Cover

Widmung

 Ich möchte mich an alle bedanken, die mich bei diesem "Projekt" gefördert haben.
Die vielen Bekannten und Freunde, die diesen Buch lesen wollten und die mir bei der Gestaltung der Geschichte geholfen haben.

 

Danke! 

 

❤ ❤ ❤

 

 

1. Kapitel

Ich hängte das Halfter wieder an seinen Platz. Ich bemerkte, dass es ziemlich dreckig war, was gleichzeitig auch keine große Besonderheit war. Der Reiterhof, auf dem ich ritt, hatte nicht genug Geld eine komplette neue Ausrüstung für die Pferde zu kaufen. Der Hof war einmal kurz davor gewesen, Zwangsversteigert zu werden. Zum Glück hatten ein paar andere Mädchen und ich genug Geld zusammengetrieben, um den Hof zu retten. Es war eine harte Zeit, aber die war nun offiziell vorbei. „Aleen, kommst du mal bitte?“, hörte ich Emilys Stimme. Emily, meine beste Hoffreundin, wir standen uns sehr nah, obwohl wir auf unterschiedliche Schulen gingen und uns nur 4 mal die Woche sahen. „Was ist denn?“, fragte ich nach. „Guck mal; Sofie!“, Emily stand an dem Reitplatz und begutachtete Sofie. „Und?“ „Siehst du nicht? Die gibt doch immer damit an, dass sie ja so gut reiten kann.“ „Ja?“ „Sie kann sogar noch besser reiten, als sie es gesagt hatte! Das kann ich nicht glauben! Glaubst du das?“, sagte Emily ganz aufgebracht. Es stimmte, Sofie ritt sehr gut, ging bis M-Dressur und S-Springen. Sie war gerade mal 14! Sofie war die klassische Hofzicke, keiner konnte sie richtig ab, außer Josie, ihre beste Tussifreundin. 

Sofie hatte 3 eigne Pferde, die sie hier, auf dem Falkenhof untergebracht hatte. Sie ritt gerade Annabelle, eine 7-Jährige Palomino Stute. Dann hatte Sofie noch Elena, ihr erstes eignes Pferd, eine Braune, 13-Jährige Stute. Mit Elena konnte man Vielseitigkeit reiten, mit Annabelle nur Dressur. Dann gab es noch Macawi, einen Schimmel, der 9 Jahre alt war. Er war nur zum Springen geeignet. 

Josie dagegen hatte keine Pferde, aber sie ritt meistens mit Sofie aus, da nahm sie dann immer Elena. Aber jetzt gerade trainierte Sofie wieder mit Annabelle, denn nächste Woche war auf unserem Hof ein Hausturnier und da wollte sie alle beeindrucken. „Was guckt ihr so?“, baffte Sofie uns an. Emily wurde rot und sagte nichts. Sie war eher die Schüchterne zwischen uns beiden. „Wir wollten gerade wieder gehen. Deinen Anblick kann man ja nicht länger als 2 Minuten ertragen!“, entgegnete ich. Sofie hielt Annabelle an und ritt an den kleinen, weißen Zaun, der den Dressurplatz begrenzte. 

„Hör mir mal zu: Ich trainiere wenigstens mit meinem Pferd und ja, ich weiß, dass ich am besten auf diesem ganzen Hof reiten kann! Im Gegensatz zu dir“, sie lachte spöttisch und ritt weiter. „Grrr“, grummelte ich. Emily zerrte mich weg. „Ist doch nicht schlimm! Soll die denken, was sie will, mir ist das so egal und den Anderen doch auch“ „Das ist ja auch nicht schlimm! Es ist bloß schlimm, dass sie besser reiten kann als ich und damit sind ihre Worte wahr!“ „Zerbrech dir nicht den Kopf darüber. Komm, wir gehen zu Sammy!“ Sammy war ein 18- Jähriger Haflinger Wallach, Emily's Lieblingspferd hier auf dem Hof. 

„Halluuuu! Saaammyyyy!“, rief Emily. Ich hörte ein wiehern. Das war Sammy. „Na, du Guter?“ Emily ging zu seiner Box und streichelte erst seinen Kopf, dann die Nüstern und als letztes wuschelte sie seine Mähne. Das war Tradition zwischen den Beiden, da konnte man nichts ändern. „Ach ja, Aleen, ich hab dich noch gar nicht gefragt, ob du hier ein Pferd besonders gerne hast.“ „Ne, nicht wirklich...“ „Wieso nicht?“ „Keine Ahnung“, ich seufzte. Emily streichelte immer noch Sammy, aber hörte mir genau zu. „Dann wird es doch Zeit, eins zu haben!“, sie lächelte. „Ich weiß nicht, als ob ein Lieblingspferd einfach so vom Himmel fallen würde!“ „Wer weiß, wer weiß“, sie lachte. Ich lachte auch und wuschelte ihr die Haare. 

Wir gingen aus dem Stall. Sofie tippte gerade an ihrem Handy herum, während Annabelle gerade am Putzplatz ihr Futter fraß. Sofie war ein blondes Mädchen, deshalb wurde sie von manchen gehänselt, wegen diesen Blondinenwitzen. Das machte ich aber nie - ich fand, keiner hatte Spott und Mobbing verdient. Selbst Emily war blond, aber sie wurde nicht gehänselt, was wahrscheinlich auch daran lag, dass sie immer sehr zurückhaltend war und sie deshalb nicht so schnell bemerkt wurde wie Sofie. Die Hofchefin, Katrin, hatte die Witze ein für alle Mal aus der Welt geschafft. Und das war auch gut so.

2. Kapitel

Nun war endlich der große Tag: Das Hausturnier. Ich hatte wochenlang mit Darling geübt, eine 9-Jährige Braunschecken Stute. Mein Vater fuhr mich heute zum Falkenhof, was sonst eher ungewöhnlich war, da er eine Pferdeallergie hatte. „Du schaffst das, Mäuschen! Ich glaube an dich“, redete er mich gut zu. „Danke Paps!“, lächelte ich, stieg aus dem Auto und lief zu den Ställen. Verschiedene Pferde wieherten, als ich den Stall betrat, sie wussten, dass dieser Tag nicht so wie die Anderen werden würde. Als ich zu Darling's Box kam, sah ich sie auf dem Boden wälzend liegen. Als sie mich bemerkte, stand sie auf und grummelte. Darling war schon wirklich eine tolle Stute. „Heute geht's zum Hausturnier. Meinst du, dass wir Sofie und Annabelle schlagen?“, sagte ich zu ihr. Darling schien mich mit einem schiefen Blick anzugucken, der sagte: Hast du etwa Zweifel? Ich glaubte es zu sehen, aber ob ich Pferde verstehen konnte, dass wagte ich zu bezweifeln. Katrin sagte immer, du glaubst zu sehen, was dir ein Pferd antwortet, was du hoffst, das es antwortet. 

„Katrin sucht dich, kommst du Aleen?“, ich hörte eine Stimme, die eindeutig zu Hubert gehörte. Hubert... Ich liebte ihn einfach, dass konnte man nicht beschreiben. Ich war nicht nur verknallt in ihn, er war ein einfach viel mehr als nur das für mich. Er hatte rote Haare und Sommersprossen und sah verdammt gut aus. Er war nur auf dem Falkenhof, weil seine Eltern wollten, dass er mal etwas mit Tieren tat. Manche mochten den Namen Hubert nicht, aber ich liebte ihn. Er war ein alter Name, das hatten wir mal im Deutschunterricht gelernt. Aber jetzt waren Sommerferien und deshalb musste ich gar nicht an Schule denken. Ich ging in die 8. Klasse und war 14 Jahre alt. Hubert war 13 Jahre alt, aber ging ebenfalls in die 8. Klasse. Er war 3 Monate jünger als ich. 

„Ja klar. Wo ist sie denn?“, fragte ich ihn. „Hmmmj...“ Das machte er immer, wenn er nicht so recht wusste. „Okay“, ich fing an zu lachen. Er lächelte ein bisschen. Dann ging ich und fand Katrin schließlich inmitten aufgeregter Mädchen. „Da ist doch Aleen!“, rief Eine von ihnen. „Ah ja. Dann können wir ja anfangen“, begann Katrin, „Jetzt werdet ihr erstmal eure Pferde aus den Boxen holen, putzen, einflechten usw. Ich lege euch die weißen Schabracken hin, die könnt ihr dann für die Reguläre austauschen. Diejenigen, die eigne Pferde haben, müssen sich selber eine weiße Schabracke irgendwoher besorgen. Ich habe im Reiterstübchen eine Liste ausgedruckt, da steht dran, wer wann startet, okay? Da könnt ihr euch orientieren, wann ihr euch umziehen und eure Pferde trensen sollt. Klar soweit?“ „Ja“, antworteten Alle im Chor. Emily drängte sich durch die Menge hindurch zu mir.

„Bist du auch schon so aufgeregt wie ich?“, fragte sie. „Noch nicht. Ich bin immer erst eine Sekunde davor aufgeregt.“ „Du und deine Logik“, sie schüttelte den Kopf. Dann holte sie ihr Halfter und ich meins. Ich ging zu Darling in die Box, die streckte willig ihren Kopf mir entgegen. Ich führte sie raus, auf den Putzplatz und ein paar Minuten später kam auch Emily mit Sammy neben mich. Wir putzten unsere Pferde blitze blank, Emily band die Schweife der Pferde zusammen, denn ich konnte das nicht. Ich band widerum die Mähne zusammen, denn das konnte Emily nicht. Wir waren schon ein gutes Team. Dann sattelten wir, zogen uns um und trensten die Pferde. Schließlich wurde meine Startnummer gerufen.

„Nummer 100 bitte auf den Dressurplatz begeben!“, sagte die Sprecherin an. Das tat ich. Darling spitzte schon die Ohren, sie wusste schon, wie das Ganze ablief. Als ich dann aufstieg und mit meinem Ritt begann, hatte ich ein Gefühl, dass ich schweben würde. Darling machte leichte, große Schritte, hob ihre Beine und ich musste nur wenig treiben. Sie kaute zufrieden auf ihrem Gebiss. Als es dann an den Mitteltrab ging, wurde sie immer schneller und schneller, ich hatte Mühe sie zu bremsen. „Aleen Gersticke mit Darling, Wertnote 7,1.“ Ich rastete fast aus! 7,1, verdammt! Was für ein Top-Ergebnis! Ich guckte auf die bisherigen Ergebnisse. Ich war die Beste. Und die vorletzte Teilnehmerin. Jetzt war Sofie dran. 

Ich ging wieder zum Dressurplatz, wo Sofie gerade mit Annabelle den starken Galopp vorführte. Nach einigen kleinen Fehlern, aber sonst einer perfekten Absolvierung sagte die eine Richterin: „Sofie Peter mit Annabelle, Wertnote 7,0.“ Ich musste grinsen. Ach, was heißt grinsen! Meine Mundwinkel zogen sich bestimmt gerade bis zu meinen Augen! Um ein kleines Pünktchen war ich besser als Sofie und hatte somit das Turnier gewonnen! So etwas ist mir noch nie passiert! Ich rannte zu Darling's Box. „Darling, wir haben gewonnen! Du bist das beste Pferd auf der ganzen, weiten Welt! Ich liebe dich!“, sagte ich vor Vorfreude. Nun sattelte und trenste ich Darling noch einmal und ging mit ihr zur Siegerehrung.

Da sah ich Emily mit Sammy. „Emily, was hast du für eine Wertnote?“, fragte ich. „5,9“, sagte sie geknickt. „Hey, dass ist doch richtig gut! Kopf hoch.“ „Ich bin aber nicht mehr platziert!“ „Ist doch egal, beim nächsten Mal wird's bestimmt.“ „Meinst du?“ „Mein ich“, ich lächelte ihr aufmunternd zu. Dann stieg ich auf und ritt auf den Platz. 

3. Kapitel

 Sofie kam mit Annabelle neben mich getrabt. „Du hast mich um einen Punkt geschlagen. Glaub mir, ich bin trotzdem besser als du! Annabelle ist schuld. Ich wusste doch, dass es die falsche Entscheidung war, dieses dumme Pferde zu kaufen!“, schimpfte Sofie. „Das Pferd ist nie Schuld“, ich zitierte Katrin's Spruch. Sofie guckte mich böse an, dann streckte ich ihr die Zunge raus. „Alle mal bitte Ruhe! Wir wollen mit der Siegerehrung beginnen!“, sagte die Sprecherin. „Jetzt wirst du erleben, wie ich Erste werde“, zog ich Sofie auf. Sofie versuchte es sichtlich nicht zu beachten. „Aleen Gersticke und Darling belegen den ersten Platz! Herzlichen Glückwunsch!“, verkündete die Sprecherin. Ich trabte vor. Dort stand Hubert, der den Korb voll mit Schleifen in der Hand hielt und nun zu mir kam. „Gut gemacht“, sagte er lächelnd. Er hatte seine Sonnenbrille auf, damit sah er noch heißer aus. Komisch, immer wenn er der Sonne ausgeliefert war, hatte er sie auf. Aber mich sollte es nicht stören, er war so unerreichbar und süß... Er streichelte Darling und hielt einen Moment inne.

Dann steckte er Darling die Schleife an das Zaumzeug, stellte den Korb weg und rannte irgendwo hin, ich konnte es nicht mehr sehen. Komisch... Katrin hob den Korb auf. „Was ist den mit Hubert los?“, fragte sie. „Ich weiß nicht“, sagte ich verwirrt. Darling begann an zu tänzeln und war jetzt überhaupt sehr aufgeregt. Sie wieherte und wollte los galoppieren, ich konnte sie nicht mehr halten: Sie galoppierte im Jagdgalopp aus dem Dressurviereck, ich versuchte sie mit allen Hilfen zu bremsen, aber ging nicht. Sie galoppierte auf die Straße, Autos kamen uns entegen, Katrin schrie irgendwas und ich hatte Mühe mich oben zu halten. Darling galoppierte in den naheliegenden Wald, dort blieb sie stehen. Ich versuchte sie wieder anzureiten und auf den Hof zu reiten, aber sie bewegte sich keinen Millimeter. Dann sah ich Hubert.

