Cover

1. Project 4
2. Edward Cullen
3. Partitioning
4. Director of the Quarters Police Departement
5. A Hell of a Night / Brunch
6. Invitations
7. Meeting in the Park / Dinner For Two I
8. Diner For Two II
9. Shopping
10. Family Monopoly (Mike & Lauren)
11. Talks
12. Family Dinner (The Cullens)
13. Free Day, Thinking about…
14. About Friendship
15. Shopping Saturday (Alice)
16. Short Cuts / Realization
17. Easy like Sinday Morning
18. -||-
19. Daddy’s Little Girl
20. Lil Em
21. We are not together
22. An Occasion
23. The Rose an Crown
24. Life
25. I’ll surely miss you
26. Zusatzkapitel: Edward


Project 4


››… Newton, Isabella Swan und Edward Cullen, Angela Weber und Ben Chenney sind in Projekt vier. Ihr beschäftigt euch damit, wie sich junge Menschen in eurem Alter als Eltern fühlen müssen. Und zu guter Letzt, Projekt fünf…‹‹

Ich hörte nicht mehr länger zu. Was hatte ich verbrochen um in diesem Projekt gelandet zu sein? Und dann auch noch in derselben Gruppe, wie Edward Cullen – zu zweit?!

Wir hatten in der Schule Projektwochen und ich hatte mich für ein soziales Projekt beworben, weil ich hoffte, dass es sich später in meiner College Bewerbung gut machen würde. Allerdings hatte ich auf ein Teilprojekt, wie arbeiten im Kinderheim oder Altenheim gehofft. Mit Babysitten konnte ich nicht viel anfangen. Aber auch das schien ein Thema zu sein, das unter Sozial geschoben wurde.

››Könnt ihr mir noch einen Moment zuhören, ehe ihr zu euren neuen Partnern lauft? Wie bereits erwähnt, die Projekte und Gruppen können nicht mehr getauscht werden, ihr seid so aufgeschrieben und teilweise angemeldet und ich sehe auch sonst keinen Grund etwas zu ändern.
Hier vorne seht ihr Stapel mit Blättern, der erste Stapel ist für Projekt eins, der zweite für das zweite Projekt und so weiter, ich denke, ihr werdet damit klar kommen. Lest euch alles bitte sorgfältig durch, wenn noch irgendwelche Fragen aufkommen, kommt bitte nach vorne und stellt sie. Ach ja, bleibt vorerst in eurer Projektgruppe und versucht alles untereinander zu klären. Den genauen Ablauf über alles findet ihr in euren Informationszetteln.‹‹ Der Lehrer endete und bedeutete uns mit einem Handzeichen, dass wir uns nun bewegen dürften.

››Wir sind im selben Team‹‹, quietschte meine Freundin Angela neben mir. ››Als er von fünf Projekten sprach, habe ich wirklich schon befürchtet, dass wir nicht zusammen kommen. Und wir sollen Babys hüten… Ben Chenney wird der Vater meines Kindes…‹‹ Ben Chenney war im selben Biologiekurs, wie Angela und schon seit einer Weile war sie in ihn verliebt – allerdings war sie viel zu schüchtern um ihn von sich aus anzusprechen.
››Kinder hüten, was für eine Freude‹‹, sagte ich sarkastisch. Ich war wirklich enttäuscht.
››Natürlich… Und bitte. Dein Kind kann nur fantastisch aussehen, mit dir als Mutter und Edward Cullen als Vater, überleg dir das Mal! Edward Cullen! Ach… ich bin ja schon gespannt, wie das ist, mit so einem kleinen Rabauken. Nicht, dass ich selbst schon Kinder will, jetzt noch nicht, aber es ist doch spannend, das schon einmal auszuprobieren.‹‹

Wir setzten uns zu unseren anderen Projektkollegen an den Tisch, neben Angela, ihrem Partner, meinem Partner und mir noch Lauren Mallory und Mike Newton. Da Angela gleich neben Ben platz nehmen wollte, musste ich auf den letzten freien Platz zwischen Mike und Edward.

››Kennt ihr euch alle? Also ich kenne jeden. Ich stelle mich einfach mal vor. Ich bin Mike Newton, neben mir sitzt Bella Swan, dann kommt Edward Cullen, Lauren Mallory, Ben Chenney und Angela Weber.‹‹

Wir nickten alle einmal, als unser Name genannt wurde. Ich denke, dass das wirklich unnötig war. An so einer kleinen – unweigerlich bei einer Privatschule – High School kannte wirklich jeder jeden, und von uns war keiner im Laufe der Jahre dazu gezogen. Mike war aber dafür bekannt, dass er sich gerne etwas aufspielte, genauso wie es einen Grund hatte, dass er mich breit angrinste und mich zuerst genannt hatte. Seltsamerweise schien er mich interessant zu finden. Traurigerweise – für ihn – interessierte ich mich kein Stück für ihn.

››Ich gehe unsere Informationen holen‹‹, erklärte Ben in die Runde. Angela schloss sich ihm sofort an.

››Da haben sich doch schon mal zwei gefunden‹‹, sagte Mike leise in die Runde, dann blickte er zu mir. ››Schade, dass wir nicht in einer Gruppe sind, sondern nur im selben Projekt, findest du nicht auch, Bella?‹‹
››Uh… sicher.‹‹
››Vielleicht können wir doch noch einmal mit Mr. Banner sprechen, dass er uns Projektintern tauschen lässt‹‹, sagte Mike.

Lauren schien dieser Vorschlag sehr gut zu gefallen, Edward hingegen zeigte keine Regung. Ich hatte nur das Gefühl, dass seine Augen noch ein Stück dunkler und genervter wurden.
Wenn ich mich richtig erinnerte, hatte er vor zwei Jahren kurze Zeit etwas mit Lauren am Laufen. Aber das war so schnell wieder zu Ende gewesen, dass das Gerücht es noch nicht einmal geschafft hatte, die volle Runde zu machen.
Mit mir hatte er noch nie etwas gehabt – und würde er auch nie haben – deswegen gab es bei unserem Aufeinandertreffen keine Peinlichkeiten oder Unangenehmheiten.

››Also, gehen wir gleich mal vor?‹‹ fragte Mike ungeduldig.
››Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass das etwas bringt.‹‹ Nicht, dass ich scharf darauf war, mit Edward in einer Gruppe zu sein, allerdings war er mir immer noch lieber, als Mike mit seinen ewigen Annäherungsversuchen. Das würde doch nur noch schlimmer werden, wenn wir erst einmal ein Kind zusammen hätten. Und Ben konnte ich vergessen, den würde Angela nicht mehr hergeben – jetzt wo sie ihn endlich einmal hatte. ››Mr. Banner hat klar gemacht, dass er keine Tausche will-‹‹
››Ganz richtig, Miss Swan‹‹, wurde ich von der Stimme meines Lehrers unterbrochen. ››Ich habe mir schon meinen Teil bei der Einteilung gedacht. Und jetzt lest lieber etwas über euer Projekt, damit ihr nicht in Zeitschwierigkeiten kommt.‹‹

Wir nickten und nahmen die Blätter von Ben und Angela entgegen, die sie uns hinstreckten.
Im Großen und Ganzen wollte das Projekt von uns, dass wir uns wie eine kleine, glückliche Familie aufführten. Lange Spaziergänge im Park, Einkaufen gehen, Freunde (die anderen aus dem Projekt) treffen. Wir mussten uns jeden Tag einige Stunden in der Schule aufhalten, währenddessen wir unser elektronisches Baby ausschalten durften und mit dem Lehrer über unsere Erlebnisse sprechen sollten.
Ich seufzte bei jedem zweiten Satz. Edward und ich müssten alles festhalten, was wir unternahmen, um dem Lehrer zu beweisen, dass wir das Projekt ernst genommen hatten. Das hieß, ich musste tatsächlich mit ihm nach Hause und mit seiner ganzen Familie essen. Und er musste mit zu mir, wo wir gemeinsam das Baby wickelten.

››Fertig, oder hast du noch irgendwelche Fragen?‹‹ hörte ich Edwards Stimme von rechts.
Ich schüttelte den Kopf. Keine Fragen mehr.
››Dann können wir los, oder?‹‹
Ich nickte und stand auf.

Unser Zeitplan sah jetzt für uns vor, dass wir unsere Babyutensilien abholten und uns mit der Bedienungsanleitung für unser Baby bekannt machten. Anschließend sollten wir uns bei unserem Lehrer abmelden und einen kleinen Spaziergang mit Kinderwagen unternehmen.


Edward Cullen


››Eine Idee, wo wir hingehen könnten?‹‹ fragte ich schließlich, als wir das Schulhaus verlassen hatten.
››Ich denke, der Park könnte ganz angebracht sein. Du weißt schon, frische Luft und so. Da gehen doch alle kleine Familien immer spazieren, oder?‹‹ schlug er mit einer überraschend sinnlichen Stimme vor.
››Ich denke…‹‹

Ich musterte Edward immer wieder von der Seite. Er lief versteift, machte nicht den Anschein, als würde ihm das hier große Freude bereiten. Da ging es ihm wirklich nicht viel anders, als mir. Aber könnte er nicht wenigstens auch versuchen, das Beste aus der Sache zu machen?

Edward Cullen war einer der begehrtesten Singles an unserer Schule – nein, eigentlich war er der begehrteste Single und das wahrscheinlich nicht nur an unserer Schule, sondern im gesamten Stadtteil, vielleicht auch überall, wo er auftauchte. Er hatte schon mit nahe gehend jedem Mädchen an der Schule – bei seinen Freizeitaktivitäten und –bekanntschaften kann ich mich wirklich nicht aus – etwas gehabt.
Meines Wissens nach gab es nach spätestens drei Tagen ein gebrochenes Herz mehr an der Schule – verschuldet eben durch besagten Edward Cullen.
Ich konnte wirklich verstehen, was die ganzen Mädchen an ihm fanden. Äußerlich war er wirklich mehr als perfekt. Sein Gesicht war sehr akkurat mit den wunderschönen Zügen, seine helle Haut harmonierte perfekt mit seinen seltsam rötlich-braunen Haaren und dem noch seltsameren Grünton seiner Augen, was ihn unglaublich interessant machte – äußerlich. Auch der Rest seines Körpers war durchaus nicht zu verachten. Seine teure Kleidung umschmiegte perfekt seine große, schlanke, aber muskulöse Statur.
Aber innerlich? Was konnte ein Mensch, der so mit Mädchen umsprang wie dieser Junge neben mir, für einen Charakter haben? Ich gebe zu, ich kannte Edward Cullen nicht. Wir hatten nie mehr als drei Worte wegen Schulaufgaben miteinander gewechselt. Ich war nie an ihm interessiert gewesen, wie die anderen Mädchen. Und er war nie an mir interessiert gewesen, wie an den anderen Mädchen.

Ich würde diese Projektwochen hinter mich bringen und anschließend nie wieder etwas mit ihm zu tun haben.
Jetzt aber musste ich vorerst mit ihm ein glückliches Elternpaar mimen, eine Rolle, in der ich ihn mir weder vorstellen könnte, noch für die er sich im Moment Mühe gab, hineinzupassen. Er hatte unser elektronisches Baby bis jetzt nur einmal kurz, gezwungen, in der Hand gehabt – ja in der Hand, alles andere als liebevoll – und momentan lief er in einem guten Meter Sicherheitsabstand neben mir und dem Kinderwagen her.

Ich beschloss, ihn direkt mit meiner Feststellung zu konfrontieren. ››Du bist wohl nicht sonderlich glücklich mit dem Projekt, was?‹‹ fragte ich.
Er blickte zu mir herunter, spöttisch eine Augenbraue nach oben gezogen. ››Machst du Witze? Wer könnte mit so einem Projekt bitte glücklich sein?‹‹
››Ich wüsste da jemanden…‹‹ Angela…
Die zweite Augenbraue rutschte nach oben.
Ich wandte meinen Blick von ihm ab nach vorne und antwortete. ››Nicht ich. Ich bin nicht wegen des Kinderhütens im sozialen Projekt. Ich hatte eigentlich gehofft mir eine praktische Bekundigung für das College ergattern zu können.‹‹
››Wirklich?‹‹ sämtlicher Spott war aus seiner Stimme verschwunden und er schien ernsthaft überrascht.
››Natürlich wirklich!‹‹ patzte ich. Was dachte der eigentlich? ››Ich hatte wirklich nicht schon vor, mich fest zu binden und Mutter zu werden.‹‹
››Ganz ruhig, Isabella. Ich dachte nur…‹‹
››Was dachtest du?‹‹
››Ich dachte, dass alle Mädchen so wären. Jungs. Heiraten. Kinder kriegen.‹‹

Jetzt war es an mir, spöttisch zu lachen. Was für ein altertümliches Bild hatte er eigentlich vom anderen Geschlecht? Obwohl…

››Nicht alle Mädchen sind so wie die, mit denen du ausgehst.‹‹
››Offensichtlich…‹‹ murmelte er so leise, das ich mir nicht sicher war, ob ich das wirklich gehört hatte.

Wir betraten nun den Park und ich stellte sofort fest, dass wir nicht die einzigen ›jungen Eltern‹ waren, die einen kleinen Familienausflug hierher unternommen hatten.

Edward, bemerkte ich, verringerte seinen Sicherheitsabstand zu mir und dem Kinderwagen etwas.

››Also…‹‹ sagte Edward nach einer Weile. ››Wo wärst du heute gerne gelandet? In welchem Projekt? Für welches Studium?‹‹
››Eigentlich wäre mir jedes Recht gewesen, außer dem hier. Am besten hätte mir die Arbeit mit Kindern gefallen, entweder im Krankenhaus oder auch im Kinderheim. Gegen Altenheim hätte ich auch nichts gehabt. Was genau ich damit machen will, weiß ich noch nicht. Ich hätte mich dann vielleicht vom Schicksal leiten lassen. Ich weiß nur, dass ich helfen will – egal wo. Einfach irgendjemandem helfen ein besseres Leben zu haben. Es haben nicht alle so viel Glück und werden in eine gute Familie geboren, wie wir. Leider hilft mir das hier… gar nicht… weiter…‹‹

Ich hatte gegen Ende meines Satzes Probleme mich auf die weiteren Worte zu konzentrieren. Edward hatte mir auf einmal einen überraschten Blick zu geworfen und sich damit so tief in meine Augen gebohrt, dass ich mich nicht mehr davon lösen konnte.
Das ganze endete schließlich damit, dass ich über einen Stein auf dem unebenen Kieselsteinweg des Parks stolperte, nach vorne viel und damit den Kinderwagen zum kippen brachte. Aber der Lenker und ich kamen nie auf dem Boden an.
Edward hatte in einer blitzschnellen Reaktion unter meine Arme gelangt und stabilisierte die Lage so, dann hatte er einen Arm um meine Taille gelegt um mir wieder nach oben in eine gerade Position geholfen.

››Danke‹‹, murmelte ich, sobald der erste Schock überwunden und die Röte in meine Wangen geschossen war.

Wer um alles in der Welt war auf die Idee gekommen, mir ein Kind – wenn auch nur elektronisch – anzuvertrauen?

››Kein Problem.‹‹ Seine Stimme klang für meinen Stolz etwas zu amüsiert.

In dem Moment hörte ich ein anderes Geräusch. Ein schreiendes Kind uns es kam eindeutig aus dem Kinderwagen vor mir.

››Uh-oh. Und was jetzt?‹‹ Seine Stimme klang von einem Moment auf den anderen unsicher.
››Ich habe keine Ahnung‹‹, gestand ich.

Okay, so schwer konnte das wirklich nicht sein.
Mit zusammengezogenen Augenbrauen stellte ich mich an die Längsseite des Kinderwagens und blickte ins Innere. Der Schnuller lag neben dem rechten Ohr der Puppe.
Erster Versuch. Ich langte in den Wagen, griff nach dem Schnuller und steckte ihn direkt zwischen die leicht geöffneten Lippen.
Stille.

Triumphierend drehte ich mich um und wollte gerade wieder zum Lenker zurückgehen, als die Sirene erneut losging.
Geschockt wandte ich mich wieder um.
Der Schnuller lag dieses Mal auf der anderen Seite. Na immerhin wird es nicht langweilig.
Zweiter Versuch. Ich griff wieder nach dem Schnuller um ihn zurück in den Mund zu befördern. Dieses Mal ließ ich meine Hand aber daran, um die Puppe daran zu hindern, ihn gleich wieder auszuspucken.
Es schien zu funktionieren. Nach einiger Zeit zog ich meine Hand zurück, beobachtete eine Weile. Nichts. Sogar die Augen waren geschlossen.
Ha! Jetzt sollte noch mal jemand kommen und behaupten, ich wäre eine schlechte Mutter.

››Gut gemacht‹‹, lobte Edward.
››Scht‹‹, machte ich, aber zu spät.

Genau in dem Moment flogen die Augen wieder auf, der Schnuller flog in großem Bogen aus dem Wagen heraus und das Schreien ging von neuem los.

Hilflos sah ich Edward an.
››Vielleicht herausnehmen?‹‹ schlug er mit hochgezogenen Schultern vor.

Ich seufzte und nickte. Langsam zog ich die Decke zurück und legte meine Arme unter die kleinen Plastikärmchen. In der Bedienungsanleitung war gestanden, dass das Baby auf Körperwärme reagierte, also drückte ich unsere Oberkörper sachte aneinander. Mit einem Arm hielt ich es fest, während ich mit dem anderen über sein Köpfchen streichelte.
Ich kam mir entfernt lächerlich vor.
Aber dennoch schien es zusammen mit ein paar Wippbewegungen zu funktionieren. Das Schreien ließ nach und verschwand schließlich ganz. Na bitte.

Wir gingen weiter, ich das Elektronikbaby auf dem Arm, Edward den leeren Kinderwagen vor uns herschiebend.
Ein Gespräch war jetzt nicht mehr möglich. Würden wir auch nur einen Ton sagen, liefen wir Gefahr, dass ›unser‹ Baby wieder ›aufwachte‹ und wir von neuem mit der Beruhigung anfangen konnten.

Warum musste ich das eigentlich eben alles machen, während Edward nur daneben gestanden hatte?

Nach einiger Zeit hielt ich es aber für sicher, das Baby wieder in den Wagen zu legen – es wurde mir auch zu lästig, das Ding auf meinem Arm durch den Park zu tragen – und brachte Edward mit einem kurzen Blick dazu, stehen zu bleiben.
Ich hatte Glück. Das Baby blieb ruhig, als ich es von mir löste und wir schließlich wieder weitergingen.

››Wir sollten ihm noch einen Namen geben‹‹, erinnerte Edward an unsere Aufgaben, als ›Eltern‹.
››Ihr‹‹, kicherte ich leise.
››Es. Das Baby.‹‹
››Okay, hast du eine Idee?‹‹

Er zuckte die Schultern, sah aber nachdenklich aus.
Ich ließ mir einige Mädchennamen, die ich schön fand, durch den Kopf gehen.

››Meine Mutter wollte mich ›Elizabeth‹ nennen, wäre ich ein Mädchen geworden‹‹, sagte Edward schließlich.
››Schöner Name‹‹, gab ich zu.

Er erinnerte mich an die Hauptdarstellerin eines meiner Lieblingsbücher. Elizabeth Bennett aus Jane Austens ››Stolz und Vorurteil‹‹.

››Keine anderen Vorschläge?‹‹ fragte Edward, nachdem ich nichts weiteres erwiderte.
››Nein. Ich mag den Namen. Bekommt sie einen Zweitnamen? Ich habe einen…‹‹
››Ich auch. Es würde also nur passen. Mach du einen Vorschlag.‹‹
››Ich mag ›Susan‹, das ist auch nicht so lange. Und der Name hat eine schöne Bedeutung.‹‹
››Welchen?‹‹
››Lilie, Lavendel oder auch Liebste.‹‹
››Ja, das ist schön. Fast ein bisschen zu schön für eine Elektronikpuppe.‹‹
››Aber immerhin unsere Elektronikpuppe‹‹, lachte ich, unsicher.
Er musterte mich kurz – hatte er Angst, dass ich das ganze zu ernst nahm? – und sagte dann. ››Okay, also Elizabeth Susan… Cullen?‹‹

Ego.

››Eher nach der Mutter, weil wir nicht verheiratet wären. Also Swan.‹‹
››Nehmen wir aber an, dass wir verheiratet sind. Wir sollen immerhin eine glücklich, kleine Familie sein. Würden wir dann Cullen heißen?‹‹
››Würdest du etwas anderes zulassen?‹‹ entgegnete ich.
››Nein‹‹, kam die prompte Antwort.

Ego. Sagte ich doch.

››Soll ich mich dann für die nächsten zwei Wochen auch mit Isabella Marie Cullen ansprechen lassen?‹‹ fragte ich scherzhaft.

Oh. Wieder dieser Blick.
Keine Antwort.

Also schwiegen wir. Ziemlich lange, wir waren schon durch den halben Park durchgelaufen. Edward schob immer noch den Kinderwagen.

››Wir sollten langsam zurück‹‹, sagte ich schließlich. ››Wir werden noch von Mr. Banner erwartet.‹‹

Edward nickte und so steuerten wir den nächsten Ausgang an, der uns mit einem kleinen Bogen wieder zu der Straße zurückführte, in der unsere Schule lag.


Partitioning


Lauren und Mike waren schon zurück in der Schule. Sie schienen bereits den ersten Streit hinter sich zu haben, denn sie saßen soweit wie möglich an ihrem Tisch auseinander, die Puppe stand in einer Wippe genau in der Mitte zwischen ihnen.

››Miss Swan und Mr. Cullen, sie sind pünktlich, sehr schön. Dann müssen wir jetzt nur noch auf Miss Weber und Mr. Chenney warten.‹‹

Mr. Banner saß vorne am Pult und schaute immer wieder zwischen der Tür und seiner Uhr hin und her. Hin und wieder huschte sein Blick zu dem zerstrittenen Pärchen und ein fast schadenfrohes Lächeln trat auf sein Gesicht. Auch Edward und mich musterte er einmal kurz und nickte zufrieden.

Ich konnte mir schon denken nach welchen Kriterien er unsere Gruppen gewählt hatte.
Lauren und Mike waren… nun ja, dumm. Ich fragte mich, ob das Elektronikbaby wieder in einem Stück zurückkommen würde.
Angela und Ben waren wirklich liebevoll – soweit ich Ben einschätzen konnte, Angela war es ganz sicher. Sie waren, so gesehen, die perfekten Eltern.
Edward und ich hingegen dürften wohl in die Rubrik ›die Intelligenten‹ passen. Wir waren beide gut in der Schule – auch wenn wir es verschieden zum Ausdruck brachten. Edward schrieb die besseren Noten, ich hingegen hatte das bessere Verhalten.

Wir mussten noch ungefähr fünf Minuten auf die beiden warten, währenddessen war es still im Raum. Angela hielt das Baby strahlend auf den Armen, während Ben stolz neben ihr herlief. Ja, sie waren die perfekte Familie, bestätigte ich meine Gedanken von eben.
Sie setzten sich, ähnlich Edward und mir, nebeneinander an einen Tisch, nur dass sie sich zugewandt waren und das Baby eindeutig zu ihrem Mittelpunkt machten. Edward und ich waren dem Lehrer zugewandt, der Kinderwagen stand neben mir.

Mr. Banner stand auf, die Aufmerksamkeit richtete sich auf ihn. ››Alle sind wieder da. Ich freue mich zu sehen, dass ihr größtenteils ohne Probleme mit der Aufgabenstellung klar gekommen seid und würde euch jetzt einfach bitten, zu erzählen, wie eure ersten Erfahrungen auf diesem Gebiet des Eltern seins waren. Angela und Ben, ihr seid als erstes dran.‹‹ Er winkte mit der Hand in ihre Richtung, um ihnen das Wort zu überlassen.

Ben forderte Angela mit einem Blick auf das Sprechen zu übernehmen.

››Wir sind in den Park gegangen‹‹, begann Angela zu erzählen. ››Wir haben uns auf die ersten freie Bank im Schatten eines Baumes gesetzt und uns über unsere jetzige Situation unterhalten. Einfach über alles. Wie wir das finden, in dem Projekt zu sein, was uns bis jetzt positiv aufgefallen ist und was negativ. Zwischen durch haben wir geplant, wie wir uns einteilen, wie wir mit dem Baby umgehen wollen und natürlich, welchen Namen er haben soll. Wir haben und auf Thomas Fynn geeinigt.
Je länger wir allerdings dort gesessen sind, mit Thomas entweder in Bens Armen oder in meinen, ist uns aufgefallen, dass wir beobachtet wurden. Von den anderen Spaziergängern, den anderen Paaren mit Babys. Wir sind richtig angegafft worden. Ich denke, dass es an unserem Alter lag, auf Entfernung sehen sie die Kleinen ja wie richtige Babys aus, also ist uns unsere Elternrolle abgenommen worden.
Und was mir auch aufgefallen ist: Die neun Monate Vorbereitungszeit fehlen, als Thomas zu schreien anfing, wusste ich gar nicht, was ich machen soll, um ihn zu beruhigen.‹‹
››Du hast es dann aber sehr gut hinbekommen‹‹, ergänzte Ben.

Nach einem kurzen Augenkontakt schauten sie nach vorne. Offensichtlich war ihre Geschichte erzählt.

Mr. Banner nickte und wandte sich schließlich an Edward und mich. ››Wie ist es bei euch gelaufen?‹‹

Edward holte Luft, er würde erzählen. ››Wir waren ebenfalls im Park, sind allerdings durchgelaufen. Wir haben uns ein wenig unterhalten und uns einen Namen überlegt. Ich habe festgestellt, dass Bella bessere Mutterinstinkte hat, als ich Vaterinstinkte. Blicke lagen auch auf uns.‹‹

Blicke? Davon hatte ich gar nichts mitbekommen. Aber ich hatte auch nicht darauf geachtet, ich war vielmehr von der Situation eingenommen gewesen, so fremd und neu. Trotzdem nickte ich auf Edwards kurze Beschreibung zustimmend mit dem Kopf.

››Was für ein Name?‹‹ wollte Angela wissen.
››Elizabeth Susan Cullen‹‹, antwortete ich ohne nachzudenken.
››Cullen?‹‹ fragte meine Freundin mit hochgezogener Augenbraue nach.

Hatte ich das mit genannt? Ich spürte, wie Wärme in meine Wangen schoss. Ich blickte nach vorne.

››Miss Mallory, Mr. Newton, ihr seid sehr bald wieder hier aufgetaucht. Was war der Grund dafür?‹‹

Wir drehten uns alle neugierig den beiden zu.

Lauren wollte antworteten, doch Mike schnitt sie ab. Wahrscheinlich vermutete er irgendeinen sonnlosen Kommentar. ››Wir hatten eine kleine Auseinandersetzung. Offensichtlich müssen wir noch an unserem Familienleben arbeiten.‹‹
››Pah!‹‹ kam es von Lauren, blieb aber unbeachtet.
››Wir haben auf den ersten hundert Metern gemerkt, dass wir weder zusammen passen, noch Eltern sein sollten. Können wir nicht vielleicht in ein anderes Projekt wechseln?‹‹ flehte er.
Mr. Banner schüttelte erbarmungslos den Kopf. ››Nein, das geht nicht, die Rollen sind verteilt – und das auch mit Grund. Ich möchte, dass ihr es weiter versucht. Habt ihr euch denn wenigstens einen Namen für euer Kind überlegt?‹‹
››Cindy‹‹, rief Lauren zur selben Zeit, wie Mike ››Catherine‹‹ rief.

Na immerhin sind sie sich schon über den ersten Buchstaben einig.

››Sie werden daran arbeiten‹‹, befahl Mr. Banner. ››Ihr seid den anderen beiden Gruppen im Moment etwas hinter her, aber darauf kann ich keine Rücksicht nehmen. Klärt das nach der Besprechung!
Insgesamt läuft das Projekt bis jetzt aber nach meinen Erwartungen ab. Für heute, so lange ihr zusammen seid, ist es noch wichtig, dass ihr euch darüber einig werdet, wie ihr das Baby unter euch ›verteilt‹, wenn ihr nicht zusammen sein könnt, beispielsweise Nachts. Fairerweise würde ich vorschlagen, dass ihr jede Nacht wechselt, so dass jeder von euch seinen gerechten Anteil Babywache erhält. Bleibt bei euch, festzulegen, wer damit anfängt.
Wann ihr euch Morgen wieder trefft, bleibt euch überlassen, aber ich hätte gerne mindestens zwei Stunden Erfahrung von euch allen, wenn wir uns Morgen um ein Uhr wieder hier treffen.
Gut, das wäre alles, was ich für heute zu sagen habe. Entweder ihr geht, oder bleibt noch ein wenig, oder könnt Fragen stellen, wenn es welche gibt. Ich wünsche euch eine gute Nacht – aber erwartet nicht, das sie erholsam wird.‹‹

Ich seufzte und stand auf. Fragen hatte ich keine mehr, nicht an Mr. Banner, aber vor der unerholsamen Nacht hatte ich Respekt. Egal, ob sie mich schon die kommende, oder erst die danach treffen wird.

Edward und ich gingen nebeneinander nach draußen auf den Parkplatz. Wir waren beide heute Morgen mit dem Auto gekommen und wir beide hatten vor unserem Spaziergang einiges an Babyartikeln in unsere Kofferräume gepackt.
An meinem Wagen, weil er der erste war, blieben wir stehen.

››Nimm mir das nicht übel… aber würdest du die erste Nacht übernehmen?‹‹ fragte Edward langsam.

Warum wusste ich nur, dass das kommen würde? Ich unterdrückte ein Augenrollen und zuckte gleichgültig mit den Schultern.

››Danke‹‹, sagte er erleichtert. ››Versteh mich nicht falsch, ich möchte das Projekt, so wenig es mir gefällt, nicht irgendwie schleifen lassen, aber das war doch eine ziemliche Überraschung. Und in erster Linie scheinst du etwas besser damit zu Recht zu kommen. Gib mir noch den morgigen Tag zum üben, bevor ich eine Nacht einem schreienden Baby ausgeliefert bin.‹‹
Ich lachte bei seinem hilflosen Ausdruck. ››Schon okay‹‹, gab ich klein bei. ››Aber dann musst du Morgen auch üben!‹‹
››Versprochen!‹‹

Wir schauten uns einen Moment an.

››Du…‹‹, sagte Edward mit unsicherem Blick. ››Gibst du mir deine Nummer? Das wir… uh… uns besser absprechen können, oder erreichen können, wenn irgendwas ist.‹‹

Ich sog meine Lippen zwischen meine Zähne und senkte den Blick. Das war mir nicht Recht, eigentlich wollte ich nicht, dass meine Handynummer die Runde machte, nicht wenn sie von Edward Cullen ausging. Ich hatte sie nur meinen engsten Freunden und meinem Dad gegeben.
Dummes Schulprojekt.

››Sicher‹‹, brachte ich schließlich hervor und kramte das Telefon aus meiner Umhängetasche. Ich tippte schnell meinen Pin-Code ein, wartete bis das System ganz hochgefahren war und öffnete schließlich mein Adressbuch. Dann übergab ich Edward mein Handy.
Er tat es mir mit seinem gleich.

››Um… Edward?‹‹ Ich hielt meinen Blick wieder gen Boden gesenkt.
››Ja?‹‹ fragte er, halb neugierig, halb… misstrauisch?
››Ich… uh… ich hab mich gefragt, ob du… vielleicht noch mit zu mir nach Hause kommst?‹‹ Ich schaute kurz auf um seine Gefühlsregung auf meine Frage zu sehen – es war etwas zwischen abweisend und schockiert. ››Nur um… Mein Dad… Er wird mich sicher fragen, wer… der Vater… meines Kindes ist. Ich mein nur… ich weiß nicht, ob er dich kennt und… Es wäre nur für diesen einen Abend, sonst müsst ihr euch auch nicht treffen‹‹, erklärte ich schnell.

Ich blickte wieder auf. Sein Gesicht war jetzt kontrolliert, er dachte offensichtlich darüber nach.

››Natürlich‹‹, sagte er schließlich. ››Ich denke, meine Familie wäre auch neugierig, wer meine Partnerin bei einem Projekt dieser Art ist. Obwohl ich nicht glaube, dass sie nicht wissen, wer du bist… Also, was ich meine, ich komme, okay.‹‹
››Gut, dann… fährst du mir hinterher? Dann können wir auch alles weitere klären.‹‹

Er nickte und wandte sich ab zu seinem Wagen.


Director of the Quarter’s Police Departement.


Charlie, mein Dad, war noch nicht zu Hause, als wir ankamen. Ich könnte froh sein, wenn er rechtzeitig um sieben zum Abendessen da sein würde. Seit er zum Direktor des Police Departements unseres Viertels ernannt worden war, sah ich ihn noch seltener als zuvor. Aber er hatte mir dadurch – finanziell – einige Vorteile eingeräumt. Als Entschädigung.
Es war nicht so, als bräuchte ich viele Menschen um mich herum Ich hatte kein Problem damit, meinen Vater mit seiner Arbeit zu teilen, ich konnte mich auch gut selbst beschäftigen. Und sonntags war er meistens zu Hause, das reichte mir.
Ich fand es nur immer schade, wenn er zum Essen zu spät kam und er dann nur das aufgewärmte bekam. Das konnte auf Dauer nicht gut sein.

››Schönes Haus‹‹, sagte Edward, sobald er hinter mir eingetreten war.
››Danke.‹‹

Das Meiste von unserem Haus hatte ich über die Jahre hinweg eingerichtet. Charlie fiel es kaum auf, wenn hier und da Veränderungen vonstatten gingen, er war glücklich, wenn ich mich wohl fühlte. Also tat ich alles dafür, dass ich mich wohl fühlte.

Edward half mir dabei die Babysachen ins obere Stockwerk in meinen Teil des Hauses zu bringen. Glücklicherweise war ich ein ordentlicher Mensch, so wurde Edward nicht vom kompletten Chaos erwartet.

Wir legten Elizabeth in die Babywiege und gingen zusammen nach unten in die Küche. Ich musste kochen und hatte auch Edward eingeladen sich uns anzuschließen. Er machte es davon abhängig, wann Charlie kam.

Elizabeth begann nur kurz, nachdem wir in der Küche angekommen waren, zu weinen. Dieses Mal versuche Edward sein Glück, sie zu beruhigen, aber nicht einmal auf seinem Arm wollte sie ruhig werden. Schließlich flehte er mich an es zu versuchen, aber dieses Mal schien meine Kunst fehlzuschlagen. Ich schickte Edward nach oben um die Bedienungsanleitung zu holen.

››Ich könnte mir zwei Sachen vorstellen, weswegen es schreien könnte‹‹, sagte er, sobald er wieder da war und etwas herumgeblättert hatte. ››Entweder die Windeln sind voll‹‹, er verzog das Gesicht. ››Oder es hat Hunger.‹‹
››Hunger‹‹, sagte ich entschieden.
Edward sah mich fragend an.
››Die Windeln können es nicht sein‹‹, erklärte ich. ››Wir haben sie ›leer‹ bekommen.‹‹

Er nickte und blätterte wieder durch die Anleitung, bis er schließlich die Seite gefunden hatte, die er offensichtlich sichte. Ich beugte mich über ihn. Das Herstellen der Babynahrung.

››Okay, so schwer kann das nicht sein… habt ihr einen Wasserkocher?‹‹

Ich gab Edward die Anweisungen, was er machen musste und wo er was fand, während er sich an die Zubereitung machte. Wir testeten sogar die Wärme, bevor wir die Nuckelflasche in den Plastikmund einführten.
Es war seltsamerweise ein schönes Gefühl den künstlichen Schluckgeräuschen zu lauschen und ich merkte, wie sich unweigerlich ein kleines Lächeln auf mein Gesicht legte.

Edward übernahm es, das Bäuerchen aus Elizabeth heraus zu klopfen, während ich mich wieder an den Herd stellte um mich weiter um das Abendessen zu kümmern.

››Wie hoch stehen meine Chancen, dass ich tatsächlich etwas von dem Bäuerchen abbekomme?‹‹ fragte Edward unsicher.

Ich musste ein Lachen unterdrücken. Hatte er Angst, dass dein Designerhemd schmutzig würde?

In dem Moment ertönte das erwartete Geräusch und Edward ließ sich einen angeekelten Ton vernehmen. Ich drehte mich grinsend zu ihm um, während er Elizabeth langsam von sich weg hob und sie in die Wiege zurücklegte, zeigte er mir seinen Rücken.

››Okay, nimm keine Rücksicht auf meine Gefühle… Wie schlimm ist es?‹‹ fragte er in gequältem Ton.
Ich biss die Lippen zusammen, bevor ich antwortete. ››Keine Sorge, es wird überleben. Das Lätzchen hat das Meiste abgefangen.‹‹

Ich ging mit Küchenpapier bewaffnet auf ihn zu, nahm ihm erst das Spucktuch von der Schulter und wischte dann die kleine Stelle nach, die das Bäuerchen über das Ziel hinaus geschossen war.

››Vielleicht solltest du in nächster Zeit lieber deine älteren Klamotten anziehen‹‹, schlug ich vor.
››Das werde ich, ganz sicher.‹‹

Dieses Mal lachte ich leise los von dem Unterton in seiner Stimme. Wie konnte ein Junge nur so Eitel sein?

Er bot mir keine Hilfe während dem Kochen an und verhielt sich auch sonst still. Nur manchmal hatte ich das Gefühl seinen Blick über mein Profil streifen zu fühlen. Ich reagierte nicht darauf. Wahrscheinlich war das nur normal für einen Typ seiner Art. Selbst wenn er es nicht wollte, musste er doch überprüfen, ob ihm nicht doch etwas entgehen könnte.
Ich war mir sicher, dass er bei mir nichts Annehmbares finden würde – und froh darüber! – da ich nicht unbedingt dem Typ Mädchen entsprach, mit dem er sich sonst abgab, beziehungsweise einließ.

››Wann wollen wir uns Morgen treffen?‹‹ fragte ich schließlich, als ich mich einige Minuten vom Herd abwenden konnte. ››Hast du eine Idee, was wir machen könnten?‹‹
››Wir sollten die Chance nutzen, dass wir Morgen nicht pünktlich antreten müssen und in den Tag schlafen.‹‹
››Du kannst in den Tag schlafen‹‹, sagte ich, mit Augenmerk auf die Wiege. ››Ich werde hingegen die halbe Nacht wach sein.‹‹
››Oh. Daran habe ich nicht gedacht. Okay… du könntest dich einfach melden, wenn ihr beide wach seid. Hm… aber es sollte vielleicht nach sechs oder sieben Uhr sein, okay?‹‹
››Kein Problem.‹‹
››Wir könnten, von mir aus, frühstücken gehen, oder brunchen, je nach Uhrzeit. Dann kannst du mir erzählen, wie deine Nacht so war und ich kann mich darauf vorbereiten, was mir die Nacht darauf blühen wird. Oder… wäre es dir lieber, wenn wir nicht in die Öffentlichkeit gehen?‹‹ Er war wieder unsicher. Aber wegen seiner Person.
››Ich glaube, wir müssen sogar in die Öffentlichkeit. Zu unserem Projekt gehört auch, dass wir aufnehmen, wie die Außenwelt auf unser junges Elterndasein reagiert. Wir könnten aber eher in eine Gegend gehen, wo man uns nicht kennt. Einerseits wird man uns hier kaum abnehmen, dass wir auf einmal Eltern geworden sind, denn man kennt mich und weiß, dass ich nicht schwanger war – und ehrlich gesagt weiß man auch, dass du keine Beziehungen führst. Und wir würden zudem noch viel echtere Reaktionen bekommen, wenn wir in einen anderen Stadtteil gingen.‹‹
››Damit bin ich einverstanden.‹‹ Er schien glücklich darüber. ››Ich werde mich heute Abend nach etwas passendem umhören.‹‹

Ich warf einen ungeduldigen Blick zur Uhr. Hoffentlich würde Charlie heute pünktlich kommen, ich wollte Edward nicht länger, als nötig, in dieses Haus zwingen. Mir war seine Gesellschaft nicht unangenehm, wie ich überrascht feststellte, ich hatte es mir um einiges schwerer vorgestellt. Aber er passte doch irgendwie nicht hier her.

Charlie war sogar überpünktlich. Das Essen war noch nicht ganz fertig, als ich die Haustür hörte.
Ich nickte Edward kurz zu, dann ging ich nach draußen in die Eingangshalle um ihm zu begrüßen.

››Hey Dad, du bist zeitig!‹‹
››Bells, ja, heute war nicht so viel los. Ist das Essen schon fertig?‹‹
Ich grinste. Natürlich war das seine erste Frage. ››Nein, noch nicht ganz, ich habe noch nicht mit dir gerechnet. Um… wir haben übrigens Besuch.‹‹
››Oh. Wirklich? Wer ist es denn?‹‹ Er mochte keinen Besuch und war immer misstrauisch bis unglücklich, wenn jemand da war. Er folgte mir in die Küche.
››Mein Schulprojekt‹‹, sagte ich schnell, ich wollte keinesfalls, dass er auf falsche Gedanken kam. ››Edward Cullen und ein Elektronikbaby.‹‹
››Cullen? Von dem Arzt?‹‹
››Ja, Sir‹‹, antwortete schon Edward, der die Frage mitbekommen hatte. Er stand auf. ››Guten Abend, Sir, tut mir Leid, dass ich so unangemeldet hier hereinplatze.‹‹

Wo hatte er denn plötzlich diese Höflichkeit her? Ich schmunzelte leicht. Voller Überraschungen, der Junge.

››Dad, Edward und ich müssen zwei Wochen auf dieses elektronische Baby.‹‹
Charlie gluckste. ››Ich habe mich schon gefragt, wann es uns treffen würde. Auf dem Revier erzählt jeden Monat ein Vater, dass sie so ein Balk zu Hause haben. Wie gut, dass unsere Schlafzimmer weit voneinander entfernt sind.‹‹

Oh ja, ich war begeistert.
Edward unterdrückte sichtlich ein Grinsen.

››Isst du mir uns… uh…?‹‹
››Edward‹‹, erinnerte dieser grinsend. ››Wenn es keine Umstände macht.‹‹
››Da musst du schon Bella fragen, sie ist für die Küche verantwortlich, wenn du verstehst, was ich meine. Ich halte mich da lieber raus.‹‹
››Ja, sie sah sehr sicher aus. Ich würde sehr gerne zum Essen bleiben.‹‹

Ich schaute misstrauisch zwischen Charlie und Edward hin und her. Bildete sich zwischen den beiden gerade eine Art Freundschaft? Oder war das nur normale Höflichkeit?

Charlie musterte die Wiege auf dem Tisch. ››Also, wie heißt mein vorübergehender Enkel?‹‹
‹‹Enkelin‹‹, antwortete Edward, bevor ich nur Luft holen konnte. ››Wir haben sie Elizabeth Susan genannt.‹‹
››Elizabeth?‹‹ Charlie grinste verheißungsvoll. Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu, aber er achtete gar nicht darauf. ››So hieß Bellas Lieblingspuppe, als sie noch ein kleines Mädchen war. Und sie hat jedem den Hals umgedreht, der auch nur gewagt hat, ihr einen Spitznamen zu geben.‹‹

Ich ließ mich stöhnend gegen die Küchenablage sinken. An so was aus meiner Kindheit konnte er sich also noch erinnern, ja?

››Wirklich?‹‹ Edward hatte eine zu perfekte Faszination dafür auf dem Gesicht. Er grinste mir entgegen. Klasse.
Charlie beschloss das Thema zu wechseln. ››Also, seid ihr in derselben Klasse? Bella hat dich nie erwähnt…‹‹

Wie auch? Wir redeten kaum miteinander!

››Oh, wir sind nur in derselben Stufe.‹‹
››Wir sind im selben Englischkurs‹‹, verbesserte ich ihn.

Er warf mir einen kurzen, überraschten Blick zu, nickte dann aber zustimmend in die Richtung meines Vaters.

››Wir hatten noch nie viel miteinander zu tun‹‹, redete ich weiter, um bei meinem Vater nicht allzu viel Begeisterung für diesen Jungen aufkommen zu lassen – warum kam überhaupt welche auf?
Es war Zeit, das Thema zu wechseln. ››Essen ist fertig.‹‹


A Hell of a Night / Brunch


Ich schief die Nacht wirklich nicht viel.
Noch am Abend wurde ich davon aufgehalten, dass ich absolut keine Ahnung von Windeln wechseln hatte. Es war ja schon gut, dass ich nicht das ganze Babypopo Pflegeprogramm durchgehen musste, aber wer hatte die Wissenschaft des Windelnbindens erfunden? Das war wirklich unmöglich zu machen – richtig zu machen, beim ersten Mal!
In der Nacht schrie Elizabeth dann noch zwei Mal aus Hunger – dachte ich zumindest, sie wurde still, nachdem ich ihr das Fläschchen verabreicht hatte. Aber sobald die Flüssigkeit im Plastik war, schrie sie erneut los und ich wusste nicht, warum. Ich lief mindesten eine halbe Stunde jedes Mal durchs Haus, bis endlich Ruhe war und die künstlichen Augen geschlossen.
Argh! Warum hatten diese Biester auch ein Gerät integriert, das aufzeichnete, wie oft sie ausgeschalten wurden? Ich wollte das Projekt wirklich nicht versauen.
Immerhin konnte ich nach dieser einen Nacht schon mein Ergebnis hervorbringen: Ich war zu jung, um Mutter zu werden!

Um sieben hielt ich es schließlich für angebracht, Edward aus dem Bett zu klingeln. Ich hatte Hunger und an Schlaf war sowieso nicht mehr zu denken.
Sollte ich ihn anrufen, oder reichte eine Kurznachricht?
Kurznachricht! Ich wollte nicht im Hintergrund das Schmatzen seiner ›erholsamen‹ Nacht hören.

An: Edward
Von: Bella
Guten Morgen, schon wach?
Wo und wann können wir uns
treffen?
Isabella

Ich befreite Elizabeth aus ihrem Nachtstrampler – nicht bevor ich nicht auch ein Foto davon gemacht hatte, dass sie ihn tatsächlich anhatte – und zog ihr etwas an, das zum Wetter des heutigen Tages passte.

Edward brauchte zu meiner Überraschung nicht lange zum antworten.

Von: Edward
An: Bella
Euch auch einen guten
Morgen, ich komme so in
einer halben Stunde vorbei,
okay?
Edward

Er klingelte nicht ganz eine halbe Stunde später an der Tür. Ich öffnete mit Elizabeth auf dem Arm und drückte sie sofort mit den Worten ››Deine Tochter‹‹ in seine Hände.

Er musterte mich belustigt. ››Da hat wohl jemand eine schlechte Nacht gehabt, was?‹‹
››Du hattest offensichtlich eine bessere‹‹, bemerkte ich. Er sah wirklich frisch ausgeruht aus. ››Aber du wirst es ja nächste Nacht selbst erleben. Ich bin gespannt, wie du dich schlägst.‹‹
››Ich auch…‹‹ Der überlegene Ausdruck war aus seinem Gesicht verschwunden.
››Also, wo gehen wir hin?‹‹
››Ich dachte, wir könnten nach Downtown gehen, da gibt es einige Diners und Cafés, die schon zum Frühstück aufmachen. Ich weiß ja nicht, was so deine Vorlieben sind…‹‹
››Ich bin nicht wählerisch. Okay, ich hol die… uh… Babytasche.‹‹

Edward grinste auf mein Zögern. Daran musste man sich echt gewöhnen.

››Ich dachte, ich fahre?‹‹ fragte er, nachdem ich wieder neben ihm stand.
››Wir können auch getrennt fahren, nachher musst du mich doch wieder heimbringen.‹‹
››Das wäre doch Verschwendung… Ich meine, das ist schon okay, wirklich.‹‹
››Okay…‹‹ Ich wusste nicht, wie sehr ich mich nach dieser Nacht zum Autofahren in der Lage fühlte.

Von unserem Stadtviertel war es bei gutem Verkehr eine viertel Stunde in die Stadtmitte. Edward steuerte auf eines der großen Parkhäuser zu. Sobald wir standen, stellten wir fest, dass wir das Wichtigste schon einmal vergessen hatten – nun gut, fast Wichtigste. Der Kinderwagen stand immer noch in der Eingangshalle von meinem Haus. Wir müssten ›unsere Kleine‹ also den ganzen Tag – oder zumindest so lange, wie wir hier unterwegs waren – in der Babywiege herumtragen. Zum Glück war sie bis jetzt ruhig.
Edward nahm schließlich die Wiege – heute war immerhin sein Tag – während ich mir die Tasche über die Schulter hängte.

Wir steuerten zielsicher den Fahrstuhl an und drückten auf den Knopf ins Erdgeschoss.

››Müssen wir da jetzt wirklich raus?‹‹ fragte der Vater meines Elektronikkindes unbehaglich.
Ich stöberte durch die Tasche. ››Oh ja… Und Cheese, bitte.‹‹ Im nächsten Moment hatte ich ein Foto von den beiden gemacht.
››Das hast du gerade nicht gemacht!‹‹ drohte er.
››Oh doch‹‹, grinste ich vergnügt. So machte die Sache irgendwie Spaß. ››Wir müssen unsere Erlebnisse immerhin festhalten, oder nicht?‹‹ fügte ich unschuldig hinzu.

Edward zog eine Grimasse, antwortete aber nicht.

Wir entschieden uns für ein Café, an dem wir uns dem Wetter entsprechend auch draußen hinsetzen konnten. Elizabeth bekam den dritten Stuhl an dem Tisch für sich alleine. Er schien uns sicher, dass die Wiege nicht herunterfallen konnte.

Die Bedienung kam in dem Moment, als wir saßen, doch anstatt uns zu fragen, was wir bestellen wollten, musterte er zunächst misstrauisch die Babywiege und dann uns. Er fragte sich wahrscheinlich, wie alt wir waren und ob wir nicht eigentlich in der Schule sein müssten, als mit einem Baby unterwegs.
Edward versteckte sich hinter der Karte um seinem Blick zu entgehen, ich warf nur einen kurzen Blick hinein und nahm das erste, was mir vor die Augen kam.

