Cover


Prolog

,,Oh Mann, es war voll cool heute. Jade hat mir surfen wieder beigebracht und danach waren Milly und ich in Sydney und haben eingekauft. Ich bin echt froh, dass sie mir das Flugticket gekauft hat.“. Ich strahlte breit in die kleine Kamera, die an dem alten Rechner meiner Tante Milly angebracht war. Auf dem Bildschirm konnte man, etwas unscharf meinen Dad erkennen. Er saß auf seinem alten Schaukelstuhl, sah wahrscheinlich fern und aß eine Tiefkühlpizza, da er sich ja kaum selbst versorgen konnte. Das war auch der Grund weshalb ich mich gerne alleinerziehend nannte. Dad konnte nicht besonders gut kochen und wusste mit Mühe und Not, wie man Hemden bügelt. Seine Spiegeleier waren stets so braun das man eigentlich nur das Eigelb essen konnte. Durch dieses mangelnde Talent, war er wohl oder übel dazu gezwungen sich jeden Abend von Pizza und kalten Sandwiches zu ernähren, wenn ich nicht da war. Wenn man meinen Vater, Jonathan Kingston, darauf ansprach, wedelte er nur abweisend mit der Hand und meinte, dass er das nicht nötig hätte, da er ja, wenn ihm endlich erneut ein Durchbruch gelingen würde, viele Angestellte hätte, die das für ihn erledigten. Doch das mit dem Durchbruch war so eine Sache. Dad durfte nämlich, mit schon 19 Jahren, in einem sehr berühmten Musical mitspielen, was ihn, so ziemlich an die Spitze katapultierte. Es gab seit dem keine weiteren Anfragen, aber Dad war so vernarrt in die Schauspielerei und so überzeugt davon, dass er es noch einmal schaffen könne, dass er wie ein Verrückter jedem Theaterjob hinterher jagte. Aber er war jetzt nicht mehr der Jüngste und viele Manager wollten junge Leute. Das tat seinem männlichen Stolz gar nicht gut und es schien ihn immer mehr zu betrüben. Früher, als meine Mum noch da war, sah er das Alles viel lockerer. Immer glücklich sah er aus und es schien ihm nichts auszumachen, dass er keine Jobs mehr bekam. Aber als meine Mum verschwand, spurlos, ohne Lebenszeichen, wollte er wieder durchstarten um seinen Kummer zu vertreiben, aber das war alles andere als leicht. Und da man seiner Meinung in Australien, wo ich geboren wurde, keine Schauspielkarriere machen kann, zogen wir nach Washington, dann nach Atlanta, Phoenix und so weiter, doch nirgendwo wollte es klappen. Momentan leben wir in Brookville, dem kleinsten Kaff auf Erden. Ich meine, 2000 Einwohner, wie peinlich ist das denn?! Und alle sind perfekt. Vater, Mutter, Kinder, Hund, dicke Karre, fettes Haus, goldene Armbanduhren. Nein, das ist jetzt übertrieben, aber das meiste stimmt. Alle tragen Jeans und T-Shirts und wenn man in Minirock kommt ist man die Dorfschlampe. Dad und ich sind da nur hingeraten, weil meine Grandma gestorben ist, und ihr altes Haus Dad vermacht hat. Er meinte, wir würden da bleiben, bis er einen Käufer gefunden hat. Nun ja, ein Jahr vorbei, kein Käufer in Sicht, und somit auch keine Aussicht auf irgendetwas spannendes, was mir passieren könnte. Pff… aber ich bin sechzehn, ich will was erleben. Wenigstens mal auf eine Disco gehen, mich einmal so richtig betrinken, mit jemand fremden auf der Toilette rumknutschen und sich am nächsten Morgen an nichts mehr zu erinnern, so das alles normal weiterläuft. Aber nichts. Tote Hose. Niente.
Ich seufzte, und wartete auf die Nachfrage von Dad aber der schwieg. Er starrte, soweit ich das sehen konnte irgendwo in die Luft und schien mit seinen Gedanken woanders zu sein. Plötzlich fiel mir ein, dass wir ja um die acht Stunde Zeitverschiebung hatten, und da es bei mir in Australien drei Uhr nachmittags war, musste es bei ihm ja schon dreiundzwanzig Uhr sein.
,, Du, Dad. Ich glaub es ist jetzt ziemlich spät bei dir. Wir können jetzt aufhören. Sehen uns ja schon in zwei Tagen. Freu mich. Schlaf gut.“ Meine Stimme klang auch ziemlich müde und Dad schien grade aus seiner Starre erwacht, denn er lächelte, warf mir eine Kusshand zu und wünschte mir ebenfalls eine gute Nacht.
Nachdem wir unser Gespräch beendet hatten, blieb ich noch kurz sitzen und überlegte was wohl mit ihm los war. Er benahm sich so ungewohnt still und ruhig. Naja, schlimm konnte es ja nicht sein, denn dann hätte er es mir sicher erzählt. Ich stand auf und wollte grade das Zimmer verlassen, als ich aus den Augenwinkeln mein Spiegelbild in dem großen Wandspiegel aufblitzen sah. Ein paar Schritte zurück, eine halbe Drehung und ich konnte mein ganzes Spiegelbild sehen. Unzufrieden betrachtete ich es. Meinen viel zu riesig gebauten Körper, meine grünen Augen und meine widerspenstigen, hüftlangen und blonden Locken. Jessalyn Kingston. So heiße ich. Ich weiß, mein Name ist nicht gewöhnlich aber so hab ich wenigstens das Gefühl, dass doch irgendwas Interessantes in meinem Leben vorhanden ist.
Ich seufzte erneut, öffnete dann die Holztür und verließ den kleinen Raum, mit dem hölzernen Schreibtisch, dem kleinen Hocker der als Stuhl diente und dem Bild von meiner Mum.


Kapitel 1

Wohlig streckte ich meine viel zu langen Beine aus und kuschelte mich in mein Reisekissen. Es war ein tolles Gefühl Business Class zu fliegen, ich kam mir sehr previligiert vor. Als ich aus dem Fenster lugte konnte ich sehen wie Australien unter mir kleiner wurde. Es hatte mir sehr gut getan, mal aus der Kleinstadt rauszukommen und wieder was zu erleben. Ein Glück war Dad auf diese Idee gekommen, als wir darüber sprachen, wie viel er wieder arbeiten müsse (um überhaupt für unseren Lebensunterhalt sorgen zu können, musste er einen Teilzeitjob im Chinarestaurant neben an annehmen) und ich so oft in den Sommerferien alleine zu Hause sitzen müsse, denn meine Anzahl von Freunden war sehr beschränkt. Als ich das Thema auf alleine Wegfahren lenkte, kam er sofort auf die Idee, dass ich doch zu Milly gehen könnte und nach einigem Besprechen war es dann zu dem Entschluss gekommen, dass diese mir Tickets kaufen würde und ich zwei Wochen bei ihnen verbringen würde. Mich hatte die Aussicht, dass ich sie und Jade endlich wieder sehen würde total gefreut. Wir haben viel Zeit miteinander verbracht und mir war aufgefallen wie sehr ich meine zerstreute Tante und meine sehr erwachsene Cousine vermisst hatte. Doch die Zeit war viel zu schnell vorbei und ehe ich mich versehen hatte, stand ich schon wieder am Flughafen und zeigte Tickets und Passport. Trotzdem musste ich lächeln, denn der Gedanke an Dad´s liebevolle Umarmung und seinen einzigartigen gemischten Duft aus After-shave und Parfum, ließen mich, mich wieder auf Zuhause freuen. Zufrieden brummend drückte ich mich noch ein bisschen tiefer ins Kissen rein und schloss meine Augen. Kurz nickte ich ein wurde aber von einem Arm gestreift. Ich riss meine Augen wieder auf, überrascht aus meinen kurzen Träumereien geschreckt. Neben mich hatte sich ein Mann gesetzt. Eigentlich eher ein Junge von etwa 19 oder 20 Jahren. Sein Haar war kurz und schwarz, irgendwie schien alles an ihm schwarz. Seine Lederjacke, sein Shirt, seine Jeans, seine Bikerboots. Hilfe, ein BadBoy! Die Lippen des Typs neben mir kräuselten sich und seinem Gesichtsausdruck entnahm ich, dass ich ihn wohl sehr angestarrt zu haben schien. Demonstrativ drehte ich mein Gesicht weg, richtete mich auf und schaute aus dem Fenster. Ich trug heute eindeutig kein Flirtoutfit und erst recht nicht eines, indem man abgecheckt werden möchte. Mit meiner grauen Jogginghose, dem weißen ärmellosen Top und meinem blau-weiß gestreiften Snoopy-BH, bei dem mir zu spät aufgefallen war, dass man ihn darunter sah, kam ich auf jeden Fall nicht so sexy rüber. Auf meinem Gesicht befand sich ein Glück Schminke, aber meine hüftlangen Haare standen bestimmt in alle Himmelsrichtungen ab. Also klebte ich mein Gesicht weiterhin an die Scheibe und tat so, als würde ich nicht bemerken, dass mir der Kerl Löcher in den Rücken starrte. Es war mir nicht direkt unangenehm trotzdem, hielt ich es irgendwann einfach nicht mehr aus, drehte mich um und fragte ihn direkt was sein Problem war. Zurückhaltung zählt nicht grade so als einer meiner Stärken.
,, Okay, hör zu. Bis eben grade war alles okay, doch dann kommst du, wirst mein persönlicher schwarzer Stalker und glotzt mich an.“. Vielleicht überhaupt keine Stärke. ,, Und mit so was kann ich überhaupt nichts anfangen, also was möchtest du bitte?“. Doch anstatt, wie ich es mir gewünscht hätte, sich umzudrehen oder sich zu entschuldigen, würde sein Lippengekräusel zu einem breiten Grinsen.
,, Mit so was kannst du also nichts anfangen.“. Sein Grinsen verschwand und er machte einen nachdenklichen Gesichtsausdruck. ,, Sie haben sie entweder noch nicht gefunden oder es ihr noch nicht gesagt. Interessant.“, brabbelte er vor sich hin. Genervt warf ich Hände in die Luft.
,, Du hast meine Frage nicht beantwortet.“. Kurz wurde ich erstaunt angeschaut, als ob er total vergessen hätte, dass ich auch noch da war, dann grinste er erneut.
,, Oh, ich finde dich nun mal spannend. Du wirkst…“. Er schien nach dem richtigen Wort zu suchen. ,, Geheimnisvoll.“, beendete seinen Satz. Mit großen Augen schaute ich ihn an. Geheimnisvoll? Aus irgendeinem Grund hörte ich das oft. Wie ich mich bewege, wie ich mich verhalte, wie ich aussehe, dass alles ist geheimnisvoll an mir, sagen die Leute. Aha. Mein schwarzer Stalker, wie ich ihn jetzt heimlich nannte, schien mein Schweigen miss zu verstehen und fing an sich zu erklären.
,, Weißt du, geheimnisvoll ist nicht schlimm. Es ist sogar ziemlich sexy.“. Der Blick, den er mir unter seinen Wimpern durch zu warf, hätte wahrscheinlich jede dahin schmelzen lassen, aber ich kam von den Gedanken nicht los, dass irgendetwas komisch an ihm war.
Vielleicht seine Augen. Ihr grau beunruhigte mich. Ich riss mich von seinem Blick los und streckte mich um auf den Monitor zu gucken, um zu sehen wie lange wir noch brauchen würden. Da Brookville zu klein war, um einen eigenen Flughafen zu haben, mussten wir im 50 km entfernten Cincinatti in Northern Kentucky landen. Es würde bestimmt noch über zehn Stunden dauern. Und ich hatte keine Möglichkeit einfach auszusteigen. So ein Mist. Um irgendwelchen weiteren unnötigen Konservationen zu entgehen, drehte ich mich wieder weg und schaute aus dem Fenster. Eine Weile herrschte Stille, doch dann fing s.S (schwarzer Stalker) an zu summen und ehrlich gesagt, es klang grauenvoll. Damit verunstaltete er den ganzen Song. Wohl oder übel musste ich mich wieder zu ihm umdrehen um ihm zum Schweigen zu bringen. Als er meinem wütenden Blick begegnete zog er nur unschuldig die Augenbrauen hoch. Da er anscheinend nicht aufhören wollte, beugte ich mich zu ihm über den Sitz und schlug ihm auf die Lippen. Vielleicht etwas zu fest, denn er zuckte zusammen und hörte schlagartig auf. Ziel erreicht. Doch anstatt mich jetzt endlich in Ruhe zu lassen, hielt mir s.S seine Hand hin. Erst starrte ich sie an, dann ergriff ich sie zögernd.
,, Ich heiße übrigens Jayden. Jayden McLord. “. Seine Stimme war sowie eine Schlange, die sich langsam um den Hals ihrer Beute wickelt. Mit einem Ruck entzog ich meine Hand seiner.
,, Jessalyn Kingston.“. Ich versuchte möglichst desinteressiert zu klingen
,, Jessalyn? Interessanter Name. Er klingt…“. Er hielt kurz im Satz inne. Sein Blick schweifte ab, er schien unanwesend.
,, Geheimnisvoll?“, half ich ihm auf die Sprünge. Jayden schien aus seiner Starre erwacht und lächelte mich an.
,, Genau.“. Er lehnte sich in seinem Sitz zurück, ließ mich aber nicht aus den Augen. ,, Jessalyn.“. Es klang, als müsse er meinen Namen genau aussprechen um ihn so besser kennen zu lernen. Ich murmelte Spasst und rückte mir mein Kissen zurecht. In einer gemütlichen Pose hörte ich ihn leise Gute Nacht flüstern. Dann schlief ich ein.

Jemand ruckelte mich an. Verschlafen begann ich mich aufzusetzen. Ein dunkelhaariger Kerl kam in mein Blickfeld und grinste breit. Stöhnend hielt ich mir den Kopf. Oh Mann, Jayden war immer noch da. Wohin sollte er auch verschwunden sein?! Ich schaute ihn an, er lächelte und deutete auf die Stewardess, die hinter ihm stand.
,, Möchten Sie etwas trinken, Ms. Kingston?“, fragte diese höflich. Über dieses Angebot war ich sehr dankbar, denn ich hatte einen fahlen Geschmack im Mund.
,, Äh ja, eine Cola bitte.“. Als meine Cola vor mir stand, schüttete ich sie in einem runter. Danach fühlte ich mich etwas wacher.
,, Wann sind wir da?“.
Mir blieb nichts anderes übrig als zu fragen, denn ein großer Mann vor mir hatte sich aufgerichtet und so konnte ich den Monitor nicht erkennen. Jayden lächelte und antwortete:
,, Noch eine Stunde.“.
Wie lange hatte ich denn bitte geschlafen? Ein Blick auf meine Uhr sagte mir, dass es jetzt Neun Uhr war, wir würden also um zehn angekommen. Ich sank wieder in meinen Sitz und drehte meinen Kopf direkt zu Jayden. Mit einem durch dringenden Blick musterte ich ihn. Er sah nicht schlecht aus. Nein, gar nicht, aber er hatte etwas an sich, was einen Abstand halten ließ.
,, Bist du ein Vampir?“.
Ein fragender Blick, dann überraschtes Lachen.
,, Ich, ein Vampir? Nein, leider nicht.“.
Hmpf. Irgendwie enttäuschte mich das, dann hätte ich wenigstens eine Erklärung für mein Unbehagen. Während mein Nachbar weiter gluckste, schaute ich wieder aus dem Fenster und kniff die Augen zusammen. Irrte ich mich, oder konnte ich bereits Lichter sehen. Freude durchflutete mich und ich rutschte auf meinem Sitz hin und her. Aus den Augenwinkeln, konnte ich sehen wie Jayden in seinem Rucksack kramte, einen iPod rausholte und mir einen Kopfhörer anbot. Zögerlich nahm ich ihn und stöpselte ihn mir ins Ohr. Linkin Park scholl mir entgegen. Und auch noch einer meiner Lieblingssongs! Ich fing an mit dem Kopf zu wippen und eine Gitarre anzudeuten, während Jayden den Part des Drummers übernahm. Gemeinsam legten wir ein eins-A Auftritt ab. Kichernd beendete ich das Lied mit einem Solo.
,, Wow, das war umwerfend!“, rief ich begeistert.
,, Absolut“. Er grinste breit. ,, Wir sollten auf Tour gehen.“.
Auch das nächste und das übernächste Lied war Bombe, aber ich war zu groggy um noch mal so auszuflippen und so hörte ich einfach nur seinen Liedern zu.

Gemeinsam schlugen Jayden und ich uns durch die Menschen, die vor den einzelnen Terminals standen um ihre Koffern zu holen. Als wir an unserem angekommen waren, drängelte ich mich vor. Nicht, dass ich mich nicht einfach auf Zehenspitzen stellen und über die Massen blicken konnte, aber ich wollte lieber so schnell es geht meinen Koffer haben. Ich spürte wie sich Jay neben mich stellte und drehte mich zu ihm. So im Stehen, war er noch größer als ich ihn mir vorgestellt hatte.
,, Hey, Jay, was machst du eigentlich hier?“ .
Seine Augenbrauen zogen sich amüsiert hoch, als er hörte, dass ich ihm einen Spitznamen gegeben hatte.
,, Ach, ich mache kurz Stopp bei Verwandten und dann geht’s endlich zurück nach New York.“.
New York?! Gott, wie oft hatte ich mir gewünscht dort zu leben. Ein wahrscheinlich niemals wahrgehender Traum.
,, Und was verschlägt eine Schönheit wie dich hierher, Jess?“.
Ich lächelte kurz, bei seiner Version meines Spitznamens.
,, Ich muss in Brookville wohnen. Das ist nochmal fünfzig Kilometer entfernt.“, erklärte ich leicht niedergeschlagen. Er warf mir einen interessierten Blick zu. Dann schnellte er ruckartig vor und hatte plötzlich meine und wahrscheinlich auch seine Tasche in der Hand. Irritiert schaute ich auf das Fließband, dann auf seine Hände und in sein Gesicht.
,, Wie, äh, wie hast du das gemacht?“.
Er zuckte nur mit den Schultern und gab mir meinen Koffer. Immer noch verwirrt steuerte ich auf den Ausgang zu. Als ich aus dem Flughafen rauskam, zog ich tief die klare Nachtluft ein. Kühl füllte sie meine Lungen mit Sauerstoff und ich musste mir eingestehen, dass ich es vermisst hatte die Kälte der Luft zu spüren. Ich ließ meinen Blick schweifen und konnte sehen wie ein klappriger, alter und vor allen Dingen sehr gelber Käfer angerollt kam. Dad! Schon wollte ich ihm entgegen hüpfen, als mir einfiel, dass ich mich noch von Jemandem verabschieden musste. Ich drehte mich um, in der Erwartung da Jayden stehen zu sehen, aber dieser schien wie vom Erdboden verschluckt. Mit gerecktem Hals hielt ich nach ihm Ausschau, doch ich konnte ihn immer noch nirgends sehen. Und in dem Moment, in dem ich darüber nachdachte ich suchen zugehen, schlangen sich zwei Arme um meine Taille. Sofort roch ich wer das war.
,, Dad!“, rief ich glücklich. Ein leises Lachen an meinem Ohr, als er mich auf die Wange küsste. In seinen Armen drehte ich mich um und schlang meine Arme um seinen Hals. So standen wir ein paar Minuten, während er mich hin und her wog. Dann löste er sich von mir und schaute mich an.
,, Bist du braun geworden! Und sind deine Haare länger geworden? Oder bist du gewachsen? Vielleicht bist du ja einfach noch schöner geworden.“.
Mit großen Augen scannte er mich durch. Lachend drückte ich ihn nochmal an mich.
,, Dad, ich war nur zwei Wochen weg. So viel passiert in dieser kurzen Zeit nicht.“.
Dad musterte mich nun mehr unbehaglich. Als ich fragend eine Augenbraue hob, kehrte das Grinsen schnell auf sein Gesicht zurück, er legte einen Arm um meine Schulter und schob mich in Richtung unseres Autos. Meine Taschen wurden im Kofferraum verstaut und wir beide setzten uns ins Auto. Während wir wegfuhren, blickte ich zurück auf den Flughafen und kurz dachte ich, ich würde Jayden da stehen sehen, aber nachdem ich erneut dorthin sah, war er verschwunden. Ich drehte mich wieder nach vorne und begann Dad von meiner Reise zu erzählen. Er war ein guter Zuhörer, ehrlich interessiert und stellte nur an richtigen Momenten Fragen. Die dunkle Landschaft zog vorbei und kaum hatte ich mich versehen, wurde das Schild Brookville von den Scheinwerfern des Autos angestrahlt. Wir fuhren an den feinen und teuer aussehenden Häusern der Nachbarn vorbei und holperten auf unsere Auffahrt. Mit einem Lächeln bedachte ich das verwinkelte, blau- weiße Haus mit dem hohen Turm. In diesem Turm wohne ich, er wirkt fast wie eine kleine eigene Wohnung über zwei Etagen. Ich hatte ein Badezimmer, ein Wohn- und Schlafzimmer und eine Wendeltreppe, die mich hoch und wieder runter in den zweiten Stock und die Küche brachte. Immer wenn wir damals meine Oma besucht hatten, hatte ich mir vorgestellt, wie damals die Diener, welche in diesem Haus gearbeitet haben, diese Treppe hoch geeilt sind um ihre Herren in langen Kleidern und feinen Sakkos zu bedienen. Ich hatte mir eine Decke um die Taille geschlungen und so getan, als wären Dad und Oma die feinen Herrschaften, denen ich Tee bringen würde. Mit einem versonnenen Blick stieg ich aus. Aus dem Kofferraum holte ich meine Handtasche, Dad trug meinen Koffer. Meine Schlüssel gezückt, marschierte ich auf die Haustür zu.
,, Äh, Jessy, ich muss…“.
Doch er brach abrupt ab, genauso abrupt, wie ich stehen geblieben war, als die Haustür aufschwang.


Kapitel 2


Leer, alles war leer. Die Möbel standen nicht mehr an ihrem alten Platz, die Bücher, das Geschirr, die Deko, Bilder und alles was sich im Laufe der Zeit so angesammelt hatte, steckte in Umzugskartons. Fassungslos ließ ich meine Tasche fallen und wandelte durch das leere Haus. Obwohl es schon elf Uhr war, schien ich plötzlich hellwach. Ich strich über den Platz wo unser sich unsere Sofas und Sessels befanden hatten, ging in die Küche und setzte mich auf die Arbeitsplatte, meinem üblichen Platz neben dem Herd, von wo aus ich gekocht, gebacken und gebraten hatte. Dad betrat ebenfalls die Küche und lehnte sich gegen den Tisch, mir gegenüber. Er schaute schuldbewusst auf den Boden.
,, Dad, was soll das? Du…“, wollte ich anfangen doch er unterbrach mich einfach.
,, Ich wollte es dir nicht über Skype sagen, aber ich hab endlich wieder ein Jobangebot bekommen. Und was für eines! Ich dürfte bei West Side Storys am Broadway mitspielen!“. Seine Augen funkelten als er das sagte. ,, Das ist meine Chance wieder durchzustarten und wir müssen uns um nichts kümmern, den Darstellern werden Wohnungen zur Verfügung gestellt und die PR- Agentin Kate kümmert sich um deine Schule und du würdest pünktlich zu dem neuen Schuljahr kommen und ich kenne dich, du bist wunderschön, intelligent und freundlich. Du würdest bestimmt schnell neue Leute kennenlernen. Ach, Jessalyn, das wäre bestimmt großartig.“. Er klang flehend, so als würde er vor mir auf die Knie gehen, doch, dass brauchte er nicht, denn als er Broadway gesagt hatte, machte es Klick bei mir im Kopf. Der Broadway befand sich am Times Square und der Times Square befand sich nirgendwo anders als in:
,, New York City!“, kreischte ich so laut, dass Dad zusammen zuckte. Ich sprang ihm in die Arme und riss ihn damit fast um. ,, Oh mein Gott! Ja! Lass uns nach New York ziehen. Jetzt sofort! Bitte Dad! New York, davon hab ich immer geträumt. Ich will aus diesem Kaff raus! Endlich !“. Begeistert schreiend tanzte ich durch die Küche. Mein Vater lachte laut, etwas zu laut, aber er klang vor allen Dingen erleichtert. Ebenfalls lachend tanzte ich noch ein bisschen, doch irgendwann schickte er mich ins Bett. Immer noch so verdammt erleichtert und glücklich, hüpfte ich die Treppe hoch, bis mir auffiel, dass ich meine Tasche unten vergessen hatte. Auf dem Weg zum Flur, kam ich am ehemaligen Wohnzimmer vorbei und hörte Dad telefonieren. Ich steckte den Kopf durch die Tür und winkte. Er formte Kate mit den Lippen so ich ließ ihn in Ruhe, nicht das er abgelenkt war und dadurch unsere Chance auf New York verbaute. Mit meiner Tasche über der Schulter betrat ich meine Zimmer. Auch diese waren bereits komplett ausgeräumt, außer meinen Anziehsachen, von denen noch ein paar ordentlich gestapelt auf einem Karton lagen, sowie meinem Bett, welches frisch bezogen auf mich wartete. Auf einmal unglaublich fertig, zog ich nur meine Hose aus und ließ mich dann einfach aufs Bett fallen. Ich ziehe nach New York City, dachte ich noch, dann überrollte mich die Müdigkeit.