Er hatte rote, blutunterlaufende Augen und lächelte verführerisch und zugleich teuflisch. Seine Haut war blasser als sonst und Darling ging zu ihm, ich versuchte sie zu bremsen, aber es funktionierte einfach nicht. Dann war Hubert wieder weg. War es nur eine Warnvorstellung von mir? Darling schien auch nicht zu wissen, was sie gerade getan hatte, denn sie scheute und stieg. Ich ließ sie zurück galoppieren, aber diesmal den Feldweg entlang. Sie war so schnell, als ob sie es eilig hatte. Seit dem Hausturnier war sie Anders als sonst. Im Training waren wir beide total schlecht, aber auf dem Turnier war sie so etwas wie Totilas! Was war mit ihr los? Was war mit Hubert los? Was war mit mir los?

Als wir wieder auf dem Falkenhof ankamen, guckte ich in die besorgten Augen von Katrin. „Dir und Darling hätte sonst etwas passieren können! Steig sofort ab!“, sagte sie fast weinend und gleichzeitig zornig. Ich tat wie mir geheißen. Josie, die Oberzicke, nahm mir Darling ab und streichelte sie auffällig. Als ob ich nicht reiten könnte und ich an allem Schuld war... Das fiel mir wieder der Spruch von Katrin ein. Das Pferd ist nie Schuld. Aber diesmal war das doch nicht mehr normal gewesen! Katrin wies mich mit einer Handbewegung ins Reiterstübchen. Wir setzten uns gegenüber an den großen Tisch. „Wieso konntest du Darling nicht mehr halten?“, fragte sie. „Ich habe keine Ahung... Sie hat auf keine Hilfen, auf Nichts gehört! Ich konnte machen, was ich wollte, sie hat es gar nicht beachtet!“, ich fing an zu weinen. 

Selbst wusste ich nicht wieso, vielleicht war die ganze Sache mit Hubert und Darling mir über den Kopf gestiegen. Ich hatte mich nicht mit Sonnencreme eingecremt, daran lag es bestimmt. „Du musst nicht weinen. Wir finden schon eine Lösung! Bloß das sieht Darling gar nicht ähnlich“, dachte Katrin laut nach. „Ich weiß. Ich hab mich selber richtig gewundert“, ich strich mir eine Träne aus dem Gesicht. „Hmm“, dachte Katrin immer noch nach. „Vielleicht solltest du jetzt besser abgeholt werden. Vielleicht ist dir etwas passiert, ich rufe deine Eltern an. Und danach wird Darling erstmal vom Tierartzt durchgecheckt“, traf Katrin die Entscheidung. Sie rief meine Eltern an und ich lag auf der Couch des Reiterstübchens wie ein kleines Häufchen Elend. 

Dann kam endlich meine Mutter und steckte mich ins Auto. „Danke Katrin, dass Sie mich verständigt haben“, sagte meine Mutter beim einsteigen. „Immer gerne doch“, antwortete Katrin. Als wir losfuhren war erstmal eine ganze Weile Stille im Auto. „Was machst du eigentlich?“, platzte es meiner Mutter raus. „Nichts“, erwiderte ich kleinlaut. „Es hätte sonst etwas passieren können! Wir fahren jetzt sofort zum Artzt“, sie schüttelte den Kopf. Die ganze Zeit herrschte Stille im Auto.

Als wir wieder vom Artzt kamen, hatte der nichts gefunden. Ich sollte mich nur ausruhen, weil ich ihm das mit Hubert erzählt hatte. Vielleicht war es wirklich nur Einbildung...

4. Kapitel

 Diese Nacht schlief ich nur durch Albträume geplagt.

 

Ich ritt ganz normal Darling. Sie war wieder so willig, diesmal auch beim Springen.

Sie setzte ihre Hufe hoch, sehr hoch, als ob sie den spanischen Schritt machen wollte.

Dann stieg ich ab und brachte Darling in die Box. Dann sah ich Hubert. Ich rannte ihm nach,

bis in den Wald. Dort hatte er auch wieder rote Augen und seine Haut war blass. Er kam zu mir,

strich mit seiner Hand mein Gesicht entlang. Ich erstarrte. Seine Hand war kalt, als ob er gar keine

Körperwärme hatte! Ich spürte seinen Atem, der dennoch heiß war. Er suchte mit seinem Mund

meinen Hals auf. Ich war immer noch erstarrt. Zum Einen war es das, was ich mir immer

gewünscht hatte. Zum Anderen war es ein komisches Gefühl. Er redete gar nicht und von Romantik

war gar nicht zu sprechen. Dann hielt er einen Moment inne. Ich war gespannt und wollte

wegrennen, aber es ging nicht. Ich war wie ein unbeweglicher Eisblock. Hubert hatte mich

in seinen Bann gezogen, aber nicht auf positive Weise. Dann biss er zu. Ich schrie vor

Schmerz auf, als er los ließ, küsste er mich. Aber nicht nur ein Kuss, ein langer. Dann ließ er mich auf den Boden sinken.

 

Ich wachte schweißgebadet auf. Nein, nein, nein! Ich rollte mich, immer noch traumatisiert, aus meinem Bett. Ich schmiss den alten Laptop an, den mir mein Vater mal geschenkt hatte, als er sich einen Mac gekauft hatte. Dann googelte ich nach 'rote Augen, blasse Haut und Biss in den Hals'. Ich fragte mich, was das bedeutete. Ich wollte nicht glauben, dass er im Traum... Oder auch in Echt ein... Ich konnte es mir einfach nicht vorstellen. Aber die Ergebnisse gaben genau dies an: Vampir. Ich klickte auf ein Ergebnis. Es war ein Forumsbeitrag, den eine Person geschrieben hatte.

Hallo liebe Community! Ihr werdet mich jetzt wahrscheinlich für verrückt erklären, das kann ich auch gut verstehen, denn ich kann mir selber ja gar nicht glauben! Es ist wie in Twilight: Ich habe mich in einen Jungen verliebt, der ist von außen ganz natürlich... Naja, bedingt. Er hat rote Haare und rote Augen, er heißt „Hubert“. Ich reite auf dem Falkenhof, Darling ist dort das Pferd, was ich am meisten reite. Sie ist eigentlich ganz schön faul, aber immer wenn Hubert in der Nähe ist, hebt sie die Hufe, man brauch gar nicht treiben! Aber das sind jetzt nebensächliche Infos. Als Darling mit mir durchgegangen ist, ist sie zu so einem Wald in der Nähe galoppiert. Hubert war dort auch, ich sah in kurz und dann war er auch schon wieder verschwunden. Komisch, oder? In der nächsten Nacht hab ich einen Albtraum gehabt, über das, was passiert ist, bloß... Naja... Komisch eben. Wisst ihr, ob es Vampire wirklich gibt? Denn ich glaube, der ist so Einer.

Dann las ich mir die spöttischen Kommentare durch. Sie glaubten der Person nicht. Und ich musste wissen, wer diese Person war. Ich meldete mich an und schrieb eine Nachricht an sie, das ich das Gleiche auch erlebt hatte. Sie schrieb mir sofort zurück.

Pass auf, wenn du noch einmal zum Falkenhof gehst, wirst du gefoltert von ihm! Er spielt mit deinen Gefühlen und du wirst dich niemals mehr davon erholen! Such dir einen anderen Hof aus! Oder reite Darling nie wieder...

Ich erschrak. Er spielt mit meinen Gefühlen? Ich werde mich nie wieder davon erholen? Ich hatte mich schon oft von Liebeskummer erholt. Bei ihm sollte es nicht anders sein. Dann schrieb ich:

Wieso erhole ich mich nicht davon? Was ist dir passiert?

Ich wartete auf eine Antwort. Aber es kam keine. Keiner in dem Forum war online. Ich klappte den Laptop zu und ging in mein Bett. Ich schaute auf die Uhr. 3:12 Uhr. Als ich gerade meine Bettdecke über den Kopf gezogen hatte, brach ein Gewitter aus. Es donnerte und blitzte und ich verkroch mich nur noch weiter in die Decke. War es ein Fehler, den Laptop angemacht zu haben? Oder der Person eine Frage zu diesem Thema zu stellen? Ich wusste nichts und war auch nicht viel schlauer als am Anfang. Jetzt begann es, stark zu regnen und es grollte nur noch. Ich stieg wieder aus dem Bett und guckte aus dem Fenster. Ich konnte kaum etwas erkennen, es war zu dunkel und der Regen zu stark. Dann legte ich mich beruhigt ins Bett. Ich schlief sofort ein, dass Geräusch des Regens machte mich müde. 

5. Kapitel

Ich wachte unsanft auf. Irgendwas löcherte mich. War es immer noch der Traum? Mir war jedenfalls nicht gut und ich fühlte mich, als ob ich Fieber hätte. Ich stieg langsam aus meinem Bett, taumelnd erreichte ich die Zimmertür. Mit vereinten Kräften raf ich herunter zu meinen Eltern: „Ich fühl mich nicht gut!“ Keine Reaktion. Ich taumelte wieder in mein Bett. Meine Eltern waren gerade wahrscheinlich einkaufen, dass machten sie jeden Freitag. Ich überlegte und schaute auf mein Handy. Eine neue Nachricht über Whatsapp.

Ich entsperrte mein Handy und guckte auf meine Nachrichten. Eine Nummer, die ich nie zuvor gesehen hatte! Ich hatte sie nicht eingespeichert, nicht mal auf irgendeinem Zettel in meinem Zimmer war sie vermerkt. Ich öffnete die Nachricht.

Heute, 18 Uhr am Reiterhofeingang, okay? Komm einfach. 

Ich war total verwirrt. Wieso sollte ich einfach zu einer noch fremden Person gehen? Und woher kannte diese meiner Nummer? Wenn es eine Bekannte gewesen wäre, dann hätte sie sicherlich anders mit mir geschrieben und gesagt, dass sie es ist. So war ich total auf dem Holzweg. Ich schrieb zurück:

Wer bist du? Wenn ich das nicht weiß, komm ich auch nicht.

Ich wartete auf eine Antwort. Der Absender war online. Nun hatte er meine Nachricht gelesen. Er schrieb. Mir wurde heiß und kalt gleichzeitig. Was würde er schreiben? War es überhaupt ein er? Wieso hatte er meine Nummer? War er doch ein Bekannter? Was wollte er von mir? Ich hörte auf zu denken und starrte das Display meinens Handy an. Eine neue Nachricht. Ich öffnete sie ebenfalls.

Einer, den du sehr magst...

Wieso konnte der Typ es mir nicht einfach direkt sagen, wer er war? Fest stand, das er ein Typ war. Schließlich hatte er 'Einer' geschrieben. Meine Eltern würden bestimmt heute ins Kino oderso gehen und ich konnte ohne Probleme aus dem Haus gehen. Ich würde zu ihm gehen. Auch wenn ich ein Risiko eingehe, das im schlimmsten Fall tödlich enden konnte. Aber ich wollte es wissen.

Es war kurz vor halb sechs und ich zog mich an. Ich zog meine leichte Sommerjacke an, weil es Abends recht abgekühlt hatte und ich mich nicht noch mehr erkälten wollte. Ich hatte den ganzen Tag geschlafen und fühlte mich entschieden besser. Meine Eltern waren immer noch nicht da und ich hatte keinen blassen Schimmer wo sie waren. Ich hatte mein Handy dabei, damit sie mich im Notfall erreichen konnten. Dann hatte ich noch einen kurzen Zettel geschrieben, den sie hoffentlich nicht übersahen. Wer weiß, wann sie wieder kommen würden... Ich wartete auf den Bus und dann stieg ich ein. Es dauerte eine halbe Stunde, aber ich war genau um 18 Uhr, wie verabredet, da. Ich hatte zum Notfall Pfeffersspray dabei, ich wollte nicht noch mehr Risiken eingehen, als die ich jetzt schon tue. Es erschien ein Schatten. Ich sah nur Dunkelheit. 

„Hallo?“, rief ich. „Hi Aleen. Ich hab schon auf dich gewartet“, es war eine vertraute Stimme. Ich guckte mich um. Immer noch nichts. „Du brauchst keine Angst zu haben,“, die Stimme lachte leicht, „ich bin hier. Komm einfach zu mir.“ Ich sah einen leichten Umriss einer Person. Ich ging auf ihn zu und hielt inne. Zwei rote Augenpaare guckten mich an. Ich trat aus dem Schatten heraus. Der Umriss wurde immer stärker, bis die Person aus dem Schatten trat. Mein Herz raste. Was sollte ich jetzt tun? Er stand genau vor mir. Ich wusste nicht wie ich reagieren sollte, wusste er etwa von meinem Geheimnis? Er griente mich an. Ich konnte vorallem nicht fassen, das er rote Augen hatte! Und ich dachte, ich kannte ihn... Weit gefehlt. Er strich durch sein Haar und sagte etwas, was ich nur verschwommen hören konnte. Ich kippte um und als letztes sah ich nur noch das rote Augenpaar. Das rote Augenpaar von Hubert. 

6. Kapitel

Ich schreckte hoch. Ich sah immer noch alles verschwommen, aber es besserte sich mit der Zeit. „Wir müssen sie auch verwandeln!“, hörte ich eine fremde Stimme. „Nein! Wieso sollten wir?“, sagte eine Andere. „Naja, sonst sagt sie doch alles der Menschenwelt und das ist strengstens verboten!“, sagte wieder eine Andere. „Sie wird es so oder so jemanden erzählen. Wenn wir sie verwandeln, dann hat sie erst recht Beweismittel, dass es uns gibt. Kapiert?“, ich erkannte Hubert's Stimme. Nun hatte ich endlich Klarsicht. Alle guckten mich an und ich guckte sie verblüfft an. „Wo bin ich?", stieß es als erstes in mir hervor. „Sie hat sich wohl den Kopf gestoßen.“, dass sagte ein großer Junge, wahrscheinlich war er älter als Hubert. Er hatte pechschwarze Haare und stechend gelbe Augen. „Hab ich mir nicht! Ich weiß doch, dass du, Hubert, mich eingeladen hast!“, platzte es in mir hervor. Ich lag immer noch auf dem Boden und stützte mich mit beiden Händen vom Boden ab, um nicht wieder hinzufallen. „Du hast sie eingeladen?“, das war ein braunblonder Junge, auch mit knallroten Augen. Er schien in Hubert's Alter zu sein. „Ganz ruhig, Jungs“, das war wieder ein anderer Junge, der gerade zu uns kam. Er war viel größer als alle, ungefähr 16 Jahre alt. Er hatte braune Haare und gelbe Augen. Er kam auf mich zu.

