Warum ist das Leben manchmal so trist und grau? Warum vergisst man manchmal die Sonne, die wärmende Sonne die einem über das Gemüt streichelt und stets neue Energie schenkt. Warum vergisst man im Leben, dass es jemals überhaupt wieder Sonne geben wird, diese unbeschreibliche Wärme, die alles grau überschattet, diese magischen Sonnenstrahlen? Warum nur fühlt sich alles im Leben an manchen Tagen nur so dunkel an? Welche Antwort ist auf diese Frage nun die Richtige. Ich habe keine Antwort auf diese Frage, keine wirklich gute Antwort außer diese, manchmal ist es im Leben nun mal so.
Manchmal, genau in diesem Manchmal, von dem ich gerade gesprochen habe, in diesem grauen Manchmal steckte ich zu diesem Zeitpunkt. Es war Mitte Januar und vielleicht lag es auch einfach nur am Winter, in dem die Sonne so und so immer mit ihren Strahlen geizte, wie sollte ich da ein paar ihrer Strahlen in mir aufsaugen? Ich meine, ein Jeder versucht die wenigen Strahlen für sich zu gewinnen, wie sollen da auch nur ein paar auf mich abfallen?
Völlig ausgesaugt an Energie saß ich am Straßenrand, ich spürte es war einfach mal Zeit, Zeit wieder raus zu kommen um etwas zu unternehmen, einfach mal für ein paar Tage diesem grauen Alltagstrott zu entfliehen. Ich wollte was erleben, wollte wieder Tatenkraft in mir spüren und weil ich drei Tage am Stück frei hatte, beschloss ich mich einfach mal auf den Weg zu machen. Ich wusste genau wohin ich wollte, nur wusste ich nicht genau das Wie der ganzen Sache, da mir das nötige Kleingeld fehlte. Ein bisschen war mir schon mulmig zu Mute. Alleine und das auch noch als Frau einfach mal so an einer Autobahnauffahrt zu sitzen und darauf zu warten dass mich jemand mitnehmen würde, mitnehmen würde ans Meer, das Meer, das war mein Ziel.
Ich saß so zwei Stunden von Rostock entfernt und wollte einfach nur an die Ostsee, um meine Seele baumeln zu lassen, das Rauschen des Meeres zu hören und dessen gewaltige Schönheit in mir aufzusaugen. Ich war mir sicher, wenn ich diese drei Tage am Meer verbringen würde, wäre meine Seele für den Rest des Winters mit Nahrung und Inspiration ausgestattet und ich hätte genug Futter um über den Winter zu kommen.
Jedoch hieß es erst einmal abwarten, abwarten ob mich überhaupt jemand mitnehmen würde. Ich hatte ein großes Schild gebastelt auf welchem mit dicken Buchstaben “OSTSEE“ stand. Doch die Uhr tickte immer weiter und mit jedem Ticken geriet ich immer mehr aus dem Takt. Vielleicht war es auch einfach eine dumme Idee und schon am selben Abend würde ich wieder in meinen vier Wänden sitzen und mich fragen warum es diese grauen Tage überhaupt gab, doch es sollte anders kommen.
Nach dem ich 2 Stunden und etwa 18 Minuten an der Autobahnauffahrt saß und wartete, kam ein großer LKW angefahren. Ich war etwas in Gedanken versunken, die gleichen ewig nicht enden wollenden Gedanken und kreisenden Fragen, als der Wagen langsamer wurde und schließlich anhielt. Ein netter älterer Herr so ende 50 hielt an und öffnete das Fenster. Er schaute mich staunend an und fragte mich schließlich: “Wollen sie wirklich an die Ostsee, die Bahn streikt wohl wieder oder muss ihr Auto gerade durch den Tüv“?
Ich fand ihn gleich sympathisch. Er hatte einen runden Bauch und wirkte in seiner gesamten Gestalt sehr ausgeglichen und gemütlich, wie ein knuffiger Teddybär und er schien witzig zu sein.
Ich sah ihn mit großen Augen an und antwortete ihn, dass ich sehr gerne an die Ostsee wolle, mir aber weder ein Bahnticket leisten könne, noch einen Führerschein besäße.
