Arm ihres Kapitäns ist immer noch um ihre Hüfte geschlungen.
"Tai? Du kannst mich jetzt los lassen", murmelt sie schüchtern.
"Warum?", fragt dieser, "ist dir das peinlich?"
Beniko guckt weg, Tai lacht und nimmt den Arm zu sich. Er wuschelt ihr durch die Haare.
"Ach Süße, ich hasse es nur, wenn jemand meine Crew dumm anmacht".

Ruinen


"Vergiss es. Ich gehe da nicht runter, niemals in meinem Leben!"
Ami wehrt sich mit Händen und Füßen gegen Miki, der sie vor sich her schiebt. Die Cloudy hatte am frühen Morgen an einer neuen Insel angelegt, die auf der Seekarte von Tante Nami mit Shelltown bezeichnet war. Ein kleines Ding mit drei Bäumen. Doch erst, als Ami, Nori und Miki an Land gingen, bemerkten sie, dass eine weite Steintreppe in das Innere der Insel führte.
"Ach Ami, was soll uns schon passieren? Hier gibt es ja nicht einmal wilde Tiere, geschweige denn Menschen", fragt Miki und hüpft einen Absatz der Treppe hinunter.
"Ich geh da nicht hin. Nein! Fragt doch Azarni, wenn ihr unbedingt eine dritte Person dabei haben wollt".
"Azarni ist momentan nicht in der Lage, auf Erkundungstour zu gehen. Warum, das werdet ihr noch früh genug erfahren", unterbricht Nori das Geplänkel der beiden, umgreift Amis Handgelenk und zieht sie mit sich die Treppenstufen hinunter.
"Geht doch", grinst Miki sie an, überholt die beiden und ist schon bald außer Sichtweite.
"Miki du Idiot, warte gefälligst auf uns!", ruft Nori, aber das hat sein bester Freund schon nicht mehr gehört.
"Wie der Vater so der Sohn. Nur Unsinn im Kopf", sagt Ami und lacht.
"Das sagst gerade du. Wegen deinem Vater wäre seiner fast einmal draufgegangen", kontert Nori.
"Das Leben ist eben kein Ponyhof". Ami läuft Miki hinterher, ihre Angst ist fast weggeblasen. Die Jungs hatten doch recht, was soll ihr hier schon passieren? Nicht eine einzige Mücke bevölkert diese Möchtegerninsel. Nori denkt sich, wie passend Amis Aussage doch zum gestrigen Tag ist. Azarni tut ihm unendlich Leid. Anscheinend hat seine Schwester ein klein wenig Information mitbekommen, deshalb hat sie sich bereit erklärt gehabt, zu kochen. Auch, wenn er Nana liebt, aber es wäre ihm lieber gewesen, Azarni hätte am Herd gestanden.
Nori tritt wieder auf ebenen Boden. Unweit von ihm entfernt stehen Miki und Ami, welche die Steinwände der Höhle betrachten. Darauf ist ein merkwürdiges Bild gemalt. Eine Muschel, ein Ring und ein komisches Stofftuch, welches einem Herdlappen ähnlich sieht, sind darauf zu sehen. Von ihnen gehen ebenso komische Striche, wahrscheinlich Strahlen oder ähnliches, nach oben und enden in Wolken.
"Das ist sehr beeindruckend", meint Ami als Nori gegen sie tritt.
"He Leute, seht mal her, was ich gefunden habe!" Miki steht auf der gegenüberliegenden Seite der Wand und deutet auf einen eingelassenen Ring. Er greift danach.
"Miki lass es!", ruft Nori, aber zu spät. Dieser hat bereits daran gezogen. Plötzlich setzt der Boden sich in Bewegung. Die Steinplatten verschieben sich und wo Nori vor ein paar Minuten noch gestanden hatte, ist nun bodenlose Schwärze. Mit ein paar Sätzen versuchen die drei, sich auf die Treppe zurück zu retten, aber auf einmal verschwinden die Stufen und sie poltern zurück auf die Ebene, die nicht mehr existiert. Lautlos verschluckt die Schwärze die drei.
"Wenn du..."
"Danke Nana, ich will nicht darüber reden".
Azarni weist ihre beste Freundin ab. In eine Decke gekuschelt hat sie sich in ihrem Zimmer zurück gezogen. Nana, die vor ein paar Sekunden noch draußen stand, ist nun hinein getreten und wird bald vom Schlag getroffen. Azarnis Zimmer ist völlig verwüstet. Zwei Stühle liegen umgekippt ihm Raum, der Mülleimer quillt über und auf jedem Zentimeter Raum tümmeln sich Papierfetzen. Kleine, große, bunte und schwarz-weiße.
"Um Rogers Willen, was hast du hier gemacht?"
Nana schlägt entsetzt die Hände vor den Mund und beginnt, Azarnis Sachen aufzuräumen. Diese jedoch bleibt versunken im Bett sitzen und starrt ihr mit leerem Blick hinterher.
"Lass liegen", kommentiert sie kurz, dann versenkt sie den Kopf wieder in dem Kissen auf ihren Knien.
"Nee. Azarni, so geht das nicht weiter hier. Du musst aus deinem Loch kommen", Nana verknotet die Tragehenkel der Mülltüte und verfrachtet diese auf den Flur, bevor sie nach einem Handbesen greift und das Papier vom Boden fegt. Azarni antwortet nicht. Nach ein paar Minuten stillen Schweigens gibt Nana es auf, ihre Freundin auf diese Art zu motivieren.
"Es hilft Beniko nicht, wenn du hier untätig herum sitzt", meint sie.
"Beniko will nicht gefunden werden". Azarnis Stimme ist tonlos. Nana lacht erst, aber als sie den unbegreiflich traurigen Gesichtsausdruck ihrer Freundin sieht, hört sie schlagartig auf.
"Was redest du da?", fragt sie und setzt sich neben Azarni auf das Bett. Diese hat auch weiterhin den Kopf in ihrem Kissen vergraben, aber Nana versteht die gedämpften Laute genau: "Nori hat ihr Tagebuch gefunden. Sie will gar nicht, dass wir sie suchen. Sie wollte weg von uns. Sie...sie...sie hasst mich". Heftiges Schluchzen schüttelt Azarnis Körper. Sie weiß gar nicht, ob sie in den letzten vierundzwanzig Stunden nur einmal länger als zehn Minuten nicht geweint hat. Nana legt den Besen weg.
"Was?", fragt sie ungläubig und Azarni schickt sie in Noris Zimmer, das Notizbuch holen, welches ihr Leben auf den Kopf gestellt hat.
Verwirrt schlägt Ami die Augen auf. Um sie herum ist es dunkel, sie kann ihre eigene Hand nicht vor den Augen erkennen.
"Nori?", flüstert sie in die Stille. Neben ihr regt sich etwas und eine Hand tastet nach ihrem Arm.
"Ich bin hier", flüstert Nori, "kannst du dich erinnern, was passiert ist?"
"Ja", schnaubt Ami, "Miki der Depp hat an diesem Ring gezogen und auf einmal ist uns der Boden unter den Füßen weggebrochen".
Nori schüttelt im Dunklen den Kopf, was sie natürlich nicht sehen kann.
"Wo ist der überhaupt? Miki? Miki!" Amis Stimme hallt wider, ihr Echo klingt noch lange nach.
"Scheint eine Höhle zu sein. Komm, versuchen wir mal, vorwärts zu krabbeln. Irgendwann müssen wir ihn ja finden", schlägt Nori vor, umfasst fest Amis Handgelenk und tastet sich vorwärst, hinweg über Steine und Moos.
"Buah, das ist voll eklig hier. Die Luft stinkt. Bestimmt sind hier überall Käfer", meint sie.
"KÄFER!?"
Miki kreischt entsetzt auf. Man hört schnelle Schritte, ein dumpfes Klonk und wie etwas großes auf dem Boden aufschlägt. Anscheinend ist Miki über eine Steinplatte gestolpert.
"Miki du Idiot, halt den Mund! Wer weiß, wer oder was uns hier hören kann", zischt Ami. Mittlerweile hat die Angst sie wieder. Wäre sie doch nur oben auf der Treppe geblieben, in Sicherheit. Stattdessen hockt sie in einem dunklen Loch ohne Lichtquelle und Miki fängt, nach dem ersten Schock über die Käfer, an zu quengeln, er hätte Hunger.
"Pech gehabt. Du hast uns den Mist doch eingebrockt". Nori packt seinen besten Freund an der Schulter und setzt sich auf den Boden.
"Was machen wir jetzt?", fragt Ami.
"Warten..."