„Was für eine Schönheit haben wir denn da?“, bemerkte er. Er begutachtete mich von vorne bis hinten. „Wie heißt du, wenn ich fragen darf?“, fragte er. „Aleen“, antwortete ich unsicher. „Er passt perfekt zu dir. Ein schöner Name und ein schönes Mädchen - das passt perfekt zusammen“, er lächelte, „Dürfen wir uns vorstellen? Der schwarzhaarige ist Adonis, der braunblonde heißt Casper und ich bin Armin. Hubert kennst du ja schon“, er lachte. Mir wurde einiges klar. Sie waren Vampire, auch wenn sie es nicht direkt zugaben. Und deshalb hieß Hubert auch Hubert! Es war ein alter Name, na klar, er war von einer ganz anderen Zeit! 

Armin drehte sich um ging auf Hubert zu. „Und was wolltest du mit diesem Treffen erreichen?“, fragte er ihn. „Ähm... Nichts“, stotterte Hubert. „Irgend einen Grund muss es ja haben. Kannst ihn mir ja mal später ohne Aleen sagen“, er lächelte mich kurz an, aber wurde dann sofort wieder ernst. „Kommt Jungs, lassen wir Aleen und Hubert mal alleine.“, damit verschwand er in der Dunkelheit, Casper und Adonis mit ihm. Hubert beugte sich zu mir runter und hielt mir seine Hand hin, damit ich leichter aufstehen konnte. „Danke“, sagte ich. Seine Hand war wirklich eiskalt, genauso wie in meinem Traum. „Ähm...“, ich kratzte mir verlegen den Kopf. „Ja?“ „Ähm... Äh... Wieso wolltest du mich treffen?“ „Hmmmj...“ „Und bist du ein Vampir?“ Seine Augen wurden groß und er wandte mir den Rücken zu. „Wieso willst du das wissen?“, fragte er mit scharfer Stimme. „Du und deine Jungs sind anders... Naja, anders als normale Menschen.“

„Ja und?“, er hatte mir immer noch den Rücken gekehrt. „Sag doch einfach ja oder nein!“, drängelte ich. „Ich bin nicht umsonst hierher gekommen. Du hast mich eingeladen und ich bin auf der Stelle umgekippt, war das etwa geplant? Und wo sind wir hier überhaupt?“, ich stellte Fragen über Fragen. „Das brauch dich alles gar nix anzugehen!“, er drehte sich schlagartig zu mir um und funkelte mich an. „Aber... Du hast mich eingeladen“, ich war den Tränen nah. So ein Flop! Ich hatte mich schon ein wenig auf Hubert gefreut und jetzt benimmt er sich so daneben! Sollte ich ihn etwa abhaken? 

„Das stimmt. Und es war ein Fehler... Wenn Armin, Casper und Adonis nicht gewesen wären... Hätte ich dich längst beißen können!“, sagte er. Dann bemerkte er wahrscheinlich gerade, dass er sich selbst verraten hatte. Jetzt war es offiziell: Hubert war ein Vampir. Ich erschrak. Nur deshalb! Er wollte mich ausnutzen, weil er wusste, dass ich auf ihn stand! „Es... Es tut mir Leid, Aleen. Kannst du das für dich behalten?“, fragte er vorsichtig. „Was denn?“, fragte ich empört. „Naja, das.... Das ich ein Vampir bin.“ „Und wieso sollte ich? Du hast mich ausgenutzt!“ „Aleen, versteh doch!“ „Nichts versteh ich!“ „Gibt es etwas, das du dir wünscht, damit du es nicht weitererzählst?“ „Erzähl mir mehr über Vampire.“

Wir gingen gemeinsam den Waldrand entlang und ich schaute ihn die ganze Zeit an. „Was willst du wissen?“, fragte er. „Altert ihr?“ „Yep, aber nur bis zu unserem 23. Lebensjahr. Ab da sind wir dann für immer so. Das gilt allerdings nur für Kinder, wie mich oder halt Jugendliche. Die, die später gebissen werden, bleiben einfach so.“ „Bist du also als Vampir auf die Welt gekommen?“ „Ja.“, antwortete er. Ich musste mir verkneifen, zu fragen: Wieso sehen alle Vampire die ich bisher gesehen hab so gut aus? „Noch irgendwas?“, Hubert riss mich aus meinen Gedanken, „Ich weiß, dass du noch was fragen willst“, er lächelte mich an. „Ähm...“, ich räusperte mich. Konnte er etwa Gedanken lesen?

7. Kapitel

 „Nichts“, sagte ich schnell. Er lächelte mich verwegen an. Ich wurde immer unsicherer. „Ist was?“, fragte ich. Wir gingen immer noch zusammen einen langen, schwarzen Weg entlang. Er ergriff meine Hand. Ich lief wahrscheinlich rot an und wurde total heiß, aber ich hoffte, das er dies nicht merkte. „Hör zu“, begann er, blieb stehen und guckte mir tief in die Augen, „Du magst mich?“ Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. Sollte ich ihm es gleich jetzt sagen? Aber er hatte mir doch auch sein größtes Geheimnis anvertraut! Dann fasste in meinen Mut und sagte es ihm direkt ins Gesicht. Er schien nicht besonders überrascht zu sein.
„War ich etwa so auffällig?“, fragte ich. „Ich weiß es eben“, lachte er. Dann war eine lange Zeit erstmal Stille. Dann fragte ich: „Und... Ähm... Und was wird jetzt aus uns?“ „Aus uns?“, er lachte wieder, dann wurde er ernst, „Ich bin ein Vampir! Du ein Mensch. Das passt nicht wirklich zusammen.“ „Aber...“ Alle meine Träume waren zerstört. Ohne Hubert? Unmöglich! „Nichts aber“, er legte seinen lächelnden und gleichzeitig teuflischen Blick auf. Er kam mit seinem Gesicht immer näher an meins. Ich dachte schon das wir uns küssen würden, aber dann machte er schnell eine Kurve und sein Gesicht war an meinem Hals. Ich hielt inne. Würde er wirklich...?
Er biss zu. Ich schrie auf, wollte mich wehren, aber sank zu Boden. Ich sah alles nur verschwommen. Mich durchzuckten große Schmerzen und ich zitterte. Hubert war immer noch an meinem Hals und biss kräftig zu. „Was machst du da?! Hör sofort auf!“, dass war Armin's Stimme. Hubert fauchte ihn an und machte weiter. Ich wurde immer schwächer und schwächer und ich dachte schon daran, sterben zu müssen. Ich hatte keine Angst vor dem Tod, sondern vor der Tatsache, alle verlassen zu müssen. Für immer.
Armin sprang auf Hubert, sie kugelten sich, Hubert schmiss Armin gegen einen Baum, der Augenblicklich umfiel. Dann kam Armin wieder auf die Beine und würgte Hubert stark. Er wurde noch blasser, als er jetzt schon war, denn Armin war um einiges stärker als er, denn Armin war älter. „Lässt du Aleen in Ruhe?“, hörte ich Armin's Stimme brüllen. „Ja“, kam eine gequälte Antwort von Hubert. Armin ließ Hubert auf den Waldboden fallen und rannte zu mir herüber.
„Hörst du mich?“, fragte er. Ich wollte antworten, konnte aber nicht. Ich war wie gelähmt, bemerkte aber noch alles. „Aleen? Aleen!“, Armin's Stimme wurde aufdringlicher. Dann kam Adonis. Hubert hatte sich gerade aufgerapelt, als Adonis ihm so einen kräftigen Tritt verpasst hatte, dass er wieder umfiel. „Trage sie bitte zur Lichtung“, befahl Armin Adonis.
Adonis hob mich auf und ich sah in seine gelben Augen, die belustigt funkelten. Sein Haar sah wild aus, dass gleichzeitig auch unheimlich süß war. Ich fragte mich, ob Vampire so etwas wie Meerjungfrauen bloß in männlich waren... Aber das sollte ich lieber nicht fragen. Dann schlief ich aus irgendeinem Grund ein. Als ich wieder zu mir kam, sah ich genau ins Hubert's Gesicht. „Geht's dir gut? Es tut mir so leid...“ „Hör einfach auf, Hubert! Geh lieber, bevor ich dich platt mache!“, sagte Adonis genervt. „Ich darf mich doch bei ihr entschuldigen!“, rechtfertigte sich Hubert. „Du wolltest sie töten! Bist du noch ganz bei Verstand?“, schrie Adonis. 

Adonis fauchte Hubert an und der ging zu Casper, der ganz abseits stand. Seine Augen funkelten mich an. Er schien sich schlecht beherrschen zu können, denn es sah so aus, als ob er gleich auf mich zu stürzen wollte. Aber so lange Adonis bei mir war, fühlte ich mich sicher. „Du bringst sie bitte nach Hause“, befahl Armin Adonis. Ich sah Armin dankbar an und er zwinkerte mir zu. 

Dann nahm mich Adonis wieder in seine Arme und trug mich nach Hause. Er rannte sehr schnell, ich konnte alles nur noch verschwommen erkennen. Aber das kannte ich ja schon. Das war schließlich die Erklärung dafür, dass Hubert immer so schnell woanders war. Plötzlich standen wir dann gemeinsam vor meiner Haustür. Bevor mich Adonis absetzen konnte, flog die Tür auf und meine Mutter stieß heraus. Ihr blieb wahrscheinlich gerade die Luft weg, denn es war für Mütter ja allgemein bekannt, dass sie nicht sehr positiv angesprochen waren, wenn ein fremder Junge ihr Kind auf den Armen trug. Ich wurde rot wie eine Tomate. 

„Wer ist das?“, fragte meine Mutter mit scharfer Stimme. Adonis setzte mich ab und merkte wahrscheinlich, dass ich nicht in der Lage war, zu antworten. „Hallo Mrs. Gersticke. Ich bin Adonis, Aleen's Kumpel. Hat sie Ihnen gar nichts von mir erzählt?“, sagte Adonis gelassen. Aber woher kannte er meinen Nachnamen, oder den von meiner Mutter? Typisch Vampir. „Danke das du sie zurück gebracht hast. Bloß... Ist das nicht ein bisschen sehr nah für einen Kumpel?“, sagte meine Mutter. „Mama!“, entgegnete ich empört, bevor Adonis etwas sagen konnte.

8. Kapitel

  Einzelne Sonnenstrahlen fielen durch die nur halb zugemachte Rolllade. Einer davon kitzelte meine Nase, so, dass ich niesen musste. Verschlafen blinzelte ich und versuchte aufzustehen. Ich saß auf meinem Bett und guckte an mir herunter. Nicht mal den Schlafanzug hatte ich an! Ich torkelte verschlafen aus meinem Bett. Gestern hatte ich mich einfach in mein Bett fallen lassen, ohne noch weitere Sachen zu machen. Meine Eltern hätten sich Sorgen gemacht und hätten fast die Polizei gerufen, bla bla bla... Ich schleppte mich ins Bad und vor dem Spiegel musste ich stehen bleiben. Eine riesige Narbe zierte meinen Hals. Das war der Biss von Hubert gewesen... Sie tat nicht mehr weh, aber auffallen würde sie bestimmt. Ich schnappte meine Reitsachen aus meinem Zimmer und wollte gerade ins Bad, als David, mein älterer, 16 Jahre alter Bruder sich mir in den Weg stellte.
„Kann ich bitte ins Bad? Danke“, sagte ich genervt. Mein Bruder und ich mochten uns nicht besonders, aber manchmal gab es Ausnahmen, da konnte David der beste Bruder der Welt sein. „Ich hab von gestern gehört“, er lächelte. „Bleibt in unserer Familie denn nie was geheim?!“, dachte ich laut. „Jo. Also hast du jetzt einen Freund!“, er zog mich praktisch damit auf. „Du müsstest das doch am besten wissen. Du hattest dir schließlich schon 3 Freundinnen aufgegabelt“, ich lächelte böse. Da war David sprachlos. Ich kannte meinen Bruder und wusste, womit man ihn im richtigen Moment aufziehen konnte. Ich ließ mich nie schnell geschlagen geben. „Jedenfalls ist er nur ein Kumpel“, sagte ich um mich zu rechtfertigen und schubste David weg, dann ging ich ins Bad und schloss es ab.
Mein Make-Up war verschmiert und ich roch auch nicht mehr nach einer Kokusblüte. Also beschloss ich, mich zu duschen. Als ich aus der Dusche stieg, fühlte ich mich gleich befreiter. Außerdem freute ich mich heute auf's reiten. Ich vermisste Emily schon und heute würde ich sie wiedersehen, genauso wie Darling. Ich zog mich schnell an, bürstete mein langes, braunblondes Haar und machte mir einen hohen Dutt.
Dann suchte ich in Mama's Schminksachen. Ich schminkte mich immer sehr dezent, dass hieß, ich machte mir ein wenig Puder auf mein Gesicht und ein bisschen Wimperntusche. Mehr war nicht. Ich suchte eine halbe Ewigkeit in Mama's unendlichen Schminksachen, aber schließlich fand ich, was ich suchte: Konziler. Ich machte einige kleine Punkte an die Narbe, die mir Hubert als Andenken mitgegeben hat und als ich fertig war, sah man sie nicht mehr. Ich packte den Konziler wieder dort hin, wo er gestanden hatte.
Dann ging ich aus dem Bad und lief die Treppe runter zu unserem Wohnzimmer. Dort frühstückten meine Eltern gerade. „Moin“, sagte ich zu ihnen. „Na, wie geht's dir, Mäuschen?“, fragte meine Mutter. „Besser denn je,“, sagte ich voller Freude, „fahrt ihr mich gleich zum Hof?“ „Schatz, wir haben uns gedacht, dass du dich vielleicht ein wenig zu schwach für's reiten bist...“, erklärte Mama. „Nein, bin ich nicht! Und wenn schon! Kann ich wenigstens auf dem Hof sein? Ich kann mich ja nur vom Boden aus um die Pferde kümmern! Das ist nicht so anstrengend wie reiten“, schlug ich ihnen vor. „Na gut“, Mama willigte ein. „Hab Spaß“, Papa zwinkerte mir zu. Ich lächelte ihm zu und ging mit Mama raus auf den Parkplatz, wo das Auto stand. Ich stieg ein und wir fuhren los.
Die ganze Fahrt über guckte ich aus dem Fenster. Wer würde alles da sein? Und würde Hubert auch dabei sein? Hasste ich Hubert? Liebte ich ihn etwa immer noch? Nach dem, was er mir angetan hatte? Beeinflusste er mich etwa? Bevor ich mir auf die vielen Fragen eine logische Antwort herleiten konnte, waren wir auch schon am Hof angekommen. Dann gab ich Mama einen Kuss und stieg voll beladen mit meinen Reitsachen aus dem Auto. Ich wollte gerade gehen, als mich Mama zurückhielt. „Ach, Aleen?“, rief sie mir zu. „Ja?“ „Sei bitte vorsichtig“ „Ja Mama!“, antwortete ich leicht genervt. Dann fuhr sie los und ich ging zum Hofeingang. Das Hoftor ziehrte die riesige Aufschrift 'Falkenhof'. Ich machte das Tor auf, dann wieder zu und ging zu den Ställen. Als ich den Stutenstall betrat, wieherten die Stuten durcheinander und gingen unruhig hin und her. Als ich an Annabelle's Box vorbeikam, musste ich anhalten.
Annabelle streckte ihren Kopf zwischen den Gitterstäben durch. „Was machst du denn?“, sagte ich zu ihr. Gleichzeitig wunderte es mich nicht. Sofie überforderten 3 Pferde, sie ritt nur 4 Mal in der Woche, aber eben nicht in diesen Tagen alle 3 Pferde an einem Tag. Demnach langweilte sich Annabelle gewaltig, wenn sie nur 1 bis 2 Mal die Woche geritten oder bewegt wurde. Die Stute war dünner und zierlicher als die anderen Stuten und deshalb passte auch ihr Kopf durch die Gitterstäbe durch. Ich streichelte sie und gab ihr ein Leckerlie. Es wurden gerade große Weiden für den Falkenhof gebaut, damit so welche Pferde wie Annabelle mehr Bewegung bekamen. Katrin hatte sogar vor, eine Führanlage zu bauen, damit die Einsteller, wenn sie gerade nicht da waren, wussten, dass ihr Pferd intensiv bewegt wird. Das würde zwar etwas extra kosten, aber für die Einsteller wie Sofie würde es besser sein. Für Pferd und Reiter.