Darauf sah er mich gütig an und sagte: ..“ Na dann hopp nix wie rein, ich fahre nach Warnemünde“. Warnemünde hüpfte mein Herz, ohne groß zu überlegen sprang ich in den großen LKW und saß neben dem witzig sympathisch wirkenden Mann. Wir fuhren auf die Autobahn auf und machten uns auf den Weg zum Meer.
Es war nicht schwierig mit dem Mann eine Unterhaltung anzufangen, er wirkte nicht nur sympathisch und witzig, er war es auch. Er schaute mich an und fragte mich gleich, aus welchem Jahrhundert ich entflohen wäre, weil ich mir getraute einfach mal so zu Trampen. Sofort kroch so etwas wie stolz in mir empor, genau dachte ich mir, als Frau alleine zu Trampen, das war doch mutig von mir. Und als ob er meine Gedanken lesen konnte, entgegnete er, …“ganz schön mutig von Ihnen.“ Da musste ich lächeln. Ich erzählte ihm, dass ich einfach mal wieder eine Auszeit vom Alltag brauchte und deswegen gerne ans Meer wollte.
Da verzog er das Gesicht zu einem breiten Lachen und sagte: …,,Ja das Meer hat seinen Zauber“. Er erzählte mir weiter, dass er in Warnemünde zu Hause und jeden Tag glücklich sei, an einem so schönen Ort zu wohnen.
,Ja“, sagte ich, ,, das ist schön am Meer zu wohnen, das ist wirklich ein Traum“. Ich erzählte ihm, dass ich hoffte, dass mir eine Auszeit am Meer helfen könne, den restlichen grauen Winter zu überstehen.
Wieder lachte er und fragte mich was genau in meinen Augen am Winter denn so schrecklich sei. Also erzählte ich ihm über die graue Zeit, die fehlende Sonne und meine schlechte Stimmung. Er hörte mir geduldig zu und meinte dann: „Naja, vielleicht ist ihr Akku einfach zur Zeit ein bisschen leer und muss wieder aufgeladen werden, vielleicht ist das Meer genau das richtige Ladekabel für Sie“. Wieder hatte er dieses Lächeln auf seinen Lippen.
Ich war beeindruckt über die Art, wie er seine Worte wählte und wie er es schaffte in so schönen Bildern zu sprechen.
„Ja Ladekabel“, sagte ich, „ein schönes Bild“ und lächelte vor mich hin.
Dann sprach er weiter: „ist es nicht so, dass jede Jahreszeit ihren Zauber hat“? ,,Nehmen wir das Meer, es ist toll im Sommer darin zu baden, aber wenn ich das ganze Jahr im Meer baden könnte, würde es doch irgendwann gleichförmig sein.“ ,,Ich genieße auch den Wind und die kühle Luft im Winter“. ,,So freue ich mich jedes Jahr aufs Neue wieder baden gehen zu können und manchmal bin ich total verrückt und springe auch im Winter ins kühle Nass und das finde ich dann extrem mutig von mir“. „Ich will damit nur sagen, auch wenn die Zeit im Winter langsamer vergehen mag und die Tage grau und düster sind, so sollte man sich doch auch im Winter den Aufgaben stellen und sich an Dingen erfreuen die einem gut tun“.
Seine Worte waren wie Balsam für meine ausgetrocknete Seele, ja, dachte ich, er hat recht, ich sollte die Jahreszeiten mehr schätzen und überhaupt das Leben mit seinen wiederkehrenden Überraschungen.
„Es ist nur, sprach ich, ,,manchmal bin ich einfach nicht so glücklich darüber wie mein Leben gerade läuft, entweder schimpfe ich über Gleichförmigkeit oder darüber dass ich gerade mal wieder unglücklich verliebt bin oder über irgendeinen anderen Grund.
Er sah mich etwas wehleidig an, und fragte mich dann welcher Grund jetzt schuld sei für meine schlechte Stimmung. Ich sah ihn an und mir war es etwas peinlich auf seine Frage zu antworten doch dann sagte ich leise, ,,ja, die Liebe, alles Mist“. ,,Ach sagen sie doch so was nicht“. „Ihr jungen Dinger seid aber auch so ungeduldig mit allem, mit den Dingen, den Jahreszeiten und auch mit der Liebe“. „Ich bin seit 30 Jahren mit meiner Frau verheiratet und wir haben zwei wundervolle Töchter, wohl genau in ihrem Alter“. Nicht alles war immer rosig, aber mit Geduld schafft man Vieles. Dann sprach er weiter und ich hätte heulen können über seine schönen Worte.
„Das Glück ist wie ein Schmetterling, sprach er, „jag ihm nach und er entwischt dir. Setz dich hin und er lässt sich auf deiner Schulter nieder“. Das kommt von Antony de Mello, fügte er noch hinzu. „Also haben Sie Geduld mit sich und der Welt und auch mit der Liebe“. „Und Liebe braucht auch viel Mut, sprach er weiter, „Sie müssen erst mal jemanden finden, der so mutig ist wie sie es sind.“ Und wieder lächelte er.
Ich war einfach nur noch voller Freude, gerade noch saß ich am Straßenrand und meine Seele fühlte sich grau an und jetzt gaben mir die Worte dieses netten Mannes unglaublich viel Hoffnung. „Danke, sagte ich, „Danke, für ihre wunderschönen Worte“. „Es ist ein Glück für mich, dass Sie mich mitgenommen haben“.
Dieser Mann war wohl wirklich von Kopf bis Fuß mit Zufriedenheit gesegnet. Ich bewunderte ihn für sein ausgeglichenes und gleichzeitig sehr liebevolles Wesen. Dann sah er mich wieder an und fragte mich, wo ich eigentlich die zwei Nächte verbringen werde.
Ich musste grinsen. „Naja, sagte ich, „es sollte ein einziges Abenteuer werden, ich weiß noch nicht, wo ich übernachten werde“.
„Also wenn sie wollen, dann können Sie gerne in unserem Strandhaus übernachten.“ „Wir haben ein Strandhaus direkt am Meer, es wird ihnen sicher gefallen, es wird jetzt etwas kalt sein, aber wir haben viele kuschelige Decken, die sie haben können“.
Ich strahlte nur noch, „oh das wäre wundervoll“, sagte ich, „ man warum habe ich nur so ein Glück und bin an solch einen tollen Menschen geraten“?
„Naja, sie strahlen selbst sehr viel Positives aus, das wird wohl der Grund sein“, sagte er.
Ich lächelte wieder.
Die Zeit verging sehr schnell und im Nu waren wir in Warnemünde. Wir stiegen aus und ich fragte ihn ob er Lust hätte mit mir ans Meer zu gehen. Gemeinsam liefen wir an den Strand und ich spürte wie das Meer mir noch mehr Kraft gab. Ich spürte den Sand unter meinen Füßen und genoss das Rauschen des Meeres in vollen Zügen.
Ich hatte es geschafft, ich war am Meer, ich fühlte mich einfach wieder gut. Diese Fahrt mit dem lieben älteren Herrn hat mir soviel Kraft und Hoffnung gegeben.
Dann zog er sein Schlüsselband aus der Tasche und übergab mir die Schlüssel für das Strandhaus. Ich war so gerührt von so viel Wärme und Großzügigkeit. Dann sagte er, „Lassen sie den Schlüssel einfach im Haus, ich habe noch einen Zweitschlüssel.“ Ich würde sie gerne am Montag wieder mitnehmen, aber ich fahre leider in eine andere Richtung, tut mir leid“.
„Sie haben ja schon genug für mich getan“, sagte ich. „Ich bin Ihnen unendlich dankbar für Ihre Großzügigkeit“.
Mit einer Umarmung verabschiedete ich mich von dem lieben großzügigen Mann. Bevor er ging sagte er noch, „dann laden Sie mal ihren Akku wieder auf und haben sie eine schöne Zeit hier am Meer“.
Ich schmunzelte und entgegnete dann, „Ich denke er ist schon fast voll“.
Tag der Veröffentlichung: 15.02.2015
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