Muscheln


"Nori mir reicht es jetzt! Hier unten habe ich zwar kein Zeitgefühl, aber ich warte keine Minute länger. Als würde überhaupt jemand auf die Idee kommen, uns zu suchen!"
Ami verschränkt die Arme und wartet gespannt auf eine Antwort. Sie ist sich sicher, dass weder Azarni noch Nana auf die Idee kommen, die drei zu suchen und deshalb will sie ihre Befreiung selbst in die Hand nehmen.
"Na gut. Du hast ja Recht", gibt Nori nach und krabbelt weiter.
"Miki? Wo bist du?"
"Hier drüben!", antwortet Miki.
"Depp! Als ob wir dich sehen könnten", seufzt Ami.
"Ich habe noch so einen Ring gefunden. Soll ich dran ziehen? Vielleicht bringt er uns zurück?"
"Nein!", rufen Nori und Ami gleichzeitig aus, aber wieder ist es zu spät. Miki kann und will einfach nicht warten. Er packt den rostigen Ring und zieht ihn kräftig nach unten. Zu seiner Verwunderung gibt dieser auch nach. Doch diesmal geschieht Nichts. Nori atmet hörbar aus.
"Hey Leute, seht mal! Da hinten wird es heller". Eine schwache Lichtquelle erscheint dort, wo zuvor nur endlose Schwärze war. Ami robbt weiter nach vorne, nach und nach kann Nori ihren Schatten ausfindig machen und folgt ihr. Miki hängt sich an seine Fersen. Einen Augenblick später finden die drei Freunde sich in einer kleinen Halle wieder. Sie ist nach Osten hin offen, aber etwas Anderes zieht die die Aufmerksamkeit von Ami auf sich.
"Was ist das denn?"
Vor einer Art Pult bleibt sie stehen. Das dunkelrote Holz, aus welchem es einst geschaffen wurde, ist mit Pocken übersäht und nicht mehr zu gebrauchen. Einzelne Muscheln hängen dazwischen, aber eine von ihnen ist anders.
"Erstaunlich, so eine Muschel habe ich noch nie gesehen". Nori nimmt sie in die Hand, welche die Muschel ausfüllt, so groß ist sie. Nach innen verdreht wechselt die Farbe von äußerlich dunkelblau zu hellrot. Sie hat auch kleine, rote Tupfen.
"Wie süß, die nehme ich mit". Ami nimmt sie Nori aus der Hand und steckt sie in ihre Tasche.
"Wo ist Miki denn schon wieder?"
Tatsächlich ist der Schwarzhaarige erneut verschwunden.
"Schnell, bevor er wieder etwas anstellt". Nach einem kurzen Blick zurück ins Dunkle verlassen die beiden die Höhle durch den östlichen Ausgang. Hier finden sie auch Miki, der zähneknirschend den hellen Kiesstrand vor ihren Augen betrachtet.
"Die Cloudy ist weg", sagt Ami entsetzt, aber Nori beruhigt sie mehr oder weniger, in dem er entgegnet: "Nein, die ist nicht weg. Wir sind nur auf der anderen Seite der Insel gelandet".
"Das ist echt...boah, mir fallen wirklich keine Worte dazu ein".
Nana und Azarni sitzen an der Reling der Cloudy und starren auf das Meer hinunter. Die Wellen schlagen kaum an den Bauch des Schiffes, so ruhig ist es hier. Während Azarni schniefend die letzten Tränen mit einem Taschentuch wegwischt, streicht Nana sich durch die Haare und weiß nicht weiter. Niemals hätte sie gedacht, dass Beniko so über ihre Schwester und über die Leute sprechen würde, die sie immer eine Freundin genannt haben. Hat sie Nana immer nur etwas vorgemacht? Warum? Wieso hat sie niemandem von ihren Problemen erzählt? Darüber hätte man doch reden können? Welchen Weg Beniko nun auch immer gehen mag, Nana wünscht ihr alles Gute und hofft doch gleichzeitig, dass eines Tages ein Mensch in ihr Leben tritt, der ihr genauso weh tut und sie genauso verrät, wie sie es mit Azarni getan hat.
"Glaubst du, sie ist eifersüchtig auf mich gewesen wegen Miki?", fragt Nana plötzlich.
Azarni überlegt lange, bevor sie mit brüchiger Stimme antwortet: "Normalerweise hätte ich gesagt: Nein. Aber jetzt, da ich dieses Tagebuch gelesen habe, breitet sich in mir das vehemmente Gefühl aus, meine Schwester nie richtig gekannt zu haben".
Nana nickt und sieht wieder weg. Nur die Warum-Frage schwebt weiterhin in ihren Gedanken.
"Wissen es schon die Anderen?"
Azarni verneint: "Nur Nori. Er hat das...die Informationen gefunden".
Nana sieht wieder auf das Meer hinaus. Sie bekommt jetzt keinen ordentlichen Dialog zustande, so geschockt ist sie.
"Wir sind wieder da!"
Fröhlich hüpft Miki auf der Cloudy in Richtung Küche. Sein Magen knurrt, er hat mächtigen Kohldampf.
"Er ist einfach unverbesserlich", sagt Ami augenzwinkernd zu Nana, die von ihm einfach ignoriert wurde.
"Ich weiß", seufzt diese, "und, habt ihr interessante Dinge finden können?"
"In der Tat", grinst Ami und zieht die Muschel aus ihrer Tasche, "das haben wir einer...sagen wir spektakulären Dummheit von Miki zu verdanken. Frag einfach nicht". Sie reicht Nana die Muschel, welche diese mit erstauntem Blick mustert.
"So eine Muschel habe ich ja noch nie gesehen. Bist du sicher, dass die echt ist?"
"Halte mal dein Ohr dran". Ami klebt sie Nana an den rechten Lauscher. Diese schließt konzentriert die Augen und nimmt ein eigenartiges Geräusch wahr.
"Das klingt, als wäre in der Muschel eine Uhr versteckt, die tickt", meint sie.
"Siehst du Ami? Habe ich doch gesagt". Auf einmal steht Nori neben den beiden und guckt zufrieden. Auch er hat geglaubt, das Klackern einer Uhr in der Muschel hören zu können.
"Warum sollte jemand eine Uhr in eine Muschel stecken?", fragt Ami.
"Warum ist der Himmel blau?", kontert Nana.
"Du denkst einfach wissenschaftlich und viel zu viel. Nimm das Leben, wie es kommt und akzeptiere, dass deine Muschel einen Schaden hat". Nori folgt Miki in die Küche, auch sein Magen knurrt lautstark.
"Der Einzige, der einen Schatten hat, bist du", mault Ami beleidigt, nimmt die Muschel liebevoll an sich und verfrachtet sie in ihr Zimmer, wo sie ihren neuen Schatz in Sicherheit bringt.
"Wo ist Azarni?", fragt Nori seine Schwester, die sich nun auch in die Küche begibt, wo ein missmutiger Miki vor sich hin tigert.
"In ihrem Zimmer. Ihr könnt sie fragen, ob sie was kochen kann, ich glaube, es geht ihr etwas besser als gestern".
"Oh ja! Ich brauche dringend was zu futtern!" Miki hüpft wie ein Flummi nach draußen.
"Hat sie dir was erzählt?", fragt Nori, sobald die Tür ins Schloss gefallen ist. Nana nickt.
"Was sagst du dazu?"
"Ich weiß es nicht. Ich habe das Gefühl, dass Beniko die ganze Zeit über eine Maske getragen und auf den Tag gewartet hat, wo sie diese wegwerfen und aus unserem Leben verschwinden konnte. Aus ihrem alten Leben", antwortet Nori nachdenklich.
"Warum so philosophisch?"
"Keine Ahnung", jetzt lacht er, "auf der einen Seite finde ich die Erkenntnis schrecklich, aber auf der anderen Seite ist diese Situation lustig".
"Ist sie nicht", weist Nana ihn zurecht.
"Nein", Nori wird wieder ernst, "auf keinen Fall. Aber ich werde sicher nicht derjenige sein, der Onkel Sanji und Tante Nami sagt, dass ihr kleines Engelchen auf und davon ist, bereit, sich auf irgendwelche schmierigen Kerle einzulassen, um ihre Familie nie wieder sehen zu müssen. Von daher bin ich etwas erleichtert. Azarni tut mir dafür umso mehr leid".
"Du scheinst in letzter Zeit eh eine kleine Schwäche für unsere Köchin entwickelt zu haben", neckt Nana ihn, ohne, auf Gesagtes einzugehen.
"Sei ruhig und kümmere dich um deine Angelegenheiten". Auf einmal macht Nori zu und schaltet die Ohren auf Durchzug. Davon will er nichts hören. Ja, er macht sich Sorgen um Azarni. Aber keinesfalls so, wie Nana es denkt. Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Und das ist auf der Cloudy gerade eben Azarni. Nori hofft stillschweigend, dass diese sich bis zur Grandline wieder gefangen hat.