9. Kapitel

Ich ging gerade auf den Putzplatz, der gleich neben den Ställen war, da sah ich Hubert und Adonis. Auf Pferden. Ich dachte, ich guckte nicht richtig! Da ritt auch schon Hubert auf mich zu. Unter dem Sattel war ein unruhiger, feuerroter Hengst. „Hi“, sagte Hubert nur. „Du reitest?“, fragte ich ihn. Bevor er antworten konnte, kam Adonis angetrabt. „Hallo Aleen. Na, wie geht's dir?“, fragte er. „Äh... Gut. Und dir?“ „Auch gut“ „Ihr reitet also beide?“, fragte ich wieder. „Kann man so sagen“, lächelte Adonis. „Darf ich vorstellen? Das ist Dahwar. Mein junger Vollblutaraber Hengst“ Dahwar war ein beeindruckender Rappe. Er war scheinbar noch schwärzer als die Nacht, hatte keine Abzeichen und war wunderschön. Er hob anmutig seinen langen Schweif und wieherte. „Wie alt ist er?“, fragte ich Adonis. „Gerade mal 7“ „Er ist so schön!“ Adonis lächelte und stieg ab. „Willst du ihn mal streicheln?“ Adonis nahm meine Hand und führte sie über Dahwar's Kopf.
Ich wurde rot. Adonis stand sehr nah an mir dran, andererseits war er auch total cute... Mann, Aleen, reiß dich zusammen! „Könnt ihr mal aufhören? Das ist ja zum kotzen!“, beschwerte sich Hubert schließlich. Er erlöste mich dann. Ich war froh und traurig gleichzeitig. War ich etwa in Adonis und Hubert verknallt? Mist. „Dann stell Aleen doch auch mal dein Pferd vor“, grinste Adonis. „Niemand intressiert so'n Shit“ Ich beachtete Hubert's Aussage einfach nicht. „Was für eine Pferderasse ist er? Er hat so gebogene Ohren“ „Ein Marwari. Die schönsten und besten Pferde. Der Kerl hier kommt aus Indien, sein Ursprungsland“, Hubert wurde stolz. „Und wie heißt er?“, ich streichelte den Hals von Hubert's Marwari. „Rajesh, aber ich nenn ihn immer Rey“ Ich war wirklich begeistert von den beiden Pferden. Darling dagegen war ein Wald und Wiesen Mix. Also konnte sie schlecht mit den beiden mithalten.
Adonis stieg wieder auf Dahwar. „Willst du mit uns einen Ausritt machen?“, fragte er mich. Dahwar schien schon ganz heiß darauf zu sein, denn er tänzelte aufgeregt und buckelte auch ein bisschen. „Hey, ganz ruhig, Dawi!“, beruhigte Adonis ihn.
„Ich darf eigentlich heute nicht reiten...“ „Komm mit oder du bist 'n Angsthase!“, rief Hubert. Adonis blickte ihn genervt an, aber Hubert störte es nicht. „Mit Vampiren ausreiten... Ich weiß ja nicht“, sagte ich extra um Hubert aufzuziehen. „Boa, auf Verarsche hab ich gerad echt kein Bock“, entgegnete Hubert. „Na gut... Ich komm mit“, ich grinste, „Wen soll ich reiten?“ „Du reitest auf Dahwar“, sagte Adonis entschlossen, „Ich mache nur noch den Sattel ab, dann kannst du hinter mir sitzen.“ „Okay, danke“, sagte ich. Dann saß Adonis auf und ich dicht hinter ihm. Hubert schien ein wenig eifersüchtig zu sein, aber sonst störte es ihn kein bisschen. Dann ritten wir los. Ich hielt mich dicht an Adonis fest, obwohl ich mir das mehr bei Hubert gewünscht hätte.
„Hier ist 'ne gute Galoppstrecke“, stellte Hubert fest. Rajesh spitzte seine Ohren und stieg. Hubert schien das zu gefallen. „Dass nenn ich Pferd mit Temperament. Gegen deinen Staubsauger“, er lachte. Adonis blieb ruhig. „Heb dir deine dummen Sprüche für später auf“, und damit gab er Dahwar das Zeichen zum lossprinten. Er kam von Stand aus auf 180! Darauf war ich nicht gefasst und blieb förmlich in der Luft sitzen. Ich fiel einfach herunter und als ich meine Augen schloss und auf den dröhnenden Schmerz wartete, landete ich sanft und sicher. Dann öffnete ich meine Augen wieder, um zu sehen, wo ich gelandet war. Und als ich in die ungewöhnlich dunkelbraunen Teddyaugen von Hubert guckte, blieb mir fast der Atem weg. Als wir beide die Lage erst richtig verstanden hatten und Adonis Dahwar umdrehte, färbten sich Hubert's Augen wieder rot und er ließ mich einfach fallen.
„Autsch...“, ich stand langsam auf und rieb mir meinen Kopf. Hubert stieg wieder auf Rajesh, gab ihm einen Klaps auf den Hintern und der galoppierte schneller denn je mit Hubert einfach davon. Adonis half mir hoch. „Geht's dir gut?“, fragte er besorgt, „Dawi rast manchmal echt schnell los, dass hätte ich dir vorher sagen müssen“ Ich guckte immer noch in die Ferne, dort wo Hubert mit Rajesh abgehauen war und ich war ganz in meinen Gedanken versunken. Ich griff mir an den Kopf und merkte, dass er blutete. Adonis gelbe Augen leuchteten und man sah ihm an, dass er versuchte, sich zu beherrschen. „Ich muss dann los“, sagte er immer noch an meinen Kopf blickend. „Wo soll ich hin gehen?“, fragte ich. „Zum Hof“, Adonis schluckte und er hätte sich wahrscheinlich gerne auf mich gestürzt. Dann stieg er wieder auf Dahwar und galoppierte auch einfach davon. Na toll. Mir wurde total schwindelig und ich fiel um.
Ich spürte nur noch, dass ich aufgefangen wurde und dann war ich völlig weg. Später kam ich wieder zu mir und ich lag verartztet neben Armin, der sich neben mich gekniet hatte. „Ist alles wieder okay?“, fragte er. „Ja... Ich glaube schon“, ich richtete mich auf. Ich erkannte den Wald, in dem die mysteriöse Begegnung von Hubert stattgefunden hatte. Damals war Darling mir mir durchgegangen und hatte mich hier her geführt. Hubert war dann wieder verschwunden, damals hatte ich noch nichts davon gewusst, dass es Vampire gab und Hubert einer von ihnen war. „Wieso kannst du dich beherrschen und die anderen nicht?“, fragte ich Armin.

„Ich bin schon eine ganze Weile 16“, er lächelte. „Wie lange?“, fragte ich nach. „Schwer zu sagen... Ich schätze 500 Jahre.“ Ich staunte. Was machte man in dieser langen Zeit nur? „Ich würde dir empfehlen, dich von Hubert und Adonis fern zu halten“, sagte Armin schließlich. „Niemals! Sie sind doch...“, ich machte eine Pause, „...Meine Freunde!“ „Aleen, sie sind Vampire, die blutrünstig sind, besonders Hubert. Selbst ich kann ihm nicht richtig trauen. Versuch es wenigstens“ Ich war nahe den Tränen. Nie wieder Adonis? Und was noch viel schlimmer war: Nie wieder Hubert? Er hatte mich ausgenutzt, fast getötet und so viel schlimmes gemacht... Aber ich liebte ihn immer noch. Leider. 

„Pass auf,“, Armin nahm meine beiden Hände in seine, „Ich besuche dich jeden Tag und erzähl dir immer etwas Neues von den Jungs. Und wenn sich die Lage beruhigt hat, dann kannst du Adonis, Hubert, Casper und mich besuchen kommen. Okay?“ „Okay“, sagte ich mit zittriger Stimme. Dann lächelte Armin und im nächsten Moment war ich in meinem Zimmer. Was war das für ein Tag gewesen?

10. Kapitel

  Es war eine Woche vergangen. Armin hatte mich jeden Tag besucht und mir immer Neues von Adonis, Casper und Hubert berichtet. Jedes Mal hatten seine gelben Augen dabei wunderschön geleuchtet, so als ob es ihm Spaß gemacht hätte, mir Geschichten von ihm und den Jungs zu erzählen. Manchmal war er aber auch abgeschweift und erzählte mir, was er früher so getrieben hatte und wieso er ein Vampir geworden war. Ich hörte jedes Mal gespannt zu. Er war wie ein zweiter großer Bruder für mich geworden. Aber jetzt konnte ich mich nicht auf ihn konzentrieren, sondern darauf, dass heute wieder Montag war und diese Woche das Ponycamp war. Ich freute mich schon tierisch darauf Emily alles erzählen zu können! Aber da fiel mir ein, dass ich das nicht durfte. Es musste ein Geheimnis bleiben, sonst würde ich Armin, Adonis, Casper und Hubert wahrscheinlich nie widersehen.
„Kommst du?“, rief Mama von unten. Sie fuhr mich heute zum Ponycamp. „Ja, gleich!“, rief ich zurück. Ich stopfte schnell alle Sachen, die noch fehlten in meine Tasche und rannte runter in den Flur. Ich schmiss die Tasche schon mal an die Tür, während ich in meine Stiefeletten schlüpfte. Danach rief ich Papa und David noch ein „Tschüss!“ zu, dann nahm ich die Tasche und wuchtete sie in den Kofferraum von Mama's Auto. „Kann's losgehen?“, fragte sie mich vom Rückspiegel aus, als ich gerade einstieg. „Jup“, antwortete ich. Es dauerte exakt eine halbe Stunde bis zum Hof und dann waren wir da. „Viel Spaß mein Schatz! Pass auf dich auf“, dann gab mir Mama noch einen Kuss und ich stürmte zum Reiterstübchen.
Davor wartete Emily schon ungedulig auf mich. Als sie mich entdeckte, rannte sie lächelnd in meine Arme, denn ich rannte mit ausgestreckten Armen zu ihr und ließ meine Tasche fallen. „Du hast mir so gefehlt!“, sagte Emily, als wir uns in den Armen lagen. „Du mir auch, Püppi“, so nannte ich Emily meistens, denn sie war 2 Jahre jünger als ich, also 12. Emily lächelte und half mir, meine schwere Tasche aufzuheben. Dann gingen wir gemeinsam ins Reiterstübchen, wo schon Cara, Melodie, Luzie und Kim auf uns warteten. Nicht zu vergessen Katrin. Wir waren wie immer die Letzten.
„So, da unsere Runde jetzt komplett ist, kann ich ja anfangen.“, begann Katrin, „Ihr werdet heute eine normale Reitstunde bei mir haben. Die anderen Tage stimmen wir ab, was wir machen wollen. Jetzt werden erstmal Pferde verteielt!“, dabei lächelte sie Emily an, „Du willst bestimmt Sammy kriegen, nicht wahr?“ „Ja, ja, will ich! Äh, möchte ich, natürlich“, Emily schien ganz aufgeregt zu sein, obwohl das nicht ihr erstes Ponycamp war. Vor drei Jahren hatten Emily und ich uns beim Ponycamp kennengelernt. Seit dem sind wir unzertrennlich und machen jedes darauf folgende Camp zusammen mit. Dann wurden die restlichen Mädchen die Pferde zugeteielt. Ich kriegte Darling, worüber ich sehr glücklich war. Ich hatte vor dem Ponycamp Katrin angebettelt, dass ich Darling kriegen könnte, denn nachdem was mit uns passiert war, war Katrin sich nicht richtig sicher, ob sie mir Darling wirklich nochmal in die Hand drückte. Aber meine Überedungskünste waren größer als ihr Misstraunen und damit hatte ich mir meine Darling gesichert.
Melodie bekam Jazz, Cara Hero, Luzie kriegte Lorelei und Kim Kiwi. „Dann geht mal eure Pferde fertig machen und danach kommt bitte auf den großen Reitplatz“, verkündete Katrin. Dann stürmten alle aus dem Reiterstübchen und holten ihre Pferde. Diesmal stand Darling nicht in ihrer Box, sondern mit anderen Stuten und Wallachen auf einem großen Padock. Ich holte ihr Halfter und ging zu ihr. Sie kam mir grummelnd entgegen. „Hallo Schatz! Na, wir reiten gleich zusammen“, sagte ich zu ihr. Darling streckte bereitwillig ihren im Vergleich zu mir riesigen Kopf in das Halfter und ich führte sie zum Putzplatz vor dem Stutenstall. Ich putzte ihr Fell so sauber ich konnte, bei ihren braunen Flecken ging der Dreck schnell raus, aber die weißen waren erheblich schwieriger. Dann kam auch Emily mit Sammy angedackelt. Sammy versuchte Emily die ganze Zeit ein Leckerlie aus der Tasche zu ziehen, was ihm am Ende auch gelang. Aber Emily konnte ihm nicht böse sein. Sie liebte ihn viel zu sehr.
Als dann alle fertig waren, gingen wir zusammen auf den großen Reitplatz. Es gab mehrere Reitplätze auf unserem Hof. Den mittelgroßen, den kleinen, also den Roundpen, den großen Reitplatz und die Halle. Dann stiegen alle auf und wir ritten uns im Schritt warm. Emily, Melodie und ich ritten am langen Zügel nebeneinander. „Und, was habt ihr die Ferien vor dem Camp so gemacht?“, fragte Melodie. „Ich war bei meinen Großeltern, bis gestern“, erzählte Emily. „Und du, Aleen?“, Melodie guckte mich an. „Ach, nichts besonderes, ich war ein paar Mal auf dem Hof um nach Darling zu sehen und den Rest war ich eigentlich nur zu Hause“, log ich. „Und du?“, fragte Emily Melodie. „Das gleiche wie Aleen. Bloß das ich nach Jazz gesehen hab, nicht nach Darling“, sie lächelte. Jazz war ein schwarzer 7-Jähriger Hannoveraner Wallach. Katrin ließ ihn nur von guten Reitern reiten, zu denen Melodie zählte. Katrin meinte, sonst würde man Jazz versauen. Ob man das so kritisch sehen sollte, wusste ich nicht. Auch, wenn ich schon über 8 Jahre ritt, hatte ich mich nie damit beschäftigt, was nun gut oder schlecht für junge Pferde war. Vielleicht sollte ich das mal in Zunkunft tun.