Sonnenstrahlen fielen auf mein Gesicht. Stöhnend drehte ich mich auf die andere Seite. Shit, ich hatte vergessen die Gardinen zu zuziehen. Langsam öffnete ich meine Augen und überlegte. War ich noch bei Milly? Doch als ich mich umsah und sich mein Blick auf die Umzugskarton richtete, kamen mir die Ereignisse von gestern wieder in den Sinn. Jayden, Dads Jobangebot, der anstehende Umzug nach New York. Draußen piepte es. Fragend trat ich ans Fenster und schaute runter. Dort, auf der Auffahrt, wo sonst immer unser Käfer stand, ragte nun ein riesen Umzugslastwagen hoch. Mit großen Augen schnappte ich meinen Morgenmantel, der wie immer an meinem Bettpfosten hing, zog ihn über und rannte die Treppe runter in die Küche. Dort lehnte Dad, wie gestern auch, am Tisch, trank Kaffee und gab Anweisungen. Ich wich ein paar wandelnden Umzug Kartons aus und machte mir ebenfalls einen Kaffee.
,, Dad, warum ziehen wir jetzt sofort um?“.
Nicht das ich was dagegen hab, aber es wunderte mich, denn gestern fiel von einem Umzug heute noch kein Wort.
,, Tut mir Leid, dich damit so zu überrumpeln, aber ich habe gestern noch mit Kate telefoniert und da deine neue Schule in einer Woche anfangen wird und ich schon zu Proben muss, meinte sie, dass wir beide besser früher als später umziehen sollten.“. Er fuchtelte mit der Hand um einem Arbeiter zu zeigen, dass dieser Karton noch nicht mitgenommen werden sollte. ,, Ich dachte, das wäre eine gute Idee, dann könntest du dich gleich ein wenig eingewöhnen.“.
Ich nickte verständnisvoll, Dad lächelte, dann reckte er den Hals und brüllte, dass man bitte mit dem Porzellan vorsichtig sein solle.
,, Und was wird aus diesem Haus?“, fragte ich und zeigte um mich. Wieder lächelte er.
,, Man wird sich darum kümmern, hat Kate gesagt.“.
Er stieß sich vom Tisch ab, küsste mich auf die Stirn und verschwand um mit dem Sofa zu helfen. Auch ich beschloss mich nützlich zu machen und ging hoch zum Anziehen und Schminken. Unglaublich, ein Jahr, hatte ich jeden Tag davon geträumt wieder von hier wegzuziehen und jetzt geschah es einfach. Kein Plan, wer Kate ist oder wie sie aussieht, aber sie musste ein Engel sein. Urplötzlich überkam mich eine Traurigkeit und ich setzte mich kurz auf mein Bett. Dieses Haus barg so viele meiner Erinnerungen, gute, schlechte. Wie ich abends weinend auf den Schoß meiner Oma geklettert bin, wenn ich wegen Mom geweint habe. Oder wie wir so getan haben als wären wir die Queen von England beim Teetrinken und Gurkensandwiches essen. Genauso schnell wie die Traurigkeit gekommen war, verschwand sie auch wieder. Jetzt begann mein neuer Lebensabschnitt und mit New York würde dieser perfekt werden. Während ich mir meine weiße Hose und darüber meine graue Tunika anzog, überlegte ich wohin wir wohl ziehen würden. In die Nähe des Times Sqaures, nach Manhattan? Als ich mir mein Make- up auflegte wurde mir klar, dass ich mal wieder auf eine Schule kommen würde in der sich alles bereits eingegliedert hatte. Grässlich. Vor allen Dingen, weil ich immer von allen angestarrt wurde. Keine Ahnung ob das an meinen langen Haaren liegt oder einfach daran, dass ich so unverschämt groß war. Fertig geschminkt, fertig angezogen begab ich mich mit drei Kartons auf dem Arm wieder nach unten und schickte gleich ein paar Leute hoch um die restlichen Sachen auch noch zu holen. Es würde ein anstrengender Tag werden, dessen war ich mir sicher.

Hoch waren diese Wolkenkratzer. Sehr hoch sogar. Ich reckte meinen Hals aus dem Fenster um einen gesamten Eindruck zu bekommen und war überwältigt von dem Ausmaß dieser Häuser. Hinter uns tuckelte der Umzugswagen, vor uns herrschte reges Chaos. Dad fuhr gelassen und sicher, er schien sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Auf dem Sitz drehte ich mich zu ihm.
,, Dad, wo genau werden wir wohnen? Komm schon sag`s mir endlich.“. bettelte ich. Ich hatte ihn bestimmt schon tausendmal gefragt, doch immer hatte er nur verschwörerisch gelächelt. Auch diesmal schien er nicht bereit mir etwas zu sagen.
,, Midtown Manhattan.“, war alles was er dazu sagte. Seufzend ließ ich mich gegen den Sitz fallen. Das war ja so gemein! Beschlossen, einen Streik einzuführen, stöpselte ich mir meine Kopfhörer ins Ohr und drehte die Musik laut auf, so laut, dass Dad sie bestimmt hören konnte. Die Arme vor der Brust verschränkt, bewunderte ich weiter die Häuser. Das sah alles genauso aus, wie ich mir das vorgestellt hatte. Wir fuhren über die Brücke des Hudson Rivers, die uns nach Manhattan führte und erst als wir diese überquert hatten, begann ich mich aufzurichten. Jetzt würde es spannend werden. Das Auto schlängelte sich durch die Menschen und schließlich befanden wir uns vor einem riesigen Gebäude. Ich drehte die Musik wieder leiser.
,, Da werden wir wohnen?“, fragte ich ungläubig. Dad sah beschämt aus.
,, Äh nein, das ist das PR- Gebäude von dem Broadway-Theater in dem ich arbeiten werde.“. Jetzt wo er es sagte, fiel mir das große Plakat, mit der fetten Beschriftung West Side Storys auf. ,, Nun, Jessy, es ist so. Ich muss heute noch die Verträge wegen der Wohnung und deiner Schule regeln. Kate wird dich ins neue Zuhause fahren.“.
Wie auf Kommando, kam eine kleine blonde Frau aus dem Haus rausgestöckelt. Sie sah aus wie eine Bilderbuch Sekretärin: Knielanger, schwarzer Rock, bis zur Taille, Rüschenbluse und schwarzes Jackett, einen Aktenordner unter den Arm geklemmt und eine kleine Tasche am Arm baumelnd. Strahlend klopfte sie gegen die Scheibe, Dad stieg ebenso strahlend aus und gab Kate die Hand. Er drückte ihr die Schlüssel in die Hand, dann streckte er seinen Kopf nochmal zu mir rein.
,, Ich gehe jetzt. Wir sehen uns nachher beim Abendessen. Es tut mir Leid, dass ich dich nicht begleiten kann. Ich mach`s wieder gut.“. Sanft streichelte er über meinen Kopf und lächelte. Ich rang mich dazu zurück zulächeln, beließ es aber dabei. Mit einem knappen Winker verschwand er im Gebäude und Kate schwang sich an seine Stelle in den Wagen. Aus ihren großen, blauen Augen schaute sie mich aufmerksam an.
,, Du bist ein unglaublich hübsches Mädchen, solche Schönheiten wie dich gibt es selten.“. Fast wäre ich darauf eingegangen, doch dann fiel mir auf, was für eine billige Masche das war und schaute sie weiterhin eisern an.
,, Danke.“.
Kurz zuckte sie bei meinem eiskalten Ton zusammen, fing sich aber schnell wieder und startete den Wagen. Ein bisschen schuldig fühlte ich mich, sie konnte ja nichts dafür, dass Dad noch arbeiten musste, also fragte ich in versöhnlicherem Tonfall:
,, Was für eine Art Wohnung werden wir haben?“.
Es schien als würde sie spüren das ich mich bemühte, also lächelte sie mich kurz an und meinte:
,, Ihr werdet ein Loft besitzen. Es ist unglaublich gemütlich und mit schönen, stilvollen Möbeln wird es der Knaller.“.
Voll in ihrem Element berichtete sie weiter, aber ich hörte ihr schon gar nicht mehr zu, denn genau jetzt, bogen wir auf den Times Square ab. Er war überwältigend. Überall hingen bunte Leuchtschilder, blinkende Werbeplakate, Menschen schlenderten die Straßen hoch und runter, die Geschäfte priesen auffallend ihre Ware an. Zwischen Plakaten und Schildern befanden sich Leinwände, auf denen Werbung für Kleidung, Parfum und Schmuck, aber auch für Theater gezeigt wurde. Kurz leuchteten einzelne Ausschnitte auf und zeigten atemberaubende Szenen der einzelnen Musicals. Ich staunte mit offenem Mund. Das war New York! Ein Atemhauch kitzelte mein Ohr, als sich Kate zu mir rüber lehnte und flüsterte:
,, Ist das nicht so wie du dir New York City vorgestellt hattest? Ist das nicht unglaublich?“.
Ich wollte Ja sagen, doch ich konnte nicht. Ich war zu überwältigt.

Quietschend kam das Auto erneut vor einem hohen Gebäude zum Stehen, dieses wirkte aber schon sehr viel bewohnter, mit vereinzelten Kleidungsstücken und Handtüchern die aus dem Fenster hangen und Leuten auf Balkönen. Zusammen mit Kate stieg ich aus dem Wagen, packte meine Handtasche und marschierte hinter ihr ins Haus. Wir würden ganz oben wohnen teilte sie mir mit, aber keine Bange, es gäbe einen Fahrstuhl. Dieses Haus ähnelte eher einem Hotel, die Lobby mit Rezeptionstresen, an dem man seine Schlüssel abgeben konnte, gemütlich aufgestellten Sesseln, Sofas und Tischen und ein kleines Regal auf dem eine Kaffemaschine, ein Tablett mit Wasser und Saft und Zeitungen standen. Direkt am anderen Ende dieser Lobby befanden sich die Fahrstühle, es gab zwei. Beeindruckt durch diese Eleganz, die ich von einem, vom Theater zur Verfügung gestelltem Wohnhaus gar nicht erwartet hätte, nahm ich in einem der Sessel Platz und wartete auf Kate, die mit dem großen, gutgebauten Mann hinter dem Tresen sprach. Dieser Mann war eindeutig nicht der Typ, dem du nachts alleine begegnen willst, andererseits gab er einem sofort das Gefühl bei ihm sicher zu sein. Den Namen auf dem kleinen Schild das an dem Jackett hing konnte ich von hier aus nicht erkennen und trotz seines muskolösen Körpers schätze ich ihn auf Mitte vierzig. Ich wollte aufstehen und mir ein Glas Saft nehmen, da drehte sich Kate zu mir um und winkte mich zu ihr. Ächzend richtete ich mich auf und trat neben sie. Sanft legte sie die Hand zwischen meine Schulterblätter und schob mich noch ein bisschen vor.
,, Xavier, das ist Jessalyn Kingston, sie wird jetzt mit ihrem Vater im Loft des 15. Stockes wohnen.“.
Angesichts dieser Höhenangabe verschluckte ich mich überrascht an meiner eigenen Spucke. Während ich röchelte blickte mich Xavier durchdringend an, dann nickte er schweigend und schob zwei Schlüssel zu mir. Mit tränenden Augen nahm ich sie entgegen, doch Kate entwendete sie mir wieder und schlug mir auf den Rücken. Dankbar blinzelte ich, dackelte dann folgsam zu ihr in den Fahrstuhl, Xaviers Blick wissend im Rücken. Mit dem Ellbogen stieß sie die 15 an, sie hatte es also ernst gemeint. Nachdem ich mich nun wieder eingekriegt hatte, war ich ehrlich aufgeregt auf mein neues Zuhause. Während der Fahrstuhl die Höhe bezwang erklärte mir Kate, dass in diesem Haus nur Schauspieler des Theaters wohnen, allerdings keine weiteren Familien mit Kindern meines Alters. Bedauernd nahm ich dies zur Kenntnis. Es wäre schön gewesen in dieser großen Stadt schon jemanden zu kennen aber anscheinend musste ich selbst dafür sorgen Freunde zu kriegen. Ich habe ja gehört, dass die Menschen aus Großstädten immer viel offener und freundlicher sind als in kleinen Dörfern. Hoffentlich bewahrheitete sich das. Das Jahr in Brookville habe ich nur überlebt, weil ich mich krampfhaft an den Gedanken gekrallt habe, dass wir bald umziehen würden und ich da neue Freunde finden würde. Seufzend schaute ich mich in dem Fahrstuhl um. Der Boden war mit dickem rotem Teppich verlegt und ungefähr auf Hüfthöhe befand sich auf jeder Seite eine goldene Stange, als Stützhilfe. Der Rest des Fahrstuhls war ebenfalls golden, die Oberfläche spiegelte ein wenig, doch es reichte nicht um sich ganz zu sehen. Der kleine Monitor in der einen Ecke zeigte laufend die Fox-News und von den ganzen Katastrophen wurde mir ganz schlecht. Wie kann es nur so viele schlechte Menschen geben?! Wenn ich irgendetwas Bedeutendes gegen das Unheil auf der Welt tun könnte, ich würde es sofort machen. Langsam drang Kates Stimme wieder an mein Ohr.
,,… wird es ganz wundervoll dort haben. Ich kenne seine zukünftigen Kollegen und das sind alles wirklich nette Menschen.“. Breit strahlte sie mich an, doch als sie meinen verwirrten Gesichtsausdruck wahrnahm seufzte sie ebenfalls.
,, Du hast mir kein Wort zugehört oder?“.
Sie klang eher resigniert als aufgebracht oder wütend. Beschämt lächelte ich sie an, mit einem sanften Blick erwiderte sie es. Langsam begann ich echt sie gern zu haben. Die Art wie sie scheinbar immerfort glücklich in die Welt marschierte und in allen Menschen irgendwie was Gutes sah, hatte etwas unglaublich beruhigendes und trostspendendes an sich. Ich setzte an um ihr das zu sagen, aber genau in dem Moment plinkte es und der Fahrstuhl war ganz oben angekommen. Viel zu gemächlich öffneten sich die Türen und gaben den Blick auf einen Gang frei. Irritiert verließ ich hinter Kate den Fahrstuhl und schaute mich um. Wie auch im Fahrstuhl war der Boden mit rotem Teppich belegt, die Tapete aber war schlicht und weiß und an beiden, einen umgebenden Wänden befanden sich Bilder von Musicals und Theateraufführungen. Auf einem kleinen goldenen Schild darunter stand jeweils um welches es sich handelte und wann dieses Bild aufgenommen wurde. Auf dieser Etage gab es nur drei Lofts, dementsprechend auch nur drei Türen, weshalb der Gang relativ kurz war. Kate lief schnurstracks auf die mittlere der drei Türen zu, welche aus dunkelbraunem Eichenholz gemacht und mit kleinen Bögen verziert waren. 1502 stand mit goldenen Messingbuchstaben darauf. Die Tür links von mir hatte die Nummer 1501 und die Tür rechts von mir Nummer 1503. Die Schlüssen waren ebenfalls golden und wirkten eher wie die eines Hotels als eines Wohnhauses. Leise schwang die Tür auf und mein neues Zuhause wurde mir in voller Pracht vorgeführt.


Kapitel 3


Das Paket glänzte, so ordentlich war es saubergemacht worden, kein Kratzer befand sich darauf. Das riesige Wohnzimmer in das wir grade getreten waren wurde erhellt durch die Fenster die zu beiden Seiten vom Boden zur Decke reichten. Ein Kamin befand sich genau gegenüber der Haustür, er wirkte groß und majestätisch, umgeben von weißem Marmor. Im Raum verteilten sich zwei Säulen, welche diesen allerdings nicht minderschöner machten. Links vom Kamin führte ein sehr breiter Gang von dem die anderen Zimmer abgingen. Es gab genau genommen noch fünf weitere Zimmer. Eine Küche, zwei Bäder (eins groß mit Badewanne, Dusche, zwei Waschbecken, Spiegeln und Klo und das andere nur mit Toilette und Waschbecken, beide mit Marmor befliest und weiß angestrichen), zwei große Schlafzimmer und noch ein Arbeitszimmer, alles so in einer unglaublich großen Dimension, dass ich nicht anders konnte als einfach ungläubig zu lachen. Verwundert drehte sich Kate zu mir um und erkundigte sich was denn so witzig sei. Kopfschüttelnd erklärte ich es ihr:
,, Als es hieß wir würden in einem Loft wohnen, hätte ich dieses riesen Teil am wenigsten erwartet.“. Ich drehte mich gestikulierend um meine eigene Achse. ,, Ich meine, es ist doch nur ein Theater und kein Millionen-Dollar-Geschäft.“.
Enttäuscht schaute sie mich an. ,, Dir gefällt es nicht.“.
Sie hatte mich völlig falsch verstanden. Dieses Loft war unglaublich cool und modern und chic und einfach nur großartig, aber weil es eben dies alles war, kam es mir so unglaubwürdig und fern vor hier so wohnen. Trotzdem liebte ich es schon jetzt. Lächelnd nahm ich Kate in den Arm.
,, Ich finde es ganz wunderbar.“. Kurz erstarrte sie überrascht, dann legte sie die Arme um meine Taille. Obwohl sie Schuhe mit hohen Absätzen trug überragte ich sie um einiges. Einfach zu groß. Wir lösten uns voneinander, genau in dem Moment als es an der Haustür klopfte. Mit einem Strahlen auf dem Gesicht öffnete sie diese.
,, Na, Jessy, breit dein Zimmer einzurichten?“.
Und ich war so was von bereit. Auf mein neues Zimmer, mein neues Zuhause, mein neues Leben.

,, Hmm, könnten Sie es nicht vielleicht doch in die andere Ecke stellen?“, überlegte ich laut. Schnaufend trugen die Arbeiter mein zwei Meter langes und breites Bett in die andere Ecke. Zufrieden nickte ich. Ja, so hatte ich mir das vorgestellt. Mein weißes, mit verschnörkelten Schnitzereien verziertes Bett stand in der einen Ecke, neben dem Fenster, schräg gegenüber davon mein Schreibtisch mit einem Schrank in dem ich meine Schulutensilien (Kate hatte die bereits besorgt) verstaute. Die andere Wand wurde bedeckt von meinem Kleiderschrank, den die Arbeiter abwertend als ,, zu monströs“ bezeichnet hatten. Der freie Boden in der Mitte war mit meinem flauschigen weißen Teppich belegt. Ich ließ mich auf ihn sinken und schloss die Augen. Mein eigenes Paradies. Zugegeben nicht so groß wie das in Brookville, aber viel gemütlicher und heller. Ich erhob mich wieder und bezog mit schnellen Bewegungen mein Bett, als ich hörte wie Dad nach Hause kam. Polternd riss ich die Tür auf, stürmte ihm entgegen und sprang jauchzend in seine Arme. Er konnte mich nur mühsam auffangen, denn auch er reichte mir nur bis zu meinen Lippen. Fest schlang ich die Arme um seinen Hals und murmelte in seine Halsgrube:
,, Dad, ich liebe New York.“.
Er brach in schallendes Gelächter aus, solange bis er mich absetzte und selbst unser neues Heim begutachten konnte. Sein Gesichtsausdruck war einmalig. Das Wohnzimmer hatten Kate und ich bereits übernommen, sein Schlaf- und Arbeitszimmer blieb ihm vorbehalten. Wir hatten unsere beiden Ledersofas vor den Kamin gestellt und davor einen Beistelltisch, zudem über dem Kamin den neuen Flachbildfernseher den Dad vor ein paar Monaten gekauft hatte gehängt. Der Esstisch umgeben von acht Stühlen befand sich auf der einen Seite zum Fenster, zwei Sessel auf der anderen. Wenn es bereits dunkel war sorgten Stehlampen dort für Helligkeit, vier, von der Decke hängenden Lampen taten dies bei dem Essensbereich. Dads Augen funkelten als er sich unser Werk anschaute.
,, Das…“. Er räusperte sich. ,, Es sieht umwerfend.“.
Ehe er mich und Kate noch mal an sich drücken konnte, reihten sich die zehn Arbeiter des Umzugsunternehmens vor ihm auf.
,, Wir haben die restlichen Möbel in Ihren anderen Zimmern untergebracht, da wir nicht wussten wie Sie es haben wollen, Sir. Haben Sie noch etwas zu tun für uns? Wenn nicht würden wir jetzt Feierabend machen.“.
Die Stimme des Arbeiters klang tief und höflich distanziert. Dad nahm dieselbe Haltung an und nickte verständnisvoll.
,, Nein, vielen Dank, Sie können gehen. Ich werde Ihnen dann das Geld direkt auf Ihr Konto überweisen. Einen schönen Abend noch.“.
Mit diesen Worten öffnete er die Tür und sie alle verschwanden nacheinander durch sie. Ich schenkte ihnen ein dankbares Lächeln, doch als die Tür wieder zu fiel war ich erleichtert. Endlich allein. Kate zog Dad mit um ihm seine neuen Zimmer zu zeigen, ich verschwand in die Küche mit der Bar-Theke, den hohen Stühlen und dem kleinen Balkon. Diesen Teil hatte Kate ganz alleine gemacht und ich war begeistert wie toll das aussah. Das Besondere war, dass an der freien Wand ein überdimensionales Bild abstrakter Kunst hing. Mit einem Glas Orangensaft verzog ich mich in mein Zimmer, es war schließlich schon acht. Ich öffnete das Fenster und ließ mir die frische Brise New Yorker Stadtluft um die Nase wehen. Tief inhalierte ich den Geruch des Benzins, des Wassers, der Bäume und des Lebens. Fast hätte ich wieder gelacht, doch dieser Augenblick war zu schön um ihn auszulachen. Leise pochte es an der Tür und Dad steckte seinen Kopf rein.
,, Darf ich reinkommen?“.
Zur Antwort setzte ich mich aufs Bett und klopfte neben mich. Er kam rein und ließ sich neben mich fallen.
,, Wirklich schön hast du es hier.“, meinte er und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
,, Wo ist Kate?“.
Sanft ließ er seinen Blick über mein Gesicht schweifen. ,, Schon gegangen. Sie hat Pizzen in den Tiefkühler gelegt falls wir Hunger haben.“.
,, Hab ich nicht.“.
Meine Müdigkeit machte mich launisch. Heute war ein langer Tag gewesen und momentan wollte ich nichts mehr als einfach nur schlafen.
,, Jessalyn, was ich dir noch sagen wollte: Ich bin dir so unendlich dankbar, dass du mit mir nach New York gekommen bist. Das hier ist meine große Chance und das du mich unterstützt bedeutet mir sehr viel.“.
Seine braunen Augen schauten mich so warm an und die Lachfältchen um sie vertieften sich so liebevoll, dass ich in ganz fest in die Arme schloss.
,, Du bist doch mein Daddy.“, flüsterte ich.
Er verstärkte den Griff um meine Taille.
,, Und du bist mein Leben.“, wisperte er zurück. In diesem Moment hätte ich vor Glück fast geheult.