Syrop Village


Die Sonne steht hoch am Himmel und wirft warme Strahlen auf Syrop Village. In der vorangegangenen Nacht hatte ein kleiner Sturm über die Insel gefegt, Bäume aus dem Boden gerissen und Chaos veranstaltet. Alle Bewohner sind schon fleissig bei den Aufräumarbeiten zugange, als die Thousand Cloudy anlegt. Hoch ragen der Süd – und Nordhang hinauf in den Himmel.
"So, da wären wir. Nächste Aufgabe: Findet Lysop!"
Azarni scheucht die verbliebenen Crewmitglieder von Bord des Schiffes. Miki war schon losgestürmt, bevor der Anker richtig ausgeworfen war. Sturkopf.
"Komm Nana. Fragen wir einfach mal ein paar Dorfbewohner. Die sehen eh aus, als könnten sie Hilfe gebrauchen". Ami packt ihre Freundin bei der Hand und zieht sie fort, so, dass Nori und Azarni übrig bleiben. Nori denkt an das zurück, was Nana ihm gestern gesagt hatte und muss verächtlich schnauben, als ihm auffällt, dass er und Azarni immer nur zusammen gesehen werden, weil der Rest der Crew ihm keine Chance lässt, seine Zeit mit jemand anderem zu verbringen.
"Wollen wir?", fragt Azarni und deutet nach Norden, wo ein kleines Schild den Weg zu einer Taverne weist.
"Ja, gehen wir dort hin. Eigentlich müssen wir nur nach der Villa von Miss Kaya fragen". Die beiden stapfen los.
Zur gleichen Zeit westlich des Dorfes wird Miki von einem älteren Mann mit grünen Haaren umgestoßen.
"Oh, tut mir Leid. Ich habe dich nicht gesehen", entschuldigt dieser sich.
"Mensch Paprika, du kannst doch keine Kinder einfach so über den Haufen rennen!" Ein weiterer Mann mit breiten Augenbrauen und einer Brille auf der Nase kommt hinzu.
"Halt den Mund, Zwiebel!", schnauzt Paprika seinen alten Freund an.
"Ihr seid Paprika und Zwiebel?", fragt Miki argwöhnisch, "ich dachte, ihr wärt immer nur mit Möhre zusammen unterwegs".
Die beiden schauen ihn verdutzt an: "Woher weißt du das?"
"Ich bin Miki, der Sohn von Ruffy", stellt Miki sich nun endlich vor. Paprika verschluckt sich an seiner eigenen Spucke vor Schreck. Während er hustend umher springt (wie es sich für einen älteren Mann eigentlich nicht gehört) lacht Zwiebel nur.
"Ehrlich? Du bist Monkey D. Ruffys Sohn? Ist ja nicht zu fassen...Lysop hat mal von dir erzählt".
"Genau den suche ich auch. Besser gesagt wir", Miki deutet auf die Cloudy und nachdem Paprika ihm den Weg zu Kayas Villa gezeigt hat, lässt er die beiden Männer erstaunt zurück.
"Ich hätte wirklich nie gedacht, dass ihr hier reinschneit".
Lysop sitzt völlig baff im Wohnzimmer der Villa und mustert die fünf Jugendlichen, die ihn grinsend ansehen. Der Junge ganz rechts von ihm, der sieht wirklich aus wie Ruffy. Nur mit blauen Augen. Unverkennbar! Der Kerl links neben Miki könnte Zorro jr. sein, denn das Mädchen daneben hat sich als seine Zwillingsschwester ausgegeben und sieht Robin wirklich ähnlich. Die große Blondine, die als Einzige wirklich schon eher fraulich wirkt, hat denselben Gesichtsausdruck wie Nami. Ob sie auch so hitzköpfig ist? Sie scheint die Truppe ein wenig zusammen zu halten. Nur das dritte Mädchen kann Lysop nicht zuordnen.
"Entschuldige, dass ich so dumm frage, aber ich kann hier alle zuordnen, nur dich nicht".
Ami lächelt. Das war ihr klar.
"Ich bin Ami. Die Ziehtochter von Ace".
"Ah", Lysop nickt. Kaya hatte mal etwas in dieser Richtung erwähnt, aber Lysop hat sich nach Unicon nicht mehr wirklich mit dem Lebenslauf seiner alten Crewmitglieder oder Freunden befasst.
"Gut. Und wie heißt der Rest von euch? Ich kann ja schlecht dauernd die Namen eurer Eltern benutzen und Junior dranhängen".
"Miki, Nana, Nori und ich bin Azarni", Azarni deutet reihum.
"Gut. Ich will nicht unhöflich klingen, aber mit eurem Besuch hatte ich eher weniger gerechnet. Was verschafft mir denn die Ehre?"
Die fünf sehen sich an, bis Azarni wieder das Wort ergreift. Warum ist der Rest hier so eingeschüchtert?
"Wir haben vor einigen Wochen einen älteren Herrn aufgepäppelt, der uns eine besondere Geschichte erzählt hat. Und wir wollten dich nach eben dieser fragen, in der Hoffnung, du könntest uns etwas mehr Informationen dazu geben".
"Schieß los", Lysop spitzt gespannt die Ohren.
"Es ist die Legende der berühmten Vier".
Lysop runzelt die Stirn. Von so einem Titel hat er noch nie gehört, aber er will die Kinder auch nicht enttäuschen.
"Wovon handelt sie?"
"Von den vier Kräften, welche die Erde erschaffen haben und eines Tages zerstören werden, weil die Menschheit ihre Umwelt terrorisiert".
"Tut mir Leid. Ich kenne die Erzählung nicht", Lysop schüttelt den Kopf und sieht in fünf deprimierte Gesichter.
"Und du weißt auch nichts über die "Dinge" mit denen man die Kräfte rufen kann?", startet Azarni noch einen halbherzigen Versuch. Lysop will erst verneinen, doch dann hält er inne.
"Doch, warte mal. Darüber habe ich schon was gehört. Es geht um die Teile, mit denen man an die versunkene Inselgruppe Atros kommen soll, richtig?"
Die Kinder strahlen über das ganze Gesicht.
"Ich habe gehört, eines davon soll ein Tau sein, was vor vielen Jahren aus Silber geschaffen wurde. Eine besondere Schmiedekunst lässt es biegsam und dehnbar werden und nichts hat das Seil bisher zerstören können".
"Super!", ruft Miki und springt auf, "dann lasst uns dieses Seil finden!"
"Nun", unterbricht Lysop ihn, "das ist nicht so einfach".
"Inwiefern?", will Azarni wissen.
Lysop atmet tief aus.
"Es heißt, dass Gol D. Roger der letzte war, der das Seil gesehen hat. Es wird vermutet, dass er es auf der Oro Jackson versteckt hatte und das Tau letzten Endes mit dem Schiff untergegangen ist".
"Egal! Wir finden es!" Mikis Übermut ist nicht zu bremsen.
"Hallo Robin, hier ist Ami. Wie geht es euch?"
Ami sitzt auf der Cloudy, die soeben von Syrop Village abgelegt hatte, nachdem Lysop die Freunde zwang, noch zum Abendessen zu bleiben. Er hat sich köstlich amüsiert über Miki, der anscheinend wirklich dieselben Essgewohnheiten wie sein Vater an den Tag legt. Ami war darüber erstaunt, noch nie ist ihr jemand begegnet, der noch weniger Manieren am Tisch hatte als ihr Vater.
"Hallo Ami. Uns geht es sehr gut. Und dir? Was macht Ace?"
"Mir geht es prima. Keine Ahnung, was mein Vater macht. Ich bin schon seit ein paar Wochen nicht mehr in Loguetown".
"Sondern?", fragt Robin argwöhnisch.
"Auf der Cloudy".
Sie lacht am anderen Ende der Leitung.
"Aber was ich dich eigentlich fragen wollte, ich habe ein Problem. Vor ein paar Tagen waren wir auf einer Insel namens Shelltown und da habe ich eine merkwürdige Muschel gefunden".
"Was heißt das, merkwürdig?"
"Sie ist dunkelblau, wird nach innen hin hellrot und hat rote Tupfen. Ach, und Nori meint, wenn man sie ans Ohr hält, kann man eine Uhr ticken hören".
Ein paar Minuten ist es still am anderen Ende der Leitung.
"Tut mir Leid, Ami, aber ich habe noch nie von so einer Muschel gehört".
"Schade", seufzt Ami enttäuscht.
"Aber ich schaue mal in meinen Büchern nach und wenn ich etwas finde, dann melde ich mich, ja?"
"Das wäre cool", bedankt Ami sich.
"Und jetzt sag mal: Wie machen sich denn meine beiden?"
"Och, ganz gut", erwidert Ami und denkt an die Nana-Miki-Geschichte. Soll sie davon erzählen? Nee, lieber nicht.
"Schön. Und der Rest? Alle noch da?"
Ami schluckt und hofft, dass Robin das nicht gehört hat. Und jetzt? Erklären, dass Beniko abgehauen ist? Lieber auch nicht.
"Ja, alles bestens. Aber noch sind wir nicht auf der Grandline".
"Das wird schon", ermuntert Robin sie.
"Ja, glaube ich auch. Du...ich muss jetzt auflegen, es gibt Essen und du weißt, wie Miki und Nori sind. Ich bekomme sonst nichts mehr".
Ami verabschiedet sich artig und legt hastig auf. Das war knapp. Warum nur hat Tante Robin immer die Intuition nach genau den Dingen zu fragen, die gerade ganz und gar nicht gut laufen?