„Dann könnt ihr erstmal locker antraben. Reitet viele Zirkel und Schlangenlinien, damit eure Pferde sich optimal dehnen können!“, rief Katrin vom Rand aus zu uns. Das machten wir auch. Wir lösten unsere Dreiergruppe auf und Melodie, Emily und ich ritten unsere eignen Wege. Heute war Darling ziemlich faul und ich war froh, dass ich meine Gerte mitgenommen hatte. Ich tippte sie mehrmals mit der Gerte an und sie reagierte gut auf meine Impulse. Je mehr Zirkel ich ritt, desto lockerer wurde sie im Genick und Maul. Dann lobte ich sie, ritt zur Abwechselung wieder Schritt und machte ein bisschen Schenkelweichen und Rückwärtsrichten. Darling wurde immer munterer und dann galoppierte ich auch auf dem Zirkel aus dem Schritt an. „Abfangen und lösen“, sagte Katrin, wenn Darling zu schnell und steif wurde. Ich war stolz auf meine kleine Darling. Ich liebte sie.

11. Kapitel

 Wir sattelten unsere Pferde ab und ich ging mit Emily zum Reiterstübchen. „Heute war Sammy total schnell. Ist total ungewöhnlich für ihn“, berichtete sie. „Ich glaub, ich werdet bloß immer besser zusammen. Ihr seid halt ein Dreamteam!“, ich grinste. „Das ist süß von dir“, sie umarmte mich. Wir setzten uns auf einen noch freien Platz und warteten bis Cara, Melodie, Luzie und Kim auch da waren. Kurze Zeit später erschien auch Katrin im Türrahmen. Sie setzte sich zu uns. „So, da es jetzt schon siebzehn Uhr ist, mache ich euch Abendbrot. So lange könnt ihr entscheiden, ob ihr im Reiterstübchen oder im Stall schlafen wollt. Den Rest der Zeit könnt ihr euch selbst einteilen“, verkündete sie. Ein allgemeines Gemurmel ging durch die Runde. „Wo woll'n wa' nun pennen?“, fragte Luzie. „Ich wäre für Stall“, sagte ich. „Ich auch“, stimmte Emily mir zu. Die Anderen waren auch dafür, dass wir im Stall schliefen. Damit war es ziemlich eindeutig. Wir verkündeten Katrin unsere Entscheidung und wuchteten unsere großen Übernachtungstaschen aus dem Reiterstübchen.

„In welchem Stall wollen wir eigentlich schlafen? Wallach- oder Stutenstall?“, hakte Cara nach. „Stuten“, sagte ich gleich. Emily wollte zu den Wallachen. Unsere Meinungen splitteten sich ziemlich auseinander. Die Einen wollten in den Stutenstall, weil dort die einen Pflegepferde standen, die Anderen in den Wallachstall, weil dort die anderen Pflegepferde standen. „Dann entscheiden wir halt per Schere, Stein, Papier!“, legte Kim fest, „Zwei Freiwillige?“ Luzie und Melodie meldeten sich. Luzie spielte für den Stuten, weil sie Lorelei als Pflegepferd hatte und Melodie für den Wallachstall, weil sie Jazz hatte. Wir wussten, dass Luzie fast unschlagbar in Schere, Stein, Papier war. Melodie hatte also praktisch keine Chance und ich hatte mir den Stutenstall gesichert. „Okay. Uuund: Go!“, Kim startete das Spiel. Melodie nahm Schere, aber Luzie holte den guten alten Stein raus. „Ha! Stutenstall wir komm'n!“, freute sich Luzie. Die, die für den Wallachstall waren, sahen leicht enttäuscht aus, aber das war schnell verflogen. „Leute! Ich hab ne Idee. Wollen wir, wie in den alten Zeiten, Pferd spielen? Einer wird longiert, der andere ist Reitlehrer“, schlig Cara vor. Ich krümmte mich vor Lachen nur bei dem Gedanken.

„Meinetwegen“, grinste Emily. „Ich guck' nur zu, sorry!“, lachte ich immer noch. Also gingen Emily, Luzie, Cara und Melodie auf den Reitplatz, während ich für sie erstmal Longe und Zügel holte. Luzie spielte die strenge Reitlehrerin, Cara war das kleine Shetty, dass hinter Emily hinterher lief, der schönen Haflingerstute. Melodie war eine Trakehnerstute, die von Luzie longiert wurde. Ich konnte nicht anders, ich musste lachen. Es sah einfach urkomisch aus. Und auch die Anderen mussten mitlachen. „Ich fühl' mich echt bescheuert“, lachte Melodie. „Bei mir auch so“, Emily versuchte nicht zu lachen, weil sie so außer Puste war, aber es gelang ihr nicht. Als Katrin bei uns vorbeischaute, machte sie große Augen. „Was macht ihr denn da?“, fragte sie lachend. „Wir spielen Pferde“, keuchte Cara. Kopfschüttelnd kam Katrin zu mir. „Du kannst deinen Pferden sagen, dass das Abendbrot fertig ist“, grinste sie. „Mach ich“, lachte ich. Ich sah ihnen noch ein wenig zu und verkündete dann, dass das Abendbrot fertig war. Alle rannten förmlich das Reiterstübchen ein. Wir hatten alle einen Bärenhunger. Es gab Spagetti mit Tomatensoße. Nach zwei großen Portionen waren dann alle papp-satt. 

„Na dann lass uns doch schon mal die Übernachtungssachen in den Stall räumen“, schlug Cara vor. Wir stimmten zu. Emily, Cara und ich räumten die Sachen schon mal in den Stall und Kim, Luzie und Melodie wuschen und zogen sich um. Als Emily und Cara noch die restlichen Sachen zurecht zupften, besuchte ich die Futterkammer und holte einen saftigen Apfel und eine Möhre heraus. Damit ging ich zu Darling's Box. Sie grummelte erfreut und ging unruhig in ihrer Box herum. „Ja, ist gut, hier hast du ja deinen Apfel“, ich gab ihr den Leckerbissen und sie schmatzte zufrieden. Anschließend gab ich ihr noch die Möhre und streichelte sie ausgiebig. Ich hatte wohl die Zeit vergessen, denn irgendwann riefen dann auch Cara und Emily nach mir. Ich kam angespurtet. „Wo hast du dich denn rumgetrieben?“, fragte Emily. „War bei Darling“, sagte ich nur. Emily grinste und verdrehte die Augen. „Dann lass und mal umziehen gehen“, sagte Cara und gab uns mit einem Handzeichen zu verstehen, dass wir mit ihr kommen sollten.

Wir zogen uns schnell hintereinander um, putzten Zähne und eigentlich stand einem gemütlichen Abend nichts mehr im Wege. Wir machten uns anschließend wieder auf den Weg zum Stutenstall. „Da seid ihr ja endlich!“, begrüßte und Melodie. „Ihr wart auch nicht schneller“, sagte Cara und schmiss sich auf Melodie, die sich augenblicklich fallen ließ. Kim konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Dit schaut ziemlich falsch aus“, bemerkte sie. „Dann sind wir halt Lesben. Problem damit?“, grinste Melodie. „Ne ne, schon ok“, Kim kugelte sich. Als wir uns dann alle wieder eingekriegt hatten, holte Luzie den typischen Mädchenkram aus ihrer Tasche. „Zur Auswahl steht heute: Mädchenzeitschriften mit heißen Jungs durchlesen, eine kleine Make-Up Styleveränderung oder die süßesten Jungsgeschichten gegenseitig erzählen“, bestimmte sie. „Gibt's nicht -“, wollte ich anfangen, aber Luzie unterbrach mich. „Heute Abend werden wir typische Mädels sein! Basta!“ Wir stöhnten auf. Aber dennoch arbeiteten wir alles nacheinander ab. Um ehrlich zu sein, war es sogar ganz lustig. Besonders die Make-Up Styleveränderung, denn manche konnten verdammt gut schminken, die anderen stellten sich so an, als ob sie noch nie Mascara in der Hand gehabt hatten. Ich war definitiv letzteres. 

Als wir mit allem fertig waren, war es schon weit nach null Uhr. „Gute Nacht, Mädels“, wünschte uns Luzie. „Gute Nacht, Baby“, sagte Kim zu ihr. Wir wünschten uns gegenseitig noch lange eine 'Gute Nacht' und dann schliefen wir auch endlich ein.

12. Kapitel

Ich wachte, geweckt von einer warmen Pferdeschnauze, auf. Als ich müde blinzelte, sah ich nur zwei Nüstern, einen Mund, zwei riesige Glubschaugen und ein Ohrenpaar. Es war Lorelei, ohne Zweifel. Die weiße Schimmelstute reckte neugierig ihren großen Kopf zu mir herunter. Ich stöhnte auf. „Musst du mich wecken?“, fragte ich sie. Und ich musste mir natürlich gestern auch einen Platz direkt neben einer Pferdebox sichern... Ich stand langsam auf und wuschelte kurz durch meine zerzausten Haare. Ich hoffte, sie sahen nicht allzu schlimm aus, aber letztendlich war es ja egal. Wir waren schließlich auf einem ländlichen Teil, mit Pferden, Kühen, Hühnern, Hunden, Katzen, Hasen... Wen kümmerte sich da schon um Frisuren?

Emily lag noch schlafend inmitten der vielen Jungszeitschriften, die sie gestern alle durchgelesen hatte. Sie hatte wohl bemerkt, dass sie sich öfter solche Zeitungen kaufen sollte, denn sie fraß es förmlich in sich rein. Ich stand eher auf Harry Potter, Skulduggery Pleasant oder Eragon. Ich lief vorbei an all den schlafenden und schnarchenden Mädchen, raus, in die Natur. Ich genoss die warmen Sonnenstrahlen auf meiner Haut und schloss meine Augen. Die Sonne kitzelte mich im Gesicht und auf meinen Armen und Beinen. Es fühlte sich unglaublich gut an. Ganz weit weg von jeglischem Stress, Eltern und... Nein, der Wald war hier praktisch nebenan, also war ich leider nicht ganz weit weg von Hubert. Was Armin wohl gerade so trieb? Kaum hatte ich zu Ende gedacht, tauchte dieser auch schon auf. „Wo kommst du denn her?“, sagte ich eher erschrocken. „Immer, wenn du meinen Namen denkst oder laut aussprichst, spüre ich so eine Art Kribbeln in meinem Bauch und bin sofort bei dir“, sagte er und wurde schließlich rot. Mal ganz davon abgesehen, war es doch eigentlich unüblich für Vampire, rot zu werden, oder täuschte ich mich da? „Du Vampir ey“, ich lachte.

 „Lust auf einen Morgenausritt?“, fragte er. „Ähm.. Ich weiß nicht, ob ich das darf. Und erinnerst du dich nicht an das letzte Mal?“, ich war bedenklich gestimmt. „Du reitest ja diesmal auch Rarity, Adonis war einfach verdammt unvorsichtig und Hubert ist das ja eh egal“, sagte er. Dann pfiff Armin und eine weiße Stute kam angaloppiert. Dahinter ein schwarzer Friesenhengst. Es war wie in einem Märchen, die beiden Pferde harmonierten perfekt miteinander und die weiße Stute sah einfach wie ein Einhorn aus. „Die Weiße ist Rarity und der schwarze Hengst Demon“, er sprang mit einem Satz auf den Friesen. „Jetzt du!“, forderte er mich auf. „Aber wie soll ich Rarity ganz ohne Zügel und Sattel reiten?“, fragte ich. „Vertrau auf sie. Sie ist scheinbar magisch“, er lächelte und stieg wieder ab, um mir auf Rarity zu helfen. Sie blieb brav stehen, bis ich mich auf ihr zurecht gefunden hatte. „Na dann los“, sagte Armin zu mir und trabte Demon an. „Du brauchst bei ihr nichts machen, denke einfach nur an das, was du tun willst“, sagte er. Gar keine Hilfen? So etwas konnte ich mir kaum vorstellen. 