Erst der eine, dann der andere Fuß. Mühsam erinnerte ich mich daran, wie man ging. Ich war so aufgeregt, dass ich weder daran denken konnte, noch was ich jetzt zu tun hatte. Mit zittrigen Fingern entfaltete ich das kleine Papier auf dem, in Kates Handschrift, stand wie ich zum in das Sekretariat kam. Natürlich war ich bereits auf vielen anderen Schulen gewesen und hatte mich dort eingliedern müssen, doch auf keiner hatte ich richtige Freunde gehabt, von keiner sonst hatte es ausgesehen als würde ich länger bleiben und von keiner war ich so überzeugt gewesen neu anzufangen. Ich ging bedächtig über einen langen, hübsch angelegten Weg aus weißen und grauen Steinen. Zu beiden Seiten befanden sich ordentlich zurechtgestutzte, grüne Rheortendonbüsche in denen sich kleine Rosen rankten. Hinter diesen Büschen befanden sich die Schülerparkplätze. Teure, sehr teure Autos standen da und die Leute die aus ihnen ausstiegen sahen nicht minder billig aus. Ganz vorne, in der Nähe der Glastür welche den offiziellen Eingang zur Manhattan High bildete, standen ebenfalls teure Motorräder und glänzende Roller. Einer davon stach mir sofort ins Auge. Er hatte die gleiche Farbe wie unser Käfer, war mindestens genauso zerkratzt und kam mir zwischen den teuren und schlichten Luxuswagen sehr sympathisch vor. Es gab hier also auch Normalsterbliche. Ein bisschen entspannter betrat ich das Schulgebäude. Manhattan High wirkte auf den ersten Blick wie eine ganz gewöhnliche Highschool. Verschiedene Schülergruppen liefen lachend und erzählend durch die Gänge, Jungs in grün-weißen Footballhemden pfiffen kichernden Mädels in kurzen, ebenfalls grün-weißen Cheerleaderröckchen hinterher. Ein Schild wies auf die Cafeteria hin, ein anderes auf das Büro des Direktors und dem Sekretariat. Wie gesagt, es wirkte wie eine normale Highschool, wäre da nicht der graue, teuer aussehende, glänzende Fußboden, die großen weißen Spinde, die ordentlich verarbeitete Decke von der runde Lampen hingen. Und wären da nicht die Schüler die in Anziehsachen von Gucci, Prada, Hilfiger und Boss herumliefen, die Taschen von Chanel, Longchamp und Louis Vitton an den Armen baumeln hatten und Uhren, Schmuck und sonst was von Carthier trugen. Sie trugen diese Sachen mit einer Selbstverständlichkeit, die mir den Atem verschlug. Beschämt sah ich an mir runter. Ich hatte mir heute Morgen einfach meine abgenutzte schwarze Hose und meinen grauen Schlabberpulli (das alles von H&M) übergeworfen, in der Hoffnung es würde hier keinen kümmern. Fasch gedacht. Am liebsten wäre ich umgedreht und nach Hause gerannt, doch ich musste bleiben. Kurz schloss ich die Augen und atmete einmal tief ein, als ich von hinten gerammt wurde. Erschrocken quietschend fiel ich auf alle viere, meine Tasche flog mir von der Schulter und die ganzen Schulbücher glitschten über den Boden. Vereinzelt fingen Schüler an zu lachen. Mit roten Wangen sammelte ich sie wieder ein, zog mir meine Tasche wieder über die Schulter und ging mit langen Schritten in Richtung Büro des Rektors. Das dumpfe Hallen von Schuhen sagte mir, dass mir jemand folgte. Bevor ich die Tür mit der Aufschrift Sekretäriat aufreißen konnte, packte mich jemand an der Schulter und drehte mich rum. Ich schaute direkt in blaue Augen. Der, dem die Augen gehörten, trat einen Schritt zurück und ich konnte ihn in voller Größe betrachten. Der Typ der vor mir stand, hatte blaue Augen, blonde Haare, breite Schultern und angesichts des grün-weißen Hemds mit dem kleinen Schriftzug Captain drauf, nahm ich an das er der Kapitän der Footballmanschaft war. Eigentlich sah er nicht schlecht aus, es gab nur einen kleinen Makel: Er war kleiner als ich. Wahrscheinlich war er noch verhältnismäßig groß, doch mir reichte er nur bis zur Nasenspitze. Ich konnte sehen, dass er mich ebenfalls abcheckte. Ich versuchte mich an seine Stelle zu versetzen, was er sah. Ein Mädchen, mit katzengrünen Augen, blonden Locken, die ihr über die Brust bis zum Bund ihrer Hose fielen, mit langen Beinen und viel zu wenig Busen. Zudem überragt sie einen, was sie unheimlich macht. Ich rang mir ein Lächeln ab und wollte mich wieder umdrehen, als ich erneut zurück gehalten wurde. Jetzt war ich wirklich genervt und schlug die Hand an meinem Arm weg. Der Junge wich mit schmerzverzehrter Miene einen Schritt zurück. Seine Hand hatte vier rote Striemen in der Form meiner Finger. Entsetzt hielt ich mir diese vor den Mund. Mysteriöse Ereignisse mit Elementen waren mir schon öfters geschehen:
Als ich in der Vorschule gewesen war, hatte ich mit einem Jungen gespielt, der unglaublich gemein schien und mir die ganze Zeit meine Schaufel weggenommen hatte. Irgendwann war ich wütend geworden und plötzlich wurde der Junge von selbst mit Sandkugeln beworfen. Oder in der vierten Klasse war ich mit Mädchen aus meiner Klasse am See, sie wollten selbst nicht rein, aber sie meinten ich solle ihnen ihre Ringe zurückholen. Ich hatte schon am Rand vom Steg gestanden, als ich mir gewünscht hatte, eine dieser Mädchen würde reinfallen, da schossen so eine Art Wasserhände aus dem See und haben die ganze Gruppe reingeworfen. Mir war auch schon passiert, dass ich, als ich einen Drachen steigen gelassen hab, lieber den wunderschönen Drachen meines Nachbars haben wollte und so ist dieser von einer heftigen Windböe losgerissen würde, am Abend hatte er vor meinem Haus gelegen. Ich hatte schon immer eine gewisse Bindung zu Feuer, Wasser, Erde und Luft, hatte aber noch nie jemanden ernsthaft verletzt. Ich trat einen Schritt vor um mich zu entschuldigen, doch der Junge stolperte zurück.
,, Freak“, spuckte er mir ins Gesicht und rannte weg.
Hilflos blieb ich zurück. Das fing ja gut an. Dann strafte ich meine Schultern und trat in das Büro ein.

Hinter einer Art Theke, befanden sich zwei Tische, am einen saß noch eine Frau, die andere war aufgestanden und redete angeregt einem Mädchen. Das Mädchen hatte einen kurzen, schwarzen Bob, trug ein langes Jeanshemd und darunter ein Blümchenkleid. Auf dem Stuhl neben mir lag eine braune Ledertasche und ein gelber Helm. Ich wette, ihr gehörte dieser Roller.
,, Bitte, ich muss wechseln, haben sie nicht noch irgendwo einen Platz frei?“.
Das war die Stimme des Mädchens und sie klang ehrlich verzweifelt. Sanft schüttelte die Sekretärin den Kopf.
,, Tut mir Leid, Paige. Alle anderen Kurse sind auch schon voll. Du musst da wohl bleiben.“.
Paige, so hieß sie also. Während die beiden weiter verhandelten schaute ich mich im Büro um. An einer Seite befand sich ein riesiger Aktenschrank, mit den Aufschriften der einzelnen Klassen. Hinter mir, zwischen den zwei Reihen von Stühlen stand ein Kleiderhaken. Eine andere Tür befand sich gegenüber der Tür durch die ich gekommen war. Principal Gregor Dawney stand darauf. Zwei Fenster brachten Licht in das kleine Zimmer und gaben den Blick auf einen gepflegten Schulhof frei. Gott, Kate, wo hast du mich hier nur reingebracht? Die Stimme der anderen Sekretärin rief mich aus meinen Gedanken.
,, Kann ich was für dich tun, mein Kind?“.
Vorsichtig trat ich näher und legte ihr meine Akte auf den Tisch. Die Sekretärin blätterte sie kurz durch, dann nickte sie und drückte mir etwas in die Hand.
,, Das hier ist dein Stundenplan und das hier dein Code für den Spind.“.
Sie wandte sich an Paige, die grade im Begriff war zu gehen.
,, Paige, könntest du unserer neuen Schülerin ihren Spind zeigen. Ihr habt auch die erste Stunde gemeinsam.“.
Paiges Miene hellte sich auf und sie grinste mich freundlich an. Ihre Haut war moccafarben und ihre schwarzen Augen blitzten frech auf. Sie war hübsch, sehr hübsch, darin bestand keine Frage. Auch wenn sie einen Kopf kleiner war, sie wirkte als Erste in dieser Schule nicht perfekt, sondern normal. Ich grinste spontan zurück.
,, Viel Glück und Spaß wünsch ich dir hier, Jessalyn.“, meinte eine tiefe Stimme. Ich fuhr herum und konnte einen Mann ausmachen, der im Schatten des anderen Raumes stand. Das einzige was ich mit Sicherheit sagen konnte, waren seine blitzenden Zähne, die beunruhigen glitzerten. Unsicher neigte ich den Kopf, dann verschwand ich so schnell es ging das Sekretäriat. Paige folgte mir.
,, Brr.“. Sie schauderte. ,, Ich bin hier jetzt schon zwei Jahre, aber Principal Dawney macht mir immer noch Angst.“. Lachend hakte sie sich bei mir ein. Erstaunt darüber, wie schnell ich anscheinend eine Freundin gefunden hatte, ließ ich mich von ihr mitziehen.
,, So, Jessalyn heißt du also.“. Keine Frage, eine Feststellung. Nickend bejahte ich. ,, Ich bin Paige. Was hat einen heißen Feger wie dich in einen Kartoffelsack gebracht?“.
Sie deutete auf meinen Pulli. Gespielt entrüsted boxte ich ihr in die Seite.
,, Naja, immerhin trage ich nicht die Gardine meiner Oma.“, lachte ich und deutete wiederum auf ihr Kleid. Paige wirkte kurz überrascht, dann brach sie in schallendes Gelächter aus.
,, Du hast es drauf.“. Kichernd zog sie mich weiter, bis wir vor einem weißen Spind stehen blieben. Sie erklärte mir, dass das jetzt meiner sei und zufällig genau neben ihrem legen würde. Seit langem war ich nicht mehr so glücklich über einen Spindplatz gewesen.

,, Zuerst haben wir Chemie.“, ließ Paige mich wissen. Mit jeweils einen Muffin in der Hand schlenderten wir in Richtung des Raumes in dem das besagte Fach stattfand. Kurz bevor wir um die Ecke gehen konnten, blieb sie plötzlich stehen und ging langsam Schritt für Schritt wieder zurück.
,, Was ist los, Paige?“, fragte ich sie sanft, doch sie schüttelte nur immer wieder den Kopf.
,, Ich… ich kann da nicht rein.“.
Ich erinnerte mich an das Gespräch das sie mit der Sekretärin gehabt hatte. Anscheinend handelte es sich hier um den Kurs den sie nicht mehr belegen wollte. Bevor sie sich rumwerfen und wegrennen konnte, hielt ich sie am Arm fest und umarmte sie. Schluchzend warf sie ihre Arme um meine Hüften und durchnässte meinen Kartoffelsack.
,,Si-i-e si-i-ind so-o fu-urchtba-ar fi-i-ies.”, stotterte Paige.
Ich strich ihr beruhigend über den Kopf.
,, Wer auch immer fies zu dir ist, ich bin bei dir, ja?“. Ich versuchte, mich so behutsam wie möglich aus ihrer Umklammerung lösen. ,, Komm.“.
Gemeinsam gingen wir um die Ecke und stellten uns zu den anderen wartenden Schüler und Schülerinnen vor den Raum. Paige blieb verängstigt hinter mir. Ich wollte mich schon zu ihr umdrehen und ihr sagen, dass doch alles gut sei, als mir der widerlich süß-klebrige Duft des Prada Candy- Parfums in die Nase stieg. Ehe ich mich wundern konnte woher er jetzt kommen mag, stand die Quelle des Geruches genau vor mir.

Die künstlichen, schulterlangen Locken lagen seidig um das Gesicht des umwerfend hübschen Mädchens mir gegenüber. Ihre eisblauen Augen guckten mich herablassend an, die kleine Stupsnase ließen sie nicht niedlicher wirken und ihre vollen Lippen waren angewidert verzogen. Die bunte Bluse bauschte sich leicht um ihren Oberkörper, die Knöpfe waren alle geöffnet, was einen tiefen Einblick in ihr Dekollté freigab und ihre schlanken Beine wurden von einer weißen Jeans verdeckt. Sie konnte mir fast in die Augen schauen, so groß war sie, was einzig und allein möglich war durch die mörderhohen Schuhe die sie trug. Kurz: Sie war die Perfektion in Person. Auch sie scannte mich, allerdings kam ich im Gegensatz zu ihr wahrscheinlich einfach nur armeselig rüber. Abwertend guckte sie zu mir hoch, dann warf sie einen höhnischen Blick auf Paige hinter mir.
,, Oh, hat Paigileinchen eine Beschützerin gefunden? Muss sie jetzt immer noch so viel we-ei-in-e-en?“.
Barbie schürzte die Lippen und deutete an sich mit den Fäusten die Augen zu reiben. Paige verschwand noch ein bisschen mehr hinter mir. Ich stellte mich grader hin und schaute auf Barbie herunter. Diese bemerkte das und guckte mich wütend an.
,, Wenn ich mich nicht irre bist du Jessalyn Kingston. Die Tochter des Schauspielers.“. Ein höhnisches Lächeln trat auf ihr Gesicht, als ihre Clique lachte. ,, Mein Name ist Madaleine Dickson. Du siehst zwar total armselig aus, aber du hast was Besseres verdient als die da.“. Ein Handschwenk in Paiges Richtung. ,, Also, kommst du mit?“. Ihre Augen blitzten gefährlich. Ich schluckte, warf einen Blick auf das verängstigte Mädchen hinter mir, dann auf Madaleine und schüttelte den Kopf. Sofort schossen die Augenbrauen sämtlicher Cliquenmitglieder in die Höhe.
,, Nein. Paige ist meine Freundin und im Gegensatz zu dir hab ich was übrig für meine Freunde.“.
Madaleine lief rot an vor Zorn und ich wette, sie wäre auf mich losgegangen, wäre da nicht unser Chemielehrer, Mr. Roberts, pfeifend zwischen uns getreten und hätte die Tür aufgeschlossen. Wutentbrannt drehte sie sich um und schoss, gefolgt von ihrem Hofstaat in den Raum. Grinsend drehte ich mich zu Paige um, die einen Schwall Luft ausatmete. Im Gegensatz zu mir, schien sie nicht zufrieden zu sein, denn sie schaute mich mit angstgeweiteten Augen an.
,, Sie wird dich fertig machen.“, wisperte sie mit einer Kopfbewegung in Richtung Madaleine und ihrer Clique. Übertrieben fröhlich nickte ich und hakte mich bei ihr ein.
,, Soll sie nur, ich hab trotzdem was übrig für dich.“.
Ich schaffte es sogar, Paige zum Lachen zu bringen.

Das Klingeln der Pausenglocke war eine Erlösung. Ein kollektives Aufatmen ging durch die Reihen, als dieses den todeslangweiligen Vortrag unseres Mathelehrers beendete. Die Schüler verließen alleine oder in Gruppen den Chemieraum und Madaleines übertriebenes Lachen hallte auf dem Flur wieder. Paige hatte sich während der vergangen vier Schulstunden wieder eingekriegt und schien jetzt richtig glücklich zu sein. In den Pausen zog sie mich durch die Gänge und zeigte mir geheime Plätze, ihre Lieblingsorte, Orte die man meiden sollte, die Cafeteria und Turnhalle. Da Paige und ich in einer Klasse waren, hatten wir glücklicherweise die meisten Kurse zusammen. Wenn nicht, trafen wir uns immer an unseren Schließfächern. Jetzt hatte es geklingelt zur großen Pause, das hieß eine Stunde frei zum Essen oder Lernen. An meinem Schließfach drehte ich die Zahlenkombination 3103, verstaute meine Bücher und holte mein Porte-Monnaie heraus. Paige tat es mir nach und gemeinsam gingen wir in die Cafeteria. Die Cafeteria, oder Mensa, war eine riesige Halle mit mindestens zwanzig runden Tischen um die jeweils zehn Stühle standen. Es gab auch eine breite Glastür, aus der man nach draußen gehen konnte, wo noch mal fünf dieser Tische standen. Wir stellten uns in die Schlange und ich häufte mir Pizza, Donuts, Äpfel, Pudding und Colas auf mein Tablett, bezahlte und marschierte raus. Ich ließ mich auf einen der Stühle fallen und Paige nahm mir gegenüber Platz. Sie pfiff anerkennend, als sie die riesigen Berge vor mir sah.
,, Isst du immer so viel?“.
Ich hatte mir grade ein riesiges Stück Pizza in den Mund geschoben, also nuschelte ich:
,, Keine Ahnung, ich brauch so viel, sonst fühle ich mich schlapp.“.
Grade hatte ich den Satz beendet, als ich den Geruch von Feuer wahrnahm. Alarmiert setzte ich mich auf, schluckte mein Essen runter und drehte mich in Richtung des Geruches. Plötzlich wurden meine Hände nass, doch ich wischte sie nur an meiner Hose ab. Im Hintergrund redete Paige weiter, doch ich unterbrach sie:
,, Paige, ich bin gleich wieder da. Beweg dich nicht, okay.“.
Sie verstummte sofort und nickte zögernd. Ich schenkte ihr ein dankbares Lächeln, dann stand ich auf und folgte meiner Nase zu dem Geruch. Zu dem Schulgrundstück gehörte auch ein kleiner Wald, den die Schüler zum rummachen, trinken, rauchen und kiffen benutzten. Am Ende dieses Wäldchens befand sich eine Turnhallenruine, die die meisten allerdings mieden, da sie echt unheimlich war. Paige hatte mir nur davon erzählt, weil mich der Wald so begeistert hatte. Ich verlangsamte meine Schritte und fing schleichen, denn ich hatte Stimmen vernommen. Ein heftiger Windstoß ließ mich vorwärts stolpern und trieb mich in deren Richtung. Verärgert schlug ich um mich und der Wind las nach. Mit leisen Schritten umrundete ich die Ruine, als ich urplötzlich fünf Menschen sah. Drei Männer und zwei Frauen. Fasziniert blieb ich stehen. Kurz überlegte ich was mich an ihnen so faszinierte, als es mir bewusst wurde. Sie alle waren so groß, oder noch größer, wie ich. Die Männer hatten breite Schultern, die Frauen waren schlank und hatten wunderschöne Haare. Sie standen im Kreis und redeten angeregt. Anscheinend hatte ich mich geirrt was das Feuer anging. Ich wollte mich schon zurückziehen, als sich plötzlich einer der Männer aufrichtete und sich zu mir umdrehte. Mir verschlug es den Atem. Dieser Mann, nein, Junge in meinem Alter, sah so verboten gut aus, dass ich nicht anders konnte als mit offenem Mund zu gaffen.
Seine schwarzen Haare waren kurz zu einem Undercut geschnitten, welchen er lässig zu einer Superman-Tolle frisiert hatte. Seine Haut war gebräunt und wunderschöne orangerote Augen schauten mich an. Ja, ernsthaft, seine Augen hatten die wirbelnde, wilde Farbe von Feuer. Er besaß hohe Wangenknochen, eine grade Nase und volle, sanft geschwungene Lippen. Seine breiten Schultern spannten sich unter seinem grauen T-Shirt mit V-Ausschnitt und seine langen schlanken Beine steckten in lässigen Jeans. Er starrte mich genauso an, bis sich sein Gesicht zu einer wütenden Grimasse verzog. Es schien als wolle er etwas sagen, aber in dem Moment drehten sich die anderen auch um. Ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Die beiden anderen Jungs (den einen schätzte ich auf 19 ein, den anderen eher auch auf siebzehn) sahen nicht minder gut aus. Beide hatten braune, verwuschelte Haare, ebenfalls Augen in der Farbe von Feuer. Während der eine eher schüchtern aussah, wirkte der andere rebellisch, durch die Narbe, die sich durch die Augenbraue bis zum oberen Wangenknochen zog. Auch sie hatten muskulöse, breite Schultern die in einfachen Hemden steckten. Das Mädchen rechts von Superman hatte seidige, rote Locken die ihr bis kurz unter die Brust fielen. Ihre roten Augen wirkten sanft und ihre vollen Lippen hatten sich zu einem verständnisvollen Lächeln verzogen. Ihre Taille war, wie meine, schmal und sie hatte dieselben langen Beine, aber viel mehr Busen. An ihren Armen baumelte ein Armband an dem, kleine Feuerornamente hingen. Das Mädchen das als letztes vortrat schien die Jüngste zu sein. Ihre Haare waren blond, aber ein sehr helles Blond und sie waren zu kurzen Stacheln geschnitten, welche in alle Richtungen abstanden. Sie hatte ihr Gesicht zu einer ebenso wütenden Grimasse verzogen wie Superman. Ihre roten Augen stachen so umso mehr heraus. Während ich da sprachlos stand, kehrte langsam mein Fluchtsinn wieder zurück. Vor mir standen fünf Leute, alle mit feuerroten Augen und starrten mich wütend an. Verängstig ging ich rückwärts, doch Superman trat einfach mit langen Schritten vor und wollte mich am Arm packen, doch als er das tat fuhr eine so heftige Hitzewelle durch meinen Körper, das meine Beine nachgaben. Mit Hitzewelle meinte ich nicht, weil der Typ so heiß war (was bestimmt auch ein wichtiger Aspekt war) sondern wirkliche Hitze, so als würde mein Körper in Flammen stehen, als würde echtes Feuer durch meine Adern kriechen. Ich lag jetzt auf dem Boden und wand mich. Alles um mich und in mir war jetzt so unerträglich warm, dass jede Berührung ebenfalls in dem Feuer unterging. Mit zusammen gekniffenen Augen zwang ich mich, langsam ein und aus zu atmen. Nach einer gefühlten Unendlichkeit nahm das Feuer langsam ab und ich konnte mich aufrichten. Um mich herum standen fünf Leute. Ich wollte was sagen, wollte schreien, doch aus meinem Hals kam nur undeutliches Krächzen. Mühsam zwang ich mich auf die Beine. Dort wo ich gelegen hatte, war alles schwarz und verkohlt, es sah so aus als wäre ein Meteroit eingeschlagen. Ich quiekte entgeistert, warf mich herum und rannte in Richtung der Schulmensa, die bohrenden Feuerblicke der Leute in meinem Rücken.


Kapitel 4


Schnaufend kam an dem Tisch an, den ich vor einer guten Viertelstunde verlassen hatte. Mein Tablett war leer, doch Paige saß immer noch dort und schaute mir bestürzt entgegen.
,, Himmel, Jessy, was ist denn mit dir passiert? Du siehst so aus als wärst du gradewegs aus einem Kamin gestiegen.“.
Über diese Beschreibung musste ich lächeln, dann wurde mir deren Bedeutung bewusst und ich schaute an mir herunter. Mein grauer Pulli hatte nun die Farbe von Schwarz und Braun, ebenso meine Hose und meine Hände. Meine Haare hatten sich gekrisselt und bauschten sich nun um meinen Kopf. Ehe ich was sagen konnte war Paige aufgesprungen, hatte mich gepackt und wir waren so schnell wie es ging in den Kleiderfond gegangen. Natürlich ließ da keiner schicke Sachen, aber sie sahen verhältnismäßig gut aus. Am Ende trug ich dann eine Zebra-Leggings und ein schwarzes T-Shirt, was das einzige gewesen war, was mir annähernd passte. Im Bad wusch ich mir den Ruß ab, hielt meine Haare unters Wasser und mit Paiges Bürste bekam ich sie auch wieder glatt. Erleichtert, allerdings mit fremden Klamotten und nassen Haaren, verließen wir das Bad und ließen uns in den ruhigen Schatten unter der Treppe fallen. Kurz schwiegen wir, dann richtete ich meinen Blick auf Paige.
,, Paige, was ist da zwischen dir und Madaleine vorgefallen?“.
Ich hatte mich vorher nicht getraut zu fragen, aber jetzt schien mir der richtige Augenblick. Sie blinzelte mich überrascht an, dann sank sie ein bisschen in sich zusammen. Ich rutschte näher an sie und sie legte den Kopf auf meine Schulter.
,, Früher waren wir beste Freundinnen.“, fing sie an zu erzählen. ,, Wir hatten so gut wie alles gemeinsam gemacht. Unsere Eltern hatten sich beide getrennt und so beschlossen wir ihren Dad und meine Mom zusammen zu bringen. Es hat geklappt, sogar so gut, dass sie zusammen gezogen sind. Wir haben uns mega gefreut und allen erzählt, dass wir jetzt Schwestern seien. Meine Mom allerdings war gar nicht glücklich und nach vier Monaten zusammen leben ist sie fremdgegangen. Madaleines Vater hat das natürlich sehr verletzt und er ist sofort mit Madaleine ausgezogen. Seitdem hasst sie mich. Ich glaube, sie gibt mir die Schuld an der Trennung.“. Unglücklich hob Paige den Kopf. Ich lächelte ihr aufmunternd zu. ,, Ich konnte Mom verstehen. Maddys Vater ist so ein reicher Spießer, der im Nachhinein überhaupt nicht zu ihr gepasst hat. Aber sie hat meine Freundschaft mit Madaleine beendet. Es tut weh zu sehen wie sehr Maddy mich am Boden sehen will.“.
Den letzten Satz hatte Paige fast nur geflüstert. Ohne lange nachzudenken schloss ich sie ganz fest in die Arme. Unglaublich, nach so kurzer Zeit hatte ich bbereits eine Freundin gefunden, die mir ihr Leben anvertraute. Wir lösten uns voneinander und sie wischte sich schnell mit dem Ärmel über die Augen. Dann guckte sie mich neugierig an und verlangte, dass ich etwas von mir erzählen solle. Also begann ich zu erzählen. Über Dad, meine vielen Zuhauses, meine Oma, meine Mum, meine Ängste und Wünsche. Ich baute so viele lustige Sachen ein wie möglich und am Ende kugelte sich Paige vor Lachen. Grinsend gingen wir zu unseren Schließfächern und ich schaute auf meinen Stundenplan. Geographie. Ich schielte auf den von Paige. Biologie.
,, Äh Paige, wo muss ich hin zu Geographie?“, fragte ich und tippte auf das kleine Kästchen in dem das Fach stand. Sie beschrieb mir den Weg und wir machten uns in entgegen gesetzte Richtungen auf zu den Räumen. Auf meinem Weg musste ich die Treppe hoch. Gut gelaunt hüpfte ich die letzten Stufen hoch und marschierte auf die Tür mit der richtigen Nummer zu. Alle anderen standen schon davor und erst dachte ich gar nicht darüber nach, bis mir ein bohrender Blick in den Rücken stach. Unwohl drehte ich mich um. Und da standen sie. Superman und der Typ mit den braunen Haaren ( ohne Narbe). Ihr starrer Blick hielt mich gefangen und ihre roten Augen flackerten gefährlich. Nervös wollte ich mich umdrehen und wegrennen, als Mrs. Rossi kam und mich begeistert anschaute.
,, Na wenn das nicht Jessalyn Kingston ist. Komm rein, komm rein“, flötete sie und schloss die Tür auf. So schnell wie es ging drängelte ich mich durch die Menge und nahm ganz hinten Platz. Ich kniff die Augen zusammen und hoffte, dass die beiden Jungs nicht mit mir Geographie hatten. Leider nur, besitzt auch Gott einen linken Haken und diesen wollte er jetzt wohl mal ganz ordentlich ausspielen, denn die Jungen hatten nicht nur mit mir Geographie, sie setzten sich auch noch vor mich. Genau genommen, saß Superman vor mir, der Braunhaarige neben ihm. Mrs. Rossi war eigentlich eine nette Frau (mal davon abgesehen, dass sie ganz offensichtlich Geo studiert hatte). Sie redete in einem fort und ich schrieb fleißig mit, man weiß ja nie. Wie die meisten Lehrer war aber auch sie zu faul die Blatter, die sie uns geben wollte, auszuteilen, also schob sie diese nur durch die Reihen. Superman wollte mir mein Blatt nach hinten geben und für den kurzen Moment vergaß ich wer er war. Ich nahm ihm das Blatt aus der Hand, dabei streiften sich kurz unsere Finger. Eine erneute Hitzewelle (wenn auch nur eine kleine) schoss durch meine Arme und verteilte sich in meinem Körper. Mit riesigen Augen starrte ich Superman an und mit noch größeren starrte er zurück. Auch der Braune neben ihm starrte mich an. Das Klingeln ließ mich aufspringen, schnell meine Sachen packen und aus dem Raum rennen. Wie eine Bekloppte jagte ich die Treppe runter zu meinem Schließfach, wo Paige schon wartete. Mit ähnlich großen Augen, wie ich sie eben hatte schaute sie mir entgegen.
,, Ich hätte schwören können, dass deine Augen grade rot waren.“, meinte sie irritiert.
Ich winkte ab und erzählte ihr von den beiden Jungen. Das mit der Hitzewelle ließ ich aus, ich wusste ja selbst nicht was das zu bedeuten hatte. Sie lachte auf. Ärgerlich sah ich sie an.
,, Was denn?“.
Sie setzte an um etwas zu sagen, verstummte aber abrupt und starrte über meine Schulter hinter mich. Ich drehte mich um. Vier der fünf Leute aus dem Wald gingen grade die Treppen runter. Anmutig sahen sie aus. Sie redeten, doch als sie meinen Blick spürten verstummten sie. Wütend drehte ich mich wieder zu Paige.
,, Genau das waren auch die, die ich im Wald und eben oben in Geo gesehen hab. Nur im Wald war da noch einer mit `ner Narbe.“, sprudelte es aufgebracht aus mir heraus.
Während ich mich noch aufregte, konnte ich spüren wie sie an mir vorbei gingen. Die Hitze in ihren Blicken und die sie umgab war fast unerträglich. Als sie endlich verschwunden waren, wandte ich mich an Paige.
,, Wer war das?“.
Sie blickte immer noch verwirrt zwischen mir und die Richtung in der die Feuermenschen gegangen waren hin und her.
,, Äh, das waren die Parkers. Das ist die Familie der heißesten Schüler der Schule. Alle Jungs muskelstrotzende Kerle und die Mädchen elfengleiche Barbies.“. Sie klang verträumt und ich konnte es ihr nicht verübeln. Die Familie sah einfach verboten gut aus. ,, Irgendwie erinnerst du mich an sie. Du könntest zu der Familie gehören.“. Als ich verlegen abstritt nickte sie nur andauernd mit dem Kopf. ,, Doch, doch. Du bist groß, schlank und voll hübsch. Vielleicht wurdest du ja nur von deinem Dad adoptiert.“.
Lachend ditschte ich ihr an den Kopf. Paige aber ließ sich nicht beirren.
,, Naja, also der mit den braunen Wuschelhaaren heißt Tyler, der mit der Narbe heißt Rafael, das Mädchen mit den roten Haaren, Destiny, das Mädchen mit den blonden Haaren Mila und der mit der Superman- Haartolle Alan. Er ist so heiß. Unglaublich, dass er keine Freundin hat.“.
Alan also. A wie Arsch. Zufrieden grinste ich. Arsch-Alan. Grade wollte ich Paige von meinem neuen Spitznamen für Alan erzählen, als es klingelte. Zusammen gingen wir zu Sport.

Drei Stunden Sport zu haben ist die Hölle. Eine Stunde ist schon schlimm, aber drei sind katastrophal. Nicht, dass ich es sonderlich anstrengend finden würde oder besonders schwierig, nur ich durfte mir nicht anmerken lassen wie leicht mir alles fiel. Das mit Sport war schon immer so eine Sache gewesen. Schon in der Grundschule, erste Klasse, konnte ich weiter springen als mein Sportlehrer, weiter werfen als die Viertklässler und schneller rennen als alle aus der Schule. Es hatte mir immer Angst gemacht, so unnatürlich zu sein, aber mit der Zeit hatte ich herausgefunden, dass ich mich nur zu verstellen brauchte und dann immer noch gut war. Zum Glück wusste ich ja nichts davon, heute Sport zu haben, deswegen hatte ich auch kein Sportzeug mit und musste nicht mit machen. So saß ich auf der Bank und schaute den anderen dabei zu, wie sie mit Rugbybällen hin und her warfen. Paige warf zusammen mit einem niedlichen Jungen und den roten Wangen zufolge, die die beiden hatten, schienen sie mächtig aufeinander zustehen. Ich schaute den beiden noch ein bisschen zu, als ich einen Luftzug spürte und im nächsten Moment hielt ich einen Rugbyball in den Händen. Mit den Augen folgte ich der Flugbahn des Balles und landete bei Madaleine. Das fiese Grinsen war aus ihrem Gesicht verschwunden und hatte erst Erstauntheit, dann Wut Platz gemacht. Ich holte aus und warf ihr denn Ball zu, mit Mühe fing sie ihn und wurde zurückgeworfen. Sie landete auf dem Po und alle hielten im Werfen inne um erst zu mir und dann zu ihr zu schauen. Paige drückte dem Jungen ihr gegenüber den Ball in die Hand und joggte zu mir. Ihrem zufriedenen Lächeln nach zu urteilen schien ihr Madaleine überhaupt nicht Leid zu tun.
,, Was auch immer du getan hast, sehr gut.“. Doch ich war mir gar nicht so sicher ob das sehr gut war.
,, Mir... ähm… mir ist schlecht.“, stammelte ich, sprang auf und rannte weg. Mit unglaublicher Geschwindigkeit flitzte ich durch die leeren Flure. Obwohl ich so schnell war, konnte ich alles scharf sehen. Zu spät fiel mir die Gruppe Schüler auf, durch die ich stob. Die Parkers. Ach verflixt. Mein Tempo war allerdings zu hoch um jetzt abzubremsen und ich hatte keine Lust mich zu erklären, also rannte ich einfach durch sie durch. Kurz blickte ich in Alans Augen, dann verschwanden sie aus meinem Blickfeld. Ich rannte weiter, durch den kleinen Wald in die Ruine. Dort ließ ich mich auf den Boden sinken und schloss die Augen. Mein erster Tag lief mal wieder katastrophal. Obwohl ich eine echt gute Freundin gefunden habe, hatte ich mich gleich mit der Schulkönigin angelegt, eine Familie mit Feueraugen getroffen und mich anscheinend selbst angezündet. Es knackte. Ich riss meine Augen auf. Vor mir stand eine schnaufende Paige. Sie fuhr sich durch die verschwitzten Haare und sah auf mich runter.
,, Ich hab Fritzi gesagt, dir ist schlecht und ich geh mal gucken ob ich deine Haare hoch halten soll. Dann habe ich total überraschte Parkers getroffen und sie gefragt ob sie dich gesehen hätten und sie meinten du seist hierhin gerannt.“. Sie ließ sich schwer neben mich fallen. ,, Ms. Chaos ey.“. Grinsend boxte sie mir in die Seite. Vor Erleichterung hätte ich fast geheult. Paige dachte weder ich sei bekloppt, noch verrückt oder sonst was. Plötzlich trat ein Ausdruck auf ihr Gesicht welchen ich nur zu gut von mir selbst kannte. Ihr war etwas eingefallen. Verschwörerisch grinste sie mich an.
,, Duu…“. Sie wackelte mit den Augenbrauen. ,, Du hast doch gesagt du hättest noch nicht allzu viel von New York gesehen, oder?“. Ich nickte. ,, Ich zeige dir die Stadt. Aber so wie ich sie sehe.“. Als sie meinen skeptischen Blick sah, stand sie auf und streckte mir die Hand hin. Ich ließ mich von ihr hoch ziehen. Auf dem Weg zurück erläuterte sie mir ihren Plan. ,, Also wir sagen, dir ist kotzübel und du musst nach Hause. Dann lassen wir uns einen Freilassungsschein geben und wir fahren los.“. Ihre Begeisterung in der Stimme steckte mich an und so setzten wir diesen Plan in die Tat um.

Auf Paiges kleinen gelben Roller fuhren wir durch die Stadt, sie zeigt mir ihre Lieblingsplätze, Lieblingsrestaurants und Lieblingsläden. Obwohl ich es wunderbar fand, ließ mich der Gedanke verfolgt zu werden nicht los. Immer wieder drehte ich mich um, doch nie konnte ich richtig jemanden erkennen. Zwischendurch bekam ich einen Anruf von Dad, der mir mitteilte, er könne erst um acht zu Hause sein. Kein Problem, meinte ich, ich auch nicht. Damit hatte ich Dad ernsthaft erstaunt, denn in Brookville war ich immer gleich nach Hause gekommen und hatte gelesen oder mit Jade geskypet. So gegen sechs Uhr bekam ich langsam Hunger und wir setzten uns in einen Laden, in dem es New Yorks beste Fish-and-Chips gab. Als wie fertig waren torkelten wir gut gelaunt durch die Straßen. So lachend und spaßend kamen wir bestimmt betrunken rüber, doch das kümmerte uns wenig. Paige hatte ihren Roller vorhin irgendwo abgestellt und jetzt standen wir wieder vor ihm. Mit einem Strahlen auf dem Gesicht wandte sie sich zu mir und schien etwas sagen zu wollen, doch das klingelte ihr Telefon. Sie ging ran und wechselte ein paar energische Worte in einer fremden Sprache. Ich glaube, es war italienisch. Als sie ihr Handy wieder in die Tasche steckte, schaute sie mich unbehaglich an.
,, Meine Mama sagt, ich soll jetzt nach Hause kommen.“. Sie warf einen Blick auf die Uhr. ,, Wir essen meistens um sieben und jetzt ist es Viertel vor und ja… Ich muss los. Sorry.“.
Ich winkte ab. Paige hatte mir meinen Schulstart unvergesslich schön gemacht und da konnte mir diesen Abend keiner mehr vermiesen. Wir beugten uns vor und gaben uns jeweils ein Küsschen links und rechts und dann brauste sie los. Zum Glück hatte ich es nicht weit nach Zuhause und so machte ich mich auf den Weg. Mich bereits auf meiner Straße befinden, schlenderte ich in Richtung meines Hauses, als mir bewusst wurde, dass mich jemand beobachtete. Ich schaute hoch und rannte fast in Rafael rein. Hilflos taumelte ich einen Schritt zurück und warf dabei fast ein junges Pärchen um, welches mich empört anschimpfte. Hastig entschuldigte ich mich und warf einen erneuten Blick auf die Stelle an der Rafael gestanden hatte, doch sie war leer. Oh mein Gott, ich hatte bereits Wahnvorstellungen. So schnell wie es ging, lief ich durch die Lobby, in den Fahrstuhl zur Wohnung, wo ich mich auf mein Bett sinken ließ. Mit den Parkers musste ich mich noch mal auseinander setzten. Eine plötzliche Müdigkeit überrollte mich. Ich rollte mich zusammen und schlief in meinen Anziehsachen ein. Das wohlige Gefühl von Geborgenheit ließ sich momentan von nichts vertreiben.

In den nächsten Tagen und Wochen lebte ich mich gut ein in Manhattan High. Paige und ich wurden richtig beste Freundinnen und mittlerweile wussten wir so gut wie alles voneinander. Fast jeden Nachmittag fuhren wir shoppen, Eis essen oder in den Central Park. Auch Madaleine ließ uns in Ruhe, bessergesagt ignorierte sie uns völlig, was allerdings nur positiv war. Das einzige Problem, das ich an dieser Schule hatte waren Alan, Tyler, Destiny und Mila. Ihre wachsamen Augen verfolgten mich überall hin und bei jeder Möglichkeit streiften sie meine Haut und starrten dann meine Augen an. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und reagierte mittlerweile gar nicht mehr auf den kleinen Hitzestoß der mich durchfuhr wenn sie eben dies taten. Wir hatten noch nie ein Wort miteinander gewechselt und trotzdem sehnte ich mich besonders nach. Alan. Aus irgendeinem Grund wallte in mir, abgesehen von der Hitze noch Verlangen auf, wenn er mich, wenn auch nur zufällig streifte und an dem erregten Ausdruck in seinen wunderschönen Augen konnte ich sehen, dass er das Gleiche empfand. Keine Ahnung wieso oder weshalb, aber ich glaube ich war trotzdem das einzige Mädchen, das nicht entzückt aufstöhnte wenn er ihnen die Tür aufhielt oder das so tat als wäre es total Football verrückt, nur weil er spielte. Sogar Paige lief rot an wenn er an ihr vorbei lief oder ihr etwas aufhob (das musste man ihm lassen: er gab einen großartigen Gentleman).
Die Klingel klingelte die letzte Stunde des Freitages ab und Paige und ich verließen das Schulgebäude. Dieses Wochenende würde öde werden, Dad hatte die ganze Zeit Vorstellungen, also würde er mit den anderen im Theaterhaus übernachten. Dummerweise hatte Paige auch keine Zeit, also würde ich zuhause bleiben, Pizza bestellen und fernsehen. Paige meinte, ich könne doch bis acht bei ihnen bleiben und zu Mittag und Abend essen, bis sie los müssten. Ein Kurztrip nach Mailand. Dankbar nahm ich das Angebot an und so stiegen wir auf ihren kleinen Roller. Unsere Wohnungen waren nicht allzu weit auseinander, trotzdem hatte man ein gutes Stück zu laufen. Zudem war ihre kleine Drei-Zimmer-Wohnung genau das Gegenteil von unserem Loft. Sie war klein und gemütlich und vollgepackt von Krims- Krams. Paiges Mutter Maria schien auf den ersten Blick eine zarte, junge Dame, doch schnell bemerkte ich, wie viel Energie in der kleinen Person steckte. Ihre schwarzen Haare band sie immer zu einem geflochtenen Zopf und ihre bunten, weiten Klamotten schienen nur zu ihr zu passen. Mit geöffneten Armen empfang sie mich, küsste mich auf beide Wangen und drückte mich dann an den Essentisch, bevor sie uns köstlich riechende Spagetti Bolognese servierte. Wir verdrückten jeder drei Portionen, dann verschwanden wir in Paiges Zimmer und ich half ihr beim Packen. Zusammen lasen wir Zeitschriften, redeten und hörten Linkin Park. Schnell verging die Zeit und schon war es acht und Paiges Mum fiel entsetzt auf, das sie nichts zu essen gemacht hatte. Ich beruhigte sie und beschloss dann zu gehen. Als ich auf die Straße trat, spielte der kühle Wind mit meinen Haaren und ich ließ mich von ihm mitziehen. Der einzige Nachteil an meinem Heimweg war, dass ich durch einige dunkle Straßen musste. Zwar war mir noch nie etwas passiert, doch das unheimliche Gefühl blieb. Mit langen Schritten ging ich zwischen den Häusern durch. Als ich das Ende fast erreicht hatte und schon erleichtert aufatmen wollte, traten mir insgesamt vier fremde Männer entgegen und versperrten mir den Weg. Einer der vier zückte ein Messer, die anderen traten bedrohlich grinsend an mich ran. Der in der Mitte lächelte am fiesesten. Wie ein in die Enge getriebenes Schaf wich ich zurück, bis ich mit dem Rücken an eine Wand stieß. Ich zählte meine Chancen durch. Hier gehört zu werden glich gleich null und wegzurennen würde auch nichts bringen. Zittrig stieß ich meinen Atem aus. Der mit dem Messer trat noch ein bisschen näher.
,, Es bringt nichts zu schreien, Schätzchen. Wir haben dich. Du wirst uns nicht entkommen.“, flüsterte er heiser.
Dabei wusste ich schon selbst, dass es nichts bringen würde.

Der Mann mit dem Messer war vorgeschnellt und hatte das die scharfe Klinge einmal schnell über meinen Arm gleiten lassen. Heißes Blut floss aus der Wunde und ich hielt sie mir entsetzt. Ich taumelte noch ein Stück zurück. Der Mann nutzte das aus und zog das Messer über meine Wange. Vor Schmerz tanzten Sternchen vor meinen Augen und ich sackte ein bisschen zusammen und kniff die Augen zusammen um die Sternchen zu vertreiben. Als ich eins wieder öffnete konnte ich sehen wie der Messer-Mann näher kam, das Instrument mit dem er mich töten würde in den Händen. Hilflos ließ ich meinen Kopf an die Mauer fallen und richtete meinen Blick direkt auf den Mann.
Eine unbekannte Macht nahm von mir Besitz. Ich starrte ihn an, so wütend ich nur konnte und spürte wie es um mich herum heiß wurde. Die anderen Männer wichen zurück und auch der Messer-Mann blieb stehen. Als ich spürte das es fast unerträglich heiß war, ballte ich die ganze Hitze zusammen und warf sie auf den Mann. Mit etwas verschwommener Blick konnte ich sehen wie ein Feuerball auf ihn zuraste und ihn in Flammen steckte. Die anderen schienen sich nicht sicher zu sein, was sie nun tun sollte, ich ließ ihnen keine Zeit zu wählen. Meinen wutentbrannten Blick auf den ganz äußeren Mann gerichtet, konnte ich fühlen wie es kühl um mich wurde und kurz bekam ich Panik. Wo war die Hitze? Ich beschloss es trotzdem auszuprobieren und warf auch diese Kühle auf den Mann. Ein kleiner Tornado ergriff ihn und schleuderte ihn über die Häuser fort. Plötzlich wusste ich was jetzt noch kommen würde. Der eine war schon wegerannt, doch der andere versuchte kameradschaftlich den Messer-Man zu löschen. Fast lächelnd sammelte ich die Härte um mich herum und ließ sie auf dem Mann fallen. Mit einem erstickten Schrei wurde er unter einem Berg Erde und Matsch vergraben. Ich strengte mein Gehör an und konnte den anderen Mann noch hören. Zu schwach um mich auf zurichten sandte ich die zweite Frische aus um ihn einzuholen. Eine riesige Wasserwelle brach aus mir heraus und spülte durch die leeren Gassen. An dem erschrockenen Aufschrei und dem hilflosen Gurgeln konnte ich vernehmen, dass meine Welle ihn gefunden hatte. Meine Welle. Klang komisch und doch wusste ich mir nicht anders zu erklären von wem die Welle sonst gekommen sei. Ich wollte mich an der Mauer hochziehen und weitergehen, doch ich war einfach zu schwach. Meine Knie gaben nach und ich kippte seitlich auf den Boden. Vor meinen Augen verschwamm alles und ich lallte unverständliches Zeug. Trotz der Schwäche konnte ich den Luftzug spüren, als jemand näher kam. Verzweifelt versuchte ich noch ein bisschen Macht einzusammeln, aber eine warme Hand hielt mich davon ab. Die Hitzewelle, die durch meinen Körper wallte und meine aufkommenden Emotionen kamen mir in dieser Situation schrecklich vertraut vor.
,, Alan“, seufzte ich, dann verlor ich mein Bewusstsein.


Kapitel 5


Mühevoll drehte ich mich auf den Rücken, die neue Bettdecke raschelte und ein unbekannter Geruch aus Zitrone und Vanille kam auf. Verwundert betrachtete ich die wunderschönen Verzierungen an der Decke mit dem sanft geschwungenem Gold und Bronze. Allein schon die Decke sah aus wie aus viktorianischem Grundbesitz. Obwohl ich diese verschlungenen Muster für unglaublich beruhigend befand, fand ich es überhaupt nicht beruhigend mir das und nicht meine normale weiße Decke anzuschauen. Ich war nämlich grundsätzlich nicht der Typ von Mädchen, die morgens in einem fremden Bett aufwacht. Schnell wollte ich mich aufrichten, doch eine schmale Hand hielt mich zurück und ein sehr hübsches Frauengesicht trat in mein Blickfeld. Mit zusammen gekniffenen Augen versuchte ich sie zu erkennen.
,, Maria?“, fragte ich heiser.
Ein vergnügtes Lachen erklang, als die Frau wieder verschwand und dann nochmals wieder kam, mit einer grünlichen Schale in der Hand.
,, Aber nein, Liebes. Ich bin Amelie.“.
Aha, jetzt war ja alles so klar wie Kloßbrühe.
,, Ich bin Alans, Rafaels, Tys, Destinys und Milas Mum.“.
Bei Alans Namen wallten die Erinnerungen an gestern Abend wieder hoch und ich stöhnte leise auf.
,, Amelie? Hab ich echt vier Menschen umgebracht?“.
Bei der Frage versteifte sich die schlanke Person und guckte mich ernst an.
,, Das musst du mit Thomas besprechen. Er und die Kinder sitzen unten und eessen Frühstück. Ich schicke jemanden hoch, der trägt dich runter.“
Ich wollte schon die Decke zurückschlagen, als unsere Blicke auf meinen nackten Körper vielen. Wieder lachte Amelie.
,, So kannst du auf gar keinen Fall unter eine Gruppe von fremden Leuten gehen. Warte, ich hol dir was von Destiny.“.
Wie sich herausstellte, trug Destiny ausschließlich Unterwäsche um darin gesehen zu werden, denn der BH und das Höschen das Amelie mir brachte, waren kaum mehr als ein Stück Spitze. Aber sehr teure Spitze, dass musste man ihr lassen. Amelie schob noch ein Nachthemd und ein Jäckchen durch und zu meinem Glück passte auch dies. Am Ende meiner Anziehaktion war ich so erschöpft, dass ich mich erst mal wieder in die weichen Kissen sinken lassen musste. Während ich auf jemand wartete, der mir runter half, betrachtete ich das Zimmer in dem ich mich befand. Es war schlicht eingerichtet. Das gigantische Himmelbett stand in der Mitte, ein Fenster befand sich schräg gegenüber und zwei Sessel mit einem kleinen Beistelltisch standen an dessen Fuß. Die hohen, weiß gestrichenen Wände und die verzierte Decke, ließen das ganze sehr herrschaftlich wirken. Leise knarzte die Tür und ich versuchte schon meine Energie zu sammeln, als Rafael seinen Kopf reinsteckte. Er ließ den Blick über mein zerschundenes Gesicht und meinen Körper wandern, dann warf er mir ein aufmunterndes Lächeln zu, wollte mich packen und hoch heben, doch ich protestierte.
,, Könntest du mir nicht helfen runter zu gehen?“, flehte ich.
Rafael seufzte.
,, Mom wird mich umbringen.“.
Aber dann bot er mir galant seinen Arm an und ich ließ mich von ihm Stufe um Stufe hinabbegleiten. Ausversehen hatte ich kurz seine Hand gestreift, die kleine Hitze reichte um mir meine Knie wieder brutal weg zu knicken. Sanft fing Rafael mich auf und auf dem restlichen Weg achteten wir sorgfältig darauf, dass wir uns nicht mehr berührten. Auch der Rest des Hauses war in diesem viktorianischen Stil ausgerichtet und die breite, mit rotem Teppich belegte Treppe trug nur zu diesem Bild bei. Sie führte direkt in die Küche. Dort saßen, um einen riesigen aus schwarzem Ebenholz bestehenden Tisch Tyler, Alan, Destiny und Mila, zusammen mit einem muskulösen Mann, in dessen schwarzem Haar sich bereits ein paar graue Strähnen befanden. Er las Zeitung und seine grauen Augen erinnerten mich an Jayden. Als ich die Küche betrat verstummten alle und nun richteten sich vier rote Augenpaare auf mich. Eine unangenehme Stille trat ein, die abrupt von einer entrüstet aufkreischenden Amelie unterbrochen wurde. Sie war die einzige ohne rote Augen und ihre braunen funkelten frech. Mit einem blau-weiß karierten Handtuch in der Hand flitzte sie erstaunlich schnell vom Herd zu Rafael und zog ihm eins über. Rafaels Augen blitzten belustigt.
,, Du Rüpel, Rafael. Ich hab dir gesagt du sollst Jessalyn tragen und sie nicht hinter dir her ziehen. Und ich dachte du wärst aus deiner pubertierenden Phase raus. Ach Mensch, ich hätte doch Thomas schicken sollen.“, regte sie sich auf.
Rafael legte ihr beruhigend eine Hand auf den Arm und hob mich hoch, seine Bewegungen waren zu schnell für ein menschliches Auge. Mein Kopf wurde kurz rumgeschleudert und ich hielt ihn mir stöhnend. Triumphierend hob er mich über seinen Kopf, dann zog er mich an sich, so dass ich meinen Kopf an seine ( zum Glück mit einem T-Shirt bedeckte ) Brust legen konnte.
,, Siehst du Mom, ich habe keine Berührungsängste. Sie“. Er deutete mit dem Kopf auf mich. ,, Wollte sich nur nicht tragen lassen.“.
Kurz schaute Amelie skeptisch zwischen uns hin und her, doch als die mein schmerzverzerrtes Gesicht sah, klatschte sie Rafael spielerisch auf die Wange.
,, Na toll, jetzt hast du sie mit deiner Aktion verletzt.“. Sie legte ihre kühle Hand an meine Stirn, was eine willkommene Abwechslung zu all den Hitzestößen war. ,, Komm Liebes, setz dich hin und iss.“.
Einen kurzen Blick auf Rafael werfend, ging sie dann grummelnd wieder zu ihren Töpfen. Die anderen hatten während ihres kleinen Konfliktes nichts gesagt und als mich Rafael auf einen Stuhl gleiten ließ und neben mir Platz nahm. Thomas, anscheinend der Mann von Amelie, legte seine Zeitung beiseite und reichte den Arm über den Tisch.
,, Mein Name ist Thomas. Freut mich dich kennen zu lernen, Jessalyn.“.
Seine freundliche, tiefe Stimme passte zu dem Ausdruck seiner Augen und ohne nachzudenken ergriff ich seine Hand. Diese Hitze war nicht wie die, wenn ich einer der anderen berührte. Diese Hitze war sanft und gebändigt. Ich konnte spüren wie sehr sich Thomas im Griff hatte Er schloss die Augen und ich tat es ihm nach. Unsere Hände immer noch haltend, konnte ich fühlen, wie Thomas die Hitze ein bisschen zu mir schob. Ich ging darauf ein und konzentrierte mich, meine Hitze zu formen und gab sie sanft an Thomas ab. Er nahm sie auf, spielte mit ihr und gab sie dann an mich zurück. Wir ließen unsere Hände los und er schaute mich an. Ein Ausdruck tiefer Zufriedenheit wurde auf seinem Gesicht wieder gespiegelt und ein breites Lächeln zeigte zwei Reihen strahlend weißer Zähne.
,, Sehr schön, Jessalyn. Ich bin sehr gespannt, was aus dir werden wird.“.
Diese vage Aussage verwirrte mich und mein Kopf drohte wieder zu platzen. Ich ließ mich auf meinen Stuhl zurücksinken und schüttete das Glas Saft das vor mir stand in einem runter. Amelie kam um gab mir eine Tablette. Nach fünf Minuten setzte die Wirkung ein und ich konnte wieder gucken ohne Schatten und stechende Farben. Alle Blicke hatten sich auf mich gerichtet, doch meine Augen verfingen sich in den wunderschönen, orange-rotem Strudel von Alans Augen. Ich fühlte mich plötzlich mit ihm verbunden und sandte ihm einen kleinen Teil meiner Hitze. Er riss überrascht die Augen auf, dann lächelte er mich an und ich konnte spüren wie er die Hitze ballte und direkt auf Rafael warf. Überrascht quiekte ich auf, als Rafael neben mir zurückgeworfen wurde. Abrupt unterbrach ich die Verbindung und funkelte Alan wütend an. Rafael nahm wieder Platz und der Blick den er Alan zu warf, versprach Rache. Thomas hatte anscheinend gespürt was zwischen mir und Alan vorgegangen war, denn er guckte uns interessiert an. Kurz schien es als wolle er etwas sagen, doch dann tauchte eine riesige Portion von Rührei mit Speck und Käse vor mir auf, brauner Toast landete daneben und der Ketchup stand vor mir. Ich griff nach ihm, spritzte so viel es ging auf mein Rührei und schaufelte dann alles in mich rein. Wenn ich wollte konnte ich so schnell und viel essen, dass meinem Dad schon beim zu sehen schlecht wurde. Auch die Parkers schauten mir zu, nur Amelie nicht, denn sie lud Portion für Portion auf meinen Teller und ich verdrückte alles. Nachdem ich zehn Teller Rührei, fünfzehn Toasts und genauso viele Gläser Saft verputzt hatte, fühlte ich mich augenblicklich besser und fitter. Ich hatte das Gefühl als könnte ich nochmal zwanzig dieser Männer umhauen. Begeistert bedankte ich mich bei Amelie, doch sie winkte ab.
,, Ich bin froh, dass hier endlich mal wieder jemand etwas isst.“, meinte sie schulterzuckend. ,, Mila und Destiny hungern ja nur noch.“.
Mit einem überraschten Blick schwenkte ich zu den beiden Mädchen. Mila las einen Comic und Destiny feilte sich die Nägel. Dass die Beiden hungerten sollten schien mir total unverständlich. Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte richtete Thomas das Wort an mich.
,, Jessalyn, fühlst du dich bereit genug um auf ein kurzes Gespräch in mein Büro zu kommen?“, wollte er mit ernster Stimme von mir wissen. Unsicher nickte ich. Rafael wollte schon aufstehen und mir helfen, doch ich konnte einfach aufstehen und hatte nicht mal wackelige Beine. Er stieß überrascht die Luft aus. Ich schenkte ihm ein liebevolles Lächeln, dann folgte ich Thomas in sein Büro. Es führt ein schmaler Gang zu der Tür, die hoch und majestätisch anpries, dass sich hinter ihr der Sitz des Hausherren befand. Nun schwang sie auf und gab den Blick auf riesige Schränke mit alten Büchern, einen altmodischen Schreibtisch mit grünen Ledersofas, einen kleinen Beistelltisch mit Whisky, Cognac und Kaffee und ein hohes Fenster frei. Auch in diesem Zimmer wurde der viktorianische Stil beibehalten, was mir aber sehr gut gefiel. Thomas deutete an, dass ich mich auf einen der Sessel niederlassen sollte. Ich ließ mich darauf fallen und mir wurde eine Tasse Kaffee angeboten. Dankbar nahm ich sie ihm aus der Hand und für einen kurzen Augenblick tranken wir beide schweigend unsere Kaffees, dann stellte Thomas seine Tasse ab und ich tat es ihm nach. Der ernste Blick mit dem er mich bedachte war mir unangenehm und so schaute ich aus dem Fenster.
,, Erzähl mir was du über die Elemente weißt.“, brach er plötzlich das Schweigen.
Diese Aufforderung überraschte mich.
,, Ähm, nun ja, also es gibt vier.“, erwiderte ich vage.
Thomas nickte.
,, Welche?“, bohrte er weiter.
Skeptisch schaute ich ihn an. Was sollte das werden? Natürlich habe ich gestern irgendwie die Feuer, Wasser, Erde und Luft benutzt, aber ohne genau zu wissen wie und natürlich hatte ich vorhin mit der Hitze gespielt, aber das konnte doch nichts direkt mit den Elementen zu tun haben. Sie lagen einzig und allein in den Händen der Natur und keiner konnte sie bändigen, geschweige denn beherrschen.
,, Feuer, Wasser, Erde und Luft.“.
Wieder nickte Thomas.
,, Und woher glaubst du kommen diese Elemente?“.
,, Ich weiß nicht.“. Langsam wurde es echt unheimlich. ,, Ich glaube, sie haben einen wichtigen Teil zur Erdentstehung beigetragen. Oder?“.
Auch dieses Mal nickte er, nahm noch einen tiefen Schluck Kaffee und lehnte sich wieder zurück.
,, Alles ist richtig was du gesagt hast. Nur gab es einen kleinen Fehler. Die Elemente haben die Erde erschaffen. Ohne sie gäbe es uns alle gar nicht. Besser gesagt ohne die Götter dieser Elemente.“.
Wieder begegnete er meinem skeptischen Blick und er seufzte.
,, Kennst du die Geschichte der Götter der Elemente?“.
Als ich den Kopf schüttelte, lächelte er. Auch ich ruckte mich in dem breiten Sessel zu recht, bereit die Geschichte der Götter zu hören.

,, Einst waren es vier Götter. Jeder dieser vier Götter konnte etwas Besonderes. Der Eine konnte mit Feuer umgehen, der Andere mit Wasser, der Dritte mit der Erde und der Vierte mit der Luft. Erde und Luft waren schon immer weiblich und als Erde schwanger wurde, beschlossen die Götter einen Ort zu bauen, an dem ihre Kinder leben könnten, jeweils mit Fähigkeiten ausgestattet. Das Kind von Erde war mächtig und konnte fast ebenso gut mit dem Boden und der Natur umgehen wie Erde. Nun wollte auch Luft ein so mächtiges Kind und gemeinsam setzten sie ihre Zöglinge auf unserer Erde ab, die sie zuvor gebaut hatten. Auch Feuer und Wasser ließen sich Kinder mit Fähigkeiten gebären und nun lebten die vier Kinder auf der Welt verstreut. Als die Eltern sahen, wie einsam ihre Kinder waren, erschufen sie gewöhnliche Menschen zur Bespaßung der mächtigen Kinder. Es dauerte nicht lange, da kamen die Kinder auf den Genuss von Sex.“.
Bei diesen Worten wurden meine Wangen ein bisschen rot.
,, Sie geboren, oder ließen sich gebären, Kinder mit ebenso jenen Fähigkeiten. Als ein gewöhnlicher Mann, mit der Absicht auf ein mächtiges Kind, mit dem ersten Kind von Erde Sex hatte und dieses auf die Welt kam ohne Fähigkeiten, ging er zu den Göttern und bat um Fähigkeiten für sein Kind. Alle lehnten seine Anfrage ab, so ging er zu dem Gott der Dunkelheit, ein großer Hexenmeister und bat ihn um Fähigkeiten für seine Tochter. Dunkelheit nahm das Angebot an, wollte dagegen, die Seele des Mannes. Der Mann schlug in den Handel ein.“.
Thomas legte eine dramatische Pause ein, trank einen Schluck Kaffee und fuhr dann fort. Ich musste zugeben, ich hing ihm an den Lippen.
,, Also fing der Gott der Finsternis mit fiesen Tricks die vier anderen Götter ein und zapfte ihnen etwas von ihrem Blut ab. Rotes Blut vom Feuergott, ozeanblaues vom Wassergott, grünes Blut von Göttin Erde und weißblaues von Göttin Luft. Er vermischte die verschiedenen Blutarten, ließ alles normale Blut von der Tochter des Mannes ab und flößte ihr das Götterblut ein. Seit dem konnte sie alle vier Elemente beherrschen und konnte, wie aber alle Kinder der Götter, länger leben. Doch der Gott der Finsternis hielt die, zu einer wunderschönen Frau gewordene Tochter gefangen und manipulierte sie so, dass sie ihre Verbindung zu den anderen Göttern verlor. Mit ihr führte er einen Krieg an. Er erschuf sich Krieger der Finsternis und ließ sie für ihn Kämpfen. Krieger der Finsternis können sich in einer schwarzen Wolke verstecken, das Licht so manipulieren, dass andere sie nicht mehr sehen können, oder einem die Sicht nehmen. Sehr gefährliche Gegner.“.
Er klang besorgt.
,, Die vier Götter des Lichts, wie man sie auch nennt, beschlossen ebenfalls eine Tochter mit der Gabe alle vier Elemente zu beherrschen zu bekommen und stellten diese dann quasi gegen ihre dunkle Schwester. Der Krieg dauerte Jahrhunderte und viele tausend Krieger des Lichts wurden getötet unter ihnen auch die Tochter des Lichts. Nach ihrem Tod brach das Chaos aus bis ihre, von den Kriegern versteckte, Tochter an ihre Stelle trat. Die neue Königin. Auch die erste Tochter der Dunkelheit gebar ein Kind und der ganzen Krieg und die Zerstörung fing von vorne an, da beide Königinnen jeweils ihre verstorbenen Mütter rächen wollten. Am Ende brachten die Götter des Lichts beide um. Sie versuchten die Wogen zu glätten, doch die wenigen Krieger des Lichts verstreuten sich auf der ganzen Welt. Eine alte Priesterin, die die Traurigkeit der Götter spürte, beschloss eine Art Schule für die Kinder des Lichts zu erschaffen, um diese dort ihre Fähigkeiten ausleben zu lassen und sie, für den Notfall, als Krieger ausbilden zu lassen. Die Krieger der Finsternis hatten sich zurückgezogen, sich aber nie getrennt.“.
Thomas schien als sei er fertig mit seiner Geschichte, doch ich hatte das Gefühl, dass da noch etwas kommen würde.
,, Und was hat das mit mir zu tun?“.
Bei seinen nächsten Worten, schaute er mich so durchdringend an, dass ich das Gefühl hatte, gleich müsste er durch mich hindurch sehen können.
,, Vor sechzehn Jahren, ist eine neue Königin der Dunkelheit geboren. Die Krieger der Dunkelheit haben somit wieder an Stärke gewonnen. Aber die beiden Töchter waren schon immer auf eine bestimmte Weise verbunden und wenn es eine neue Königin der Dunkelheit gibt, gibt es auch eine neue Tochter des Lichts, eine neue Königin des Lichts. Sechszehn Jahre lang haben wir alle gesucht. Und jetzt haben wir sie gefunden.“.
Ich hatte immer noch nicht verstanden.
,, Und wer ist sie?“.
Thomas Stimme klang so sanft, dass ich wusste es würde etwas kommen, das mich vom Hocker haut.
,, Das bist du, Jessalyn.“.

Wie vom Blitz berührt, starrte ich ihn an. Ich, die Tochter des Lichts? Eine Königin? Haha, niemals. Ich musste aufstehen, hin und her gehen, entsetzt sein. Doch ich blieb sitzten und rutschte ganz nah zu Thomas.
,, Aber warum? Warum ich? Warum ist das euch erst jetzt aufgefallen.“.
Thomas blieb ganz ruhig, schenkte sich noch ein bisschen Kaffee ein und trank ihn wieder in einem Zug aus. So ruhig wie er tat, schien er dann doch nicht zu sein.
,, Wir wissen nicht, warum ausgerechnet du. Wir wissen nur, dass die Tochter der Dunkelheit, dir wohl sehr ähnlich sieht. Der Rest ist uns nicht bekannt und wir wissen auch nicht ob jemand bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss.“.
Er zuckte mit den Schultern.
,, Wenn jemand irgendwo auf der Welt sein Element das erste Mal einsetzt, läuten in der Schule für Elemente eine Art Klingeln und Beschützer werden ausgesandt um entweder das Kind in die Schule zu bringen oder auf es aufzupassen, bis es in dem entsprechenden Alter ist.“.
In seiner Stimme schwang ein Lächeln mit.
,, Als du in der Sandkiste das Element Erde das erste Mal benutzt hast, wurde ein Beschützer ausgesandt um auf dich auf zu passen. Alle dachten du wärst ein normales Kind der Erde, doch als du am See dann plötzlich noch Wasser benutzt hast wurden alle aufmerksam. Die meisten dachten zwar du seist vielleicht ein gemischtes Kind, also zum Beispiel deine Mutter war Tochter der Erde und dein Vater Sohn des Wassers, doch das traf nicht zu, also behielt man dich weiter und intensiver im Auge. Spätestens als du den Wind manipuliert hast um den Drachen zu bekommen wurde auch den Letzten bewusst, dass du anders warst. Doch da du noch nicht mit dem vierten Element in Berührung gekommen bist, hat man noch gewartet und dich nicht sofort auf die Schule geschickt.“.
Die Art wie er das sagte, dass klang so als würde er das bedauern. Ich überlegte. Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
,, Du bist ein Beschützer, nicht wahr Thomas?“, meinte ich andächtig.
Er nickte.
,, Aber warum kannst du dann das Feuer manipulieren?“.
,, Ich bin trotz Beschützerdaseins ein Sohn des Feuers. Als ich es herausgefunden hab, ist ein Beschützer zu mir gekommen und wollte mich in die Schule bringen. Wir hatten unterwegs Probleme mit den Kindern der Dunkelheit und kurz vor den Toren der Schule griff man uns an.“.
Der Schmerz der in Thomas Stimme mitschwang veranlasste mich dazu, meine Hand auf seinen Arm zu legen.
,, Mein Beschützer hatte mich noch durch das Tor bringen können, doch er selbst schaffte es nicht und starb. Seitdem habe ich geschworen, dass ich niemanden mehr sterben lassen wollte und so schrieb ich mich zur Ausbildung zum Beschützer ein. Damit habe ich etwas von meinen Fähigkeiten verloren, doch das...“.
Er zog seinen Ärmel hoch und zeigte mir das verschlungene Feuermal auf seinem Unterarm.
,, - ist mir geblieben und wird mich immer als Sohn des Feuers kennzeichnen.“.
Ich lächelte bei der Gewissheit, die in seinen Worten steckte.
,, Als die Kinder mir dann erzählt haben, was im Schulwald geschehen ist, habe ich sofort die Schule alarmiert und seitdem ist es klar. Du bist die Tochter des Lichts.“.
Langsam hörte es sich nicht mehr so schlimm an. Und trotzdem. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass eine so große Last auf meinen Schultern liegen soll. Schnell versuchte ich auf ein anderes Thema zukommen.
,, Warum seid ihr nicht in der Schule der Elemente?“, fragte ich und meinte damit die gesamte Parker Familie.
,, Sie wurden von ihr vor einem Jahr losgeschickt um sich um einen Vorfall zu kümmern, den es an der Manhattan High gegeben hat. Ein paar Kinder der Dunkelheit hatten sich unter die Schüler gemischt und dort Schaden angerichtet und es hat lange gedauert bis sie sie gefunden haben. Deswegen waren sie an der Turnhallenruine.“.
Ah, ich erinnerte mich. Und an den Brandgeruch weshalb ich da überhaupt hingegangen war.
,, Ich hatte mich freiwillig als Beschützer zur Verfügung gestellt und da meine Frau Amelie wollte schon immer mal in New York leben, also hat es gut gepasst.“.
Das irritierte mich doch sehr.
,, Also seid ihr gar nicht die leiblichen Eltern von ihnen?“.
Lachend schüttelte Thomas den Kopf.
,, Nein, das sagen wir nur immer, weil das leichter zu erklären ist.“.
Mittlerweile verstand ich so langsam. Es gab eine Schule der Elemente, Krieger des Lichts und der Dunkelheit, Beschützer, fünf Götter und ich war die Tochter des Lichts, somit eine Königin, und hatte eine böse Schwester die mich höchst wahrscheinlich fertig machen wollte. Na toll, das klang ja alles großartig.
,, Weißt du, Jessalyn, als Kind eines Elementes wird man auch schneller, stärker und besser. Ich wollte dir das nur sagen, weil ich weiß wie es sich anfühlt, wenn man denkt man sei ein Freak. Und du bist keiner.“.
Mit diesen Worten stand er auf, ging hinter seinen Schreibtisch und fing an Akten zu sortieren. Das Gespräch schien für ihn beendet zu sein. Auch ich erhob mich und war schon halb zur Tür hinaus, als ich fragte:
,, Warum wurden ausgerechnet die fünf ausgewählt herzukommen?“.
Thomas schaute hoch und lächelte.
,, Weil sie die Besten sind, die die Schule jemals hatte.“.
,, Und wann muss ich dorthin?“.
,, In die Schule?“, fragte er überrascht. Ich nickte. ,, Bald. Bis es dafür Zeit ist bleibst du erst mal hier.“.
Obwohl ich wieder nickte war für mich längst nicht alles klar. Trotzdem schlüpfte ich aus der Tür und ging so schnell es ging hoch in das Zimmer in dem ich aufgewacht war. Ich musste jetzt alleine sein.

Ein leises Klopfen ließ mich aus meinen Überlegungen hochschrecken. Destiny steckte ihren Kopf durch die Tür und lächelte mich schüchtern an. Ich lächelte breit zurück und bat sie rein. Elegant nahm sie mir gegenüber Platz und nahm sanft meine Hand. Immer wenn ich sie berühre spürte ich die Hitze eher wie ein Hauch, als würde jemand sanft über meine Haut pusten. Ihre weinroten Haare fielen vor und ließen sie sehr schön wirken. Ihr schien das gar nicht aufzufallen, denn sie richtete den Blick auf meine Augen.
,, Ich weiß, es ist hart, so plötzlich aus allen Wolken zu fallen wen Thommy seine Geschichte auspackt und dir erzählt wer du bist.“.
Sie lächelte müde.
,, Wie war es bei dir?“, fragte ich sie.
Das Rot in ihren Augen wirbelte schneller, wilder und kurz dachte ich es müsse ihr doch wehtun, dann legte es sich wieder und flackerte sanft.
,, Oh, gar nicht lustig.“. Ihr kurzes, humorloses Lachen unterstrich ihre Worte. ,, Ich wollte die Kerze zum Weihnachtsbaum anzünden und hab dann die Flamme hoch gejagt und den Baum samt Geschenke angezündet. Meine Eltern sind ausgeflippt. Sie haben mich auf mein Zimmer geschickt und ich hab kein einziges Geschenk bekommen.“.
Wieder stoben aus ihren Augen fast Funken.
,, Du musst dir das vorstellen. Ich war sieben, ich hab noch an den Weihnachtsmann geglaubt und dann hab ich keine Geschenke bekommen. Naja, dummerweise ist mir so was immer öfter passiert und dann haben sie mich in die Klapse gesteckt. Thommy war mein Arzt.“.
Bei dem letzten Wort deutete sie Gänsefüßchen an.
,, Er hat mich da rausgeholt und in die Schule gebracht. Ich wette meinen Eltern ist nicht mal aufgefallen das ich weg war.“.
Ich fühlte mit ihr. Ich wusste zwar nicht, wie es in einer Psychatrie ist, dennoch tat es mir leid dass sie das durchmachen musste.
,, Wie ist es in der Schule?“, versuchte ich sie abzulenken.
Entspannter lehnte sich Destiny zurück und fuhr verträumt das Muster meines Bettpfostens nach.
,, Es ist großartig dort. Ein bisschen wie in Hogwarts. Es gibt vier Häuser für die vier Elemente. Bessergesagt Villen. Sie stehen so in einem Viereck um den gigantischen Übungsplatz rum. Auf dem kann man jede Art des Kämpfens trainieren. Und wenn man fortgeschritten ist, kann man sogar mit seinen Elementen kämpfen und gegen die Schüler der anderen Elemente.“.
Sie klang glücklich. Ich musterte sie. Dass eine so schlanke und elegante Person so viel Spaß beim Kämpfen hatte, überraschte mich doch ein bisschen.
,, Jeder Schüler hat so eine Art ID- Karte, ohne die er nicht in die Häuser kann. Zu Abend kann man entweder in seinem Haus oder draußen auf Bänken mit den anderen essen. Und die Lehrer sind einfach supernett. Die Schulleiterin ist Irana, sie ist eine Beschützerin und hat ihrem Element abgedankt um völlig unparteiisch leiten zu können. Du fühlst dich da so sicher wie in einem Hochschutzbunker mit über hundert Profikämpfern um dich herum. Ich bin mir sicher du wirst es genauso toll da finden.“.
Breit strahlte sie mich an und fast hätte ich mitgestrahlt, doch da fiel mir etwas Wichtiges ein.
,, Was ist mit meinem Dad und Paige?“.
,, Wir glauben dein Dad weiß mehr als er sagt und was Paige angeht. Vielleicht kann sie dich besuchen kommen oder so.“
Während sie das sagte, viel meine Kinnlade immer weiter runter. Mein Dad wusste womöglich mehr als ich?! Als Destiny meinem erstaunten Blick begegnete, zuckte sie mit den Achseln.
,, Wir sind uns noch nicht sicher, aber wir vermuten es.“.
Bei ihrem Satz blieb unsicher was genau sie meinte und trotzdem fiel ein bisschen der Anspannung von mir ab. Wenn mein Dad das Ganze verstehen würde, könnte ich mit positiver Meinung auf die Elementenschule gehen. Trotzdem würde es mir schwerfallen Paige zurückzulassen.
,, Würdest du mir helfen dein Element zu manipulieren?“, fragte ich vorsichtig.
Sie wog den Kopf hin und her.
,, Ja und nein. Natürlich werden wir dir alle helfen, aber du musst dir merken: Du kannst nicht nur ein Element beherrschen. Du kannst alle vier. Das heißt du schwebst jeden Moment in Lebensgefahr und das bedeutet du musst lernen deine ganzen Elemente sinnvoll zu nutzen.“.
Plötzlich klang sie wie eine weise Lehrerin. Brav nickte ich. Sie erhob sich und wandte sich zum Gehen. An der Tür drehte sie sich nochmal zu mir um.
,, Ach und es ist besser wenn du aufhörst zu sagen du würdest die Elemente manipulieren. Denn das tust du nicht. Du beherrscht sie, du spielst mit ihnen, du bist ihr Herr. Sie gehorchen dir und lassen sich von dir benutzen, so wie du es brauchst. Das hat nichts mit Manipulation zu tun.“.
Als ich wieder nickte, lächelte sie und verließ den Raum.
Ich stand ebenfalls auf und bemerkte, dass ich noch das Nachthemd von Destiny trug. Duschen wäre jetzt schön. Ein bisschen peinlich berührt rief ich nach Amelie und fragte nach Handtüchern. Lächelnd eichte sie mir zwei, zeigte mir den Weg zum Bad. Ich zog mir das Nachthemd über den Kopf und tapste in Unterwäsche zu dem Badezimmer. Fast hatte ich die Tür erreicht, als diese aufging und ich in einen halbnackten Alan reinrannte. Er hatte sich nur ein Handtuch um die Hüften geschlungen. Mit einem entsetzten Laut gingen wir zu Boden. Da wir beide so wenig trugen, bekam ich Hitzeschläge überall. Er lag jetzt auf mir und sein Atem strich über mein Gesicht. Ich spürte seine harten Bauchmuskeln und bewegte mich leicht um sie besser zu fühlen. Verlangen wirbelte in Alans wunderschönen Augen auf und er presste seinen Körper an meinen. Keuchend rollte ich mich unter ihm weg. Lachend lag er neben mir. Auch ich musste lachen und so lagen wir beide auf dem Boden und kicherten uns die Seele aus dem Leib. Rafael und Tyler kamen um nach zu sehen was los war und sahen uns auf dem Boden liegend. Langsam kriegten wir uns wieder ein und ich richtete mich auf. Grinsend ging Alan durch die beiden zu seinem Zimmer, welches direkt neben meinem lag. Und so stand ich, ganz alleine vor Raf und Ty. Anzüglich ließen sie ihre Blicke über meinen halbnackten Körper wandern. Mit roten Wangen sammelte ich meine Handtücher ein und ging ins Bad. Ich war mir sicher, dass ich mir heute Abend noch ein paar dumme Sprüche anhören musste. Obwohl mir das unangenehm war, hatte ich ein bisschen das Gefühl die Leute in diesem Haus langsam aber sicher zu mögen.


Kapitel 6

Mit nassen Haaren tapste ich nach unten. Die Anderen saßen bereits um den großen Tisch rum. Jetzt, wo ich wusste, dass die eigentlich gar keine richtige Familie waren, fielen mir die kleinen Unterschiede umso mehr auf. Rafael und Tyler waren total locker und schienen sich ihre Fröhlichkeit von niemandem austreiben lassen zu wollen, Destiny war die sanfte Schönheit der Truppe, von der auf den ersten Blick keiner dachte sie könnte einem richtig gefährlich werden. Mila, die Wilde, die misstrauisch Fremden gegenüber war und sich trotzdem für einen aus ihrer Gruppe opfern würde und natürlich sexy Alan, der gutaussehende Star-Krieger. Ihn konnte ich kein bisschen einschätzen. Als wir uns vorhin auf dem Boden gerollt haben vor Lachen, hatte ich fast das Gefühl wir hätten eine Art Verbundenheit zueinander, doch dann ist er wieder wortlos und eiskalt weggegangen. Zudem schien er mich zu hassen. Seufzend nahm ich zwischen Rafael und Tyler Platz, die sofort anfingen anzügliche Bemerkungen über meinen Unterwäschevorfall vorhin zu machen. Grinsend schlug ich beide einmal und ließ meine Hitze mit Absicht ein bisschen aufwallen. Doch anstatt damit aufzuhören, trieben es die beiden richtig in die Höhe, bis ich mir die Ohren zuhielt. Auch Destiny und Thomas lachten, auf Milas Gesicht zeigte sich ein Lächeln, doch Alan blieb stumm. Einzig und allein seine Augen zeigten erneut das Verlangen von vorhin. Unterbrochen wurden wir von Amelie die uns Unmengen von köstlichem Essen auftischte. Ravioli, Hühnchenschenkel mit Kartoffeln und Salat. Mit funkelnden Augen stürzte ich mich auf das Essen und haute mir so viel Essen rein, wie nur ging. Zwischen Bissen schaute ich mich um. Raf und Ty hauten mindestens genauso rein wie ich, doch Destiny und Mila schoben nur den Salat auf ihren Tellern rum. Thomas und Alan, in ein tiefes Gespräch verwickelt, aßen sehr diszipliniert, doch als Alan meinen Blich spürte sah er hoch und erwiderte meinen Blick. Wieder stärkte sich das Band zwischen uns und diesmal schob er mir sanft seine Wärme rüber. Immer noch ein bisschen beleidigt beschloss ich etwas auszuprobieren. Ich konzentrierte mich auf die Kühle des Wassers, darauf wie es sich anfühlt die Tropfen auf der Haut zu spüren und darauf wie Wasser Feuer löscht. Dieses Paket ließ ich auf ihn sausen und sofort nahm seine Wärme ab. Seine Feueraugen wirbelten kurz überrascht, dann verdunkelten sie sich amüsiert. Der Schlafzimmer-Blick den er mir zu warf, hätte jeden (sogar Männer) dazu gebracht mit ihm in die Kiste zu steigen. Die Mundwinkel leicht hochgezogen widmete ich mich wieder meinem Essen. Gott, dieser Typ war so zum Anbeißen. Mir lief ein Schauer über den Rücken. Erneut stopfte ich Bissen um Bissen in mich rein und hatte trotzdem noch kein Gefühl der Sättigung. Gerade als ich mir noch mehr auftun wollte, stellte Amelie den Nachtisch auf den Tisch. Wackelpudding. Grün und Rot. Bevor ich mir auch davon Berge auf den Teller schaufelte hielt mich Ty zurück.
,, Jessy- Babe, Rafael und ich haben uns überlegt, da es außer uns sonst niemanden gab, der so viel und schnell gegessen hat wie wir, konnten wir das nie machen aber jetzt bist du ja da.“.
Ich zog meine Augenbrauen hoch. Sowohl wegen meines neuen Spitznamens, als auch wegen deren Frage.
,, Worum geht’s?“, wollte ich zurückhaltend wissen.
Rafaels Augen blitzen begeistert und plötzlich sah er aus wie ein kleiner Junge.
,, Wettessen.“, sagte er und deutete auf den Wackelpudding.
Und das taten wir. Einmal gewann ich, zweimal Raf. Eigentlich wollten die Beiden nochmal, doch mir war so kotzübel, dass ich zum ersten Mal seit Langem das Gefühl hatte, nichts mehr Essen zu können. Amelie hatte sich zu uns an den Tisch gesetzt und aß sehr vornehm ihren Wackelpudding. Nachdem sie auch den letzten Rest aus ihrer Schüssel gekratzt hatte richtete sie den Blick auf uns.
,, Also so was könnt ihr morgen nicht machen, meine Lieben.“, meinte sie geheimnisvoll.
Damit hatte sie unser Aller Neugier geweckt und alle schauten sie erwartungsvoll an. Alle außer Thomas, der seufzte und meinte:
,, Amelie hat sich in den Kopf gesetzt, dass wir alle morgen auf diesen Gala-Abend gehen.“.
Er klang so, als hätte er, wenn seine Frau sich etwas in den Kopf setzte, nichts mehr zu sagen. Im Inneren schmunzelte ich über ihre Art der Liebe. Destiny klatschte begeistert in die Hände.
,, Oh, das ist ganz großartig, Amelie. Schöne Kleider, teuren Champagner, heiße Kellner. Das habe ich vermisst.“.
Amelie steuerte ihr mit der gleichen Begeisterung bei.
,, Leckeres Essen, tolle Musik und viel Tanz.“, rief sie und fuchtelte wild mit den Händen.
So wie sie das sagte, klang es eher nach einer mittelalterlichen Soiree. Trotzdem fing ich an mich über die Idee zu freuen. So lange, bis mir auffiel, dass ich gar nicht wusste ob ich damit auch einbezogen war. Ich besaß keine teuren Kleider oder Schmuck und hatte keine Ahnung wie man sich bei so was verhält. Als hätte Amelie meine Gedanken gelesen, wendete sie sich an mich.
,, Oh Jessalyn, du wirst es mögen, da bin ich mir sicher. Wir werden dir ein wunderschönes Kleid kaufen.“.
Sie zwinkerte mir zu und griff dann nach Thomas Hand.
,, Komm schon, Schatz. Das haben wir schon ewig nicht mehr gemacht.“.
Thomas guckte sie an, seufzte erneut und nickte schließlich nachgiebig. Amelie und Destiny klatschen sich glücklich ab und auch Mila strahlte. Sofort begannen die drei über umwerfende Kleider, edlen Schmuck und schicke Schuhe zu sprechen. Etwas ausgeschlossen verkrümelte ich mich in meinen Stuhl.
,, Jessy- Babe, es reicht, wenn du wieder Destinys Unterwäsche trägst. Damit haust du auch alle um.“, lachte Ty und Raf lachte mit ihm.
Böse schaute ich die beiden an und sie taten so als würden sie sich mit den Armen schützen müssen. Danach trug ich gemeinsam mit Thomas das Geschirr in die Küche, dann verschwanden alle in ihre Zimmer. Auch ich tat das und kroch auch gleich ins Bett. Obwohl es erst gegen acht war, fühlte ich mich total müde und ausgelaugt. Man kriegt schließlich nicht alle Tage gesagt, man sei die Tochter des Lichts, erschaffen von vier Göttern, die die Elemente beherrschen und mit einer finsteren Gegenspielerin. Ich drehte mich auf die andere Seite und fiel in einen traumlosen Schlaf.

Diesmal wurde ich von dem köstlichen Geruch gebratenem Speck und Rühreier geweckt. Mit Spucke im Mund, öffnete ich die Augen und sah ein Tablett mit Speck, Eiern, Toast und Saft da stehen. Dankbar nahm ich mich dem an und ließ es mir richtig schmecken. Nachdem ich alles verputzt hatte, wollte ich aufstehen und mich anziehen, als mir auffiel, das ich immer noch das dünne Nachthemd trug und auch nichts Anderes hatte, da meine alten Sachen anscheinend verschollen waren. Leise ging ich die Treppe runter und betrat die Küche, auf der Suche nach Amelie. Der Einzige, den ich vorfand war Alan. Er nur eine knielange, blaue Sporthose. Erneut stockte mir der Atem. Während er die Arme bewegte, erschienen auf seinem Rücken Muskeln, von denen ich noch nicht mal gewusst hatte. Es waren die Muskeln eines Kriegers. Ich stellte das leere Tablett ab und wollte gehen, als Alans tiefe Stimme erklang.
,, Guten Morgen, Königin des Lichts.“.
Zögernd drehte ich mich wieder zu ihm um und ließ den Blick ungeniert über seinen halbnackten Körper wandern. Das ausgeprägte Sixpack, die kräftigen Armmuskeln, all das ließ ihn doppelt heiß wirken. Sabber. Um mich abzulenken, schaute ich in sein schönes Gesicht.
,, Guten Morgen, Krieger.“.
Wahrscheinlich hatte ich seinem Ego damit nicht grade geschadet. Grinsend griff er hinter sich und hielt mir sein Glas Orangensaft hin. Ich nahm es ihm ab und trank einen Schluck, hab es ihm dann wieder zurück. Er stellte es in die Spüle und trat dicht vor mich. Mit warmen Händen strich er über meine Wange und die hinterließ eine Hitzespur. Misstrauisch schaute ich zu ihm hoch. Jetzt beugte er sich zu mir, kurz dachte ich er würde mich küssen, doch er streifte mit den Lippen meine Wangen bis zu meinem Ohr, in das er flüsterte:
,, Reservier mir einen Tanz.“.
Dann war er verschwunden. Etwas benommen und mit wackeligen Knien ging ich hoch und klopfte ich an Destinys Tür. Sie öffnete mir und ließ mich rein. Ein halbnackter, schlafender Rafael in ihrem Bett. Bei meinem fragenden Blick zuckte sie mit den Schultern.
,, Was gibt’s? Alles okay?“, flüsterte sie leise.
,, Ja alles gut, ich wollte dich nur fragen ob du weißt, wo meine Sachen sind.“.
Ich flüsterte ebenfalls. Destiny kicherte.
,, Die hast du bei deinem Verteidigungsakt verbrannt. Alan hat dich fast nackt hergebracht.“.
Bei dem Gedanken stieg mir die Schamesröte ins Gesicht. Alan hatte mich gerettet und das als ich fast nackt war. Wie peinlich.
,, Aber hier“. Sie wühlte in ihrem Schrank und hielt mir eine Hose und ein Top hin. ,, Das kannst du gerne anziehen.“.
Dankend flüchtete ich aus ihrem Zimmer und wieder in meins. Zwischen Destiny und Rafael lief was? Wow, das hatten die beiden gut versteckt. Frisch angezogen und geschminkt ( ich hatte etwas von der aus dem Bad benutzt), kroch ich aufs Sofa vor den Fernseher, von dem mir Amelie angeboten hatte ihn zu benutzen. Ich blieb bei Avatar- Herr der Elemente hängen und musste lächeln. Diese Serie hatte ich schon früher gerne geguckt, aber jetzt kam mir das alles sehr real vor. Nach und nach trudelte die ganze Gruppe ein und Amelie teilte uns mit, dass sie uns jetzt auf der Gala angemeldet und mir Kleider bestellt hat. Damit ließ sie Begeisterung aufwallen, genau als mein Handy klingelte. Ich erkannte es an dem etwas verzogenen Klingeln. Diesem folgend fand ich es auf der Arbeitsplatte der Küche liegen. Dad! Etwas atemlos hob ich ab.
,, Hallo?“.
Hoffentlich klang meine Stimme nicht zu ertappt. Doch Dad klang ganz unbeschwert.
,, Hallo, mein Schatz.“, trällerte er fröhlich.
Bei seiner Stimme musste ich unweigerlich lächeln. So vertraut, so liebevoll. Mein gewöhnlicher Fels in der Brandung aus Übernatürlichem.
,, Ich habe gestern versucht dich zu erreichen, aber keiner ist rangegangen. Alles okay?“.
,, Oh ja, alles gut, ich hatte nur… ähm mein Handy ausgeschaltet weil ich das ganze Wochenende über bei einer, äh, Freundin schlafe.“, log ich.
Doch Dad wurde misstrauisch. ,, Ich dachte Paige ist in Mailand.“
Innerlich wand ich mich, Dad noch weiter belügen zu müssen. Irgendwann muss ich mich eh mit ihm hinsetzten und über die Sache mit der Schule der Elemente reden. Es war einfach zu gefährlich wenn ich hier in New York blieb.
,, Äh, die, äh kennst du nicht.“.
,, Hmm.“.
Er schien zu überlegen ob er nicht doch kommen und nach mir sehen sollte. Gerade wollte ich weiter lügen, da erschien Destiny wie aus dem nichts und schnappte mir mein Handy weg.
,, Guten Tag, Mr. Kingston. Mein Name ist Destiny Parker und Ihre Tochter schläft übers Wochenende bei mir. Meine Eltern sind da und heute Abend wollen wir in ein Restaurant essen gehen. Wir würden sie dann morgen gleich mit in die Schule nehmen, wäre das okay?“, flötete sie.
Undeutlich hörte ich Dad brabbeln, dass das okay sei und er uns viel Spaß wünsche. Destiny zwinkerte mir zu, flötete dann eine höfliche Verabschiedung und legte auf. Grinsend schlugen wir ein und kehrten zu den Anderen zurück.
,, Das mit Jessalyns Vater ist geklärt. Er hat sich einverstanden erklärt, dass wir mit ihr auf die Gala gehen und sie morgen mit zu Schule nehmen.“, teilte sie ihnen mit, dann kuschelte sie sich in Rafaels Arme.
Keinen schien das zu wundern, dass hieß, dass ich als Einzige ihre Beziehung nicht mitbekommen hatte. Natürlich nicht. Ich hatte erst seit gestern richtig was mit ihnen zu tun und außerdem war Rafael gar nicht auf unserer Schule.
An der Haustür klingelte es. Amelie schoss wie von einer Tarantel gestochen hoch und flitze los um die Tür zu öffnen. Das angekommene Paket wurde dem Postmann aus der Hand gerissen, die Unterschrift unordentlich auf das schmale Blatt Papier geschmiert und die Tür wieder zu gedonnert. Sie raste zurück, packte mich, Destiny und Mila und zog uns alle hoch in ihr und Thomas Schlafzimmer. Dieses war ungefähr doppelt so groß wie meins, mit einem riesigem Himmelbett, einem gigantischen Spiegel, einem Sofa, einem Beistelltisch und einer Vintage- Komode. Das Highlight war der begehbare Kleiderschrank, in dem sich schicke und teure Kleidungstücke stapelte, sowie maßgeschneiderte Anzüge, wunderhübsche Kleider und edle Schuhe. Doch ich hatte gar keine Zeit da alles zu bewundern, da wurde ich zum Bett gezogen, auf welchem das Paket lag.
,, Hier sind sie. Die Kleider für heute Abend.“, präsentierte Amelie und hob den Deckel des Kartons hoch.
Die Kleider die sich darunter befanden waren traumhaftesten, atemberaubensten und schönsten zwölf Kleider, die ich je in meinem Leben gesehen hatte. Die unterschiedlichen Farben und Stoffe, die Art wie sie fielen und kleine Accessoires eingefügt wurden. Unglaublich. Ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr raus, als ein Kleid nach dem anderen ausgepackt wurde. Wie sich herausstellte waren auch jeweils zwei für Destiny und Mila dabei. Sie hatten sich schnell entschieden: Destiny trug ein bodenlanges, enganliegendes Kleid in einem tiefen Wald-Grün, welches ausgezeichnet zu ihren roten Haaren passte und einen tiefen Ausschnitt besaß, welcher ihre Kurven perfekt betonte. Mila hingegen trug ein ebenfalls enges, aber knielanges Kleid, mit schwarzer Spitze am Ausschnitt und Saum. Ihre rockigen, schwarzen Stiefeletten ließen ihr Outfit ebenso zauberhaft wirken wie das von Destiny. Letztendlich hatte ich die Qual der Wahl. Entweder ich nahm das symetrisch geschnittene, knallgelbe Kleid, mit dem schmalen braunen Gürtel um meine Taille oder das rosenrote Kleid, welches erst um meine Taille rum anfing sich zu bauschen, vorher um meine Brust rum sehr eng anlag (mit fast verboten tiefem Ausschnitt) und zudem einen kleinen Push-up Effekt hatte, welcher mir ein fast so tolles Dekolleté wie das von Destany erlaubte. Ich entschied mich für das rote. Wie aufgescheuchte Hühner begannen wir uns vorzubereiten. Während wir uns die Kleider angeguckt, einander vorgeführt und uns entschieden hatten, waren drei Stunden vergangen und so war es jetzt gleich schon sieben, um acht wollten wir auf der Gala erscheinen. Zuerst wurde Mila fertig gemacht, da ihr Styling am kürzesten dauerte. Ihre roten Augen wurden stark von fettem schwarzem Kajal betont (zum ersten Mal fragte ich mich, ob es den anderen Menschen nicht Angst macht in so rote Augen zu sehen), ihre kurzen Haare mit Haarspray aufgestellt. Am Ende sah sie aus wie die heiße Liebhaberin eines Rockstars. Dann kam Destiny an die Reihe. Ihr wurde nur sanft Mascara aufgetragen, dass reichte, ihre roten Haare glätteten wir und steckten sie hoch, nur ein paar vordere Strähnen ließen wir rausfallen. Danach war ich dran. Während der ganzen Zeit in der ich geschminkt und frisiert wurde, schafften es die drei, dass ich keinen einzigen Blick in den Spiegel werfen konnte. Zwischen durch spürte ich die Wärme eines Lockenstabes oder Glätteisens, die Kühle von Haarspray, die Kälte eines Schmuckstückes, welches mir um den Hals gelegt wurde, das kurze Piksen, als neue Ohrringe mein Ohr durchdrangen und den leichten Wiederstand meines Handgelenkes, über das man versuchte ein Kettchen zu schieben. All das ließ ich mit mir machen und nach einer gefühlten Unendlichkeit schoben mich Mila und Destiny vor den Spiegel. Sprachlos starrte ich die wunderschöne Unbekannte in ihm an. Ihre langen blonden Haare waren zur Hälfte hochgesteckt, zur anderen Hälfte offen gelassen und kunstvoll gelockt, sie gaben den Blick auf dicke Diamanten, die in ihren Ohren steckten frei. Ihre blitzenden grünen Augen wurden mit Smokey- Eyes betont und die vollen, roten Lippen waren leicht geöffnet. Ihr Dekolleté, welches sagenhaft tief war, wurde glitzernd von einem silbernen Collier betont. Das lange, flatternde rote Kleid deutete sanft auf ihren schlanken Körper hin. Ihre Füße steckten in schwarzen Spitzen- High- Heels. Ungläubig drehte sich die Fremde und wandte sich dann an die anderen Schönheiten, die still lächeln hinter ihr standen.
,, Das…“, stammelte ich und deutete auf mich. ,, Das ist umwerfend schön und großartig und, ach danke.“.
Ich wollte ihnen um den Hals fallen, doch alle traten beiseite und zeigten auf mich. Ach stimmt ja. Ich musste jetzt aufpassen, dass ich die ganze Arbeit nicht zerstörte. Wie auf einer Wolke schwebend bemerkte ich, wie Amelie zurückkehrte (sie hatte den Männern Bescheid gegeben, sie sollen sich ebenfalls fertig machen) und mich verzückt anstarrte.
,, Gott, Jessalyn, du siehst einfach unglaublich toll aus. Wenn dir nicht alle Jungs zu Füßen liegen, weiß ich auch nicht weiter.“.
Dann schlüpfte sie schnell in ihr violettes Kleid, steckte die Haare hoch und legte Schmuck um. Sie drückte uns jeder noch ein kleines Täschchen in der entsprechenden Farbe in die Hand, mit ein bisschen Geld, unseren Handys und Lippenstift, Wimperntusche, Puder und Rouge. So ausgerüstet marschierte sie mit Mille und Dessie nach unten. Ich warf noch einen letzten Blick in den Spiegel und wusste nicht, wie ich das jemals wieder gut machen sollte. Ohne Geld konnte ich es ihnen kaum zurückzahlen und die Erfahrung war erst recht unbezahlbar. Seufzend betrat ich die breite Treppe und schritt andächtig die Stufen hinunter. Unten war es bereits dunkel und kurz ergriff mich die Panik, dass sie vielleicht ohne mich gefahren seien, als ein scharfes Lufteinatmen erklang und sich Alan aus dem Schatten löste. Ich blieb stehen. Wieder einmal fiel mir auf wie attraktiv er war. Der maßgeschneiderte, schwarze Anzug betonte seine breiten Schultern, er hatte die oberen beiden Knöpfe seines weißen Hemdes offen gelassen und ein weißes Tuch in die kleine Brusttasche gesteckt. Die schwarze Anzughose spielte um die Muskeln in seinen Beinen und die blank polierten Lederschuhe glänzten im Dämmerlicht. Seinen Undercut hatte er zurück gegelt, was seinem Aussehen kein bisschen schadete. Mit zittrigen Knien trat ich die letzten Stufen herab und stellte mich vor Alan. Diesmal lächelte er und beugte sich so runter, dass er genau auf meinen Mund zielte, als es von draußen hupte. Wir fuhren auseinander und schauten uns kurz verlegen an, dann bot er mir stumm seinen Arm an. Ebenso stumm verschlang ich meinen Arm mit seinem und gemeinsam traten wir vor die Tür. Die Blicke der Anderen sprachen Bände. Ich war mir nicht sicher ob sie so begeistert waren wegen meines Kleides oder wegen Alan. Ohne mir Zeit um darüber nachzudenken zu geben, zog er mich in die lange Limousine, in der die anderen bereits warteten. Um einsteigen zu können musste ich mich runterbeugen und Rafael pfiff anerkennend.
,, Jessy- Babe, das ist besser als Unterwäsche.“, meinte er und handelte sich so sowohl einen Schlag von mir, als auch von Destiny ein.
Gut gelaunt fuhren wir los. Die Gala würde der Hammer werden, dessen war ich mir sicher.

Teure Autos fuhren vor die Glastüren, die von Uniformtragenden Angestellten bewacht wurden. Die Art Zelt, die über den roten Teppich, welcher den Gang vom Auto zu diesen Türen bildete, ließ das Ganze noch edler wirken, als es eh schon war. Thomas nickte den Angestellten nur zu und schön ließen sie die Glastüren aufschwingen. Das gab einen spektakulären Blick auf einen gigantischen Ballsaal frei. Überall standen Frauen in ebenso tollen Kleidern wie unseren rum und Männern in ebenso maßgeschneiderten Anzügen, in der einen Ecke befanden sich lange, weiße Tische mit viel köstlich aussehendem Essen drauf. Auf der Fläche vor diesen Tischen konnte man sein Essen auf hohen, ebenfalls mit weißen Tischtüchern bedeckten Tische genießen. Die Mitte des Saals wurde als Tanzfläche genutzt, auf der sich bereits Paare zur Musik bewegten. In der anderen Ecke standen viele weichaussehende Ledersofas, mit Glastischen und Sesseln davor. Es sah alles genauso aus wie ich es mir vorgestellt hatte. Zudem liefen Kellner in weißen Sakkos durch die Menge und verteilten Gläser mit prickelnem Champagner an die Gäste. Der Saal war bereits mehr als gut gefüllt. Das laute Summen der vielen Stimmen konnte man bereits von draußen vernehmen. Auch uns wurde Champagner angeboten und pflichtbewusst nahm ich mir ein Glas. Thomas und Amelie steuerten uns direkt auf ein leeres Ledersofa zu und um es rum verteilt nahmen wir Platz. Destiny zog Rafael gleich auf die Tanzfläche und ich und Tyler streiften los um uns etwas zu essen zu besorgen. Wow, all die wunderbaren Köstlichkeiten, von denen noch so viel da war. Lachend stürzten wir uns auf das Buffet und kehrten schließlich mit vier Tellern an den Tisch zurück. Während ich auf einem Stück Pastete rum kaute, schaute ich mir die Gäste genauer an. Besser gesagt ihre Augen. Die meisten hatten gewöhnliche Augenfarben, manchmal kamen mir wirbelnde Augen entgegen. Wie die des Mannes der uns mit langen Schritten entgegen kam.
,, Ein Krieger des Wassers.“, murmelte ich ehrfurchtsvoll zwischen ein paar Bissen Hühnchen.
Schlagartig richteten sich alle Augen auf mich. Auch die von Destiny und Rafael, die grade wieder gekommen waren. Thomas lehnte sich vor und schaute mir tief in die Augen. Das farblose Grau hypnotisierte mich, bis mich seine Stimme aus der Starre riss.
,, Jessalyn, bitte sag mir woher du das wusstest.“.
Mit einer mürrischen Handbewegung hielt er den Krieger davon ab sich uns zu nähern. Beleidigt zog sich dieser wieder zurück. Ich schob mir noch ein bisschen Hühnchen in den Mund und deutete dann auf meine Augen.
,, An den Augen.“, faselte ich mit vollem Mund.
Anhand der verständnislosen Blicke, die mich anstarrten wurde mir klar, dass ich wohl etwas näher erklären musste. Heftig schluckte ich das Hühnchen runter.
,, Naja, normale Leute haben normale Augenfarben wie braun, blau oder so, aber Krieger haben, je nach Element unterschiedliche, wirbelnde Augenfarben. Ihr zum Beispiel habt orange-rote Augen, die Krieger des Wassers, wie er“.
Ich deutete auf den Krieger der uns fast besucht hatte.
,,- er hat ozeanblaue Augen. Und sie wirbeln so schön.“., schweifte ich ab, doch der strenge Blick von Thomas ließ mich wieder zum Hauptthema zurückkommen.
,, Die Frau da“, ich zeigte ihnen die Frau in dem schwarzen Kleid und der Fellstola. ,, -ist eine Kriegerin der Erde. Sie hat so grüne Augen wie Destinys Kleid. Und der Mann dort“, mit einem Kopfnicken wies ich auf den Mann, dessen Anzug ihm viel zu groß war. ,, -ist ein Krieger der Luft. Blaue Augen.“.
Vage zeigte ich auf den Himmel.
,, Und du Thomas, du hast graue Augen. So ist das bei Beschützern.“.
Seine Augen weiteten sich überrascht.
,, Ist das bei euch nicht so?“, fragte ich unsicher.
Alle schüttelten den Kopf. Plötzlich war mein Hals ganz trocken und mit Mühe schluckte ich das Salatblatt welches sich in meinem Mund befunden hat runter. Im Gegensatz zu mir, schien Thomas diese Erkenntnis gar nicht zu gruseln, im Gegensatz, er strahlte mich an und nickte begeistert.
,, Mein Gott, Jessalyn, weißt du was für Vorteile du im Kampf hast? Wenn du sofort erkennen kannst, welches Element einer beherrscht, musst du es gar nicht erst herausfinden und kannst dementsprechend handeln.“.
Jetzt kam er richtig in Rage.
,, Wie großartig. Unfassbar, das du uns das erst jetzt sagst. Du siehst also nicht Alans blaue Augen, sondern nur rote?“, fragte er mich aufgeregt.
Ich drehte mich zu Alan um und schaute ihm tief in die Augen. Kurz blitzte ein Blau auf, dann blieb weiter sein rotes Flackern. Verneinend schüttelte ich den Kopf.
,, Nein, ich kann die richtige Augenfarbe nur sehen wenn es ganz normale Menschen sind.“.
Amelie schien meine Angespanntheit zu spüren, denn sie berührte sanft meinen Arm. Dankbar lächelte ich sie an. Da ergriff Rafael das Wort.
,, Also wenn einer von uns einen Feuerball oder ähnliches abgefeuert hat, können wir auch kurz die roten Augen sehen, aber vorher dachte ich immer das wäre nur eine Reflektion.“.
Er klang nachdenklich.
,, So ist das auch mit anderen Elementen.“, meinte Destiny. ,, Wenn beim Training jemand zum Beispiel Wasser abfeuert, kann ich auch seine blauen Augen sehen, auch wenn der dann eigentlich braune hat oder so. Ebenfalls mit Erde und Luft.“.
Die Anderen murmelten zustimmend. Geplättet ließ ich mich gegen die Rückenlehne des Sofas sinken. Alle schwiegen. Da richtete sich ausgerechnet Mila auf und meinte fröhlich:
,, Na und, dann kann Jessy eben die Elemente lesen oder so. Was erwartet ihr denn von der Königin des Lichts?“.
Sie packte meine Hand.
,, Wir gehen jetzt tanzen.“.
Mit diesen Worten zog sie mich mit sich auf die Tanzfläche. Ihre roten Augen blitzen, sie lachten für sich.
,, Danke, dass du mich aus dieser Situation geholt hast. Das war echt… peinlich.“, schloss ich meinen Dankessatz.
Mila winkte ab.
,, Dafür doch nicht. Ich kenn das, wen Thomas sich jemanden in den Kopf gesetzt hat, dann lässt er einen nicht mehr in Ruhe, bis er auch die letzte Information aus einem gequetscht hat.“.
Tatsächlich klang das so als wüsste sie wovon sie sprach. Interessiert blinzelte ich sie an, doch sie winkte erneut ab. Wir fassten uns einfach an den Händen und tanzten. Abwechselnd zeigten wir uns gegenseitig bescheuerte Moves und lachten so sehr darüber, dass wir Bauchschmerzen bekamen. Es war überraschend entspannend einfach mal zu lachen. Nach einer halben Stunde entschuldigte sich Mila und verschwand um sich was zu trinken zu holen. Für einen kurzen Augenblick stand ich etwas hilflos auf der Tanzfläche rum, dann spürte ich den Hitzeschauder bevor er mich berührte. Alan nahm galant meine Hand und drehte mich so, dass wir voreinander standen. Bedächtig legte ich meine andere Hand auf seine Schulte, er griff nach meiner Hüfte und zog mich näher an sich. Dann begannen wir uns langsam zu drehen. Mein Kleid tanzte dabei so rot um mich, dass es fast so aussah als stünde ich in Flammen. Eine Weile schwiegen wir, dann fragte Alan:
,, Du hast noch nie meine blauen Augen gesehen?“.
Nachdenklich schaute ich zu ihm hoch und blickte ihm erneut tief in die Augen. Der Wirbel seiner Augen drehte sich sanft, das Rot blitzte nur ab und zu auf. Momentan wirkten sie eher wie die Flamme einer Kerze im Wind. Vergnügt flackernd, hin und her wehend und sorgfältig darauf bedacht nicht zu hoch zu werden. Vorsichtig hob ich meine Hand und legte sie an Alans Wangenknochen, nahe zu seinen Augen. Mit einem Finger fuhr ich zu seinen Augen und ließ diesen dort verweilen. Die Hitzespur, die ich auf seiner Haut hinterlassen hatte, konnte man fast sehe, so intensiv war sie.
,, Nein, ich hab noch nie deine blauen Augen gesehen.“, murmelte ich heiser.
,, Aber deine Feueraugen sind eh viel schöner.“.
Ich fuhr ihn noch mal mit dem Finger unter dem Auge lang. Während er und ich die Hitze spürten, wurden seine Augen wild, sie brannten förmlich. Fasziniert beobachtete ich das. Es sah sagenhaft toll aus. Seelig verlor ich mich in ihnen, drängte mich noch näher an Alans Körper um noch näher an diesem Strudel zu sein. Und plötzlich hatte ich das Gefühl in ihnen zu sein. Ich hatte das Gefühl direkt in Alans Feueraugen zu sein. Ich spürte die Hitze um mich, spürte den Wirbel in dem ich mich befand und spürte Alan. Das Gefühl wurde abrupt beendet, als Alan einen langen Schritt zurück trat. Verwirrt schaute ich ihn an, ehe ich ihn fragen konnte was los war, trat er schon wieder eng an mich und guckte zu mir runter. In seinen Augen brannte die Neugier.
,, Ich habe in deinen Augen das Feuer gesehen, das du beschrieben.“.
Er klang ein bisschen aufgeregt.
,, Es sah…“, er suchte nach dem richtigen Wort. ,, atemberaubend sexy aus.“.
Lachend warf er den Kopf zurück. Als er das tat, gab er eine lange rote Narbe frei, welche sich direkt unter seinem Kinn befand und sich wie eine Kette um seinen Hals zog. Zögernd ließ ich meine Hand darüber gleiten und empfand Schmerz. Nichts als Schmerz. Keuchend schlang ich einen Arm um meine Brust.

Böse funkelten mich ihre dunklen Augen an. In ihnen befand sich nicht mehr, als reine Boshaftigkeit und der Spaß am Verletzen oder töten. Ich wusste nicht, ob ich das hier überleben würde, aber mittlerweile war es mir auch egal. Die Tage in denen sie mich gefoltert hatten, hatten mir gezeigt, dass es keinen kümmerte was mit mir geschah, also warum sollte es mich kümmern. Wie ein verwundetes Tier kroch ich hinter ihnen her. So wie sie es befohlen hatten. Der letzte Zorn, der letzte Stolz wallte in mir hoch und ich versuchte mich aufzurichten. Hart rissen sie an der Leine aus Feuer um meinen Hals und zogen mich weiter. Der Schmerz machte mich fast Ohnmächtig. Mit zusammengebissenen Zähnen, um ja nicht zu schreien. Weiter zogen sie mich durch die dunklen Gassen der Kanalisation, weiter, bis wir in einem großen Raum angekommen waren. Auf den ersten Blick, wirkte er wie ein dunkler Saal, bis ich im fahlen Licht einen Thron bemerkte. Eine Schönheit saß auf ihr. Ihre langen, schwarzen Haare fielen ihr Glatt über die Brust, ihre schwarzen Augen funkelten begeistert und ihre vollen Lippen waren zu einem Lächeln verzogen. Das schwarze Gewand das sie trug umspielte ihren langen Körper und um die Brust war es eng, was einen atemberaubenden Einblick in ihr Dekolleté freigab. Sie war höchstens so alt wie ich. Unweigerlich war ich von ihr fasziniert. Mit einer Handbewegung befahl sie ihren Männern mich an den Pfosten am anderen Ende des Saals zu binden. Ich wurde an der Feuerleine mitgezogen, meine Hände wurden nach hinten und meine Füße zusammen gebunden. Die Königin der Dunkelheit schien etwas sagen zu wollen, als ihr Hofstaat den Raum betrat. Ganz vorne ihre erste Zofe. Mila! Die schlanke Person in dem langen, schwarzen Kleid und ihren zurückgebundenen schwarzen Haaren würdigte mich keines Blickes. Würdevoll trat sie hinter den Thron der Königin. Erneut gab diese einen Handwink und ihre Männer kamen bedrohlich auf mich zu, doch mein Blick blieb starr auf Mila gerichtet. Auch die Königin war aufgestanden und wollte sich mir nähern, doch da geschah alles ganz schnell. Mila schickte gleichzeitig zwei Feuerbälle ab, einen mit dem sie die Königin und ihr Gefolge aus dem Weg schleuderte und somit außer Gefecht setzte und einen mit dem sie die halb verborgene Tür explodieren ließ. Feuersplitter flogen durch die Luft, so dass ich fast nicht gesehen hätte wie Rafael, Destiny und Thomas durch die Tür traten. Rafael blutete in der Nähe von seinem Auge, anscheinend hatte ihn ein Splitter verletzt. Die drei steckten die halbe Halle in Brand, rissen die Leine von meinem Hals und trugen mich raus. Krieger folgten uns und warfen mit Blitzen um sich, doch wir waren zu schnell. Nach einer gefühlten Ewigkeit, verließen sie die Kanalisationen. Das helle Sonnenlicht blendete mich. Stöhnend kniff ich die Augen zusammen. Hell, viel zu hell. Dieser Qual wurde ein Ende bereitet, als ich in den großen SUV von Thomas gelegt wurde. Ich konnte nichts sagen, mein Hals schmerzte zu sehr und war zu trocken. Am Rande der Bewusstlosigkeit, sah ich Milas besorgtes Gesicht über meinem. Ihre schwarzen Haare waren verkohlt und es waren nur noch Stummel davon übrig. Sanft legte sie die Hand auf meine Wange.
„ Ich hätte niemals zugelassen dass sie dich getötet hätten, Alan.“.
Ihre Stimme war so voller Schmerz, dass ich meine Hand auf ihre legte.
Ich weiß, Schwester, dachte ich noch, dann wurde ich von Schmerzen geschüttelt und verlor das Bewusstsein.



Der stechende Schmerz ließ nach und vorsichtig öffnete ich meine Augen. Wie damals im Wald, standen alle um mich rum. Dem weichen Leder unter mir entnahm ich, dass ich auf einem der Ledersofas lag. Kalter Schweiß rann mir über die Stirn, trotzdem hob ich die Hand, schlang sie um Alans Hals und zog ihn zu mir runter. Eng klammerte ich mich an ihn und fing an zu weinen. Ja, das erste Mal seit Jahren weinte ich richtig. Ich hatte nicht geweint, als ich verstanden hatte, dass meine Mum mich nicht wollte, ich hatte nicht geweint als meine Grandma gestorben war, ich hatte nicht geweint als wir nach Brookville gezogen sind und nicht als ich diese vier Männer getötet hatte. Aber jetzt weinte ich. Ich weinte, weil Alan diesen Schmerz gespürt haben musste, ich weinte, weil ich diese Schmerzen gespürt hatte, ich weinte, weil ich erfahren hatte wie grausam meine böse Schwester war und ich weinte aus Erschrockenheit. Erst versteifte sich Alan, doch dann schlang er einen Arm um meine Taille und hielt mich fest. Die Tränen liefen meine Wangen runter, ich drückte mein Gesicht tiefer in Alans Schulter, ließ meine Schminke verlaufen und verdreckte sein Hemd. Die unregelmäßigen Schluchzer die ich ausstieß ließen meinen ganzen Körper zucken. Undeutlich konnte ich fühlen wie mir Amelie über den Rücken strich und Destiny über den Arm. Nach ungefähr einer halben Stunde waren meine Tränen so gut es ging versiegt und ich schaute Alan verlegen an. Dass ich so zusammen gebrochen war passte normalerweise gar nicht zu mir. Ich senkte den Blick und fing an, an meinem Kleid rumzufummeln. Es herrschte Stille, dann erhob sich Amelie und zog mich in ihre Arme.
,, Komm, wir gehen jetzt erst mal nach Hause. Da kannst du duschen gehen und dich frisch machen. Wenn du dann willst, kannst du uns erzählen was passiert ist.“.
Und so machten wir es.