Bonus 2 - Hochzeit


Stille liegt über den Konomi-Inseln. Auf Kokos laufen die letzten Vorbereitungen. Tische werden gedeckt, Blumengirlanden aufgehängt und Rotfuss Jeff stapft mit seinem Holzbein durch das Dorf, bis er sich zu Zorro, Nojiko und Aimi gesellt, die im Außenbereich eines kleinen Lokals sitzen.
"Ich kann einfach nicht glauben, dass er das wirklich tun will", seufzt der alte Koch, bevor er sich dankbar auf einen Stuhl fallen lässt, den Aimi unauffällig herangeschoben hat.
"Ich kann einfach nicht glauben, dass meine Schwester wirklich IHN heiraten will", verbessert Nojiko, was durch ein zustimmendes Schnauben von Zorro untermalt wird.
"Hört doch auf, so griesgrämig zu sein! Sanji und Nami heiraten heute und ihr benehmt euch wie ein fauliger Sack Kartoffeln. Freut euch doch!"
Aimi kann kaum still sitzen, so aufgeregt ist sie. Obwohl sie und Ruffy ihre Hochzeit schon heimlich hinter sich gebracht haben, kommt ihr das ganze weiterhin wie ein Märchen vor. Und dann noch Nami und Sanji, die so ungleich und sich doch so ähnlich sind.
"Ich warte einfach darauf, dass sie kurz vor Schluss doch noch nein sagt und abhaut", grinst Nojiko und genehmigt sich einen tiefen Zug aus dem Bierkrug. Das würde heute noch ein Spaß werden...wie sehr sie das Wettsaufen mit ihrer Schwester vermisst hatte.
"Ich wette, ihre Ehe hält maximal drei Wochen".
"Ich erhöhe auf vier", sagt Nojiko und grinst Zorro an. Jeff hört schon gar nicht mehr zu. Er denkt lieber darüber nach, warum Sanji ausgerechnet ihn gebeten hatte, sein Treuzeuge zu werden. Liegt dem Kleinen doch etwas an seiner Vergangenheit auf dem Baratie? Mensch, was hatten sie dort dumm geguckt, als er mit einem fetten Kopfgeld zurück kam und ihnen vor die Nase hielt, den Allblue gefunden zu haben. Wo dieser sich versteckte, sagte er aber nicht, egal, wie sehr sie ihn geprügelt und mit Sake zugeschüttet hatten. Bengel...
"Ich glaube, ich bin verrückt geworden. Robin, hilf mir!"
Nami steht im Sitz des Bürgermeisters von Kokos auf einem Treppchen, betrachtet sich im Ganzkörperspiegel und rafft den Stoff ihres Kleides etwas höher. Genauer gesagt: Ihres Brautkleides.
"Das glaube ich auch. Aber du wusstest schon immer, was du tust, also musst du da jetzt durch". Robin steckt den Stoff mit ein paar Nadeln zusammen, woraufhin Nami den Kopf schüttelt und das Kleid doch so belässt, wie sie es ursprünglich ausgesucht hatte.
Sanji steht nervös vor dem Spiegel und weiß nicht recht, ob er die rote oder die rosane Rose an sein Jackett stecken soll. Heute ist sein großer Tag: Heute kann er allen beweisen, dass er es geschafft hat, seine Traumfrau zu erobern. Nie mehr wird jemand über ihn lachen oder gar behaupten, er wäre eine Transe, schwul oder ähnliches. Wie seine Süße wohl in ihrem Brautkleid aussieht? Angucken darf er sie ja vorher nicht. Natürlich geht es heute um seine Maus, aber er freut sich auch auf den Anblick von Ruffy und dem Säbelrassler im Anzug. Ach, das wird bestimmt lustig...Ruffy der Depp hat seine Aimi ja ganz still und klammheimlich geheiratet, so, dass Sanji ihn gar nicht aufziehen konnte. Und als er Ruffy danach fragte, wie er sich gefühlt hatte, bekam er die Antwort, es fühle sich ganz normal an. Ganz normal, na klar. Sanjis Herz klopft bis zum Hals, als würde es gleich aus seiner Brust herausbrechen. Ruffy ist doch wahnsinnig.
Es klopft an der Tür und Jeff tritt ein. Sanji springt seinem alten Lehrmeister in die Arme wie ein Kind seinem Vater und drückt ihn fest an sich.
"Hast du es also doch noch geschafft, du Spinner. Kochen kannst du trotzdem nicht, also bilde dir gar nix auf die Kleine ein", knurrt Jeff, drückt seinen Meisterschüler aber genauso liebevoll, "ich weiß noch, wie ich dich in der Blüte meiner Jahre gerettet habe, damals warst du noch ein kleiner Hosenscheisser. Und jetzt heiratest du deine Traumfrau. Ach ja, das Leben ist zu kurz, die Zeit geht zu schnell rum".
"Hör auf zu maulen wie ein alter Sack!", lacht Sanji und klopft ihm auf die Schulter, "mich wirst du sowieso nie los, dazu verbindet uns die Vergangenheit zu sehr".
"Das ist auch gut so", grinst Jeff, bevor er Sanji die rosafarbene Rose aus der Hand nimmt und die rote in sein Jackett steckt.
"So, jetzt ist alles perfekt. Dann kann es ja losgehen".
"Möchtest du, Nami, Navigatorin der Strohhutbande den hier anwesenden Smutje Sanji wirklich zu deinem Ehemann erwählen, so antworte bitte mit ja". Nami ist so aufgeregt, dass ihr gar nicht auffällt, wie Aimi und Zorro in der ersten Reihe heimlich grinsen, weil der Pastor das Wort "wirklich" so stark betont hat.
"Ja", sagt sie und die sonst so entschlossene Stimme zittert dabei vor Freude.
"Möchtest du, Sanji, Smutje der Strohhutbande die hier anwesende Navigatorin Nami wirklich zu deiner Ehefrau ernennen, so antworte bitte mit ja".
"Aber natürlich". Jetzt, wo er hier vorne steht, ist Sanji gar nicht mehr aufgeregt. Eher ist er froh, dass es nun bald vorbei ist und das eigentliche Fest (oder eher Gelage) steigen kann.
Zwei Stunden später hat Sanji dann alles hinter sich. Er sitzt mit seiner Frau, ja auf diese Bezeichnung ist er sehr stolz, an einem Tisch, den Arm um sie gelegt und amüsiert sich mit Franky, weil Jeff ein paar alte Geschichten aus Sanjis Leben ausgepackt hat. Neben ihm liefert sich Nami mit Nojiko und Zorro ein erbittertes Wetttrinken. Nicht einmal an ihrer Hochzeit kann sie nüchtern bleiben, oder vielleicht genau deshalb nicht. Aber Sanji liebt sie doch wegen solchen Sachen erst recht, wegen all ihren Fehlern. In Gedanken ist er schon bei seinen Flitterwochen. Chopper hat durchklingen lassen, dass Lysop, Franky und Brook noch eine Überraschung für ihre frisch vermählten Freunde haben, aber noch wurde diese nicht gelüftet.
"Du bist gut geworden, Nami. Früher hättest du dich nicht so lange gehalten", Nojiko stellt den Krug ab, genau wie ihre Schwester. Das war schon Nummer zehn und immernoch ist Nichts passiert, was in irgendeiner Art spannend gewesen wäre.
"Zorro du Lusche, gibst du schon auf?", fragt Nami erstaunt, als der Schwertkämpfer abwinkt, sobald Lysop die Krüge wieder füllen will.
"Sorry Mädels. Vielleicht ein anderes Mal. Robin bringt mich um, wenn ich später nicht mehr gerade stehen kann".
"Spaßverderber!"
"Feigling!"
Doch die Proteste der Schwestern bringen sie nicht weiter. Zorro verlässt seinen Platz und gesellt sich zu Robin, die mit Brook neben den Einwohnern von Kokos sitzt und sich unterhält. Dafür nimmt Ruffy seinen Platz ein, der Teller war die letzte Stunde keine Sekunde leerer geworden und winkt Aimi zu, ihm noch ein paar von den Klebereisbällchen mitzubringen.
"Wie passt in einen so dünnen Kerl so viel zu Futtern?", fragt Nojiko, bevor sie Nami nachschenkt.
"Keine Ahnung", antwortet Nami, bevor sie ansetzt und den Krug in einem Zug leert.
"So, jetzt sind wir dran!"
Franky und Brook führen Sanji und Nami vor sich her, denen sie Augenbinden untergejubelt haben. Lysop grinst sich jetzt schon einen Ast ab, wenn er an die bevorstehende Überraschung denkt.
"Und wo soll uns das jetzt hinführen?", fragt Sanji.
"Warte es ab". Auch Chopper ist schon aufgeregt. Nur Robin, Zorro und Ruffy haben keinen blassen Schimmer, was der Rest der Crew ausheckt. Die Truppe bleibt vor einem Berg aus Folie stehen. Darunter muss sich etwas sehr großes und sehr schweres befinden, aber bei genauerem Hinsehen erkennt man, dass das Geschenk auf dem Wasser schwimmt und, zumindest im unteren Teil, aus Holz gearbeitet ist.
"So, seid ihr bereit?" Das frische Ehepaar nickt, Nami etwas unsicher. Lysop nimmt den beiden die Augenbinden ab, im selben Moment ziehen Brook und Franky die Folie beiseite.
"Dürfen wir vorstellen? Das ist ein schwimmendes Haus. Es ist voll ausgestattet mit Möbeln und ihr braucht es nur an den Ort zu navigieren, an welchem ihr euch niederlassen wollt. Dort drückt ihr ein paar Hebel, die Franky euch später noch zeigen wird, und dann habt ihr einen festen Wohnsitz. Und wenn euch das Leben langweilt, deaktiviert ihr die Funktion wieder und schwuppdiwupp könnt ihr euch ein neues Heimatdorf zulegen".
"Jungs, ihr seid doch verrückt", flüstert Nami, bevor sie vor Rührung in Tränen ausbricht.

Maske


Keine einzige, dunkle Wolke hängt über dem Deck der Thousand Sunny. Aimi, Ruffy, Sanji, Nami und Zorro segeln aufgeregt in Richtung Loguetown. Robin haben sie zuhause gelassen. Außerdem hat es die Archäologin nicht ganz so sehr in den Fingern gejuckt, wieder in See zu stechen. Ruffy sitzt auf der Gallionsfigur, wie eh und je, seine Aimi auf dem Schoß und voller Freude, seinen geliebten Bruder bald wieder zu sehen. Nami ist in den Ausguck geklettert und genießt die Aussicht, welche sie wirklich sehr vermisst hat. Und Sanji...tja, der geht gewohnten Dingen nach.
"Ich sage, nix gibt es, du Zahnstocherfetischist!"
"Wie hast du mich genannt, Suppenknecht?"
"Hörst du? Sanji und Zorro streiten wieder". Aimi lächelt und kuschelt sich in die Arme ihres Mannes. Der Wind weht sacht durch die Segel und pustet ihr ein paar Haarsträhnen ins Gesicht.
"Es hat sich nichts verändert", antwortet Ruffy und grinst.
"Nein. Hat es nicht. Ich finde, wir müssten mal wieder Franky und Brook besuchen gehen".
"Ja, das wäre cool!", ruft Ruffy, "Nami? Wie weit ist es bis Water Seven?"
"Willst du mich verarschen?", schreit die Navigatorin von oben heruntern, "bis Water Seven sind wir Monate unterwegs!"
"Aber wir haben doch die Vivre Card von Brook? Können wir uns nicht einfach einen Eternal Pot besorgen? Das geht doch dann viel schneller?", fragt Aimi enttäuscht. Auch sie würde gerne mal wieder ihre alten Kumpels sehen.
"Keine Chance. Ich fahre nicht mehr auf die Grandline und ohne Robin schon gar nicht", antwortet Nami entschieden und schweigt dann. Aimi und Ruffy ziehen lange Gesichter, aber nur, weil sie es nicht nach Water Seven schaffen, heißt das noch lange nicht, dass Brook und Franky sie nicht besuchen kommen können.
"Boah, sind das viele Leute hier", staunt Beniko. Sie und ihr Kapitän bummeln durch die Einkaufspassage von Stonetown. Abgesehen von einzelnen bekifften Junkies, die ihnen entgegen kommen, sind hier hauptsächlich Jugendliche in Benikos Alter unterwegs. Mit ihren Shorts und dem, am Rücken, tiefer ausgeschnittenen Shirt fühlt sie sich des Öfteren angegafft, aber keiner der Jungen weckt ihr Interesse. Außerdem würden die sich das bei Tai als ihrer Begleitung eh nicht trauen.
"Hast du Hunger?", fragt Tai sie und hält vor einem Sushigeschäft inne.
"Es geht. Aber du hast welchen, sonst würdest du nicht so fragen", bemerkt Beniko. Tai nickt ergeben und zieht sie in den Laden hinein.
"Ich habe so einen Kohldampf, ich könnte eine Ladung in der Größe der Duck verputzen". Grinsend bestellt er eine extragroße Portion Maki-Sushi und schenkt der aufdringlichen Kellnerin ein so kaltes Lächeln, dass die Luft im Raum gefriert. Beniko hat das schön öfter beobachtet, dass Tai anderen Frauen gegenüber sehr abweisend reagiert. Außerdem steckt da noch viel mehr in ihrem Kapitän, was man auf den ersten Blick nicht vermuten würde.
"Ist was?", fragt Tai, als er Benikos Blick auf sich spürt.
"Ich habe nur...nachgedacht".
"Worüber?"
"Über dich".
"Über mich?" Ungläubig stoppt er das Kauen.
"Ja. Du bist wie ein Clown, aber nicht im negativen Sinne. Du tust so als wärest du abweisend und alles ist dir egal, du bist der Stärkste, aber in Wahrheit bist du nur unendlich in Sorge um deine Crew und dur würdest alles für sie tun".
"Beniko", sagt Tai ernst, "wenn man nicht alles für seine Crew tun würde, dann hat man seinen Posten als Kapitän zu Unrecht erhalten".
"Aber trotzdem. Bei dir ist es kein Normalzustand und ich frage mich schon die ganze Zeit...warum das so ist".
Tai legt die Stäbchen beiseite und schaut sich um. Als er sicher ist, dass niemand zuhört, antwortet er: "Die Crew ist meine Familie. Oder mit anderen Worten: Alles was ich habe. Sieh mich doch an...ich bin fünfundzwanzig. Habe ich Kinder? Nein. Habe ich überhaupt eine Frau? Nein. Ohne meine Crew wäre ich ein einsamer Mann, der über die Weltmeere fährt und dabei nicht glücklich ist. Und so will ich bestimmt nicht leben. Das will keiner".
"Da wären wir beim nächsten Punkt", fährt Beniko fort, "ich wundere mich schon seit ich an Bord bin, warum es außer mir keine anderen Frauen gibt?"
Tai lacht erstmal. Einige Minuten vergehen, bis er sich wieder einkriegt, aber dann antwortet er auch auf diese Frage seelenruhig.
"Weil die Crew sich ihre Weiber erst verdienen muss. Und ich...ich kann diese durchschnittlichen, ähm...Chayas...nicht leiden. Weißt du, ihr Frauen sucht einen Mann, der euch ein Leben lang beschützt und immer treu bleibt. Das mag jetzt zwar unglaubwürdig und abgedroschen klingen aber: Ein Mann sucht die Frau, an deren Seite er jeden Morgen aufwacht und mit der es trotzdem nie langweilig wird, weil sie so viele, verschiedene Seiten hat".
"Ähm, sag mal Miki...wo genau segeln wir jetzt hin?"
Nana setzt sich auf die Gallionsfigur neben den Kapitän und guckt hinunter auf das glitzernde Wasser. Seit der Dschungelinsel haben sie und er keine Zeit mehr alleine verbracht.
"Keine Ahnung", antwortet Miki fröhlich, "immer der Nase nach".
"Und wann glaubst du erreichen wir die Grandline?", fragt Nana weiter.
Miki zuckt mit den Achseln: "Ist doch egal wann. Hauptsache wir erreichen sie jemals in unserem Leben".
"Du bist wirklich komisch".
Tai und Beniko sind auf dem Rückweg zur Yellow Duck, Tai mit vollgefressenem Brauch und Beniko mit einer großen Shoppingtüte in der Hand. Es hat auch Vorteile, das Lieblingscrewmitglied des Kapitän zu sein.
"Bin ich gar nicht. Du bist komisch", schießt Tai zurück und betritt sein Büro.
"Na endlich, ich dachte schon, ihr taucht gar nicht mehr auf". Der Kapitän hat noch nicht seine Jacke ausgezogen, da kommt Matt hinein gestürtzt.
"Warum so aufgeregt?", fragt Tai lässig und nimmt Beniko ihre Tüte ab.
"Sieh mal, was wir gefunden haben. Es hat am Anker geklebt". Matt reicht Tai ein Seil.
"Wow, das ist echt beeindruckend. So etwas habe ich noch nie gesehen", Beniko tritt näher heran, um das Seil genauer zu betrachten. Es glänzt silbrig und sieht mehr aus wie ein Schmuckstück als ein Seil.
"Das werden wir in Ehre halten". Tai schließt das Seil in eine Vitrine, aber Beniko kann den Blick einfach nicht davon abwenden. Das Ding erinnert sie an die Legende, die der alte Ole ihnen einst erzählt hatte und sie muss schmunzeln. Wer glaubt schon an sowas...