Also versuchte ich mein Glück. Und es klappte. Ich dachte an anreiten und sie ging gemächlich los. Als ich bitte etwas schneller dachte, wurde sie nicht nur ein bisschen schneller, so das ich erst mal wieder meinen Schwerpunkt finden musste. Als Armin und ich ein riesiges Feld erreicht hatten, grinste er mich an. „Und jetzt galoppieren!“, sagte er. „Ich weiß nicht, ob -“, und bevor ich meinen Satz beenden konnte, gab Armin auch schon Rarity einen Klaps auf den Hintern und sie preschte los. Erstaunlicherweise flog ich diesmal nicht vom Pferd. Zum Glück. Demon hatte Rarity bereits eingeholt und ich genoss diesen Moment der Freiheit - mit Armin. Er war 16, sogar schon sehr lange und ich 14 und ich glaubte, etwas für ihn zu empfinden - oder war dies nur Einbildung? Ich streckte meine Hände aus und fühlte mich wie ein Vogel.

Dann nahm Armin meine Hand. Sie war eiskalt, aber dennoch überflutete mich eine Hitze. Eine angenehme Hitze. Ich guckte ihn an. Er guckte mich an. Und dann war es endgültig um uns geschehen. Wir galoppierten noch ein bisschen, bis wir einen großen Baum erreichten und Armin die Pferde anhielt. Er stieg als Erstes von Demon ab, um mir dann von Rarity zu helfen. „Danke“, sagte ich und wurde rot. Aber in diesem herrlichen Moment musste ich auch an das Ponycamp denken und hoffte, die Mädchen waren noch nicht aufgewacht. Aber augenblicklich vergaß ich wieder, was ich eben gedacht hatte, denn Armin nahm wieder meine Hand. Es war wie eben, es überfiel mich wieder diese wohlige Hitze bei dieser eiskalten Hand. Wir schauten uns in unsere Augen. Seine gelben Augen glitzerten wieder so wunderschön. Und dann - wurden sie eisblau. Seine Augen flackerten und wechselten die Farben zwischen gelb und blau und es schien, als ob sie mir eine Geschichte erzählen würden. Wie er ein Vampir geworden war. 

Er schien dies zu bemerken und blinzelte, anschließend guckte er bedrückt auf den Boden und setzte sich unter den Baum. „Was ist los?“, fragte ich ihn besorgt. „Ich habe gerade etwas gespürt... Das ist mir noch nie widerfahren“, seine Augen weiteten sich, „Kann es sein...?“ „Was kann sein?“, fragte ich nach. „Es kann sein, dass die alte Legende wahr ist. Sie besagt, dass, wenn sich Vampire in ein menschliches Wesen verlieben und dieses sie auch liebt, eine Chance haben, wieder zu einem Menschen zu werden“, seine Augen glänzten, „Liebst du mich?“ Ich musste schlucken. War ich in ihn verliebt? Aber ich musste ihn lieben, sonst würde er doch nicht zu einem Menschen werden. Er hatte mir schon oft erzählt, dass er auch gerne Geburtstag feiern würde, normales Essen essen könnte und auch in Rente gehen könnte. Er wäre so gerne ein Mensch. Ich würde ihn lieben. Ich konnte das! „Ja“, antwortete ich. Sicher war ich mir da aber nicht. Aber es musste klappen. Es musste!

Dann nahm er wieder meine Hand. Diese wohlige Wärme breitete sich wieder in meinem Körper aus. Ich spürte ihn, bis in meine Fingerkuppen. Seine Hand wurde immer wärmer, seine gelben Augen verblassten. „Ich liebe dich, Aleen“, flüsterte er mir zu, dann ließ er sich in das Gras fallen. Ich dachte noch ein bisschen über seine Worte nach, bevor ich mich auch ins Gras fallen ließ. Neben uns grasten Demon und Rarity und die Vögel zwitscherten. Durch die Krone des Baumes drangen ein paar Sonnenstrahlen und es war angenehm kühl, bei der eigentlichen Sommerhitze. Dann schloss ich meine Augen und ließ alles auf mich wirken. Und genau in diesem Moment fragte ich mich, wer ich eigentlich war. Und ob alles, was ich bisher erlebt hatte, nur ein Traum war. Gab es wirklich Vampire? Und konnte ich jemals so etwas wie einen Freund haben? Alles war unwirklich. So unwirklich.

13. Kapitel

 Ich schreckte hoch. Ich saß schweißgebadet, zitternd auf meiner Isomatte. Ich hörte mein Herz laut gegen meine Brust hämmern. Das war wohl der mit Abstand schlimmste Albtraum, denn ich jemals geträumt hatte. Aber als ich mich wieder hinlegen wollte, musste ich wieder an diesen Traum denken. Ich sollte mir vielleicht die Füße etwas vertreten. , dachte ich mir. Ich schlüpfte in meine Pantoffel und ging aus dem Stall. Na ja, gehen konnte man dies nicht nennen, eher stolperte ich. Unsere Sachen lagen überall verstreut, Kim machte sich so breit sie nur konnte, Cara und Melodie dagegen hatten sich zusammen auf eine Matte gequetscht und schliefen laut schnarchend. Emily hatte brav neben mir gelegen, Luzie lag in der hintersten Ecke des Stalls, da ihr es nicht geheuer war, so nah am Ausgang zu schlafen. Dabei war das doch das Schönste: Nachts auf den Sternenhimmel blicken zu können, wenn die Tür offen stand. Und außerdem war es dann auch nicht so brütend heiß, weil immer eine kleine Brise in den Stall wehte. 

 Ich ging den Hof ab. Ich erinnerte mich an Gestern. Ich hatte noch lange mit Armin unter dem Baum gelegen, bis mein Handy vibriert hatte und ich zum Stall reiten musste. Danach war Armin samt Rarity und Demon verschwunden. Den Rest des Tages hatten wir mit Spielen auf dem Pferd verbracht, aber ich war immer etwas abgelenkt. Denn so ein Ereignis wie gestern passierte schließlich nicht jeden Tag. Es war inzwischen kalt geworden und ich zitterte ein bisschen. Aber war es wegen der Kälte oder wegen dem Traum...? Ich guckte hoch in den Himmel. Er war schwarz, komplett schwarz. Ich schaute auf mein Handy. 03:21 Uhr zeigte es an. Aber müsste es im Sommer nicht langsam heller werden? Ich schaltete die Handytaschenlampe an, da ich das Gefühl hatte, es würde immer dunkler werden. Plötzlich hörte ich Stimmen. Aber... Wo waren diese Stimmen? Kein Mensch war in meiner Nähe, aber dennoch hörte ich die Stimme klar und deutlich. Als ob sie neben mir stehen würde und mir etwas ins Ohr flüstern würde. Bei diesen Sätzen erschauderte ich: Aleen! Aleen! Mein Leben ist bald aufgebraucht. Ich will dir sagen, dass du auf keinen Fall das Ponycamp lang ausreiten darfst. Vor allem nicht in den Wald... Hubert ist dort. Casper auch. Armin verteidigt dich. Pass auf dich auf! Zieh Sachen von anderen Mädchen an. Sonst kann dich Hubert riechen. Er will dich sehen. Tot. 

Aber wer überbrachte mir diese Nachricht? Ich ging zum Ausgang des Hofes und schaute mich um. Ich konnte den Wald erblicken. Der Wald, wo Hubert war und Armin gerade um mich kämpfte. Aber sollte ich ihn alleine lassen? Aber ich war nur ein Mensch, was konnte ich schon gegen Casper und Hubert ausrichten? Und... War Armin etwa nur wegen mir auch ein Mensch geworden? Oh nein, was hatte ich getan? Mir liefen Tränen über die Wangen. Augenblicklich hörte ich hinter mir ein lautes Wiehern. Es steckte voller Angst. Kurz darauf krachte irgendetwas. Ich hörte Hufgetrappel. Aber es waren nicht vier Hufe... Es waren acht. Ich drehte mich um. Rajesh, Hubert's Marwari galoppierte auf mich zu. Dicht dahinter versuchte Darling ihn aufzuhalten. Darling hatte meinetwegen ihre Box aufgebrochen? Blut floss von ihren Vorderbeinen. Ich versuchte Rajesh auszuweichen, aber der biss mir in den Nacken und schleuderte mich förmlich auf seinen Rücken. 

Ich drehte mich um und sah Darling verzweifelt hinter mir und Rajesh hinterher sprinten. Kurz darauf kamen auch die Mädchen aus dem Stall gerannt und stolperten Darling nach. „Aleen!“, schrie Emily voller Angst. Ich konnte nichts sagen, mich nicht bewegen. Die anderen Mädchen versuchten Darling festzuhalten. Diese stieg und mehr konnte ich nicht mehr sehen, denn Rajesh bog um die Ecke; direkt auf den Wald zu. Wieso musste nur mir immer so etwas passieren?! Ich wurde panisch. Nicht nur panisch, ich hatte todesangst. Was hatte mir diese geheimnisvolle Stimme gesagt? Geh' auf keinen Fall in den Wald! Ich versuchte mich irgendwie zu bewegen, aber es war so, als ob ich angekettet auf Rajesh ritt. Das hieß, ich ritt gegen meinen Willen auf Rajesh. Und da man sich ja logisch erschließen konnte, wo er mich hinbringen würde, nämlich zu Hubert, machte ich mir umso mehr Sorgen. Und was war aus Darling geworden? Sie hatte Rajesh gewittert. Sie hatte sich meinetwegen aus ihrer Box getreten. Würde das komplette Ponycamp abgesagt werden? Und ich würde wiedermal für alles die Schuld haben. Nein, diesmal hatte ich genug von diesen scheiß Fabelwesen! Die waren doch nicht echt! Ist mein ganzes Leben eigentlich nur ein verdammter Traum?!

 Rajesh hatte mit mir eine Lichtung erreicht. Die Sonne ging langsam auf und es sah wirklich magisch aus. Aber darauf konnte ich mich gerade nicht konzentrieren. Hubert tauchte natürlich auf, dicht gefolgt von Casper. Seine Augen leuchteten blutrot, genauso wie die von Casper. An Hubert's Händen klebte Blut und sein Mund war blutverschmiert. Ich bemerkte, dass ich mich wieder bewegen konnte. Ich sprang von Rajesh, der mich augenblicklich in die Hand biss. Sie blutete. Ich fühlte mich wie in einem wirklich schlechten Horrorfilm, überall war Blut. Ich selbst fühlte nichts mehr. Nichts, außer Trauer und Wut. „Lass mir auch noch was übrig, Rajesh“, fauchte Casper. „Wer sagt, dass ich euch zwei Pennern was übrig lasse?“, Hubert lachte. Ich sah hinter mich, Rajesh hatte sich in einen Menschen verwandelt. Aber träumen wir hier mal nicht, er war definitiv ein Vampir. Was sollte er auch sonst sein? Ein Irrer, der in Hände von fremden Menschen beißt und sich in ein Pferd verwandeln kann? Und um eine komplett andere Frage hinterher zu stellen: Wieso war ich überhaupt jemals in Hubert verliebt? Wie bescheuert war ich damals eigentlich gewesen?

 Dann sah ich Armin. Aber er lag auf dem Boden und unter ihm hatte sich eine riesige Blutpfütze gebildet. „Nein!“, schrie ich mit Tränen in den Augen. „Tötet mich doch! Wisst ihr was? Es ist mir scheiß egal! Armin hat es nicht verdient! Und ihr habt es nicht verdient, überhaupt zu existieren!“ Ich rannte zu Armin. Blut quoll aus seinem Mund und aus seiner Nase. „Aleen...“, keuchte er. „Armin... Ich liebe dich, du darfst mich nicht verlassen! Ich brauche dich! Du hast mir in meiner schwersten Zeit geholfen, als kein Anderer mich verstanden hat. Du warst immer für mich da! Und ich Egoist und - und ich Idiot musste dich zu einem Menschen machen. Sonst müsstest du nicht sterben!“, schluchzte ich. „Du hast nichts falsch gemacht“, lächelte er kurz, verzog sein Gesicht aber anschließend wieder vor Schmerz, „Ich kann endlich etwas fühlen. Ich kann dich und deine Liebe fühlen, all die Wut auf Hubert und Casper und den Schmerz. Ich -“, er unterbrach sich, denn es bildete sich eine weitere Pfütze aus Blut unter ihm. „Armin! Armin! Ich lass dich nicht gehen! Kann ich nicht irgendwas tun?“, sagte ich schluchzend panisch. „Hol Adonis. Er kann mich verwandeln“, ich sah Armin an, wie er immer schwächer wurde. 

 „Es ist ja schön, euch so zusammen zu sehen, aber ich hatte heute noch kein richtiges Frühstück“, Hubert leckte sich über die Lippen. Er stürtzte sich auf mich und biss mir in den Arm. Ich sah plötzlich alles nur noch verschwommen. „Adonis! Hilf Armin“, dies war das Einzigste, was ich noch rausbrachte, bevor ich bewusstlos war. 

14. Kapitel

 Ich versuchte meine Augen aufzumachen. Es ging halbwegs und erst jetzt sah ich, was sich gerade in der Lichtung abspielte. Adonis saß neben Armin, während Rarity und Demon die Anderen und mich verteidigten. Rarity hatte ein weißes Horn auf der Stirn. War sie tatsächlich ein... Einhorn...? Mittlerweile wunderte es mich nicht mal mehr. Ihr schneeweißes Fell war blutverklebt. Demon sah dagegen wie ein Nightmare Horse aus. Er bestand nur noch aus Haut und Knochen und sein Gesicht bestand nur noch aus blanken Knochen. Er hatte das Gebiss einer Raubkatze und hatte weiße Augäpfel. Er sah wirklich gruselig aus, wie er da so kämpfte. Er riss Hubert's Arm ab, aber sofort bildete sich wieder ein Neuer. Rarity kümmerte sich so lange um Casper. Ich hatte wieder so wenig Kraft, dass sich meine Augen wie von selbst schlossen und ich wieder weg war.

Es war praktisch wie eine bessere Welt dort, wo ich jetzt war. Aber es war doch nur ein Traum, oder war ich etwa ... Tot ...? Nein, ich will aufwachen! Wo bin ich überhaupt? Plötzlich verdunkelte sich die wunderschöne Welt. Es war nur noch ein schwarzer Raum zu sehen, scheinbar ohne Grenzen, nur eine kleine Lampe erhellte ihn. In der Mitte saß Hubert auf einem Stuhl, gefesselt. Schwarze Tränen flossen über seine Wangen.  Er wimmerte irgendwas Unverständliches. Ich kam langsam näher, denn so aufgelöst hatte ich Hubert noch nie gesehen. „Geh weg!“, schluchzte er. Er sah normal aus, bis natürlich auf die schwarzen Tränen. Er sah wie neun aus, viel jünger als er in Wirklichkeit war. Aber war diese andere Welt wirklich die Wirklichkeit? Hubert sah so hilflos und verschreckt aus, dass ich ihn am liebsten los binden würde, aber dann musste ich mir wieder vor Augen führen, dass er mich töten wollte, oder es immer noch will. Vielleicht war das alles hier nur eine Falle. Aber wie kam ich hier wieder raus? Es fühlte sich alles so real an...