Kapitel 7


Es fiel mir schwer darüber zu reden. Der Schmerz, den mir als Alan wiederfahren war, saß mir noch tief in den Knochen. Aber im Nachhinein war da etwas viel beunruhigernders: Die Königin der Dunkelheit war tatsächlich das schwarze Abbild von mir. Nachdenklich nagte ich an meiner Lippe.
Meine Haare waren nass nach hinten geflochten, ich trug eine Jogginghose und saß mit den Anderen auf dem breiten Sofa vorm Fernseher. Sie hatten sich ebenfalls aus ihrer feinen Kleidung geschält und warteten gespannt auf meine Erklärung. Ich räusperte mich.
,, Als ich Alans Narbe am Hals berührt, habe ich den Moment als er bei der Königin der Dunkelheit war nach gefühlt.“.
Scharf sog Alan die Luft ein. Mila guckte mich entsetzt an und schlug sich mit der Hand vor den Mund.
,, Ich… ich hab seinen Schmerz gefühlt.“, erzählte ich mit brüchiger Stimme. ,, Ich hab alles gefühlt. Ich war er.“.
Thomas wirkte geschockt. Mit riesigen Augen schaute er zwischen Alan und mir hin und her. Dann riss er meinen Kopf hoch. Aufkeuchen erklang und mit zittrigen Fingern fuhr ich an meinem Hals entlang. Die gleiche wulstige Narbe wie die von Alan befand sich darunter. Wimmernd ließ ich meine Hand wieder fallen und schaute in die schockierte Runde. Alan sprang auf und verließ mit langen Schritten die Küche. Auch Thomas erhob sich.
,, Bitte entschuldigt mich. Ich muss etwas nachprüfen.“.
Mit diesen Worten verließ auch er uns. Amelie schaute ihm nach, dann drehte sie sich zu mir.
,, Ich bring dich hoch.“.
Ich ließ mich von ihr die Treppe hochbringen und in mein Zimmer stellen. Sie legte mir die Hand an die Wange und küsste mich sanft auf die andere.
,, Es tut mir sehr leid für dich, dass du das durchleben musstest. Es ist immer noch schwer für Alan.“.
Sie wollte sich zum Gehen wenden, doch ich hielt sie zurück.
„ Was ist da passiert?“.
Amelie drehte sich wieder zu mir und meinte:
„ Alan wurde von der Königin der Dunkelheit gefangen genommen und gefoltert. Sie wollte etwas wovon er angeblich wusste wo es war. Als sie die Informationen nicht bekommen hat, hat sie beschlossen ihn zu töten. Thomas hat mit Mila, Destiny und Rafael einen Plan gemacht. Sie würden Mila als Hofdame einschleusen. Natürlich bekam Alan davon nichts mit. Er dachte, seine Freunde und Schwester hätten ihn hängen lassen. Seitdem verlässt er sich nicht mehr vollkommen auf sie.“.
Ihre Traurigkeit darüber war unüberhörbar.
,, Mila ist seine Schwester?“, fragte ich, obwohl ich die Antwort bereits wusste.
Amelie nickte.
,, Ja, sie hat viel für ihn geopfert.“, sagte sie, dann verließ sie das Zimmer.
Benommen blieb ich zurück. So viele Informationen, so viel Schmerz, so viel Verrat. Mein Mund fühlte sich fahl an. Ich ging ins Bad und putzte mir die Zähne, schminkte mich ab und wusch das Gesicht. Das kühle Wasser streichelte mein Gesicht und ließ ein bisschen Anspannung von mir abfallen. Als ich wieder hoch kam, stand Alan hinter mir. Seine roten Augen waren so voller Schmerz, dass ich mich umdrehte und ihn umarmte. Besser gesagt klammerten wir uns aneinander. Nur wir beide hatten den Schmerz erfahren, nur wir beide wussten wie es sich wirklich angefühlt hatte. Ich hielt ihn ein bisschen von mir entfernt und strich noch mal über seine Narbe. Zum Glück fühlte ich nur ein Echo des Schmerzes.
Alan schaute mich an, liebevoll, voller Verlangen, beugte sich zu mir und dieses Mal küssten wir uns. Verzweifelt rangen unsere Lippen miteinander, ich presste mich an ihn, er riss mich von den Füßen, hob mich hoch und setzte mich auf den Rand des Waschbeckens. Meine Beine um seine Hüften geschlungen, küsste ich ihn weiter und er erwiderte meine Küsse heftig. Er wanderte mit dem Mund über meine Narbe und die Hitze trug nur dazu bei, das ich ihn wieder zu mir zog und sich unsere Münder wieder miteinander verschlungen. Mit den Händen packte ich seine Haare und behielt ihn bei mir. Das Feuer wallte um uns herum, erhitzte und ließ uns einander noch wilder küssen. Alan war ein wahnsinnig guter Küsser. Unsere Lippen passten perfekt aufeinander und ließen sich nicht mehr los. Er hob mich wieder hoch und lehnte mich gegen die Badezimmerwand. Mit dem Rücken an den kalten Steinen und der Brust an Alans Körper ließ ich meinen Mund über sein Gesicht wandern. Ich wollte zu seinem Hals wandern, doch Alan fing meine Lippen auf und drückte wieder Küsse darauf. Mit geschlossenen Augen ließ ich mich von ihm dirigieren, gab jegliche Versuche der Selbstbeherrschung auf. Sanft wurde ich wieder auf dem Boden abgestellt. Seufzend zog ich ihn an mich, küsste ihn weiter und wanderte mit meinen Händen über seine Brust. Alan presste mich enger an die Wand und fing an mit meinen Haaren zu spielen. Gerade wollte ich ihm sein Shirt über den Kopf ziehen, als eine Tür aufging und jemand aus dem Raum rauskam. Dieser jemand kam direkt aufs Bad zu und klopfte. Alan und ich lösten uns atemlos und er wandte sich zum Gehen. Ehe er die Tür aufdrückte warf er mir noch einen sehnsüchtigen Blick zu, dann verließ er das Bad und schloss die Tür wieder. Mit wackeligen Knien ließ ich mich auf den Boden sinken.
Wow. Hätte ich unseren Kuss mit einem Wort beschreiben sollen, wäre es das gewesen. So intensiv hatte mich noch keiner geküsst. Fahrig fuhr ich mir durch die Haare, versuchte sie ein bisschen zu glätten und verließ das Bad. Mila stand vor der Tür und blickte mir mit hochgezogenen Brauen entgegen.
,, Was habt ihr da drinnen gemacht?“, wollte sie misstrauisch wissen.
Müde zuckte ich mit den Schultern.
,, Wir haben uns über die Sache mit den Narben unterhalten.“.
Dann ging ich in mein Zimmer.
,, Du weißt schon, dass Alan…“, setzte sie an, doch ich schloss einfach die Tür.
Ich kroch ins Bett, legte mich auf den Rücken und strich über meine neue Narbe. Sie fühlte sich merkwürdig an. Plötzlich fühlte ich mich einsam und verlassen und wollte auf keinen Fall alleine sein. Mühsam kletterte ich wieder aus dem Bett und schlurfte zu Destinys Tür. Gerade wollte ich anklopfen, als genussvollen Stöhnen zu mir drang. Es vermischte sich mit dem von Rafael. Fast wurde ich ein bisschen rot, dann huschte ich schnell weiter. Zu Mila wollte ich auch nicht, weil ich sie vorhin so unwirsch abgewimmelt hatte. Die Tür von Tyler stand offen und den Stimmen unten nach zu urteilen, unterhielt er sich mit Amelie und Thomas. Blieb noch Alan. Leise klopfte ich an seine Tür und steckte den Kopf in sein Zimmer. Er lag in seinem breiten Bett und schaute fernsehen. Sein Zimmer hatte ungefähr die Größe von meinem, wenn auch der viktorianische Stil entfernt und in ein modernes Zimmer gewandelt wurde. Unter dem Fenster standen zwei schwarze Ledersofas, unter dem Fernseher, der an der Wand hing, stand ein Glastisch mit eine Ps3 und Spielen drauf. Ein schmaler Kleiderschrank stand neben der Tür. Alan schaute hoch und lächelte anzüglich.
,, Back for more, I see.“, sagte er, hob dann aber die Bettdecke an, eine stumme Einladung mich zu ihm zu legen.
Schnell entfloh ich der Kälte von draußen und hüpfte in sein Bett. Im Fernseher lief James Bond. Ich kuschelte mich in das weiche Kissen und verfolgte gebannt, wie James die Bösen verdrosch. Wir schwiegen, allerdings fand ich es nicht unangenehm. Im Gegenteil, die Bestätigung nicht alleine zu sein, beruhigte mich. Nach einer Weile spürte ich Alans Blick auf mir ruhen. Fragend schaute ich zu ihm hoch, doch er guckte auf meine Lippen. Sofort fing mein Herz an zurasen, in der freudigen Erwartung auf noch einen Kuss. Doch er wandte seinen Blick wieder auf den Fernseher. Leicht enttäuscht rutschte ich ein Stück weg. Ich wusste, dass er mich nur aus reiner Verzweiflung geküsst hatte und trotzdem war es so unglaublich toll gewesen, dass ich die ganze Zeit daran denken musste. Verlangen durchströmte mich, brachte mich in eine aufrechte Position und auf Alan herunter schauend. Auch er drehte sich zu mir. Seine wunderschönen, roten Augen guckten mich erwartungsvoll an und die Erregung und das Verlangen das ich selbst spürte, spiegelten sich darin wieder. Ehe ich es mir anders überlegen konnte, stieß ich meinen Kopf herunter und beschlagnahmte seine Lippen.
Als hätte er nur darauf gewartet, schlang er seine Arme um mich und erwiderte meine Küsse. Noch leidenschaftlicher und heftiger als im Bad. Seine Hände wanderten über meinen Körper, brachten jeden einzelnen Fleck zum Brennen. Während unsere Zungen miteinander duellierten, griff er unter meine Achseln und hob mich auf seinen Bauch. Er riss mir das Top vom Kopf. Kurz hielt er inne und ließ den Blick über den dünnen Spitzen-BH gleiten, dann zog er sich sein Shirt ebenfalls über den Kopf und küsste mich weiter. Ich stöhnte in seine Lippen, als ich unter meinen Fingern seine harten Bauchmuskeln spürte. Sanft ließ ich meine Finger darüber gleiten und entfachte mit Absicht eine Feuerspur.
Es schien ihm zu gefallen, denn augenblicklich riss er mich vor und rieb somit meinen gesamten Körper an seinem. Das Feuer breitete sich um uns aus, züngelte hoch und leckte an unserer Haut. Alan drehte mich um, legte sich auf mich und wir verschlangen einander weiter heftig. Grade als ich dachte, er würde noch einen Schritt weiter gehen, ließ er von mir ab, stützte sich auf seine Ellenbogen und streifte nochmal meine Wange. Dann legte er sich auf seinen Rücken, machte den Fernseher aus und drehte sich auf die Seite, so dass er mich angucken konnte.
,, Schlaf jetzt, mi flor. Morgen ist Schule.“.
Mit diesen einfachen Worten schloss er die Augen und schien danach auch tief zu schlafen. Wie konnte er jetzt, nach dem wir fast miteinander geschlafen hatten, einfach einschlafen? Lächelnd beobachtete ich sein Gesicht. So entspannt und ruhig. Auch ich kuschelte mich tiefer in die Kissen und schlief ein.

Ich wurde von einer Hand geweckt, die sanft über mein Gesicht strich.
,, Guten Morgen, mi flor. Hast du gut geschlafen?“, wurde ich leise gefragt und heißer Atem strich über mein Gesicht.
Alan. Ein wohliger Schauer lief über meinen Rücken und die Wärme dieser kleinen Berührung erwärmte meinen ganzen Körper. Ich öffnete ein Auge und sah Alan, auf einen Ellenbogen gestützt, mich ansehen. Stöhnend warf ich mich auf die andere Seite und quetschte mein Gesicht in das Kopfkissen, welches so angenehm nach ihm roch. Natürlich ließ er mich jetzt nicht schlafen, sondern er stieg aus dem Bett, packte mich und warf mich über die Schulter. Polternd schleppte er mich wie einen Kartoffelsack ins Bad, legte mich in die Badewanne und stieg zu mir.
Seinen Körper auf meinem, fing er an mich zu küssen und ich reagierte heftig. Provokativ schlang ich meine Beine um seine Hüfte und stieß meine an seine. Schwer atmete Alan aus, sein Atem ging fast pfeifend. Begeistert darüber ihn so erregt zu haben, wühlte ich in seinen Haaren und küsste mich zu seinem Hals. Meine Lippen waren die Hitze mittlerweile gewohnt, die ich spürte wenn ich Alan küsste, trotzdem war es jedes Mal aufs Neue toll. Sanft glitt ich über seinen nackten Oberkörper, doch weiter als bis zum Bauchnabel kam ich nicht, denn da wechselte er die Position, so dass ich wieder auf ihm saß. Er beugte sich vor und zeichnete mit der Zunge Muster auf mein Dekolleté. Genussvoll warf ich den Kopf zurück und ließ mich von der Hitze überwältigen.
Wieder störte uns ein Klopfen. Doch diesmal stieg ich nur kichernd von ihm runter, zog ihn mit mir und wir stellten uns nebeneinander vor die Waschbecken, mit Zahnbürsten in den Mündern. Erneut provokativ kreiste ich mit der Zunge um die Bürste, Alan kniff mich spielerisch in den Po.
Die Badtür öffnete sich und Destiny und Rafael kamen rein. Auch er kniff ihr in den Po, doch die beiden verschwendeten keine Zeit und fingen sofort an sich heftig zu küssen. Und zwar richtig heftig. Rafael drängte sie an die Wand und stieß seine Hüfte heftig an ihre. Destiny keuchte erstickt auf, packte dann Raf an den Haaren und stieß zurück. Gleichzeitig sahen Alan und ich uns an, nickten einander zu und rannten aus dem Bad, direkt in Alans Zimmer. Kichernd ließ ich mich auf das Sofa nieder. Eine Strähne hatte sich in meinem Gesicht verirrt und Alan setzte sich neben mir und strich sie mir weg. Ich hatte jetzt auch Lust nochmal so heftig geküsst zu werden, als mir klar wurde, dass wir uns in circa zehn Stunden in ein fast verliebtes Paar verwandelt hatten. Hatte ich nicht heute Morgen noch gesagt, er sei mir egal? Na ja, war er definitiv nicht. Nachdenklich musterte ich sein schönes Gesicht. Spielerisch hob er eine Augenbraue und beugte sich zu mir. Mein Herz fing an zu klopfen und ich kam ihm auf halber Strecke entgegen, legte sanft meine Hand auf seine Wange und küsste ihn. Diesmal waren wir vorsichtig, langsamer und leidenschaftlicher. Unsere Zungen erforschten einander, genauso wie unsere Hände einander erforschten. Wir verschränkten sie miteinander und hielten uns fest. Ich rollte mich auf ihm, so lagen wir da auf dem Sofa, bis er sich aufrichten wollte und so fielen wir auf den Boden. Alan fing meinen Fall ab und schaute mich an.
,, Du bist so schön, mi flor.“, flüsterte er heiser. ,, Ich könnte dich die ganze Zeit küssen.“.
Meinen Mund an seine Lippen gepresst, murmelte ich irgendwas undeutliches, dann presste ich meinen Unterleib an seinen. Mit dem Rücken gegen die Couch gelehnt, guckte er mich erwartungsvoll an. Lachend ging ich von ihm runter. Mir fiel auf, dass ich nur eine Jogginghose und einen BH trug. Auch Alan war spärlich bekleidet, in Boxershorts und Oben ohne. Bevor ich sein Zimmer verließ, warf ich ihm noch eine Kusshand zu, dann machte ich mich auf den Weg zu Destiny auf der Suche nach Klamotten.


Kapitel 8


Mir zittrigen Knien stieg ich aus dem Porsche. Gott, dass Alan überhaupt noch fahren durfte, sollte man zu den sieben Weltwundern zählen. Na gut, wir waren ein bisschen spät losgefahren, aber das hieß doch nicht, dass man wie auf einer billigen Formel-1- Strecke rasen durfte. Ehe ich zum Ausgang taumelte, packte Alan meine Schultern und hielt mich lachend fest. Verwundert drehten sich andere Schüler zu uns um, es scheint nicht so oft zu sein, dass man Alan lachen hörte. Er trug meine und seine Tasche. Im Gegensatz zu meinen Klamotten war diese allerdings noch unverletzt. Ich trug wie immer Sachen von Destiny, eine einfache Jeans, ein weißes Top (mit tiiiiiefen Ausschnitt) und eine braune Jacke. Natürlich nicht von H&M, sondern von Hilfiger. Es gefiel mir wie eine Luxusschlampe gekleidet zu sein, obwohl ich die natürlich nicht war. Wieder normal gehend betrat ich die Schule und eine entrüstete Paige schoss mir entgegen.
,, Wo zum Teufel warst du? Ich habe heute Morgen geklingelt, doch dein Dad meinte, du seist bei einer Freundin, die er nicht kenne.“.
Sie warf Alan einen tödlichen Blick zu, dann riss sie meine Tasche von seiner Schulter und schleifte mich mit. Grinsend winkte ich ihm noch zu, ließ ich mich dann zur Mensa ziehen. Auf unserem üblichen Platz draußen nahmen wir Platz und sie schaute mich beschwörend an.
,, Was läuft da zwischen dir und Hottie?“, fragte sie mich.
Wahrheitsgemäß zuckte ich mit den Schultern. Paige stand beleidigt auf, wahrscheinlich dachte sie ich wollte ihr das nicht sagen. Schnell hielt ich sie am Arm fest und erzählte ihr alles. Vom ersten Tag an bis zu jetzt. Als es klingelte erzählte ich ihr den Rest auf dem Weg zu Chemie und das Ende kritzelte ich auf ein Blatt. Nach dem ich den letzten Punkt geschrieben hatte, starrte sie mich mit riesigen Augen an.
,, Waaas?! Ernsthaft?“, flüsterte sie erstaunt.
Nickend bestätigte ich. Vor Begeisterung fiel sie fast vom Stuhl.
,, Ihr habt euch viermal geküsst?“.
Ich seufzte. Mir hätte klar sein müssen, dass sie zuerst drauf zu sprechen kam. Wieder nickte ich und sie lachte auf. Mr. Roberts warf ihr einen Killerblick zu, doch sie ließ sich davon nicht beirren.
,, Und du kannst vier Elemente beherrschen?“, hakte sie neugierig nach.
Ich beugte mich zu ihr und erzählte ihr, was mir Thomas erzählt hatte.
Den Rest des Tages unterhielten wir uns ausschließlich darüber, bis wir am Ende bei ihrem Roller auf die Schule zu sprechen kamen.
,, Du musst…“, sie schluckte. ,, Du musst dahin?“.
Niedergeschlagen nahmen wir uns in die Arme. Ich hatte das ganze Wochenende mit Leuten verbracht, die genauso groß waren wie ich, da fühlte es sich richtig komisch an, dass sie mir plötzlich nur bis zum Kinn reichte.
,, Du musst das verstehen, Süße.“, meinte ich mich sanfter Stimme.
,, Wenn ich hier bleibe, werden die Krieger irgendwann kommen und dann bist du und Dad in Gefahr. Ich muss dahin. Aber ich komme wieder und dann sind meine Fähigkeiten ausgebildet und ich kann euch beschützen.“.
Paige zog die Nase hoch.
,, Aber wer soll mich dann vor Madaleine beschützen? Und mit wem soll ich über meine Probleme reden.“.
Sie schlang die Arme noch mal um mich.
,, Ach, ich werde dich so vermissen.“.
,, Ich dich auch.“.
Wir küssten uns auf die Wangen, dann stieg sie auf ihren Roller und fuhr mit Tränen in den Augen weg. Ich winkte ihr so lange nach, bis ich sie nicht mehr sehen konnte. Traurig drehte ich mich um und lief in Alan rein. Galant fing er mich auf und ich drückte mich in seine Brust.
,, Das ist so fies. Warum kann sie nicht einfach mitkommen?“.
Sanft strich er mir über die Haare.
,, Du weißt, dass das nicht geht, mi flor. Gut, dass ihr schon Abschied voneinander genommen habt, Thomas hat gestern beschlossen gleich morgen Früh abzufahren.“.
Als er meinem erstaunten und entsetzten Blick begegnete erklärte er:
,, Ungefähr eine halbe Stunde, nachdem wir gestern die Gala verlassen haben, gab es einen Anschlag von den Kriegern der Dunkelheit. Einige Krieger des Lichts wurden getötet, die Beschützer haben die Situation nur mühsam unter Kontrolle gebracht.“.
Mit ernstem Blick schaute er auf mich runter.
,, Es ist klar, dass der Angriff auf dich gerichtet war. Amelie hat uns heute Morgen fast nicht aus dem Haus gehen lassen wollen, in der Angst, du könntest verletzt werden, aber ich meinte, du würdest dich bestimmt gerne von Paige verabschieden.“.
,, Danke.“, flüsterte ich rau und wollte ihn küssen, als die Schultüren aufschwangen und der Rest der Gruppe rauskam. Destiny kam auf mich zu und legte mir die Hand auf den Arm.
,, Wir fahren jetzt zu deinem Dad, damit du dich von ihm verabschieden kannst.“.
Dass das jetzt schon so eine beschlossene Sache war, ließ mich ein bisschen zusammen sacken. Natürlich wusste ich, dass ich keine andere Wahl hatte und trotzdem, der Gedanke meinen Dad schon morgen nicht mehr zu sehen, machte mich unglaublich traurig. Ich schlurfte zu Alans Porsche. In rasanter Geschwindigkeit düsten wir durch die Straßen. Erstaunt stellte ich fest, dass ihm wirklich keiner im Weg stand. Anscheinend war das so bei den Helden in der Geschichte. In dem Lamborghini hinter uns saßen Destiny und Rafael, Tyler und Mila waren bereits zurückgefahren um mit Amelie die Rückreise vorzubereiten. In zehn Minuten hatten wir mein Zuhause erreicht, sie parkten ihre Autos davor und stiegen aus. Raf und Dessie blieben draußen stehen, doch Alan begleitete mich.Verwundert führte ich Alan in den Fahrstuhl und kaum hatten sich die Türen geschlossen, riss mich Alan an sich und küsste mich. Dieser Kerl konnte nie genug kriegen. Ich aber auch nicht. Ich schlang meine Arme um seinen Hals und wie gestern im Bad hob er mich hoch und presste mich an die Fahrstuhlwand. Mit dem Ellbogen drückte ich auf die 15. Der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung, doch dass bemerkten wir gar nicht. Bei jedem Kuss wurden unsere Küsse heftiger, bei jedem Kuss zog Alan mein Top weiter runter um mein Dekolleté zu küssen. Ich genoss es, dass er mich anscheinend so begehrte und ließ mich ganz davon treiben, bis es plinkte und der Fahrstuhl oben angekommen war. Alan ließ mich runter und gemeinsam gingen wir auf mein Loft zu. Es freute mich, dass Alan anscheinend begeistert war, von der modernen Einrichtung unseres Zuhauses.
,, Halloo?“, rief ich.
,, In der Küche.“, kam es zurück.
Alan deutete an, er würde im Wohnzimmer warten. Ich nickte und betrat die Küche. Dad hatte sich eine Tiefkühlpizza gemacht, lief in Jogginghose und weitem T-Shirt rum und sah einfach zum Knuddeln aus. Seine Augen blitzten glücklich auf, als er mich sah. Mein Herz rutschte in die Hose. Es würde ihm das Herz brechen, dass ich ihn verließ.
,, Dad, wir müssen reden.“.
Meine Stimme klang ernst und fest, obwohl mir eher nach Heulen zumute war.
,, Oh oh, bist du schwanger?“.
Er lachte, doch es klang her nervös und unruhig als fröhlich und unbeschwert wie sonst. Wir setzten uns an den Tisch und ich erzählte ihm die Sache mit den Elementen und den Göttern und der Schule. Dad wirkte nicht überrascht oder verwundert. Er nickte jediglich. Als ich geendet hatte, schaute er mich niedergeschlagen an.
,, Ich wusste, dass der Tag kommen würde, an dem sie dich finden.“, meinte er.
Ich hob die Augenbrauen an. Er seufzte.
,, Wir sind nicht nur so oft umgezogen, weil ich nirgendwo einen richtigen Job bekommen habe. Wir sind so oft umgezogen, weil kurz bevor deine Mutter…“, kurz stockte er. ,, Verschwunden ist, hat sie mir dasselbe erzählt und dass sie dich auf die Schule stecken wollen. Ich konnte doch nicht zulassen, dass sie mir mein letztes Mädchen auch noch nehmen.“.
Entgeistert starrte ich ihn an. Er hatte alles gewusst und mir nie auch nur ein Sterbenswörtchen davon gesagt? Ich hatte nie richtig Freunde gehabt, nie ein richtiges Zuhause, weil er nicht wollte, dass ich auf die Schule ging. Der verletzliche Ausdruck in seinem Gesicht besänftigte mich ein bisschen.
,, Es tut mir wirklich, wirklich leid, mein Schatz. Ich wollte doch nur, dass du sicher bist.“.
,, Ich weiß.“, flüsterte ich und schloss ihn in die Arme.
Dad quetsche mich fest in seinen Armen.
,, Also lässt du mich jetzt gehen?“, fragte ich in seinen Hals.
Ich spürte ihn nicken.
,, Komm wir packen deine Sachen.“.
Und so gingen wir in mein Zimmer und packten all meine Anziehsachen und meine Habseligkeiten in dicke Reisetaschen. Ein dicker Kloß hing die ganze Zeit in meinem Hals. Ich würde ihn einfach so verlassen. Und er ließ mich gehen. Ein bisschen Erleichterung mischte sich in meine Trauer. Immerhin hasste er mich nicht, so wie Destinys Eltern, er verstand mich. Mit dicken Taschen bepackt, verließen wir unser Haus. Als Dad Alan auf dem Sofa gesehen hatte, hatte er überrascht geguckt, doch nichts weiter gesagt.
Heftig schlang ich meine Arme nochmal um Dad.
,, Ich liebe dich, Dad.“.
,, Ich liebe dich auch, mein Schatz.“.
Dann lösten wir uns voneinander, meine Taschen wurden verstaut und ich stieg in den Wagen. Ohne mich noch einmal umzudrehen, fuhr ich neben Alan davon. Bereit für die Schule der Elemente.

Halloo ihr Lieben,
danke das ihr euch Zeit genommen habt mein Buch zu lesen (oder zumindestens den Anfang).
Wenn es euch gefallen habt, bitte zu Favoriten hinzufügen, damit ich euch Bescheid geben kann, wann es weitergeht, wenn ihr irgendwelche Verbesserungsvorschläge habt,immer her damit und bitte als Kommentar aufschreiben, damit ich weiß was ich für den nächsten Teil besser machen kann.
Gaanz viele Kussis,
Judy

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Texte: Judith Sieg
Tag der Veröffentlichung: 11.10.2012

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