Grandline


Drei Wochen, fünf Tage und zwölf Stunden sind seit dem Verlassen von Syrop Village vergangen. Nach einem abenteuerlichen Abstecher am Rivers Mountain ist die Cloudy mitsamt ihrer Besatzung nun endlich auf der Grandline gelandet. Und schon ist auch die erste, größere Insel in Sicht, denn Azarni hat es nicht für nötig gehalten, sich an unnötigen, kleinen Inseln aufzuhalten. Sandy-Island. Das Königreich Alabasta. Nami hatte eine unvorstellbar große Menge an Landkarten von Alabasta gezeichnet, während sie mit Prinzessin Vivi hier ein großes Abenteuer erlebt haben. Ruffy hat seinem Sohn oft genug davon erzählt, trotzdem will Miki das Königreich und vor allem das Schloss eines Tages mit eigenen Augen sehen. Nun sollte es endlich so weit sein.
Angelegt am Sandstrand, schwankt die Cloudy nun vor sich hin. Eigentlich wollte Miki sich gleich in die Wüste stürzen, doch ein großer Sandsturm hinderte die Kinder daran. Nun ist es Nacht und der Sand donnert immernoch gegen die Planken des Schiffes.
Im Zimmer von Ami gehen merkwürdige Sachen vor sich.

"Hm?"Verschlafen öffne ich die Augen. Da ist doch etwas. Genau...dieses Ticken. Aber ich habe doch gar keine Uhr. Ich drehe mich um und schließe wieder die Augen. Bestimmt ist das nur Einbildung. Wobei: Halt! Die Muschel! Erschrocken setze ich mich auf und lege die glänzende Muschel in meinen Schoß. Ich hatte sie in meinem Nachtschrank versteckt, damit Miki sie nicht in die Hände bekommt und zerstört. Die Muschel ist unnatürlich warm und tickt immer lauter. Ich klopfe vorsichtig mit den Fingern dagegen. Nichts geschieht. Ich drehe die Muschel auf den Kopf. Keine Veränderung.
"Kannst du mal damit aufhören?", frage ich genervt. Ich will schlafen! Vorsichtig taste ich die Muschel ab, aber alles fühlt sich normal an. Nur eben ihre Temperatur nicht.
"Heiliger Himmel, was soll das?", fluche ich zähneknirschend.
"Ami". Eine sanfte Stimme erschrickt mich zu Tode.
"Wer ist da?", frage ich und sehe mich hastig um. Niemand steht in meinem Zimmer. Mein Blick wandert zurück zur Muschel.
"Du?", frage ich ungläubig. Jetzt kommt es. Azarni hat mir bestimmt heimlich Pilze ins Essen gestreut.
"Ja, ich", antwortet die Muschel freundlich und unnatürlich muss ich an Spongebobs magische Miesmuschel denken. Ich dachte, diese Zeichentrickserie sei nur erfunden!
"Was willst du von mir?", frage ich vorsichtig. Nicht, dass mir noch Etwas schlimmes passiert, wenn ich das Schalending verärgere.
"Ami. Nimm deine Freunde und suche den alten Mann auf, der in der Wüstenruine nahe der Oase lebt. Nur er weiß, wo sich der Topflappen der Liebe befindet".
Die Muschel hat doch einen Knall! Topflappen der Liebe. Na klar, und ich bin Ex-Großadmiral Senghok.
"Warum erzählst du mir das?", frage ich stattdessen weiter. Mal sehen, was das Ding noch alles so für Tricks auf Lager hat.
"Ole hat euch von der Legende der Vier berichtet. Sie haben ihn geschickt. Ihr, die Crew der Cloudy, seit auserwählt, die Legende zu erfüllen und damit dem Unheil ein Ende zu setzen".
"Aber dafür brauchen wir die Gegenstände, um nach Atros zu kommen. Und die besitzen wir nicht", sage ich verwirrt. Wie stellt dieses Ding sich das eigentlich vor?
"Doch. Ihr besitzt mich. Ich bin die Zeit", flüstert die Muschel und ihre Stimme wird schwächer, "und wo ein Zweites von uns sich befindet, habe ich dir gerade verraten".
"Aber was ist mit dem Dritten?" Langsam bin ich verzweifelt. Diese Muschel stellt vielleicht Anforderungen.
"Das wird von ganz alleine zu euch finden". Es ist still in meinem Zimmer. Bestimmt ist alles nur ein Traum. Genau! Ein Traum. Gleich wache ich auf...
"Ich muss gehen Ami. Denk daran: Die Ruine und die Oase sind der Schauplatz der Entstehung und Vernichtung. Ich glaube an dich".
Bevor ich etwas sagen kann, fällt die Muschel um. Schließlich wird es leiser im Raum, bis das unheimliche Ticken erstirbt. Müde fallen mir die Augen zu, bevor ich weiter über Gesagtes nachdenken kann.
Genüsslich eine Cola trinkend lümmele ich im Ausguck herum. Die Nacht ist sternenklar, aber wir werden bald das Königreich Alabasta erreichen, denn der Sand schlägt gegen die Duck. Ich werfe einen Blick nach unten und entdecke Matt, der mir zuwinkt. Ich winke zurück und er verschwindet in den Bauchraum des Schiffes. Es wird Zeit, dass wir endlich unseren Proviant auffüllen. Ich nehme das Fernrohr in die Hand und sehe nach, was uns erwartet. Tatsächlich, über der Wüste ist ein heftiger Sandsturm im Gange. Aber mein Blick fällt auf etwas Anderes. Es ist ein Schiff. Und...ich verschlucke mich an meiner Cola und muss husten. Es ist nicht irgendein Schiff, es ist die Cloudy. Heilige Kacke!
Ich verlasse hastig den Ausguck und sprinte unter Deck. Ich muss Tai dazu bewegen, entweder woanders anzulegen oder mich nicht mitzunehmen. Ohne Anzuklopfen reiße ich die Tür auf. Tai ist über den Seekarten eingeschlafen und ein Spucketröpfen sabbert auf das Papier. Na prima. Wenn man ihn weckt ist er unausstehlich. Meine Chancen sinken auf null.
"Tai? Tai du musst aufwachen. Wir müssen reden". Ich schüttele ihn an der Schulter, aber nachdem er auf sanftes Ruckeln nicht reagiert, schubse ich ihn wild hin und her.
"Beni...was soll das? Ich bin müde", grummelt er und stößt meine Hand weg.
"Es ist wichtig!", rufe ich empört. Daraufhin setzt er sich auf, reibt sich die Augen und starrt mich an.
"Schieß los".
"Am Rande von Alabasta liegt das Schiff meiner Schwester vor Anker. Wir können da nicht hin! Das kannst du mir nicht antun!"
Ein böses Grinsen ziert seinen Mund.
"Oh doch, ich kann. Du hast dich entschlossen, mit uns zu fahren, also kann deine Schwester dir egal sein. Und ob wir da anlegen werden". Mit diesen Worten steht er auf, schiebt mich aus dem Büro und verschwindet in seine Kajüte. Nicht einmal die Chance hat er mir gegeben. Mist! Ich wusste es! Hätte ich ihn bloß nicht geweckt...

Konfrontation


"Bereit? Dann können wir ja gehen".
Tai hüpft motiviert von der Duck und stapft in die Wüste hinein. Ich folge ihm eher deprimiert. Zum Glück hat uns niemand von der Cloudy bemerkt, da wir etwas abseits des Schiffes angelegt haben. Aus den Augenwinkeln erkenne ich Matt und zwei weitere Mitglieder der Crew, deren Namen ich immer vergesse. Sie machen sich am Strand der Insel entlang auf den Weg. Abends wollten wir uns wiedertreffen. Und damit niemand sich mit dem silbernen Seil aus dem Staub macht, hat Tai es einfach mitgenommen. Man weiß ja nie, was die Crew so anstellt.
"Okay Ami, nochmal ganz langsam und von vorne". Vier verwirrte Augenpaare starren mich an. Ich hole tief Luft.
"Also...die Muschel hat letzte Nacht angefangen, mit mir zu reden und mir erzählt, dass der Eingang zur Inselgruppe, die Ole in seiner Legende angesprochen hat, hier in der Wüste liegt. Genauso wie das Haus eines alten Mannes, der einen der drei Gegenstände besitzt. Einen Weiteren besitzen wir", ich halte die Muschel hoch, "und der dritte soll, laut der Muschel, von selbst zu uns finden. Wir sind also diejenigen, welche die Prophezeiung erfüllen sollen, denn Ole war so zusagen nur ein Bote".
"Wie cool!", Miki springt auf und hüpft herum, "dann lasst uns doch mal schnell diesen Mann suchen!"
Nana und Nori werfen ihm genervte Blicke zu.
"Ich bin auch dafür, dass wir dem nachgehen, was die Muschel gesagt hat", stimmt Azarni ein.
"Geht es dir gut?" Nori schaut sie merkwürdig an, bis Azarni nickt und sich hochmotiviert daran macht, Lunchpakete zuzubereiten. Eineinhalb Stunden später machen wir uns auf den Weg in die Wüste.
"Schau mal, dort drüben. Glaubt ihr, das ist die Ruine?"
Nana deutet auf ein Haus. Nun ja, genau genommen ist es kein Haus mehr. Zwei Mauern und ein halb eingestürztes Dach stehen noch. Der Rest ist Schrott. Nori vor mich herschubsend, werfe ich einen Blick hinter die Mauer. Auf dem Boden, vom Sand halb verdeckt, liegen ein paar Knochen.
"Urgh. Ich würde vermuten, der alte Mann lebt hier schon länger nicht mehr", grinst Nori und schubst mich auf die Knochen zu. Blöder Sack!
"He Azarni, schau mal. Ich habe einen Lappen gefunden!"
Nana hält ein dunkelrotes Stoffquadrat hoch. In die Mitte ist ein kleines Herz gestickt. Wie süß.
"Tja, das wird er wohl gewesen sein", antworte ich schulterzuckend. Mehr ist in diesem Müllberg auch nicht zu holen. Miki und Ami toben draußen um die Mauern herum, es scheint ihnen realtiv egal zu sein, was wir hier machen. Erst nach genauerem Zuhören ihrer Gespräche begreife ich, dass sie sich über eine Oase unterhalten, die hier in er Nähe liegt. Kneift man gegen Süden die Augen zusammen, kann man ein paar Palmen entdecken.
"Gut, nächster Halt, die Oase", bestimme ich und schubse Nori wieder voran. Soll er doch mal vorgehen. Nicht, dass ich so Ende wie die Arbeiter des Archäologen in "Die Mumie" zu Beginn des Films. Das kann ich mir sparen. Und eine Oase hört sich doch sehr verdächtig an, oder?
"Schau mal".
Ami deutet verwirrt auf den Topflappen und die Muschel. Nebeneinander gelegt, verändern die Gegenstände ihre Farbe. Das Rötliche verschwindet und ganz langsam sieht es aus, als hätte man die beiden Dinge vergoldet. Glänzend überzieht die Farbe erst die Muschel, dann den Topflappen und reflektiert das Licht. Die fünf Jugendlichen faulenzen an der Oase herum, war der Weg bis dorthin doch reichlich anstrengend.
"Das wird immer komischer", kommentiert Nori, schließlich verschränkt er die Arme hinter dem Nacken und schnarcht bald daraufhin leise. Azarni und Ami flözen sich ebenfalls in den Sand und betrachten das Schauspiel des glitzernden Wassers, welches der Tümpel innerhalb der Oase offenbart hat.
"Diese ganze Sache kommt mir sehr merkwürdig vor".
Nana und Miki streifen gemeinsam zwischen den Büschen der Oase umher, abseits der Anderen. Sie wollten und brauchten einmal Zeit für sich alleine. Außerhalb des Sichtfeldes von Nori, der nach wie vor schläft, lassen sie sich im Sand nieder und lehnen sich dankbar an eine Palme, die ihnen Schatten spendet.
"Du bist einfach kein Abenteurer. Etwas besseres hätte uns hier doch gar nicht passieren können". Miki ist guter Laune und spielt mit Nanas Haaren herum. Sofort beginnt ihr Herz zu klopfen.
"Weißt du noch, was du mir gesagt hast, als wir mit der Cloudy zu Hause abgelegt haben?", fragt Nana ihn. Entgegen ihrer Vermutung wendet Miki seinen Kopf, so, dass er sie direkt ansehen kann und antwortet wie aus der Pistole geschossen:
"Na klar. Ich habe gesagt, dass ich froh bin, dass du dabei bist, weil ich alleine mit dem Rest bestimmt kaputt gegangen wäre vor Langeweile".
"Ich bin auch froh, dass du dabei bist. Ohne dich wäre ich nichts", sagt Nana und lehnt ihre Stirn an seine. Deja vú.
"Du bist alles für mich Nana". Mikis Grinsen lässt Nanas Herz ein paar Schläge lang aussetzen.
"Wie meinst du das?", fragt sie atemlos, aber in ihrem Herzen schreit eine Stimme, dass Miki ihr gerade seine Liebe erklärt habe.
"So, wie ich es meine". Dann beugt er sich endlich vor und küsst sie, als wäre es das natürlichste auf der Welt. Ein genüssliches "Mhm" entfährt Nana, bevor sie die Hände in seinen Haaren vergräbt und seine Zärtlichkeiten erwidert.
"Azarni? Wo steckt meine Schwester?"
Nori öffnet verschlafen ein Auge und taxiert die Blondine neben ihm. Diese zuckt nur mit den Schultern und genießt weiterhin die Sonne. Nori setzt sich auf und sieht sich um. Nana und Miki sind weg. Einfach weg.
"Spast", murmelt er ärgerlich, bevor er aufsteht, sich streckt und sich auf die Suche nach den beiden begibt.
"Lass uns einfach dort Rast machen", schlägt Beniko vor und deutet auf die Oase, deren Palmen große Schatten auf den heißen Sand werfen.
Tai nickt, seine Stirn glänzt vor Schweiß, obwohl er eine luftige Hose und ein kurzärmeliges, leicht geöffnetes Hemd trägt. Auch Beniko selbst ist warm, aber in Hotpants und einem Shirt, welches einem Kaftan ähnelt, ist die Hitze erträglich.
"Da ist jemand", sagt Tai plötzlich und bleibt stehen. Beniko nimmt leises Gekicher wahr, dann treten zwei Menschen aus dem Gebüsch. Nana und Miki schlendern Hand in Hand umher, küssen sich liebevoll und bleiben abrupt stehen, als sie Beniko entdecken. Direkt gegenüber.
"Du?"
Nanas Augen weiten sich vor Ungläubigkeit, als ihr Blick auf Tai fällt. Auch Miki schnaubt nur verächtlich. Die Ablehnung der beiden gegenüber Beniko ist deutlich zu spüren.
"Regt euch ab. Wir sind nicht hier, um uns mit euch zu streiten", beschwichtigt Tai, der sofort den Ernst der Lage erkannt hat. Sacht legt er seinen Arm um Beniko und schiebt sich mit ihr an den beiden vorbei, darauf bedacht, dass er zwischen ihr und Nana geht, die ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen ihrer alten Freundin am liebsten an die Kehle springen würde. Miki drückt fest ihre Hand, auch seine Augen sind zu Schlitzen verengt. Lautes Rascheln und Schritte lassen Tai stoppen. Schließlich hüpft Ami zwischen den Palmen hervor, deren Gesichtsausdruck sofort gefriert, nachdem ihr Blick auf die, ineinander verschränkten, Hände ihrer Freunde fällt und dann zu Beniko abdriftet. Schließlich betreten Azarni und Nori den Schauplatz.
"Gibt es hier ein Problem oder können wir weiter?", fragt die große Blondine und ignoriert die Anwesenheit ihrer kleine Schwester gekonnt. Nori sieht ihr trotzdem an, dass sie sich unwohl fühlt und legt seine Hand auf ihre Schulter. Mittlerweile hat Ami das Seil bemerkt, dass Tai mit sich herum schleppt. Es glänzt silbern und windet sich in eleganten Linien um seine Schultern. Als Ami einen Schritt auf ihn zu macht, verändert sich auch dessen Farbe. Es wird golden.
"Was hast du gemacht?", fragt Tai sie entsetzt und besieht das Seil genauer. Bevor Ami jedoch antworten kann, beginnt der Boden zu beben. Ganze Wellen erschüttern den Sand und ein heftiger Wind pustet ihn beiseite. Die Palmen biegen sich unter der Last des Sturmes. Genauso schnell, wie das Unheil aufkam, verschwindet es auch wieder. Zurück bleiben drei Steinsäulen. Fünf Meter hoch ragen sie in den Himmel und die unbeschadete, anthrazitfarbene Oberfläche wird nur von drei unterschiedlichen Vertiefungen gestört.
"Das ist er. Der Eingang nach Atros", flüstert Ami, aber in der Wüste von Alabasta ist es so still, dass jeder sie gehört hatte.

Fressen oder gefressen werden


"Und was machen wir jetzt?"
Miki sieht aufgebracht in die Runde.
"Na was wohl. Wir legen die Gegenstände in die Vertiefungen und schauen, was passiert".
Nori nimmt Ami ihre heiß geliebte Muschel aus der Hand, macht zielsicher ein paar Schritte auf die erste Säule zu und verfrachtet sie in der Vertiefung. Kaum hat er sie hinein gelegt, schnappt die Vertiefung zu und dort, wo vorher ein Loch war, ist die Oberfläche nun genauso glatt wie der Rest der Säule. Ami tut es ihm gleich und stopft den Toplappen in die Öffnung der zweiten Säule.
"Dann bin jetzt wohl ich dran".
Tai nimmt das Seil von seinen Schultern und stößt Beniko weg, die erschrocken nach seiner Hand gegeriffen hatte und ihn zurück halten wollte. Es interessiert ihn brennend, wovon der Haufen Kinder hier spricht. Atros. Die vermeintliche Inselgruppe ist eine Legende. Sollte er sie wirklich finden, wird er einfach dafür sorgen, dass alle, außer er und Beniko, den Rückweg zur Wüste nicht mehr finden.
Er faltet das Seil ordentlich zusammen und legt es behutsam in die Felsspalte. Auch diese Öffnung verschließt sich ein paar Sekunden später.
Plötzlich beginnt die Erde wieder zu ruckeln. Hinter den Säulen bricht der Sand nach unten und zu den Seiten weg, zurück bleibt eine Steintreppe, welche tief ins Dunkle führt.
"Das hatten wir doch schon einmal", erinnert Nori sich grinsend. Er und Ami packen Miki an den Armen und halten ihn im Zaum. Nur, weil sie auf Shelltown Glück hatten, heißt das nicht, dass er sie wieder in die Kacke reiten darf. Azarni geht mutig voraus, die Steintreppe nach unten. Eigentlich will sie auch nur so weit von ihrer Schwester entfernt sein wie möglich, die sich ganz unauffällig bei dem blonden Mann, der anscheinend ihr neuer Kapitän ist, eingeklinkt hat. Hinter ihr geht Nana, dann Miki mitsamt seines Schutztrupps und zum Schluss noch die beiden anderen. Die Treppe ist lang und führt tief unter die Wüste. Je länger sie laufen, umso weniger Sand klebt an den Wänden. Obwohl keine Sonnenstrahlen in den Tunnel dringen, ist es hell genug, um die eigene Hand vor Augen erkennen zu können. Das Geräusch von plätscherndem Wasser ist zu hören. Plötzlich schreit Azarni, gefolgt von ebenso hysterischen Geräuschen Nanas. Die Treppenstufen sind verschwunden, stattdessen geht es nun auf einer rutschigen, schrägen Ebene nach unten. Die Wände sausen an den jungen Leuten vorbei, bis sie nacheinander auf den Boden purzeln.
"Puh, endlich ist es vorbei", sagt Ami und reibt sich den Staub aus den Augen, aber Nori widerspricht ihr angespannt: "Nee Ami. Der Horror beginnt jetzt erst". Vor den Sieben ragt ein ungemütlich aussehender Seedrache in die Luft. Sein Blick verheißt nichts Gutes...
Mit schreckgeweiteten Augen starrt Tai auf das Ungeheuer in ihrer unmittelbaren Umgebung. Der Drache hat dunkelblaue Schuppen und zwei riesige Hörner auf dem Kopf. Seine spitzen Zähne ragen heraus und Tai muss sich unwillkürlich fragen, ob es mehr schmerzen würde, zerfleischt zu werden oder die messerscharfen Stacheln am Schwanzende des Monsters abzubekommen. Ein unheimliches Knurren grollt durch die Höhle. Einen Ausgang kann niemand entdecken. Keine Fluchtmöglichkeit. Nur der Kampf bleibt.
"Wir müssen ihn töten", sagt Tai zu den Anderen.
"Ja, sieht ganz so aus". Miki packt Nana an den Schultern, dreht sie um, schubst sie zu Ami, "ihr beide bringt euch schön in Sicherheit, habt ihr verstanden?" Ganz langsam drücken die beiden Mädchen sich an der Steinwand entlang außerhalb des Sichtfeldes des Drachen. Beniko ist ihnen auf Anweisung Tais gefolgt. Nori, Azarni, Miki und Tai machen sich für den Kampf ihres Lebens bereit.
"Fang an, Miki. Wir müssen ihn verwirren, sonst kommen wir nicht weit". Nori nickt ihm zu. Miki formt ein paar Fingerzeichen und hinter seinem Rücken erscheint ein neuer Drache. Er ist ebenfalls dunkelblau, hat jedoch wesentlich kleinere Hörner.
"Was soll das? Wo kommt der her?", zischt Tai.
"Illusionsfrucht", klärt Azarni ihn kurz auf, bevor sie sich an Miki wendet, "Was hast du vor?"
"Der sieht so aus, als hätte er seit Jahren keine Gesellschaft mehr gehabt. Vielleicht können wir ihn mit einem Artgenossen beruhigen".
Doch Mikis Plan geht schief. Kaum hat der reale Drache sein kleineres Ebenbild entdeckt, lässt er mit einer ruckartigen Bewegung seinen stachelbesetzten Schwanz auf es zufahren. Kreischend hüpfen die Vier auseinander und die Stacheln bleiben krachend in der Wand stecken, von der große Steine abbröckeln. Miki löst das Ebenbild auf.
"Super, du Pfeife! So kommen wir auch nicht weiter". Tai schubst den Jüngeren beiseite und macht Gebrauch von seinen Teufelskräften. Er schlägt die Hände blitzschnell zusammen und eine enorme Druckwelle erwischt den Drachen. Das Ungetüm kracht gegen die hintere Wand. Einige blaue Schuppen fallen auf den nassen Boden und färben die größeren Pfützen rötlich. Aus Rache spuckt er Feuer. Alle sieben Menschen in der Höhle laufen quer durcheinander, in der Hoffnung, irgendwo einen Fluchtweg zu finden. Nach einem weiteren Verwirrungsversuch von Miki hat der Drache die Gruppe getrennt. Ami, Nori, Nana, Miki und Azarni sind auf die linke Seite der Höhle gejagt worden und der Drache grenzt sie mit seinem dornbesetzten Schnwanz von Beniko und Tai ab. Das Monster holt tief Luft.
"Jetzt werden wir alle sterben", sagt Nana panisch und Miki hält ihr den Mund zu. Der Drache öffnet das Maul und eine grüne Gaswolke füllt den Raum.
"Leute, ist euch auch so...so schwindelig?", fragt Ami, aber da sind die anderen schon umgekippt. Nori versucht verzweifelt durch seinen Pulli einzuatmen, aber es hilft nichts. Ihn umhüllt die Schwärze genauso schnell wie Ami.
"Beni? Süße? Kannst du mich hören?"
Tais Husten ist das einzige Geräusch, welches die Höhle noch füllt, aber Beniko ist bereits weggetreten. Der glasige Ausdruck ihrer Augen brennt sich in Tais Gedächtnis. Vorsichtig zieht er sie in seine Arme. Der Drache beäugt die übrig gebliebenen misstrauisch.
"Beni...ich hätte es dir früher sagen sollen", flüstert Tai und vergräbt sein Gesicht in ihren blonden Haaren, "ich liebe dich".
Kaum hat Tai zu Ende gesprochen, fallen auch ihm die Augen zu und so spürt er nicht mehr, wie der Drache erneut seinen Schwanz gegen die Wand sausen lässt und große Felsbrocken ihn und Beniko begraben.
Kaum war das Unheil angerichtet, rollte der Drache sich zusammen und steckte den Kopf unter seine Flügel. Mit diesen Kindern hatte er kein leichtes Spiel gehabt, aber seines Sieges war er sich sicher. Noch...
"Oh mein Gott, ich lebe! Miki? Alles in Ordnung? Azarni?"
Nori erkundigt sich leise nach dem Wohlbefinden seiner Freunde, stetig darauf bedacht, den schlafenden Drachen nicht zu wecken. Miki grinst nur und zeigt mit dem Daumen nach oben. In Azarnis Gesicht ist der Schrecken abzulesen. Nori folgt ihrem Blick und entdeckt...das schmale Handgelenk von Beniko, das leblos aus dem Trümmerhaufen ragt. Ihre Hände beginnen zu zittern, Tränen bahnen sich den Weg über ihre Wangen. Nori will sie, ebenso geschockt, in den Arm nehmen, aber sie stößt ihn weg. Dann beginnt der Kratzer auf ihrer Wange zu verheilen, den sie sich zugezogen hatte. Die Wut-Frucht schlägt an.
"Du Mistvieh", zischt sie die Worte mit solchem Hass hervor, dass es Miki eiskalt den Rücken hinunter läuft. Bevor einer der Jungen etwas machen kann, stürmt sie auf den Drachen zu. Mit einem Satz ist sie auf seinem Kopf gelandet und bevor das Ungetüm sich wehren kann, lässt sie ihren Arm auf ein vielfaches der normalen Größe anschwellen und niedersausen.
Das ekelerregende Knacken von Knochen hallt durch den Raum. Durch die Wucht des Aufpralls wird Azarni nach hinten geworfen und sinkt kraftlos an Noris Seite zusammen. Ihre Teufelskräfte haben sie viel Kraft gekostet, aber ihr Ziel hat sie erreicht. Die Pfützen am Boden reflektieren die leeren Augen des Drachen.
Nori setzt an, etwas zu sagen, aber der tote Körper des Wesens beginnt zu leuchten. Langsam löst es sich auf und zurück bleibt nur silbriger Nebel. Eine Shilouette steigt aus dem Boden vor den drei Freunden auf.
"Ich gratuliere euch. Ihr habt soeben den ersten Verbündeten der Willenskraft besieht. Den Hass".
"Aber wie?", beginnt Nori, doch die schwach schwimmernde Gestalt unterbricht ihn.
"Du hast deinen Hass auf deine Schwester besiegt, Azarni, und deshalb konntest du den Drachen töten. Ich bin stolz auf euch, aber das ist nur eine Herausforderung, die ihr meistern musstet".
Mit diesen Worten verschwindet der Geist, so schnell, wie er gekommen war.
Lautes Kreischen von Miki schreckt Nori und Azarni auf. Entsetzt dreht der Schwarzhaarige sich um sich selbst.
"Nana und Ami sind weg", stellt er anschließend fest und dabei zittert seine Unterlippe.
"Wo zu Rogers Hölle sind wir hier?"
Nana sieht sich ratlos um. Ami steht daneben und hat auch keinen blassen Schimmer. Es gibt einige Tatsachen, weshalb die beiden Mädchen beunruhigt sind. Erstmal sind Miki, Nori und Azarni weg. Einfach nicht mehr da. Dann hat sich die Umgebung verändert. Von der Höhle mit dem Drachen sind sie nun auf einer Wiese gelandet, deren Gras gelblich gefärbt und ziemlich plattgetreten ist. Und noch viel schlimmer: Sie und Nana sind beide mit Dolchen bewaffnet.
"Da seid ihr ja endlich. Ich habe euch schon erwartet".
Eine unheilvolle Stimme lässt die beiden Freundinnen aufschrecken. Verwirrt drehen sie sich im Kreis, können aber niemanden ausfindig machen. Nana bemerkt ein Sausen hinter sich und springt reflexartig zur Seite. Keine Sekunde zu früh. Aus einigen Metern Entfernung hat Ami einen der Dolche auf sie geworfen.
"Spinnst du!?"
Ich schreie Ami vorwurfsvoll an. Das gibt es doch nicht. Hat die doch tatsächlich ein Messer auf mich geworfen.
"Nein. Sie hat nur begriffen, worum es hier geht". Schon wieder diese Stimme.
"Wer bist du und was soll das heißen?", schießen mir die Gedanken durch den Kopf.
"Ich bin deine Seele. Und ich werde dir sagen, was es heißt. Ihr beide könnt nicht von hier entkommen. Nur eine von euch. Diejenige, die stärker ist als die Andere".
Ich schlucke. Das ist ein schlechter Traum, oder?
"Du bist neidisch auf Ami, nicht wahr Nana? Neidisch auf ihr Kräuterwissen. Sie war immer schlauer als du. Aber ist sie auch stärker als du?"
Ertappt blicke ich zu Boden. Meine Hände greifen nach den Dolchen an meinen Seiten und heben sie in die Luft.
"Hab keine Angst. Ich werde dich leiten. Wir werden deine Widersacherin besiegen". Die Stimme gibt mir Kraft und ohne zu wissen, was ich tue, stürze ich mich auf Ami.
"Lass mich in Ruhe!"
Meine Stimme kreischt über die Wiese, aber Nana reagiert gar nicht. Mit enormer Kraft wirft sie ein Messer und ich bin nicht schnell genug weg. Es streift mich am Arm und ich kreische erneut auf. Der Schmerz schießt durch meinen Körper und als ich nach unten schaue, entdecke ich, wie mein eigenes Blut mein Shirt hellrot färbt. Meine eigene Freundin hat mich mit einer Waffe attackiert.
"Sie ist nicht deine Freundin, hast du das vergessen?"
Da ist sie schon wieder, diese Stimme. Die, welche mich dazu gebracht hat, von hinten eines meiner Messer auf Nana zu werfen. In mir brodelt es.
"Vergiss nicht, weshalb du sie besiegen kannst. Es mag sein, dass du eifersüchtig bist, wegen ihres Freundes, und ihr das Glück mit Monkey D. Miki nicht gönnst. Aber vergiss nicht, dass du die Stärkere von euch beiden bist. Du kannst dich behaupten, sie nicht".
Angespornt wehre ich mich. Mit ein paar Sätzen bin ich bei Nana und lasse das Messer auf sie niedersausen. Und wenn ich sie töten muss, ich werde diesen Kampf gewinnen...
Funken sprühen als das Metall der Dolche aufeinander knallt. Die Luft ist zum Zerreißen gespannt, während Ami mich immer wieder angreift. Ich bin keine ausdauernde Kämpferin, aber eine starke. Ich lasse mich absichtlich von ihr treffen, was macht schon diese kleine Schnittwunde am Bein, und ramme ihr einen meiner Dolche in den Rücken. Das Blut spritzt mir entgegen, hinterlässt Flecken auf meiner Kleidung und mit einem erstickten Aufschrei geht sie zu Boden. Endlich, jetzt ist es so weit.
"Gut machst du das. Nur noch ein Schlag, Nana, dann bist du sie los, musst sie nie wieder sehen. Nur noch ein Stich und du kannst lachen, während deine Rivalin die Löffel abgibt". Ich hole aus, um ihr das zweite Messer in die Brust zu rammen, doch ich...halte inne. Wer ist eigentlich dieses Mädchen, das da wimmernd am Boden liegt und auf ihr Ende wartet? Wie war ihr Name? Ami? Schmerzen füllen meinen Kopf.
"Nein! Töte sie!", keift die unheilvolle Stimme. Erschrocken von ihren Anweisungen lasse ich das Messer fallen. Ami! Ich stürze neben sie und hebe ihren Körper an. Ihre Brust hebt und senkt sich unregelmäßig.
"Was habe ich getan? Ich habe eine meiner besten Freundinnen getötet!" Vermischt mit einem Schluchzer sinke ich ebenfalls zu Tode. Mein Kopf fühlt sich an, als würde er zerbersten unter dem Druck.
"Das ist ein Spiel, Nana", flüstert Ami schwach.
"Das ist kein Spiel, du stirbst!" Ich rüttele an ihren Schultern, aber ich kann nur zusehen, wie sie zuckt.
"Dann stirb doch auch", schlägt sie vor, bevor sich ihre Hände zusammen krampfen. Ich greife nach dem letzten Dolch, in ihrem Rücken, ziehe ihn heraus und drücke ihn ihr in die Hand.
"Töte du mich und wir sind quitt". Ich kneife die Augen zusammen, bereit für den Schmerz. Aber nichts geschieht. Vorsichtig blinzelnd sehe ich noch, wie das Blut von der Wiese vertrocknet und Amis Wunde sich schließt. Auch von meinen Kratzern ist keine Spur mehr zu entdecken. Vorsichtig richtet Ami sich auf.
"Was ist passiert? Was war das gerade?", fragt sie mich ängstlich. Auf der Wiese beginnt etwas zu leuchten. Ein Geist erscheint und schwebt auf uns zu.
"Das war ein Verbündeter der Willenskraft, die Eifersucht. Während eure Freunde sich gegen den Hass als Lebewesen behaupten sollten, musstet ihr einen inneren Kampf austragen. Jede von euch gegen die Eifersucht alleine, im Stande, eure Freundin zu töten, solltet ihr die Oberhand verlieren. Doch ihr habt gesiegt. Ich bin stolz auf euch und euer Wunsch, weshalb ihr nach Atros gekommen seid, wir erhört. Ihr werdet den Mächten gegenüberstehen".
Der Geist löst sich auf und an seine Stelle treten drei dunkle Schatten. Erschrocken schnappt Nana nach Luft, als sie Miki und ihren Bruder erkennt. Sie greift nach den Schatten und ich strecke dem Dritten, wohl Azarni, die Hand entgegen, da werden wir eingesogen. Hat diese Hölle denn nie ein Ende?

Reunion (letztes Kapitel)


Sanft schlagen die Wellen gegen die Cloudy. Kein Lüftchen weht die Sandkörner der Wüste von Alabasta umher. Es ist ruhig. Langsam öffnet Ami die Augen. Nana, Nori, Azarni und Miki sind alle wach und sitzen genauso dumm aus der Wäsche schauend an Deck des Schiffes herum.
"Hattet ihr auch so einen seltsamen Traum?", fragt Nana, aber Nori legt nur seinen Arm um sie.
"Das war kein Traum. Das war real".
Drei leuchtende Gestalten nähern sich den Jugendlichen. Die Gesichter sind verdeckt, aber sie strahlen Güte und Autorität aus. Alle drei tragen lange Ketten mit Anhängern. Ein Herz, eine Sonne und eine Uhr.
"Zeit, Licht und Liebe", flüstert Azarni ehrfürchtig. Neben den drei hellen Geistern erscheint ein Vierter. Auch, wenn die weiße Farbe seiner Umrisse noch schwach leuchtet, so ist er hauptsächlich von dunklen Farben zerfressen.
"Und die Willenskraft. Genau wie Ole damals gesagt hat", vollendet Ami.
"Monkey D. Miki, Lorenor Nori, Nico Nana, Azarni und Ami. Ihr seid von Ole, dem Schicksal, auserwählt worden, uns Mächte der Erschaffung zur Besinnung zu bringen. Da ihr in schweren Zeiten Niederlagen erleiden musstet und doch nie aufgegeben habt, bekommt ihr nun die Chance uns zu erklären, was wir falsch gemacht haben in unserem Entschluss, unseren vierten Verbündeten, die Willenskraft, wegen menschlicher Vergehen an der Natur zu bestrafen. Und bedenkt: Warum sollten wir diese wieder in unser Reich aufnehmen, denn deshalb habt ihr diese Reise auf euch genommen, nicht wahr?"
Die Liebe spricht die Jugendlichen direkt an. Sie alle werfen sich ausnahmslos ratlose Blicke zu, bis Miki aufsteht und sich vor seine Crew stellt. Mit ein paar Fingerzeichen erschafft er Bilder.
"Diese Dinge hier haben die Menschen auch mit Willenskraft geschafft. Es gibt auch gute Seiten an ihr".
Miki lässt die Illusionen lebendig werden. Ein Haufen junger Menschen erscheint, mit Plakaten in der Hand stürmen sie ein großes Regierungsgebäude.
"Von der Diktatur zur Demokratie", erklärt er ernst.
Das Bild verändert sich. Eine Frau mit heller Haut liegt auf dem Boden. Heran tritt ein schwarzer Mann, mit einem asiatischen Kind auf dem Arm, und reicht ihr die Hand zum Aufstehen.
"Gegen Rassismus, gelernt, einander zu helfen und zu lieben".
Eine Schulklasse. Ein Kind mit Brille und Zahnspange, daneben eines mit Down-Syndrom. Ein paar andere Kinder stehen lachend davor, bis sich eines von ihnen schützend vor die Anderen stellt.
"Gegen Mobbing, für den Mut, Toleranz zu zeigen".
Die Bilder lösen sich auf.
"Habt ihr genug gesehen?", fragt er ernst und streicht sich durch die Haare, so, wie sein Vater es früher mit seinem geliebten Hut gemacht hatte.
Stille kehrt auf der Cloudy ein. Schließlich tritt die Zeit nach vorne.
"Ja, Monkey D. Miki, wir haben genug gesehen und wir werden die Willenskraft wieder in unseren Reihen akzeptieren".
Neben ihr tritt das Licht auf die Willenskraft zu und berührt sie. Daraufhin erleuchtet diese in neuem Glanz.
"Ich danke euch. Für euren Mut, eure Liebe und euer Vertrauen, erfüllen wir euch nun einen Wunsch. Aber wählt klug, denn mehr als Einen können wir euch nicht gewähren", die Willenskraft sieht zu seinen alten Freunden.
"Ich finde, einzig und alleine Azarni hat das Recht, sich etwas zu wünschen", durchbricht Nori die Stille, den Arm immernoch fest um seine Schwester geschlungen. Nana nickt zustimmend, ebenso wie Ami. Alle Augen richten sich auf Miki, der nur grinst. Die Mächte taxieren Azarni. Diese überlegt keine Minute.
"Ich wünsche mir meine Schwester von den Toten zurück, damit ich mit ihr noch einmal von vorne anfangen kann".
"Dein Wunsch geschehe". Nacheinander verneigen sich die Mächte vor Azarni. Dann lösen sich ihre leuchtenden Geisterkörper auf. Zwischen dem hellen Nebel, der das Deck der Cloudy überflutet, tritt eine sichtlich verwirrte Beniko hervor und fällt ihrer Schwester in die Arme.
"Es tut mir so...", beginnt sie, doch Azarni zieht sie fester in ihre Arme und drückt ihr einen Kuss auf die Stirn.
"Ist schon gut, Beni", flüstert sie. Schließlich verschwindet der Nebel.
"Hey Mama, ich bin es. Ich wollte nur sagen, dass wir noch weiter segeln werden", ruft Miki motiviert in die Teleschnecke.
"Alles klar mein Schatz. Wir sind gerade in Loguetown, weil Brook und Franky uns besuchen wollten. Wir sehen uns, macht nicht zu viel Mist", tönt Aimis gut gelaunte Stimme zurück. Im Hintergrund kann Miki seinen Vater mampfen und Onkel Ace lachen hören. Er verabschiedet sich und legt auf. Der Wind streicht ihm durch die Haare.
"Keine Widerworte", grinst er seine Crew an, die hoffnungsvoll auf seine Antwort wartet. Daraufhin bricht Jubel an Deck aus. Nana springt Miki in die Arme und ohne Vorwarnung liegen seine Lippen auf ihren. Egal, ob Nori gerade zuschaut oder nicht...

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 01.09.2012

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