„Wo bin ich?“, fragte ich schließlich den kleinen Hubert. „Was weiß ich! Sie werden mich foltern! Ich habe Angst, bitte, hilf mir!“, weitere schwarze Tränen flossen seine Wangen hinunter. „Du willst mich töten, wieso sollte ich dir helfen?“, sagte ich empört. Er guckte mich mit großen Augen an. Ich sah seine dunkelbraunen Teddyaugen und sein rotes, verstrubbeltes Haar. „Wieso sollte ich Menschen umbringen wollen?“, wimmerte er. „Keine Ahnung. Deshalb frage ich dich ja! Und tu nicht so auf unschuldig, du weißt selbst, dass du mich nur in eine Falle locken willst!“, schrie ich ihn an. Jetzt stiegen noch mehr schwarze Tränen aus seinen Augen auf. Plötzlich hörte ich gedämpfte Stimmen und Schritte, die immer lauter wurden. Ich rannte in irgendeine Ecke und versuchte, mich in der Dunkelheit zu verstecken. Es kamen drei große Männer in den schwarzen Raum, direkt auf Klein-Hubert zu. „Heute ist ein großer Tag, Kleiner“, sagte der eine Mann. Seine Augen glänzten belustigt und erst jetzt bemerkte ich, dass die Männer alle Vampire waren, denn sie hatten alle feuerrote Augen. Hubert versuchte sich irgendwie los zu machen und strampelte dabei hilflos, aber es gelang ihm nicht, sich zu lösen. 

„Wer will es durchführen?“, der eine Mann wendete sich zu den Anderen. „Ich, wenn es für Sie okay ist“, ein anderer Mann trat hervor. „Bitte“, der andere Mann zeigte auf Hubert, „Vollbringe es.“ Der Mann ging auf Klein-Hubert zu und leckte sich dabei die Lippen. Hubert's Gesicht war voller Angst gefüllt und in diesem Moment wollte ich ihm helfen, aber die Angst überwiegte. Was, wenn dies hier nun doch nicht nur ein Traum war? Dann würde es auch mit mir gemacht werden, egal was sie bei Hubert vor hatten. Dieses Risiko wollte ich nicht eingehen und ich war immer noch der festen Überzeugung, dass alles hier eine Falle war. Der Mann biss Hubert in den Hals und dieser kreischte so laut auf, dass ich Gänsehaut bekam. Ich wollte zu ihm, ihm helfen! Aber ich konnte nicht. Ich hatte zu viel Angst.

Aber dann passierte etwas unerwartetes: Der Mann war noch nicht fertig, mit dem, was er machen wollte, da riss sich Klein-Hubert von seinen Fesseln los. Seine Augen waren ebenfalls feuerrot, dann wurden sie wieder braun, wieder rot, wieder braun und wieder rot. Sie wollten Hubert in einen Vampir verwandeln. Aber wie es schien, war die Verwandlung nicht komplett abgeschlossen, deshalb hatten auch seine Augen immer mal bei unserem früheren Treffen und beim Hof fast immer die Farbe braun gehabt. Jetzt verstand ich alles. Hubert war nicht immer so böse - er wurde bloß 'böse gebissen'. Dann tötete Hubert jeden einzelnen der drei Männer - jedem riss er sein Herz heraus, die wahrscheinlich einzigste Möglichkeit, einen Vampir zu töten. Dann schrie Hubert nochmal schmerzhaft auf, bevor er einfach zusammenbrach.

Meine Augen öffneten sich. Ich sah wieder die Schlacht vor mir, mittlerweile waren beide Seiten stark verwundet. Mein Herz klopfte gegen meine Brust. Was war das für ein Traum? War es überhaupt Einer gewesen, oder eine war es eine Eingebung? Ich versuchte meinen Kopf in Richtung Armin und Adonis zu drehen. Aber diese waren nicht mehr da. Wo waren sie? Hatten sie mich einfach hier zurückgelassen? Ich versuchte mich aufzusetzen, aber augenblicklich durchzuckte mich ein starker Schmerz. Ich schaute an meinen Arm, in den Hubert gebissen hatte. Er war mit einer Binde umwickelt und sauber verarztet. Wer war das gewesen? Dann guckte ich wieder zu der Schlacht zwischen Rarity, Demon, Hubert und Casper. Rajesh, Hubert's Marwari, der eigentlich auch ein Vampir war, war unauffindbar.

 Ich guckte zu Hubert. Dieser wurde gerade von Demon auf den Boden gepresst. Hubert versuchte los zukommen, aber es gelang ihm nicht, denn Demon, der mit seiner Verwandlung wahrscheinlich fünf Pferdestärken besaß, war einfach zu stark für einen normalen Vampir - wobei Hubert ja nur ein Halbvampir war. Und dann biss Demon in Hubert's Genick und dieser schrie wie am Spieß. Ich wollte ihn verteidigen, denn nun kannte ich seine Hintergrundgeschichte und vergaß dabei völlig, dass er mich eigentlich wieder fast getötet hatte, aber da war es schon zu spät. Hubert schloss seine Augen und seine Brust hörte auf sich zu bewegen. Er atmete nicht mehr. Er war tot.

15. Kapitel

 Casper kam zwar schwer verletzt - was einem Vampir wohl nicht viel ausmachte - aber lebend davon. Hubert's lebloser Körper lag auf der Lichtung, deren Boden mit Blut durchtränkt war. Rarity kam zu mir gehumpelt, ihr eines Bein war gebrochen. „Komm Aleen, ich bringe dich ins Krankenhaus“, sagte sie. Ich war viel zu schockiert von allem, was sich eben abgespielt hatte, als mir darüber zu wundern, dass Pferde, beziehungsweise Einhörner sprechen konnten. „Aber du bist viel zu verletzt“, sagte ich zu ihr. „Ich kann noch laufen. Du kannst dich nicht mal mehr bewegen. Demon hilft mir, dich zu tragen, mach dir um mich keine Sorgen“, beruhigte sie mich. Demon kam zu uns und verwandelte sich wieder in einen schönen Friesen. Rarity's Horn verschwand ebenfalls. Sie nahmen mich auf Demon's Rücken und wir ritten zum Krankenhaus. Die Ärtzte dort machten große Augen, als sie mich auf einen Pferd sahen, dicht gefolgt von einem anderen. Sie kamen sofort zu mir. „Kind, sind das deine Pferde?“, fragte mich eine Krankenschwester. Ich nickte. „Sie sind beide verletzt, sie brauchen genauso dringend wie ich eine ärztliche Behandlung“, sagte ich. „Okay, alles wird gut. Ich ruf den Tierartzt an“, sagte die Krankenschwester und verschwand im Gebäude und es kam eine Ärztin zu mir. „Jetzt musst du dich erstmal von deinen beiden Pferden verabschieden. Kannst du selbst absteigen?“, fragte sie mich. „Ich versuch's mal“, sagte ich.

Aber als ich mich von dem Rücken von Demon schwingen wollte, kam wieder dieser starke Schmerz, der durch meinen ganzen Körper zuckte. „Ich seh schon. Warte hier, ich hole Verstärkung“, stellte die Ärztin fest und rannte wieder in das große Krankenhausgebäude. Augenblicklich kamen ein paar Männer, die mir von Demon halfen und mich in die Klinik trugen. „Tschüss Rarity und Demon!“, dies war das Letzte, was ich sagen konnte, denn ich war so erschöpft von allem, dass ich entweder wieder bewusstlos wurde oder einfach nur einschlief. Es war gut so, denn als ich aufwachte, fand ich mich in einem Krankenzimmer wieder, verkabelt mit unendlichen Schläuchen. Die Ärtzte und meine Eltern standen um mich herum. „Oh Schatz, geht es dir gut?“, besorgt und weinend fiel mir meine Mutter um den Hals. „Ja... Alles gut...“, sagte ich nur. Dann kam mein Vater zu mir und drückte mich einfach nur. Ich war froh, mich wieder so geborgen zu fühlen. Hier war ich sicher.

„Sie braucht jetzt erstmal ganz viel Ruhe, um sich wieder zu erholen“, sagte eine Ärztin. „Müssen wir sie etwa über Nacht hier lassen?“, fragte meine Mutter besorgt. „Ich fürchte ja. Es ist noch ein zu hohes Risiko nach der Operation gleich nach Hause zu gehen. Aber glauben Sie mir, wenn heute Nacht alles gut verläuft, können Sie sie gleich morgen früh mit nach Hause nehmen“, sagte die Ärztin. Meine Mutter stöhnte auf. „Na gut. Schatz, ich komme gleich nochmal wieder und bringe dir ein paar Sachen, okay?“, sagte sie. „Ja. Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen“, erwiderte ich. Meine Vater lachte ironisch auf. „Bei dir weiß man da nicht so Recht“, er kam zu mir und küsste mich auf die Stirn. 

In meiner freien Zeit telefonierte ich mit meiner Verwandschaft. Anschließend skypte ich noch mit den Hofmädels und Katrin. „Wie geht es Darling?“, war meine erste Frage. „Sie ist auch in der Klinik. Es sieht kritisch aus, ob sie dann jemals wieder geritten werden kann. Sie hat ihr Bein stark verletzt“, sagte Katrin. „Oh nein!“, machte ich, „Was willst du denn machen, wenn sie nie wieder geritten werden kann?“ „Ich werde sie dann wohl verkaufen müssen, denn du weißt ja, dass wir nicht der reichste Hof sind. Ich kann nur die Pferde ernähren, die ein bisschen Geld einbringen. Mir fällt es selbst nicht leicht, aber so ist es nun einmal. Aber es steht ja noch nicht fest“, sagte sie. „Wir drücken dir ganz fest die Daumen, dass Darling die Operation schafft“, sagten die Mädels von Ponycamp im Chor. Ich lächelte behutsam. „Danke Leute...“, sagte ich.  „Hey, Kopf hoch, Brust raus! Die Dicke schafft dat, kene Sorge!“, versuchte Luzie mich aufzuheitern. „Ja, mach dir keine Sorgen, wir halten dich auf dem Laufenden!“, sagte Emily. „Danke euch. Ihr seid die echt die besten“, ich lächelte mild. Dann redete ich noch ein bisschen mit Emily alleine, was sie so gemacht hatten und noch tun werden. Ich würde am letzten Tag zur Aufführung kommen, auf das hatte Emily bestanden. 

Dann war ich alleine. Komplett alleine in diesem Krankenzimmer. Aber dieses Gefühl des Allein-Seins hielt nicht lange, denn ich sah Adonis' gelbe Augen durch das Fenster schielen. Er klopfte. „Kannst reinkommen!“, rief ich ihm zu. Dann machte er ohne große Mühe das Fenster auf und sprang in das Krankenzimmer und setzte sich auf einen Stuhl neben mir. „Na, wie geht's dir?“, fragte er mich. „Nicht gut, so lange ich nicht weiß, wie es Armin geht...“, sagte ich und bei dem Gedanken daran, dass Armin tot sein könnte, stiegen mir Tränen auf. „Es geht ihm gut“, sagte Adonis, allerdings auf den Boden guckend. „Aber...?“, ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. „Er ist wieder ein Vampir, sonst hätte er nicht überleben können“, sagte er. „Aber das ist doch nicht schlimm“, sagte ich schon freudiger als vorher. „Morgen ist euer letztes Wiedersehen“, sagte Adonis, ohne groß drum herum zu reden, „Sonst wird er wieder zu einem Menschen. Und du weißt, was dann passiert. Du weißt, Casper ist noch auf freiem Fuß. Er wird keine Sekunde verschwenden, Menschen zu töten. Er will unbedingt so wie Hubert werden, bloß, dass er stärker als Hubert ist, da er ein richtiger Vampir ist, genauso wie Armin und ich. Wenn Armin wieder kurz davor ist zu sterben, dann kann ich ihn nicht mehr zurückholen. Und außerdem schaffe ich es nicht alleine mit Demon und Rarity, Casper zu besiegen. Er hat sich bestimmt schon eine Mannschaft zusammen gestellt“, sagte Adonis, ohne mir dabei in meine Augen zu gucken. 

Mir liefen Tränen über die Wangen, es wurden immer mehr und es hörte nicht mehr auf. „Komm morgen in den Wald. Du findest den Platz von selbst, mach dir darüber keine Sorgen“, mit diesem Worten stieg Adonis wieder durch das Fenster und ließ sich fallen und rannte schnell weg, so wie es nur Vampire machen konnten.  

16. Kapitel

 Meine Mutter brachte mir meine Sachen und fragte, wieso ich die ganze Zeit weinte. Aber ich wollte es ihr nicht sagen. Ich sagte ihr nur, dass ich morgen in den Wald gehen würde, ob sie es wollte, oder eben nicht. Sie konnte sich kaum dagegen wehren, also gab sie mir die Erlaubnis. „Gehst du dann endlich?“, fragte ich schluchzend. „Aleen, Schatz… So aufgelöst kann ich dich doch nicht alleine lassen!“, sagte sie. Ich drückte meinen Kuschelhasen Wuschel, den ich seit meiner Geburt hatte, fester gegen meine Brust. „Willst du mir nicht einmal einen Gefallen tun?“, fragte ich wimmernd. „Aleen, ich -“, fing sie an, aber ich unterbrach sie. „Nein! Ich möchte verdammt nochmal alleine sein! Ich möchte doch nur einmal alleine sein! Ist das so schwer zu verstehen?“, schrie ich sie mit Tränen in den Augen an. „Wie du willst“, meine Mutter packte ihre Sachen zusammen, kam nochmal zu mir und küsste mich auf die Stirn. Anschließend ging sie aus dem Raum.