››Das kleine Frühstück, bitte.‹‹
››Dasselbe‹‹, sagte Edward, ohne hinter der Karte aufzutauchen.
Ich kicherte. ››Oh man, für dich wäre es echt nichts, jetzt schon Vater zu sein. Du solltest wirklich aufpassen!‹‹
Er erschien wieder, aber nur Haaransatz, Stirn und Augen. ››Was willst du damit sagen?‹‹
››Na, dass bei deinen ganzen Bekanntschaften nicht mal ein Fehler unterläuft.‹‹
Er zog eine Augenbraue nach oben. ››Du hast keine Ahnung.‹‹

Ich verstand nicht, wie ich seine Antwort in den Zusammenhang bringen sollte, seine Stimme klang so seltsam. Aber ich war nicht interessiert genug an ihm, um nachzufragen.

Edward stattdessen kramte einen kleinen Notizblock und einen Stift aus seiner Jackentasche und legte beides vor sich auf den Tisch, bevor er mir einen kurzen Blick zuwarf. ››Ich dachte, wir schreiben schon einmal unsere ersten Beobachtungen und Erlebnisse auf, dass wir später auch nichts vergessen. In dem Zusammenhang können wir gleich auf aktuelle Reaktionen achten. Der Kellner war eindeutig.‹‹
››Stimmt, gute Idee.‹‹ Ich musste zugeben, dass ich nicht daran gedacht hatte. Das sollte mir nach dieser Nacht auch verziehen werden.

Bis unser Frühstück kam, hatten wir den gestrigen Tag bis zu dem Punkt erarbeitet, als Edward sich schließlich von mir zu Hause verabschiedet hatte.

››Okay, jetzt bist du dran‹‹, sagte er schließlich. ››Du erzählst und ich schreibe.‹‹
››Und sollte zufällig noch etwas nützliches für dich herausspringen, das du nächste Nacht anwenden kannst, dann wäre das umso besser, nicht?‹‹
Ein verwegenes Grinsen huschte über sein Gesicht. Natürlich. Er wollte seinen Vorteil aus der Sache ziehen.

››Gut, ich will dich ja nicht vollkommen stranden lassen. Eine Erfahrung, die ich gemacht habe, bereite lieber schon zwei Fläschchen vor, bevor du schlafen gehst. Es ist wirklich sehr nervenaufreibend, wenn du das mitten in der Nacht machen musst, total verschlafen und ein schreiendes Baby im Hintergrund. Dann musst du es nur noch aufwärmen, oder vielleicht hast du auch was, um es warm zu halten.
Das schöne ist, du darfst dem Baby sogar noch nach dem Füttern deine volle Aufmerksamkeit schenken, anstatt in dein warmes Bett zurückzugehen. Ich denke, es könnte bei echten Babys ein Zeichen der Übermüdung sein, wenn sie nach dem Füttern in der Nacht immer noch schreien. Ein Glück haben wir ein großes Haus, da wurde es nicht so langweilig eine halbe Stunde durch die Gänge zu laufen. Ach und: Nur weil es einmal für eine Minute ruhig ist, heißt das nicht, dass das Baby zufrieden eingeschlafen ist. Sobald du es loslässt, geht es von vorne los.
Ja, das war zweimal heute Nacht.
Dann das Windeln wechseln. Das habe ich auch heute Nacht und auch gestern Abend machen müssen. Ich sage dir, das ist eine Wissenschaft für sich. Das solltest du einmal gesehen haben, bevor du dem alleine ausgesetzt wirst. Ich war froh, dass ich zumindest eine Anleitung hatte. Trotzdem ist mein Windelvorrat mehr geschrumpft, als er hätte sollen.
Ja… und heute Morgen um fünf sind wir dann aufgestanden.‹‹

Edward war… blass. Ein anderes Wort konnte man nicht finden, um ihn zu beschreiben. Seine normal schon helle Haut hatte jeden Farbtupfer verloren.

››Ach was, das schaffst du schon. Notfalls soll dir Alice helfen.‹‹ Ja, das war gehässig gemeint.
Edward ging nicht darauf ein. ››Zwei Wochen… in zwei Wochen ist das wieder vorbei‹‹, erzählte er sich. ››Okay, ich sehe schon, ich muss mich heute auf einiges einstellen und vorbereiten.‹‹
››Für heute sollten wir wohl bemerken, dass man an unglaublich viel denken muss, bevor man sich mit einem Baby auf den Weg macht. Wahrscheinlich ist das ein Fehler, den man nur einmal macht, aber wir haben ihn gemacht…‹‹
Edward nickte und notierte.

Die nächsten Minuten verbrachten wir mit frühstücken.

››Hm… der Kellner bekommt nicht viel Trinkgeld‹‹, sagte Edward auf einmal.
››Warum?‹‹ fragte ich überrascht und wandte mein Blick sofort nach drinnen zum Tresen. Er wandte gerade den Blick von uns ab.
››Er scheint keinen Respekt zu haben. Entweder schaut er das Baby und mich missmutig an oder er gafft zu dir. Für ihn müsste es eigentlich den Anschein haben, als wären wir zusammen, aber seine Blicke nehmen darauf keine Rücksicht.‹‹

Wahrscheinlich hatte er sofort festgestellt, dass Edward und ich kein Stück zusammen passten. Wie Recht er hatte.

Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern, musste aber ein Grinsend unterdrücken. Dass er darauf achtete…?

››Ich kann so etwas einfach nicht verstehen. Wie können Männer das machen? Sie sehen, dass eine Frau einen Partner hat und können sich trotzdem nicht zurückhalten‹‹, regte Edward sich auf.
Ich hob überrascht meine Augenbrauen an und starrte in seine Richtung. Seine Reaktion passte so gar nicht zu dem Bild, das ich von ihm hatte.
››Du kennst doch meine Mutter, oder?‹‹ fragte er, als er meinen Blick bemerkte.
››Ich habe sie schon lange nicht mehr gesehen.‹‹
››Sie hat sich nicht groß verändert.‹‹
Ich versuchte das alte Bild herauszukramen und nickte schließlich.
››Du kannst dir nicht vorstellen, gegen wie viele dumme Anmachen mein Vater sie schon – in seiner Anwesenheit – verteidigen musste! Nicht, dass es andersherum nicht dazu gekommen wäre…‹‹
Ich nickte wieder. ››Ich verstehe.‹‹

Edward hatte sein perfektes Aussehen nicht von ungefähr. Doktor Cullen und seine Frau waren wirklich das, was man sich unter einem Traumpaar vorstellen konnte. Sie waren reich und schön und schienen in ewiger Jugend zu baden. Keiner der beiden wirkte, als hätte er oder sie einen fast erwachsenen Sohn, aber trotzdem sah ihre Schönheit nicht unecht aus. Sie waren beide sehr natürlich.
Gut, ich musste gestehen, dass ich Mrs. Cullen schon eine Weile nicht mehr gesehen hatte, dem Doktor hingegen stattete ich regelmäßige Besuche im Krankenhaus ab – als Patientin.

Trotzdem passte Edwards Reaktion nicht in sein Bild in meinem Kopf.
››Du siehst misstrauisch aus‹‹, stellte er fest.
››Hm… nun ja… ehrlich gesagt, verwundert mich deine Reaktion… auf mich bezogen, natürlich.‹‹
Er nickte langsam, gab aber keine Antwort.

Wie hätte er auch? In dem Moment meldete sich Elizabeth zu Wort, wir hatten ihr eindeutig zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

››Kannst du?‹‹ fragte Edward, flehend.
Ich verdrehte die Augen. ››Aber nur zum zeigen.‹‹

Ich schnallte die Puppe aus der Wiege, hob sie heraus und drückte sie an meine Brust, während ich leicht wippte und hoffte, dass das was bringen würde. Ich hatte Glück. Außer gelegentlichen Schluchzern wurde es ruhig. Ich setzte sie auf meinen Schoß und wartete. Es blieb ruhig.

››Anscheinend kommst du noch nicht in die Freude, sie füttern zu dürfen‹‹, grinste ich Edward zu. ››Aber vielleicht hast du ja noch Glück. Die nächsten halbe Stunde ist es wahrscheinlich wieder soweit.‹‹
Edward nickte und musterte mich mit einem langen Blick, der mich unsicher machte. ››Wärest du beleidigt, wenn ich dir sagen würde, dass dir das Baby steht?‹‹
Okay, damit hatte ich nicht gerechnet. ››Ja, ich konnte schon immer gut mit Puppen‹‹, gab ich zurück, auch wenn ich mir sicher war, dass er das nicht gemeint hatte.
››Nein…was ich sagen wollte…‹‹
››Ich weiß, Edward‹‹, grinste ich. ››Nur bin ich mir nicht sicher, wie ich das… uh… Kompliment auffassen soll.‹‹
››Keine Beleidigung‹‹, versicherte Edward.
››Na dann… Danke.‹‹

Elizabeth gab nicht lange Ruhe, also drückte ich sie Edward in die Arme – ganz sanft natürlich – und fischte das Fläschchen aus der Babytasche.

››Kein Trinkgeld‹‹, sagte Edward schließlich, während die Puppe fleißig nuckelte.
››Überhaupt nichts mehr?‹‹
››Nein, er scheint ein Problem damit zu haben, dass hier etwas getrunken wird, dass nicht bezahlt wird – dreh dich nicht um!‹‹
››Warum nicht?‹‹ Ich ärgerte mich darüber, dass ich nicht gleich an Edwards Stuhl platz genommen hatte.
››Weil er deine Aufmerksamkeit nicht verdient hat‹‹, nuschelte er. ››Jedenfalls‹‹, sprach er laut weiter. ››Scheint er sehr engstirnig zu sein und hat damit kein Extrageld verdient. Ich war nicht zufrieden damit, wie ich hier behandelt wurde.‹‹
››Wieder etwas gespart‹‹, sagte ich grinsend. ››Wir werden auch noch genug Ausgaben mit dem Baby haben.‹‹


Invitations


Wir waren zu früh wieder an der Schule, weswegen wir uns auf eine der Picknickbänke setzten. Wir unterhielten uns in dieser Zeit kaum, nur ab und zu Mal wegen der Puppe, weil sie Geräusche von sich gab. Ansonsten beobachteten wir das Treiben um uns herum, die Mitglieder aus den Projekten der anderen Themenbereiche.

Kurz vor eins gesellten sich Angela und Ben zu uns – die beiden stellten wieder das Bild einer perfekten Familie dar. Ob es Absicht war, oder nicht, konnte ich nicht sagen, aber ihre Pullover hatten dieselbe Farbe.

››Bella, Edward‹‹, rief Angela völlig begeistert. ››Wollt ihr beide mit uns nach dem Treffen in den Park? Es ist so schönes Wetter und wir dachten, wir setzen uns etwas auf die große Wiese. Wir haben auch einen vollen Picknickkorb dabei! Und Thomas würde sich sicher etwas über Gesellschaft freuen.‹‹

Oh ja, besonders die Puppe, dachte ich sarkastisch. Das war so typisch meine Freundin.

Ich blickte kurz zu Edward und nickte dann. Wir hatten uns für heute Mittag noch keinen Plan gemacht, warum sollten wir uns dann nicht einfach bei anderen ranhängen? Und das Treffen mit den anderen Gruppen stand sowieso noch aus.

Auch Edward nickte jetzt. ››Sicher, warum nicht? Wir hatten noch keine konkreten Pläne für heute Nachtmittag.‹‹
››Super‹‹, freute sich Angela. Ihrem Blick an mich konnte ich ansehen, dass sie unbedingt alleine mit mir reden wollte. ››Wollen wir reingehen? Habt ihr heute schon etwas von Lauren und Mike gehört?‹‹
Ich stand auf. ››Nein, ihr?‹‹
››Auch nicht. Aber ich bin wirklich gespannt, ob das Baby heute noch angeschaltet ist, wenn sie kommen, oder schon einen Ruhezustand von sechzehn Stunden hat. Lauren wird das Schreien wohl kaum ausgehalten haben und Mike hat einfach nicht die nötige Disziplin. Hast du das Baby heute Nacht gehabt?‹‹
››Ja‹‹, stöhnte ich. ››Ich freue mich schon auf nächste Nacht, wenn ich wieder durchschlafen darf.‹‹
››Ich habe Thomas auch gehabt, so schlimm fand ich es aber nicht. Aber ich kenn das ja auch schon von meinen kleinen Brüdern – die waren übrigens nicht sonderlich glücklich über das Geschrei in der Nacht. Sie mussten heute normal in die Schule und sahen heute Morgen gar nicht fit aus.‹‹
››Die Armen. Ich habe Charlie heute Morgen nicht gesehen, ich weiß nicht, ob er schlafen konnte.‹‹

Lauren und Mike saßen auf dem Gang vor unserem Besprechungszimmer. Die Wiege stand zwischen ihnen und bildete somit den einzigen Kontakt zwischen den beiden.

››Ärger im Paradies‹‹, raunte ich Edward zu.
Seine Mundwinkel zuckten leicht nach oben.

Ich war wirklich froh, dass ich mit Edward noch eine richtig glückliche Partie getroffen hatte. Zwar glaubte ich nicht, dass Mike und ich denselben Stress haben würden, wie er ihn mit Lauren hatte, aber trotzdem konnte ich mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass wir nicht anders nebeneinander sitzen würden. Wahrscheinlich hätte er darauf bestanden letzte Nacht bei mir zu übernachten, dass ich nicht alleine mit dem Baby war und er mir helfen konnte. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er das Projekt zu ernst nehmen würde, oder vielleicht auch den Realitätssinn verlieren würde und tatsächlich denken, dass wir eine kleine Familie waren.
Bei dem Gedanken fiel ich einen halben Schritt zurück und versteckte mich leicht hinter Edward. Die beiden hatten uns bemerkt.

Mike sprang auf und kam auf uns zu. ››Das dritte Projekt ist gerade noch drinnen‹‹, erklärte er schnell, sah aber nur mich an. ››Wollen wir später noch was machen, Bella? Lauren ist nach dem Treffen mit der Puppe dran.‹‹
››Oh, Mike, tut mir Leid‹‹ -tat es nicht- ››aber Edward und ich haben später noch was vor…‹‹ Und was es war, würde ich ihm bestimmt nicht sagen, nachher wollte er sich uns (Vieren) noch anschließen.
››Oh, was denn?‹‹ fragte er interessiert – als wollte er tatsächlich mit.
››Isabella und ich werden Essen gehen‹‹, fuhr Edward dazwischen. ››Wir haben einen Tisch für Zwei plus Babystuhl reserviert.‹‹

Mikes Blick hüpfte zwischen Edward und mir hinterher, die Augen weit auseinander gerissen, als könnte er nicht glauben, was er da eben gehört hatte.
Ich, für meinen Teil, konnte nicht glauben, was ich da eben gehört hatte. Trotzdem versuchte ich meinen Gesichtsausdruck soweit unter Kontrolle zu halten, als hätte ich genau gewusst, dass Edward diese Antwort geben würde.
Uff.
Ich wusste, dass diese Lüge irgendwann auffliegen würde, aber bis dahin konnte ich mir noch eine geeignete Ausrede einfallen lassen.

Mike trollte sich zurück zu seiner ›Familie‹ und ich flüsterte schnell ein ››Danke‹‹ in Edwards Richtung. Er reagierte nicht darauf, obwohl ich mir sicher war, dass er es verstanden hatte.

Mr. Banner wollte heute nur ein kurzes Gespräch in der ganzen Gruppe führen, anschließend schickte er Angela und Ben, Lauren und Mike nach draußen und Edward und ich durften unser Baby für ein paar Minuten ausschalten, während er sich mit uns unterhalten wollte.
Wir wurden aufgefordert von unseren weiteren Erlebnissen zu sprechen, zeigten unsere ersten Familienfotos und schließlich wurde das Baby noch auf seine ›Gesundheit‹ durchgecheckt. Anschließend bekamen wir noch einige Tipps von Mr. Banner.

››Ich denke, ihr werdet euch noch gut in eure Elternrolle einfinden. Vielleicht werdet ihr sogar den Unterschied feststellen, wenn euer Baby nach Nahrung oder wegen einer vollen Windel schreit. Sie ist so eingestellt, dass es zwischen beiden Lauten minimale Abweichungen gibt, wie bei einem normalen Kind.
Alles in allem bin ich sehr mit eurer Herangehensweise und der Entwicklung zufrieden. Genau, wie ich es von euch erhofft habe. Ihr dürft jetzt gehen – und vergesst nicht, euer Baby wieder einzuschalten. Als nächstes schickt ihr dann bitte Angela und Ben ins Zimmer, ich fürchte bei Lauren und Mike wird es etwas länger dauern…‹‹

Während wir auf Angela und Ben warteten, verschwanden Edward und ich – unter Mikes bösen Blicken – in einem leeren Klassenzimmer auf demselben Gang, wo ich Edward in die Geheimnisse des Babypuppenwickelns einweihte.

››Isabella‹‹, sagte Edward, als wir fertig waren. Er saß auf einem der Stühle und schaute mich an, wodurch ich mich am Rausgehen gehindert sah. ››Ich habe das vorhin mit Mike ernst gemeint. Ich würde wirklich gerne mit dir Essen gehen, heute Abend. Allerdings ohne Elizabeth.‹‹
Ich war vor den Kopf gestoßen. ››Warum?‹‹
››Ich möchte dich gerne besser kennen lernen. Wir werden noch fast zwei Wochen täglich, stündlich aufeinander sitzen und ich weiß nicht, ob das gut gehen kann, wenn wir nichts übereinander wissen, beziehungsweise in deinem Fall auch noch Vorurteile gegen den anderen haben. Und ich möchte dich kennen lernen, unabhängig von der gespielten Mutterrolle hier. Auch wenn mir das Projekt nicht gefällt, ich nehme es ernst und ich will es gut abschließen.‹‹
Ich schluckte. ››Oh. Ich mein… okay. Aber was machen wir mit der Puppe? Wir können sie nicht einfach abstellen.‹‹
››Alice hat sich bereit erklärt heute Abend zwei Stunden die gute Tante zu spielen. Sie ist auch neugierig darauf, wie es ist mit einem Elektronikbaby zu spielen.‹‹
››Alice also, huh?‹‹ Ich war nicht begeistert von der Idee.
››Sie wird sie sicher nicht abstellen, sie möchte mir das Projekt nicht versauen… was auch immer damals zwischen euch vorgefallen ist.‹‹

Ich zuckte zurück, schnappte mir Elizabeth und verließ den Raum.
Das war auch einer der Gründe, warum ich von Anfang an nicht begeistert war, mit Edward Cullen zusammen zu arbeiten, besonders nicht bei einem Projekt dieser Art. Ich würde unweigerlich in Kontakt mit seiner Adoptivschwester Alice kommen – meiner ehemaligen besten Freundin.

››Isabella!‹‹ rief Edward mir nach.

Und das war auch einer der Gründe, warum ich mich von Edward immer noch mit meinem – eigentlich verhassten – vollen Namen ansprechen ließ. Normal bevorzugte ich es von allen mit Bella angesprochen zu werden.
Mich überraschte, dass er es nicht von alleine machte. Wahrscheinlich wollte er damit, genau wie ich, Distanz zwischen uns schaffen. Ich sollte mir keine falschen Hoffnungen bei ihm machen, er zeigte mir dadurch seine Ablehnung zu mir. Aber das wollte ich auch nicht, ich wollte nicht einmal annähernd eine Freundschaft mit ihm, mit einem der Cullens, uns verband derzeit lediglich eine Zweckgemeinschaft.


Meeting in the Park / Diner For Two I


Der Nachmittag mit Angela und Ben war wirklich sehr angenehm. Ich hatte eine Stunde damit verbracht neben Angela zu sitzen und mich mit ihr zu unterhalten, während Edward und Ben beieinander saßen und ab und zu mal nach den ›Babys‹ geschaut hatten.

Angela genoss die Zeit, die sie mit Ben verbringen konnte, sichtlich. Sie blühte förmlich auf, als sie mir von ihrem Beisammensein erzählte und fühlte sich ziemlich sicher mit ihm. Sie hoffte darauf, dass er sie bald fragen würde.
Ich war mir sicher, dass sie sich nicht mehr allzu lange gedulden würden müssen. Ben schaffte es nicht seinen Blick fünf Minuten von ihr fernzuhalten und seine Augen schweiften immer wieder kurz über ihr Profil. Natürlich sagte ich ihr das nicht, aber es freute mich, dass sie endlich jemand ebenbürtiges gefunden hatte. Ein Mädchen, wie Angela, hatte es nicht immer leicht Freundschaften und Verbindungen einzugehen. Ich ermutigte sie allerdings, ihre Gefühle Ben gegenüber offener zu zeigen um ihn zu ermutigen.

››Und, jetzt erzähl du‹‹, sagte sie schließlich. ››Wie ist es, zwei Wochen die Frau von Edward Cullen zu sein?‹‹
››Wir sind erst beim zweiten Tag‹‹, lachte ich.
››Ist doch egal‹‹, winkte sie ab. ››Wie ist er? Ihr seht nicht aus, als würdet ihr euch schlecht verstehen. Ihr geht heute Abend in der Kleinfamilie essen. Man merkt bei dir gar nichts von seinem üblichen Machocharakter.‹‹

Ich müsste nicht anmerken, dass Angela genauso wenig begeistert von Edwards Methoden Frauen gegenüber war, oder? Doch im Gegensatz zu mir ließ sie sich etwas von seinem Aussehen und Geld blenden. Ein Fehler, der mir sicher nie unterlaufen würde.

››Ich denke, wir sind zu einer stummen Übereinkunft gekommen, dass weder er an mir, noch ich an ihm interessiert bin. Folglich konnte er den Macho einpacken und ich meine Wut gegen sein sonstiges Verhalten. Edward verhält sich distanziert gentlemanhaft, ich mich ihm gegenüber höflich. Das ist alles, mehr gibt es da nicht zu erzählen.‹‹
››Er hat dich kein einziges Mal angebaggert?‹‹
››Keine noch so kleine Andeutung. Und ich bin froh darum, ich möchte mich in keinster Weise mit einer seiner Bettgeschichten vergleichen lassen müssen.‹‹
››Ich bin nur so überrascht… Das war der einzige Punkt, wegen dem ich dich nicht um Edward Cullen als Vater beneidet habe. Aber wenn er sein Machogehabe weggesteckt hat… er muss umwerfend sein!‹‹
››Wir wollen mal nicht gleich übertreiben‹‹, lachte ich. ››Er hat eine eindeutige Distanzlinie eingebracht, die ich durchaus angebracht finde. Sie hindert uns daran etwas Falschen zu sagen, und auch etwas Falsches zu machen.‹‹

Ich ließ ihr gegenüber lieber das geplante Abendessen zu zweit weg, nachher würde sie nur doch wieder auf dumme Gedanken kommen – sie ging ja noch davon aus, dass wir mit Elizabeth gehen würden. Wie gesagt, ein Stück weit war auch sie von Edward Cullen geblendet.

››Oh! Und stell dir vor‹‹, rief ich aus. ››Gestern, als er meinen Vater kennen gelernt hat-‹‹
››Er hat deinen Vater kennen gelernt?‹‹ Wie gesagt, dumme Gedanken.
››Natürlich! Ich kann jemandem wie meinem Vater gegenüber nicht verschweigen, dass ich für zwei Wochen mit Edward Cullen ein Baby habe. Ich könnte damit gesehen werden! Also mache ich lieber im Vornherein reinen Tisch, dann kommt es zu keinen Unangenehmheiten oder falschen Vermutungen. Jedenfalls, was ich sagen wollte, er war unglaublich charmant und höflich! Mein Vater war genauso begeistert von ihm, wie er es von Doktor Cullen ist.‹‹
››Falsche Vermutungen, huh? Wahrscheinlich sieht er in Edward schon seinen Schwiegersohn.‹‹
››Oh ja, sicher.‹‹ Ich lachte wieder, dieses Mal abfällig. ››Hätte ich ihn als meinen Freund und nicht als meinen Projektkollegen vorgestellt, hätten wir froh sein können, dass mein Dad in seiner Stellung keine Waffe mit sich herumträgt!‹‹

Edward fuhr mich nach Hause. ››Ich komme dich ungefähr um halb acht abholen, okay? Ich muss meiner Schwester noch einmal einbläuen, dass man Babys, auch wenn es Puppen sind, nicht fallen lassen darf – das war ein Scherz!‹‹ fügte er schnell auf mein geschocktes Gesicht hinzu.
Ich nickte langsam, aber immer noch skeptisch. ››Okay. Bis halb acht dann.‹‹

Ich stieg aus und lief auf mein Haus zu, während ich ihn beschleunigen und davonfahren hörte.

Ich hatte nicht ganz zwei Stunden, bis ich Edward wieder bei mir erwarten durfte. Ich rauschte auf direktem Weg ins Bad um mich zu duschen und ging anschließend in meinem Kleiderschrank spazieren. Ich hatte keine Ahnung, was ich anziehen sollte. In was für eine Art Restaurant würden wir essen gehen? Konnte ich in schicken, aber bequemen Klamotten gehen? Oder sollte ich lieber eines meiner Kleider anziehen, die ich für besondere Anlässe gekauft hatte? Hatte ich vielleicht auch etwas zwischendrin?
Mein Kleiderschrank war absolut nicht für ein Abendessen zwischen ››Mommy und Daddy‹‹ gewappnet.

Ich entschied mich schließlich für ein knielanges, schwarzes Kleid mit tiefem – das war die einzige Schwachstelle des Kleidungsstückes – V-Ausschnitt. Ich kombinierte es mit einer dicken, schwarzen Strumpfhose und schwarzen Stiefeletten mit Drei-Zentimeter-Absatz. Meine geföhnten Haare ließ ich locker über die Schultern fallen und ich setzte auch nur sehr schwache Make Up Akzente. Ich legte mir noch eine Goldkette um, die ich von meiner Mutter geerbt hatte.
Zufrieden drehte ich mich noch einmal vor meinem Spiegel. Ich denke, dass ich das so lassen konnte.
Um nicht ganz in schwarz vorzutreten, schnappte ich noch nach einer silbergrauen, dünnen Strickjacke, bevor ich meinen Schrank und anschließend mein Schlafzimmer verließ.

Ich trat in die Küche und warf einen prüfenden Blick in den Kühlschrank. Charlie würde überleben, wenn er heute nach Hause kam. Wir hatten noch Reste von dem Essen gestern, die ich in den Ofen stellte und die Temperatur einstellte. Anschließend suchte ich aus der Schublade neben dem Telefon ein Stück Papier und einen Stift heraus um Charlie eine Nachricht zu hinterlassen.

Dad,
Ich bin mit Edward unterwegs.
Dein Essen steht im Ofen, du musst nur noch einschalten und eine viertel Stunde wärmen lassen.
Warte nicht auf mich,
Bella

Über den letzten Satz hatte ich etwas gezögert. Ich ging nicht davon aus, dass ich mit Edward länger als zehn Uhr unterwegs sein würde und die Aussicht war wahrscheinlich schon übertrieben. So lange konnte kein Abendessen dauern und er wollte Alice bestimmt auch nicht zu lange mit der Elektronikpuppe belästigen.
Vielleicht und hoffentlich bezog er, Dad, es auch einfach auf das Essen…


Diner For Two II


Edward klingelte pünktlich um halb sieben. Ich löschte alle Lichter, bis auf das in der Eingangshalle – das brannte immer – griff nach meiner Tasche und ging zu ihm nach draußen.

››Guten Abend, Isabella‹‹, grüßte er mich.

Edward trug eine schwarze Jeans und ein lockeres, weißes Hemd darüber. Gut. Ich war keinesfalls over-dressed.

››Hey. Du bist pünktlich‹‹, sagte ich anerkennend.
››Du auch‹‹, sagte er zwinkernd.
Wahrscheinlich waren die Mädchen, mit denen er ausging, nie zur ausgemachten Zeit fertig an der Tür. ››Natürlich.‹‹
››Können wir?‹‹ fragte er und hielt mir einladend einen Arm entgegen.

Machte er das auf Höflichkeit, oder weil er festgestellt hatte, dass ich manchmal Schwierigkeiten mit der Koordinierung meiner Füße hatte? Wie auch immer, ich hängte mich mit dankbarem Lächeln bei ihm ein.

››Wo gehen wir ihn?‹‹ fragte ich neugierig.
››Nur ein kleines italienisches Restaurant, in dem ich manchmal mit meiner Familie bin.‹‹

Sehr aufschlussreich.

Aber er hatte Recht. Das Restaurant war wirklich nur klein, aber sehr Exquisit. Wahrscheinlich kamen hier nur ausgewählte Bürger der Stadt rein. Da mein Vater nie ausging, konnte ich schlecht sagen, ob wir dazu gehörten.

››Schön hier‹‹, sagte ich, sobald wir uns an einem Tisch in einer Ecke des Raumes niedergelassen hatten – Edward hatte mir den Stuhl hingeschoben!
››Ja, ich bin auch sehr gerne hier. Wahrscheinlich habe ich es deswegen gewählt.‹‹

Ein Kellner kam, brachte uns die Karten und legte uns die Empfehlung des heutigen Tages dar. Ich war davon nicht überzeugt und warf deswegen einen Blick in die Karte, als der Kellner wieder gegangen war. Ich übersprang die Namen der Gerichte und schaute direkt nach dem, was drin war. Die Preise ignorierte ich allesamt.

››Weißt du, was du willst, oder soll ich dir etwas empfehlen?‹‹ fragte Edward nach einer Weile.
››Ich denke… Ja, ich weiß, was ich nehme. Den Seeteufel.‹‹
››Ew, Fisch‹‹, grinste mein Gegenüber, dann winkte er den Kellner heran.
››Sie wollen bestellen?‹‹ fragte er und wir nickten.
››Einmal die Tagesempfehlung, aber machen Sie den Wein bitte zu Mineralwasser.‹‹
››Sehr wohl‹‹, der Kellner notierte schnell und wandte sich dann an mich.
››Menü siebzehn und Wasser, bitte.‹‹
››Sehr wohl‹‹, sagte der Mann noch einmal, nickte und ging zurück zu seinem Tresen.

Bis die Getränke kamen, war noch kein richtiges Gespräch in Gang gekommen, aber nachdem ich einen Schluck meines – wirklich köstlichen, teuren – Wassers genommen hatte, fasste ich mir ein Herz.

››Darf ich dich etwas fragen?‹‹
››Ich glaube, deswegen sind wir hier, oder nicht?‹‹ kam seine leicht belustigte Antwort.
››Mag sein.‹‹ Ich schaute ihm in die Augen, weil ich seine Reaktion abschätzen wollte. ››Warum bist du hier so anders, als in der Schule? Ich habe dich immer für einen Frauen verschleißenden Macho gehalten und jetzt muss ich feststellen, dass du eigentlich ganz nett und höflich bist.‹‹
Zu meiner Überraschung drang ein Lächeln in seine Augen. ››Ich vertraue dir, dass du nicht weiter verrätst, dass ich in Wirklichkeit einen ganz weichen Kern habe.‹‹
››Warum bist du dann so?‹‹ fragte ich irritiert.
Er zuckte mit den Schultern. ››Weil es Spaß macht und weil es hilft. Die Mädchen würden mich weniger wollen, wenn ein zurückhaltender Typ wäre. Sie hätten ohne Konkurrenzkraft kein Interesse.‹‹
››Also doch Macho‹‹, murmelte ich.
››Nein. Ich habe dir schon mal gesagt, dass du das falsch verstehst.‹‹
››Wie würdest du das dann nennen, jede Woche drei Freundinnen?‹‹
››Ich bin ein Mann auf der Suche‹‹, lächelte er süffisant.
››So nennt man das also heutzutage.‹‹ Ich war von seiner Erklärung nicht beeindruckt.
››Nein, ich meine das ernst, ich möchte wirklich meine Seelenverwandte finden.‹‹
››Dann hast du aber eine ziemlich große, weitreichende Suche gestartet.‹‹
››Woher soll ich denn wissen, ob ich sie gleich beim ersten Mal entdecke? Also gebe ich jeder, die Interesse an mir zeigt, eine Chance. So muss ich mir nicht irgendwann sagen, dass ich sie verpasst habe.‹‹
Ich zog eine skeptische Schnute. ››Du denkst also nicht, dass du dich sofort zu ihr hingezogen fühlen würdest?‹‹

Er holte tief Luft und setzte zum Sprechen an, schloss seinen Mund dann aber wieder und musterte mich. ››Isabella, ich weiß wirklich nicht, was das mit dem Thema unseres Treffens zu tun hat‹‹, sagte er schließlich.
››Oh, das hat sogar ziemlich viel damit zu tun. Ich habe mich immer gefragt, was in dieser Beziehung in deinem Kopf vor sich geht und ehrlich gesagt, es hat mich immer gestört, wie du mit den Mädchen umgesprungen bist. Das hier ist deine Chance mich davon überzeugen, dass du nicht ganz das Arschloch bist, für das ich dich all die Jahre gehalten habe. Du willst doch, dass wir die zwei Wochen gut miteinander auskommen, nicht?‹‹

Er sagte nichts.

››Ich verspreche auch, dass ich es niemandem weiter verraten werden.‹‹ Als hätten wir dieselben Freunde. ››Also… du denkst nicht, dass du dich sofort zu deiner Seelenverwandten hingezogen fühlen würdest?‹‹
››Ich weiß es nicht‹‹, sagte er langsam. ››Ich habe Angst, dass ich sie verpasse, wenn ich sie nicht sofort erkenne.‹‹
››Hast du mal darüber nachgedacht, dass sie dich vielleicht auch nicht gleich erkennt? Wenn sie aber kein Interesse an dir zeigt, wirst du auch keines an ihr zeigen, richtig?‹‹

Er nickte, wenn auch widerwillig.

››Weißt du, ich denke, wenn man für jemanden geschaffen ist, dann läuft man sich immer wieder über den Weg. Irgendwann trifft man sich wieder, bis endlich der richtige Augenblick gekommen ist und man sich sieht und einfach weiß, dass man füreinander geschaffen ist.‹‹ Nur Jungs konnten auf so einen glorreichen Gedanken kommen, sich verstellen zu müssen, dass sie ihre bessere Hälfte fanden. In meinen Augen war das der schlechteste Weg. ››Aber warum suchst du überhaupt soweit von deinem Niveau entfernt?‹‹
››Wie meinst du das?‹‹ Nun schien er verwirrt.
››Ich meine, wenn du mir gerade deinen wahren Charakter zeigst, höflich, charismatisch… Wie kannst du dann denken, dass Mädchen wie Lauren deine Seelenverwandte sein könnten? Ihr passt überhaupt nicht zusammen, da bringt nicht einmal mehr das Sprichwort ›Gegensätze ziehen sich an‹ etwas. Sie würde in deinem Intelligenzquotienten untergehen und dich würde sie irgendwann zur Weißglut bringen. Merkst du das denn nicht?‹‹
››Naja, da ich offensichtlich in keiner von ihnen die Richtige gefunden habe… hast du vielleicht Recht.‹‹
››Nein, ich bleibe immer noch dabei zu denken, dass du einfach ein Macho bist, der sein Ego befriedigen muss.‹‹
››Wenn das so wäre, warum habe ich dich dann noch nicht angebaggert?‹‹
››Weil ich die ehemalige beste Freundin deiner Schwester bin?‹‹
››Nein.‹‹
››Du würdest mich also anbaggern, wenn ich Interesse an dir zeigen würde?‹‹
Er musterte mich einen Moment und schüttelte dann den Kopf. ››Nein, ich denke nicht.‹‹
››Hätte ich nicht diese Meinung von dir, hättest du es vielleicht geschafft, meine Gefühle zu verletzen‹‹, schoss ich zurück.
Edward schüttelte den Kopf und schaute mir dann direkt in die Augen. ››Nein, so meine ich das nicht. Ich denke nicht, dass ich so jemanden wie dich verdient hätte.‹‹
››Bitte?‹‹ keuchte ich.
››Nichts.‹‹ Edward wandte den Blick von mir ab und fixierte irgendetwas hinter mir. ››Was ist damals zwischen dir und Alice eigentlich gewesen?‹‹

Ich lehnte mich seufzend in meinem Stuhl zurück und musterte ihn… verwundert. Was hatte er damit gemeint, was er eben gesagt hatte? Warum musste er jetzt so plötzlich das Thema wechseln?

››Ich weiß nicht genau, ich denke, es fing an, als Rosalie und Jasper Hale hier her gezogen sind. Ich habe den Sprung vom kleinen Mädchen zur modebewussten, an Jungs interessierten jungen Frau wohl nicht zur selben Zeit wie sie und Rosalie gemacht. Alice hat in deiner Cousine eine neue beste Freundin gefunden und an mir kein Interesse mehr gehabt.‹‹
››Das war’s? So etwas bringt Mädchenfreundschaften auseinander?‹‹
››Ja, erstaunlich, nicht?‹‹ Ich zuckte mit den Schultern. ››Nein, ich denke, es war mehr als das. Ich hätte keine Probleme damit gehabt, weiter mit Alice befreundet zu sein, selbst wenn unsere Interessen etwas auseinander gegangen waren. Vielleicht hätte sie mir auch helfen können auf den Zug aufzuspringen. Tut mir Leid, wenn ich das jetzt so sagen, aber ich denke, dass Rosalie daran Schuld ist.‹‹
››Warum?‹‹ fragte Edward überrascht.
››Sie hat Alice für sich beansprucht.‹‹

Ich beobachtete Edward skeptisch, wie immer mehr seiner Gesichtsmuskeln zu zucken begannen, bis er schließlich loslachte.

››Was ist denn daran jetzt bitte so witzig?‹‹ Hatte ich über ihn gelacht?
››Tut mir Leid, aber ich kann mir das absolut nicht vorstellen‹‹, hechelte er. ››Mädchen.‹‹
››Was hat deine Schwester denn gesagt?‹‹
Schlagartig wurde Edward ruhig. ››Nichts. Sie hat nie etwas dazu gesagt.‹‹

Zu meiner eigenen Überraschung glaubte ich ihm. Seine Stimme war so ernst, dass es einfach keine Lüge sein konnte.
Ich wollte dieses Thema ebenfalls abschließen.

››Okay. In welchem sozialen Projekt wärst du gerne gelandet? Und warum überhaupt sozial?‹‹
››Ich wäre gerne ins Krankenhaus oder ins Altenheim gegangen, aus ziemlich ähnlichen Gründen wie du. Ich will Medizin studieren, genau wie mein Vater.‹‹
Ich bekam große Augen. ››Wirklich?‹‹
››Ja, wirklich, warum denn nicht?‹‹
››Ich weiß nicht. Scheint als hätte ich dich ein weiteres Mal falsch eingeschätzt.‹‹ Was nicht heißen sollte, dass ich ihm das andere inzwischen glaubte.
››Ja, außer meiner Familie konnte bis jetzt niemand wirklich diesen Wunsch nachvollziehen. Aber ich stelle mir das sehr interessant vor, ich liebe es, wenn mein Vater davon erzählt, wem er an diesem Tag wieder geholfen hatte und wer an jenem Tag das Krankenhaus verlassen durfte – glücklich und geheilt. Ich habe mein halbes Leben im Krankenhaus gebracht und auch schon mehrere Praktiken gemacht oder auch so ausgeholfen und assistiert. Es erfüllt einen unglaublich, ich liebe es.‹‹

Ich konnte nicht anders, als ihn weiter mit großen Augen anstarren.

››Jetzt habe ich dich geschockt, was?‹‹ stellte er belustigt fest.
››Um… ja‹‹, gab ich zu.
››Wie kommt es bei dir dazu, dass du den Leuten helfen willst? Hast du irgendein prägendes Ereignis?‹‹
››Hm… ich denke, es hat sich wegen meiner Tollpatschigkeit eingestellt. Mir wurde schon so oft geholfen, wenn ich wieder hingefallen bin oder ich aufgefangen wurde, weil ich gestolpert bin. Irgendwie möchte ich das wohl zurück geben.‹‹
››Aber du weißt noch nicht, wo?‹‹
››Nein. Vorschläge?‹‹
››Du darfst meine Assistenzärztin werden‹‹, witzelte er.
››Hätte ich nicht solche Probleme damit Blut zu sehen, beziehungsweise zu riechen, hätte ich schon lange eine Karriere als Krankenschwester angestrebt.‹‹
››Also kein Krankenhaus… Du kannst kein Blut sehen?‹‹
››Riechen‹‹, verbesserte ich. ››Ich stehe immer kurz vor der Ohnmacht.‹‹
››Ew, das würde sich bei den Patienten wirklich nicht gut machen. Vielleicht solltest du wirklich so etwas wie Kinderheim machen… mit unserem Baby kannst du ja ziemlich gut.‹‹
››Da habe ich auch immer die Chance es notfalls auszuschalten. Ein echtes Baby oder Kind sollte ich wahrscheinlich lieber nicht ausknocken.‹‹
››Damit dürftest du Recht haben. Ach… du wirst schon noch das richtige für dich finden‹‹, sagte er zuversichtlich.

Ich wusste nichts außer einem Lächeln zu antworten und ließ meinen Blick durch den Raum schweifen, bis ich wieder bei Edward hängen blieb. Er sah nachdenklich aus.

Wenig später, wir hatten in der Zeit geschwiegen, kam unser erster Gang. Für uns beide gab es Rucola, aber Edward bekam dazu Tomaten und Parmesan, während auf meinem Salat ausgelöste Flusskrebsschwänze lagen.

››Gute Appetit‹‹, wünschten wir uns

Das interessante an den Menüs mit den schrägen Namen war immer, dass sie eigentlich ganz gut schmeckten. Diese Erfahrung hatte ich schon öfter gemacht und wurde mit jedem Mal mutiger. Auch dieses Mal wurde ich für meinen Mut belohnt. Die Krebse schmeckten ausgezeichnet mit dem Rucola.

Edward bekam einen Gang mehr, als ich, so musste ich das nächste aussetzen. Er bekam einen Pastateller Tagliolini mit Tomaten und Zucchini.

Ich kicherte. ››Weißt du, was das für Nudeln sind?‹‹
››Tagliolini?‹‹ fragte Edward verwundert nach.
››Ja, aber nein, das meinte ich nicht. Weißt du, in welchem Film sie vorkommen?‹‹
››Em… nein.‹‹
Oh, ich hatte diesen Film früher geliebt. ››Disney’s Susi und Strolch‹‹, quietschte ich fast.
››Ist das dieser…?‹‹
››Ja, wo die zwei Hunde einen Teller Nudeln essen, jeder ein Ende einer Nudeln nimmt und es sich als eine lange herausstellt und ihre Münder sich am Schluss treffen Und sie sind ja eigentlich ganz schüchtern, wenn sie untereinander sind und trauen sich davor gar nichts.‹‹
Edward linker Mundwinkel zuckte nach oben. ››Da ist aber jemand begeistert.‹‹
››Das ist eine der romantischsten Szenen des Filmzeitalters!‹‹ hielt ich ihm vor.
››Oh‹‹, sagte er gespielt überwältigt. ››Das ist ein Mädchending, oder?‹‹
››Macho‹‹, schmollte ich.

Er lachte leise und aß weiter.

››Hast du eigentlich…‹‹ Edward räusperte sich, es schien, als müsse er sich überwinden die nächste Frage zu stellen. ››… einen Freund?‹‹
››Nein‹‹, ich lachte. ››Ich möchte erst einmal gut die Schule abschließen und vielleicht auch schon zu studieren anfangen, bevor ich mich auf so etwas konzentriere. Warum?‹‹
››Ich hatte befürchtet, dass vielleicht irgendwann ein eifersüchtiger Typ vor meiner Tür auftaucht, mir eine rein schlägt und mich fragt, warum ich seine Freundin geschwängert habe.‹‹
››Achso. Nein, da musst du die keine Sorgen machen.‹‹
››Das erleichtert mich ungemein. Ich mag meine Nase nämlich so, wie sie ist.‹‹

Sobald Edwards Teller abgeräumt war, kam der nächste Gang, wieder für uns beide. Edward bekam Saltimbocco alla Romagna; Kalbsschnitzel mit Parmaschinken und Salbei, und Bandnudeln dazu. Auf meinem Teller lag der Seeteufel mit Tagliolini.

››Deins sieht wirklich gut aus‹‹, gab ich zu Edward und fragte mich, warum ich das nicht selbst für mich gewählt hatte. Wahrscheinlich wegen dem Gemüse des zweiten Gangs.
››Willst du mal probieren?‹‹ offerierte Edward.
››Wenn du nichts dagegen hast, gerne.‹‹

Er schüttelte den Kopf, schnitt etwas mit dem Besser ab und reichte mir seine Gabel über den Tisch. Überrascht öffnete ich den Mund und ließ mich füttern.

››Und? Schmeckt es auch?‹‹
Ich kaute, schluckte und schmeckte nach. ››Sehr gut‹‹, nickte ich.
››Du brauchst mir nichts von deinem Fisch anzubieten‹‹, sagte Edward und verzog das Gesicht.
››Schade und ich wollte schon fragen, ob wir die Teller tauschen.‹‹
››Schmeckt es nicht?‹‹
››Doch, natürlich. Das war nicht ernst gemeint‹‹, grinste ich.
››Oh‹‹, war Edwards glorreiche Antwort.

Glücklicherweise waren die Gerichte bei der Anzahl von Gängen nicht so sonderlich groß. Als ich mein Besteck nach dem Seeteufel niederlegte, hätte ich eigentlich auch schon auf den Nachtisch, der noch zu meinem Menü gehörte, verzichten können.

Edward bekam Macarpone, eine Art Tiramisu, mit frischen Waldfrüchten. Ich bekam Cassata siciliana, eine Art Kuchen, ebenfalls mit frischen Früchten.
Es schmeckte sehr lecker.

››Wow, ich bin voll‹‹, seufzte ich, sobald mein Löffel neben meinem leeren Teller lag.
››Hat es geschmeckt?‹‹ fragte der Kellner, der sofort neben uns auftauchte.
››Sehr gut, danke.‹‹ sagte ich.
››Ausgezeichnet‹‹, Edward fand natürlich eine bessere Wortwahl.
››Noch ein kleiner Aperitif?‹‹ fragte der Kellner eifrig.
››Nein, danke. Ich würde gerne zahlen‹‹, antwortete Edward.

Ich trank den letzten Schluck aus meinem Wasserglas. Mein Blick war vor mir auf der Tischkante, ich ließ mich gerade ziemlich teuer einladen. Ich wollte die Zahl auf der Rechnung nachher gar nicht sehen.

Edward brachte mich bis an die Haustür, wie bei einem – ich traute es mich kaum denken – richtigen Date.

››Danke, das war wirklich ein schöner Abend und eine sehr großzügige Einladung.‹‹ Ich schaffte es nicht, ihm dabei in die Augen zu schauen.
››Es war mir ein Vergnügen. Mir es auch sehr gut gefallen.‹‹
››Also‹‹, ich blickte auf. ››Wir sehen uns dann Morgen. Du…‹‹
››Ich melde mich, wenn wir wach sind und wenn ich es verantworten kann, dich aus dem Bett zu klingeln.‹‹
››Gut. Um… Gute Nacht.‹‹
››Gute Nacht, Isabella.‹‹ Er beugte sich herunter und mit großen, erschrockenen Augen fühlte ich seine Lippen kurz an meiner Wange. ››Du sahst heute Abend bezaubernd aus‹‹, flüsterte er, bevor er sich abwandte und leichtfüßig die Treppen vor unserem Eingang hinter sprang.

Irritiert hielt ich meine Wange und sah ihm hinter her.


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Ich wurde von wunderschönen, stechend grünen Augen beobachtet und ein süßlicher Duft umspielte meine Nase und nahm mir den Atem.
Eine sinnliche Stimme flüsterte zu mir.

››Nehmen wir aber an, dass wir verheiratet sind.‹‹ … ››Ich habe festgestellt, dass Bella bessere Mutterinstinkte hat, als ich Vaterinstinkte.‹‹ … ››Gibst du mir deine Nummer?‹‹ … ››Du hast keine Ahnung.‹‹ … ››Der Kellner bekommt nicht viel Trinkgeld… er gafft zu dir.‹‹ … ››Wärest du beleidigt, wenn ich dir sagen würde, dass dir das Baby steht?‹‹ … ››Isabella und ich werden Essen gehen‹‹ … ››Ich würde wirklich gerne mit dir Essen gehen, heute Abend. Allerdings ohne Elizabeth.‹‹ … ››Isabella!‹‹ … ››Ich bin ein Mann auf der Suche.‹‹ … ››Nein, ich meine das ernst, ich möchte wirklich meine Seelenverwandte finden.‹‹ … ››Ich denke nicht, dass ich so jemanden wie dich verdient hätte.‹‹… ››Ich will Medizin studieren, genau wie mein Vater.‹‹ … ››Hast du eigentlich…einen Freund?‹‹ … ››Willst du mal probieren?‹‹ … ››Es war mir ein Vergnügen. Mir es auch sehr gut gefallen.‹‹ … ››Gute Nacht, Isabella. Du sahst heute Abend bezaubernd aus.‹‹

Ich schrak aus dem Schlaf und blickte irritiert zu meinem blinkenden Handy. Ich wurde angerufen.

››Ja?‹‹
››Guten Morgen, hab ich dich geweckt?‹‹ hörte ich eine bekannte, schöne Stimme, die ich allerdings im Moment nicht zuordnen konnte.
››Um…‹‹ Ich sollte auf das Display schauen, bevor ich mich meldete.
››Hier ist Edward.‹‹ Er lachte sachte.

Ich ließ mich Augen verdrehend in die Kissen zurück fallen. Natürlich war es Edward, wer sonst würde mich so früh anrufen?

››Hey‹‹, brachte ich schließlich heraus.
››Tut mir Leid, ich dachte, du wärst inzwischen wach…‹‹
››Wie viel Uhr ist denn?‹‹
››Kurz nach acht.‹‹
››Oh.‹‹ Da hatte er aber wirklich erbarmen mit mir gehabt.
››Unser Plan gibt uns heute den ganzen Tag ein Programm vor, wir sollten wohl spätestens um neun anfangen, dass wir alles zufrieden stellend durchführen können.‹‹
››Okay, gib mir eine halbe Stunde, dann bin ich fertig.‹‹ Ich hatte keine Ahnung, was wir heute machen mussten, mein Gehirn arbeitete noch auf Schlafmodus.
››Okay, ich bin dann bei dir.‹‹

Ich schnappte mein Handy zu und kämpfte mich aus meiner Zudecke heraus um mit kleinen, vorsichtigen Schritten zum Bad zu laufen. Ich war so müde!

Wie hatte Edward es geschafft so munter zu klingen? Hatte er die Puppe vielleicht doch ausgeschaltet um seine Portion Schlaf zu bekommen? Schummler!

Ich fühlte mich einigermaßen erfrischt, als ich die Treppen nach unten in die Eingangshalle lief um die Haustür zu öffnen. Edward stand da und hielt mir grinsend mit den Worten ››Deine Tochter‹‹ die Puppe entgegen.
Er hatte nicht nur munter geklungen, er sah auch erfrischt aus.

››Komm rein‹‹, sagte ich leise. ››Hast du die Batterien herausgenommen?‹‹
››Nein‹‹, er lachte. ››Wie kommst du darauf?‹‹
››Du wirkst ausgeschlafener, als ich es bin, obwohl ich heute die ruhige Nacht hatte.‹‹
››Achso. Ich brauch nicht unbedingt so viel Schlaf.‹‹ -Ich wollte nicht wissen, wo und wie er sich das antrainiert hatte- ››Das ist auch ein Vorteil, wenn man Arzt werden will. Die Überstunden machen nicht so viel aus.‹‹

Ich nickte nur und stellte Elizabeths Wiege auf den Küchentisch, während ich selbst nach meinen Cornflakes, einer Schüssel, Milch und einem Löffel suchte.

››Willst du auch was?‹‹ fragte ich schließlich Edward.
››Nein, danke. Ich habe schon gefrühstückt.‹‹
››Wann?‹‹
››Um sieben, nach dem letzten Fläschchen. Und eines war um zwei fällig. Gleichzeitig mit einer Windel. Ich glaube, Alice hat sie in meiner Abwesenheit ganz schön betüddelt und voll gestopft und sicherlich dreimal die Windeln gewechselt. Sie war Hin und Weg.‹‹
››Vielleicht sollten wir sie noch öfter an Alice abtreten.‹‹
››Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Allerdings ist Alice nur einmal für eine Sache ernsthaft zu begeistern.‹‹
››Mist.‹‹
››Also‹‹, Edward holte seinen Informationszettel heraus. ››Wir sollen heute gemeinsam einkaufen gehen, mittags ist ein Treffen mit dem gesamten Projekt in der Schule angesetzt. Und meine Mutter hat gesagt, ich soll dir ausrichten, dass sie euch beide heute Abend zum Essen erwartet.‹‹
››Hmhm‹‹, machte ich abwesend. Moment…! ››Was war das letzte?‹‹
››Meine Mutter sagt, du sollst heute Abend zu uns kommen, zum Essen und was auch immer. Und…‹‹
››Was und?‹‹ hakte ich auf sein Zögern nach.
››Sie sagte, dass du gerne in unserem Gästezimmer übernachten kannst, wenn du dann abends nicht mehr nach Hause fahren möchtest.‹‹
››Oh… oh okay. Also, du kannst ihr sagen, dass ich gerne kommen würde.‹‹ -Das war nicht ganz die Wahrheit- ››Und wegen dem anderen, uh… das überlege ich mir noch.‹‹

Edward nickte.

Da ließ ich mich dann also den zweiten Abend in Folge von den Cullens zum Essen einladen. Konnte ich dann allen ernstes auch noch die zweite Einladung einnehmen und ihnen die Nacht über zur Last fallen? Vor allem… ich wollte doch keine freundschaftlichen Bande mit den Cullens eingehen, das hatte ich mir geschworen. Zu Beginn des Projektes und eigentlich stand der Schwur, seit die Freundschaft zwischen Alice und mir beendet war.

››Um… wird Alice dann auch bei dem Abendessen dabei sein?‹‹ fragte ich unsicher.
››Ja, natürlich, die ganze Familie. Und dazu gehören auch Rosalie und Jasper – ihre Eltern sind gerade auf Geschäftsreise, deswegen essen sie immer bei uns – und Emmett, Rosalies Freund.‹‹
››Oh‹‹, machte ich nicht sonderlich begeistert. ››Das wird wirklich ein großes Familienessen.‹‹
››Tut mir Leid.‹‹ Es klang, als würde er es wirklich ernst meinen.

Ich beschloss das Thema zu wechseln. ››Also dann gehen wir heute Morgen einkaufen? Ich müsste wirklich einige Dinge besorgen, unser Kühlschrank ist ziemlich leer.‹‹
››Habt ihr keine Haushaltshilfe, die so etwas macht?‹‹ fragte Edward überrascht.
››Nein, wir haben nur eine Putzfrau, die zweimal die Woche kommt und etwas sauber macht. Charlie und ich leben… nun ja… nicht ganz auf dem Standard, wie wir könnten.‹‹ Meine Mutter hatte das in unserem Haushalt eingeführt.

Wir fuhren – in Edwards Wagen – los, nachdem ich mir noch einmal einen Überblick geschafft hatte, was ich alles brauchen würde.
Wir nahmen nur einen Einkaufswagen. Edward hatte vorgeschlagen, dass er alles zahlen würde und ich könnte ihm dann später meinen Anteil zurückzahlen. Wir mussten es immerhin echt halten in der Öffentlichkeit, also sollte der Mann zahlen.
Wenn er meinte.

››Gehen wir erstmal in die Babyabteilung, dass wir das nicht vergessen – hast du deine Kamera dabei?‹‹

Ich nickte und folgte Edward.
Wir mussten beide suchen, da wir keine Ahnung hatten, in welcher der vielen Reihen wir finden würden, was wir brauchten. Wir hatten es beide noch nie gebraucht.

››Oh mein Gott!‹‹ brachte ich schließlich hervor, als wir zu dem Regal, in dem die Windeln lagen, gekommen waren.
››Um… du hast nicht zufällig die Anleitung dabei, oder?‹‹ fragte Edward, ebenfalls mit großen Augen.
››Sie ist in der Babytasche und die hab ich im Auto gelassen. Um… du erinnerst dich also auch nicht mehr, was für eine Größe unser Baby hat?‹‹
››Nein, aber…‹‹ Edward nahm eine der Packungen aus dem Regal und las sich die Rückseite durch. ››Ich denke mal nicht, dass wir Größe drei brauchen. Elizabeth hat bestimmt noch keine fünf bis neun Kilogramm, oder?‹‹
››Also fünf könnte ich mir schon gut vorstellen.‹‹
››Lass uns trotzdem erstmal Größe… vier oder zwei…?‹‹ Er brach ab.
››Zwei‹‹, sagte ich mit einem kurzen Blick auf die Packung. ››Drei bis sechs Kilogramm klingt gut, finde ich. Oder?‹‹
››Ja. So teuer ist das ja nicht, probieren wir es damit.‹‹

››Kann man euch beiden vielleicht helfen?‹‹ hörte ich eine Frauenstimme neben mir.

Ich drehte mich erschrocken um und blickte in das Gesicht einer rundlichen Frau Ende zwanzig.

››Wir… uh… wir suchen Windeln, aber wir wissen nicht, welche Größe wir brauchen…‹‹ antwortete ich schließlich.
››Wo ist denn der kleine Sonnenschein?‹‹ fragte die Frau mit freundlichem Lächeln.

Ich trat einen Schritt zur Seite um den Blick auf den Wagen freizugeben, musste ein Lächeln unterdrücken.
Sie warf einen kurzen Blick in die Wiege, die unechten Augen waren geschlossen, sodass man sie fast für ein echtes Baby halten konnte, und meinte schließlich, dass wir wohl richtig lägen mit unserer Wahl.

Bevor sie allerdings einen Schritt zu Nahe an den Einlaufswagen herankam, versperrte ich ihr mit einem Schritt den Weg. ››Dürfte ich Ihnen wohl die eine, oder andere Frage stellen?‹‹
››Sicher‹‹, antwortete die Frau überrascht.
››Was haben sie gedacht, als sie uns hie vor den Windeln stehen sahen?‹‹
››Um… mein erster Eindruck war, dass ihr ziemlich hilflos ausseht, dann habe ich bemerkt, dass ihr ziemlich jung seid. Wie alt seid ihr?“
››Siebzehn‹‹, antwortete ich.
››Beide‹‹, fügte Edward hinzu.
››So etwas in der Art dachte ich mir schon.‹‹
››Was haben Sie noch gedacht?‹‹ drängte ich weiter.
Etwas verwirrt sprach die Frau weiter. ››Ich habe mich gefragt, ob ihr nicht eigentlich in der Schule sein solltet und gehofft, dass mein Sohn mal nicht so unvorsichtig sein wird, wie ihr es offensichtlich wart. Und dann dachte ich, dass ihr eigentlich ein schönes Pärchen seid und wollte euch helfen.‹‹

Schönes Pärchen, huh?

››Haben Sie einen Moment überlegt, ob wir vielleicht nur unserer Mutter helfen und mit unserer kleinen Schwester einkaufen gehen könnten?‹‹ fragte Edward ruhig, aber ich meinte einen belustigten Unterton in seiner Stimme zu entdecken.
››Um ehrlich zu sein, habe ich das nicht in Betracht gezogen. Es ist auch nicht so, oder? Man denkt doch immer zunächst daran, dass die Jugendlichen wieder Unsinn getrieben haben.‹‹
Ich nickte. ››Ja, das stimmt wohl.‹‹ Dann klärte ich sie auf. ››Wir sind kein Paar und wir haben auch kein Baby zusammen. Elizabeth ist lediglich eine Elektronikpuppe und unser Schulprojekt.‹‹
››Wir streben beide eine Eliteuniversität an und denken noch nicht darüber nach, Kinder zu bekommen. Vielen Dank, dass Sie unsere Fragen beantwortet haben.‹‹
››Bitte, bitte, meine Lieben. Ach, da bin ich aber froh, dass ihr euch eure Zukunft nicht so verbaut habt. Elite also, ja?‹‹ fragte sie nach, worauf wir beide nickten. ››Na dann wünsche ich euch doch alles Gute.‹‹

Wir verabschiedeten uns von der Frau, legten zwei Packungen der Windeln in den Wagen und gingen schnell aus dieser verräterischen Abteilung.

››Eliteuniversität also, ja?‹‹ fragte ich grinsend nach. Ich hatte Edward nie gesagt, welches College ich anstrebte.
››Du wirst wohl kaum auf eine Uni unter deinem Niveau gehen, oder? Wo willst du dich denn bewerben?‹‹
››Ich dachte an die Brown, Princeton, vielleicht auch Yale.‹‹
››Nicht Harvard?‹‹
Ich lachte kurz. ››Seien wir Mal ehrlich, Edward. Weder bin ich gut genug um dort ein Stipendium zu bekommen, noch hat mein Vater genug Geld um die Gebühren bezahlen zu können.‹‹
››Ich bin mir sicher, sie würden einen Luftsprung machen, wenn sie dich bekommen könnten. Was ist mit Dartmouth?‹‹
››Habe ich nicht drüber nachgedacht. Was ist mir dir? Was strebst du an?‹‹
››Naja, nach Harvard will jeder… also will ich auch. Ansonsten will ich mich auf jeden Fall in Dartmouth bewerben und Princeton. Vielleicht Yale.‹‹
››Und für was wirst du dich dann letztendlich entscheiden, wenn du bei allen angenommen wurdest?‹‹ triezte ich ihn.
››Das weiß ich noch nicht. Wo gehst du hin, wenn du überall angenommen wurdest?‹‹
››Sollte dieser absolut undenkbare Fall eintreten, dann… keine Ahnung.‹‹


Family Monopoly (Mike & Lauren)


Wir bestellten uns zum Mittagessen Pizza in die Schule, während wir warteten, unterhielten wir uns mit den anderen aus Projekt vier. Mike hatte schon bald seinen Lieblingsplatz neben mir gefunden, während Lauren sich an Edward heran geschmissen hatte.
Angela und Ben waren in ihrer eigenen kleinen Welt, sie waren so süß zusammen.

››Weiß du, Bella, ich finde, wir könnten auch so mal was mit unseren ›Babys‹ gemeinsam machen, wir müssen uns doch nicht immer in der Schule treffen, oder?‹‹ Mike lehnte sich zu mir herüber und säuselte mir ins Ohr – oder er versuchte es zumindest.
››Könnten wir…‹‹ Zwar wollte ich das nicht unbedingt, aber wir sollten uns immerhin mit unseren Projektkameraden treffen. Aber ich könnte es noch etwas hinauszögern.
››Wie wäre es, wenn wir nach dem dummen Treffen hier… ins Kino gehen?‹‹
››Mike‹‹, sagte ich versucht ruhig – ich hätte ihm am liebsten eine geklatscht. ››Wir können nicht mit Elektronikpuppen ins Kino gehen, das würde die anderen Besucher ziemlich stören, denkst du nicht auch?‹‹
››Dann gib sie doch Edward‹‹, schlug Mike gleichgültig vor. ››Ich werde sie auch Lauren aufdrängen.‹‹
››Tut mir Leid, Mike, aber ich bin heute dran. Ich werde nicht von unserem Plan abweichen. Außerdem haben Edward und ich heute schon etwas vor.‹‹

Mike sah mich kurz ärgerlich ab, dann suchte er mit giftigem Blick nach Edward. Er saß immer noch bei Lauren, die ihm inzwischen fast auf dem Schoß saß. Es ließ sich nicht erkennen, wer der beiden mehr Spaß an der Sache hatte.

Ew.
Und dann auch noch vor den Babys.

››Was willst du denn von dem Typen? Warum verbringt ihr so viel Zeit miteinander?‹‹ fragte Mike… eifersüchtig.
››Wir nehmen das Projekt, im Gegensatz zu dir, oder besser gesagt euch, sehr ernst. Wir nutzen es um Erfahrungen zu sammeln und schieben das Baby nicht bei jedem unausweichlichen Treffen unserem Partner zu, um uns dann so schnell wie möglich aus dem Staub zu machen. Außerdem finde ich es auch sehr interessant.‹‹
››Du findest es interessant mit diesem Typen zusammen zu sein? Ehrlich Bella, ich hätte mehr von dir erwartet.‹‹

Beispielsweise, dass ich auf dich stehen könnte?

››Nein, ich finde das Projekt interessant. Was zwischen mir und Edward ist, oder nicht ist, geht dich überhaupt nichts an!‹‹
››Ist da was zwischen euch?‹‹ Wieder eifersüchtig.

Ich verdrehte die Augen und schaute anschließend genervt im Zimmer herum – mein Blick fiel auf das Edward-Lauren Knäuel. Sie hatte ihre Beine quer über seine gelegt, schmachtete ihn mit ihren Blicken an und fuhr mit der Fingerspitze seinen Bauch und seine Brust entlang, wobei sie am ersten Knopf seines Hemdes immer etwas länger verweilte und zufällig einen nach dem anderen öffnete.
Mussten sie das unbedingt hier machen? Hier interessierte sich niemand auch nur ein Stück für ihre… uh… Intimitäten.

Plötzlich aber, als Lauren ungefähr die Hälfte seiner Knöpfe zu öffnen geschafft hatte und sie ihre Hand unter den Stoff wandern ließ, beendete er den Augenkontakt, stieß ihre Hand weg und knöpfte sein Hemd schnell wieder zu.

››Ja, er ist schon das Bild eines perfekten Ehemannes‹‹, sagte Mike spöttisch und beanspruchte so meine Aufmerksamkeit wieder für sich. ››Was habt ihr heute denn noch schönes vor?‹‹
››Sleep over‹‹, antwortete ich, bevor ich mich zurückhalten konnte. ››Wir essen mit seiner Familie zu Abend und ich werde bei ihnen übernachten.‹‹

Mike sah mich geschockt an. Es dauerte einen Moment, bis ich bemerkte, dass es im Raum still geworden war und auch die Gespräche der anderen verstummt waren. Ich schluckte. Ich hatte zu laut gesprochen.

››Was?‹‹ kreischte Lauren los.

Ich wandte meinen Blick zu ihr und sah im letzten Moment noch, wie sie von Edwards Schoß aufsprang und ihn von sich wegschubste.

››Diese… diese… Tussi darf bei dir übernachten und mich – mich! – weist du ab?‹‹ Sie drehte Edward dampfend den Rücken zu und schritt zu mir herüber, baute sich auf und bedachte mich mit einem tödlichen Blick. ››Das du es nicht wagst auch nur daran zu denken, ihm einen Schritt zu Nahe kommen‹‹, drohte sie und fuchtelte mit ihrem Finger vor meinem Gesicht herum.
Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen, ich stand auf.››Wir sind für zwei Wochen verheiratet, da soll es schon vorkommen, dass man Dinge macht, die Edward dich anscheinend nicht hat machen lassen.‹‹ Ich wollte sie triezen, ich wusste, dass ich das niemals mit Edward machen würde und Edward das auch niemals mit mir machen würde.
››Pah! Als würde Edward jemals etwas mit einer, wie dir, anfangen!‹‹ Ihre Worte passten nicht ganz zu ihrem Aussehen – sie wirkte tatsächlich unsicher.
››Warum sonst hätte er mich dann gefragt, ob ich heute bei ihm‹‹ -Ich betonte das Wort- ››übernachte?‹‹ Lauren und auch sonst niemand musste wissen, dass es ausschließlich ein Vorschlag seiner Mutter war.
››Ich glaube dir nicht‹‹, schmollte Lauren und stemmte ihre Hände in ihre Hüften.
››Ach nein?‹‹
››Nein!‹‹
››Dann muss ich es dir wohl beweisen!‹‹

Ich stapfte um Lauren herum und direkt auf den überraschten Edward zu, reckte mich auf meine Zehenspitzen, schlang meine Arme um seinen Nacken und drückte ihn soweit herunter, bis ich ihm meine Lippen aufdrücken konnte.
Ich hatte bisher zwei Mal und zwei verschiedene Jungen geküsst und es waren nie mehr als Schmatzer meiner Pflicht bei ›Truth or Dare‹ gewesen.
Dieser Kuss war vollkommen anders. Zunächst, weil Edward nicht darauf vorbereitet gewesen war, dass ich ihn tatsächlich küssen würde. Sobald er sich aber von seinem ersten Schock erholt hatte, schlang er seine Arme um meine Hüfte und beugte sich tiefer über mich, soweit dass sich mein Rücken leicht nach hinten beugte und ich meinen Halt ausschließlich seinen Armen verdankte. Er erwiderte den Kuss.

Nach Luft japsend löste ich meine Lippen schließlich wieder von ihm, sah ihm kurz entschuldigend in die Augen und machte mich anschließend ganz von ihm los, bevor ich mich triumphierend Lauren zudrehte.

De starrte mich an, als hätte sich eben die Hölle vor ihr aufgetan. ››Ihr… ihr… Nehmt euch ein Zimmer!‹‹ kreischte sie, bevor sie sich auf ihrem – wirklich hohen – Absatz umdrehte und aus dem Zimmer rauschte.

Hinter ihr tauchte Mikes geschocktes Gesicht auf. Eifersucht blitzte in seinen Augen und ich spürte, wie Edward wieder einen Arm um meine Hüfte legte. Mike drehte sich um und verließ ebenfalls das Zimmer.
Edwards Arm fiel wieder von mir ab und ich konnte nicht anders, als sinnlos zu kichern – bis mir einfiel, dass ich mich jetzt Edward stellen musste. Ich hatte unsere Distanzlinie sicher etwas zu weit überschritten. Nervös blickte ich zu ihm auf, direkt in sein schmunzelndes Gesicht.

Moment…!
Er schmunzelte?

››Uh… Edward?‹‹ Er blickte fragend zu mir herunter, aber bevor ich weiter sprechen konnte, wurde ich von einer weiteren Stimme unterbrochen.

››Was ist denn hier los? Lauren! Mike! Ihr kommt sofort zurück!‹‹ Mr. Banner stand in der Tür und schaute uns zunächst fragend an, bevor sein Blick wieder zum Gang schweifte. Wenig später tauchten Mike und dann Lauren neben ihm auf. ››Könnt ihr beiden nicht wenigstens versuchen euch in das Projekt hineinzuversetzen, wenn die anderen dabei sind?‹‹ herrschte er sie an.
››Aber Mr. Banner, ich-‹‹
››Ich will keine deiner Entschuldigungen hören, Lauren!‹‹Er atmete einmal tief durch. ››Was habt ihr anderen zu tun geplant, den Nachmittag?‹‹
››Ben und ich haben Monopoly mitgebracht, Mr. Banner‹‹, sagte Angelas leise, schüchterne Stimme. ››Wir dachten, wir könnten einen Spielnachmittag machen, das ist doch immer gut… oder?‹‹
››Eine sehr schöne Idee. Wir sehen uns später. Mike, Lauren, in das Zimmer!‹‹

Es tat mir irgendwie Leid, dass die beiden Ärger mit Mr. Banner hatten, obwohl das eigentlich meine Schuld war. Ich hatte überreagiert und Edward geküsst.
Um.
Ich musste deswegen noch mit ihm sprechen, aber das ging jetzt nicht. Angela holte das Spiel aus einer Tasche und breitete es mithilfe von Ben auf dem Tisch aus.

››Also, spielen wir alle gegeneinander, oder bilden wir Familienmannschaften?‹‹ fragte Ben.
››Alle gegeneinander!‹‹ Wenigstens waren sich Lauren und Mike hier einig.
››Ich bin eigentlich dafür, dass wir in den Familiengruppen spielen‹‹, sagte Angela leise.
››Ich denke auch, dass das sinnvoller ist. Deswegen sind wir doch hier‹‹, meinte ich.
››Ich schließe mich Isabella an‹‹, sagte Edward.
››Gut, da ich auch der letzteren Meinung bin, steht es vier zu zwei für Familienmannschaften‹‹, schloss Ben.

Die ersten Runden des Spiels waren langweilig, da wir alle erstmal damit beschäftigt waren, Straßen zu kaufen und uns einen kleinen Reichtum anzuhäufen. Es gab nur zwei kleine Störungen, als erst Thomas und dann auch noch Elizabeth Hunger bekam. Ben und ich übernahmen das Füttern, während unsere Partner weiterspielten.
Von Mikes und Laurens Baby – wir kannten weder Geschlecht noch Namen – hörte man keinen Mucks. Wir fragten gar nicht erst nach, ob es ausgeschaltet war. Immerhin waren wir in der Schule, wir dürften also.

››Lauren, wenn wir diese Straße jetzt kaufen, dann haben wir am Ende gar kein Geld mehr! Wir kaufen sie nicht!‹‹ Mike schien verzweifelt.
››Wir gehen gleich wieder über ›Los‹, dann bekommen wir wieder Geld, also nehmen wir die Straße. Mehr Straßen sind besser, als weniger.‹‹ Damit ging Lauren auf jeden Fall nach dem richtigen Prinzip – genauso machten wir es auch, allerdings mit mehr Verstand.
››Es ist völlig unnötig, wir haben nichts anderes von der Farbe und die anderen Straßen sind auch schon verkauft.‹‹
››Eben noch ein Grund um sie zu nehmen!‹‹ keifte Lauren dagegen.
Ich verdrehte die Augen. ››Wir würden gerne weiterspielen, könnt ihr euch entscheiden?‹‹

Lauren warf mir einen giftigen Blick zu, ließ das Geld aber fallen, als wollte sie die Straße nicht. Mike hatte mich seid dem Zwischenfall kein einziges Mal angeschaut.

Zwischen Edward und mir herrschte eine sonderbare Spannung. Nach außen mochten wir vielleicht so wirken, wie gestern auch noch, aber innerlich konnte ich nicht darüber hinwegkommen, was ich nicht einmal eine halbe Stunde zuvor getan hatte.
Wir sprachen normal miteinander, mussten uns wegen Käufen und Nichtkäufen absprechen, aber das war auch schon alles. Wir schauten uns dabei nicht in die Augen, oder nur kurz und zuckten gleich wieder zurück.
Allerdings schien mir Edward nicht abweichend, er ging nicht auf Abstand, wie er es am ersten Tag des Projekts getan hatte, bevor ihm klar geworden war, dass ich mir nichts darauf einbildete, mit ihm in einer Gruppe zu sein. Einerseits erleichterte mich das, andererseits verwunderte es mich zutiefst. Er wollte nicht, dass etwas zwischen uns war, ob es nun von außen so schien, oder ob nur wir es wussten, warum hasste er mich nicht für das, was ich getan hatte?
Warum machte ich mir so viele Gedanken darum? Es schien vollkommen unnötig…

Der nächste Streit zwischen Mike und Lauren war schon vorprogrammiert, als alle Straßen verkauft waren und es ans Häuser bauen ging. Mike wollte gleich überall, wo es möglich war, ein Hotel bauen, während Lauren meinte, dass zwei oder drei Häuser vorerst auch reichten.
Man musste nicht bemerken, dass sie eigentlich nicht einmal genügend Geld dafür hatten. Sie wollten sich lieber verschulden, mit der Hoffnung, dass unsere Mieten wieder Geld in ihre Kassen spülen würden.

Das Team Angela und Ben machte alles genau richtig. Sie hatten immer genug Geld um sicher über die Runden zu kommen, planten jeden ihrer Schritte genau und mussten sich so nicht verschulden, wenn sie auf eine bebaute Straße der anderen Gruppen kamen.

Edward und ich waren eindeutig die Reichsten im Spiel. Wir spekulierten, wo wir Risiken eingehen könnten und wo wir lieber einen Schritt zurücktreten sollten. So hatten wir bald auf jeder verfügbaren Straße ein Hotel stehen und brachten Lauren und Mike den Ruin, nachdem sie das dritte Mal in Folge auf eine unserer Straßen gekommen waren. Sie hatten unser gesetztes Limit an Verschuldung bei der Bank überschritten.

Wir hörten bald darauf auf zu spielen, da es Zeit für unsere Einzelgespräche mit Mr. Banner wurde.


Talks


››Bella? Wollen wir ein paar Schritte gehen?‹‹ Angela winkte mich hinter sich her.

Ich zögerte kurz, eigentlich hatte ich Edward beiseite nehmen wollen, bevor wir mit Mr. Banner sprechen sollten. Aber schließlich nickte ich doch und folgte Angela den Gang entlang.

Ich wusste wegen was Angela mit mir sprechen wollte und ich kannte sie gut genug um zu wissen, dass sie nicht von alleine zu sprechen anfangen würde. Sie würde mir einfach die Möglichkeit geben, selbst darüber zu sprechen.

››Es ist nicht so, wie du denkst, wie es ausgesehen hat‹‹, sagte ich.
››Das hätte mich auch gewundert, wenn ich ehrlich bin. Was sollte die Aktion dann?‹‹
››Ich… ich weiß auch nicht. Ich habe keine Ahnung, warum ich das gemacht habe, warum ich so ausgetickt bin auf Laurens Worte. Ich weiß nicht, warum ich ihr auf einmal eins auswischen wollte. Es kam so über mich‹‹, gestand ich.
››Du hast Edward Cullen geküsst! Wenn du jetzt nicht so mit mir sprechen würdest, würde ich fragen, wer du bist. Du hasst ihn!‹‹
››Er ist…‹‹ ganz anders, wollte ich sagen. Aber ich hatte ihm versprochen nichts von seiner warmen Seite weiterzuerzählen. Nicht, dass ich Angela nicht vertraute, aber… warum tat ich es nicht einfach? Ich konnte nicht. ››Ich meine, ich habe es nicht wegen Edward Cullen gemacht, sondern um Lauren Mallory eins auszuwischen. Edward war dazu einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.‹‹
Meine Freundin beäugte mich skeptisch. Wahrscheinlich glaubte sie mir nicht. Ich war noch nie eine gute Lügnerin gewesen. ››Würde ich es nicht besser wissen… ich würde behaupten, dass du dabei bist, dich in Edward Cullen zu verlieben.‹‹
››Ich… nein!‹‹
››Warum hast du dann so eifersüchtig auf das Geturtel der beiden reagiert?‹‹
››Ich hab gar nicht… Eifersüchtig! Angela!‹‹
››Ganz ruhig‹‹, beschwichtigte sie mich. ››Dann lass das hier eine Warnung sein, okay? Pass auf, dass dir Edward nicht zu Nahe kommt.‹‹

Ich nickte abwesend. Da müsste sie sich sicher keine Sorgen machen.
Oder?

››Was ist eigentlich mit dir und Ben?‹‹ versuchte ich das Thema zu wechseln.
››Dasselbe wie immer‹‹, murmelte sie.››Wir verstehen uns wirklich super, aber das war es auch schon.‹‹
››Hm, das wird schon noch‹‹, sagte ich zuversichtlich.
››Jaja. Lass uns zurückgehen. Vielleicht bekommen wir noch etwas von der Strafpredigt mit, die Mr. Banner Mike und Lauren hält.‹‹
››Angela, so kenn ich dich ja gar nicht!‹‹
Sie kicherte leicht. ››Oh, was hat eigentlich Mike vorhin von dir gewollt?‹‹
››Das Übliche. Ein Date mit unseren Kindern. Obwohl ich glaube, dass er das schon wieder vergessen hat.‹‹
››Oh man. Zumindest hat die Aktion mit Edward bei Mike Eindruck geschwunden, vielleicht lässt er dich dann in Ruhe.‹‹
››Mein Traum‹‹, seufzte ich.

Wir stellten uns zu Ben und Edward, die sich unterhielten.

Angela und Ben wurden als nächstes aufgerufen, Edward und ich wären also heute als letztes dran.

››Das ist alles deine Schuld, wärst du nicht so ausgetickt, dann-‹‹ regte Mike sich auf, als sie den Raum verließen, verstummte aber, als er sah, dass Edward und ich genau vor der Tür standen. Zu meiner Überraschung erntete ich einen wütenden Blick von ihm, bevor er sich abwandte und schnell aus dem Gang verschwand.
››Mike! Das Ding! Du bist heute dran!‹‹ rief Lauren ihm hinterher, kreischte dann einmal und ließ es fallen. Sie stampfte einmal auf und drehte sich dann zu uns um, die sie belustigt musterten. ››Was schaust du denn so, Tussi?‹‹ herrschte sie mich an. ››Oh, Eddy… bist du heute Abend online?‹‹
››Ich weiß nicht‹‹, er griff nach meiner Hand um meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Überrascht schaute ich ihn an. ››Was denkst du, Schatz? Sind wir heute Abend online oder… haben wir etwas besseres zu tun?‹‹ Seine Augen bohrten sich tief in meine.
Einen Moment wusste ich nicht mehr, wie man atmet, geschweige denn redet, bevor ich einen sanften Druck spürte, den seine Hand auf meine ausübte. ››Was… besseres…‹‹ hauchte ich schließlich.
Die Augen lösten sich von meinen. ››Du hast es gehört Lauren, wir werden nicht online sein…‹‹
››Aber… Eddy!‹‹

Sie starrte ihn noch eine Weile an, er erwiderte den Blick halbherzig. Immer wieder zuckten ihre Augen zu mir und schließlich gab sie es ganz auf und wandte sich ab – die Puppe ließ sie auf dem Boden liegen.

››Sollen wir es adoptieren?‹‹ fragte Edward scherzhaft.

Aber mir war im Moment nicht zum Scherzen.

››Um… Edward… das eben…‹‹
Er ließ meine Hand los und lehnte sich gegen die Wand. ››Das tut mir Leid, ehrlich. Aber ich wollte Lauren einfach provozieren…‹‹
››Das meinte ich nicht, also, vielleicht schon, aber das… vor dem Spiel…‹‹
››Oh.‹‹
››Ich wollte nur sagen… das war wirklich auch nur um Lauren zu provozieren, nachdem sie mich so dumm angemacht hat. Also ohne… Hintergedanken… oder so. Ich habe das, was ich gesagt habe, nicht ernst gemeint und… es tut mir Leid, was ich getan habe.‹‹ Ich senkte meinen Blick und spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss.
››Der Kuss?‹‹ fragte Edward unnötigerweise nach.
››Ja‹‹, sagte ich gedemütigt. ››Ich weiß, dass ich das nicht hätte machen sollen. Falls es dir hilft… ich weiß wirklich nicht, was da in mich gefahren ist.‹‹
››Ist schon okay. Ich fand es ganz witzig.‹‹
››Witzig?‹‹ Das konnte jetzt nicht sein ernst sein.
››Ja, es war interessant zu sehen, wie dir einmal der Kragen platzt und du dich gehen lässt. Genauso hat es Lauren bestimmt nicht schlecht getan, dass ihr einmal jemand die Meinung gesagt, beziehungsweise gezeigt hat.‹‹
››Du bist mir nicht böse deswegen?‹‹ fragte ich vorsichtig und ungläubig nach.
››Nein‹‹, ich hörte ihn Grinsen. ››Wenn du mir nicht böse bist, dass ich dich gerade eben benutzt habe um Lauren abzuschrecken.‹‹
Ich schüttelte den Kopf. ››Du wolltest sie also tatsächlich abschrecken? Du überraschst mich ein weiteres Mal.‹‹
››Ich weiß bei ihr, dass sie nicht ist, was ich suche, das dürfte dir inzwischen klar sein. Und, stell dir vor, du hast mir damit wirklich zu denken gegeben, als du sagtest, ich würde unter meinem Niveau suchen, also habe ich eben versucht ein normales Gespräch mit Lauren zu führen. So wie wir gestern. Es war absolut unmöglich, kaum hatte ich mich versehen, war die Hälfte meines Hemdes offen – was dir sicher auch nicht entgangen ist. Also hoffe ich, dass sie jetzt endgültig begriffen hat, dass sie mich aufgeben sollte und mit fern bleibt. Sollte das passieren, werde ich dir ewig dankbar sein.‹‹
››Stets zu Diensten‹‹, murmelte ich.

››Um, Isabella?‹‹ hörte ich ihn nach einer kurzen Pause.
››Hm?‹‹ fragte ich.

Wie gerne würde ich ihm sagen, dass er mich Bella nennen sollte, aber ich wollte unsere Distanzlinie nicht noch weiter überqueren. Und da er es, nach allem, was passiert war, auch nicht selbst machte…

››Es war wirklich schön, doch zu küssen‹‹, flüsterte er.
››Danke, hm, gleichfalls.‹‹

Dämlich, dämlich, dämlich.
Aber ich wusste nicht, was ich anderes sagen sollte. Es war schön gewesen ihn zu küssen und mich von ihm küssen zu lassen, auch wenn das nicht richtig war.

Ich hatte Angst vor dem, was sich gerade zwischen uns entwickelte.
Was es Freundschaft?
Oder war es vielleicht sogar mehr? Hatte Angela eben recht gehabt und ich war tatsächlich dabei mich in ihn zu verlieben?
Nein, ich schüttelte innerlich den Kopf. Das konnte nicht sein! Das durfte nicht sein! Ich musste wieder mehr Abstand zu ihm gewinnen… aber wie sollte das funktionieren, wenn ich heute Abend bei seiner Familie zum Essen war? Und er ging wahrscheinlich jetzt davon aus, dass ich übernachten würde.
Keinesfalls! Das musste ich verhindern! Abstand!

››Ach, Edward, das was ich wegen dem Übernachten gesagt habe… Ich denke wirklich, dass es besser wäre, wenn ich nach Hause fahren würde, abends.‹‹
››Oh, okay‹‹, sagte er leise und… enttäuscht?
››Ja, ich meine, unsere Eltern haben schon genug Umstände wegen des Projektes, da müssen wir nicht noch zusätzlich etwas aufhalsen, nicht wahr?‹‹ Warum rechtfertigte ich mich?
››Wahrscheinlich hast du Recht.‹‹
››Nicht, dass ich deiner Mutter nicht dankbar für das Angebot wäre…‹‹ Jetzt halt die Klappe, Isabella!
››Hmhm‹‹, machte Edward nur.

Ich ließ mich gegen die Wand fallen und verschränkte die Arme.
Abstand.
Okay, so schwer konnte das nicht sein, vorgestern hat es auch geklappt!

Am Ende des Ganges ertönten Schritte, ich schaute nicht nach, wer es war. Das Elektronikbaby wurde vom Boden aufgehoben und die Schritte entfernten sich wieder. Wahrscheinlich Mike.
Es war seltsam zu wissen, dass er so Nahe bei mir war und mich nicht einmal angesprochen, geschweige denn angebaggert hatte.

Wenig später verließen Angela und Ben den Raum – Angela musterte mich mit einem seltsamen Blick, als sie sah, wie verkrampft Edward und ich nebeneinander standen – und gaben uns bescheid, dass wir jetzt rein könnten.

Wir sprachen nicht lange mit Mr. Banner. Er war sehr interessiert an unseren Erfahrungen während des Einkaufens und warf uns einen anerkennenden Blick zu, als wir von der Befragung der Frau erzählten.
Er hatte die üblichen, lobenden Worte für uns und sagte, dass er mit uns zufrieden war, bevor er uns gehen ließ. Wir würden ihn erst in zwei Tagen wieder sehen.

Edward und ich liefen schweigend zu seinem Wagen. Es war inzwischen schon später Nachmittag und ich musste nach Hause um mich für den Abend umzuziehen.

››Wo wohnt ihr noch mal genau? Muss ich den dritten oder den vierten Abzweig nehmen?‹‹
››Es ist der fünfte‹‹, grinste Edward. ››Aber ich kann dich auch abholen und wieder nach Hause bringen.‹‹
››Keine Umstände‹‹, wiederholte ich. ››Das haben wir doch ausgemacht.‹‹
››Das ist wirklich kein Problem‹‹, beharrte Edward.
››Nein, ich fahr selbst. Nachher verlerne ich es noch, weil du mich die ganze Zeit herumkutschierst.‹‹
››Ich fahre eben gerne.‹‹
Was mich bei so einem Auto nicht wunderte… ››Trotzdem.‹‹
››Okay. Das Essen wird so zwischen halb sieben und sieben fertig sein.‹‹
››Dann komme ich auf halb sieben.‹‹
››Du kannst auch gerne früher kommen‹‹, bot Edward schnell an.
Wie war das mit dem Abstand? Er machte es mir nicht gerade einfach. ››Ich glaube, dazu reicht die Zeit nicht, danke. Ich muss noch das Essen für Charlie machen.‹‹
››Er kann doch auch kommen.‹‹
››Oh nein!‹‹ sagte ich schnell – zu schnell. ››Ich meine, er ist nicht so gerne woanders und… ich weiß auch nicht, wann er Schluss macht und… Er ist einmal pünktlich gekommen, als du da warst, das hat nichts zu sagen‹‹, rechtfertigte ich meine schnelle Aussage.

Wir hielten vor meinem Haus.

››Soll ich Elizabeth mitnehmen?‹‹ fragte Edward. ››Dann stört sie dich nicht.‹‹
››Ich bin Mutter‹‹, lachte ich. ››Mit so was muss ich klar kommen.‹‹
››Okay.‹‹
››Also… Bis später dann.‹‹
››Bis später.‹‹

Ich stieg schnell aus, holte die Babysachen aus dem Wagen und stieg die Stufen zu der Haustür nach oben.

Abstand, Bella!


Family Dinner (The Cullens)


Ich hatte Charlie essen gekocht.
Ich hatte Charlie einen Zettel geschrieben.
Ich hatte Elizabeth in das schickste Kleidchen gesteckt, dass ich hatte finden können.
Ich hatte mich selbst umgezogen, einen roten Rock mit weißem Muster und eine weiße Bluse.
Ich hatte mir vorgenommen jedem der Cullens unvoreingenommen gegenüber zu treten.

Es war 18.15 Uhr.

Ich hatte keine Ausrede mehr noch länger in der Eingangshalle zu stehen und mein Fortgehen hinaus zu zögern.

Ich atmete noch einmal tief durch, dann ging ich durch die Haustür zur Garage und durch das bereits geöffnete Tor. Ich verstaute alle meine Taschen im Wagen und setzte mich schließlich selbst hinters Steuer.
Warum war ich so aufgeregt? Früher war ich täglich bei den Cullens gewesen. Früher!

Entgegen meiner Erwartung hatte ich keine Probleme ihr Anwesen auf Anhieb zu finden. Sobald ich wieder in der richtigen Straße war, kamen mir die ersten vier Einfahrten komisch vor, während die fünfte gerade zu danach schrie, dass ich sie benutzte. Unheimlich.

Der Palast – man konnte es wirklich so nennen – der Cullens hatte sich kaum verändert, seit ich das letzte Mal hier war. Das weiß war immer noch genauso strahlend, die Fenster blitzten vor Sauberkeit und auch die Rosenbüsche der Auffahrt waren genauso akkurat geschnitten, wie ich sie in Erinnerung hatte. Ob Esme das wohl immer noch alleine machte?

Ich hielt in der Auffahrt, weil ich nicht wusste, wo ich sonst parken sollte. Sobald ich die Bremse gezogen hatte, wurde die Haustür aufgerissen und Edward kam mit großen Schritten heraus in meine Richtung.
Womit hatte ich denn eine persönliche Begrüßung verdient?

››Hey, hat du gut hergefunden?‹‹ fragte er, nachdem er mir – wieder ganz gentlemanlike – aus dem Wagen geholfen hatte.
››Ja, kein Problem. Danke.‹‹
››Die anderen sind schon ganz aufgeregt dich wieder zu sehen.‹‹
Skeptisch zog ich eine Augenbraue nach oben. ››Wirklich?‹‹
››Naja, meine Mutter auf jeden Fall. Meinen Vater siehst du ja manchmal‹‹ -Danke für die Erinnerung…- ››und Emmett, du erinnerst dich, Rosalies Freund, freut sich dich kennen zu lernen.‹‹
Und was war mit Alice, Rosalie und Jasper? ››Aha.‹‹
››Übrigens, meine Mutter erwartet natürlich immer noch, dass du sie mit Esme ansprichst.‹‹
››Okay… Puh!‹‹
››Können wir?‹‹

Ich nickte. Jetzt gab es kein zurück mehr. Edward hatte die Babytasche genommen, während ich mich an Elizabeths Tragewiege festklammerte.
Zu meiner Erleichterung lauerte uns niemand direkt hinter der Haustür direkt auf. So konnte ich in aller Ruhe mein Jacke ausziehen. Fragend schaute ich Edward an.

››Meine Eltern sind im Salon, die anderen vier kommen erst zum Essen herunter.‹‹

Ich nickte, wiederum erleichtert.

Edward legte einen Arm um mich – ich war einmal wirklich froh über den Halt, den er mir so gab – und schob mich mit sich zum Salon. Carlisle und Esme saßen nebeneinander auf dem Sofa – er hatte einen Arm um ihre Schultern gelegt – und sahen sich eine Dokumentarsendung an.

››Mom, Dad, Bella ist da.‹‹

Der Bildschirm flackerte und wurde schwarz. Die beide erhoben sich und drehten sich lächelnd Edward und mir zu. Edward schob mich weiter in den Raum.

››Bella, es freut mich sehr, dich Mal wieder hier begrüßen zu dürfen‹‹, sagte Carlisle mit seiner angenehmen Stimme. Er kam auf mich zu und streckte mir seine Hand entgegen.
››Es freut mich auch sehr, Carlisle. Danke für die Einladung.‹‹
››Bella, Liebes, es ist wirklich schon lange her, dass du das letzte Mal hier warst.‹‹ Esme zog mich in eine leichte Umarmung. ››Ich freue mich sehr, dich wieder zu sehen.‹‹
››Es ist schön wieder hier zu sein, Esme. Danke.‹‹ Ich flunkerte etwas, aber es war unmöglich auf Esmes liebevolle Art nicht eine ebenso liebevolle Antwort zu geben.
››Setzt euch‹‹, sagte Esme und zeigte auf das Sofa gegenüber dem, auf dem sie eben noch mit Carlisle ferngesehen hatte.
››Mom‹‹, gab Edward leicht gequält von sich.
››Natürlich‹‹, Esme schien perfekt zu verstehen, was ihr Sohn ihr sagen wollte. ››Geht nur und sagt auch den anderen, dass das Essen in einer viertel Stunde fertig ist.‹‹

Edward nickte und winkte mich dann hinter sich her. Wir gingen den langen Gang entlang, vom dem ich wusste, dass er zu einer weiteren Treppe führte – die andere war in der Eingangshalle. Von dieser hinteren Treppe kam man aber schneller in den oberen Wohnbereich der Familie.
Ich wusste nicht, wo Edward Zimmer war. Alice hatte früher immer nur gesagt. ››Da stinkt’s‹‹ und hatte mich in ihr Zimmer gezogen.
Zu meiner Überraschung zog Edward aber an Alices Zimmer vorbei, trotz unserer Botschaft von Esme, und ging einen kurzen Gang entlang, der vor einer weiteren Treppe endete.

››Hier hat sich einiges verändert, seit du das letzte Mal da warst‹‹, klärte mich Edward auf meinen verwirrten Blick auf.

Wir gingen auch noch diese Treppe nach oben und landeten schließlich in einer offenen Wohnung. Mit neugierigen Blicken folgte ich Edward und schaute mich schließlich um. Wir waren in einer kleinen, modern eingerichteten Dachwohnung gelandet.

››Wow‹‹, brachte ich schließlich hervor. Das Zimmer war genau eingeteilt. In einer etwas dunkleren Ecke, links der Treppe, stand ein großes Doppelbett. Es war schwarz-silber bezogen.
Gegenüber der Treppe, unter einer lang gezogenen Dachschräge, war ein mindestens ebenso langes CD Regal, das auch voll war. Unterbrochen wurde es nur durch zwei Lautsprecher, dann eine große Anlage und wieder zwei Lautsprecher, die zwischen den CDs standen.
An der Längsseite neben der CD Wand hing ein großer Plasmabildschirm an der Wand, ihm zugewandt stand eine große – sowohl lange, als auch breite – schwarze Ledercouch.
In der letzten Ecke stand ein großer, aufgeräumter Schreibtisch, hinter dem an der wohl höchsten Wand in diesem Zimmer ein Regal voller Ordner, Hefter und ähnlicher Sachen stand.
Hinter dem umgitterten Loch, dass das Treppenhaus verursachte, führte eine Tür in einen kleinen, abgegrenzten Raum, in den man offensichtlich auch aus dem Schlafzimmer kommen konnte. Ich vermutete, dass es sich um das Bad handelte.

Zwischen dem Wohn- und Arbeitsbereich war eine weitere Tür in die Wand eingelassen, deren Verwendung ich mir nicht erklären konnte.

››Da geht es zu Alice‹‹, erklärte Edward, als er meinem Blick gefolgt war.
››Dein Zimmer ist direkt mit dem von Alice verbunden?‹‹ fragte ich überrascht.
››Nein, komm, ich zeig es dir.‹‹

Ich folgte Edward – und sah jetzt noch, dass zwischen der Couch und dem Plasmabildschirm ein Glastisch stand. Er öffnete die Tür und ich linste neugierig nach draußen.

Vor mir zeigte sich ein kleines, rundes Treppenhaus. Geradeaus war erstmal ein Geländer, man konnte nach rechts und nach links gehen. Nach rechts ging es sechs Stufen nach unten, von hier konnte man entweder links gehen und eine große Treppe nach unten, oder man folgte dem runden Raum weiter um wieder sechs Stufen nach oben zu steigen und vor einer weiteren Tür zu stehen.
Wenn man allerdings an dieser Tür vorbeiging, am Geländer entlang weiter, kam mach schließlich zu einer Plattform, die noch einmal zwei Stufen höher war und auf der ein großer, schwarzer Flügel stand.
Wieder zwei Stufen nach unten und weiter an der Wand des runden Raumes, stand man erneut vor Edwards Tür.

Mein Blick blieb an dem Flügel hängen. ››Spielst du noch?‹‹ fragte ich ehrfürchtig.
››Du wusstest, dass ich spiele?‹‹
››Du hast früher manchmal geübt, wenn ich da war. Ich habe es gel- Ich meine, ich habe dir sehr gerne zugehört. Also?‹‹
››Ja, ich spiele noch. Alice hat darauf bestanden, dass wir ihn hier hinstellen, dass sie es mitbekommt, wenn ich spiele. Wenn wir beide unsere Türen zuhaben, bekommen wir nicht viel vom anderen mit. Und Esme freut sich auch immer, wenn die Musik über die Treppe nach unten kommt.‹‹

Ich musste ein Seufzen unterdrücken bei der Erinnerung. Ich hatte es über die Jahre mit vielen Pianisten versucht, aber keiner hatte es geschafft, mich so in den Bann zu ziehen, wie Edward damals.

››Ich gehe eben Alice bescheid sagen. Willst du… mit?‹‹
››Bringen wir es hinter uns‹‹, brachte ich leise hervor.

Edward ging am Flügel vorbei zu Alices Zimmer. Er klopfte leicht, wartete aber auf keine Antwort, sondern öffnete und steckte den Kopf zur Tür rein.

››Mom lässt ausrichten, dass das Essen in einer viertel Stunde fertig ist. Wir sollen dann alle runter kommen.‹‹

Von der anderen Seite kam Gemurmel und ich meinte, meinen Namen herauszuhören.
Edward öffnete die Tür ganz und winkte mich zu sich. Ich schaute mich ein weiteres Mal mit großen Augen um.

Alices Zimmer hatte ähnliche Formen, nur spiegelförmig, wie das von Edward, aber es hatte nichts von der modernen, eleganten Einrichtung. Alice stand – immer noch – auf bunte, zusammen gewürfelte Möbel.
Die Ecke, die Edward für sein Bett genutzt hatte, wurde von einer riesigen Spiegelfront geschützt. Ich ging davon aus, dass sich dahinter ihr ein begehbarer Kleiderschrank befand. Schon früher hatte sie von einem geträumt, denn ihr Schrank war stets übergequollen. Das Bett fand ich gegenüber des Schranks, in der Ecke, in der Edward seinen Schreibtisch hatte. So konnte sie direkt nach dem Aufstehen im Bad verschwinden und von dort aus in ihren Kleiderschrank laufen. Sehr geschickt.
Die Wohlfühlecke hatten sie beide in denselben Teil des Zimmers verlegt, nur dass Alices (unaufgeräumter) Schreibtisch noch an der Wand stand, an der Edward seine CD Sammlung hatte.

Links von Edward und mir saßen Alice, Rosalie, Jasper und eine mir unbekannter Junge – wahrscheinlich Emmett – auf tausenden von zusammen gewürfelten Sitzkissen und –säcken.

››Hallo Bella‹‹, hörte ich Alices Glockenhelle Stimme
››Hallo Alice‹‹, ich nickte ihr zu und wandte mich dann an die anderen. ››Hallo Jasper, Rosalie und… Emmett?‹‹

Jasper und Rosalie nickten mit nur zu, Emmett hingegen grinste mich breit an, sprang dann auf und kam auf mich zu. Einen Moment wollte ich vor seiner gewaltigen Statur zurückweichen, sein Grinsen hingegen ließ das Gefühl aufkommen, als sollte ich ihn fröhlich umarmen.

Er reichte mir seine Hand. ››Hi Bella, es freut mich sehr, dich endlich kennen zu lernen!‹‹
››Freut mich auch‹‹, grinste ich – ich konnte nicht anders – und beäugte dann ängstlich meine Hand, als ich sie in seine - wirklich riesige Pranke – legte. Zu meiner Überraschung und Erleichterung bekam ich sie aber Heil wieder.

››Wir sehen uns dann unten‹‹, hörte ich Edward schließlich sagen.

Ich drehte mich zu ihm um und folgte seinem Wink, das Zimmer wieder zu verlassen und ihm in sein eigenes zu folgen.

Ich setzte mich auf die schwarze Ledercouch und schaffte es endlich meine verkrampften Finger von dem Henkel der Babywiege zu lösen. Im Raum erklang jetzt sanfte Streichermusik, kurz darauf saß Edward grinsend neben mir.

››Emmett war hellauf begeistert von dir‹‹, teilte er mir mit.
Ich kratzte mich leicht am Kopf. ››Ja, mir war er auch sehr sympathisch.‹‹ Was man von den anderen nicht gerade sagen konnte.
››Ignorier sie‹‹, sagte Edward, als hätte er meine Gedanken gelesen.

Um Worte verlegen ließ ich meinen Blick ein weiteres Mal durch sein Zimmer laufen. ››Dein Zimmer sieht wirklich toll aus.‹‹
››Ja, es hat mich und meine Eltern einige Nerven gekostet, bis es schließlich so war, wie ich es wollte‹‹, lachte er.
››Was ist aus euren alten Zimmer geworden?‹‹
››Alices altes Zimmer ist zu ihrem Treppenhaus umgebaut worden, sie nutzt es jetzt nebenher noch als Abstellkammer. Meine Treppe ist die alte Dachbodentreppe, mein altes Zimmer ist ein weiteres Gästezimmer geworden.‹‹
››Dann könnt ihr ja jetzt einige Gäste empfangen.‹‹ Wenn ich mich Recht erinnerte, hatten die Cullens schon früher zwei große Gästezimmer gehabt.
››Schade nur, dass sie kaum genutzt werden – selbst du hast eines verschmäht.‹‹
››Naja, es ist ja auch nicht so, als hätte ich nicht in unmittelbarer Nähe ein eigenes Bett.‹‹
››Stimmt. Es wäre trotzdem schön gewesen, wenn du geblieben wärst.‹‹

Unangenehmes Schweigen.

››Was denkst du?‹‹ fragte er schließlich.
Mit dieser kleinen Frage brachen alle Gedanken, die ich zu verdrängen versucht hatte, auf mich ein. Ich wurde rot. ››Nichts.‹‹
››Man kann nicht nichts denken.‹‹
››Du willst es nicht wissen‹‹, sagte ich also.

Ich hatte mich gefragt, wie viele Mädchen vor mir ihm wohl schon zu seiner tollen Dachwohnung gratuliert hatten. Und ich hatte mich über das Gefühl in meinem Bauch gewundert, dass mit diesem Gedanken kam.
Aber sollte ich ihm das tatsächlich sagen? Dann könnte ich auch gleich wieder nach Hause gehen und mich in den nächste eineinhalb Wochen nicht mehr in seine Nähe begeben.

››Versuch es‹‹, forderte er mich auf.
Ich war nicht lebensmüde. ››Denkst du, die Stimmung wird am Essen sehr angespannt sein?‹‹ wich ich schließlich auf ein anderes Thema aus. ››Das eben war ja keine Party.‹‹
››Sie wissen sich vor Mom und Dad zu verhalten – außerdem macht Emmett aus jeder Trübsal blasenden Gesellschaft eine fröhliche Runde. Ich vertraue da ganz auf ihn. Und wenn alles nichts hilft, dann konzentrierst du dich eben auf mich… oder meine Eltern. Wir werden das nicht zu einer Farce werden lassen.‹‹
››Okay.‹‹ Ich war immer noch besorgt.

››Wie stehen unsere Chancen, dass uns Elizabeth vom Essen abhält?‹‹ wollte Edward dann wissen.
››Ich denke, sie selbst wird keinen Hunger haben. Ich habe sie zu Hause erst noch ein bisschen gefüttert. Auf eine volle oder leere Windel möchte ich keine Garantie geben. Ich habe sie zwar gewechselt, aber wer weiß…?‹‹
››Sie kann hinterhältig sein‹‹, grinste Edward. ››Sollen wir dann nach unten gehen?‹‹

Ich nickte und stand auf, nahm Elizabeth und folgte Edward durch die Tür in das neue Treppenhaus. Über die große Treppe landeten wir genau in dem Gang, der Esszimmer und Küche miteinander verband.

Esme und Carlisle saßen schon jeweils an einem Kopfende des großen Tisches, als wir den Raum betraten. Ich blieb unschlüssig in der Tür stehen und betrachtete den gedeckten Tisch.

››Setz dich einfach irgendwo hin, wie haben keine Tischordnung‹‹, forderte mich Edward auf. Er hatte sich auch noch nicht gesetzt und schien darauf zu warten, wie ich mich entschied.

Was sollte ich also tun? Wenn ich mich neben Esme setzte, dann war das dumm Carlisle gegenüber, wenn ich mich hingegen neben Carlisle setzte, dann war das Esme gegenüber nicht angebracht. Wenn ich mich allerdings in die Mitte setzte, wäre ich zwischen den anderen fünfen und das war mir unangenehm, das wollte ich nicht.
Ich entschloss mich schließlich, dass ich mich neben Esme setzte, da ich sie schon länger nicht mehr gesehen hatte, als Carlisle.
Sobald ich saß, stellte Edward einen breiten Hocker an die Kante zwischen mir und Esme und bedeutete mir, dass ich Elizabeth darauf abstellen konnte. Dann nahm er auf meiner anderen Seite platz.

››Ich hoffe, du hast Hunger, Bella‹‹, sagte Esme
››Ja, sehr‹‹, sagte ich leise. ››Muttersein fordert schon einiges. Und es ist nicht einmal ein richtiges Kind.‹‹
››Dann hast du, genau wie Edward, schon etwas aus dem Projekt gelernt, ja?‹‹ fragte Carlisle.
››Ja, ich lasse mir damit auf jeden Fall noch Zeit. Wann kam deine Erkenntnis, Edward?‹‹
››Schon am ersten Tag. Ich war so erleichtert, als du gesagt hast, dass du sie die erste Nacht nimmst.‹‹
››Aber so schlecht hat er sich dann gar nicht angestellt, die letzte Nacht, als er sich um sie kümmern musste‹‹, verteidigte Esme ihren Sohn. ››Wie kommt dein Vater mit der Situation zurecht?‹‹
››Er bekommt eigentlich gar nichts davon mit‹‹, erklärte ich. ››Seit er befördert worden ist, arbeitet er lange. Er geht früh und kommt spät wieder. Und er schläft in einem anderen Teil des Hauses, als ich, deswegen hat er nicht einmal etwas von dem nächtlichen Geschrei mitbekommen.‹‹
››Was für ein Glück er doch hat…‹‹ sagte Alice, die gerade, gefolgt von den anderen dreien, ins Zimmer kam. ››Ich bin heute Nacht um zwei aus dem Bett geschmissen worden. Nur gut für dich, Brüderchen, dass du sie so schnell ruhig bekommen hast.‹‹

Alice setzte sich am weitesten von mir weg neben ihren Vater, Jasper ihr gegenüber auf den freien Platz neben Edward. Emmett nahm mir gegenüber an Esmes andere Seite platz und Rosalie setzte sich neben ihn, gegenüber von Edward.

››Ist das Essen fertig? Ich habe richtig Hunger!‹‹ fragte Emmett und klopfte sich auf den Bauch.
››Emmett!‹‹ stöhnten Rosalie, Alice, Jasper und Edward gleichzeitig, während Emmett mir nur zuzwinkerte und ich ein Grinsen zu unterdrücken versuchte.
Esme tätschelte ihm auf den Arm. ››Das werden wir gleich sehen, mein Lieber.‹‹

In dem Moment öffnete sich die Tür und eine der Hausangestellten kam mit einer dampfenden Schüssel herein.

››Wunderbar‹‹, meinte Emmett mit Blick auf sie, er rieb sich die Hände.

Ich nahm von den Reaktionen der anderen an, dass es so ungefähr jedes Mal ablaufen musste, wenn er zum Essen da war. Wie oft das wohl war, selbst wenn er nicht richtig zur Familie gehörte?
Ich hatte das Gefühl, dass hier ein ziemlich großer Zusammenhalt zwischen allen da war und fühlte mich prompt wie ein Eindringling.

››Emmett!‹‹ Rosalie schubste Emmetts Hand weg, als der in die Mitte des Tisches griff um sich auf den Teller zu geben. ››Wir haben Besuch, wo bleibt dein Anstand?‹‹

Das half mir bei meinem unangenehmen Gefühl nicht sonderlich.

››Kein Problem, er kann sich ruhig vor mir nehmen, wenn er so einen Hunger hat‹‹, sagte ich schnell.
››Nichts da‹‹, sagte Rosalie.
››Aber ich wollte Bella gerade behilflich sein‹‹, wehrte sich Emmett. ››Das wusstest du doch, Bella, oder?‹‹
››Sicher‹‹, grinste ich.
››Na dann her mit deinem Teller!‹‹

Ich reichte ihm meinen Teller und er tat mir zwei Schöpfer der Suppe auf.
Ich wartete noch, bis jeder einen dampfenden Teller vor sich hatte, dann wünschte ich einen guten Appetit und begann zu essen.

››Schmeckt es dir?‹‹ fragte Esme nach einer Weile.
››Sehr gut‹‹, antwortete ich.

Am Tisch war es ansonsten ziemlich ruhig, fast angespannt. Ich sah nur ab und zu, wie Rosalie und Emmett miteinander tuschelten, oder Alice einen viel sagenden Blick zu Jasper warf – einen dieser Blicke, die man als Außenstehender besser ignorierte.

Die Vorspeise hatten wir schnell hinter uns gebracht. Der nächsten Gang ließ glücklicherweise nicht lange auf sich warten.

››In welchen Projekten seid ihr eigentlich?‹‹ fragte ich schließlich in die Runde, nachdem ich eine Minute lang eine Kartoffel traktiert hatte und über das Für und Wider des Stellens dieser Frage in meinem Kopf diskutiert hatte.
Emmett antwortete. ››Jasper und ich sind jeweils in einem der Sportprojekte. Er in Baseball und ich in Basketball. Rosalie ist in der Theatergruppe und Alice schneidert ihre Kostüme.‹‹
››Und gibt es einen bestimmten Grund, dass ihr so gewählt habt?‹‹ fragte ich. Ich erinnerte mich, dass nicht nur ich eine Absicht hinter meiner Wahl hatte, sondern auch Edward. Vielleicht war es bei den anderen ja nicht anders?
››Emmett und ich wollen auf Sportcolleges gehen‹‹, erklärte Jasper mir. ››Wenn man sich bei denen bewerben will, ist es immer gut, wenn man etwas mehr als das Mitspielen in der High School Mannschaft vorweisen kann.‹‹
››Okay‹‹, sagte ich. Ich blickte neugierig zu Alice.
››Ja, bei mir ist es nicht anders, ich möchte auf die Modeakademie. Außerdem ist es witzig, wenn Jasper und Emmett meine Models spielen müssen.‹‹
››Bei mir ist es ähnlich. Ich liebe das Schauspielern. Und ich stehe auch gerne Model für Alice.‹‹
››Was ist mit dir, Bella?‹‹ fragte Emmett.
››Bei mir ist es ähnlich, wie bei Edward‹‹, sagte ich grinsend. ››Ich habe auch gehofft, dass ich in ein anderes Projekt kommen würde.‹‹
Carlisle wurde hellhörig. ››Wie das Krankenhaus?‹‹
Edward kicherte neben mir und ich wurde etwas rot. ››Nein, ich dachte eher an das Altenheim oder das Kinderheim.‹‹
››Achso‹‹, meinte Carlilse gleich weniger begeistert.
››Bella hat’s nicht so mit Blut‹‹, erklärte Edward, wofür er einen giftigen Blick von mir erntete.
››Oh ja, ich erinnere mich‹‹, meinte Carlisle und ein leichtes Zucken umspielte seine Mundwinkel.
››Wieso?‹‹ fragte Emmett frei heraus. Seine Augen glänzten, als wäre er auf eine große Sensation aus. Vielleicht sollte er Klatschreporter werden, anstatt Profisportler.
››Nichts‹‹, sagte ich schnell, meine Wangen färbte ein tieferes rot, als eben. Ich erinnerte mich noch genau an den einen Zwischenfall im Krankenhaus – oder zumindest an den Teil, als ich bei Bewusstsein war.
Aber Emmett entging das nicht. ››Na toll, erst heiß machen und dann nichts erzählen…‹‹ schmollte er.
››Oh, Dad, war das dieses eine… vor vielen Jahren, als…?‹‹ meinte Edward.

Ja, Edward war auch dabei gewesen, den Teil verdrängte ich allerdings immer lieber. Damals hatte ich mich gefragt, was so ein Typ, wie er, im Krankenhaus zu suchen hatte.

››Es war erst vor einem halben Jahr‹‹, sagte ich gedemütigt.
››Wartet mal‹‹, sagte da auf einmal Alice. ››Davon habt ihr erzählt, das war… dieses Kettenreaktionunglück?‹‹

Na toll, wussten sie etwa alle davon?

››Wie? Wissen hier etwa alle bescheid, außer mir?‹‹ fragte Emmett beleidigt.
Ich seufzte. ››Ich war gerade mit meiner Behandlung fertig und ging raus auf den Gang. Im selben Moment wurde am Ende ein Notfall eingeschoben und sie mussten an mir vorbei. Ich wurde von dem Blut ohnmächtig und fiel gegen den Pfleger, der das Bett geschoben hat. Der hat sich so erschreckt, dass er die eine Seite des Bettes zu sehr angeschoben hat, das Bett also nicht mehr geradeaus gefahren ist, sondern direkt in ein Regal an der Wand. Das Regal war etwas überlastet und ist unter dem plötzlichen Anstoß zusammen gekracht. Carlisle war derjenige, der mich behandelt hat, Edward kam wegen dem Lärm auf den Gang, er hat mich wieder geweckt‹‹, schloss ich.

Ich erinnerte mich noch genau an den Augenblick, als ich die Augen geöffnet hatte und direkt in Edwards makelloses Gesicht blickte. So dumm das auch klingt, aber ich hatte im ersten Moment gedacht, ich wäre im Himmel und ein Engel würde sich über mich beugen. Ich hatte gegrinst, wie eine Blöde, bis ich mehr und mehr auf meine Umgebung aufmerksam wurde und mein Gesicht schließlich die Farbe einer Tomate angenommen hatte.
Genau wie jetzt.

Ich ließ meinen Blick vorsichtig durch die Runde streifen. Esme schaute mich mitleidig an, Emmett versuchte gar nicht erst sein Amüsement über mein Missgeschick zu verbergen. Rosalie biss sich schmunzelnd auf die Lippen, während Alice breit grinste. Carlisle schien das Ganze eher unangenehm zu sein, Jasper war nicht im Moment in meinem Blickwinkel und Edward… Edward sah mich einfach nur an.
Und ich wollte keinesfalls die Aufmerksamkeit zu sehr auf mich ziehen heute Abend. Klasse hinbekommen, Isabella.

Ich stocherte wieder in meinen Kartoffeln und nach und nach begann auch die anderen wieder zu essen.

››Wie läuft die Schule, Bella?‹‹ fragte Esme schließlich und löste so die Stimmung im Raum. Kaum hatte ich es mich versehen, war ich auch schon in netten Small Talk mit Esme verwickelt und auch die anderen nahmen irgendwelche Themen auf, über die sie reden könnten.
Soweit ich es mitbekam, hörte Edward bei Esme und mir mit.

Der Hauptgang verwandelte sich jetzt schnell den Nachtisch und ich zählte schon rückwärts die Minuten, wann ich mich von hier aus dem Staub machen könnte.

››Und du willst wirklich nicht bleiben?‹‹ fragte Esme, als mein Teller fast leer war.
››Nein, danke, ich möchte wirklich nicht noch mehr Umstände machen.‹‹
››Jasper, Rosalie und Emmett bleiben auch. Das würde kaum auffallen, wenn du auch noch da bist‹‹, versuchte sie mich zu überreden.
››Ich muss wirklich nach Hause, mein Dad erwartet mich auch.‹‹
››Du könntest ihn auch anrufen.‹‹
››Mom‹‹, schaltete sich da Edward ein. ››Wenn sie nicht möchte, dann lass sie. Auch wenn es schade ist‹‹, fügte er mit Blick auf mich hinzu.
Ich senkte meinen Blick. ››Ich muss ja noch nicht sofort gehen. Elizabeth ist offensichtlich eingeschlafen, ihr wird es egal sein, wann wir fahren.‹‹
››Sehr schön, warum schaut ihr nicht alle zusammen noch einen Film? Ich lasse euch Popcorn machen.‹‹

Ich stellte mir vor, wie meine Hand langsam nach oben wanderte und dann mit einem lauten Schlag mit meiner Stirn kollidierte. Wieso musste ich nur immer versuchen es allen recht zu machen? Und vergaß dabei, was ich wollte?
So wurde das nichts mit meinem Abstand zu Edward.
So wurde das nichts mit meinem Plan, keine annähernd freundschaftlichen Bande mit den Cullens zu schließen.
So wurde das einfach nichts!

››Gut‹‹, sagte ich. ››Aber keinen Film, der zwei Stunden geht.‹‹
››Wir gehen zu mir!‹‹ legte Alice fest.

Eine viertel Stunde später saßen wir alle vor Alices Fernseher und warteten darauf, dass der Film startete. Wir hatten uns nach einiger Diskussion auf eine Komödie geeinigt.
An meiner linken Rocktasche heftete ein Babyfon an, auf das ich immer wieder einen nervösen Blick warf. Ich hoffte, dass Elizabeth mich möglichst bald aus dieser Situation herausholte, sodass ich eine Ausrede hätte um in Edwards Zimmer zu verschwinden und möglicherweise zu gehen.

Mein Flehen wurde erst nach über der Hälfte des Filmes erhört. ››Entschuldigt mich‹‹, sagte ich leise.
››Ich komme mit‹‹, meldete sich Edward.

Ich wollte ihm nicht widersprechen, denn es war dunkel im Haus und ich wusste nicht, wo die Lichtschalter waren.
Elizabeth hatte sich das volle Programm für mich ausgedacht. Zunächst wechselte ich ihre Windel und anschließend fütterte ich sie noch etwas aus dem mitgebrachten Fläschchen.

››Ich denke, ich gehe dann besser‹‹, sagte ich schließlich zu Edward.
››Willst du wirklich nicht…?‹‹ versuchte er ein weiteres Mal.
››Nein, Edward, wirklich nicht. Ich möchte nach Hause.‹‹
››Okay. Dann meldest du dich Morgen?‹‹
Ich wusste, dass das jetzt sehr abweisend klingen musste und irgendwie tat es mir auch Leid, aber… ››Edward, ich denke, wir sollten uns Morgen nicht treffen, sondern jeder seinen freien Tag genießen. Bei mir zu Hause sind in den letzten Tagen einige Dinge liegen geblieben, um die ich mich kümmern muss und sie würden dich nur langweilen. Sagen wir, ich bringe dir Elizabeth morgen irgendwann vorbei? Wann hast du Zeit?‹‹
››Um…‹‹ Edward wirkte etwas vor den Kopf gestoßen. ››Wenn du bei dir bist, dann hole ich sie ab, okay? Ich weiß noch nicht… was ich dann aus meinem freien Tag mache…‹‹
››Okay.‹‹ Ich packte schnell Elizabeths Sachen zusammen und wandte mich dann erst wieder Edward zu. ››Ich gehe mich noch schnell von den anderen verabschieden.‹‹
Er nickte.

Ich ging über das kleine Treppenhaus hinüber zu Alices Tür und steckte meinen Kopf durch. ››Ich gehe jetzt. Danke für den schönen Abend.‹‹
››Schon?‹‹ fragte Alice. ››Der Film ist noch gar nicht aus…‹‹
››Ich bin müde‹‹, sagte ich schnell.
››Achso, okay. Tschüs! Komm doch bald mal wieder vorbei.‹‹
Ich versprach es, obwohl ich mir sicher war, dass sie das nur aus reiner Höflichkeit gesagt hatte. Ich nickte auf den anderen zu.
››Tschüs Bella, war nett‹‹, rief mir Emmett noch hinterher.

Ich ging gefolgt von Edward die Treppen nach unten. Carlisle und Esme saßen wieder im Salon und schienen über einer Partie Schach zu brüten.
Sie schauten auf, als wir den Raum betraten.

››Willst du schon gehen?‹‹ fragte Esme sofort.
Ich nickte. ››Vielen Dank für die Einladung. Es war wirklich ein schöner Abend.‹‹
››Das fanden wir auch, es war sehr schön, dass du da warst. Und du kannst jeder Zeit zu uns kommen, wenn dir in dem großen Haus zu einsam wird, ja?‹‹
››Danke, Esme.‹‹
››Gute Nacht, Bella‹‹, sagte Carlisle.
››Gute Nacht‹‹, wünschte auch ich, dann ging ich nach draußen, gefolgt von Edward.
››Wir sehen uns dann Morgen irgendwann‹‹, sagte er leise.
››Ja, irgendwann. Aber nicht zu spät, ich muss auch noch ein paar Besorgungen machen.‹‹
››Keine Sorge… Gute Nacht, Bella.‹‹
Ich ließ mir von ihm in die Jacke helfen. ››Gute Nacht, Edward.‹‹ Dann eilte ich nach draußen zu meinem Wagen.


Free Day, Thinking about…


Elizabeth holte mich in dieser Nacht dreimal aus dem Bett, aber das störte mich nicht. Ich konnte nicht schlafen und nicht einmal lautstarke Musik in meinen Ohren konnte mich dazu bringen meine Gedanken für ein paar Minuten zu vergessen. Außerdem bildete ich mir mit dieser Möglichkeit die ganze Zeit ein, ich würde mein Baby schreien hören, oder ich könnte sie überhören und das wäre auch nicht gut für das Projekt.

Das Projekt.
Wie ich es in dem Moment verfluchte.

Wäre bei der Wahl nicht meine soziale Ader durchgekommen, hätte ich dieses dumme Problem mit Sicherheit jetzt nicht. Hätte Mr. Banner mich nicht für dieses Projekt auserwählt, müsste ich jetzt nicht mit Edward Cullen auf ein Elektronikbaby aufpassen. Und wäre das nicht, würden sich meine Gedanken jetzt auch nicht um diesen unglaublich gut aussehenden Jungen mit dem einzigartigen Charakter drehen.

Einen einzigartigen Charakter, den hatte er ohne Zweifel. So sehr ich mich auch all die Tage dagegen gewehrt hatte, es war doch offensichtlich, dass Edward Cullen eigentlich viel tiefgründiger war, als er in der Schule vorgab. Ich wusste das. Und er wusste das. Aber ich konnte mir nicht erklären, was ihn dazu veranlasste, sich in der Schule so zu geben, wie er sich in der Schule gab.

War es wirklich nur aus Spaß, wie er mir gesagt hatte?
Es musste so sein, denn mir gegenüber zeigte er doch, dass er eigentlich nicht so war. Allerdings verstand ich nicht, was daran in erster Linie spaßig sein sollte. Man hatte doch gestern Mittag gesehen, in was das ausartete.

Ich schmunzelte leicht bei dem Gedanken an Lauren. Sie war wirklich zu bemitleiden, dass sie Edward Cullen dermaßen verfallen war und in dem Glauben war, dass er so war, wie er sich ihr gegenüber gab. Wahrscheinlich bildete sie sich ein, dass er ihr ebenso verfallen war, wie sie ihm.
Armes Ding.
Irgendwie.

Das dumme war, dass ich fürchtete, dass Angela gestern Recht hatte. Als sie meinte, ich wäre auf dem besten Weg mich in ihn zu verlieben. Seinem Charme zu verfallen.

Ich war froh, dass ich den heutigen Tag für mich hatte und ich ihn nur kurz sehen müsste, wenn er Elizabeth abholte. Ich brauchte dringend einige Zeit für mich um meine Gedanken zu ordnen und Abstand von ihm zu gewinnen. Von meiner Seite war die Distanzlinie zwischen uns gerade in großer Gefahr, wenn ich sie überschritt, war das Projekt gelaufen und das konnte ich mir nicht leisten. Also musste ich mich zurückhalten. Ich würde die restliche Woche nur noch das nötigste mit Edward unternehmen – nicht auf die Art, wie Mike und Lauren es offensichtlich machten. Nein, ich würde dem geplanten Programm folgen, aber alles, was darüber hinausging, ausschlagen. Keine Abendessen mehr mit seiner Familie. Keine Einladungen mehr von ihn, ich hatte selbst Geld um zu bezahlen und ich hatte mein eigenes Auto zum fahren.

Ich seufzte.
Verdammt.

Das war der Punkt, an dem ich mich entschloss aufzustehen und mich mit Hausarbeit abzulenken. Unsere Putzkraft würde heute Vormittag kommen, vielleicht könnte ich mich etwas mit ihr unterhalten. Und dann kümmerte sie sich auch nicht um das ganze Haus. Das hieß, meine Räume müsste ich selbst noch reinigen. Es waren auch einige Rechnungen angefallen, die ich begleichen musste und die Einkaufsliste – der Dinge, die ich nicht mit Edward hatte besorgen wollen – wurde auch länger. Und nebenher musste ich mich dann auch noch um das Baby kümmern, bis der Vater endlich hier auftauchte. Ich hoffte, es würde einfacher werden, wenn sie nicht mehr da war, um mich die ganze Zeit an ihn zu erinnern.

Drei Stunden später waren mein Zimmer so sauber, wie noch nie zuvor. Ich hatte jede Ecke ausgeräumt, ungebrauchte Dinge weggeschmissen oder aussortiert um sie zu spenden und anschließend hatte ich alles säuberlich ausgeputzt.
Danach begann ich mit dem Kochen meines Mittagessens und lud auch unsere Haushaltshilfe dazu ein, dass ich nicht alleine war und wieder in meinen Gedanken versinken konnte.

Nach dem Essen setzte ich mich an meinen Computer und begann mit meinem Bericht über das Projekt. Ich machte mir so viel Arbeit damit, wie ich herausholen konnte. Zunächst schrieb ich alle Ergebnisse in Stichworten nieder, dann öffnete ich eine neue Seite mit möglichen Formulierungen, die mir einfielen. Und anschließend schrieb ich alles für einen möglichst weitgreifenden Text zusammen, benutzte großartige Worte und umschrieb alles mit einer großen zusätzlichen Menge an Worten. Mir war klar, dass ich den Bericht so keinesfalls abgeben konnte. Aber es lenkte mich ab.
Zwischendurch fütterte ich noch Elizabeth und wickelte sie frisch. Anschließend packte ich ihre Sachen zusammen und stellte alles bereit, dass ich es direkt an Edward übergeben konnte.

Kurz bevor ich die Nerven über meinem Bericht verlor – es ließ mich doch alles zu sehr an Edward denken – begann ich mit der Onlineüberweisung von Rechnungen. Mein Vater hatte das schon lange in meine Hände gegeben, weil er einerseits nichts mit dem Internet an Hut hatte, andererseits keine Zeit dafür hatte und er zudem meinte, dass ich viel zuverlässiger war, als er. Und ich kannte mich in den Ausgaben unseres Haushaltes besser aus.

Edward kam, als ich die Hälfte der Rechnungen beglichen hatte.
Mir war es unangenehm ihn nach all den Gedanken, die ich an ihn verschwendet hatte, zu sehen, besonders da man mir meine ›durchgemacht‹ Nacht wirklich ansah.

››Scheint, als hättest du dir eine erholsame Nacht wirklich verdient‹‹, scherzte er nach einer kurzen Begrüßung.
››Hm‹‹, brummte ich. ››Sie ist frisch gefüttert und gewickelt.‹‹
››Okay… um… hast du schon Mittag gegessen?‹‹
››Ja, ich war heute früh dran.‹‹ Zum Glück!
››Oh, okay. Möchtest du sonst was machen?‹‹
››Nein, Edward. Wie gesagt, ich habe heute echt alle Hände voll zu tun.‹‹
››Gut. Dann melde ich mich Morgen, ja?‹‹
››Wenn ich richtig weiß, müssen wir morgens in der Schule sein, also können wir uns auch da treffen und danach irgendwas machen.‹‹
››Klar, können wir. Soll ich dich abholen?‹‹
››Nein, danke. Ich fahr selbst. Wir sehen uns.‹‹

Ich wollte ihm die Tür vor der Nase zuschlagen, aber er hielt eine Hand dagegen. Ich schloss die Augen, atmete einmal tief durch und machte die Tür dann wieder auf.

››Was?‹‹ fragte ich genervt.
››Das sollte ich dich fragen‹‹, sagte er bedrückt. ››Was ist denn los mit dir? Habe ich was falsch gemacht?‹‹
››Nein‹‹, sagte ich abweisend.
››Warum bist du dann so?‹‹
››Ich bin gar nicht so. Ich möchte im Moment einfach ein bisschen meine Ruhe haben, okay? Ich habe noch eine lange To-Do Liste.‹‹
››Nein, das ist es nicht. Du warst schon gestern Abend so. Was ist los?‹‹ Er sah mir direkt in die Augen.

Shit.

››Ich habe mich wirklich angestrengt für das Projekt, obwohl ich es nicht machen wollte. Jetzt habe ich genug davon, es klappt einfach nicht, siehst du das nicht? Ich würde sagen, wir bringen das jetzt schnellstens hinter uns und gehen dann jeder wieder seine eigenen Wege.‹‹

Er sah mich nach meiner Rede betroffen an, dann nickte er langsam, drehte sich um und stieg die Stufen nach unten. Ich schlug die Tür ins Schloss und lehnte mich mit geschlossenen Augen dagegen.

Doppel Shit.

Es fühlte sich einfach falsch an.

Ich öffnete meine Augen wieder und rannte mit großen Schritten auf das Telefon zu, nahm es und tippte Angelas bekannte Nummer ein. Dann ließ ich mich auf das große Sofa im Wohnzimmer fallen und lauschte dem Tuten.

››Hallo?‹‹ hörte ich die Stimme meiner Freundin.
››Angela? Hast du Zeit?‹‹
››Bella? Was ist denn los? Ich wollte dich eben anrufen, aber… Alles okay bei dir?‹‹
››Ich hab absolut keine Ahnung‹‹, schniefte ich.
››Weißt du was, ich komme sofort vorbei, wollte ich sowieso… Ich bringe ein bisschen Eis mit, dann reden wir und anschließend hilfst du mir in ein Outfit.‹‹
››Warum?‹‹
››Ich habe ein Date, heute Abend‹‹, quietschte sie.
››Mit Ben?‹‹ fragte ich versucht freudig.
››Ja. Also, ich bin in einer viertel Stunde bei dir, okay?‹‹
››Ja, bis gleich.‹‹

Ich legte auf und lächelte. Ich freute mich für Angela, sie hatte tatsächlich ein Date mit ihrem Herzbuben. Sofort verzog ich meine Lippen und seufzte. Und was war mit mir?

Angela beeilte sich wirklich. Schon eine viertel Stunde später klingelte es an der Haustür und sie stand breit grinsend vor mir und schwenkte eine Plastiktüte in der Hand. Eis. Genau das, was ich jetzt für meinen Frust brauchte.

Wir setzten uns zusammen auf das Sofa im Wohnzimmer und begann von meinen Sorgen und Gedanken der letzten Stunden zu erzählen. ››… Und kannst du mir jetzt sagen, was los ist?‹‹
››Du weißt, dass ich eine Theorie habe. Darf ich dir erst noch eine Frage stellen?‹‹
››Sicher‹‹, ich winkte gleichgültig mit meiner Hand.
››Ich fange ganz am Anfang an… Damals mit Alice, als du dir geschworen hast, dass du nichts mehr mit den Cullens zu tun haben willst, was ist genau passiert? Ich meine, in welcher Stimmung seid ihr auseinander gegangen?‹‹
››Wir haben uns einfach immer weniger getroffen, seltener miteinander geredet und schließlich nicht einmal mehr miteinander telefoniert. Sie ist zusammen mit Rosalie die Luxuslady geworden, die sie heute ist, während ich mich auf das Lernen konzentriert habe.‹‹
››Es gab also keinen Streit, oder so?‹‹
Ich schüttelte den Kopf.
››Ich verstehe das nicht ganz, was war der Auslöser dafür, dass das mit euch auseinander gegangen ist?‹‹
››Angela, ich weiß wirklich nicht, was das mit meinem eigentlichen Problem zu tun hat!‹‹
››Das erkläre ich dir später. Also? Was war damals los?‹‹
››Sie hatte keine Zeit mehr für mich, weil sie so viel mit Rosalie unterwegs war. Ihr hat nichts mehr an meiner Freundschaft gelegen, nachdem ihre Adoptivcousine hier aufgetaucht ist.‹‹
››Bist du dir da ganz sicher?‹‹
››Sie hat immerhin nie versucht zu mir zurückzukommen, nachdem wir uns voneinander entfernt hatten und ich mir neue Interessen gesucht hatte.‹‹
››Und würdest du nach dem Abend gestern sagen, dass es zwischen euch keine Verbindung mehr gibt, in welcher Art auch immer? Immerhin habt ihr mal alle Geheimnisse miteinander geteilt.‹‹
››Ich weiß nicht, gestern Abend war alles ziemlich angespannt.‹‹
››Aber Alice hat nicht irgendwie gepatzt oder war unhöflich, oder? Sie hat dich keine Abneigung spüren lassen?‹‹
››Sie war distanziert. Aber das war alles, denke ich.‹‹
››Soll ich dir meine Theorie darüber sagen?‹‹
››Bitte‹‹, forderte ich sie auf.
››Aber du darfst dich nicht vor ihr rechtfertigen dun du musst mir versprechen, darüber nachzudenken, okay?‹‹
Ich nickte.
››Okay, ich denke, dass du von dem, was damals geschehen ist, keinen Grund hast, dich jetzt von den Cullens fernzuhalten. Meiner Meinung nach hat Alice nichts verbrochen, außer dass sie sich um ihre Cousine gekümmert hat, die neu in die Stadt gekommen ist und sich nicht auskannte. Ich denke, dass sie keine Sekunde gesehen hat, dass sie dich damit verletzt und verlieren könnte, wenn sie einige Zeit mit ihrer Cousine verbringt und ich bin fast überzeugt, dass sie dich nach einiger Zeit – wenn Rosalie sich etwas eingelebt hat – gefragt hätte, ob ihr zu dritt etwas unternehmen wollt. Allerdings warst du zu dem Zeitpunkt schon so… eingeschnappt, sage ich mal, dass sie nicht mehr an dich herangekommen ist. Vielleicht hat sie auch gedacht, dass du nichts mehr mit ihr zu tun haben willst, wie du gesagt hast, du hast dir neue Interessen gesucht und dich dann auch in eine andere Richtung entwickelt. Sie dachte, eure Freundschaft hätte keine Zukunft mehr.
Bella, ich kenne dich nun schon eine lange Zeit, ich weiß, dass dein Kopf manchmal etwas anders arbeitet, als der von anderen Menschen. Ich denke, du hast die Situation falsch verstanden und Alice hat darauf falsch reagiert. Aber ich bin überzeugt, dass sie darunter genauso gelitten hat, wie du.‹‹

Ich schaute Angela mit großen Augen an. Ich hatte selten so eine lange Rede von ihr gehört – nicht, dass ich ihr glaubte. Ich glaubte ihr überhaupt nicht, aber ich würde ihr auch nicht widersprechen. Ich hatte sicher nicht überreagiert bei der Sache damals. Alice hatte eine neue beste Freundin gefunden und ich hatte das akzeptiert und war ihr fortan aus dem Weg gegangen.

››Ich weiß immer noch nicht, was das mit dem eigentlichen Thema zu tun hat‹‹, äußerte ich mich.
››Ich wollte dir damit sagen, dass du, bevor wir über Edward Cullen sprechen, dein allgemeines Verhaltensmuster gegenüber den Cullens ändern musst. Ich will, dass du deine feindliche Haltung ihnen gegenüber verlierst.‹‹
››Ich habe keine feindliche Haltung ihnen gegenüber.‹‹
››Na gut, dann eben deine Abneigung mit einem von ihnen jemals wieder eine freundschaftliche Bindung einzugehen.‹‹
Ich zog eine Schnute. ››Gut, nehmen wir an, ich habe sie abgelegt, was dann?‹‹
››Dann können wir anfangen über Edward Cullens Verhaltensmuster zu sprechen…‹‹

Eine halbe Stunde später hatte ich ihr noch einmal alles in genauen Einzelheiten erzählt, was zwischen Edward und mir vorgefallen war, ob es nun Gespräche oder Berührungen oder einfache Blicke waren. Sie nickte immer wieder, hinterfragte und lächelte.
Ich fragte mich, woher ihr benehmen kam, ich hatte sie noch nie wirklich so erlebt. Sie eignete sich Ideal als Psychotante.

››Ich habe eine Theorie‹‹, sagte sie schließlich, nachdem wir einige Minuten geschwiegen hatten.
››Noch eine?‹‹
Sie nickte.
››Und willst du mir von ihr erzählen?‹‹
››Nein, nicht ganz. Ich will dir aber einige Hinweise geben. Überdenk noch einmal das Gespräch mit den Seelenverwandten, das ihr hattet, besonders den Teil, was du gesagt hast. Und dann die Sache mit seinen Mädchen, vor allem, was er meinte, er hätte dich nicht verdient, oder was das war. Du musst auch die Veränderung in seinem Charakter, ob nun allgemein, oder nur die letzten drei Tage dir gegenüber beachten…‹‹
››Angela, willst du mir sagen, dass Edward Cullen an mir interessiert ist?‹‹
››Ja, aber aus irgendeinem Grund schreckt er vor dir zurück. Ich weiß nicht, ob es nur an deiner ehemaligen Freundschaft zu Alice liegt, oder ob es noch andere Beweggründe gibt… Natürlich machst du es ihm auch nicht gerade einfach…‹‹

››Ich glaube, wir sollten uns jetzt um dein Outfit kümmern‹‹, sagte ich plötzlich.
››Du lenkst vom Thema ab.‹‹
››Gar nicht, du wirst doch rechtzeitig fertig sein wollen, oder?‹‹
››Bella, ich brauche keine eineinhalb Stunden um mich zu richten.‹‹
››Trotzdem, je früher, desto besser.‹‹

Angela folgte mir nach oben in mein Badezimmer. Dort zeigte sie mir drei verschiedene Kleidungskombinationen, die sie sich für heute Abend vorstellen konnte. Ich riet ihr zu einem grünen Kleid. Anschließend legte ich ihr dezentes Make Up auf und arbeitete schließlich noch an einer Hochsteckfrisur.

››Wieso wolltest du eigentlich mit mir sprechen, wenn du doch alle meine Antworten in den Wind schlägst?‹‹ fragte sie mich.
››Weil… weil…‹‹
››Ja?‹‹
››Ich weiß, dass du vielleicht Recht hast, aber ich weiß nicht, ob ich will, dass du Recht hast.‹‹
››Du hast ganz schön Angst vor deinen Gefühlen, was?‹‹
››Ja. Ich meine, ich habe so was überhaupt nicht geplant, ich-‹‹
››Bella, so was kann man doch nicht planen, so was passiert einfach.‹‹
››Und was ist, wenn es sich als Fehler herausstellt? Woher will ich wissen, was Edward nach diesen zwei Wochen nicht wieder zu derselben Person wird, die er noch letzte Woche war?‹‹
››Er wird es werden, wenn du ihn nicht aufhältst. Aber ich denke, dass du, bevor du überhaupt irgendwas wegen Edward klärst, mit Alice reden solltest.‹‹
Ich zuckte zurück. ››Ich… ich will lieber auf Abstand zu den Cullens gehen, wirklich, ich kann mir nicht vorstellen, dass das mit denen gut gehen könnte.‹‹
››Du bist so stur, Bella. Hör zu, wenn ich weg bin, denkst du einfach in Ruhe darüber nach, schläfst und Morgen früh sieht die Welt schon wieder anders aus, okay?‹‹
››Okay, dann können wir jetzt das Thema wechseln, oder?‹‹
››Ja.‹‹
››Gut, zuerst, du bist fertig!‹‹

Ich holte einen zweiten Spiegel hinzu und zeigte Angela die Rückansicht ihrer Haare. Von dem Lächeln in ihrem Gesicht schloss ich, dass es ihr gefiel.

››Wie ist es eigentlich zu eurer Verabredung heute gekommen?‹‹ fragte ich.
››Ich weiß nicht, wir waren bei mir und haben gekocht und uns unterhalten und… auf einmal ist es aus ihm herausgeplatzt. Aber ich glaube, er hatte es schon geplant, er hat schon seine Eltern gefragt gehabt, ob sie für den Abend auf Thomas achten, damit wir nicht gestört werden.‹‹
››Das ist so süß!‹‹ freute ich mich für meine Freundin.
››Ja, oh, ich bin so aufgeregt. Am liebsten würde ich jetzt schon wieder zu mir fahren, aber er kommt erst in einer halben Stunde und alleine würde ich da verrückt werden.‹‹
››Das glaube ich dir. Was wollen wir zu deiner Ablenkung machen?‹‹


Ich saß wieder mit meiner Eispackung vor dem Fernseher im Wohnzimmer, aber vom Programm bekam ich nichts mit. Ich dachte über das nach, was Angela mir gesagt hatte.
Was, wenn sie Recht hatte?
Was, wenn ich Edward heute Mittag vielleicht sogar mit meiner kalten Art verletzt hatte?
Weil er an mir interessiert war?
Aber warum sollte er, gerade er, an mir interessiert sein?
Wir kannten und so eine lange Zeit, mehr oder weniger, und jetzt fiel ich ihm auf einmal auf?

Gut, man könnte zu seiner Verteidigung sagen, dass es mir nicht anders ging. Ich hatte mir inzwischen soweit eingestanden, dass ich gewisse Gefühle für ihn hegte, allerdings sind die auch erst zum Vorschein gekommen, als er mir einen Blick hinter seine Fassade zu seinem wahren Ich gestattet hatte. Ich hatte mich ihm gegenüber nie verstellt, er wusste genau, wer ich war. Vielleicht wusste er sogar, was ich über ihn und seine Art dachte.

Ich schüttelte den Kopf. Ich war von meinem eigentlichen Gedankenstrang abgekommen.

Die eigentliche Frage war, fühlte Edward Cullen mir gegenüber dasselbe, was ich für ihn fühlte?
Wenn ja, wie sollte ich mich dann in Zukunft ihm gegenüber verhalten?

Ich hatte es gestern Abend und heute Mittag eindeutig verbockt. Ich musste ihm von jedem Gedanken abgeschreckt habe, dass mir das Projekt eigentlich mehr bedeutete, als es sollte. Dass es für mich weit mehr als ein dummes Schulprojekt war, in das ich gegen meinen Willen gelandet war. Er dachte genau das. Ich hasste es und alles, was damit zu tun hatte.
Ich war so blöd.

Wäre es möglich, dass ich mich dafür entschuldigte? Könnte er mir nach allem, was ich gesagt hatte, noch glauben? Würde er mir glauben wollen?

Ich seufzte. In meinem Kopf waren eindeutig zu viele Fragen unterwegs, ich brauchte Antworten.
Könnte ich heute noch welche bekommen?

Nein, ich entschloss mich dagegen. Heute würde ich weder noch einmal an Edward Cullen denken, noch würde ich mit ihm in Kontakt treten. Stattdessen legte ich mir aber einen Plan zurecht. Morgen, nachdem Treffen in der Schule, würde ich Edward zu mir einladen, wir könnten – ich dankte Angela innerlich für den ›Vorschlag‹ – gemeinsam kochen und uns unterhalten. Ich nahm mir nicht vor, dass Thema direkt anzusprechen, würde ihm aber von meinem Verhalten zu verstehen geben, dass ich heute übertrieben hatte und das Projekt und ihn eigentlich gar nicht so schlimm fand. Wir würden Spaß haben und wir würden uns gut verstehen und dann würden wir weitersehen.

Ich nickte mir selbst zu, als ich den letzten Rest Eis aus der Packung kratzte. Mir gefiel der Plan.

››Bells?‹‹

Ich schreckte aus meinen Gedanken, als ich die Stimme meines Vaters aus der Halle hörte.

››Im Wohnzimmer‹‹, rief ich zurück.
››Ah, du bist zu Hause, ich hatte schon erwartet, dass du wieder unterwegs bist.‹‹
››Nein, heute habe ich frei. Tut mir Leid, Dad, ich habe komplett die Zeit vergessen, ich mache mich sofort an das Abendessen.‹‹
››Ist schon okay, Kleines. Wir könnten auch einfach mal Pizza bestellen… einen Abend ungesundes Essen wird uns schon nicht umbringen‹‹, fügte er hinzu, als ich widersprechen wollte.
››Okay, wenn du meinst.‹‹


About Friendship


Bevor ich zur Schule fuhr, ging ich noch beim Supermarkt vorbei. Während des Frühstücks heute Morgen hatte ich mir überlegt, was Edward und ich kochen könnten und mir war das perfekte Gericht eingefallen. Während ich durch die Reihen lief, plagte mich die Frage, ob es zu früh wäre, wenn wir tatsächlich das machen würden, aber einerseits fiel mir nichts besseres ein und andererseits schien mir das die beste Art mich zu entschuldigen und auch meine Absichten klar zu machen.

Auf dem Schulparkplatz schaute ich mich sofort nach dem silbernen Volvo um, aber zu meiner Enttäuschung war er noch nicht da. Stattdessen sah ich aber Angela alleine neben Bens Wagen stehen, sie schaute in meine Richtung. Ich lief auf sie zu.

››Und wie lief es?‹‹ fragte ich sofort, als ich neben ihr stand.
Sie strahlte. ››Super, es war ein wunderschöner Abend. Wir haben uns am Schluss geküsst und er sagte, er würde mich heute Morgen abholen und da hat er mich wieder geküsst.‹‹
››Das ist wunderbar, Angela! Dann seid ihr jetzt zusammen, ja?‹‹
››Ja, er sagte heute Morgen, dass er die ganze Nacht nicht schlafen konnte, aber nicht wegen Thomas, sondern weil er die ganze Zeit an seine Freundin denken musste. Und dann hat er mich noch einmal geküsst.‹‹
››Das ist so süß!‹‹ Ich freute mich wirklich für sie, dass es bei ihr so gut geklappt hat.

Ich schloss sie in meine Arme.

››Hast du gestern noch mit Edward gesprochen?‹‹ fragte sie mich nach einer kurzen Pause.
››Nein, ich habe mich nicht richtig getraut, aber ich habe mir vorgenommen, mich heute bei ihm zu entschuldigen und ihn zum Essen zu mir einzuladen.‹‹
››Er ist da‹‹, teilte sie mir mit. ››Und er schaut in unsere Richtung.‹‹
Hatte ich ihn vielleicht doch nicht so sehr verletzt, wie ich befürchtet hatte? ››Okay, dann gehe ich mal besser.‹‹
››Ja. Viel Glück.‹‹

Ich nickte ihr noch einmal zu, dann drehte ich mich um und suchte den Parkplatz ab.
Edward stand an seinen Wagen gelehnt, Elizabeth auf seinem Arm und schaute mit einem Blick zu mir, den ich nicht deuten konnte. Aber mein Gefühl sagte mir, dass er nicht gut war. Ich biss mir auf die Lippen, während ich langsam auf ihn zuschritt.

››Hey‹‹, sagte ich leise.
››Guten Morgen‹‹, antwortete er höflich.
››War sie brav heute Nacht?‹‹ fragte ich schüchtern.
››Wie immer‹‹, meinte er.
››Edward, hör zu-‹‹ fing ich an, wurde aber unterbrochen.
››Ich denke, sie möchte jetzt gerne zu ihrer Mutter‹‹, sagte er schnell und drückte sie mir in die Arme. Anschließend hastete er auf die Schule zu.
››Shit!‹‹ entfloh es mir.

Ich drehte mich um, zu dem Punkt an dem ich eben mit Angela stand. Offensichtlich hatte sie unsere kurze Unterhaltung beobachtet, kam jetzt auf mich zu und zuckte die Schultern.

››Ich gebe nicht auf‹‹, versprach ich ihr, während wir zusammen auf die Schule zugingen.

Mr. Banner war noch nicht da, als Angela und ich vor unserem Raum angekommen waren, dafür aber alle anderen. Mike stand bei Ben, sie unterhielten sich leise. Edward hatte die Arme verschränkt und hatte sich neben die Tür an die Wand gelehnt. Er musterte eingehend den Boden. Lauren stand an der Wand ihm gegenüber und warf ihm immer wieder verstohlene Blicke zu, als würde sie gerne zu ihm hingehen, sich aber nach vorgestern nicht trauen.
Ich spürte einen unerklärbaren Drang ihr an die Kehle zu springen.

Angelas Hand fuhr einmal meinen Arm entlang, dann ging sie lächelnd auf Ben zu, der ihr schon wartend entgegen schaute.

Ich lehnte mich mit einer Schulter gegen die Wand, neben Edward und musterte ihn. Aber er schaute nicht auf, so wie ich es mir erhofft hatte. Ich seufzte und ließ mich mit dem gesamten Rücken gegen die Wand fallen.

››Ohoh, Trouble in Paradise?‹‹ sagte Lauren gehässig, als sie die Spannung zwischen uns bemerkte. ››Und ihr seid in getrennten Wagen gekommen, war eure kleine Pyjama Party nicht so erfolgreich? – Edward, wenn du wieder was Richtiges brauchst, du weißt ja, wie du mich erreichen kannst.‹‹

Gott, ich wollte sie umbringen!
Aber ich wollte nicht noch einmal so die Kontrolle über mich verlieren, wie das letzte Mal, also ignorierte ich sie. Und machte somit auch nichts anderes, als Edward – ihr sowie mir gegenüber.

Mr. Banner wollte heute nur die ›Gesundheit‹ der Puppen untersuchen. Er wertete es vor der ganzen Gruppe aus, sodass wir alle es mitbekamen, was er den einzelnen Untergruppen zu sagen hatte und es vielleicht für die Zukunft zusätzlich beherzigen könnten.
Das Ergebnis von Edward und mir war zufrieden stellend.

››Wir sehen uns dann nach dem Wochenende wieder, genießt es, es wird euer letztes mit dem Baby sein. Und ich erinnere euch daran, dass die Puppen Mittwoch wieder abzugeben sind, Donnerstag solltet ihr für die Auswertung nutzen und am Freitag ist Projektvorstellung. Bis Montag.‹‹

Wir verabschiedeten uns murrend und tröpfelten langsam nach draußen.

››Mr. Cullen, Miss Swan, auf ein Wort!‹‹ hielt Mr. Banner uns zurück.

Angela warf mir einen fragenden Blick zu, den ich nur mit einem Schulternzucken beantworten konnte. Sie lächelte mir ermutigend zu, dann schloss sie die Tür hinter sich und ich wandte mich Mr. Banner zu.

››Euer Tag war gestern nicht so gut?‹‹ fragte er uns direkt.
››Wie kommen Sie darauf?‹‹ wollte ich möglichst unschuldig wissen.
››Elizabeth hat für gestern nur ein kurzes Aufeinandertreffen zwischen euch beiden verzeichnet. Ich möchte ehrlich sein, ich hatte mir mehr von eurem freien Tag erhofft und nicht, dass ihr bei der ersten Gelegenheit eigene Wege geht. Ich hatte vor euer Projekt für die Aufklärungskampagne der Schule zu nutzen, also bitte enttäuscht mich nicht und nutzt das Wochenende besser, als den gestrigen Tag.‹‹
››Keine Sorge‹‹, sagte ich schnell. ››So was wie gestern, wird nicht mehr vorkommen, versprochen.‹‹
››Mr. Cullen?‹‹
Edward nickte kurz als Zustimmung.
››In Ordnung, wir sehen uns dann Montag‹‹, verabschiedete Mr. Banner uns.

Edward und ich verließen schweigend die Schule. Ich begleitete ihn bis zu seinem Wagen.

››Kommst du noch mit zu mir?‹‹ fragte ich ihn schüchtern.
››Wir können die Babysachen auch hier umladen‹‹, meinte Edward kalt.
››Nein, nicht deswegen. Ich dachte, wir könnten zusammen Mittagessen und… reden?‹‹ flehte ich beinahe.
››Ich wüsste nicht, was es noch zu sagen gibt. Du hast deine Position gestern sehr klar zum Ausdruck gebracht‹‹, wies er mich ab.
››Das tut mir total Leid‹‹, sagte ich. ››Ich hatte einen Aussetzer, das war nicht so gemeint, bitte komm mit zu mir, dass ich dir das erklären kann. Nicht hier auf dem Schulgelände. Ich verspreche dir auch, dass ich nicht mehr so sein werde. Bitte!‹‹

Zum ersten Mal an diesem Tag schaute er mir in die Augen. Es dauerte eine Weile, bis er schließlich nickte, dann in seinen Wagen stieg und den Motor startete.
Ich ging schnell zu meinem Wagen und machte mich auf den Weg nach Hause, immer Edward in meinem Windschatten.
Er half mir dabei, die Einkäufe ins Haus zu bringen und setzte sich schließlich mir gegenüber an den Küchentisch und blickte mich fragend an.

››Um… ich dachte, wir könnten zusammen kochen?‹‹ fragte ich.
››Isabella…‹‹ sagte er nur Kopf schüttelnd.
››Okay, okay, ich weiß, ich schulde dir eine Erklärung. Puh!‹‹ Ich seufzte. Und dann platzte es aus mir heraus. ››Weißt du, als das Projekt angefangen hat, da ging es mir wirklich so, dass ich es nur so schnell wie möglich hinter mich bringen wollte. Ich habe dir ja schon gesagt, was ich damals von dir gedacht habe und dazu kam dann noch die Sache mit Alice vor ein paar Jahren, ich hatte mir geschworen, nie wieder freundschaftliche Bande mit einem der Cullens einzugehen. Und dann warst du so vollkommen anders, als ich erwartet habe und du hast es mir schwer gemacht mich an mein eigenes Versprechen zu halten, es haben sich Gefühle entwickelt und… ich bin davor zurück gezuckt, ich wollte doch nicht, dass das passiert. So kam es zu meiner abweisenden Reaktion. Aber ich habe nachgedacht und ich will nicht auf schlechtem Fuß mit dir stehen, wirklich nicht. Es ist anders gelaufen, als ich geplant hatte, aber es ist nichts Schlechtes daran. Es tut mir wirklich Leid, dass ich das nicht gleich verstanden habe… Tja, das ist sie eigentlich, die Kurzfassung meiner Erklärung. Was sagst du?‹‹

Nichts. Er sagte nichts. Keinen Ton. Er schaute mir einfach nur mit einer Intensität in die Augen, das mir schwindelig wurde und ich mich an der Tischkante festklammern musste.

››Okay‹‹, meinte er langsam. ››Ich glaube, ich habe dich verstanden. Aber um auf Nummer sicher zu gehen, du hast jetzt nichts mehr dagegen, dass wir sozusagen freundschaftliche Bande knüpfen?‹‹
››Wenn du nichts dagegen hast, dann habe ich auch nichts dagegen‹‹, antwortete ich.
››Ich habe nichts dagegen‹‹, sagte er lächelnd.
››Okay‹‹, ich streckte ihm meine Hand entgegen. ››Freunde?‹‹
Er schüttelte sie. ››Freunde. Uh… wie war das mit Kochen?‹‹
Ich lachte. ››Ich habe heute Morgen eingekauft, was hältst du von Pasta?‹‹
››Italienisch?‹‹ fragte er grinsend nach.
››Ja… Ich fand das irgendwie passend. Hast du was dagegen?‹‹
››Absolut nicht‹‹, sagte er.

Eine halbe Stunde später, nachdem er gerade die Nudeln abgegossen hatte, stellte Edward sich neben mich an den Herd und schaute mir über die Schulter. Er zeigte mit einem Finger in den Topf, in dem ich gerade rührte. ››Irgendwie, wenn ich ehrlich bin, sieht das ziemlich unappetitlich aus.‹‹
Ich lachte. ››Ich weiß, aber es schmeckt trotzdem. Willst du probieren?‹‹

Ich holte den Kochlöffel aus dem Topf und hielt ihm die grüne Pampe vor sein Gesicht. Er sah mich misstrauisch an, schien meinen Kochkünsten aber schließlich doch zu vertrauen und öffnete den Mund. Ich schob den Löffel ein Stück weit rein und er legte vorsichtig die Lippen darum und zog seinen Kopf wieder zurück. Skeptisch schaute ich ihn an, während er die Pasta abschmeckte.

››Und?‹‹ fragte ich schließlich nach.
Er legte den Kopf schief, machte ein überlegendes Gesicht und grinste schließlich. ››Jetzt hab ich noch mehr Hunger!‹‹
››Also hat es den Test bestanden?‹‹
››Ja, es schmeckt so gut, wie es schlimm aussieht.‹‹
››Und wie schlimm sieht es aus?‹‹
››Absolut ekelerregend.‹‹
››Dann muss es aber besser schmecken, als gut‹‹, machte ich aus.
››Tut es auch.‹‹
››Definiere das Gegenteil von ekelerregend‹‹, forderte ich.
››Unglaublich und grandios lecker, Fünf-Sterne verdächtig… oh, warte, ich hab’s! Yummy!‹‹
Ich konnte nicht anders, als lachen. ››Yummy dann. Das ist gut.‹‹
››Sehr gut, sogar.‹‹

Immer noch kichernd stellte ich den Herd ab und machte mich daran, den Tisch zu decken. Für zwei Personen. Und nebendran ein Stuhl für das Baby.

››Darf ich dich was fragen?‹‹ wollte Edward wissen. Er stocherte in seinem fast leeren Teller.
››Nur zu‹‹, forderte ich ihn auf.
››Was sind das für Nudeln?‹‹ sinnierte er und hob eine in die Luft. Er wusste die Antwort bereits.
Ich schmunzelte. ››Das sind Tagliolini.‹‹
››Dann müssten wir jetzt eigentlich… warte‹‹ er nahm die Nudel von seiner Gabel und hob sie in die Luft, ››jeder ein Ende in den Mund nehmen, richtig?‹‹
Mein Herzschlag setzte aus. ››Richtig‹‹, hauchte ich.
››Dann los!‹‹

Er fischte mit seinem Mund tatsächlich nach einem Ende und hob mir das andere hin. Die Nudel schien noch Originallänge zu haben. Ein bisschen nervös nahm ich ihm das Ende ab und steckte es in meinen Mund. Edward kam bereits näher. Er grinste mich an. Ermutigt begann ich nun auch die Nudel in meinen Mund zu saugen, während mein Körper langsam nach links in Edwards Richtung fiel.
Noch zwanzig Zenitmeter bis sich unsere Lippen trafen.
Noch zehn Zentimeter.
Fünf.
Mein Herzschlag setzte noch einmal aus, ich konnte schon jede einzelne Pore von ihm sehen.
Drei.
Sein Gesicht neigte sich leicht und er schloss seine Augen.
Zwei.
Ich tat es ihm nach.
Eins.
Elizabeth.

Ich zuckte zurück, die Nudel riss und Edward schaute verdutzt in die Richtung des Babys.
Ich fluchte innerlich, was hatte das kleine Ding denn dagegen, wenn sich Mommys und Daddys Lippen berühren könnten?
Ich stand auf, griff nach einem Fläschchen und ging zu ihr hin. Das Fläschchen stellte ich auf den Tisch, während ich sie langsam heraushob und auf meinen Schoß legte. Dann nahm ich das Fläschchen wieder und setzte es an die Lippen an. Sofort war sie ruhig.

››Ich glaube, ich bekomme den Dreh langsam heraus, wann sie was will‹‹, sagte ich, um die Stille zu überbrücken.
››Ja… uh… ich auch. Das ist mir letzte Nacht aufgefallen. Ich mache rein intuitiv das eine oder andere und denke erst danach darüber nach, warum ich das jetzt gemacht habe und nicht das andere.‹‹
››Das gibt mir ein bisschen das Gefühl tatsächlich Mutter zu sein.‹‹
Edward gluckste. ››Wo kam das denn jetzt her?‹‹
Ich schaute ihn an. ››Na, du weißt schon. Ich habe nichts an meinen Prioritäten geändert, ich mein nur… ich komme mir mit der Puppe nicht mehr ganz so verlassen vor.‹‹
››Ich weiß, was du meinst‹‹, sagte er zärtlich.
››Ich möchte jetzt noch keine Mutter werden, aber wenn es doch passieren würde, fände ich es nicht mehr ganz so schlimm… denke ich. Es hat irgendwie etwas so ein kleines Ding ganz für sich zu haben, für es zu sorgen, ich meine, es ist ja komplett abhängig von dir…‹‹
Edward stützte seinen Arm auf den Tisch und legte seinen Kopf in die Hand. ››Weißt du, ich denke, du solltest dir die Sache mit dem Kinderheim wirklich überlegen… Vielleicht bekommst du dann auch einmal ein Baby unter deine Obhut?‹‹
Ich lächelte. ››Ich werde darüber nachdenken. Aber es gibt dort auch Kinder, die besonders schwere Fälle sind.‹‹
››Nicht nur. Wir hatten mit Alice ziemlich Glück.‹‹
››Stimmt. Es ist manchmal sehr schwer nicht zu vergessen, dass sie nur deine Adoptivschwester ist. Sie passt so perfekt in eure Familie.‹‹
››Ich liebe sie, als wäre sie meine leibliche Schwester.‹‹
››Ich weiß‹‹, sagte ich sanft.

Ich fütterte Elizabeth, bis sie eingeschlafen war. Das passierte sehr oft, auf einmal waren die Augen zu und die Flasche behielt ihre Fülle.
Ich brachte sie vorsichtig nach oben und stellte das Babyfon dazu. Wir hatten von der Schule kein Kinderbett bekommen, aber da sie kein echtes Baby war, war es auch kein Problem, sie in mein Bett zu legen.
Edward wartete in der Küche, bis ich wieder zurückkam.

››Und jetzt?‹‹ fragte er mich mit schelmischem Grinsen.
››Bist du satt?‹‹
››So groß die Verlockung auch ist, alles leer zu essen, ich kann nicht mehr.‹‹
››Ich auch nicht.‹‹ Es hat ihm geschmeckt, frohlockte ich innerlich. ››Willst du ein Stück Kuchen zum Nachtisch? Ich hab gestern gebacken.‹‹
››Wow, wenn du mal nicht die perfekte Hausfrau bist… Was für Kuchen?‹‹
››Gewürzkuchen, ist mein Lieblings.‹‹
››Ist der mit Schokolade?‹‹
Ich grinste. ››Ja. Willst du Sahne dazu? Er ist etwas trocken.‹‹
››Nein, danke. Ich nehm ihn so.‹‹

Ich stellte den Topf und den Seier mit den Nudeln auf die Anrichte der Küche und holte den Kuchen aus der Dose im Vorratsraum.

Edward musterte mich skeptisch. ››Eigentlich habe ich wirklich keinen Hunger mehr.‹‹
››Probieren‹‹, sagte ich und präsentierte ihm ein Stück des Kuchens auf einem kleinen Teller.
Er roch daran. ››Gerne.‹‹ Er brach ein Stück ab und steckte es sich in den Mund. ››Lecker‹‹, sagte er gleich darauf mit vollem Mund.

Ich schaute ihm beim Essen zu, bei mir wollte beim besten Willen nichts mehr rein. Aber das schien ihn nicht groß zu stören.
Schließlich war er fertig und lehnte sich im Stuhl zurück.

››Es ist offiziell, ich liebe dich. Darf ich von jetzt an immer bei dir Essen?‹‹ fragte er schalkhaft.

Ich nahm ihm den Teller ab und drehte mich zur Spüle um, damit er die Röte nicht sehen konnte, die mir unweigerlich in meine Wangen geschossen war. Um eine Ausrede zu haben, warum ich mich nicht wieder zurück drehte, holte ich ein Jenaglas aus einem Küchenschrank und versenkte die Nudeln mit der restlichen Pasta darin, anschließend stellte ich das ganze in den Kühlschrank und war wieder gezwungen mit Edward zuzudrehen.
Er musterte mich.

››Und?‹‹ hakte er nach.
Ich musste kurz nachdenken, was für eine Frage er gestellt hatte. ››Um… sicher… wenn Esme nichts dagegen hat.‹‹
››Ach, die bring ich einfach mit‹‹, lachte er. ››Also, was machen wir jetzt mit dem angefangenen Nachmittag?‹‹
››Ich weiß nicht, haben wir etwas auf dem Plan?‹‹
››Nein, ab sofort nichts mehr. Mr. Banner hat uns wohl zugetraut, dass wir ab dem Punkt des Projekts selbst auf Ideen kommen würden.‹‹
››Oh je… Da wir gerade nichts mit Elizabeth machen können… schauen wir einfach einen Film?‹‹ fragte ich.
››Okay, können wir. Was hast du da?‹‹

Ich stand auf und Edward folgte mit ins Wohnzimmer.


Shopping Saturday (Alice)


Edward und ich hatten ausgemacht, zusammen einkaufen zu gehen. Er klingelte pünktlich an der Tür.

››Guten Morgen‹‹, sagte ich fröhlich, als ich die Tür öffnete.
››Morgen‹‹, sagte er ebenfalls, wirkte aber etwas unsicher.
››Was ist los?‹‹ fragte ich irritiert nach und zog die Haustür hinter mir ins Schloss.
››Alice hat sich eingeladen, als sie erfahren hat, was wir vorhaben. Und Alice geht nirgends ohne Jasper hin. Sie sitzen im Wagen‹‹, sagte er schnell, ohne mich anzuschauen.
››Oh‹‹, machte ich. ››Okay.‹‹
››Okay?‹‹ fragte Edward nach.
››Sicher, okay. Aber… sie haben nicht vor sich die ganze Zeit an uns dran zu hängen, oder?‹‹
››Nein‹‹, er lachte. ››Alice will sicher nicht in dieselben Geschäfte, wie wir.‹‹

Wir kamen am Wagen an und Edward hielt mir die Beifahrertür auf. Ich stieg ein.

››Hallo, Alice, Jasper.‹‹
››Hi Bella‹‹, sagten sie im Einklang.
››Alice will nicht in dieselben Geschäfte wie ihr‹‹, führte Alice unser Gespräch weiter. ››Aber wir können uns doch alle zum Mittagessen treffen, oder?‹‹

Ich spürte alle Blicke auf mir.

››Klar, wenn es dir nichts ausmacht, mit einer Kleinfamilie gesehen zu werden‹‹, sagte ich mit Blick auf Elizabeth in meinen Armen.
››Kein Problem für mich‹‹, sie zuckte mit den Schultern.

Wir gingen in getrennte Richtungen, sobald Edward geparkt hatte. Alice wollte mit Jasper lieber von einem Laden in den nächsten, während Edward und ich geplant hatten, dass wir einfach etwas durch die Straßen liefen, hier und da jemanden ansprachen, der uns einen blöden Blick zuwarf.

Bis zur Mittagszeit waren wir so um einige Meinungen und Randnotizen, besonders wie wir uns dabei fühlten, reicher und gingen zu dem Schnellrestaurant, in dem wir uns mit Alice und Jasper verabredet hatten.

Ich war froh, wie gut die Freundschaftssache mit Edward lief. Heute verstanden wir uns ebenso prächtig, wie gestern. Nachdem wir zusammen einen Film geschaut hatten – nichts Besonderes, obwohl ich nichts gegen einen schönen Liebesfilm gehabt hätte – hatten wir uns noch darüber unterhalten, bis Elizabeth geschrieen hatte. Danach wurde es langsam Zeit, dass ich damit begann das Abendessen vorzubereiten, wobei Edward mir zusah, Elizabeth immer in seinen Armen. Sie sahen so süß zusammen aus! Edward war zum Abendessen geblieben und hatte sich erst später am Abend verabschiedet.
Das einzige Problem, das jetzt ab und zu auftauchte, war meine Unsicherheit – sehr schwache Beine – wenn er mir direkt in die Augen blickte, oder mich ausversehen berührte. Es war jedes Mal wie ein Stromschlag, der durch meinen Körper zuckte, seltsamerweise war er aber alles andere als unangenehm. Selbst die Hitze, die auf der berührten Stelle brannte, war mir willkommen. Sie verbreitete ein fröhliches Kribbeln in meinem gesamten Körper.
Mir schien, als würde das mit jedem Mal schlimmer werden, als dass ich mich daran gewöhnte und es sich als normal und nichtig einstellte.

Wir setzten uns an einen Tisch und warteten auf die anderen beiden, denn wir wollten mit dem Essen nicht ohne sie anfangen.

››Hey, ihr seid schon da, tut uns Leid, wir sind aufgehalten worden; Edward, Jasper hat sich schon angestellt und wartet auf dich‹‹, mit diesen Worten ließ sich eine strahlende Alice mir gegenüber an den Tisch fallen.
››Eh.. klar…‹‹ sagte Edward etwas verwirrt. ››Isabella, was willst du?‹‹
››Egal, bring einfach was mit.‹‹

Edward nickte und verschwand. Alice schaute mich mit fragendem Blick an.

››Er nennt dich Isabella?‹‹ sie rümpfte die Nase. ››Warum?‹‹
››Ich weiß es nicht. Er nennt mich schon immer so und ich habe es ihm nie ausgeredet.‹‹
››Aber warum denn nicht? Ich dachte, ihr seid Freunde?‹‹
››Keine Ahnung… Weißt du von unserer Abmachung gestern?‹‹ Sie hatte so geklungen, als würde sie es wissen.
››Ja, Edward und ich haben keine Geheimnisse voreinander – na gut, fast keine, aber jeder braucht seine kleinen Geheimnisse, nicht?‹‹ Doch anstatt wegen ihrer Aussage zu grinsen, wie ich erwartet hatte, schaute sie mich ernst an. ››Bella, denkst du wirklich, dass ich Rosalie damals besser fand und sie einfach so gegen dich eingetauscht habe?‹‹
››Das hat er dir auch erzählt?‹‹ fragte ich gedemütigt.
››Wie gesagt, kaum Geheimnisse. Ich wollte dich darauf ansprechen, ich konnte es ihm einfach nicht glauben. Es stimmt?‹‹ fragte sie noch einmal nach.

››Was denkst du, wie lange sie brauchen werden, um das Essen zu bekommen? Ich habe wirklich Hunger!‹‹ wechselte ich das Thema.
››Die Schlange war sehr lang‹‹, teilte mir Alice mit.
››Mit anderen Worten, sie werden nicht eher kommen, bis du Jasper das Zeichen gegeben hast, dass wir uns fertig unterhalten haben; Stimmt’s oder hab ich Recht?‹‹
››Beides‹‹, grinste sie überlegen.
Ich seufzte.

››Bella, ich wollte dich damals absolut nicht damit verletzen, als ich so viel Zeit mit Rosalie verbracht habe, du warst doch meine beste Freundin! Ich habe mich mit Rosalie immer gut verstanden und war froh, dass sie dann bei uns wohnte… und nachdem ich Jasper dann wieder und auch öfter gesehen habe… Du weißt, dass ich ihn schon immer toll fand. Und ich habe mit Rosalie darüber gesprochen, wir haben uns ab und zu mit ihm getroffen, ich wollte ihn noch besser kennen lernen. Mir war nie bewusst, dass du dich damals ausgeschlossen fühltest, ich gebe zu, dass das ganze nicht gut durchdacht von mir war… Aber dann hast du dich von mir entfernt und du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr du mich damit verletzt hast. Mir tut das alles wirklich furchtbar Leid! Rosalie hat und hätte dich nie ersetzen können. Sie ist zwar meine beste Freundin, aber sie ist so komplett anders, als du, ich habe dich immer so vermisst! Und als Edward mir erzählte, wie die ganze Sache damals für dich aussah, musste ich einfach eine Chance finden mit dir zu sprechen… Glaubst du mir?‹‹

Ich schwieg eine lange Zeit und ließ mir ihre Worte durch den Kopf gehen. Aber ich konnte einfach nicht daran zweifeln. ››Ja. Ja, ich glaube dir.‹‹ Ich legte meine Hände vor mein Gesicht. ››Verdammt, jetzt komme ich mir wirklich blöd vor!‹‹ Angela hatte teilweise Recht gehabt – auf jeden Fall damit, dass ich etwas falsch verstanden hatte und überreagiert hatte.
Der Stuhl neben meinem wackelte und gleich darauf schlangen sich zwei dünne Ärmchen um mich. Ich wusste, dass es Alice war. ››Wir haben uns beide ziemlich dumm verhalten… und das nach einer Freundschaft, die unser halbes Leben lang ging.‹‹
››Ja‹‹, ich lachte schwach. ››Ich dachte wirklich, du hättest genug von mir und in Rosalie einfach eine viel bessere und passendere Freundin gefunden. Und seien wir mal ehrlich, so unlogisch waren die Gedanken gar nicht.‹‹
››Dummerchen, sie sind sogar richtig blöd! Du bist die beste Freundin, die ich jemals hatte! Und jeder, der uns damals gesehen hat, meinte, dass wir perfekt zusammen passen. Edward konnte es gar nicht verstehen, dass du nicht mehr gekommen. Ich sag dir, es hat ein halbes Jahr gedauert, bis er kapiert hat, dass er nicht aus mir herausbekommen kann, was passiert ist, dass ich nicht darüber reden wollte; und er wusste, wie traurig ich darüber war.‹‹

Ich erinnerte mich an Edwards Reaktion, als ich ihn darauf angesprochen hatte. Das musste ihn damals sehr belastet haben, dass Alice nicht mit ihm reden wollte, obwohl er wusste, dass es ihr schlecht geht.

››Es tut mir so Leid!‹‹ flüsterte ich und schlang meine Arme ebenfalls um sie.
››Mir auch‹‹, sagte sie und drückte mich gleich ein bisschen fester.
››Shit‹‹, sagte ich leise.
››Und was machen wir jetzt?‹‹ fragte sie.
››Keine Ahnung!‹‹
››Warum kommst du Morgen nicht einfach zu uns? Edward ist mit Elizabeth dran, richtig? Und du müsstest sie sowieso abholen. Und während er noch bis Mittag dran ist, sich um sie zu kümmern, reden wir, ja?‹‹
››Hmhm‹‹, machte ich. Das gefiel mir.
››Gott, ich hab dich so vermisst‹‹, schniefte Alice.
››Ich dich auch‹‹, ich bemerkte, dass ich ebenfalls kurz vor dem Weinen war und war froh, dass Alice mich so fest umarmt hielt und niemand mein Gesicht sah.

››Uh… Hunger?‹‹ hörte ich Jaspers Stimme.

Alice und ich kicherten gleichzeitig los, wischten uns noch einmal ineinander versteckt die Tränen aus den Augen und schauten dann auf.

››Ja‹‹, grinsten wir.
››Oh je, jetzt geht das wieder los‹‹, sagte Edward gespielt genervt und verdrehte die Augen.
››Was genau meinst du?‹‹ fragte Jasper unsicher.
››Die beiden zusammen, ich sage dir, das war grausam!‹‹
››Stimmt doch gar nicht!‹‹ riefen wir zusammen, schauten uns an und lachten. Genau so war es früher auch schon immer gewesen.
››Was sage ich?‹‹ fragte Edward in Jaspers Richtung.
››Jungs, ich habe eine fantastische Idee!‹‹ meinte Alice. ››Was haltet ihr davon, wenn ihr Babywache schiebt und Bella und ich ziehen alleine los?‹‹
››Sag bloß ja, mein Lieber‹‹, drohte Edward Jasper.
››Um, sicher…‹‹ nickte dieser verschüchtert. ››Aber warum müssen wir dann das Ding nehmen?‹‹
››Hey!‹‹ dieses mal redeten Edward und ich gemeinsam.
››Glaub mir, es würde bei den beiden nur verschleißen, das können wir Elizabeth nicht antun‹‹, erklärte Edward.
››Tz‹‹, machten Alice und ich.

Alice und ich zogen schon los, bevor Edward und Jasper mit essen fertig waren, wir konnten es nicht abwarten Zeit für uns zu haben. Ich fühlte mich seltsam befreit und glücklich, als ich bei Alice eingehackt durch die Straßen lief und hier und da einen kurzen (oder auch längeren) Blick in einen Laden warf. Schließlich landeten wir in einem Straßencafe bei großen Eisbechern.

››Und du willst was von meinem Bruder?‹‹ fragte Alice aus heiterem Himmel.
Ich verschluckte mich. ››Was?‹‹ hustete ich.
››Also ja… Habe ich mir schon gedacht.‹‹
››Halt mal, ich habe nie gesagt, dass ich-‹‹
››Bella, ernsthaft, ich habe Augen im Kopf und bin durchaus in der Lage zu sehen – und das schon seit Jahren!‹‹
››Was meinst du mit ›seit Jahren‹?‹‹
››Ich will damit sagen, dass du Edward schon damals mit diesen großen Glubschaugen hinterher gesehen hast, genauso, wie du es jetzt auch machst.‹‹
››Ich habe gar nicht…große Glubschaugen! Von wegen!‹‹
››Du hast Recht, jetzt sind sie um einiges größer.‹‹
Ich seufzte. ››Okay, ich möchte nicht abstreiten, dass ich jetzt ein gewisses Interesse an Edward habe, aber… doch nicht damals!‹‹ Ich schüttelte den Kopf. Da fiel mir was ein, ››Und wehe dir, du erzählst ihm, was ich eben gesagt habe.‹‹
››Was wäre denn so schlimm daran?‹‹ fragte sie unschuldig.
››Was… so… schlimm…? Er… Er…‹‹
››Er?‹‹ hakte Alice grinsend nach.
››Er weiß nichts davon und es geht ihn nichts an und ich will nicht, dass er es weiß und-‹‹
››Das war ein ›und‹ zu viel‹‹, lachte Alice. ››Hör zu, Edward hat größeres Interesse an dir, als du denkst. Er ist nur… ein bisschen schüchtern, wenn es um dich geht.‹‹
››Schüchtern? Edward Cullen?‹‹ spottete ich.
››Ja, stell dir vor, auch Edward kann ein kleiner, verliebter Schuljunge sein.‹‹

Ich musterte sie skeptisch. Woraus sollte das hinauslaufen? Und was meinte sie mit ›kleiner, verliebter Schuljunge‹? Das waren Widersprüche in sich. Edward war weder klein, noch war er ein typischer Schuljunge und das Wort verliebt passte keinesfalls zu dem Bild, das ich von ihm hatte, wenn es um Frauen ging – auch wenn er versucht hatte mich gegenteilig zu überzeugen.
Mein Herz setzte einen Schlag aus.
Ich spürte, wie sich ein Gefühl in mit breit machte, dass ich nicht fühlen wollte. Es war Hoffnung.

››Ich will nur sagen, dass viel mehr hinter seiner Macho Fassade steckt, die er in der Schule manchmal an den Tag legt‹‹, sagte sie plötzlich kurz.
››Das ist mir auch schon aufgefallen…‹‹ murmelte ich.

Alice bedachte mich mit einem wissenden Blick, den ich nicht deuten konnte.

››Jedenfalls… Du solltest ihn daran hindern, dich Isabella zu nennen. Wenn ich das noch einmal höre, bekomme ich Ohrenkrebs!‹‹
Ich lachte leicht. ››Okay.‹‹

Ich musterte sie. Ich konnte nicht glauben, dass wir durch so ein dummes Missverständnis auseinander geraten waren. Aber ich war froh, dass jetzt nichts mehr zwischen uns stand.


Short Cuts / Realization


Alice hatte mit Jasper einen Treffpunkt für den späteren Nachmittag ausgemacht, an dem wir wieder mit den Jungs zusammen treffen sollten. Es stellte sich als ein kleiner ›Rastplatz‹ unter Bäumen, etwas abseits der Einkaufsstraße, heraus.
Als wir dort ankamen, sahen wir einige junge Frauen, die wohl um eine der Bänke herumstanden, den Rücken uns zugewandt, verdeckten sie den Blick auf das wesentliche.

Alice neben mir stöhnte. ››Haben die nichts besseres zu tun, als sich von Frauen schöne Augen machen zu lassen?‹‹ fragte sie zu meiner Überraschung.

Sie sah meinen verwirrten Blick, verdrehte die Augen und zog mich hinter sich her.
Wir machten einen Bogen um den kleinen Pulk und tatsächlich saßen da Jasper und Edward auf der Bank, den Kinderwagen schaukelten sie zwischen sich.

Alice ging direkt auf die beiden zu und schwang sich mit einem ››Hallo Schatz‹‹ auf Jaspers Schoß. Der schaute zunächst etwas ertappt, bevor er Alice breit angrinste und ihr einen Kuss auf die Lippen drückte.

Ich beschloss mich an Alices Vorgaben zu halten und durchdachte ebenfalls eine überschwängliche Begrüßung – natürlich im Rahmen der Dinge. Ich stürmte auf den Kinderwagen zu, holte Elizabeth mit einem ››Hallo, mein Sonnenschein‹‹ heraus und setzte mich anschließend direkt neben Edward, um ihn mit einem fragenden Blick zu taxieren. ››War unsere Kleine auch schön brav?‹‹
Er grinste mich verschlagen an. ››Ein Musterkind‹‹, sagte er kurz.

Ich gab mich damit zufrieden und warf nun den umstehenden Frauen fragende Blicke zu. Sie schienen in ihrer Position etwas unsicher geworden zu sein und wandten sich nun alle langsam ab zum gehen.

***

››Ich habe heute etwas sehr wichtiges gelernt‹‹, sagte Edward, als er von seinem Nachmittag mit Elizabeth erzählte. ››Wenn du Vater bist, solltest du mit deinem wickelbedürftigen Baby niemals so lange außer Haus sein, dass es die Windeln voll macht. Habt ihr nicht mitbekommen, wie sie die halbe Straße zusammen geschrieen hat, weil die Windel voll war, ich sie aber nicht wechseln konnte, weil die meisten Kaufhäuser das nur in der Damentoilette zulassen? Es hat ewig gedauert, bis ich einen richtigen Wickelraum gefunden habe…‹‹

***

››Danke, dass du Alice mitgebracht hast.‹‹

Edward und ich standen vor meiner Haustür, Alice und Jasper warteten im Wagen.

››Ich freue mich, dass ihr euch vertragen habt, Alice war seither einfach nicht mehr die Selbe. Aber sie kommt zurück.‹‹
››Ich denke, es wird noch eine Weile dauern, bis es wieder so ist, wie früher, wenn es denn überhaupt wieder so werden kann. Aber ich bin froh, dass die Zeit hinter uns liegt, in der wir nicht miteinander gesprochen haben.‹‹
››Ihr geht es genauso, das kannst du mir glauben.‹‹ Er sah mir in die Augen. ››Wir sehen uns dann Morgen bei uns – und vergiss nicht Charlie zu sagen, dass er gerne zum Abendessen kommen kann.‹‹
Ich nickte. ››Werde ich machen. Ist gegen zehn Morgen früh okay?‹‹
››Zehn ist gut. Oder neun, dann könnten wir alle zusammen frühstücken?‹‹
››Dann komme ich um neun, okay.‹‹
››Ich könnte dich auch abholen?‹‹ schlug Edward etwas unsicher vor.
Ich wog den Gedanken ab. Das wollte ich eigentlich nicht, aber ich wusste, dass ich Edward damit verletzen würde, wenn ich es ihm absagte und das wollte ich noch weniger. ››Okay, gerne.‹‹
››Dann bis Morgen. Gute Nacht, Isabella.‹‹
Mir fielen Alices Worte wieder ein, wie Recht sie doch hatte. ››Bella. Bitte nenn mich Bella, ja?‹‹
››Sehr gerne. Bella. Gute Nacht.‹‹ Er beugte sich ein Stück zu mir herunter, bis seine Lippen auf meine Schläfe trafen.
Ich schloss meine Augen unter seiner Berührung. ››Gute Nacht‹‹, hauchte ich ihm hinterher.

Edward lächelte mich noch einmal an, dann drehte er sich um und ging zu seinem Wagen zurück.
Ich schloss meine Haustür auf und stolperte nach drinnen, mein Fokus auf meiner brennenden Schläfe, die eben von ihm geküsst worden war.

***

An: Angela
Von: Bella
Angela!
Ich will mich bei dir bedanken,
dafür, dass du mir den Kopf
gewaschen hast. Alice und ich
haben uns heute vertragen.
Es ist nicht so wie früher, aber
vielleicht wird es wieder…
Danke, Bella

Von: Angela
An: Bella
Guten Abend, Bella.
Das freut mich so sehr für euch
beide, was ist mit Edward?
Wir sehen uns Montag,
Gute Nacht, Angela.

An: Angela
Von: Bella
Wir sind Freunde und verstehen
uns super… wer weiß?
Ja, bis Montag, gute Nacht.

***
***

Ich stand mit Edward vor meiner Haustür, wir kamen gerade von unserem gemeinsamen Shopping Trip zurück. Niemand hatte uns gestört, nur wir beiden waren unterwegs gewesen und hatten jede Menge Spaß zusammen gehabt.
Wir waren Freunde.

››Es war ein sehr schöner Tag‹‹, sagte ich leise, nicht in der Stimmung für laute Worte.
››Mir hat es auch sehr gefallen‹‹, hauchte er mir entgegen. ››Wir sollten das auf jeden Fall wiederholen.‹‹
››Sehr gerne.‹‹
››Ich sollte jetzt gehen, Isabella.‹‹
››Bella, bitte. Meine Freunde nennen mich Bella.‹‹
››Bella‹‹, flüsterte er mit einem Ausdruck im Gesicht, als hätte er nie einen schöneren Namen gehört.
››Willst du wirklich schon gehen? Du könntest auch noch mit hereinkommen. Auf einen… Kaffee… oder so.‹‹
Er lächelte sanft. ››Einen Kaffee nicht unbedingt… aber etwas anderes vielleicht?‹‹

Ich nickte und schloss anschließend die Tür auf, öffnete sie ein Stück weit und drehte mich dann zu Edward um, um ihm den Vortritt zu lassen. Er musste sich an mir vorbeiquetschen, wenn er ins Haus wollte, das war mir bewusst, aber trotzdem machte ich keinen Schritt zur Seite. Und Edward trat ohne Kommentar heran.
Ich spürte seinen Bauch an meinem, wir bewegten uns beide weder vor noch zurück und auch nicht seitwärts. Die Tür in meinem Rücken schaffte es irgendwie ins Schloss zufallen, im nächsten Moment – ich wusste nicht, wie es geschah – war ich gegen sie gedrückt und Edward stand noch dichter vor mir. Wir schauten uns tief in die Augen, seine kamen den meinen immer näher. ››Bella‹‹, hauchte er, kurz bevor sich unsere Lip-

Ich schreckte hoch und brauchte einen Moment um festzustellen, dass ich in meinem Schlafzimmer war und auf meinem Bett saß. Meine Wangen fühlten sich unnatürlich heiß an, die Bilder meines Traumes hatte ich ganz genau vor Augen. Selbst jetzt, zurück in der Realität, wünschte ich mich sofort wieder hinein. Ich spürte dasselbe Verlangen, wie eben, als mir mein Unterbewusstsein diese Geschichte erzählte.
Ich erinnerte mich schwach daran, dass ich die Tiefe dieser Augen schon einmal im Schlaf gesehen hatte, doch in welchem Zusammenhang war mir Unklar.

Für meine Person gab es keinen Zweifel daran, dass jeder Traum eine Bedeutung hatte. Meistens bezogen sie sich bei mir auf irgendwelche Geschehnisse des vorherigen Tages, die ich dann über Nacht verarbeitete, dass ich mich frisch in den nächsten Tag stürzen konnte.
In meinem Herzen gab es keine Zweifel an der Bedeutung des letzten Traumes. Jedenfalls nicht von meiner Seite aus. Aber wie war es von seiner?

Seufzend, da ich jetzt sicher nicht mehr schlafen konnte – und es ehrlich gesagt auch nicht wollte – schlüpfte ich unter meiner Bettdecke hervor und tapste ins Badezimmer. Mein Spiegelbild verriet, dass ich mir die Hitze in meinen Wangen nicht nur eingebildet hatte, sondern dass sie tatsächlich einen deutlichen Rotton trugen, der mir wieder aufs Neue bewusst machte, was ich da eben geträumt hatte und was sich mein ›Traum-Ich‹ aus dieser… Begegnung herhofft hatte.
Ich senkte den Blick, ließ meine Nachtkleidung von meinem Körper fallen und ging in die Dusche. Die Baduhr verriet mir, dass ich noch zwei Stunden hätte, bis Edward mich abholen käme. So hätte ich also noch genug Zeit um mich etwas zu entspannen und meine Gedanken zu ordnen. In diesem Moment – selbst wenn ich angezogen wäre und nicht unter der Dusche stehen würde – war ich mir nicht sicher, ob ich ihn wegen der Gedanken und Träume unter die Augen treten könnte.

Den einzigen Gedanken, den ich eine Stunde später noch hatte, war der Zweifel, dass alles nur einseitig war.


Easy like Sunday Morning (?)
http://de.youtube.com/watch?v=Z8ZeBog2yFM


Es klingelte um halb neun. Dadurch, dass ich so früh aufgestanden war, war ich schon fertig und hatte wartend im Wohnzimmer auf der Couch gelegen und das Sonntag morgendliche Zeichentrickprogramm angesehen.
Mein Vater schlief noch.

››Hey‹‹, sagte ich überrascht, als ich Edward und Elizabeth vor mir stehen sah – oder eigentlich stand vielmehr Edward und Elizabeth war in seinen Armen.
››Guten Morgen. Bella‹‹, fügte er mit weichem Lächeln hinzu, es schien ihm zu gefallen, mich bei meinem Spitznamen anzusprechen. Unweigerlich wurde ich an meinen Traum erinnert.
››Was machst du schon hier?‹‹ fragte ich. Ich ging einen Schritt zur Seite, dass er eintreten konnte.
››Ich war noch beim Bäcker und habe etwas Zeit mit eingerechnet, aber da war fast nichts los, also bin ich gleich dran gekommen und… hier bin ich.‹‹
››Eine halbe Stunde für den Bäcker?‹‹ fragte ich mit hochgezogener Augenbraue. ››Interessant.‹‹
Er sah verlegen auf den Boden. ››Na gut, vielleicht habe ich es auch einfach nicht mehr zu Hause ausgehalten. Aber ich habe wirklich damit gerechnet, dass ich beim Bäcker länger brauchen würde.‹‹
››Ist okay, ich bin auch schon fertig. Ich wollte nur noch einen Zettel an den Kühlschrank machen, dass mein Vater nicht vergisst, dass er zum Abendessen zu euch kommen wollte.‹‹
››Er will also kommen?‹‹
››Ja. Er mag deinen Vater, du weißt ja…‹‹
››Ich erinnere mich. Dann können wir also gehen? Ich habe nämlich, ehrlich gesagt, etwas Hunger.‹‹
››Ich auch‹‹, grinste ich.

Ich schrieb schnell den Zettel und heftete ihn dann mit einem Magneten an den Kühlschrank an. Mein Vater würde dort heute wahrscheinlich verboten oft hinpilgern, er würde den Zettel auf jeden Fall entdecken.

Während der Fahrt zu den Cullens hielt ich Elizabeths Wiege auf meinem Schoß. Ich betrachtete sie nachdenklich.

››Es ist seltsam, nicht?‹‹ fragte Edward plötzlich.
Ich wusste, was er meinte und nickte. ››Sehr seltsam. Wir haben sie noch nicht einmal eine ganze Woche und wir müssen sie in ungefähr einer halben schon wieder abgeben. Ich habe mich schon richtig daran gewöhnt, ein Elternteil zu sein.‹‹
››Ja, ich auch. So misstrauisch ich zunächst auch war, aber das Projekt hatte doch einige schöne Seiten… und Folgen.‹‹

Er lächelte mich in einer Weise an, dass mir gleichzeitig warm und kalt wurde.
Er sah es nicht mehr als schlimm an, dass wir dadurch dermaßen aneinander geschweißt wurden. Ob er es auf diese Art schön fand, wie ich, konnte ich nicht sagen, aber die Hoffnung war da. Vor allem nachdem, was Alice gestern gesagt hatte. Aber wie sollte ich es herausfinden?

Ich seufzte. ››Wie wird es nach dem Projekt weitergehen?‹‹
››Wie meinst du das?‹‹ wollte er wissen.
››Na, mit dir und mir…‹‹
››Wie… mit uns?‹‹
Mein Herz machte einen freudigen Hüpfer. Er hatte ›uns‹ gesagt! ››Naja, ich meine, wie wirst du dich verhalten, wenn die Schule wieder ganz normal weitergeht? Wirst du wieder in dein übliches Verhalten fallen und mich soweit vergessen, dass du nicht einmal mehr weißt, dass wir zusammen Englisch haben?‹‹
››Ich weiß, dass wir zusammen Englisch haben, ich wusste es schon, bevor du mich deswegen vor deinem Vater verbessert hast. Natürlich wusste ich das! Ich konnte zu dem Zeitpunkt nur einfach nicht zugeben, dass… Wie auch immer. Ich werde nach dem Projekt nicht in mein altes Verhalten zurückfallen, sondern eher so bleiben, wie ich jetzt bin.‹‹

Mich reizte es nachzuhaken, was er sagen wollte, als er sich selbst unterbrochen hatte. Aber ich hatte das Gefühl, dass er mir das jetzt nicht sagen würde und auch, dass das Auto nicht der richtige Ort sein könnte, um es auszusprechen. Stattdessen fragte ich nach dem zweiten Teil seiner Erklärung.

››Warum?‹‹
››Weil ich es nicht mehr nötig habe‹‹, antwortete er.
››Was hat sich verändert?‹‹ wollte ich wissen. Mein Herz klopfte aufgeregt gegen meine Rippen.
››Das‹‹, sagte er ernst, ››sage ich dir ein andermal.‹‹
Ich zog eine enttäuschte Schnute. ››Wann?‹‹ fragte ich nach. Wann würde sich das nächste Mal eine Situation ergeben, in der ich die Wahrheit von ihm erhoffen konnte?
››Vielleicht beim Frühstück – das war kein Versprechen!‹‹
››Hm… okay. Wird Alice nicht mit uns frühstücken?‹‹
››Ich denke nicht. Sie und Jasper schlafen immer bis in die Puppen.‹‹
››Oh, Jasper ist da?‹‹ fragte ich enttäuscht. ››Sie sagte zu mir, sie wollte sich den Morgen für mich freihalten.‹‹
Edward zuckte mit den Schultern. ››Vielleicht hat sie sich einen Wecker gestellt. Wie auch immer, den ersten Teil des Morgens gehörst du mir.‹‹

Ich schluckte. Natürlich wusste ich, dass das auf das gemeinsame Frühstück – und er hatte offensichtlich gemacht, dass er es nur für uns beide geplant hatte – bezog. Trotzdem verursachte seine Wortwahl, dass mir die bekannte Hitze ins Gesicht stieg, die ich schon am Morgen nach dem Aufwachen gespürt hatte. Wir würden also essen und er würde mir vielleicht etwas sagen, für dass das Auto nicht der richtige Ort war. Das versprach ein interessanter Morgen zu werden. Und hoffentlich ein guter.

Edward fuhr um das Haus herum und parkte direkt in einer der Garagen. In ihr stand noch ein weiterer Wagen, den ich nicht identifizieren konnte, aber teuer aussah.
Ich folgte Edward durch den Hintereingang ins Haus. Wir landeten in dem Gang, von dem aus man in das Esszimmer kam, doch zu meiner Überraschung gingen wir an dieser Tür vorbei direkt zu dem Treppenaufstieg, der zwei Stockwerke höher direkt in den kleinen Treppenhausraum mit dem Flügel führte.

Edward bemerkte meinen verwirrten Blick. ››Wir gehen in mein Zimmer‹‹, erklärte er.

Mein Herzschlag verschnellerte sich nach kurzem Stocken. Wir würden bei ihm im Zimmer frühstücken? In seinem eigenen Zimmer? Wo es keinen Esstisch gab? Alleine?
Ich fühlte mich, als würde ich gleich Frühstück im Bett bekommen. Was natürlich absurd war. Aber meine Gedanken spielten im Moment verrückt.

In Edwards Zimmer blieb mir für einen Moment die Luft weg.
Die große Couch war gegen die CD-Wand gerückt – im Hintergrund lief bereits leise Klaviermusik – und an der Stelle neben dem Glastisch war eine große, bequem aussehende Picknickdecke ausgebreitet. Auf ihr waren einige Sitzkissen zwischen einigen Platten und Behältern mit Leckereien. Auf dem Tisch waren einige Gläser und Becher, Kannen mit verschiedenen Getränken, warme und kalte.
Vereinzelt brannten auch Kerzen.

››Ich kann verstehen, dass du Hunger hast, wenn du wusstest, was auf uns zukommt‹‹, sagte ich leise.
Er lachte leicht. ››Setz dich‹‹, forderte er mich auf.

Ich beobachtete ihn, wie er die Tüte in seiner Hand öffnete und den Inhalt über einer leeren Schüssel ausschüttete. Sofort machte sich im Raum der Duft von frischen Brötchen breit. Genießerisch sog ich Luft ein.

››Was möchtest du trinken?‹‹ fragte er und machte eine Handbewegung zu dem Tisch.
Ich zögerte überlegend. ››Einen Tee… und von dem Orangensaft.‹‹
››Früchtetee?‹‹ fragte Edward nach, während er ein Glas schon mit dem Saft voll schüttete. ››Und in der anderen Kanne ist schwarzer Tee.‹‹
››Früchtetee ist gut. Danke.‹‹

Ich nahm ihm mein Glas ab und trank sofort einen Schluck. Der Saft war gekühlt, aber nicht zu kalt.
Nachdem ich auch noch den Tee bei mir hatte, schenkte sich Edward den anderen Tee ein und füllte mit Zucker und Milch auf.

››Milch?‹‹ fragte ich überrascht.
››Ja‹‹, lachte er. ››Das mache ich seit wir in England im Urlaub waren. Dort trinken alle ihren Tee mit Milch. Es schmeckt wirklich klasse. Willst du probieren?‹‹ Er hob mir seine Tasse hin.
››Gerne‹‹, sagte ich und nahm sie ihm ab. Ich trank einen kleinen Schluck und ließ ihn eine Weile auf der Zunge liegen. ››Hm… überraschend gut. Hätte ich nicht erwartet.‹‹
››Natürlich schmeckt es in der richtigen Umgebung, also in England, noch besser. Aber so geht es auch.‹‹
››Ich bin noch nie über die Grenzen der Staaten gekommen, aber du machst mich neugierig…‹‹

Ich griff nach einem der frischen Brötchen, nahm mir einen Teller und ein Messer und schnitt es auf. Anschließend stand ich vor dem nächsten Problem. Welcher Aufstrich? Natürlich Butter, aber welche Marmelade? Sollte ich was Neues probieren oder mich nach meinem traditionellen Honig richten? Ich konnte nicht… Die Versuchung der hellroten Marmelade war zu groß.

Während des ersten Brötchens schwiegen wir und warfen uns nur gelegentliche, kurze Blicke zu. Nach einer kurzen Pause ließ ich meinen Blick über die Decke schweifen, was ich noch probieren könnte und blieb schließlich an einer Schüssel mit weißgelblichen Inhalt hängen.

››Was ist das?‹‹ fragte ich.
››Joghurt‹‹, kam die prompte Antwort. Er beugte sich darüber und betrachtete ihn etwas genauer. ››Aprikose. Das muss bei mir sein, ich esse immer am Schluss meines Frühstücks einen Joghurt.‹‹
››Wirklich? Hm… ich bin neugierig.‹‹

Ich nahm mir eine der kleineren Schüsseln mit einem kleinen Löffel und schöpfte mit dem großen Löffel von dem Joghurt hinein.
Während ich den Joghurt langsam löffelte, warf ich Edward einen längeren, fragenden Blick zu. Er bemerkte ihn und zog die Augenbraue nach oben. Er erwiderte den Blick.

››Willst du es mir sagen?‹‹ fragte ich.
››Was?‹‹ Er schien im Moment wirklich nicht zu wissen, was ich meinte.
››Warum du dein normales Schulverhalten nicht mehr nötig hast?‹‹
››Oh‹‹, sagte er, den Blick jetzt gesenkt. ››Das.‹‹
››Ja. Ich meine, du musst es mir nicht sagen… Aber ich würde es gerne wissen.‹‹
Er seufzte und verlagerte sein Gewicht anschließend so, dass er sich gegen den Tisch lehnen konnte. ››Weißt du noch, was ich dir über die Beweggründe gesagt habe?‹‹
Ich nickte. ››Du hast gesagt, dass du so deine Seelenverwandte finden willst.‹‹ Hatte er sie etwa gefunden?, fragte ich mich schockiert.
››Richtig‹‹, nickte er. ››Nur habe ich jetzt festgestellt, dass ich an die Sache völlig falsch herangegangen bin.‹‹
››Tatsächlich?‹‹ fragte ich nach.
››Ja. Ich bin davon ausgegangen, dass sie sich für mich interessieren müsste, selbst wenn ich sie nicht erkenne.‹‹
››Ich erinnere mich.‹‹
››Ich habe schon sehr bald die Erfahrung gemacht, dass ich für sehr viele Frauen interessant bin und wurde oft angesprochen. Warum sollte sie, meine Seelenverwandte, dann nicht genauso reagieren, wie alle anderen auch?‹‹
››Warum nicht?‹‹ stimmte ich ihm geknickt zu. Er hatte sie gefunden… warum gerade jetzt?
››Aber ich habe meine Meinung diesbezüglich geändert.‹‹
››Warum? Wie ist das passiert?‹‹
››Du bist passiert‹‹, sagte er und mir blieb ein weiteres Mal die Luft weg. Ich? Er erklärte, ››Du hast mich gefragt, ob ich an die Sache nicht vielleicht zu egoistisch herangehe, wenn ich annehme, dass sie sofort auf mich springen würde – im übertragenen Sinne, natürlich! Du hattest vollkommen Recht damit, als du sagtest, man würde einfach so oft aufeinander treffen, bis man es kapiert. Irgendwann kann man dem Schicksal nicht mehr länger ausweichen. Und bei mir ist der Punkt gekommen, an dem ich sagen muss, ich habe das meine erkannt und werde von nun an alles tun, dass es seine Erfüllung findet.‹‹
››Du bist ihr also schon mehrmals in deinem Leben begegnet, aber hast nie erkannt, wer sie wirklich ist, habe ich das richtig verstanden? Und jetzt, bei eurem letzten Aufeinandertreffen war es dir auf einmal klar?‹‹
Er zog seine Augenbrauen zusammen und schien einen Moment darüber nachdenken zu müssen. ››Ja, ich denke, dass man es so sagen kann. Vielleicht habe ich es auch schon früher bemerkt, aber ich war mir nie des vollen Ausmaßes bewusst. Und dann kam etwas Unvorhergesehenes und es konnte sich nicht voll entwickeln.‹‹
››Und dadurch, dass du jetzt weißt, wer es ist, musst du dich nicht mehr verstellen, richtig?‹‹
››Richtig.‹‹
››Weißt du, wie sie darüber denkt?‹‹ Ich konnte es mir nicht verbieten, mir selbst Hoffnungen zu machen.
››Ich weiß es nicht‹‹, gab er zu.
››Keine Andeutungen?‹‹ hakte ich nach.
Er legte den Kopf von der einen auf die andere Seite. ››Vielleicht ja. Es könnte die eine oder andere gegeben haben. Aber was, wenn ich sie falsch verstanden habe?‹‹
Ich sah für mich nur noch diese eine Chance die Wahrheit zu bekommen, ohne direkt nach ihr zu fragen. ››Vielleicht solltest du einfach aufs Ganze gehen… Ich kann mir nicht vorstellen, dass du enttäuscht wirst.‹‹
Edward biss sich auf die Lippen, er schien verlegen. ››Bella… ich-‹‹

In dem Moment ging die Tür auf und Alice erschien mit verschlafenem Gesicht. ››Guten Morgen… Mom meinte, dass wir hier Frühstück bekommen würden. Jasper kommt auch gleich. Hey Bella.‹‹
››Hey Alice‹‹, begrüßte ich sie fröhlich.

Sie ließ sich neben Edward auf die Decke fallen und schenkte sich etwas aus der Kaffeekanne ein.

Ich blickte zu Edward, der nur kurz zu Alice geschaut hatte und mich jetzt wieder aufmerksam musterte. Ich lächelte ihn an. Jetzt hing alles von seiner Reaktion ab. Wenn er zurück lächelte, dann lag ich mit meiner Vermutung richtig und wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Wenn er allerdings einen sorgenvollen Blick bekam, der abweisend wirkte, dann hatte er Angst, dass ich es in den falschen Hals bekommen hatte und mit vergeblich Hoffnungen bei ihm machen würde. Und auch in dem Fall wüsste ich nicht, wie ich reagieren sollte.

››Habe ich bei irgendwas gestört?‹‹ fragte Alice da unsicher, als sie den Blick bemerkte, mit dem wir uns fixierten.

Ihr Bruder lächelte.
Edward lächelte!
Er lächelte mich an!

››Nein‹‹, hauchte ich. ››Wir haben alles geklärt.‹‹

Edward sah in mir seine Seelenverwandte.
Die Frage war jetzt nur, sah ich auch in ihm meinen Seelenverwandten?
So weit war ich in meinen Überlegungen nie gegangen. Ich war mir heute Nacht endgültig über meine Gefühle zu ihm klar geworden, aber reichte es soweit, dass ich sagen konnte, es war mehr als eine High School Verliebtheit? Konnte ich soweit gehen und behaupten, dass er meine Zukunft ist? Mein Alles?

Ich hatte mir immer geschworen, dass, sollte ich mich einmal verlieben, es nur der Eine wäre und ich würde mich erst auf ihn einlassen, wenn ich jeden Zweifel beseitigt hätte, dass ich die richtige Entscheidung traf. Aber konnte ich wirklich so viel Glück haben? Beim ersten Mal sofort auf den Richtigen treffen? Und Edward schien bisher auch nicht in das Bild zu passen, das ich mir gemacht hatte. Ohne Frage, er war perfekt, das musste ich mir eingestehen, nachdem er mir einen Blick hinter seine Fassade gestattet hatte. Und was konnte ich mehr wollen, als jemand der perfekt war?

In dem Zimmer war es still geworden. Die einzigen Geräusche, die man hörte, kamen vom Essen und der Hintergrundmusik.

Ich war während des Gesprächs mit Edward mit meinem Joghurt fertig geworden und überlegte nun, ob ich schon satt war, oder ob ich noch etwas probieren wollte. Frühstücksflocken wollte ich keine, das gab es auch sonst oft genug bei mir – neben dem Honig. Mich reizte es, mehr von dem Joghurt zu essen und vielleicht noch etwas von dem anderen Obst hinein zu schneiden, das hier in einer großen Schale lag. Oder ich könnte einfach so noch eine Banane essen.

Während ich mich noch entschied, betrat auch noch Jasper das Zimmer. Er trug einen Jogginganzug und hatte feuchte Haare. Er setzte sich an Alices freie Seite und ließ sich von ihm einen Kaffee reichen – er musste sie nicht einmal darum bitte. Die beiden waren wirklich süß zusammen, wenn man sie so beobachtete. Für mich war klar, dass die beiden im jeweils anderen ihren Seelenpartner gefunden hatten, sie harmonierten einfach perfekt zusammen. Was konnte man mehr wollen?
Wenn ich mir eine Zukunft mit Edward ausmalen dürfte, wäre es genauso? Könnten wir uns genauso gut verstehen, wie Alice und Jasper? Würden wir uns durch Blicke verstehen können, die andere einfach dazu brachte, ihren Blick abzuwenden?
Ich musste ein Seufzen unterdrücken. Ich machte mir gerade viel zu viele Gedanken um etwas, das nicht einmal im Ansatz besprochen worden war. Bis jetzt herrschte es eigentlich nur in meinem Kopf.

Ich griff schließlich doch nach eine Banane.


-||-


Wir zogen unser Frühstück bis zur Mittagszeit in die Länge. Dadurch, dass immer wieder kleine Pausen zwischen dem Essen entstanden, in denen wir redeten – mit Jaspers kommen hatte sich die Stimmung mehr und mehr wieder entspannt – hatte man Zeit zum nachdenken, bis der nächste Griff zum Essen schon fast von alleine kam.
Alice war irgendwann zwischen den beiden Jungs herausgerutscht und hatte sich neben mich gesetzt, wir waren schon bald in ein tiefes Gespräch verwickelt und ich vergas mehr und mehr die Gedanken, die ich mir wegen Edward gemacht hatte.
Zwischendurch machte Elizabeth mehrmals auf sich aufmerksam und Edward und ich wechselten uns damit ab, uns um sie zu kümmern, sie nur zu beruhigen, sie zu füttern, oder die Windeln zu wechseln.
Irgendwann verabschiedeten sich Jasper und Alice, sie waren noch mit Rosalie und Emmett verabredet und Edward und ich waren wieder alleine.

Eine Haushälterin kam mit einem großen Tablett und räumte die Dinge weg, die wir nicht mehr brauchten und in den Kühlschrank sollten.
Wir stellten alle anderen Dinge auf den Tisch, ich faltete die Decke zusammen und Edward schob das Sofa wieder an seinen ursprünglichen Platz. Wir setzten uns.

››Danke für das wundervolle Frühstück‹‹, sagte ich schließlich.
››Es war mir eine Freude‹‹, antwortete er grinsend.

Ich musterte ihn aufmerksam. Es war seltsam zu wissen, dass er mir vor nicht einmal zwei Stunden ein halbes Geständnis gemacht hatte. Ich wusste nicht, wie ich jetzt damit umgehen sollte, was ich denken und erwarten sollte und was auszuschließen war und…
Ich beugte mich nach vorne und beobachtete seine Reaktion.

››Darf ich dich etwas fragen?‹‹
Er legte seinen mir zugewandten Arm auf die Lehne und gab mir somit eine unausgesprochene Einladung mich an ihn zu kuscheln. ››Natürlich‹‹, antwortete er.
Ich legte meinen Kopf an seine Schulter, froh, dass ich ihn so nicht ansehen musste, wenn ich redete. ››Warum hast du am Dienstag beim Essen gesagt, dass du mich niemals anbaggern würdest und dass…‹‹ Ich konnte es nicht aussprechen.
››Dass ich finde, dass ich jemanden wie dich nicht verdient hätte?‹‹
Ich nickte stumm.
Er seufzte tief. ››Du bist nicht das Mädchen, das man anbaggert‹‹, war seine erste Erklärung. ››Und was das andere angeht… Du bist perfekt. Zu perfekt für mich. Schau mich an, ich mache eine Dummheit nach der anderen, gerade eben erst musste ich mir einen der größten Fehler in meinem Leben eingestehen. Du bist so vollkommen anders, als alle anderen und als ich… Ich hätte dich nicht verdient. Und doch bin ich jetzt egoistisch genug um dich für mich zu beanspruchen.‹‹
Ich kicherte über seine Worte aus dem letzten Satz. Es war schön zu hören. ››Und das wusstest du schon am Dienstag? Nachdem wir gerade einmal ein Tag zusammen verbracht hatten?‹‹
››Ich wusste es schon immer. Nur weil wir letzten Montag zusammen gewürfelt wurden, heißt das nicht, dass ich dich nicht schon vorher bemerkt hätte. Nur weil Mädchen sonst immer auf mich zugehen, heißt das nicht, dass ich nicht meine eigenen Augen benutzt hätte um nach ihnen zu schauen. Und es ist auch nicht so, als hätte ich dich erst letzte Woche kennen gelernt. Aber ich habe erst in den letzten Tagen, besonders am Donnerstag, realisiert, wie… wie… großartig du bist.‹‹
››Ich auch…‹‹ flüsterte ich.
››Darf ich dich auch etwas fragen?‹‹
››Sicher.‹‹
››Wäre es anders gelaufen, wenn ich mich nicht so aufgeführt hätte?‹‹
Ich musste bei dieser Frage lächeln. ››Grundsätzlich würde ich ›Ja‹ sagen. Aber es gibt eine Sache, die mich ›Nein‹ sagen lässt.‹‹
››Welche ist das?‹‹ wollte er wissen.
››Ich wollte nach der Sache mit Alice nichts mehr mit den Cullens zu tun haben, erinnerst du dich?‹‹
››Ja. Und ich bin wirklich sehr froh, dass du deine Meinung geändert hast… Warum hast du deine Meinung geändert? Ich meine, da war die Sache mit Alice noch nicht geklärt.‹‹
››Wegen dir. Ich habe meine Meinung wegen dir geändert, weil ich dich nicht mehr länger ignorieren konnte. Und vielleicht, weil ich mir die Hoffnung gemacht hatte, dass ich mit Alice reden könnte und wir alles aufklären könnten.‹‹
››Dann waren die Tagliolini Absicht?‹‹
››Pure Absicht‹‹, lachte ich.
››Es war eine der Andeutungen, die du vorhin meintest?‹‹
››Ja.‹‹
››Bella…‹‹ setzte er langsam an. ››Erinnerst du dich noch, was ich damals, am Freitag, gesagt habe-‹‹ Ich schreckte unter seinem Arm hervor, doch er redete unbeirrt weiter, ››-als du mir den Nachtisch angeboten hast?‹‹

Ich schloss die Augen und nickte. Doch bevor er erneut zum sprechen ansetzen konnte, legte ich ihm meine Hand über die Lippen. Seine Augen suchten fragend nach meinen.

››Nicht jetzt‹‹, erklärte ich. ››Nicht hier. Nicht heute.‹‹ Und obwohl ich mich nicht rechtfertigen wollte, redete ich weiter. ››Ich kann das noch nicht. Ich bin bei weitem nicht so perfekt, wie du denkst. Und im Moment fühlte ich mich einfach nur überrollt. Ich weiß nicht, ob ich damit gerechnet habe… Das soll keine Abfuhr sein, okay? Einfach nur die Bitte um etwas Zeit.‹‹

Er blickte mir eine lange Zeit in die Augen, bevor er schließlich nickte. Er bot mir wieder den Platz unter seinem Arm an, den ich bereitwillig annahm.

››Und Bella?‹‹
››Hm?‹‹
››Du bist sogar noch viel perfekter! Und ich dulde keinen Widerspruch.‹‹

Ich lachte einmal skeptisch auf, sagte aber nichts dazu.

››Warum Isabella?‹‹ fragte ich nach einer kurzen Pause. ››Warum hast du mich immer Isabella genannt?‹‹
››Weil das dein Name ist…‹‹ antwortete er belustigt.
››Nein, du weißt, was ich meine. Früher hat dir das nichts ausgemacht und auch jeder andere, der plötzlich mit mir zusammen gewürfelt wird, würde nicht daran denken, mich anders als Bella zu nennen. Warum hast du das nicht gemacht?‹‹
››Aus Höflichkeit. Vielleicht. Oder auch, weil ich wollte, dass du mir das Bella anbietest. So lange du nichts dagegen gesagt hast, wusste ich auch nicht, ob es dich stört, oder es dir lieber ist.‹‹
››Du solltest genau wissen, dass es mir lieber ist, wenn ich Bella genannt werde. Egal von wem.‹‹
››Ja. Das weiß ich wohl. Ich war sehr froh, als du gestern sagtest, dass ich dich lieber Bella nennen soll. Was dachtest du, warum ich Isabella sage?‹‹
Ich schüttelte den Kopf, soweit es ging. ››Nein, das ist peinlich und blöd. Das sage ich nicht.‹‹
››Bitte?‹‹
››Nein!‹‹
››Bitte, Bella, bitte!‹‹
Ich stöhnte. Das war gemein! ››Ich dachte, dass du mir damit klar machen willst, dass es zwischen uns niemals mehr als ein Projekt geben wird, von dem du zudem noch total angenervt bist‹‹, sagte ich schnell. ››Und in erster Linie war ich auch sehr froh darüber. Aber es wurde mehr und mehr zur Belastung für mich.‹‹
››Ich glaube, dass deine Vermutung gar nicht mal so falsch ist…‹‹ meinte Edward zögerlich. ››Im ersten Moment hatte ich tatsächlich Angst davor, dich zu Nahe an mich heran zu lassen.‹‹
››Aber nicht genug Angst um mich gegen Lauren eintauschen zu wollen‹‹, lachte ich, bei der Erinnerung an sein Gesicht, als das vorgeschlagen wurde.
››Keinesfalls. Aber du weißt ja, ich bin egoistisch und auch wenn ich es nicht wollte, war ich machtlos dagegen.‹‹
››Weil ich ja so perfekt bin.‹‹ Ich versuchte meine Aussage durch meine Stimme ins Lächerliche zu ziehen.
››Richtig‹‹, sagte Edward ernst. ››Du bist perfekt und ich bin froh, dass wir jetzt sind, wo wir sind.‹‹
››Edward, kann es sein, dass du eine völlig falsche Selbsteinschätzung hast?‹‹ fragte ich ihn.
››Egal, wie falsch oder richtig sie ist, sie kann nie an dich heranreichen‹‹, antwortete er.
Ich machte mich von Edwards Arm los und richtete mich auf, dass ich ihn ansehen konnte. ››Ich hoffe, dass ich dich irgendwann davon überzeugen kann, dass du völlig falsch liegst.‹‹
Seine Augen blitzten glücklich. ››Heißt das, dass meine Chancen gut stehen, dass du mich nicht allzu bald in die Wüste schickst?‹‹
››Vermutlich‹‹, gestand ich.
››Gut. Das ist alles, was ich brauche‹‹, meinte er und zog mich in seine Arme zurück.


Daddy’s Little Girl (We)


Wir kamen alle am Abend wieder zusammen.
Edward und ich mit Elizabeth, wir hatten den Nachmittag größtenteils mit einem Spaziergang verbracht.
Alice und Jasper, die Rosalie und Emmett mitbrachten. Übrigens stand ich Rosalie jetzt mit viel weniger vorbehalten gegenüber und fand sie letztendlich sogar ganz nett.
Carlisle und Esme, die ich auch am Tag nur einmal kurz gesehen hatte, als wir von unserem Spaziergang zurückkamen.
Und mein Vater, der es sogar schaffte, pünktlich zu sein.

››Hey Dad, wie war dein Tag?‹‹ fragte ich, als ich ihn an der Tür abfing.
››Trocken‹‹, antwortete er grinsend. ››Ich war nur einmal am Kühlschrank, nachdem ich deinen Zettel mittags daran gesehen habe.‹‹
Ich lachte. ››Das war der Plan. Immerhin kommst du jetzt mit dem nötigen Hunger.‹‹
››Der ist auf jeden Fall da.‹‹

Auch ich hatte Hunger. Nach dem großen Frühstück hatten wir nichts mehr zum Mittag zu essen gebraucht, aber nach dem langen Spaziergang und der frischen Luft, knurrte mein Bauch inzwischen.

Wir kamen alle im Salon zusammen, während wir darauf warteten, dass wir zum Essen gerufen wurden.
Edward und ich waren mit Elizabeth beschäftigt. Es war manchmal doch erstaunlich, wie viel Zuwendung solch ein Elektronikbaby brauchte.
Ab und zu schnappte ich ein Wort aus der Unterhaltung von Carlisle, Esme und Charlie auf, was mich darauf schließen ließ, dass sie darüber diskutierten, wie es war, in ihrem Alter schon Großeltern zu werden. Auch ohne dass ich viel davon mitbekam, war ich mir sicher, dass ich die Richtung kannte, in die sich die allgemeine Meinung entwickelte.
Aus diesem Gedanken heraus betrachtete ich auch die gegenseitige Sicht. Würden Edward und ich die drei jemals zu Großeltern machen?
Bis jetzt war es für mich unvorstellbar, immerhin klang auch die Zusammensetzung von Edward und Bella als ›Wir‹ noch fast wie ein Fremdwort in meinen Ohren. Gab es ein ›Wir‹? Mehr oder weniger, meiner Meinung nach. Wir wussten, dass bei uns Gefühle im Spiel waren, die weit über die Freundschaft hinausgingen – wir gingen auch keineswegs wie Freunde miteinander um – aber wir waren nicht zusammen.
Noch nicht, wie ich mir immer wieder sagte.
Ich war fast vollkommen überzeugt, dass es irgendwann ein ›Wir‹ geben würde und wenn es nach mir ging, könnte es dieses ›Wir‹ auch sehr lange geben. Ich wollte es. Mehr als alles andere. Nur noch nicht heute.

Ich wusste, dass die Blicke unserer Eltern mehr als einmal auf uns lagen. Ob sie wohl ein ›Wir‹ erwarteten? Gingen sie davon aus, dass wir zusammen gefunden hatten? Merkten sie die Veränderung, die heute Mittag zwischen Edward und mir vonstatten gegangen war?
Bei Esme könnte ich es mir gut vorstellen. Sie war so liebevoll, sie musste es einfach spüren.
Carlisle konnte ich nicht einschätzen, aber auch ihm konnte dieses Strahlen in den Augen seines Sohnes nicht entgehen – er kannte ihn so viel länger, als ich und mich traf die Intensität jedes Mal aufs Neue.
Ich konnte beim besten Willen nicht sagen, ob ich wissen wollte, was in Charlies Kopf vor sich ging. Er war doch mein Vater, er war Polizist und ich war seine einzige Familie. Nach dem Tod meiner Mutter, als ich noch ganz klein war, hatte er mich gehütet wie einen Schatz – bis zu seiner letzten Beförderung. Aber trotzdem wusste ich, dass er das alles nur für mich machte, weil er wollte, dass es mir gut ging. Er hatte ein Recht darauf, es zu erfahren.

Seufzend legte ich meinen Blick auf Edward. Wie er wohl darüber dachte? Ob er darüber nachdachte?

Die Sitzordnung am Esstisch wurde heute von Esme organisiert.
Wie ich es vom letzten Mal kannte, sollten sie und Carlisle jeweils an den Enden des länglichen Tisches sitzen. Auf einer Längsseite standen drei Stühle, auf der anderen vier. Die vier wurden, von Esmes Platz ausgehend, mit Emmett, Rosalie, Alice und Jasper besetzt. Auf der anderen Seite saßen Charlie, neben Carlisle, ich, dann ein Hocker für Elizabeths Wiege und schließlich Edward.

Das Essen war lebhaft. Aus jeder Ecke hörte man eine andere Unterhaltung.
Mein Vater redete mit Carlisle über Sport, ein Thema bei dem ich wirklich nicht mitreden konnte. Ich war aber schon froh, dass mein Vater nicht über das Verkehrsverhalten von alarmierten Krankenwagen sprach – das war ein Scherz. Darüber würde er sich nicht aufregen!
Alice und Rosalie hatten die Köpfe zusammen gesteckt und tuschelten, wobei mir aber auffiel, dass sie immer wieder mir oder Edward Blicke zuwarfen. Alice konnte aus unserem Verhalten am Morgen und dem, wie es jetzt war, sicherlich eins und eins zusammen zählen. Und ich hatte ihr auch gestern ein halbes Geständnis hingelegt.
Jasper warf ab und zu einen Kommentar in das Gespräch der beiden Väter – oder auch, für zwei Wochen, Großväter – und schien ansonsten vollkommen zufrieden damit zu sein, Alice anzusehen.
Edward und Emmett waren in ein Gespräch verwickelt, welches letzteren immer wieder dazu brachte laut zu lachen. Ich hatte den Anfang verpasst, weswegen ich jetzt nicht mehr mitkam, allerdings schien Esme zu wissen, um was es ging und warf den beiden immer wieder belustigte Blicke zu.
Und ich? Ich hatte im Moment zwar keinen direkten Gesprächspartner, aber ich fühlte mich Pudelwohl, wo ich mich befand. Ganz im Gegenteil zu dem letzten Abend, an dem zum essen ich hier war.
Hin und wieder spürte ich Edwards Blick auf mir, den ich, wann immer ich schnell genug war, liebevoll erwiderte.

››Bella‹‹, sprach mich Rosalie während des zweiten Ganges an.
Ich blickte sie fragend an. ››Ja?‹‹ Das war das erste Mal, dass wir miteinander sprachen und niemand uns dazu ›zwang‹.
››Du weißt doch, dass ich im Theater Projekt bin-‹‹ Ich nickte. ››-und wir haben am Donnerstagabend sozusagen Hauptprobe und für die Schüler der Schule gibt es die Möglichkeit zuzuschauen, da der offizielle Auftritt für die Lehrerschaft und die Eltern und Sponsoren der Schule ist. Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn du kommen würdest. Mit Edward, natürlich.‹‹
››Wirklich? Ich meine, ich würde sehr gerne kommen… Das wusste ich gar nicht.‹‹
››Ihr seid einfach zu wenig in der Schule unterwegs, da hängt es überall aus‹‹, lachte Alice.
››So schade finde ich das gar nicht… ich meine, dass wir nicht so oft in die Schule müssen. Jedenfalls, ich freue mich schon. Edward?‹‹
››Ich komme auch. Ich muss doch sehen, was für Schandtaten meine kleine Schwester meiner Cousine angetan hat.‹‹
››Tz‹‹, machte Alice.
››Alices Kostüme werden einschlagen, wie ein Bombe, davon bin ich überzeugt. Sie hat einfach ein Gespür dafür, wie es aussehen muss – und das ist bei dieser Zeit wirklich schwer.‹‹
››Was führt ihr denn eigentlich auf?‹‹ fragte ich, jetzt neugierig geworden.
››Das Übliche, Romeo und Julia, das kennt jeder und das will jeder. Aber wir machen es in einer verkürzten Form, natürlich, da wir ja nur knapp über eine Woche Zeit hatten.‹‹
››Ich mag das Stück‹‹, gestand ich. ››Und du bist…?‹‹
››Die schönste Julia der Welt‹‹, fiel mir Emmett schmachtend ins Wort. Dann verzog er das Gesicht. ››Nur was mir nicht gefällt, ist, dass dieser Schnösel sie auf der Bühne küssen soll.‹‹
››Solange sie nur mit dir dafür übt…‹‹ gab Edward zu bedenken.
››Na klar macht sie das nur mit mir!‹‹ erwiderte Emmett schmollend, warf aber einen kurzen Blick zu Rosalie.
Die hatte ihre Hand gegen den Mund gepresst und war offensichtlich so schwer damit beschäftigt ein Lachen zu unterdrücken, dass sie nicht antworten konnte.
››Habt ihr dann eigentlich auch noch Spiele?‹‹ fragte ich an Emmett gewandt, in der Hoffnung auf ein neues Thema abzulenken.
››Ja, aber die sind intern am Freitag, wenn ihr auch eure Projektvorstellungen habt.‹‹
››Achso, das ist ja Schade… oder wird das bei anderen Sportprojekten gemacht?‹‹
››Soweit ich weiß, nicht‹‹, antwortete Emmett.
››Das ist das erste Projekt von dem ich dann höre, dass nicht in die Öffentlichkeit getragen wird.‹‹
››Wieso, was müsst ihr machen? Einmal Windeln wechseln und das Video dazu in Youtube stellen?‹‹ Emmett schien den Gedanken sehr witzig zu finden.
››Nein, unsere dient der Aufklärungskampagne der Schule‹‹, klärte ich auf.
››Wirklich?‹‹ hörte ich da vom anderen Ende des Tisches. Ich hatte nicht mitbekommen, dass Carlisle unserem Gespräch folgte.
››Ja, Mr. Banner hat es uns am Freitag, glaube ich, gesagt. Allerdings nur unseres, weil er ich von uns die besten Ergebnisse erhofft‹‹, erklärte Edward.
››Das hört sich wirklich gut an, wir hatten erst letzte Woche wieder eine Vierzehnjährige in der Entbindungsstation, es gab Komplikationen. Wie dem auch sei, strengt euch an und macht es richtig‹‹, es war nicht Carlisle, der Vater, der hier sprach, sondern eindeutig der Doktor in ihm.
Ich nickte, zuversichtlich, aber auch ein bisschen ängstlich. Es wurde einiges von uns erwartet.

Mein Vater beschloss nach dem Abendessen noch etwas Zeit mit Carlisle und Esme im Salon zu verbringen. Ich musste mich, da ich kein Auto hatte, nach ihm richten. Ich war froh, dass ich noch etwas Zeit hatte, die ich mit Edward in seinem Zimmer verbringen konnte, ich hatte eine wichtige Frage an ihn.

››Um… Edward?‹‹
››Ja?‹‹
››Darf ich einen Abzug der CD haben, die heute Morgen beim Frühstück gelaufen ist?‹‹
Überrascht schaute mich Edward an, dann mischte sich etwas Schalk in seinen Blick. ››Dein Vater ist Polizist und du willst dir allen ernstes eine CD brennen lassen?‹‹
››Naja… Ich kenne den, bei dem das Copyright liegt ziemlich gut und hoffe jetzt einfach mal, dass er nichts dagegen hat?‹‹
Edward schluckte. ››Du weißt es? Aber wie?‹‹
››Es gibt nur einen Pianisten, der bei mir dieses Gefühl auslösen kann. Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben‹‹, erklärte ich und schaute ihm dabei direkt in die Augen. ››Bekomme ich sie? Bitte?‹‹

Edward nickte langsam, stand auf und ging zu seinem Computer. Er winkte mir, ihm zu folgen.

››Ich habe vor einiger Zeit mal ein paar Stücke aufgenommen, Mom hat mich überredet. Sie meinte, sie will meine Musik auch genießen, wenn ich nicht zu Hause bin oder keine Lust habe, für sie zu spielen. Auf der CD war nur eine Auswahl drauf, auf dem PC habe ich alle, dann kannst du dir deine eigene CD zusammen stellen.‹‹

Ich nickte.
Da an dem Schreibtisch nur ein Stuhl war, ließ ich zu, dass Edward mich auf seinen Schoß zog. Es war wirklich nicht so, als würde ich mich da unwohl fühlen.
Ich beobachtete, wie Edward einige schnell Klicks tätigte, als der Computer hochgefahren war. Doch auf einmal erschien ein Fenster auf dem Bildschirm, das Edward zum aufstöhnen brachte.

››Was ist das?‹‹ fragte ich neugierig.
››Lauren‹‹, sagte er genervt. ››Sie hat eine Anfrage für eine Videounterhaltung geschickt.‹‹
››Oh, nimm sie an‹‹, rief ich begeistert. ››Das wird ein Spaß!‹‹

Normal war ich nicht der Schadenfreudige Typ, oder sonstiges, aber hier auf Edwards Schoß und wenn ich an alles aus der letzten Woche dachte, änderte sich meine Meinung dazu abrupt.

››Sicher?‹‹ fragte Edward skeptisch nach.
››Nur wenn ich schön bequem hier sitzen bleiben darf‹‹, sagte ich mit hinterhältigem Grinsen.
››Okay, jetzt machst du mir Angst‹‹, lachte Edward, schob die Maus aber zu dem ›Annehmen‹ Button.

Sofort erschien ein neues Fenster das Lauren zeigte. Ich verzog das Gesicht. Sie hatte ein Headset auf dem Kopf und bewegte ihre Lippen. Wenig später kreischte ein ››Hallo Eddy!‹‹ aus den Lautsprechern.

››Urgh‹‹, machte ich, bevor ich es zurückhalten konnte.
Edward griff nach einem Headset und setzte es sich ebenfalls auf. ››Moment‹‹, sprach er in das kleine Mikrofon, ››ich muss noch eben die Kamera einstellen.‹‹

Die gefilmte Lauren nickte verzerrt, auf ihrem Gesicht war ein begeistertes Lächeln zu sehen. Ich fragte mich, wann Edward das letzte Mal eine solche Unterhaltung angenommen hatte und wie lange für Lauren eine lange Zeit war.
Plötzlich erschien ein weiteres Fenster auf dem Bildschirm, in dem ich mich selbst sehen konnte und einige Locken von Edwards Haaren.

››Kann sie es schon sehen?‹‹ fragte ich flüsternd.

Edward nickte, den Blick auf den Bildschirm gerichtet. Schnell wandte ich mich um und sah gerade noch, wie Lauren die Gesichtszüge entglitten. Fröhlich lächelnd winkte ich in die Kamera.

Ich sah, wie sich Laurens Lippen wieder bewegten, dieses Mal hörte ich aber nichts, dann war ihr Fenster verschwunden.
Fragend sah ich zu Edward.

››Sie musste ganz plötzlich offline‹‹, erklärte er.
››Ganz plötzlich, aber sicher‹‹, lachte ich böse.
Edward nahm das Headset wieder ab. ››Komm, lass uns deine CD machen, bevor du gehen musst.‹‹

Ich seufzte. Wenn ich ehrlich war, tief in meinem Inneren wollte ich gar nicht gehen.

Edward spielte alle Stücke an, die er aufgenommen hatte und ich entschied dann, welche ich wollte und welche nicht. Die Entscheidung fiel mir erstaunlich schwer, was vor allem daran lag, dass ich den wahren Grund, weswegen ich hier saß, vergas, sobald die ersten Töne erklangen.
Edward lachte immer wieder leise, wenn er mich aus einem neueren Bann geholt hatte.

Letzten Endes hatte ich mich dann für zehn Stücke entschieden, die gerade so auf die CD passten. Da einige sehr groß und lang waren, gingen nicht mehr.
Ich strahlte Edward an, als ich sie schließlich beschriftet und in eine Hülle verpackt in meinen Händen hielt.

››Vielen Dank!‹‹ sagte ich.
››Immer wieder gerne‹‹, antwortete er.
››Darauf komme ich eventuell zurück.‹‹

Wir packten schließlich Elizabeths Babysachen zusammen – sie würde heute Nacht wieder bei mir schlafen – und machten uns auf den Weg nach unten. Ich rechnete damit, dass mein Vater jeden Moment aufbrechen wollen würde, da die Zeit schon Recht fortgeschritten war und er Morgen wieder arbeiten musste.

››Ich hole euch dann Morgen gegen halb acht ab, okay?‹‹ sagte Edward an der Haustür.
››Okay. Ich bin ja mal gespannt, was Mr. Banner da für uns geplant hat, das er nicht auf den Zettel schreiben konnte. Und es geht den ganzen Vormittag!‹‹ stöhnte ich.
››Und wir sollen Isomatten mitbringen. Ganz ehrlich, ich habe eine böse Vermutung und ich hoffe nicht, dass sie sich bewahrheitet.‹‹
››Will ich es wissen?‹‹
››Ich glaube nicht…‹‹

Mein Vater kam jetzt ebenfalls in die Eingangshalle, dicht gefolgt von Carlisle, Esme und auch Alice war wieder aufgetaucht – Emmett, Rosalie und Jasper waren gleich nach dem Abendessen gegangen.
Charlie verabschiedete sich überschwänglich und bedeutete dann auch mir, mich loszureißen.

››Bis Morgen‹‹, hauchte ich an Edward gewandt.
››Bis dann‹‹, sagte er leise, beugte sich zu mir herunter und küsste mich so kurz, dass ich kaum die Zeit hatte meine Augen zu schließen. Aber es war alles, was ich brauchte.

Ich hörte Alice kurz quietschen und als ich zu ihr sah, strahlte sie uns entgegen. Ich grinste sie an, sah dann noch einmal zu Edward, winkte in die Runde und trat schließlich neben meinen Vater.

››Dann lass uns gehen, Bells‹‹, sagte er.
Er legte mir einen Arm auf den Rücken und schob mich aus der Haustür heraus zu seinem Wagen. Ich spürte, dass ihm die Frage auf der Zunge lag, aber er geduldete sich noch, bis wir aus der Auffahrt herausgefahren waren.
››Also, du und der junge Cullen?‹‹ platze es ihm im Vaterton heraus.
››Ich weiß nicht‹‹, antwortete ich ehrlich.
››Immerhin muss ich mir um deine Aufklärung keine Sorgen machen, ich denke, die letzte Woche hat dir genug gelehrt, dass du weißt, dass du vorsichtig sein musst.‹‹
››Dad, wir sind noch nicht einmal zusammen und du machst dir darüber sorgen?‹‹ rief ich entsetzt aus.
››Ich weiß ja nicht, wie die Jugend von heute tickt. Aber wenn ich bedenke, wie das zu meiner Zeit war… als ich das erste Mal verliebt war… Wie auch immer, du kennst die Folgen.‹‹ Er schwieg einen Moment. ››Ihr seid also nicht zusammen?‹‹
››Irgendwie ja und irgendwie nein.‹‹
››Wie soll ich das verstehen? Wie lange geht das schon? Als du ihn letzte Woche angeschleppt hast, seid ihr noch ganz anders miteinander umgegangen.‹‹

Ich unterdrückte ein Stöhnen. Seit wann war mein Vater so aufmerksam? Seit wann war der so gesprächig? Und seit wann interessierte er sich so sehr für das, was ich machte?
Charlie warf mir einen schnellen Blick zu, den ich schon lange nicht mehr gesehen hatte. Und somit hatte ich auch meine Antwort. Er hatte Angst um sein kleines Mädchen. Diesen Blick hatte er früher immer, wenn ich gestolpert oder gefallen war, er war fast so intensiv, wie wenn ich mich verletzt hatte.
Wie konnte ich ihm da zu erklären versuchen, dass ich fast erwachsen war und wusste, was ich tat?

››Dad‹‹, sagte ich langsam. ››In dieser Woche hat sich sehr viel verändert und… ich sehe Edward jetzt ganz anders, als am Montag. Aber wir sind nicht zusammen und ich habe weder vor mich von ihm schwängern zu lassen, noch überhaupt mit ihm zu schlafen.‹‹ Ich spürte, wie mein Gesicht warm wurde. ››Du musst mir ein bisschen mehr vertrauen, Dad. Ich bin kein kleines, naives Mädchen, ich kenne die große, böse, weite Welt.‹‹
Er langte mit einer Hand nach meiner und warf mir einen schnellen Blick zu. ››Natürlich weiß ich das, du bist eine sehr intelligente junge Frau… aber immer noch meine Tochter.‹‹
Ich drückte seine Hand. ››Und das werde ich auch immer bleiben. Sind wir okay?‹‹ fragte ich.
››Wir sind okay‹‹, nickte er.


Lil Em


Obwohl mich Elizabeth in dieser Nacht dreimal aus dem Bett geholt hatte und beim zweiten Mal erst eine Stunde später wieder aufhörte zu schreien und einschlief, fühlte ich mich am nächsten Morgen sehr ausgeruht. Mein einziger Gedanke, während ich im Bad war, mich anzog, frühstückte und Elizabeth für den Tag fertig machte, war, dass ich Edward wieder sehen würde.
Es war ein seltsames, aber schönes Gefühl, ein Verlangen dieser Art nach einer Person zu haben. Schon alleine beim Gedanken an ihn, machte mein Herz einen freudigen Sprung. Es schien, als hätten sich meine Gefühle für ihn durch den gestrigen Tag mindestens verdreifacht.

Ich stand gerade im Bad, als es an der Haustür klingelte. Ich war fest davon überzeugt, dass es Edward war und ich ärgerte mich so sehr über mich selbst, dass ich noch nicht fertig war, dass ich fluchend die Treppen nach unten ging – und nicht einmal nach der Uhrzeit schaute.

››Hey‹‹, hauchte ich dann, als er endlich wieder vor mir stand.
››Hey‹‹, sagte auch er. Edward legte seine Hand an meinen Hals, sein Daumen streichelte über meine Wange. Er gab mir einen leichten Kuss auf die Stirn. ››Tut mir Leid, ich bin zu früh – das wird eine schlechte Angewohnheit von mir.‹‹
››Ich finde es eine gute Angewohntheit‹‹, gestand ich erleichtert. ››Aber du musst entschuldigen, dass ich noch nicht ganz fertig bin.‹‹
››Okay.‹‹

Ich griff nach seiner Hand und zog ihn hinter mir ins Haus. ››Elizabeth und ihre Sachen sind oben. Ich muss auch noch mal eben…‹‹
››Warte‹‹, unterbrach er mich. Er zog mich näher an sich heran, bis wir direkt voreinander standen, unsere Gesichter nur wenige Millimeter voneinander entfernt. Seine Hand streichelte über meine Wangen, während er mir tief in die Augen schaute. ››Darf ich?‹‹ fragte er leise.
Obwohl er es nicht ausgesprochen hatte, wusste ich, was er meinte. Ich nickte.
Edward legte nun beide Hände um meine Wangen und zog so meinen Kopf zu sich heran. Ganz vorsichtig und unschuldig berührten sich unsere Lippen. Meine Hände rutschten ganz von selbst über seine Brust nach oben in seinen Nacken und umschlangen ihn in einer festen Umklammerung.

››Ich glaube, wir sollten gehen‹‹, murmelte Edward nach einer Weile.
Ich löste mich von ihm und ging nach oben. Er folgte mir.

Ich verschwand noch einmal schnell im Bad und bis ich wiederkam, wartete Edward bereits mit Elizabeths Sachen bepackt auf mich. Ich klemmte mir meine Isomatte unter den Arm, nahm meine Tasche und griff schließlich noch nach dem Henkel der Wiege.
››Wir können‹‹, seufzte ich.

Noch ein Nachteil, wenn man ein Baby hatte. Man war auf jeden Fall immer, egal wohin man ging, voll beladen mit irgendwelchen Artikeln, die das Baby unterwegs brauchen könnte. Und das kleine Wesen brauchte immer alles sofort, was es verlangte, sonst wurde es unangenehm.

Wir waren die ersten aus unserem Projekt, die an der Schule ankamen, das sahen wir daran, dass gutes Wetter war und auf unserem Zettel stand, dass wir uns dann bei einer Bank unter einer der Baumgruppen treffen würden.
Auch sonst war es auf dem Parkplatz wie ausgestorben, was wahrscheinlich daran lag, dass die meisten Projekte schon zu einem früheren Zeitpunkt anfingen, es aber noch nicht spät genug für eine Pause war.

››Wir haben freie Wahl, was die Bänke angeht‹‹, meinte Edward fröhlich, als wir aus dem Wagen ausgestiegen waren
››Und welche gefällt uns?‹‹ fragte ich mit einem skeptischen Blick.
››Hm…‹‹ Edward klopfte sich nachdenklich mit dem Zeigefinger gegen die Lippen. ››Schatten, Halbschatten oder keinen Schatten?‹‹
››Ich denke eher an Sonne, etwas Sonne oder keine Sonne‹‹, definierte ich um.
››Natürlich‹‹, gab Edward mir Recht. ››Ich bin für Sonne.‹‹
››Ich stimme für keine Sonne.‹‹ Ich musste nicht erwähnen, dass ich sehr schnell rot wurde.
››Und für was ist unsere liebe Tochter?‹‹ fragte Edward mit interessiertem Blick in den Kinderwagen, als würde er eine Antwort erwarten.
››Sie ist für die Wärme, allerdings nicht für den direkten Hautkontakt mit den Strahlen.‹‹
››Cleveres Kind, richtet sich genau nach den Wünschen der Eltern. Lass uns in den Halbschatten gehen.‹‹

Wir setzten uns, lachend über unsere kleine Show, in Bewegung. Edward setzte sich auf die Sonnenseite der Bank, während ich auf der Schattenseite platz nahm. Den Kinderwagen stellten wir in die Mitte zwischen unsere Beine, unsere Oberkörper hatten wir uns – ob bewusst oder unbewusst, wusste ich nicht – zugeneigt.
Irgendwann hob Edward seinen Arm und legte ihn auf die Lehne, seine halbe Armlänge ging hinter meinen Körper. Ich sah das als Einladung mich in die Kuhle unter seinem Arm zu kuscheln und meinen Kopf auf seiner Schulter abzulegen. Sobald ich das getan hatte, legte er seine Hand auf meiner, ihm abgewandten, Schulter ab. Ich seufzte zufrieden.

››Glaubst du, sie sind vielleicht doch drinnen?‹‹ fragte ich nach der geschätzten Zeit, die wir zu früh da waren.
››Ich weiß nicht, kennst du die Wagen der anderen? Laurens ist nicht da.‹‹
Ich unterdrückte ein Grummeln bei ihrem Namen und streckte meinen Kopf um den Parkplatz überblicken zu können. ››Ich sehe weder Angelas noch Bens Wagen. Und wenn Mike immer noch diese alte Schrottkiste zum laufen bringt… die sehe ich auch – oh, doch, er kommt gerade.‹‹
››Sollten wir ihn begrüßen gehen?‹‹ fragte Edward, als er mich wieder in seine Arme zurückzog.
››Nein, ich denke, wir warten, bis er uns findet. Halt mich auf dem Laufenden…‹‹

Ich legte meine Wange gegen Edwards Brust, sodass ich nicht in Richtung des Parkplatzes schauen konnte, ohne abnormal zu schielen. Ich sog tief seinen Duft in mich auf und schloss dabei genießerisch die Augen. Edward legte sein Kinn auf meinem Kopf ab und streichelte mit seiner Hand meinen Oberarm entlang. Ich hörte ihn seufzen, ein Geräusch, das mich mit tiefer Zufriedenheit ausfüllte.

››Gott, du hast Recht, ich frage mich, wie er diesen Wagen noch zum Laufen bringt – haben die Newtons nicht genug Geld um ihrem Sohn einen neuen Wagen zu leisten?‹‹
››Soweit ich weiß, hat er sogar einen neuen Wagen in der Garage stehen, der ihm aber nicht gefällt oder so. Ich weiß nicht, ich höre immer nur mit halbem Ohr zu, wenn er redet. Aber von seinem Schatz, also der Schrottkiste, redet er viel. Anscheinend schraubt er gerne daran herum, was wohl der einzige Grund ist, dass das Ding noch läuft.‹‹
››Vielleicht sollte er lieber mal am äußeren, als am inneren arbeiten… Er steigt aus und sieht sich um, ich glaube er hat uns nicht gesehen.‹‹
Ich kicherte gespielt enttäuscht. ››Seltsam, sonst hängen seine Glubschaugen immer sofort an mir.‹‹
››Eine Sache, die ihm dringend abgewöhnt werden muss‹‹, meinte Edward fast drohend.
››Was macht er jetzt?‹‹ fragte ich neugierig.
››Er hat das… uh… Ding ohne Namen aus dem Wagen geholt und schaut sich wieder um… scheint etwas entdeckt zu haben. Oh! Angela und Ben sind da. Sie tragen mal wieder Partnerlook.‹‹
››Die beiden sind so süß zusammen‹‹, seufzte ich.
››Sie laufen zu Mike und jetzt schauen sie sich zusammen um – Angela hat uns entdeckt.‹‹ Edward nahm meine Hand und winkte mit ihr. ››Uh, Mike sieht irgendwie angepisst aus. Aber Angela scheint sich zu freuen. Sie kommen zu uns… Vielleicht solltest du dich anständig hinsetzen.‹‹ Ich spürte seinen Körper vibrieren.

Grummelnd setzte ich mich schließlich auf, als ich sie leise näher kommen hörte. Angela hatte tatsächlich ein Strahlen auf dem Gesicht, das mich sofort zurückstrahlen ließ. Sie nickte mir einmal kurz zu.
Ben an ihrer Hand zeigte keine besonderen Gefühlsregungen in unsere Richtung.
Mike hingegen schien es gewaltig zu stören, dass ich beinahe auf Edwards Schoß landete, als wir dichter zusammen rutschten um den dreien Platz zu machen.

››Mike hat uns gerade erzählt, dass Lauren offensichtlich krank ist‹‹, teilte uns Angela mit.
Ich biss auf meine Lippen und schaute kurz zu Edward. ››Dabei scheinen wir heute wirklich ein tolles Programm vor uns zu haben‹‹, lachte ich und klopfte auf Angelas Isomatte.
››Hast du Lauren gesehen?‹‹ fragte Edward an Mike gewandt. ››Als Bella und ich sie gestern gesehen haben, schien sie sehr gesund.‹‹
››Ich weiß nicht, Edward‹‹, mischte ich mich ein. ››Sie war etwas kurz angebunden, gestern, fast so, als würde sie sich unwohl fühlen.‹‹
››Ist mir nicht aufgefallen‹‹, meinte Edward, ein Grinsen unterdrückend. ››War wohl beschäftigt.‹‹
Ich hörte Angela neben mir nach Luft schnappen – ignorierte die Wärme, die in mein Gesicht schoss – und blickte weiter auf Mike, der uns immer noch eine Antwort schuldete. ››Also?‹‹
››Ja, ich habe sie heute Morgen gesehen. Ich musste ja… das Ding abholen. Sie sah… seltsam aus, aber sie sieht immer irgendwie seltsam aus… keine Ahnung.‹‹
››Sie ist nicht da, der Rest ist doch egal. Ob sie wohl Mr. Banner bescheid gegeben hat?‹‹ fragte sich Ben. Er war ein Spielverderber, ich hatte gerade so schön mein Spielchen von gestern Abend mit Edward an Mike weiterführen wollen.
››Wahrscheinlich nicht‹‹, lästerte Mike.

Doch zu unserer aller Überraschung schien dieser tatsächlich darüber informiert worden zu sein, dass wir heute eine Person weniger auftraten. Hinter unserem Lehrer kam eine Frau, die uns sofort auf die große Wiese hinter einem der Schulgebäude jagte, sobald das Wort an sie übergeben worden war. Sie hieß Miss Lowpart und war für die örtliche Schwangerschaftsgymnastik zuständig.

Edward stöhnte hinter mir auf und murmelte mir ein ››Ich wusste es‹‹ ins Ohr.
››Danke, dass du es mir nicht verraten hast‹‹, wisperte ich zurück, obwohl ich natürlich schon eine ähnliche Vermutung hatte.

››Ihr dürft eure Babys jetzt ausschalten‹‹, erlaubte Mr. Banner, während er seine eigene Isomatte auf dem Rasen auslegte – wollte er etwa mitmachen?

Ich überließ Edward die Ehre den Knopf zu drücken und machte es mir zwischenzeitlich bequem – so bequem das eben sein konnte.

››Ich habe unsere Übungen in drei Hauptpunkte zu einer Stunde unterteilt‹‹, erzählte Miss Lowpart. ››Normal gehen die Einheiten nicht so lange und es gibt so viel mehr, das man machen kann, aber da wir nur einen gemeinsamen Vormittag haben, möchte ich euch einen möglichst großen und umfassenden Einblick geben. Für die ersten Einheit brauchen wir nun diese kleinen Bälle, die ich mitgebracht habe.‹‹
››Bitte lass niemanden vorbeikommen, während wir hier draußen sind‹‹, murmelte Ben, als wir alle nach vorne traten.
Wir kicherten zustimmend.

Die nächste Stunde verbrachte Edward hauptsächlich damit, mich in Balance zu halten auf verschiedenen großen Gymnastikbällen. Was das anging, war ich froh, dass wir gestern unsere Scheu uns gegenüber verloren hatte. Es mochte sich zwar seltsam anfühlen, wenn Edward mich in der Nähe meines Pos berührte, weil er mich auffangen musste, aber es könnte sehr viel schlimmer sein. So aber machte es tatsächlich fast Spaß.

Ganz im Gegensatz zu dem armen Mike, den man momentan nur bemitleiden konnte. Er musste seine Übungen mit Mr. Banner machen und der hatte einen wirklich schlechten Gleichgewichtssinn – noch schlechter als meiner und das sollte schon etwas heißen. Man konnte Mike förmlich ansehen, wie er Lauren innerlich verfluchte. Und wie seine Blicke immer wieder zu Angela, noch öfter aber zu mir wanderten. Was würde er wohl alles dafür geben, jetzt an Edwards Stelle zu sein?

Die nächste Einheit bestand aus Schwangerschafts- Yoga – ja, das gibt es tatsächlich! Um das ganze authentischer zu machen, mussten Angela und ich uns die Fußballgroßen Gymnastikbälle unter das T-Shirt stecken, dass wir wussten, wie weit wir uns bewegen und beugen konnten.
Ich fühlte mich sehr unwohl in meiner Haut, besonders weil während dieser Übungen mehrere Schüler an uns vorbeikamen, die gerade Pause in ihren Projekten zu haben schienen.

››Hey Bella!‹‹ hörte ich und drehte meinen Kopf um. Emmett lehnte gegen die Gebäudewand und zeigte mir breit grinsend zwei erhobene Daumen. ››Schick! Gute Arbeit, Champ‹‹, rief er noch an Edward gewandt.
Ich drehte mich nun ganz Emmett zu, legte eine Hand in mein Kreuz und streichelte mit der anderen liebevoll über meinen Ballbauch. ››Danke Emmett. Willst du Pate sein?‹‹ rief ich zurück.
Emmett stieg begeistert ein. ››Super! Aber nur, wenn ihr ihn Lil Em nennt.‹‹
››Schatz‹‹, rief ich mit einem ausgedehnte ›a‹ Edward zu. ››Was hältst du von dem Namen ›Emmett‹ für unseren Kleinen?‹‹
››Ganz schlechte Idee, Honey, so heißt der baldige Exfreund meiner Cousine‹‹, meinte Edward mit skeptischem Gesicht.
Ich grinste Edward zu. ››Sorry, Em, dann geht das wohl nicht.‹‹
››Warum Exfreund?‹‹ fragte der irritiert.
››Weil du einer Schwangeren mehr Aufmerksamkeit schenkst, als ihr, obwohl sie nur zwei Meter neben dir steht‹‹, erklärte Edward.

Emmett schnappte erschrocken nach Luft und drehte sich prompt auf die falsche Seite um Rosalie zu suchen. Sie stand neben Jasper und Alice und musterte uns ebenso belustigt, wie alle anderen auch. Ich zwinkerte ihnen noch einmal zu, dann wandte ich mich wieder Miss Lowpart zu und machte die Übungen nach, die sie vormachte.

Die letzte Einheit war die… sagen wir… bequemste. Ich durfte zwischen Edwards Beinen Platz nehmen und mich gegen seine Brust lehnen. Er legte die Arme nach vorne auf meinen Ballbauch und ich sollte meine Hände auf seine legen und dann folgten wir den Atemübungen, die uns vorgegeben wurden. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen…
Mike durfte diese Übung alleine machen.


We are not together


Mr. Banner hatte für uns alle – auf seine Kosten – Riesenpizza zum Mittag bestellt, über die wir uns nach dem sportlichen Morgen gierig hermachten. Während des Essens ging er zwischen unseren Grüppchen hin und her und unterhielt sich mit uns, sowohl über allgemeine Dinge, als auch über das Projekt. Es war sehr entspannt.

››Miss Swan, ich möchte ehrlich zu ihnen sein. Die Entwicklung zwischen ihnen und Mr. Cullen verlief und verläuft genauso, wie ich sie mir erhofft habe. Ich bin sehr froh, dass sie die Probleme, die offensichtlich gegen Ende der letzten Woche aufgetreten sind, beigelegt haben‹‹, waren seine, für mich sehr verwirrenden Worte, an mich.

››Erzähl mir von deinem Wochenende‹‹, forderte Angela wenig später.
Ich grinste. Edward saß neben mir und streichelte über meinen Arm, unterhielt sich aber gerade mit Ben, der Angela gegenüber saß. Ich erzählte.
Angela rutschte näher an mich heran. ››Ihr seid nicht zusammen?‹‹ flüsterte sie mir entsetzt ins Ohr.
Ich schüttelte den Kopf. ››Nein, ich bin noch nicht soweit. Und außerdem, wir kennen uns erst seit einer Woche richtig.‹‹
››Ihr wirkt aber so‹‹, stellte meine Freundin flüsternd fest. ››Wie auch immer, du hast es verdient. Warte nicht zu lange, es wird auch für dich eine Erleichterung sein, wenn es dann offiziell ist. Und es wird einfacher, davon bin ich überzeugt. Du kannst dich viel besser fallen lassen, wenn du die Bestätigung hast, dass ihr zusammen und nicht nur einfach umeinander seid. Ach Bella, ich würde es dir so sehr gönnen!‹‹
Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte.
››Hm…‹‹ Angela grinste verschlagen, wie ich es noch nie bei ihr gesehen hatte. ››Was meinte denn nun Edward heute Morgen, als er meinte, er wäre zu beschäftigt gewesen um zu bemerken, dass Lauren gestern kurz angeboten wirkte. Wo habt ihr sie eigentlich gesehen?‹‹
››Sie wollte eine Videounterhaltung starten, als Edward und ich am PC saßen und er hat sie aus Spaß angenommen. Sie hat echt eine Fratze gezogen, als sie mich sah.‹‹ Ich räusperte mich. ››Ich saß auf seinem Schoß. Was er gesagt hat, war aber trotzdem nur ein Scherz, wir haben nichts gemacht und er hat Lauren genauso gesehen, wie ich. Wahrscheinlich hat er es gemacht um Mike eins reinzudrücken. Edward mag die Art nicht, wie Mike mich ansieht.‹‹
››Glaub mir, die mag niemand. Ach schade und ich dachte schon, ich würdet etwas weniger verklemmt sein, wenn ihr alleine seid.‹‹
››Angela, wo kommt das her? So kenne ich dich ja gar nicht!‹‹ rief ich entsetzt.
››Sch‹‹, kicherte diese und warf einen verstohlenen Blick zu Ben.

››Miss Swan, Miss Weber, dürfte ich euer unterhaltsames Gespräch für einen Moment unterbrechen?‹‹ fragte Mr. Banner hinter mir.
Erschrocken drehte ich mich um und nickte.
››Erzählt mir von euren Gefühlen, als ihr den Ball unter dem T-Shirt hattet um eine Schwangerschaft vorzutäuschen. Besonders in Bezug auf eure vorbeigehenden Mitschüler.‹‹
››Während der Übungen‹‹, begann Angela, ››hat es mich neugierig gemacht, wie es denn nun wirklich wäre, diesen Bauch zu haben und die Übungen machen zu müssen. Ich bin fest überzeugt, dass es noch einmal ein ganz anderes Gefühl sein muss. Allerdings war es dann doch unangenehm dabei von Leuten gleichen Alters beobachtet zu werden. Ich habe mich unter ihren Blicken schon fast richtig Schwanger gefühlt und meinte ihre Verachtung zu spüren.‹‹
››Miss Swan?‹‹
››Ich… mochte das Gefühl nicht unbedingt, dass meine Bewegungsfreiheit von einem Ball eingeschränkt worden ist – allerdings bin ich, ähnlich wie Angela, davon überzeugt, dass es mit einem echten Schwangerschaftsbauch noch einmal ein ganz anderes Gefühl sein müsste. Was die anderen angeht, so habe ich versucht, sie zu ignorieren, was jedoch ziemlich schwer ist. Ich fühlte mich fast gedemütigt, weil ich so eine Blöße zeigen musste und dass, obwohl alle wissen, dass ich keinesfalls schwanger bin. Ich kann mir nur entfernt vorstellen, wie schlimm es sein muss, diesen Blicken ausgeliefert zu sein, wenn man eine echte Kugel vor sich hat.‹‹
››Empfandet ihr es unangenehmer von Gleichaltrigen angestarrt zu werden, als wenn ihr durch den Park oder Supermarkt lauft?‹‹
Angela und ich nickten einstimmig.
››Und wie haben sich die Herren der Schöpfung gefühlt‹‹, wandte sich Mr. Banner an Ben und Edward, ››dass eure… Partnerinnen diesen Ball vor dem Bauch haben?‹‹
››Im Vergleich auf die Reaktion mit einem Kinderwagen durch die Öffentlichkeit zu laufen, war es auf jeden Fall schlimmer mit den Mitschülern, ich mag behaupten, besonders vor der Verwandtschaft. Und auch Bekanntschaft‹‹, antwortete Edward. ››Ich weiß nicht, wie es wäre, wenn das Baby echt wäre. Ich denke, dass dann bei der ganzen Verlegenheit um die Situation trotzdem ein bisschen Stolz dabei wäre.‹‹
››Was für Stolz?‹‹ hakte unser Lehrer nach.
Edward schaute unsicher zu Boden, fast als würde er sich unwohl fühlen, als hätte er das Gefühl zu viel verraten zu haben. ››Ist nicht immer ein bisschen Stolz dabei, wenn man neues Leben geschaffen hat? Und welches man, obwohl man es noch nicht kennt, über alles liebt? Und dann noch die Freude darüber. Es ist wahrlich nicht nur negatives an einer Schwangerschaft, selbst in unserem Alter. Aber ich denke, dass es auch nur wirklich voll und ganz zu Stolz und Freude kommen kann, wenn man seinen Partner über alles liebt‹‹, schloss er seine Aussage, ohne den Blick einmal vom Boden zu heben.
››Eine sehr reife Rede, Mr. Cullen, und wohl überlegt. Behalten sie sich das immer im Kopf‹‹, lobte Mr. Banner. ››Wie ist es mit ihnen, Mr. Chenney?‹‹
››Ich muss Edward mit dem Stolz zustimmen, irgendwie erfüllte es mich mit Stolz, meine Freundin so zu sehen. Auch wenn ich wusste, dass es nicht so war. Was die Blicke der anderen angeht, so muss ich gestehen, dass ich darauf nicht geachtet habe.‹‹
››Mr. Newton‹‹, rief unser Lehrer da. ››Möchten sie sich nicht unserer kleinen Runde anschließen und von ihren Erfahrungen des heutigen Tages berichten?‹‹

In dem Moment, als Mike nickte und die zwei Meter zu unser herüberrobbte, klinkte ich mich aus dem Gespräch aus und lehnte meinen Kopf mit geschlossenen Augen an Edwards Schulter. Er legte eine Hand auf meiner Hüfte ab.

››Was machen wir heute Nachmittag?‹‹ fragte ich leise.
››Wir könnten hier im Park spazieren gehen, genau wie letzten Montag, wenn du möchtest.‹‹
››Das klingt sehr gut‹‹, antwortete ich ihm. ››Was denkst du, wann wir hier verschwinden können?‹‹ fügte ich flüsternd hinzu.
››Ich habe keine Ahnung‹‹, sagte Edward wenig hoffnungsvoll.

Aber wir hatten Glück. Eine andere Großgruppe aus dem sozialen Projekt hatte ihren Termin mit Mr. Banner und so musste er sich nur eine viertel Stunde später verabschieden.

››Denkt daran, dass Morgen euer letzter Tag mit eurem Baby sein wird. Ihr müsst euch der Schule nicht auf hundert Meter nähern, wenn ihr nicht wollt. Genießt ihn und legt mir am Mittwoch eine gesunde Puppe vor und erarbeitet Donnerstag einen guten Bericht. Wir sehen uns Übermorgen und vergesst bitte keine der Artikel, die ihr von der Puppe bei euch zu Hause liegen habt.‹‹


››Bella, Edward!‹‹ rief uns Angela, als wir unsere Isomatten in Edwards Wagen verluden.
Wir drehten uns zu ihr um.
››Was haltet ihr davon, wenn wir morgen Mittag in der ganzen Gruppe essen gehen? Wir haben Mike auch eingeladen, mehr aus Mitleid. Und er kann Lauren mitbringen, wenn sie will‹‹, fügte sie hinzu. ››Aber ich dachte, wann werden wir schon mal wieder so in der Gruppe zusammen kommen, wenn erstmal die Schule wieder angefangen hat. Also?‹‹
››Gerne‹‹, sagte ich nach einem kurzen, versichernden Blick zu Edward.
››Super, dann treffen wir uns alle gegen halb eins im ›Rose and Crown‹?‹‹
Edward und ich nickten zustimmend.

Angela hüpfte davon zurück zu Bens Wagen und stieg ein, sobald er ihr die Tür aufgehalten hatte. Edward und ich hingegen griffen jeweils mit einer Hand nach dem Kinderwagen, während wie mit der anderen die freie des anderen umschlangen und schoben den Kinderwagen so Richtung des Parks in der Nähe der Schule, in dem wir schon die Woche zuvor unser Baby ausgeführt hatten.

Edward räusperte sich. ››Um… Bella?‹‹ sagte er unsicher.
››Ja?‹‹ fragte ich ebenfalls unsicher nach.
››Könntest du wohl Elizabeth heute Nacht noch einmal nehmen? Ich hatte völlig vergessen… Emmett hat mich gestern erinnert… einer unserer gemeinsamen Freunde, der jetzt schon auf dem College ist… jedenfalls er hat Geburtstag und hat mich schon vor langer Zeit eingeladen… Ich würde das wirklich nur ungern verpassen…‹‹ Edward schaute während seiner gesamten, gestammelten Erklärung stur gerade aus, kein einziges Mal in meine Richtung, als wollte er nicht sehen, welche Emotionen über mein Gesicht huschten.

Natürlich war ich nicht begeistert. College? Das hieß unglaublich viele, gut aussehende, junge Studentinnen und mittendrin mein – oh ja, das hatte ich tatsächlich in dem Augenblick gedacht – perfekt aussehender Edward. Da würde sich sicher die eine oder andere von ihm an ihre Jugend – natürlich war das übertrieben – erinnern lassen.
Autsch!
Ob er mich wohl gefragt hätte, ob ich mit ihm hingehen würde, wenn wir nicht in diesem dummen Projekt feststecken würden? Nein… Denn in dem Fall wären wir hier jetzt nicht zusammen und er hätte mir nicht davon erzählt.
Fakt war aber, dass ich nicht wollte, dass er ging. Ich hatte Angst um… uns. Und genau das war das Problem. Wir waren nicht zusammen. Er hatte mich nicht um Erlaubnis gefragt, ob er hingehen dürfte, sondern lediglich, ob ich auf unsere Elektronikpuppe aufpassen würde. Wir waren nicht zusammen, er würde so oder so gehen. Ich hatte in keinster Weise ein Veto Recht.
Würde er gehen, wenn ich Elizabeth nicht nehmen würde? Wahrscheinlich zog er den Fall gar nicht in betracht. Natürlich würde ich sie nehmen und ihm mit weinendem Herzen hinterher sehen, wie er zu den ganzen jungen, willigen Mädchen ging.

››Klar, ich nehme sie‹‹, brachte ich schließlich mit einem gekünstelten Lächeln heraus. Jetzt war ich diejenige, die nicht in der Lage war, ihn anzusehen. ››Das örtliche College?‹‹
››Ja. Danke. Es tut mir Leid, dass es gerade auf heute fällt…‹‹
››Schon okay. Auch ein frisch gebackener Vater braucht seine Auszeit und muss ein wenig Zeit mit seinen Freunden verbringen.‹‹ Ich fühlte mich ganz und gar nicht so zuversichtlich, wie ich klang.
››Danke. Du bist die Beste.‹‹

Ich seufzte. Selbst ein Mr. Perfect sagte manchmal falsche Dinge zum falschen Zeitpunkt.
Ich lenkte das Gespräch schnell auf ein anderes Thema.


An Occasion / Nothing


Ich saß mit meinem Vater vor dem Fernseher – eine Sache, die ich normalerweise vermied, weil ich wusste, dass der Unterhaltungsgrad für mich auf dem Nullpunkt wäre. Ich verstand weder etwas von Baseball, noch von Rugby, noch von irgendeiner anderen dieser Sportarten. Doch heute stand es für mich außer Frage, dass ich ihm Gesellschaft leistete. Denn der Grad, in dem ich mich selbst unterhalten konnte, war um einiges geringer, als verschwitzten Männern auf ihrer Jagd nach ihrem nächsten Homerun hinterher zu schauen.

Elizabeth schlief bereits, als ich mich zu der Überraschung meines Vaters in die Kissen des Sofas neben seinem kuschelte. Es war nicht so, dass ich dem Bildschirm die erwartete Aufmerksamkeit schenkte, aber wäre ich alleine in meinem Zimmer, ungestört von den schwachsinnigen Beiträgen des Kommentators, über die sich mein Vater jedes Mal aufregte oder die Begeisterungsstürme der Zuschauer, würde meine Gedankenwelt noch einmal ganz anders ausschauen.

Edward hatte uns am Abend hier abgesetzt und versprochen morgen früh vorbeizukommen, so gegen acht. Ich versprach ihm mit einem Frühstück auf ihn zu warten. Was ich aber eigentlich hatte sagen wollen, hatte ich nicht über mich gebracht. Immer wieder musste ich mich daran erinnern, dass wir nicht zusammen waren, auch wenn wir ab und zu Zärtlichkeiten austauschten und dass ich ihm folglich nicht verbieten konnte, zu dieser Party zu gehen. Es stand mir nicht einmal zu, ihn zu bitten, nicht zu gehen. Das einzige, was ich also machen konnte, war ihm viel Spaß zu wünschen und scherzhaft hinzuzufügen, dass er anständig sein sollte. Ob er den Wink verstanden hatte? Er hatte mir über die Wange gestreichelt und mir anschließend einen Kuss auf die Stirn gehaucht. Dann war er gegangen.

Charlie verlagerte sein Gewicht auf der Couch und schaute unbeholfen in meine Richtung. Mir war gar nicht aufgefallen, dass er wegen der Werbung den Ton ausgeschaltet hatte. ››Alles okay, Kleines?‹‹ fragte er.
Ich musterte ihn einen Augenblick, unsicher, was ich antworten sollte. Die Wahrheit kam eigentlich nicht in Frage, er war mein Vater! Allerdings konnte ich ihm auch keinesfalls weismachen, dass es mir gut ging. Also musste eine Notlüge her. ››Ja, es ist nur… Es ist seltsam. Vor einer Woche bin ich völlig unvorbereitet in dieses Projekt geworfen worden und seither ist soviel passiert. Morgen ist der letzte Tag, den Edward und ich mit der Puppe verbringen. Ich kann mir das noch gar nicht vorstellen, sie wieder abzugeben und dem Alltag nachzugehen. Es ist nicht so, als würde ich mir jetzt ganz dringend ein Kind wünschen, keine Sorge… Aber das alles stimmt mich einfach nachdenklich.‹‹
››Achso. War nicht eigentlich Edward heute mit der Puppe dran?‹‹ Das war ihm aufgefallen?
››Ja, eigentlich schon, aber ihm ist was dazwischen gekommen. Jetzt nimmt er sie wieder nächste Nacht. Ist ja im Prinzip auch egal.‹‹
››Okay.‹‹ Er verlagerte sein Gewicht erneut, dieses Mal wieder dem Bildschirm entgegen. ››Was macht er denn heute Abend?‹‹
Warum wollte er das wissen? ››Er ist auf dem Geburtstag von einem seiner Freunde.‹‹
››Und er wollte dich nicht mitnehmen? Ich dachte, ihr seid jetzt…‹‹ Er sprach es nicht aus.
››Jemand musste doch auf Elizabeth aufpassen…‹‹ redete ich mich heraus. Eigentlich war ich doch hier um nicht darüber nachzudenken.
››Da hätte sich doch bestimmt jemand gefunden, genauso wie letzte Woche, als ihr essen wart.‹‹
››Alice ist auch auf die Party eingeladen‹‹, antwortete ich schnell.
››Oh!‹‹

Zu meinem Glück ging in dem Moment das Spiel weiter. War es zu meinem Glück? Jetzt hatte ich wieder Zeit in aller Stille über mein Problem nachzudenken und das sagte mir gar nicht zu.
Ich wand mich schließlich aus meinem Decken und Kissen, die ich um mich geschlungen hatte und sagte meinem Vater Gute Nacht und machte mich anschließend auf den Weg nach oben. Ich hoffte, dass ich schlafen könnte.


Irgendwann mitten in der Nacht klingelte mein Handy. Im ersten Moment dachte ich, dass es Elizabeth wäre, die Hunger oder die Windel voll hatte, bevor ich meinen Klingelton erkannte. Wer um alles in der Welt rief mich um… zwei Uhr nachts an?

Ich tastete nach dem blinkenden Etwas auf meinem Nachttisch, klappte es auf und hob es an mein Ohr. Ich war nicht fähig einen Ton von mir zu geben.

››Bella?‹‹ hörte ich eine leise, vorsichtige Stimme am anderen Ende.
Ich brummte nur zum Zeichen, dass ich es war.
››Kannst du mir bitte die Haustür aufmachen?‹‹ fragte Edward, immer noch leise und vorsichtig.
Ich war aufrichtig verwirrt. ››Huh?‹‹ brachte ich heraus.
››Ich stehe vor deinem Haus und würde dich gerne sehen, machst du mir bitte auf?‹‹ Er stand… wo?
››Was…?‹‹ fragte ich, während ich mich unter meiner Zudecke hervorkämpfte. Was machte er um zwei Uhr nachts vor meinem Haus? Warum wollte er mich um zwei Uhr nachts sehen?
››Ich erklär es dir, wenn ich drinnen bin. Bitte, es ist nicht gerade warm hier.‹‹
Ich nickte zu Antwort, ohne zu realisieren, dass er das gar nicht sehen konnte.
››Bella?‹‹ fragte er schüchtern nach.
››Jaja‹‹, grummelte ich.

Auf dem Weg nach unten dachte ich kurz darüber nach, mir mit den Händen durch die Haare zu fahren, ließ es dann aber doch, weil es für die Uhrzeit viel zu anstrengend war. Sollte ich Edward damit verscheuchen, dann war es seine eigene Schuld, immerhin tauchte er zu dieser unmenschlichen Zeit hier auf.
Warum tauchte er eigentlich zu dieser unmenschlichen Zeit hier auf? Sollte er nicht auf der Party sein? Und nach ihrem Ende in seinem Bett? Warum kam er hier her? Hatte er getrunken und war nicht mehr ganz bei Sinnen? Nein, das hätte ich wohl seiner Stimme angehört…

Edward wartete direkt an der Haustür auf mich. Er hatte seine Arme um seinen Körper geschlungen und war in einer leicht geduckten Haltung. Er trug nur ein T-Shirt, aber selbst für eine Sommernacht schien das doch ein bisschen wenig.

Ich bedeutete ihm mit einer Kopfbewegung herein zu kommen.
››Danke‹‹, flüsterte er und folgte mir die Treppen nach oben in mein Reich. Hier bestand die Gefahr, dass mein Vater uns hören könnte und was würde er dann denken?
Ich ließ mich auf mein Bett fallen und schaute Edward fragend an. ››Also?‹‹
Er kam zu mir und kniete sich an der Bettkante nieder. ››Ich war da auf dieser Party und ich habe mich wirklich gefreut, meine ganzen Freunde wieder zu sehen. Aber als die erste Freude vorbei war und ich jeden wieder gesehen hatte, gab es nichts mehr, was mich halten konnte. Ich konnte an nichts anderes mehr denken… Ich… Bella, ich hatte Sehnsucht-‹‹ Er griff mit seinen nach meinen Händen. ››-nach meiner Freundin?‹‹ Er stellt es als Frage. Er ließ mir die Wahl, was ich antworten wollte.

Alles, was ich spürte, war, dass mein gesamter Körper warm wurde. Ich wusste nicht genau, wie ich das, was ich fühlte bezeichnen sollte, aber ich mochte es. Das Gefühl war schön! Aber was würde es bedeuten? Mein Körper gab mir die Antwort.
Ich beugte mich langsam nach vorne, die Augen geschlossen, immer dichter an Edwards Kopf, meine Lippen immer näher an seine, bis sie sich schließlich berührten. Sanft presste ich sie aufeinander und wartete dann auf Edwards Reaktion.
Er holte tief Luft, bevor er sich langsam erhob und sich über mich beugte. Ich fiel auf meinem Bett zurück, doch Edward legte sich nicht, wie erwartet, auf mich, sondern einfach nur neben mich und löste den Kuss wieder.

››Ich nehme das als ein ›Ja‹?‹‹ fragte er nach, ein Grinsen umspielte seine Lippen.
››Ich nehme an, dass man das so bezeichnen könnte‹‹, antwortete ich. Schüchtern legte ich meine Hand an seine Wange, seine Augen schlossen sich unter der Berührung.
››Bella‹‹, hauchte er. ››Ich möchte auf keine Party mehr ohne dich gehen, ich möchte nirgendwo mehr ohne dich hingehen. Entweder mit dir, oder gar nicht.‹‹
››Du willst mich deinen Freunden vorstellen?‹‹
››Ich will dich der ganzen Welt vorstellen. Als meine Freundin.‹‹

Wieder wurde mir warm, dieses Mal war ich mir aber sicher, dass sich die Wärme sichtbar in meinem Gesicht ausbreitete. Edward legte nun seinerseits eine Hand auf meine erhitzte Wange und hauchte mir dann einen Kuss auf die Nasenspitzen. Ich musste kichern.

››Mir geht es ganz genauso‹‹, gestand ich. Ich wusste nicht, wo die Worte herkamen, aber in dem Moment, als sie meine Lippen verließen, wusste ich, dass sie wahr waren.

Edward legte lächelnd seine Lippen wieder auf meine. In diesem Kuss lag so viel mehr Gefühl, als in allen anderen zuvor.
Edwards Hand fuhr mit leichtem Druck über meine Wange und meinen Hals nach unten und legte sich auf meiner Hüfte ab. Aus einer weiteren Eingebung heraus drückte ich meinen Körper dichter an den meines Freundes – ich seufzte innerlich bei dem Gedanken – und ließ meine Hand an seinem Rücken nach unten gleiten, zog sein T-Shirt ein Stück nach oben und streichelte am Bund seine Hose entlang.
Der Gedanke an das, was jetzt sicher folgte, ließ mich erschauern.

Edward löste sich von mir und blickte mich verwirrt an. ››Bella, was machst du denn da?‹‹
››Ich…‹‹ war verwirrt. ››Willst du das nicht?‹‹
››Doch… Sicher… Irgendwann, aber nicht heute.‹‹ Er seufzte, während er mir tief in die Augen blickte. ››Bella, hast du das denn immer noch nicht verstanden? Ich bin nicht so, wie du denkst, ich… ich bin nicht nur auf Sex aus, ich habe noch nicht einmal… jemals… mit einem Mädchen geschlafen.‹‹
Ich biss mir auf die Lippen und wich seinem Blick aus.
››Außer… du wolltest…?‹‹ fragte Edward, plötzlich unsicher geworden.
Ich schüttelte schnell meinen Kopf um diesen Gedanken schnell zu vertreiben. Soweit war ich noch auf keinen Fall.
Ich hörte ihn ausatmen, bevor er mich fest in seine Arme schloss. ››Wir haben alle Zeit der Welt‹‹, versicherte er mir. ››Denn ich habe nicht die Absicht, dich so schnell wieder gehen zu lassen.‹‹
››Ich auch nicht‹‹, flüsterte ich.

Eine Weile herrschte Stille. Ich war sicher, dass ich nicht mehr schlafen könnte, so müde ich auch war, so aufregend war es, dass Edward unmittelbar neben mir lag. Mir schien, als seien meine gesamten Sinne auf die Kuhle, die sein Körper auf meinem Bett bildete, fixiert, ich konnte an nichts anderes mehr denken. Selbst wenn ich meine Augen schloss, stellte ich mir vor, wie er da lag.

››Bella?‹‹
››Hm?‹‹
››Verzeihst du mir, dass ich hier mitten in der Nacht einfach so aufgetaucht bin?‹‹
››Ja‹‹, flüsterte ich. ››Du hattest die richtige Begründung dabei.‹‹
››Dann wärst du mir nicht böse, wenn ich das noch öfter machen würde?‹‹
››Warum willst du überhaupt wieder gehen?‹‹
››Ich möchte nicht wieder gehen‹‹, gestand er mit seiner samtweichen Stimme, seine Arme schlossen sich wieder fester im mich.
››Gut‹‹, nuschelte ich in seine Brust. ››Ich wollte dich nämlich auch nur ungern gehen lassen.‹‹
››Das hört sich gut an‹‹, seufzte er.
››Finde ich auch… Edward?‹‹
››Ja?‹‹
››Ich würde gerne schnell ins Bad und… können wir dann schlafen?‹‹
››Ja, sicher.‹‹

Edward löste seine Arme von mir – der einzige Nachteil an diesem Unterfangen. Aber ich tröstete mich damit, dass ich mich gleich wieder zurück kuscheln könnte.

Als ich das Bad wieder verließ, saß Edward in seinem T-Shirt und Boxershorts auf meinem Bett, Elizabeth auf dem Arm und eine Flasche in der Hand. Hatte sie geschrieen?
Es war ein Bild für Götter. Ich hatte das Gefühl, dass ich niemals genug von diesem Anblick bekommen könnte. Wie würde das erst werden, wenn wir unsere eigenen Kinder hatten – wenn wir denn welche bekommen würden? Der Gedanke löste eine ganze Hundertschaft von Schmetterlingen in meinem Bauch aus.
Mit langsamen Schritten ging ich auf die beiden zu – es war verwunderlich, wie sehr ich Elizabeth im Moment als ein menschliches Baby ansah – und setzte mich schließlich neben Edward und legte einen Arm um ihn. Er lächelte sanft in meine Richtung, dann fixierten wir beide den Puppenkopf.
Mit jedem anderen Partner wäre ich mir in diesem Bild wohl lächerlich vorgekommen.

Als das Fläschchen leer war, übergab Edward mir die kleine Elizabeth. ››Kannst du schnell…? Ich müsste auch eben…‹‹ Er blickte zum Bad.
Ich nickte, nahm sie in meine Arme und streichelte ihren Rücken, während ich versuchte das Bäuerchen aus ihr heraus zu bekommen. Sobald das erledigt war, begann sie zu weinen – vor Müdigkeit, wie ich annahm. Trotzdem sah ich schnell nach der Windel, aber wie gedacht, war sie trocken.
››Soll ich sie nehmen? Dann kannst du dich hinlegen, immerhin ist heute auch meine Nacht…‹‹ fragte Edward, als er zurückkam.

Ich nahm dieses Angebot nur zu gerne an. Sobald sie sicher in seinen Armen war, kuschelte ich mich zurück unter meine Decke, allerdings legte ich mich nicht hin, sondern lehnte mich gegen die Wand und beobachtete Edward, wie er mit Elizabeth im Raum umher ging.

Sie wurde nach ungefähr einer viertel Stunde wieder ruhig und nach weiteren fünf Minuten schlief sie tief uns fest, so dass sie nicht mehr zu wimmern anfing, als Edward sie hinlegte.
Edward kam zum Bett und legte sich neben mich. Vorsichtig zog er mich in seine Arme und ich rutschte nach unten um mich neben ihn legen zu können. Ich fühlte mich sicher und geborgen, als ich meine Augen schloss. Jedoch war ich mir immer noch nicht sicher, ob ich wieder schlafen könnte.

››Gute Nacht, Bella‹‹, wünschte Edward.
››Dir auch‹‹, nuschelte ich. ››Träum was schönes.‹‹
››Ja, du auch‹‹, antwortete er.

Edward schien keine Probleme zu haben neben mir einzuschlafen. Schon bald hörte ich seinen regelmäßigen Atem. In meinem Kopf hingegen ging es trotz aller Müdigkeit noch wild umher. Ich konnte es nicht glauben.
Noch heute Morgen war ich überzeugt davon gewesen, dass ich noch nicht soweit war, um Edwards Freundin zu werden. Und dann wurde ich mit einem Abend voller Zweifel geplagt, mit dem Ergebnis, dass ich doch soweit zu sein schien. Sonst hätte mein Körper doch nicht die Gewalt über mich genommen, oder? Er würde mich doch in keine andere, als die richtige Richtung lenken, nicht wahr?
Nein, ich war mir sicher, dass das gut so war. Und nur weil wir zusammen waren, hieß das doch nicht, dass wir etwas überstürzen mussten. Das schien offensichtlich auch ganz in Edwards Sinne zu sein.
Ich seufzte.
Ich konnte es nicht glauben.
Ich lag hier tatsächlich neben Edward Cullen – meinem Freund Edward Cullen! – in meinem Bett. Vor etwas über einer Woche hätte ich mich für so einen Gedanken noch selbst eingewiesen. Und gerade eben hatte ich mir sein Versprechen eingeholt, dass es nicht so bald wieder anders sein würde, was genau nach meinem Sinne war.

Ich kuschelte mich dichter an Edward, sein Griff um mich verfesterte sich wieder etwas, und versuchte meinen Kopf frei zu bekommen, meine Augen zu schließen und endlich zu etwas Schlaf zu kommen.


Als ich aufwachte, wusste ich überraschenderweise genau, was mich erwartete. Es war, als wäre es niemals anders. Mit noch geschlossenen Augen tastete ich durch mein Bett, bis ich gegen einen warmen Widerstand stieß. Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen, ich zog meinen Körper dichter an den anderen heran und kuschelte mein Gesicht in den Bauch. Er vibrierte leicht. Was war denn da jetzt so witzig?

››Morgen‹‹, hörte ich Edwards wunderbare, kratzige Stimme.
Ich tastete mit meiner Hand zu seiner Wange und streichelte darüber, wohl wissend, dass ich im Moment zu noch keinem Wort fähig war.

Edward umschlang mich fest mit seinen Armen und zog mich auf seinen Körper. Ich war noch viel zu müde, um über Protest nachzudenken, dass ich dafür eigentlich viel zu schwer war… Es fiel mir überhaupt sehr schwer im Moment einen klaren Gedanken zu fassen, so dicht wie ich an ihn gekuschelt war, so fest wie er mich an sich drückte, so wunderbar berauschend sein einmaliger Geruch von ihm strömte. Ich krallte meine Hände Besitz ergreifend in sein T-Shirt, nie wieder würde ich ihn loslassen.

Doch mit einem Baby im Haus, auch wenn es nur Batterie gesteuert war, war das unmöglich auf ewig im Bett liegen zu bleiben.
Elizabeth meldete sich bald darauf und ich löste mich schwer seufzend von Edward, rollte mich aus meinem Bett heraus und schnappte mir meine vorübergehende Tochter. Zusammen gingen wir nach unten, wobei ich viel mehr tapste und sie in meinen Armen wimmerte, in die Küche. Erst hier warf ich einen Blick auf die Uhr der Mikrowelle und stellte überrascht fest, dass die Kleine es wohl doch gut mit ihren Eltern gemeint hatte und ganze sechs Stunden am Stück geschlafen hatte. Es war halb neun.

Weniger grummlig machte ich mich daran ein Fläschchen für sie vorzubereiten und setzte nebenher noch heißes Wasser für Tee auf.

››Bella?‹‹ hörte ich meinen Namen gerufen.
Ich drehte mich mit fragendem Blick Edward zu, der in der Küchentür stand.
››Dein Vater ist schon weg, oder?‹‹
Ich nickte. Und erstarrte im nächsten Moment. ››Bist du mit dem Auto hergekommen? Wo hast du geparkt?‹‹
Er lachte sanft. ››Keine Sorge, Alice hat mich gebracht, sie meinte, dass ich nicht auszuhalten sei und doch einfach zu dir gehen sollte.‹‹
Mein Herzschlag verlangsamte sich wieder und ich atmete erleichtert aus.
Edward stellte sich zu mir und schlang einen Arm um mich – die andere Seite war mit Elizabeth besetzt. ››Waren das nicht herrliche erste Worte, die du an diesem Morgen für mich hattest?‹‹ fragte er mit übertriebener Fröhlichkeit.
Ich klopfte ihn auf seine Hand, drückte meinen Rücken aber in der gleichen Bewegung an ihn. ››Sorry‹‹, nuschelte ich.
››Bist du ein Morgenmuffel?‹‹ fragte er, ich konnte das breite Grinsen aus seiner Stimme hören.
Ich zuckte die Schultern. ››Vielleicht.‹‹
››Ich werde es herausfinden‹‹, versprach er mir.
››Okay.‹‹ Damit konnte ich leben!

Wir richteten uns zusammen ein Frühstück aus dem, was wir am liebsten mochten. Zwischendurch fütterte ich Elizabeth mit ihrem Fläschchen.

››Was wollen wir heute Morgen machen? Bis zu dem Essen mit den anderen?‹‹ wollte ich wissen.
››Nichts‹‹, war Edwards simple Antwort.
››Nichts, wir machen nichts; oder nichts, du hast keine Idee?‹‹ hakte ich nach.
››Nichts, wir machen nichts, wenn du nichts dagegen hast?‹‹
››Überhaupt nicht. Das Sofa und eine DVD eignen sich da ausgezeichnet dazu‹‹, schlug ich vor.
››Streich die DVD und ich bin zufrieden‹‹, erwiderte Edward.

Ich schaute mit hochgezogener Augenbraue zu Edward und wurde sofort von seinem liebevollen Blick gefangen genommen. Benommen nickte ich. Auch damit war ich einverstanden.

Wir beendeten das Frühstück recht schnell. Ich brachte Elizabeths Wiege aus meinem Schlafzimmer ins Wohnzimmer und legte sie hinein. Zum Glück war sie ruhig. Dann ging ich zu Edward aufs Sofa. Er lag schon fast mehr, als das er saß. Ein Bein war noch auf dem Boden, während das andere auf der Vorderseite des Sofas lag. Ich legte mich zwischen dieses Bein und die Rückenlehne, meinen freien Arm schlang ich um Edwards Bauch, meinen Kopf bettete ich auf seiner Brust.
Edward legte seine beiden Arme um mich. Seine obere Hand streichelte immer wieder durch meine Haare.

››Bella?‹‹
››Hm?‹‹ Meine Antwort klang fast nach einem Schnurren.
››Willst du es eigentlich gleich offiziell machen? Unsere Beziehung?‹‹ fragte Edward leise.
Unsere Beziehung… Ich seufzte innerlich. ››Ich weiß nicht… Ich denke schon?‹‹ sagte ich unsicher. ››Willst du es denn?‹‹
››Nichts lieber als das, aber nur wenn es für dich okay ist.‹‹
Ich nickte. ››Ist es.‹‹
››Gut‹‹, antwortet er, ich hörte ihn grinsen. ››Ich weiß nämlich nicht, ob ich mich zurückhalten könnte, dich zu berühren.‹‹
››Spinner‹‹, lachte ich.
››Das war mein ernst!‹‹

Wie, als wollte er das beweisen, fuhr er mit der Hand, die die ganze Zeit meine Haare durcheinander gebracht hatte unter meine Schulter, zog mich dann weiter nach oben, bis unsere Lippen direkt voreinander waren. Er legte seine Hand zurück in meinen Nacken und drückte meinen Kopf sanft nach unten, bis unsere Lippen aufeinander trafen.
Ich lächelte. Wenn er solche Methoden anwandte, konnte ich auch nicht anders, als zuzugeben, dass es mir schwer fallen könnte, mich zurückzuhalten.
Ich schloss meine Augen und gab mich ganz seinen Berührungen hin.


The Rose and Crown


Das ›Rose and Crown‹ war ein bekanntes und beliebtes Restaurant in einer großen Parkanlage. Bei gutem Wetter waren auf der großen Wiese gegenüber des Hauses Tische und Stühle aufgestellt, sodass man auch draußen essen konnte. Man hatte von dort einen wunderschönen Blick auf den großen See des Parks auf der einen Seite und verschiedenen Rosengewächsen auf der anderen Seite.
Früher war ich sehr oft hier gewesen. Meine Mutter hatte es geliebt nach dem Essen zwischen den Rosenstöcken zu spazieren, mir die einzelnen Namen zu nennen und anschließend zu überlegen, wie die hier wohl so gut erhalten waren, während ihre zu Hause immer eingingen. Nach ihrem Tod war mein Vater nicht einmal in die Nähe dieses Parks gekommen und auch ich hatte ihn größtenteils gemieden.

Ich weiß nicht genau, warum ich mich so zuversichtlich fühlte, als ich mit Edward ebendiesen Park betrat und den Kiesweg entlang bis zum Restaurant ging. Die Angst, die ich sonst manchmal gespürt hatte, wenn ich hier herkam, erfasste mich nicht. Eher wollte ich Edward von meinen schönen Tagen hier in diesem Park erzählen. Mich überrannten Erinnerungen, wie ich in einem blütenweißen Kleid Schmetterlingen hinterher gejagt war und meine Mutter mich schmunzelnd zurückgerufen hatte um mir zu sagen, dass sich dieses Benehmen für eine junge Dame nicht gehörte. Wie ich einmal um eine Ecke gekommen war und meine Eltern sich eng umschlungen hielten, weil sie dachten, sie wären einen Moment ungestört.

Edward legte einen Arm um meine Taille. ››Du siehst nachdenklich aus‹‹, bemerkte er.
Ich wandte meinen Kopf um und blickte in seine zärtlichen Augen. ››Ich hänge Kindheitserinnerungen nach‹‹, erklärte ich.

Es war nicht etwas, dass ich Edward erzählen wollte, wenn ich jeden Moment Angela oder Ben sehen könnte und wahrscheinlich auch Lauren und Mike. Vielleicht würde ich ihm später alles ausführlich berichten, wenn wir einen kleinen Spaziergang zwischen den Rosenbüschen machten.

Wie zu erwarten, saßen Angela und Ben bereits an einem der größeren Tische auf der Außenanlage des Restaurants. Sie hatten unserer Gruppe doch tatsächlich drei Babystühle dazu bestellt, in dem zwischen ihnen saß bereits der kleine Thomas.
Ich musste mich mit Edward gar nicht absprechen, dass wir solch eine Regelung nicht wollten. Er verrutschte seinen Stuhl zwischen den Babystuhl und meinen, sodass wir nebeneinander sitzen konnten. Es störte mich bei der Sache nicht, dass er dichter an Elizabeth war, als ich. Angela, die mir gegenüber saß – was leider auch hieß, dass ich später entweder neben Mike oder Lauren sitzen musste, falls sie denn kamen – warf mir einen überraschten Blick zu. Ich wusste, was sie meinte. Bis jetzt hatten Edward und ich es immer so gehandhabt, dass Elizabeth unser Mittelpunkt war. Aber wie hätte ich in dem Fall Edwards Hand mit meiner umschlingen können?

Ein Kellner kam und wir bestellten etwas zu trinken, sagten dazu, dass wir noch warteten, bis wir das Essen bestellen wollten.

››Wie hoch stehen unsere Chancen, dass unsere Gruppe noch Zuwachs bekommt?‹‹ fragte ich in die Runde. ››Habt ihr was von den beiden gehört?‹‹
››Nein‹‹, meinte Angela. ››Aber ich hoffe wirklich, dass sie sich entscheiden zu kommen, dass wir alle zusammen sind.‹‹
››So ein großer Verlust wäre es auch nicht, wenn wir ohne sie essen‹‹, sprach Edward meine unterdrückten Gedanken aus.
Einen Moment wirkte Angela tatsächlich so, als wollte sie zustimmen, dann aber richtete sich ihr Blick in die Ferne und sie lächelte leicht. ››Ich glaube, sie kommen. Mit einem Kinderwagen‹‹, fügte sie überrascht, und auch zu unserer aller Überraschung, hinzu.

Wir alle drehten uns im selben Moment in die Richtung, in die Angela blickte, um uns mit unseren eigenen Augen von dem unmöglichen zu überzeugen. Aber es schien tatsächlich ganz genauso zu sein, wie es uns geschildert wurde. Vor Lauren war ein Kinderwagen. Und sie schob ihn weder zu schnell, noch gekippt, noch schien man sich sonst in irgendeiner Weise Sorgen um seinen Insassen machen zu müssen.
Was war passiert?
Auch Mikes Verhalten war ganz anders, als wir es von ihm gewohnt waren. Zwar hielt er nicht Laurens Hand und stand auch mit sonst keinem Kontakt zu dem Kinderwagen, doch er hielt eindeutig nicht seinen sonstigen Sicherheitsabstand von ihr. Je dichter sie uns kamen, desto näher rutschte er an Lauren heran, sie wisperte ihm etwas zu und im nächsten Moment legte er, etwas zurückflüsternd, einen Arm um ihre Taille.

Das war spätestens der Moment, in dem mir die Augen heraus fielen und ich ernsthaft darüber nachdachte, ob ich träumte. ››Seht ihr das, was ich sehe?‹‹ brachte ich leise heraus.
››Heißt das, dass ich nicht träume?‹‹ fragte Ben.
››Wir könnten auch alle denselben Traum haben‹‹, schlug Edward vor.
››Können wir uns bitte auf die Definition Albtraum einigen?‹‹ fragte ich.
››Nun seid mal nicht so‹‹, schalt uns Angela. ››Es ist doch schön, dass dieses Projekt offensichtlich so viel schönes hervorgebracht hat. Ich meine, Ben und ich, Bella und Edward… warum nicht auch Lauren und Mike?‹‹
››Ew!‹‹ kam es im selben Moment von Edward, Ben und mir.
Angela seufzte. ››Dann tut wenigstens so, als würdet ihr euch für die beiden freuen. Wir wollen heute doch ein schönes Mittagessen haben, oder?‹‹
››Sicher Schatz‹‹, sagte Ben und auch Edward und ich nickten ergeben.

Mike setzte sich neben mich, schien das aber erst zu bemerken, als er alle anderen bereits begrüßt hatte. Ich atmete aus. Anscheinend hatten seine neu geweckten Gefühle für Lauren ihn von meiner Person abgelenkt. Trotzdem versuchte ich meinen Stuhl unauffällig etwas näher an Edwards heranzurutschen.

Obwohl wir alle auf ihre Geschichte brannten, hielten wir uns mit unseren Fragen zurück. Ich denke, wir waren zu der stillen Übereinstimmung gekommen, dass Lauren es nicht lange für sich behalten könnte und von selbst damit herausplatzen würde.
So war es dann auch, nachdem unsere vier Getränke gekommen waren, die anderen beiden ihre bestellt hatten und wir alle unser Mittagessen ausgesucht.

››Ihr wundert euch bestimmt, wie Mike und ich hier hergekommen sind…‹‹ fing sie geheimnisvoll an. Wir nickten im Einklang. ››Wir sind zusammen. Seid gestern Abend!‹‹
››Das ist toll!‹‹ rief ich aus.
Alle anderen nickten.
››Wir freuen uns so für euch‹‹, sagte Angela.
Wir andern nickten.
››Wie ist es dazu gekommen?‹‹ fragte Edward. ››Gestern schien es noch ganz anders…‹‹
Wir anderen schauten sie fragend an.
››Willst du erzählen?‹‹ fragte Lauren Mike verliebt kichernd.
Ich verzog den Mund.
››Nein, mach du, ich würde es gerne aus deiner Sicht hören.‹‹ Mike legte ihre ineinander verschränkten Hände auf den Tisch – Das Kind war immer noch hinter ihnen im Kinderwagen.
››Also gut. Aber nur, wenn du ganz sicher bist. Schließlich warst du derjenige, der…‹‹
Mike nickte versichernd.
››Okay, hört zu. Ihr wisst ja, dass es mir gestern nicht so gut ging. Ich wusste selbst nicht warum, aber ich fühlte mich so lahm und träge und müde und ich bin gar nicht aus dem Bett gekommen. Also habe ich in der Schule angerufen und eine Nachricht für Mr. Banner da gelassen und anschließend bei Mike angerufen, dass er Citty abholen kann – was er dann auch getan hat. Und dann kam das wirklich seltsame. Nachdem er da war und ich ihn gesehen und kurz mit ihm gesprochen hatte, ging es mir besser. Ich konnte mir das gar nicht erklären. In die Schule wollte ich dann trotzdem nicht nachkommen, was wenn es wieder anfangen würde? Und es wurde auch immer schlechter. Aber dann, am Abend, ist Mike wieder gekommen, er meinte, er müsste mit mir reden, weil ihm einiges klar geworden ist über den Tag, als wir uns nicht sahen. Er sagte, er hätte mich gerne gesehen. Und es war schade, dass ich heute krank war. Und er fragte mich, ob ich mich wieder besser fühle. Und mir ging es wirklich besser, sobald er durch die Tür gekommen war. Jedenfalls meinte er, dass er Gefühle entwickelt hätte, für mich, die ihn völlig überraschten, aber die einfach da sind und die er nicht ignorieren kann. Und ich wusste da, dass ich dasselbe fühlte. Ja, dann haben wir-‹‹
››Genug Details, Liebling‹‹, flüsterte Mike Lauren in einer Art zu, dass jeder genau wusste, was nicht ausgesprochen worden war – auch wenn derjenige es nicht wissen wollte.
››Jedenfalls sind wir jetzt zusammen!‹‹ sagte Lauren stolz.

Ich beobachtete die beiden während des Essens. Sie hatten nichts von der Leidenschaft zwischen Angela und Ben. Und man merkte auch nichts von der unbeschreiblichen Liebe zwischen Edward und mir. Es schien viel mehr, als würden sie allein durch das Wissen, das sie Gefühle füreinander hatten und zusammen waren, zusammen hängen. Manche Gesten schienen so eindeutig und andere ließen mich an ein Schauspiel denken. Ich schob ihre allgemeine Unsicherheit darauf, dass sie noch nicht lange zusammen waren und auch davor niemals auf einer vertrauensvollen Basis miteinander umgegangen waren.
Obwohl Edward und ich auch noch keine lange Geschichte hatten, schien es bei uns gar keine Anlaufschwierigkeiten zu geben. Es war einfach so unglaublich normal, dass er meine Hand nahm. Als könnte es gar nicht anders sein, als dass er mich berührte.

››Oh Bella‹‹, sprach Mike mich während des Essens an.
Ich drehte meinen Kopf leicht in seine Richtung, um ihm zu zeigen, dass ich zuhörte.
››Ich wollte mich für mein Verhalten entschuldigen‹‹, sagte er leise.
››Was?‹‹ mein Kopf schnellte nach oben. Meine Reaktion war schneller, als mein Verstand die Sache rational verarbeiten konnte.
››Mein Verhalten in letzter Zeit, das war einfach falsch und deswegen möchte ich mich bei dir entschuldigen. Ich hätte es gleich akzeptieren müssen, als du beim ersten Mal eine Einladung abgewiesen hast. Und ich bin dir auch dankbar deswegen, sonst wäre ich jetzt sicher nicht mit meiner Lauren zusammen!‹‹
Ich atmete scharf ein. Hatte ich was in den Ohren, oder waren seine tatsächlich die Worte, die ich eben verstanden hatte?
››Sind wir okay?‹‹ fragte er vorsichtig.
Ich fing damit an meinen Kopf zu schütteln, weil ich so verwirrt war, änderte die Bewegung aber schnell in ein Nicken, als mir bewusst wurde, dass man das falsch verstehen konnte. ››Natürlich, wir sind okay‹‹, setzte ich hinterher.
››Super! Ich meine, versteh mich nicht falsch, du bist wirklich ein tolles Mädchen, Bella. Aber im Vergleich zu Lauren. Sie ist einfach so… so richtig für mich…‹‹
Ich unterdrückte einen Würgreiz. ››Lass gut sein, Mike, ist schon okay. Lass uns die Sachen von damals einfach vergessen, ja? Wir sind jetzt beide in einer Beziehung, da sollten wir wirklich die alten Geschichten hinter uns lassen.‹‹
››Dann seid ihr jetzt also richtig zusammen, du und Edward?‹‹ fragte Mike interessiert. Ich suchte nach dem Unterton der Eifersucht, den man sonst von ihm kannte.
››Mike‹‹, sagte ich warnend.
››Was? Ich bin nur neugierig. Also?‹‹
››Ja. Das sind wir. Und jetzt lassen wir besser das Thema.‹‹

Mike nickte, also drehte ich schnell meinen Kopf von ihm weg und legte ihn stattdessen seufzend gegen Edwards Schulter. Sofort ließ er seine Gabel los um nach meiner Hand zu greifen.

››Was ist los?‹‹ fragte er leise.
››Später‹‹, flüsterte ich zurück.
››Okay.‹‹ Ich spürte seine Lippen an meinem Kopf.

Nach dem Mittagessen, als Lauren gerade im Restaurantgebäude verschwunden war, um sich frisch zu machen, setzte ich mich auf ihren Platz neben Angela. Die hatte mich seit geraumer Zeit neugierig gemustert und ich wusste, dass sie darauf brannte, zu erfahren, was gestern noch zwischen Edward und mir vorgefallen war. Aber, wie gewöhnlich, war sie nicht der Typ, der einfach damit herausplatzte und fragte.
Leise begann ich zu erzählen, warf Edward dabei immer wieder kurze Blicke zu, die ich meistens auch erwidert bekam. Ganz offensichtlich wusste er, worüber Angela und ich uns unterhielten.

››Nein, das ist so süß!‹‹ seufzte sie, nachdem ich geendet hatte. ››Das war wirklich die perfekte Romanze für dich‹‹, schwärmte sie.

Ich bekam das leider nur am Rand mit. Lauren war von der Toilette zurück und hatte sich ganz selbstverständlich, ohne mit der Wimper zu zucken, auf meinen freien Platz zwischen Edward und Mike gesetzt. Obwohl ich wusste, dass Edward mit mir zusammen war und sie offensichtlich ganz verschossen in Mike war, war mir die Situation ein Dorn im Auge – besonders als sie mit Edward zu sprechen anfing. So leise, dass ich es an diesem Ende des Tisches nicht verstehen konnte.

››Oh Bella, ich freu mich so für dich. Ich habe mir immer gedacht, dass ihr ein wirklich tolles Paar abgeben würdet!‹‹
In dem Moment hatte Angela meine Aufmerksamkeit wieder. ››Was?‹‹ fragte ich nach.
››Naja…‹‹ druckste sie. ››Wenn man euch beide getrennt voneinander beobachtet hat, hat man einfach bestimmte Dinge festgestellt, die euch beide ausmachen, aber niemanden sonst. Ach… das ist schwer zu beschreiben…‹‹
››Wie kamst du dazu Edward zu beobachten und dann auch noch mit mir zu vergleichen?‹‹
››Ich hab… vielleicht… ein bisschen…‹‹
››Ja?‹‹ bohrte ich nach.
››Nach einem Jungen für dich Ausschau gehalten. Und dabei hab ich die Vermutung angestellt, dass Edward eventuell gar nicht so ist, wie er sich immer gibt.‹‹
››Wirklich?‹‹ Ich hatte Angela gar nicht zugetraut so aufmerksam zu sein.
››Hmhm‹‹, nickte sie.
››Oh man… Aber über die Männersuche für mich reden wir noch einmal!‹‹ warnte ich sie gespielt streng.
Sie nickte grinsend.

Als die Eiskarten kamen, beanspruchte ich meinen Platz neben Edward wieder zurück. Ich wollte, wenn es das denn noch im Angebot gab, den ›Roten Eisbecher für Zwei‹ nehmen, den ich früher immer mit meinen Eltern hatte – damals wie heute bevorzugt ohne den Alkohol.
Edward war sofort begeistert von der Idee, auch wenn er meine Geschichte dahinter nicht kannte. Ich nahm mir ein weiteres Mal vor ihm im späteren Verlauf des Tages davon zu berichten.

Angela und Ben entschieden sich für einen großen ›Bananasplit‹ gemeinsam, Lauren und Mike für einen ›Schlemmerbecher‹ für zwei.

››Habt ihr eigentlich schon mit dem Bericht angefangen? Oder eine Idee über das Muster? Die Länge?‹‹ fragte Mike in die Runde.
››Angela und ich haben am Wochenende schon ein bisschen angefangen die erste Woche etwas niederzuschreiben, aber etwas Endgültiges ist es noch nicht. Und wir haben ein vorübergehendes Inhaltsverzeichnis erstellt‹‹, erzählte Ben.
››Ich habe eigentlich nur jeden Abend persönliche Eindrücke vom Tag nieder geschrieben und was wir gemacht haben, allerdings nur in Stichworten‹‹, sagte Edward.
››Ich habe mich am Donnerstag eine Zeit lang damit beschäftigt, über den Aufbau und alles nachgedacht und meinen persönlichen Erfahrungsbericht geschrieben – allerdings ist der wahrscheinlich nicht zu verwenden, weil inzwischen noch einmal so viel Zeit vergangen ist und sich vieles geändert hat.‹‹ Edward drückte unter dem Tisch meine Hand. ››Was die Länge angeht, so fürchte ich, dass da noch ein bisschen was raus geschnitten werden muss, bis es präsentierbar ist – so wie mein Gesamtüberblick bis jetzt ist. Wie lange soll die Präsentation sein?‹‹
››Fünfzehn bis zwanzig Minuten, steht auf dem Zettel. Aber das abgegebene Papiermaterial soll umfassender sein. Ich glaube, es waren mindestens zehn Seiten in normaler Schriftgröße und ohne Bilder. Zweieinhalb Seiten zu jedem Untertitel, aber mehr sind immer erwünscht‹‹, antwortete Angela.
››Was sind die Untertitel?‹ wollte Mike wissen.
››Die stehen auf dem Zettel‹‹, meinte Edward. ››Aber ich würde dem ersten Punkt auf jeden Fall noch eine Einleitung voraussetzen. Dann das Tagebuch, anschließend die beiden persönlichen Berichte, Interviews mit Passanten, Familienangehörigen und so weiter und zum Schluss noch das Fazit, das gleichzeitig die Ausleitung bildet.‹‹
››Die Bilder nicht an den Schluss?‹‹ fragte ich nach, da ich das so gewohnt war.
››Nein, wir könnten sie zwischen die Texte setzen, soweit ich das verstanden habe.‹‹
››Aber trotzdem zweieinhalb Seiten getippt‹‹, warf Angela ein. ››Ich habe, ehrlich gesagt, keine Ahnung, wie ich das immer schaffen soll. Klar, das Tagebuch wird sicher länger, aber für den persönlichen Bericht bekomme ich bestimmt nicht über eine Seite zusammen, wenn überhaupt. Die Interviews kann man gut strecken, obwohl das sicher auch eher mehr wird. Aber ernsthaft, ein zweieinhalbseitiges Fazit? Das ist Irre! Danke übrigens, Edward, für die Idee mit der Einleitung, das werden wir übernehmen – wenn das okay ist?‹‹
››Sicher‹‹, sagte Edward. ››Allerdings denke ich nicht, dass Mr. Banner so genau darauf achten wird, dass wir wirklich zehn Seiten getippt haben und zu jedem Punkt genau zweieinhalb Seiten. Wahrscheinlich wird er nicht einmal etwas sagen, wenn es nur acht Seiten sind. Obwohl ich nicht glaube, dass das passieren wird, so viel wie in den letzten Tagen geschehen ist.‹‹
››Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass wir die zehn Seiten schaffen, wie auch immer‹‹, stimmte Ben zu.
››Hast du schon was gemacht, Lauren?‹‹ fragte Angela freundlich nach. Ich war mir sicher, dass die Frage bei mir irgendwas zwischen schadenfroh und gehässig geklungen hätte.
››Ja… um… Mike und ich haben gestern Nacht noch etwas darüber geredet, wie wir uns das vorstellen, aber sind eher nicht zu einer Einigung gekommen. Deswegen wollten wir einfach mal fragen, wie das bei euch so ausschaut. Und heute Morgen haben wir ein paar Erlebnisse zusammen getragen.‹‹
››Oh schön‹‹, sagte Angela. ››Ich hoffe, wir konnten euch weiterhelfen.‹‹
››Ja, ich denke schon. Danke.‹‹

Unser Eis kam wenig später.
Edwards und mein Becher sah noch viel leckerer aus, als ich ihn in Erinnerung hatte. Ein großes Glas mit rötlichem Rand, gefüllt mit verschiedenen roten und orangenen Fruchteissorten, einer roten Soße und roten, orangenen und gelben Früchten. Die Sahne war mit kleinen, roten Zuckerherzen besprenkelt.
Ich nahm einen der langen Löffel und pickte vorsichtig etwas von der Sahne darauf, eines der roten Herzchen gut zu sehen und hielt den Löffel vor Edwards Mund. Edward lächelte und öffnete sein Mund, dass ich den Löffel hineinschrieben konnte. Kaum war der Löffel wieder draußen, legte Edward eine Hand in meinen Nacken und führte unsere Lippen kurz zusammen. Ich musste kichern.
Wir aßen nie von unserem eigenen Löffel, sondern ließen uns immer vom anderen füttern. Dass wir hier auf einer großen Wiese mitten in einem Park saßen und uns jeder beobachten konnte, hatte zumindest ich für den Moment vergessen.

Nachdem jeder sein Eis aufgegessen hatte, beschlossen wir zu zahlen und aufzubrechen. Für jeden von uns war es an der Zeit wieder seine eigenen Wege zu gehen. Für mich bedeutete das, mich mit Edward auf eine Decke in den Schatten der Rosenbüsche zu setzen und ihn an meinem Leben teilhaben zu lassen.


Life


››Meine Mutter liebte Rosen, meine frühste Kindheitserinnerung geht genau an diese Stelle unter den Rosenbüschen zurück. Irgendwie hatte meine Mutter es geschafft einen der Kellner des ›Rose and Crown‹ zu überreden, uns unsere Bestellung hier her zu bringen. Es war ein wunderschöner Sommertag, ein Sonntag und meine Mutter hatte mich in mein schönsten und feinstes Kleidchen gesteckt, auch meine Mutter trug in Sommerkleid und mein Vater ein Hemd und eine Anzughose. Damals wusste ich noch nicht, warum wir uns so schick gemacht hatten, aber es war mir auch egal, denn ich liebte dieses Kleid und meine Mutter erlaubte mir nur viel zu selten es anzuziehen.
Heute weiß ich, dass wir damals ihren Hochzeitstag und meinen – aber erst kürzer zurückliegenden – Tauftag gefeiert hatten.
Mein Vater hat heimlich eine der Rosen abgeknipst und sie anschließend meiner Mutter in ein Knopfloch ihres Kleides gesteckt. Ich fand das damals sehr witzig, den wahren Sinn habe ich natürlich nicht verstanden. Irgendwann später hat meine Mutter die Rose dann herausgenommen und mir in die Haare gesteckt. Ich habe mich unglaublich gefreut.
Ich habe sehr viele Erinnerungen an den Park, besonders an das Restaurant und den Rosengarten, aber ich denke, dass diese die schönste ist. Wir sind jeden Monat mindestens einmal hier her gekommen, meistens sonntags, in der ganzen Familie. Manchmal bin ich auch mit meiner Mutter hier spazieren gewesen, nach der Schule, oder wenn es ihr oder mir einfach nicht so gut ging. Wir haben es hier geliebt. Und nach jedem Mal hat sich meine Mutter den Plan gefasst, dass sie auch in unserem Garten verschiedene Rosen anbauen möchte. Es ist sehr oft schief gegangen.
Aber dann… konnten wir nicht mehr kommen. Zuerst wurde es einfach immer weniger, die Aufenthalte wurden kürzer und Moms letzter Besuch war im Rollstuhl. Sie war krank geworden und wir hatten keine Hoffnung auf Heilung, nur ein Herauszögern und vielleicht längeres Leiden für sie. Das wollten wir nicht.
Die erste Zeit verstand ich gar nicht, was vor sich ging. Ich verstand nicht, warum wir nicht mehr in den Park gehen konnten, wie normal. Ich verstand nicht, warum meine Mutter immer weniger lächelte und mein Vater immer bedrückter schien. Warum ich nicht mehr laut lachen sollte, warum sie sich so oft von mir gestört fühlten. Es dauerte sehr lange, bis sie es über sich brachten mir die Wahrheit zu sagen, natürlich wollten sie mich davor beschützen, aber ich hatte doch schon gespürt, dass etwas nicht mehr stimmte.
Ich weiß, dass ich danach eine lange Zeit keinen der beiden mehr sehen wollte. Nicht, weil ich ihnen böse war, dass sie mir erst so spät davon erzählten, für solch eine Reaktion war ich noch viel zu jung. Nein, es war, weil sie mir erzählten, dass Mommy gehen würde, für immer und nie wieder zurückkommen würde. Zwar hatten sie mir gesagt, dass sie immer bei mir sein würde und als Engel über mich wachen würde, aber das konnte ich mir nicht vorstellen. Wie sollte sie da sein, wenn ich sie nicht berühren und nicht sehen konnte?
Inzwischen bereue ich, dass ich mir so viel Zeit mit meiner Mutter genommen habe.
Als ich wieder aus meiner Verschanzung zurückkehrte, war es noch nicht Zeit für meine Mutter. Sie war nur schwächer, aber sie konnte noch alles ganz genau so machen, wie früher. Sie versuchte so viel Zeit wie möglich mit mir zu verbringen, so viele Dinge, die ich machen wollte, mit mir zu unternehmen. Soweit es in ihrer Macht und Kraft stand. Wir hatten noch etwas über ein Jahr zusammen. In dieser Zeit machte ich eine große Entwicklung durch. Ich beendete meine Kindheit, übersprang einen großen Teil des Erwachsen werdens und übernahm Verantwortung.
Einen Monat vor meinem elften Geburtstag starb meine Mutter im Schlaf. Mein Vater ließ sie mich nicht mehr sehen, er meinte, ich sollte erst am Grab von ihr Abschied nehmen. Damals konnte ich das natürlich nicht ganz verstehen, inzwischen bin ich ihm aber mehr als Dankbar. So konnte ich meine Mutter in einer anderen Erinnerung behalten.
Von dem Geld, das ich zu diesem Geburtstag bekommen habe, habe ich einen großen Rosenstrauch gekauft und in unserem Garten gepflanzt. Ich wiederhole das jedes Jahr und immer, wenn ich an das Grab meiner Mutter gehe und es gerade Blütenzeit ist, schneide ich eine ab und lege sie auf das Grab.
In diesen Park bin ich nicht mehr sehr oft gekommen. Von der Schule aus waren wir manchmal hier und ich musste mich jedes Mal überwinden. Aber ich konnte meinen Vater keinesfalls um eine Entschuldigung für diesen Tag fragen, denn dann hätte ich den Namen nennen müssen und er wäre erinnert worden und das hätte ich ihn nicht antun können. Er selbst war, meines Wissens nach, nie wieder hier. Kein einziges Mal. Manchmal sehe ich ihn in meinem kleinen Rosengarten umhergehen, er riecht mit geschlossenen Augen an ihnen. Diese Momente sind immer sehr privat und ich kann auch nicht länger als wenige Momente dabei zuschauen. Es ist immer, als würde er dort in direktem Kontakt mit Mom stehen. Ich habe auch manchmal das Gefühl. Einfach der Duft der Rosen erinnert mich an sie.
Ich weiß nicht, warum es mir heute so leicht fiel, diesen Park zu betreten, geschweige denn gestern erst Angelas Angebot anzunehmen. Ich habe in diesem Moment nicht einmal daran gedacht, dass ich ihn normalerweise meide – mein einziger Nebengedanke war vielleicht, dass ich mich darauf freute hier mit meinem Freund zu sitzen. An meine Mutter zu denken. Von ihr zu erzählen.
Ich finde es wunderschön. Ich genieße jede einzelne Minute hier.‹‹

Ich verlagerte mein Gewicht etwas um und griff nach der schönsten Rose, die ich während meiner Erzählung angesehen hatte, und ließ meine Finger über ihre samtweichen Blätter fahren.

Edward war während der gesamten Zeit ruhig neben mir gelegen. Nun wuchtete er seinen Körper nach oben, stützte sich mit einem Arm ab und betrachtete mich. Seine freie Hand folgte meinen Händen. Er zwickte die Rose vorsichtig von ihrem Stiel, drehte sie Kopfüber und strich mir mit dem Blütenkopf über die Wange. Langsam beugte er sich nach unten und küsste mich behutsam auf die Stirn. ››Danke‹‹, hauchte er. Die Rose steckte er mir hinter mein Ohr.


I’ll surely miss you


››Wie lange wollen wir bleiben?‹‹ fragte ich in die Stille, die uns umgab.
Edward drehte seinen Kopf in meine Richtung. ››Was hältst du davon, wenn wir hier noch zu einem frühen Abendessen bleiben, anschließend zu dir fahren, die Sachen holen und dann zu mir?‹‹
››Aber alle Sachen für Elizabeth haben wir doch schon dabei‹‹, erinnerte ich.
››Ich… dachte auch weniger an Elizabeths Sachen, als vielmehr an… deine?‹‹ sagte er vorsichtig.
››Meine?‹‹ fragte ich nach.
››Ja, falls du die Nacht bleiben wolltest…? Was du natürlich nicht musst, wenn es dir zu schnell geht. Es war nur… so ein Gedanke…‹‹
››Ich weiß nicht, Edward…‹‹

Es war nicht so, als wollte ich nicht bei Edward bleiben und mit ihm zusammen sein, aber im selben Bett schlafen war wirklich ein großer Schritt. Natürlich, er hatte gestern, oder eigentlich schon viel mehr heute, klar gemacht, dass er keine Absichten hegte, nicht in nächster Zeit, aber…

››Bella‹‹, setzte er vorsichtig an. ››Es ist nicht so, als wollte ich dich zu etwas drängen, nur… Jetzt wo ich dich habe, da fällt mir schon der Gedanke schwer, dich auch nur über Nacht gehen zu lassen.‹‹
Ich lächelte sanft. ››Aber ich kann nicht immer bei dir sein, das ist unausweichlich.‹‹
››Aber kannst du nicht wenigstens da sein, wenn es möglich ist?‹‹ fragte er hoffnungsvoll.

Einen Moment erinnerte er mich fast an einen Jungen, der Angst im Dunkeln hatte.
Vielleicht hatte er das? Hatte ich es auch? Konnte ich mir vorstellen mich heute Abend von ihm zu verabschieden, eine ganze Nacht ohne ihn zu sein und erst morgen früh wieder zu sehen?
Die Antwort war ›Nein‹. Und trotzdem…

››Es wäre sicher auch eine gute Erfahrung für das Projekt‹‹, setzte Edward hinzu.

Mein Entschluss kam wieder ins Wanken. Ich atmete tief durch.

››Nein, ich kann das nicht. Es tut mir Leid.‹‹
››Und wenn ich auf der Couch schlafe?‹‹ startete er einen letzten Versuch.
Ich schloss meine Augen. ››Auch dann nicht. Es tut mir wirklich Leid, aber das ist mir alles noch zu früh, zu schnell. Das letzte Nacht, das war einfach… der Zauber der Minute. Außerdem konnte ich dich nicht um drei Uhr nachts auf die Straße setzen. Aber wenn es eine Möglichkeit gibt…‹‹
››Ist schon okay‹‹, unterbrach er mich.
››Es tut mir Leid‹‹, sagte ich trotzdem noch einmal.

Er nickte leicht.
Wir waren beide enttäuscht. Weil wir es beide wollten.
Und trotzdem konnte ich es nicht.

››Aber ich werde heute Abend trotzdem gerne zu dir kommen.‹‹ Ich fasste nach seiner Hand.
Er drückte die meine. ››Okay.‹‹

Der restliche Nachmittag lief in geplanten Bahnen ab. Elizabeth meldete sich zwischendurch mit Hunger und einer vollen Windel, wir aßen im ›Rose and Crown‹ zu Abend und anschließend gingen wir zu meinem Wagen um zu Edward zu fahren.
Esme freute sich, als sie uns beide sah, schien aber etwas enttäuscht, als wir sagten, dass wir bereits gegessen hatten und uns dann in Edwards Zimmer zurückzogen.

››Meinst du, wir sollten an unserem Bericht arbeiten? Die anderen, also Angela und Ben, schienen schon so viel darüber nachgedacht zu haben – gemeinsam. Wir haben bisher nur getrennt voneinander daran gearbeitet.‹‹
››Nein‹‹, meinte ich. ››Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir das schaffen, auch wenn wir erst am Donnerstag anfangen.‹‹
Edward musterte mich mit einem verspielten Lächeln. ››Und was machen wir dann morgen Nachmittag, wenn wir unsere Tochter bereits wieder abgegeben haben?‹‹
››Das… werden wir dann sehen…‹‹ antwortete ich so unschuldig, wie es mir bei seinem Gesichtsausdruck möglich war.
Edward beugte sich zu mir auf die andere Seite der Couch. Seine linke Hand schwebte über meiner rechten Wange, ich spürte förmlich die Funken, die dazwischen hin und her surrten. An meiner linken Wange spürte ich Edwards warmen Atem, der mich in regelmäßigen Abständen traf. ››Hättest du etwas dagegen, wenn ich dich Morgen Abend entführen würde?‹‹
Ich erschauerte leicht, versuchte aber weiterhin die Coole zu spielen. ››Kommt ganz darauf an, wohin du mich entführen willst?‹‹
››Das… kann ich dir leider nicht verraten…‹‹

Edwards Hand traf letztendlich meine Wange und drückte sie nach rechts, wo ich mit Edwards Lippen in Berührung kam. An Widerspruch war jetzt nicht mehr zu denken. Die Worte, die ich mir eben noch zu Recht gelegt hatte, verschwanden mit jedem weiteren Kuss weiter ins Nichts.


Edward holte mich am nächsten Morgen ab, zusammen fuhren wir zur Schule. Ich hatte die Nacht nicht gut geschlafen, woran es genau lag, wusste ich nicht. Meine Möglichkeiten schwankten zwischen Elizabeth, weil wir sie zurück geben mussten – was ich mir allerdings kaum vorstellen konnte, da wir sie erst eine Woche hatten und ich mich kaum so sehr an sie hätte gewöhnen können – und der Tatsache, dass ich Edward unglücklich gemacht hatte, weil ich mich gestern Abend von ihm verabschiedet hatte, als mich viel eher am Morgen von ihm wecken zu lassen – die wahrscheinlichere Möglichkeit. Ich hatte mir Gedanken gemacht, weil ich ihn enttäuscht hatte und war fest davon überzeugt, dass ich mich nicht so hätte anstellen sollen und mich stattdessen mit einem breiten Grinsen im Gesicht bei ihm bedanken hätte müssen.

Aber so etwas war immer einfach zu denken, wenn man alleine in seinem Bett lag. Jetzt, da ich im Wagen neben ihm saß, Elizabeth auf meinem Schoß, war mein Gewissen wieder genau am selben Punkt, wie gestern, als ich ihm absagte. Ich war noch nicht so weit.

Edward drückte meine Hand leicht. ››Du bist so still‹‹, stellte er fest. ››Alles okay?‹‹
Ich nickte. ››Ja, alles klar. Mir geht nur viel im Kopf herum, seit gestern Abend. Ich konnte nicht sonderlich gut schlafen.‹‹
››Willst du mir davon erzählen?‹‹ fragte er mitfühlend.
››Ich bin mir nicht sicher, ob du es hören willst.‹‹
››Ich möchte alles hören, was dich bedrückt‹‹, sagte er. ››Besonders, wenn es dir eine schlaflose Nacht beschert… dann muss es wichtig sein.‹‹
Ich biss mir auf die Lippen. ››Findest du, dass ich mich gestern kindisch verhalten habe, als ich meinte, dass ich lieber bei mir zu Hause schlafen möchte?‹‹
Er warf mir einen kurzen, überraschten Blick zu. ››Das ist es? Das bedrückt dich?‹‹
Ich senkte den Blick, nickte aber. ››Also?‹‹, hakte ich nach.
››Nein, auf keinen Fall‹‹, versicherte er mir. ››Vielleicht war es sogar ganz gut, dass du das gesagt hast. Weißt du, ich war über mich selbst überrascht, das ich so gerade heraus war.‹‹
››Heißt das, dass du auch noch nicht so weit bist?‹‹
››Nicht unbedingt das… Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich meine, natürlich habe ich dich in der Zeit, die wir getrennt waren, unglaublich vermisst, aber… die Wahrheit ist doch, dass wir noch nicht lange zusammen sind und dass es auch noch nicht lange eine Vertrauensbasis zwischen uns gibt und… wir wollen doch auch nichts überstürzen, oder?‹‹
››Nein‹‹, stimmte ich zu ››Das wollen wir nicht.‹‹ ich atmete tief ein. ››Aber ich denke nicht, dass wir es überstürzen würden, wenn wir uns beide sicher wären. Wenn wir beide soweit wären.‹‹
››Aber das sind wir nicht und deswegen ist es okay.‹‹ Er drückte meine Hand erneut. ››Mach dir darüber bitte keinen Kopf, das ist es wirklich nicht wert. Wir sind beide mit der Situation, wie es jetzt ist, einverstanden, es gibt keinen Grund, dass du dir deine wohlverdienten Nächte um die Ohren schlägst.‹‹
››Okay.‹‹
››Und Bella. Ich will es auch nur, wenn du es willst. Bitte sei immer ehrlich zu mir, egal um was es geht.‹‹
››Versprochen.‹‹
››Danke‹‹, hauchte er.

An der Schule angekommen, seufzte ich laut. Es war das letzte Mal, dass wir hier in dieser Formation ankommen würden, aber hoffentlich nicht das letzte Mal, das Edward mich abholen kam und wir zusammen zur Schule fuhren. Und trotzdem, es würde nie wieder mit Elizabeth sein.

Edwards Gesichtsausdruck war ähnlich dem meinen, als wir ausstiegen und zum Kofferraum gingen. Die Sachen hatten wir schnell auf den aufgeklappten Kinderwagen gestellt und schoben ihn nun zusammen auf die Schule zu. Wir steuerten direkt unseren Projektraum an, mussten darauf achten, dass unsere Schritte nicht langsamer wurden, sondern gleichmäßig blieben. Während des Weges seufzten Edward und ich abwechselnd.

Mike und Lauren befanden sich bereits im Raum, ihr Kinderwagen stand möglichst weit von ihnen weg, Mr. Banner schien ihre Puppe gerade zu untersuchen. Wir gingen zu Mr. Banner.

››Ah, Miss Swan, Mr. Cullen, wie geht es Ihnen?‹‹
››Traurig und erleichtert zur selben Zeit‹‹, antwortete ich wahrheitsgetreu.
››Ja, so wird es doch jedem gehen, nicht wahr?‹‹
››Nicht wahr!‹‹ antwortete Mike.
››Diese Aussage war nicht unbedingt auf Sie bezogen, Mr. Newton. Wie auch immer, stellen Sie ihren Wagen einfach neben dem anderen ab und schalten Sie ihre Puppe aus. Dann können Sie sich setzen.‹‹

Ich seufzte ein weiteres Mal, als ich Elizabeth aus dem Wagen nahm – Puppe hatte er sie genannt! ››Ich werde dich vermissen, ganz bestimmt. Du hast mir sehr viel gelernt und sehr viel Gutes getan, ich danke dir. Ich verspreche, ich werde dich niemals vergessen‹‹, sagte ich, bevor ich sie an Edward weiterreichte.

Ich kam mir nicht komisch vor, weil ich mit dieser Puppe redete. Edward tat genau dasselbe, allerdings so leise, dass ich ihn nicht verstehen konnte. Ich wollte auch nicht, er nahm immerhin gerade Abschied von unserer Tochter, es war durchaus verständlich, dass das ein vertrauliches Gespräch wurde.

Edward drückte den Knopf, legte sie schnell zurück und zog mich dann hinter sich her in die Mitte des Zimmers, wo er auf einem Stuhl Platz nahm und mich ohne meinen Widerspruch auf seinen Schoß zog. Er legte seine Arme um mich und drückte mich fest an sich, sein Gesicht war in meinen Haaren vergraben. ››Jetzt gibt es nur noch Dich. Und mich‹‹, flüsterte er.
Ein Schauer lief über meinen Rücken. ››Dem könnte man auch etwas positives abgewinnen‹‹, flüsterte ich zurück, fühlte mich aber gleich darauf Elizabeth gegenüber schuldig. Es war nur so… verlockend!
››Keine schreiende Puppe mehr, die uns stört, wenn wir Tagliolini essen…‹‹
››…keine Rücksichtnahme mehr, wenn wir uns zu laut unterhalten…‹‹
››…keine Babysitter, wenn ich dich ausführen möchte.‹‹
Ich drehte mein Gesicht zu Edward. ››Ich werde sie trotzdem vermissen. Und niemals vergessen.‹‹
››Das erwartet auch niemand.‹‹ Edward hob seine Hand und streichelte über meine Wange. ››Aber heute Mittag zeige ich dir, wie schön es sein kann, wenn man ein Paar ist und kein Baby hat. Keine Schuldgefühle und keine schlechte Laune sind erlaubt.‹‹
››Abgemacht‹‹, sagte ich lächelnd.

Sobald Mr. Banner mit seiner Abschlussrede fertig war, schwor ich mir, würde ich keinem traurigen Gedanken an Elizabeth mehr hinterher schwelgen, sondern nur fröhliche Erinnerungen in meinem Kopf haben.


Zusatzkapitel: Edward


Elektronische Puppen hüten! Von allen möglichen Projekten, in die ich zu meinem Unglück hätte kommen können, war es eine Kleinfamilie vorzuspielen? Was um alles in der Welt hatte ich eigentlich verbrochen? Sollte ich da noch froh sein, dass ich von Lauren verschont worden bin? Hat es mich besser getroffen, dass ich stattdessen mit Isabella Swan zusammen gekommen bin?

Ich kannte Bella eigentlich schon mein ganzes Leben – was niemand hier in der Schule wirklich wusste – und würde sie wahrscheinlich auch niemals vergessen können – was hier in der Schule auch besser keiner wissen sollte. Sie war die ehemalige beste Freundin meiner Adoptivschwester, warum ehemalig, wusste keiner, außer sie wahrscheinlich selbst. Alice selbst sprach niemals darüber. Es war Jahre her und trotzdem war Bella nie vollständig aus meinem Blickfeld verschwunden. Wie könnte sie auch? Schon damals hatte sie mich fasziniert, auch wenn ich niemals einen Schritt auf sie zugemacht hätte. Sie war immerhin die beste Freundin meiner Schwester! Und danach… danach konnte ich wegen meiner Schwester nichts mehr mit ihr zu tun haben.

Trotzdem wusste ich jetzt nicht, ob ich es als eine glückliche Begebenheit ansehen sollte, dass unbedingt wir Eltern werden sollten. In meinen Augen war sie ein unglaubliches Mädchen – im besten Sinne des Wortes. Und genau das war auch der Grund, dass sie neben mir nichts zu suchen hatte, denn ich war bei weitem nicht so einzigartig. Ich war nur der Junge mit Fehlern, der eine Dummheit nach der anderen machte, aber erst danach feststellte, wie sinnlos es eigentlich gewesen war.

Ich war wohl zum ersten Mal etwas schüchtern, als wir uns in unserer Großgruppe zusammen taten um das Teilprojekt zu besprechen. Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte, nur eines war klar. Niemand durfte etwas bemerken, ich durfte nur durchblicken lassen, wir überaus genervt ich über mein Projekt war.

Bella stellte sich als um einiges unkomplizierter heraus, als ichbefürchtet hatte. Sie schien wirklich keine Absichten mir gegenüber zu haben – das muss niemand verstehen, ich möchte es erklären. Normal mögen mich alle Mädchen, die mir über den Weg laufen. Und normal würde ich zumindest ausprobieren wollen, ob sie nicht doch versteckte Qualitäten hatten. Irgendwann musste ich aber, bis jetzt, immer erkennen, dass nichts hinter der schönen, oder auch weniger schönen Fassade steckte. Bella aber war anders, bei Bella war alles anders. Ihr wollte ich von allen am meisten die Chance geben und war zudem überzeugt, dass ich keinesfalls enttäuscht werden würde. Ich wusste, sobald sie da war, würde ich sie nicht mehr hergeben. Mein – und ihr – Glück war, dass sie nicht so über mich dachte, wie alle anderen ihrs Geschlechtes. Ich würde sie für mich beanspruchen, auch wenn ich das schlechteste wäre, was ihr jemals begegnen könnte. Das war gut. Sie war gut.

Bella schien wirklich sehr vorsichtig zu sein wollten, wenn es um mich ging. Ihre Frage, ob ich mit zu ihr nach Hause käme – nur um ihren Vater kennen zu lernen – war so schüchtern, als hätte sie Angst, ich könnte das vollkommen falsch verstehen. Ich redete mir immer wieder ein, dass es richtig war, wenn sie so von mir dachte. Ich versuchte mich selbst davon zu überzeugen, dass ich sie auf jeden Fall in dem glauben lassen sollte, dass ich nicht annähernd an ihr interessiert war und das ganze Spiel nur unserem Projekt und der Schule diente.

Ich hatte offensichtlich Erfolg mit meinem Verhalten.

Aber was war mit dem, was in mir vor sich ging? Schon der nächste Morgen brachte meine Fassade kräftig zum bröckeln. Was musste dieser Kellner auch so offensichtlich Gefallen an meiner Projektpartnerin finden, wohingegen er mich immer wieder mit einem bösen Blick musterte. War der nun dafür, dass er dachte, dass sie meine Freundin war? Oder war es dafür, dass ich sie… nun ja… geschwängert hatte? Es war mir eigentlich auch egal, nur ging er mir gewaltig auf die Nerven.

Ich konnte mich nicht zurückhalten und schließlich auch nicht mehr einschätzen, ob ich zu weit ging, oder nicht. Würde sie etwas davon bemerken, dass ich eigentlich gar nicht so abgeneigt ihr gegenüber war? War die Ausrede wegen meiner Eltern überzeugend? Es war nicht vollkommen eine Ausrede, aber vielleicht etwas überspitzt dargestellt.

Und als wäre das eigentlich nicht schon genug, brachte Bella selbst meine Selbsterhaltung ins Wanken. Wie konnte sie es schaffen, über Nacht zu einer so perfekten Mutter zu werden? Schon gestern hatte sie alles gut gemeistert, aber ihre Sicherheit war noch größer geworden. Ich konnte nicht anders, als sie für alles, was sie tat, jede einzelne Bewegung, mehr als Bewundern. Wie konnte sie nur so... so… unbeschreiblich sein?

Eine Stunde lang schwelgte ich in dem Gedanken, dass es nun nicht mehr schlimmer kommen könnte. Eine Stunde lang war ich davon überzeugt, dass meine Selbstbeherrschung, wenn es um Bella ging, nicht mehr weiter auf die Probe gestellt werden könnten. Aber dann, nach dieser besagten Stunde, kam Mike Newton. Mike mit seinem Gafferblick, der Bella gedanklich auszog. Mike, mit seinen Stilaugen und seiner unverfrorenen Bewunderung für Bella. Mike, der einfach nicht verstehen konnte, wo Grenzen waren, besonders wenn um so wundervolle Mädchen, wie Bella, ging. Ich musste sie retten, und so kam mir die spontane Idee mit dem gemeinsamen Abendessen. Es war eine Tat der Verzweiflung, die hinterher allerdings, wie eine lang geplante Handlung aussehen musste.

Ich überlegte lange, wie ich ihr das am besten erklären konnte und kam schließlich auf die beste Lösung. Ein unverfängliches Date, bei dem ich sie aber über alles aushorchen konnte, was mir wichtig schien.

Und Bella machte es, wie erwartet, zu einem wundervollen Abend – auch wenn sie mir kräftig den Kopf wusch, vielleicht hatte ich das sogar nötig gehabt. Ich würde es von niemand anderem, als ihr, machen lassen. Sie hatte doch auch Recht.

Bella war ohne Zweifel eine Person, die niemals so handelte, wie man – ich – es von ihr erwartete. Es war nicht nur die Art, wie sie mit mir sprach, es war einfach alles an ihr. Ihr Handeln, ihre Reaktionen zu ganz bestimmten Dingen und der einen Sache in unserem Projektraum, die ich wohl nie wieder in meinem Leben vergessen würde.

Mike teste mich bis aufs Äußerste und gleichzeitig musste ich mich auch noch auf Laurens ewiges anmachen konzentrieren, dass sie nicht die Grenzen überschritt. Es stellte sich als sehr schwer heraus. Einen Augenblick hatte ich mich zu sehr auf Mike festgelegt, weil er sich immer näher zu Bella lehnte, da war Lauren auch schon dabei mein Hemd aufzuknöpfen. Im nächsten Moment hörte ich Bella lautstark verkünden, dass sie diese Nacht bei mir übernachten würde, wodurch sich Lauren provoziert fühlte.

Im Nachhinein konnte ich gar nicht mehr genau sagen, wie es dazu gekommen ist, aber plötzlich stand Bella direkt vor mir und presste unsere Lippen aufeinander. Und nicht nur das, sie schien wirklich darauf aus zu sein, mich zu küssen. Meinem Körper war das natürlich mehr als willkommen. Ich verlor komplett die Kontrolle und konnte gar nicht mehr anders als diesen himmlischen Kuss zu erwidern. Wie auch alles andere, das von ihr kam, war er perfekt. Nie wieder würde ich ein Mädchen küssen können, ohne an diese Situation zu denken. Wollte ich denn je wieder eine andere küssen? Ich musste, denn ich hatte mir vorgenommen, dass Bella viel zu gut für mich war, sollte ich denn ein ganzes Leben alleine bleiben?

Die Aussage der Frau am Morgen beim Einkaufen kam mir wieder in den Kopf. Wir wären ein schönes Pärchen…

Natürlich aber durfte ich von der ganzen Sache nicht annehmen, dass von ihrer Seite aus irgendetwas ernst gemeint war, wie sie mir danach auch sagte. Hatte ich mir Hoffnungen gemacht? Hatte sich bei mir ein kleiner Hoffnungsstrahl eingeschlichen, dass sie vielleicht doch an mir interessiert war? Hatte mein Innerstes schon darüber nachgedacht, meinem Schwur in den Wind zu schießen und mich doch auf die einzulassen, sollte das genau das sein, was sie wollte? War es nun ein Glück für mich, dass es nicht das war, was sie wollte?

Ich schaute dem ersten Aufeinandertreffen zwischen Alice und Bella kritisch gegenüber. Und auch dem mit meinen Eltern. Doch glücklicherweise ging es alles gut. Zwischen den beiden Damen gab es keinen Zickenkrieg, nichts ließ von dem Streit ahnen, den die beiden offensichtlich gehabt hatten. Es mag sein, dass Alice an dem Abend etwas stiller war, als normal und es mag auch sein, dass die beiden sich nur, wenn es wirklich wichtig war, angeschaut hatten. Auch wegen meiner Mutter hatte ich bedenken, was wenn sie Bella direkt darauf ansprechen würde? Sie war eine Person, die stets versuchte Konflikte zu lösen und es hatte sie damals sehr mitgenommen, als es Alice nicht gut ging, wegen der Sache. Doch auch das traf nicht ein.

Wie der Abend dann aber auslief, war überhaupt nicht nach meiner Vorstellung. Hatte ich etwas falsch gemacht? Was war die Begründung, dass Bella auf einmal so abweisend und kalt war, nachdem wir doch die letzten beiden Tage versuchte hatten, das beste aus unserer Situation zu machen. Hatte sie etwas bemerkt? War ich zu weit gegangen? Ich hätte so gerne mit ihr darüber gesprochen, aber ich konnte ihr ansehen, dass sie sich sehr fest eine Meinung über das gebildet hatte, was auch immer in ihrem Kopf vor sich ging. Irgendwas war schief gelaufen. Und nicht einmal am nächsten Tag war es wieder gut. Was brachte es mir, wenn ich mir lange darüber Gedanken machte, Pläne um es wieder gut zu machen, mir vornahm sie zum Reden zu bringen, wenn sie abblockte? Offensichtlich wollte sie nicht mit mir darüber sprechen. Oder konnte ich ihr tatsächlich glauben, dass alles nur an dem Thema des Projektes lag?

Es stand außer Frage, dass es am Projekt lag, jedoch bezweifelte ich, dass es an Elizabeth lag. Sie ging voll auf in der Rolle der Mutter – natürlich nicht in dem Ausmaß von Angela, aber dennoch war ich mir sicher, dass es ihr sehr viel Spaß machte. Somit blieb nur noch, dass sie ein Problem mit mir hatte und zwar ein sehr großes. Eines, das ich nicht ausräumen konnte. Eines, das mich zu dem Entschluss kommen ließ, dass ich Bella gegenüber zu viel Freundschaft zugelassen hatte und wir wieder auf Abstand gehen sollte, so wie ich es mir von Anfang an vorgenommen hatte. Wir mussten wieder ausschließlich für das Projekt arbeiten und jegliches Zwischendrin auslassen. Ich schwor mir, sie keinesfalls mehr mit meinen erfolglosen Versuchen, das ganze etwas besser für uns zu machen, zu belästigen. Ich hätte nie in das Schicksal eingreifen dürfen. Bella und ich, wir waren nicht füreinander geschaffen, in welcher Art auch immer. Sie war viel zu gut für mich.

Doch, wie immer wenn Bella im Spiel war, endete alles ganz anders, als ich es erwartete.

Offensichtlich hatte Bella nicht nur eine Nacht gebraucht, um über alles zu schlafen, sondern zwei. Ich schaffte es nicht lange ihr gegenüber Resistent zu bleiben und so sagte ich ihr zu, als sie ein gemeinsames Mittagessen vorschlug. Was mich überraschte, war, dass es viel weniger auf einer freundschaftlichen Basis ablief, wie sie es mir angekündigt hatte, sondern das ganze Treffen viel mehr einen romantischen Hintergrund hatte. Durfte ich betonen, dass ich zu diesem Zeitpunkt sehr verwirrt war? Wie sollte ich jetzt auf sie reagieren? Oder interpretierte ich in meinem eigenen Gefühlschaos viel zu viel hinein, dass ich ihre Taten ganz anders auslegte, als sie eigentlich gemeint waren?

Es half mir, dass Alice sich für den nächsten Tag selbst einlud. So konnte ich nicht in verzwickte Situationen mit Bella kommen, in denen ich nicht wusste, wie ich reagieren sollte. Der Tag hatte etwas Gutes und etwas weniger Gutes. Zum einen war es schön zu sehen, wie sich Bella und Alice vertrugen, eine Sache, auf die wir alle schon so lange gewartet hatten. Zum anderen aber hatte das zur Folge, dass ich Bella den ganzen Nachmittag nicht sah, weil sie mit Alice alleine loszog.

Aber konnte ich mich wirklich beschweren? Das Ende des Tages war mehr als perfekt. Bella bot mir endlich an, sie auch wirklich bei ihrer Abkürzung zu nennen.

War ein Picknick im Schlafzimmer zu viel für eine frisch gebackene Freundschaft? Meine Mutter war überzeugt, dass es eine viel schönere Idee war, als wenn wir gemeinsam bei uns im Familienesszimmer sitzen würden. Was sollte ich sagen? Nein? Sie hatte doch irgendwo Recht. Doch schon im Wagen hatte ich Befürchtungen, in welche Richtung unsere Gespräche später führen würden und ich musste endgültig eine Entscheidung treffen. Wie wichtig war mir Bella? War sie das Mädchen, dem ich alles anvertrauen konnte? Eigentlich war diese Frage schon lange geklärt, erst drei Tage zuvor hatte ich mir klar gemacht, dass sie mir so wichtig war, dass ich alles für sie tun würde, selbst wenn es hieß, dass ich sie in Ruhe lassen musste, selbst wenn es hieß, dass ich sie aus meinem Leben schließen musste, dass sie glücklich würde.

Forderte sie nun heraus, dass ich ihr mein tiefstes Geheimnis verriet, von dem ich mir doch ursprünglich geschworen hatte, dass sie es niemals erfahren würde? War ich nicht viel zu egoistisch um sie wieder gehen zu lassen? Stellte ich nicht mein Glück über das ihre? Mein Glück, in dem ich sie hatte? In dem sie Mein war? Was wäre die Konsequenz dessen? Wie dachte sie darüber?

Konnte ich ihr denn etwas abschlagen? Nein, also erfuhr sie auch, was sie wissen wollte. Und ihre Antwort? Sie versicherte mir, dass ich nicht enttäuscht würde, wenn ich es einfach aussprach.

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Tag der Veröffentlichung: 25.11.2010

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