Ich weinte bitterlich. Wieso musste mein Leben so unfair sein? War nur ich immer so ein Pechvogel? Ich machte laut “Dreams“ von Bastille an und weinte noch bitterlicher. Ich weinte die ganze Zeit, ohne eine Pause, bis ich nicht mehr konnte. Alle drei Taschentücherboxen waren schon aufgebraucht. Ich wollte alleine sein - außer, wenn diese bestimmte Person da wäre. Ich wollte nicht bis morgen warten müssen, um meine Trauer nicht noch weiter zu steigern. Aber war meine Trauer überhaupt noch steigerungsfähig? Ich hatte so viel geweint, dass ich wirklich keine Emotion mehr spürte. Nichts. Nur die Unvollkommenheit und die Kälte, die meinen Körper durchflutete. Ich versuchte aufzustehen. Ich zitterte am ganzen Körper und fiel augenblicklich hin. Mein Bein tat unbeschreiblich weh, aber das war mir egal. Mir wäre es egal, wenn ich tot wäre. Das Einzigste was ich wollte, war Armin. 

Ich versuchte wieder aufzustehen, aber es klappte nicht. Wieder versuchte ich es, aber ebenfalls scheiterte ich wieder. Irgendwann schaffte ich es schließlich. Ich stützte mich an den Tischen und Stühlen ab, die im Raum verstreut lagen, bis ich schließlich zu einem großen Spiegel gelangte. Ich sah wirklich schrecklich aus. Ich war fast schon weiß, man sah jedes kleine Äderchen an meinen Händen, Beinen und Gesicht. Durch die Operation war ich magerer geworden - Man sah deutlicher als normalerweise meine Knochen. Meine Haare, die wie Stroh aussahen, fielen glatt in mein Gesicht. Ich guckte in meine roten, verweinten Augen. Sie sahen matt und gefühlslos aus. Dann klappte ich zusammen, denn meine Beine waren noch zu schwach, um mein Gewicht tragen zu können, besonders, weil das Eine gebrochen war. Den lauten Knall hörte eine Krankenschwester und kam sofort in mein Zimmer gestürtzt. „Oh nein, Kind, was machst du da?“, sagte sie voller Entsetzen, als sie mich da so regungslos liegen sah. „Sie brauchen mir nicht hoch helfen. Ich bleibe gerne hier liegen“, sagte ich ausdruckslos. „Kommt nicht in Frage!“, sie half mir schließlich doch hoch und legte mich wieder ins Bett. „Dort bleibst du jetzt liegen, ja? Ich bringe dir gleich Abendbrot“, sagte sie und verschwand.

 Ich starrte auf die weiße Krankenhausdecke, bis die Krankenschwester mit einer dampfenden Suppe wiederkam. „Ich hab keinen Hunger“, sagte ich. „Du musst etwas essen. Dein Magen ist doch leer! Sonst kannst du morgen nicht wieder entlassen werden“, sie stellte mir das Tablett mit der Suppe auf den Schoß. Die Worte morgen nicht wieder entlassen werden erschauderten mich. Also aß ich schnell meine Suppe und tatsächlich ging es mir danach wieder etwas besser. Die Krankenschwester hatte die ganze Zeit neben mir gesessen. „Na siehst du“, sie lächelte, „Willst du noch einen Nachtisch?“ „Nein danke“, lehnte ich ab. 

 Die Nacht brach herein und ich konnte nicht schlafen. Ich guckte aus dem fast zugezogenen Fenster. Der Mond ließ einige Lichtstrahlen durch das Zimmer fallen. Immer wieder fuhren Autos an dem Krankenhaus vorbei und mit der Zeit machte mich dieses Geräusch ruhig. Ich starrte trotzdem noch lange an die nur vom Mond beleuchtete Decke, bis ich in einen unruhigen Schlaf fiel. Immer wieder wachte ich weinend auf, immer noch traumatisiert von Allem, was passiert war. Ich hatte meinen früheren Schwarm, der mich mehrmals töten wollte, leblos auf einer mit Blut überschütteten Lichtung gesehen. Ich würde Armin morgen das Letzte Mal sehen. Würden mir meine Eltern oder Katrin mir jemals wieder erlauben, zu reiten? 

Als ich früh aufwachte, klopfte gerade jemand gegen die Tür. „Komm rein“, sagte ich nur stumpf. Es waren meine Mutter und mein Vater. „Aleen, du kommst jetzt mit uns nach Hause mit!“, sagte mein Vater voller Freude. „Sei erstmal vorsichtig. Gestern war sie völlig aufgelöst, du weißt doch. Außerdem habe ich ihr erlaubt, sich mit Emily zu treffen“, sagte meine Mutter. Gestern hatte ich ihr gesagt, dass ich mich mit Emily treffen wollte, denn welche Eltern erlaubten einem schon, sich mit einem Jungen in einem Wald zu treffen? Allein die Wörter Junge und alleine im Wald lösten bei jedem Elternteil, die eine Tochter besaßen, eine Alarmglocke aus. Da konnte man schon mit einer entsprechenden Antwort rechnen, wenn man diese beiden Teufelswörter benutzte. 

Ich zog mich schnell um, schminkte mich ein bisschen brauner, damit ich nicht ganz so elend aussah und bürstete meine Haare. Anschließend stieg in unserer Auto und war traurig und aufgeregt zugleich. Gleich würden mich meine Eltern zu Emily fahren, die gerade beim Ponycamp war und wie schon gesagt, war der Wald gleich neben dem Hof. Wir kamen endlich an und ich versuchte so gut es ging, mit den Krücken voran zu kommen. „Tschüss Schatz, bis heute Nachmittag“, sagte meine Mutter und küsste mich wieder auf die Stirn, dann verabschiedete sich noch mein Vater von mir und sie fuhren weg. Meine Eltern waren in dieser Sache wohl wirklich unkomplizierter als andere Eltern und das schätzte ich an ihnen. Aber das war gerade unwichtig. Ich hatte Emily gestern schon Bescheid gesagt, also falls meine Eltern bei ihr anriefen, wusste sie, was sie sagen musste. Ich machte mich nun auf den Weg zum Wald.

17. Kapitel

 Ich blieb vor dem Wald stehen. Der Wind strich durch meine Haare. Wo sollte ich hingehen? Adonis hatte mir gesagt, dass ich das dann schon herausfinden würde, aber es gab hier schließlich keine Schilder und Armin war auch nirgends zu sehen. Ich ging also einfach in den Wald, ohne noch einmal groß darüber nachzudenken. Ich erreichte einen Fleck, in der das Gras mittelmäßig hoch war und einzelne Sonnenstrahlen durch die Baumkronen der Bäume fielen. Ich ging in die Mitte und setzte mich.

Und plötzlich, wie aus dem Nichts, tauchte Armin auf. Seine gelben Augen leuchteten, als er mich erblickte. Ich versuchte wieder hochzukommen, was mir zum Glück gelang und stolperte in seine Arme. Mir liefen wieder unendlich viele Tränen über die Wangen. „Ich habe dich so vermisst...“, weinte ich. „Ich dich auch“, seine Stimme klang klar und beruhigend. Als wir uns nach eine gefühlten Ewigkeit wieder voneinander lösten, sah ich sogar Tränen in seinen Augen aufsteigen. Das war wirklich ungewöhnlich für einen Vampir - das wusste ich. 

Wir legten uns Kopf an Kopf in das hohe Gras und schauten in den klaren Himmel. Wir sagten nichts, aber das machte die Stimmung gerade so magisch. Er nahm meine Hand und wieder überflutete mich wieder diese wohlige Hitze. Diese Hitze, die ich seit gefühlten Jahren nicht mehr gespürt hatte. Nur mit seinem Körper fühlte ich mich vollkommen. Ich kannte ihn jetzt schon so lange und mir war am Anfang gar nicht aufgefallen, was für ein wunderbarer Vampir er war. Ich hatte ihn halb tot vor mir gesehen und er hatte überlebt. Ich musste wieder anfangen zu weinen. Der Gedanke, ihn nie wieder zu sehen, war einfach zu unerträglich. Er beugte sich über mich. Wir sahen uns lange in die Augen. Seine Augen waren voller Liebe und Angst. Angst davor, mich zu verlieren. Und meine Augen füllten sich erneut mit Tränen. Ich wollte ihn nicht verlieren. Nicht so eine wunderbare Person. Dann beugte er sich zu mir herunter und küsste mich einfach auf den Mund.

Die Welt stand still und ich konnte nur noch ihn und mich fühlen. Unsere Körper - endlich vereint. Ich wollte am liebsten diesen Moment für immer und ewig beibehalten und mich nie wieder von Armin lösen. Ich liebte ihn - und er mich, dass konnte man deutlich spüren. Ich wollte nie wieder woanders sein, der einzigste Wunsch von mir war, für immer mit ihm zusammen leben zu können. Aber dann beugte er sich nach diesem langen, sehnsüchtigen Kuss wieder über mich. „Ich liebe dich. Mehr, als du dir jemals vorstellen kannst“, flüsterte er. Und bevor ich antworten konnte, war er verschwunden. 

18. Kapitel

Den ganzen restlichen Tag musste ich über das, was geschehen war, nachdenken. Es war mir klar, dass er die Trennung kurz und schmerzlos machen wollte - was wahrscheinlich auch am Besten gewesen war. Aber ich liebte ihn! Und so starken Schmerz hatte ich wohl noch nie gespürt. Und wieder begann ich zu weinen. Am liebsten würde ich für immer in meinem Zimmer so trostlos und weinend sitzen. Ich musste immer, ohne Unterbrechung an Armin denken. Keiner konnte mich aufheitern. Ich war nur noch ein einzigstes kleines Trauerhäufchen. 

Es war Freitag, der Tag der Aufführung mit den Pferden, zu der mich Emily eingeladen hatte. Ich zweifelte daran, mitzukommen, denn ich würde wahrscheinlich eh allen Elternteilen die Aufführung durch mein rumgeheule versauen, aber Emily und meine Eltern bestanden darauf, dass ich mitkam. Also fuhren mich meine Eltern wieder zum Hof. Katrin stürmte meinen Eltern und mir entgegen und begrüßte uns herzlich. „Es beginnt gleich. Also beeilt euch!“, sagte sie aufgeregt, danach stürmte sie wieder in Richtung Halle. „Komm mit Mäuschen, dort sind doch deine Freunde“, sagte mein Vater zu mir. Ich schlurfte schließlich hinter ihnen her. 

Die Aufführung war wirklich gut gewesen, sie bestand daraus ein paar Dressurlektionen und die verschiedenen Bahnfiguren sahen im Zusammenspiel wirklich gut aus. Dann verbeugten sich Emily, Melodie, Kim, Luzie und Cara und stiegen von ihren Pferden. Emily hielt bei mir mit Sammy an. „Und, hat es dich wieder etwas aufgemuntert?“, fragte sie mich freudig. „Ja, sehr“, ich zwang mich zu einem Lächeln. Ich ging mit Emily mit und diese erzählte mir, was alles so die letzten Tage beim Ponycamp geschehen war. Ich versuchte ihr zuzuhören, aber Armin ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Nie mehr. 

 „Willst du Sammy mit putzen?“, fragte mich Emily schließlich, als sie ihm die Trense und den Sattel abgelegt hatte. „Nein, danke“, sagte ich. „Das war um genau zu sein keine Frage“, sie drückte mir Kardätsche und Bürste in die Hand, „Du bürstest von der einen Seite und ich von der Anderen“, bestimmte sie. Ich hatte gar keine Chance, mich zu wehren, aber dafür war ich Emily so dankbar. Ja, ich lachte sogar wieder, als Sammy versuchte, ein Leckerlie aus meiner Jackentasche zu stibitzen. Als wir fertig waren, brachten wir Sammy gemeinsam auf die große Koppel. „Komm mal mit“, sagte Emily geheimnisvoll. „Wieso?“, fragte ich. „Wirst du schon sehen“, sie grinste breit. Sie führte mich zu einem kleinen Reitplatz auf unserem Hof und was ich das sah, ließ mich positiv erschaudern. Mir blieb die Luft weg. Ich fing an zu weinen - vor Glück. Vor mir stand Darling - und zwar kerngesund. Sie war gesattelt und getrenst und wieherte mir fröhlich entgegen.

Ich rannte zu ihr und fiel ihr um den Hals. „Darling... Du hast mir so gefehlt“, schluchzte ich glücklich. Sie schmiegte ihren großen Kopf an meinen. Wir waren wieder vereint und es war ein wirklich schönes Gefühl. „Sie ist jetzt deine Reitbeteiligung“, verkündete Emily. Meine Eltern und Katrin tauchten auch auf. „Freust du dich, Schatz?“, fragte mich meine Mutter. „Ob ich mich freue?!“, ich platzte vor Glücklichkeit, „Da fragt ihr noch noch?“ Ich weinte und lachte gleichzeitig. Es war eine wirklich komische Mischung. „Willst du aufsteigen?“, fragte mich Katrin. „Ja!“, sagte ich das erste Mal voller Entschlossenheit. Mein Vater half mir auf Darling und es war gar nicht so einfach, mit einem gebrochenen Bein sicher zu sitzen, aber das war mir gerade egal.

Katrin nahm Darling am Zügel und führte mich ein bisschen außerhalb des Hofes herum. Ich konnte die Vögel zwitschern hören und der Sommerwind wehte leicht durch Darling's Mähne. Das erste Mal seit Tagen hatte ich keine Sorgen mehr. Ich schloss die Augen und genoss den Augenblick. Das Schaukeln durch Darling's raumgreifenden Schritt spürte ich nun noch deutlicher. Ich hörte sie atmen. Und ich hörte Katrin's Schritt neben Darling und mir. Ich umarmte Darling's Hals und wuschelte durch in weiches Fell. Ihr Duft wirkte beruhigend und vertraut auf mich. Ich verweilte noch lange in dieser Position, bis ich mich schließlich wieder aufsetzte. Als ich meine Augen wieder öffnete, sah ich den Wald vor mir. Darin war viel passiert - zu viel. Mir stiegen augenblicklich wieder die Tränen in die Augen, als ich an Armin denken musste. Nie wieder werden wir uns wiedersehen. Nie wieder. Nie wieder. Nie wieder. Nie wieder! 

Die Sonne ging langsam unter und es war ein wunderschönes Landschaftsbild. Und dann, plötzlich, tauchte weit weg ein Friese mit einem Jungen auf ihm auf. Es war Armin mit Demon. Und genauso schnell wie sie da gewesen waren, verschwanden sie auch wieder.

 

Impressum

Texte: Alle Personen und Handlungen sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit zu echten Personen wurde nicht beabsichtigt. © Lucy Lou
Bildmaterialien: pixabay
Tag der Veröffentlichung: 09.06.2015

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /