9 Jahre zuvor
Es hat gerade angefangen zu regnen, als Mommy und ich uns auf den weg zum Spielplatz gemacht haben. Eigentlich wollte sie nicht raus, denn das Wetter war scheußlich.
Der Schnee, der überall lag, war zu einer großen Matschpampe geworden und rutschig war es auch! „Spätzchen, guck doch mal aus dem Fenster, meinst du wirklich es ist gut, wenn wir jetzt auf den Spielplatz gehen? Lass und doch lieber zu Hause bleiben", hatte sie gesagt, aber ich schmollte wieder und saß mit Entenfüßchen und halb angezogener Jacke auf der untersten Treppenstufe, bis sie mir dann geholfen hat und wir doch los gegangen sind.
Wir standen an der letzten Ampel und warteten darauf, dass das rote Männchen vom grünen abgelöst wurde. Der Regen wurde langsam weniger und Mommy auch ein wenig entspannter.
„Schau, da ist Anthony!", bemerkte meine Mama und zeigte mit dem Finger in die Richtung vom Spielplatz.
Das Ampelmännchen wurde grün und sofort rannte ich auf meinen allerbesten Freund zu.
„Hallo Toniny", begrüßte ich ihn und lief ihm in die Arme.
Anthony und ich kennen uns schon seit dem Kindergarten und sind auch schon so lange beste Freunde.
Er ist genau wie ich 8 Jahre alt, aber er wird bald schon 9.
Ich ging zu der Bank, die bei der Rutsche stand und setzte mich drauf, weil Anthony rutschen wollte und Mama mir verboten hat, bei dem Sauwetter, wie sie immer sagt, auf die Rutsche zu gehen.
Ich schaute die ganze Zeit auf meine Füße, die ich baumeln ließ, bis sich ein Mann zu mir setzte.
Trotzig sah ich zu ihm hoch.
„Hallo, wieso sitzt du hier allein auf der Bank?", wollte er von mir wissen, doch ich schob nur wie immer meine Unterlippe vor.
„Mama hat mir gesagt, ich soll nicht mit fremden Männern reden, schon gar nicht wenn die gut aussehen und einen Stiel haben", platze es einfach aus mir heraus, sodass ich mir vor schreck beide Hand auf den Mund hielt und meine Augen wie große Murmeln aufriss.
Das hätte ich nicht machen sollen, wobei ich immer noch nicht weiß, was meine Mama damit meint.
Wieso sollten Männer denn Stiele mit sich rumtragen?
Der Mann fing an zu lachen und sah auch gar nicht mehr so alt aus, wie ich eigentlich gedacht hab.
„Danke für das zuckersüße Kompliment, aber du meinst bestimmt Männer mit Stil", lachte er und stand auf.
Auf einmal zog er seine Cappi vom Kopf und setzte sie mir auf.
„Damit du mich nicht vergisst", fügte er lächelnd hinzu.
Mit großen Augen blinzelte ich ihn irritiert an und wollte gerade die Cappi von meinem Kopf nehmen, doch bevor ich sie ihm reichen konnte, drehte er sich weg und ging.
Immer noch völlig durch den Wind schaute ich die Mütze an, mit der Hoffnung er würde wieder kommen, aber er kam nicht.
Doch eins hatte ich mir gemerkt.
Er roch nach Gummibärchen..
„Alexis, steh auf, heute ist dein letzter Tag vor den Ferien!", rief meine Mutter die Treppen hoch.
„Ich will aber nicht! Lass mich in Ruhe, ich gehe nicht!"
Ich wälzte mich zur anderen Seite und zog mir die Decke über den Kopf. Dann hörte ich leise Schritte, eine Türklinke wurde runter gedrückt und dann regnete es.
Moment mal, Regen in meinem Zimmer?
„Oh mein Gott!", schrie ich auf. „Evelyn!" Scheiße war das kalt!
„Stehst du jetzt auf oder brauchst du noch mehr Wasser?", fragte sie in einem festen und ernsten Ton.
„Nein ist okay, ist okay, ich steh ja schon auf!", grummelte ich ihr entgegen, schlug meine durchnässte Decke zur Seite und stieg aus dem Bett.
„Was machst du so früh hier?", wollte ich von dem blauhaarigen Mädchen wissen.
„Ich bin schon seit einer Stunde hier und warte darauf das du aufstehst"
Sie stemmte ihre Hände in die Hüften und schaute mich wütend an.
„Wie spät ist es?", fragte ich sie nun. „Du hast noch genau 43 Minuten, bis der Bus kommt", sagte sie belustigt. Ich schaute sie geschockt an.
„Ist das dein Ernst?"
„Mein voller Ernst", grinste sie und zeigte mir ihren schönsten Finger.
Ich schubste sie zur Seite, so dass sie auf mein Bett fiel und rannte ins Badezimmer.
In Rekordzeit sprang ich unter die Dusche, putze meine Zähne, föhnte meine Haare, trug dezent Make up auf und rannte, mit nur einem Handtuch gekleidet zu meinem Schrank.
„Wie lange hab ich noch?", fragte ich Evelyn histerisch.
„Noch genau 19 Minuten, aber das schaffst du, du musst dich nur anziehen und deine Sachen packen, den Rest hab ich freundlicherweise für dich erledigt"
Ich zog mich an und ging dann zu meinem Schreibtisch, um mein Zeug für die Schule und den anderen Kram, den ich brauchte einzupacken.
„Fertig" Evelyn lachte. „Noch genau 10 Minuten, bis der Bus kommt"
Schnaubend nahm ich sie in den Arm und begrüßte sie.
„Guten Morgen und jetzt komm, bevor ich wieder zuspät komme"
Zusammen gingen wir die Treppen runter.
Ich begrüßte und verabschiedete mich gleichzeitig von meiner Mutter und ging dann mit Evelyn zur Bushaltestelle, die zum Glück direkt vor meiner Haustür war.
„Wie viele Stunden haben wir heute eigentlich?", fragte ich sie, doch sie zuckte nur mit der Schulter.
„Ich glaube Anthony hat gestern irgendwas von 3 Stunden erzählt, aber du kennst mich"
Ich nickte nur.
„Der Bus" Sie zeigte auf den Bus, der auf uns zu kam.
„Eve, ich stehe direkt neben dir"
Sie grinste. „Ich weiß" Ich schüttelte nur den Kopf und stieg in den besagten Bus, als die Türen aufgingen.
„Guten Morgen, Mädels", begrüßte uns unser Busfahrer mit einem Zwinkern.
„Guten Morgen, Kevin", sagten wir beide wie aus einem Mund und gingen auf die hinteren Sitze zu.
„Ich frage mich wirklich, warum die so einen jungen Typen als Busfahrer einstellen"
Ich nickte zustimmend und machte es mir auf einem der Sitze bequem.
„Ich will nicht, dass der Tag heute endet!", sagte ich nach einer Weile.
„Ach ja, morgen ist ja der Tag"
„Kannst du wirklich nicht mitkommen?", schmollte ich.
„Ich hab dir doch schon gesagt, dass Mom es nicht einsieht, für mich Geld auszugeben"
„Dann bezahl ich für dich!", sagte ich nun fest entschlossen.
Sie wusste, dass ich ihr ein nein nicht durch gehen lassen würde und versuchte erst gar nicht zu widersprechen. „Ich zahls dir zurück, versprochen!", quitschte sie nun mit einem Lächeln im Gesicht.
„Das brauchst du nicht. Ich muss da nicht allein hin, dass ist es Wert", sagte ich.
„Du fähst im Grunde genommen nicht alleine. Guten Morgen, Eve. Alexis", meldete sich mein bester Freund zu Wort.
„So war das doch gar nicht gemeint Anthony! Du bist ein Kerl und das ist was ganz anderes, als wenn Eve mich begleitet!", schmollte ich erneut.
„Das weiß ich doch Prinzessin", murmelte er und gab mir ein Kuss auf die Wange.
„Ich hab dir doch gesagt, dass du mich nicht immer Prinzessin nennen sollst!", protestierte ich.
„Aber wenn du doch eine bist", murrte Anthony etwas zu überzeugt.
Ich verschränkte die Arme vor der Brust und weigerte mich, auch nur noch einen Satz von mir zu geben.
„Nun sei doch nicht so, Alexis!", schimpfte er doch auch darauf bekam er keine Antwort von mir.
Den Rest der Busfahrt verharrte ich so, bis wir dann vor der Schule standen.
„Du kommst auch wirklich mit, Evelyn?", fragte ich sie lächelnd.
„Ja, wenn ich es dir doch sage"
„Gut, dann müssen wir dich noch anmelden", stellte ich fest.
„Schon erledigt, Prinzessin", sagte Anthony. Verwundert starrte ich ihn an.
„Wie, schon erledigt?", hakte ich nach.
Er wusste doch selbst erst seit ein paar Minuten davon.
„Evelyn steht schon seit dem ersten Anmeldungstag auf der Liste"
Nun verstand ich nichts mehr.
„Kann mir mal bitte jemand erklären was genau hier los ist?", fragte ich die beiden.
„Naja wir, ähm", druckste Evelyn herum.
„Wir wussten eben, dass du nicht ohne sie fahren willst, also haben wir sie auf die Liste setzen lassen", sagte Anthony monoton.
„Moment, moment, moment! Also erstens, wer ist "wir" und zweitens, woher wolltet "ihr" wissen, dass ich sage, "Hey, komm, ich bezahl einfach mal fünfhundert Pfund, damit du mich begleiten kannst!", noch bevor ich selbst wusste, dass ich überhaupt fahre?", pöbelte ich wütend rum und lehnte mich gegen die Eingangstür.
Anthony kratzte sich am Kopf, in der Hoffnung, ihm würde dadurch etwas einfallen.
Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht und außerdem hasste ich es, wenn meine besten Freunde mich anlogen.
Und das taten sie gerade, ohne auch nur zu versuchen, glaubwürdig zu wirken.
„Wir, sind Connor Scott und ich und nein, wir dachten eher, dass du schmollend mit uns, entschuldige mir, mitfährst und wir beide die Fahrt für Eve bezahlen", beantwortete er meine Frage wahrheitsgemäß.
„Wir dachten, du würdest dich freuen, wenn ich morgen am Treffpunkt stehe", erklärte sie und zu meinem Bedauern, machte sie mir damit unglaubliche Schuldgefühle.
Wie konnte ich auch nur denken, dass meine besten Freunde mich jemals anlügen würden, denn das taten sie nie. Nur eine Frage blieb unbeantwortet, Connor Scott?
Gerade als ich mich bewegen wollte, um einen der beiden zu fragen, wer zur Hölle das war, öffnete jemand die Eingangstür und ich wurde mit einem starken Stoß in Richtung Boden befördert.
„Au!", jammerte ich, als ich mich langsam wieder aufrappelte.
„Sag mal, gehts noch? Hast du keine Augen im Kopf, oder was?", pflaumte ich die Person an, die mich so unsanft den Boden hat begrüßen lassen.
Wütend rieb ich den Dreck und das Blut, meiner neu gewonnenen Schürfwunden, an meiner Hose ab und funkelte die Person, welche ich eindeutig als männlich identifizieren konnte, wütend an.
„Sorry", sagte diese dann und verschränkte seine Arme vor seiner Brust.
„Wer ist auch so blöd und lehnt sich an eine Eingangstür", sagte er spöttisch.
Meine Schuldgefühle waren verpufft und wurden durch Wut und Hass ersetzt.
„Wer ist auch so blöd und lehnt sich an eine Eingangstür", äffte ich ihn nach.
„Wer ist so blöd und schaut nicht, ob vielleicht ein Mensch an der Tür lehnt!", murrte ich, bereit diesem.., diesem Penner eine zu verpassen.
Seine Brust fing an zu beben und ehe ich mich versah, fing er tatsächlich an zu lachen!
„Ist die eigentlich immer so?", seine Worte an Anthony gerichtet.
Er zögerte, „Nun ja, eigentlich nicht", seufzte er.
Mir wurde das hier alles zu viel und ich entschloss mich dazu, freiwillig, in die Klasse zu gehen.
Ich schob meine Hände in meine Hosentaschen und wollte mich in Bewegung setzen, als "Mr. IchschubsegerneLeuteaufdenBoden" mich am Handgelenk packte und zurück zog.
„Was?", fragte ich gereizt.
Ich hatte echt keinen Kopf mehr für so ein Getue.
„Wo willst du denn hin, Miss Cavanagh?", fragte er mich belustigt.
Ich war mir sicher, dass er mich mit seinem Verhalten einfach nur provozieren wollte, aber das ließ ich nicht mit mir machen.
„Ich wüsste nicht, was dich das angehen sollte, Mr. IchschubsegerneLeuteaufdenBoden", sprach ich meinen Gedanken aus und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Er ließ mein Handgelenk los und verschränkte erneut seine Arme vor der Brust.
„Jetzt denkt sie sich sogar schon Spitznamen für mich aus, wie niedlich!", gluckste er.
„Wenn du in die Klasse willst, kann ich dir gleich sagen, dass du umsonst läufst", fügte er ausgesprochen freundlich hinzu.
„Umsonst?", fragte ich und hätte mir für die Frage am liebsten gegen die Stirn geschnipst.
Ich seufzte, „Ich geh dann mal, wir sehen uns dann morgen", sagte ich an Eve und Anthony gerichtet und machte mich aus dem Staub.
Ich hörte noch wie einer der Drei meinen Namen rief und irgendwas von "Nimm dir das nicht zu Herzen" faselte, aber das interessierte mich im Moment herzlich wenig.
Ich musste den kompletten Weg nach Hause laufen, da der Bus nur morgens und mittags fuhr, aber auch das interessierte mich kaum.
Ich hätte zwar meine Eltern anrufen können oder mit Anthony und seinem Bruder mitfahren können, aber ich bevorzugte es zu laufen.
Was fällt dem eigentlich ein! Und obwohl es eigentlich wirklich wichtigere Dinge gab, an die ich hätte denken können, ging mir dieser dumme, arrogante, wunderschöne, musulöse, atemberaubende..
Halt, oh Gott! Das kann doch jetzt wohl nicht wahr sein! Hör auf sowas zu denken, ermante ich mich selbst, doch diese Gedanken wollten einfach nicht weichen, keine Sekunde.
Allein der Gedanke daran, wie seine Muskeln zuckten, wenn er lachte, ließ mich beben.
Jetzt war ich an dem Punkt angekommen, wo ich mich wirklich für meine Gedanken verabscheute und auch ein kleines bisschen schämte, zumal es absolut gegen meine Regeln sprach, was das mit den Typen angeht. Um genau zu sein, sind es fünf Regeln, die ich zusammen mit Evelyn vor zwei Jahren aufgestellt und bis jetzt auch nie gebrochen hatte.
Denn im Gegensatz zu ihr, hielt ich mich an meine Regeln und machte nicht drei Tage später mit dem nächstbesten Kerl, der mir unter die Augen kam, rum.
Klar waren da ab und zu verlockende Angebote, aber Regeln waren ebend Regeln.
Und gegen die Erste hab ich gerade verstoßen: Keinen Gedanken an einen Jungen verschwenden, der nicht in meiner Liga spielt, vergeben ist, der reinste Playboy ist, verdammt scheiße und unfreundlich und achja, egal was es ist, einfach an keinen Typen denken.
Schnellen Schrittes überwand ich die letzten Meter bis zu meiner Haustür.
Ich schloss sie wütend auf und knallte meine Schlüssel in die Schale auf der Komode, die in unserem Hausflur stand.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass niemand da war und ich schliff meine Schultasche die Treppen hinauf, bis in mein Zimmer und ließ sie, dann einfach mitten im Raum liegen.
Entschlossen heute nichts mehr zu tun, setzte ich mich auf den Bettrand und ließ mich nach hinten fallen.
Mit geschlossenen Augen ließ ich meinen Tag Revue passieren.
Der Tag fing schon mal schlecht an, indem Eve mir Wasser auf das Bett schüttete, damit ich aufstand.
Dann kam es im Bus zu einem Missverständnis mit Anthony und zu guter Letzt der Zusammenstoß mit "Mr. IchschubsegerneLeuteaufdenBoden" mit ausartendem Konflikt und schließlich meine Flucht, zu Fuß, nach Hause.
Nun kam mir aber in den Sinn, weswegen der ganze Tag so schlecht verlaufen war: der morgige Tag und der damit verbundene Untergang.
Und damit das nich genug war, fiel mir ein, dass ich meine Koffer noch packen musste.
Voller Vorfreude, die ich leider nicht besaß und mir das Packen um einiges schwerer machte, fing ich an Tops, Hosen, Schuhe, Bikinis und alles andere was ich benötigte, in meinen riesen großen blasslilanen Koffer zu schmeißen und zu stopfen, um den ganzen Krämpel erneut aus dem Koffer zu ziehen und ihn fein säuberlich wieder einzupacken.
Draußen dämmerte es bereits, als ich fertig war, den Koffer zu beladen.
Ein schimmerndes orange strahlte in mein Zimmer und ließ alles ein wenig freundlicher wirken, ganz im Gegenteil zu meiner jetzigen Stimmung, die eher einem Wintersturm glich.
Den Koffer, der fast so groß war wie ich, stellte ich neben meinen Kleiderschrank und sammelte, auf dem Weg zu meinem Schreibtisch, meine Schultasche auf.
Ich schaute auf mein Smartphone und bemerkte zwei Sms auf meinem Display.
Anthonys Name stach mir in die Augen und ich hatte absolut keine Lust diese Sms zu öffnen, dennoch tat ich es.
Ich möchte mich für das Verhalten vorhin entschuldigen, Prinzessin. Weder mein noch sein Verhalten war angebracht und ich hoffe du bist nicht mehr sauer.
Wie kam er darauf, dass ich ihm böse war? "Mr. IchschubsegerneLeuteaufdenBoden" war der Grund für meine Wut, aber nicht er.
Das er sich auch noch für ihn entschuldigt, verstehe ich nicht.Ich ignorierte diese erstmal und widmete mich der zweiten Sms zu.
Eine unbekannte Nummer zierte mein Display und obwohl ich solche Nachrichten sofort löschte, war meine Neugier zu groß.
Hey Miss IchlehnemichgernegegeneineEingangstür!
Ich wollte mich nur entschuldigen, war echt nicht besonders klasse von mir, mich gleich von einer meiner schlechtesten Seite zu zeigen.
Hoffe du nimmst mir das nicht all zu übel.
Mr. IchschubsegerneLeuteaufdenBoden.
Er konnte ja doch nett sein, sieh an, sieh an!
Ich frage mich, wie er wirklich heißt..
„Sollte ich Anthony fragen, wenn ich ihm zurück schreibe oder sollte ich ihn selbst fragen?", fragte ich mich laut.
Ich frage am besten gar nicht, dachte ich mir meine Antwort.
Ich nahm mein Smartphone wieder zur Hand und öffnete Anthonys Nachricht erneut.
Wieso sollte ich denn sauer sein, Chummy? Du hast doch gar nichts getan. Mach dir keinen Kopf, wir sehen uns heute Nacht um fünf vor meinem Haus, tippte ich und versendete die Sms.
Als ich Mr. IchschubsegerneLeuteaufdenBodens Sms öffnete, wusste ich nicht so Recht, was ich schreiben sollte, also schrieb ein einfaches "Schon vergessen" und schickte sie ab.
Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es Zeit ist, schlafen zu gehen.
Ich stellte mir meinen Wecker auf vier Uhr, schnappte mir einen Zettel und schrieb: Hey Mommy! Da du erst um vier nach Hause kommst, wäre es sehr nett, wenn du mich vielleicht wecken würdest, sollte ich meinen Wecker nicht hören.
Love.
Ich lief aus meinem Zimmer, die Treppen runter, hinein in die Küche und legte den Zettel, extra offensichtlich, auf die Herdplatte.
Anschließend nahm ich mir noch einen Joghurt, aß diesen auf und machte mich auf den Weg zurück in mein Zimmer.
Ich zog mir ein altes, viel zu großes, T-Shirt mit dem Aufdruck "Daddy loves his Princess" von meinem Vater an und legte mich ins Bett.
Es dauerte zwar etwas, aber irgendwann musste ich wohl eingeschlafen sein.
„Hey!", rief mir eine mysteriöse Stimme hinter her.
„Bleib stehen, du Miststück!", rief er immer und immer wieder.
Erst jetzt bemerkte ich, dass ich rannte, aber wieso rannte ich?
Wieder rief diese Stimme, dass ich stehen bleiben soll, doch ich rannte einfach weiter.
Um mich rum, war nichts als Schnee und Eis, doch mir war nicht mal ansatzweise kalt.
Ich schaute mich um, suchte die Person von der die Stimme ausging, doch ich endeckte niemanden, so sehr ich mich auch anstrengte.
Es fühlte sich so an, als würde ich in einer Endlosschleife stecken, denn immer wieder spielte sich das gleiche ab.
Er rief, ich rannte, die gleichen Sätze, die gleiche Umgebung.
Plötzlich stürzte mich etwas zu Boden.
Ich riss die Augen auf und fuhr erschrocken hoch.
Mein noch teilweise feuchter Schweiß, klebte an meinem ganzen Körper und gerade als ich mich beruhigt hatte und wieder schlafen legen wollte, spürte ich einen kalten Windzug, der mich bibbern ließ.
Fragend schaute ich auf mein Fenster, aber es war fest verschlossen und als ich meinen Kopf zur Tür richtete, war diese ebenfalls zu.Gänsehaut machte sich auf meinem Körper breit und ich fing langsam an schwerer und schneller zu atmen.
Suchend ließ ich meinen Blick durch das Zimmer gleiten, in der Hoffnung niemanden zu finden und mir alles nur einzubilden, doch der Schatten neben meinem Fenster machte mir einen Strich durch die Rechnung.
Vor lauter Angst vergaß ich zu atmen, sodass meine Lungen sich so zusammen zogen, dass es dermaßen schmerzte und ich vor Schreck, scharf Luft einsog.
Ich blinzelte ein paar mal um mich wieder zu beruhigen, doch als ich meine Augen wieder öffnete, war der Schatten weg.Eisige Luft machte sich in meinem Zimmer breit.
„Es war nur ein Alptraum, Alexis", sagte ich zu mir, damit ich mir selbst glaubte.
Ich sah auf die Uhr auf meinem Handydisplay, die drei Uhr 52 anzeigte.
Ich schloss meine Augen, um ein wenig zu entspannen.
„Alexis", flüsterte eine uminöse Stimme in meinem Kopf, die eindeutig nicht mir gehörte.
War ich jetzt etwa verrückt geworden?
Ich musste einfach noch schlafen und träumte das alles nur.
„Alexis.. bitte hilf mir", sprach die Stimme erneut in meinem Kopf.
Was läuft falsch mit mir, wieso träume ich so einen Mist? dachte ich.
Um sicher zu gehen das ich noch schlief, kniff ich mir in meinen Handrücken, doch außer, dass ich nun Schmerzen verspürte, veränderte sich nichts.
Ohne erstmal weiter darüber nachzudenken, schob ich meine Decke zur Seite und stieg aus meinem Bett.
Ich hatte nicht vor, mich großartig schick zu machen, also ging ich ins Badezimmer, zog das schweißnasse Shirt und meine Unterwäsche aus und stieg unter die Dusche.
Das warme Wasser prasselte auf meinen kalten Körper.
Ich stand eine Weile einfach nur so da, fragte mich was das alles zu bedeuten hatte, aber mir viel das nachdenken einfach zu schwer.
Ich drehte den Wasserhahn zu und schnappte mir ein Handtuch um meinen Körper damit einzuwickeln.
Damit ich nicht zu viel Zeit verlor, hatte ich mir gestern Abend schon Unterwäsche, eine Jogginghose und einen großen Pulli ins Badezimmer gelegt.
Nachdem ich mich trocken gerubbelt hatte, zog ich die Sachen an und putzte mir meine Zähne.
Meine nassen Haare band ich mir zu einem unordentlichen Dutt und war damit auch fertig.
Ich schnappte mir meine Handtasche und meinen Koffer, ging damit die Treppen runter und stellte die Sachen an die Komode.
Nun hatte ich noch knapp eine Stunde Zeit und machte mir in der Küche eine Schüssel Cornflakes.
Gerade als ich meine Schüssel in die Spülmaschine stellen wollte, wurde die Tür geöffnet und meine Mutter kam rein.
„Guten Morgen, Prinzessin", sagte sie und umarmte mich.
„Mom! Wie oft soll ich euch noch sagen, dass ihr mich nicht Prinzessin nennen sollt!", protestiere ich erneut. Wieso nannten sie, mein Vater und Anthony mich immer so?
Damals als ich klein war, kam mir das immer so normal vor, wenn mein Vater das tat, aber mittlerweile ist es mehr als komisch.
Ich schloss die Spülmaschine und setzte mich zu meiner Mutter in die Wohnstube.
„Mom? Ich muss dann mal.. Kommt Dad denn heute auch nicht nach Hause?", fragte ich sie.
Sie schaute mich wehleidig an und verschränkte die Finger ineinander.
„Dein Vater wurde mal wieder aufgehalten. Es tut ihm sehr leid, dass er dich nicht verabschieden kann, aber ich soll dir ausrichten, dass er dich sehr liebt und dir viel Spaß wünscht", sagte sie und drückte mich ganz fest an sich.
„Außerdem soll ich dich ganz, ganz fest von ihm drücken", nuschelte sie an mein Ohr.
Ich löste mich sanft aus ihrer Umarmung und machte mich auf den Weg zur Tür.
„Ich melde mich wenn ich angekommen bin, hab dich lieb"
Ich öffnete die Tür und ging zur Bushaltestelle wo ich mich mit Anthony treffen wollte.
Dort saß noch niemand, also packte ich meinen IPod aus und steckte mir die Kopfhören in die Ohren.
Und wieder einmal, hatte mein Vater mich im Stich gelassen.
Damals als ich klein war, war er eigentlich immer da.
Nie war der Job wichtiger als ich, aber als ich älter wurde, ließ es nach.
Er war dann manchmal plötzlich Wochen weg.
Zuerst war es wirklich schrecklich für mich, aber nach einiger Zeit gewöhnte ich mich daran, lenkte mich mit allem möglichen ab, bis er dann Monate weg blieb und ich ihn manchmal schon vergaß.
Gemeldet hat er sich nur bei meiner Mutter, die mir dann immer sämtliche Dinge ausrichten sollte.
Ich habe ihn jetzt seit bereits 4 Monaten und 17 Tagen nicht mehr gesehen und ich habe immer öfters das Gefühl ihn nicht mehr wirklich zu kennen.
Ich zog meinen IPod aus meiner Pullitasche und schaltete ein Lied weiter.
Die Uhr zeigte mittlerweile 5 Uhr 4 an und ich fragte mich, wo Anthony blieb.
Normalerweise war er immer pünktlich und bisher hatte er mich nur ein einziges mal warten lassen.
Meine Kopfhörer wurden mir aus den Ohren gezogen und "Mr. IchschubsegerneLeuteaufdenBoden'' stand auf einmal vor mir.Ich hatte ihn gar nicht bemerkt, so tief war ich wohl in meinen Gedanken versunken.„Ah, Hey Mr. IchschubsegerneLeuteaufdenBoden, was machst du hier?", fragte ich ihn, als er sich neben mich setzte.„Hat Tony dir nichts gesagt?", stellte er als Gegenfrage und zog eine Schachtel Zigaretten aus seinem Koffer. „Erstens, ist rauchen ist ungesund zweitens, antwortet man auf eine Frage nicht mit einer Gegenfrage und abgesehen davon, nein Anthony hat mir nichts gesagt", sagte ich regelrecht angepisst, da ich wusste worauf er hinaus wollte.Er packte die Zigaretten, zu meiner Überraschung, wieder in den Koffer zurück.
„Lass mich raten, er kommt nicht?", enttäuscht stand ich auf und schnappte mir meinen Koffer.
„Ich geh dann mal rein, danke das du so nett warst und extra her gekommen bist, um mir bescheid zu sagen",versuchte ich mit einem glaubhaften Lächeln zu sagen.
„Hey Alexis, warte doch mal!", rief er mir hinter her
.Ich blieb stehen und drehte mich um.
„Mh?"
Er kam mit seinen Sachen auf mich zu gerannt, nahm meinen Koffer und ging einfach weiter.
„Ähm, du hast meinen Koffer, den brauche ich", sagte ich verwundert, doch er ließ mich einfach ohne ein Wort stehen.
„Hey du!", rief ich, aber er blieb einfach nicht stehen.
„Hey, halt! Mein Koffer!", rief ich wieder und da er nicht so aus sah, als würde er je irgendwann stehen bleiben, lief ich ihm nach.
„Jetzt bleib doch endlich stehen!", sagte ich und packte ihm an sein Handgelenkt, um mit ihm Schritt halten zu können.
Er zog mich einfach mit sich, bis wir an einem schwarzen Benz ankamen.
„Kannst du mir mal bitte sagen was das hier alles soll?", brummte ich, als ich ihm meinen Koffer aus der Hand riss und ihn neben mir abstellte.
Er fing an zu lachen, schnappte sich wieder meinen Koffer und schloss den Kofferraum auf.
„Wärst du nicht gleich so enttäuscht weggestampft, hätte ich dir das alles von vornherein erklären können und nun setzt dich ins Auto", sagte er schlicht, hob einen Koffer nach dem anderen in den Kofferraum und schloss ihn wieder.
Ich öffnete die Tür auf der Beifahrerseite und setzte mich widerwillig hinein.
Den Koffer würde ich sowieso nicht wieder bekommen, da er den Kofferraum abgeschlossen hatte, also hatte es keinen Sinn sich zu wehren.
„Also, was soll der ganze Mist hier? Du weißt, dass das theoretisch Diebstahl ist!", sagte ich schnippisch.
Wieder fing er an zu lachen, was mir langsam ziemlich gegen den Strich ging.
Ich lehnte mich zurück, schnallte mich an und packte meine Tasche auf die hintere Sitzbank.
Er schnallte sich ebenfalls an und steckte den Schlüssel in das Zündschloss.
„Naja, ich entführe dich gerade", sagte er sarkastisch, startete den Wagen und fuhr los.
Mein Gesicht färbte sich in ein ungesundes rot und ich ballte meine Hände zu Fäusten.
„Weißt du, Mr. IchschubsegerneLeuteaufdenBoden ist viel zu nett für dich! Ich nenne dich jetzt Schlicht und einfach Arschloch, ist kürzer und passt viel besser zu dir! Ich fasse es nicht, dass ich für einen kurzen Augenblick wirklich gedacht habe, dass du vielleicht doch nett bist und nicht so ein unsoziales Arschloch", entgegnete ich unbeeindruckt und entspannte meine Finger wieder.
Seine Kinnlade viel zu Boden, er fuhr Rechts ran und starrte mich fassungslos an.
„Bitte was?!", quickte er einige Oktaven zu hoch und krallte seine Finger in das Lenkrad.
Genüsslich mit einem Grinsen im Gesicht, betrachtete ich das Spektakel, dass sich nun neben mir abspielte.
„Du hast schon richtig gehört! Du bist nichts weiter, als ein unsoziales Arschloch genau wie jeder Typ in deinem Alter, abgesehen von Anthony", missbiligend sah ich ihn an und verschränkte meine Arme, um ihn herablassend anzusehen.
Nun wurde er genau so ungesund rot, wie ich im Gesicht, schaute mich einige Sekunden so an und wurde schlagartig bleich.
Das wiederholte sich noch ein paar mal, bevor er seine Finger von dem Lenkrad löste und mir damit sanft über die Wange streichelte.
„Du bist echt süß, wenn du dich aufregst", erklärte er belustigt und startete den Wagen, nachdem er seine Griffel von mir genommen hat, erneut.
„Ich sage ja, unsoziales Arschloch", wiederholte ich verärgert und verdrehte meine Augen, und schaute aus dem Fenster.
Nach einigen Minuten traute ich mich, kurz zu ihm rüber zu schielen.
Er starrte einfach geradeaus, durch die Windschutzscheibe.
Eigentlich sah er gar nicht mal so schlecht aus.
Seine braunblonden Haare fielen ihm leicht ins Gesicht und bedeckten minimal seine goldbraunen Augen, die einem schönen Sonnenuntergang im Herbst glichen.
Er hatte ein markantes, schönes Gesicht, das einem Engelsgesicht sehr ähnlich sah.
Sein Körper war ebenfalls ein Traum aller Frauen, auf jeden Fall stellte ich ihn mir so vor.
Unter dem Tanktop das er an hatte, konnte man jeden einzelnen Muskel seines Oberkörpers erkennen und wenn er lächelte, kamen strahlend weiße Zähne hervor.
Ich musste zugeben, dass er wirklich wunderschön war und so sehr ich auch versuchte einen Fehler zu finden, so war es nur der Charakter, an dem ich etwas auszusetzen hatte.
Nach einer Weile blickte er zu mir rüber und fing an breit zu grinsen.
Mir fiel auf, dass ich angefangen hatte, ihn anzustarren und drehte meinen hoch roten Kopf schnell in die entgegengesetzte Richtung.
„Sag mal, Alexis?", fragte er mich etwas niedergeschlagen.
„Mh?"
„Denkst du wirklich so über mich?"
Gute Frage. Dachte ich denn wirklich so über ihn und wenn nicht, wie dann?
In Gedanken erstellte ich eine Art Pro-Contra Liste.
Eines der Pro's war, dass er wirklich verboten gut aussah.
Er konnte durchaus nett sein, wenn er seine Arschloch-Fassade ablegte und der niedergeschlagene Ton in seiner Stimme brachte ihm einige Sympathiepunkte ein.
Dadurch, dass er sich für sein Verhalten in der Schule entschuldigt hatte und sogar persönlich vorbei kam, um mir zu sagen, dass Anthony nicht kommen würde, heimste er ebenfalls welche ein.
Seine Augen erinnerten mich an einen wunderschönen Sonnenuntergang im Herbst, was wirklich das schönste an ihm war.
Und Musikgeschmack besaß er, wie ich gerade feststellen konnte, ebenfalls.
Er hörte kein Radio und hatte eine beachtliche Sammlung an CD's in seinem Auto, was außerdem hieß, dass er nicht illegal irgendwelche Lieder aus dem Internet zog.
Er besaß Humor und konnte schrecklich sarkastisch sein und das gefiel mir sehr an ihm.
Ich hatte mir immer gewünscht, Anthony hätte auch so eine Ader, aber er war eher der ruhige zurückhaltende Typ, der nie über Witze lachte und meistens alles fürchterlich ernst nahm.
Er konnte aber auch ernst sein, so wie es schien.
Meine Gedanken trieften gerade nur so voller Contras.
Dass er verboten gut aussah, war nicht nur ein Pro, sondern gleichzeitig eines der Contra's.
Bei uns war es definitiv Antipathie auf den ersten Blick, was ein erhebliches Contra war.
Er hatte mich verletzt und dazu noch über mich lustig gemacht und er machte mich ständig fürchterlich wütend!
Beklaut hat er mich auch und war, wenn man die Tatsache beachtete, dass ich nicht ganz freiwillig in diesem Auto saß, ein halber Kidnapper!
Zudem, hatte er eine so verletzende Art an sich, aber vielleicht interpretierte ich da auch nur zuviel rein.
Und leider Gottes, wirkte er ziemlich verschlossen, was darauf hinwies, weil er mir noch nicht mal seinen Namen verraten hatte.
Er war ein Arsch, ohne Widerrede.
Zu meinem Bedauern, verpufften die Contra's in meinem Gehirn, als er mich mit einem zarghaften Lächeln ansah und auf eine Antwort hoffte.
Ich zählte nochmal nach und kam so insgesamt auf viele Pro's und wenig Contra's.
„Nein", murrte ich letztendlich leise und starrte unbeholfen aus dem Fenster neben mir.
Wie kann es sein, dass meine Meinung sie so schlagartig geändert hatte.
Er war keiner der abgehobenen und eingebildeten Sorte.
Er war zwar etwas selbstgefällig, aber sicherlich keiner dieser Protzer-Schnösel, auch wenn er einen S-Klasse Benzer fuhr!
Vielleicht würde er ja wirklich einen guten Freund abgeben?
Es würde mir sicherlich mal gut tun, mit einem anderen Jungen als Anthony meine Zeit zu verbringen, weil er vor allem das genaue Gegenteil von ihm war.
„Gut", meinte er zufrieden und wieder konnte ich etwas in seiner Stimme nicht überhören, - dieser niedergeschlagene Unterton.
Hatte ich ihn mit meinen Worten verletzt?
Es beunruhigte mich ihn so zu sehen.
Der kecke Junge war verschwunden und ein unbeholfener Junge ohne jegliches Selbstwertgefühl kam zum Vorschein.
„Kannst du mir vielleicht sagen, wo wir hinfahren?", fragte ich um die erdrückende Stille zu brechen und hätte mich mal wieder für meine Dummheit ohrfeigen können.
Sein lächeln kam wieder und er schnippste mir gegen die Stirn.
„Wenn ich dir sagen würde wo wir hinfahren, wäre es doch keine Entführung, du Dummerchen!", lachte er und gab mir damit den letzten Rest.
So ein mieses, hinterlistiges, blödes Arschloch!
Wenigstens ist er ein guter Schauspieler!
Und trotzdem: sofort rollten die Contra's wie ein Geistesblitz in mein Gehirn.
„Arsch, Arsch, Arsch, Arsch, Arsch!", murmelte ich leise, balte meine Hände wieder zu Fäusten und versuchte dabei, sein dummes selbstgefälliges Grinsen so gut wie es ging, zu ignorieren.
Ich widmete mich deswegen wieder der auf einmal sehr interessanten Fensterscheibe.
Trotzdem ließ mich der Anblick und die dazugehörigen Gedanken nicht los.
Ich schaute ihn diesmal direkt an, egal ob er es nun sah oder nicht.
War er eigentlich immer so bleich oder bildete ich mir das nur ein und hatte er nicht eigentlich goldbraune Augen statt dunkelgelbe?
Nicht das es schlecht aussah, nein, ihm stand die bleiche Haut super und auch die Augen sahen wundervoll aus.
Es war nur ungewöhnlich.
Vielleicht war es auch einfach nur die Sonne, die langsam aufging und es etwas anders scheinen ließ.
„Gehts dir nicht gut?", fragte ich ihn, da ich mir nun doch Sorgen machte.
„Doch, wieso?", fragte er verwundert und parkte den Wagen vor der Schule.
„Du siehst bleich aus, ist dir schlecht? Bitte kotz aus dem Fenster, ich möchte nicht, dass mein Pulli voller Kotze ist!", flehte ich ihn an, schnallte mich ab und rückte dabei etwas näher zur Tür, um sie im Notfall aufzustoßen und rauszuspringen.
Erst schaute er verdutzt, dann schnallte er sich ab und dann fasste er sich selbst an die Stirn.
Nach einem Blick in den Spiegel, packte er seine Hand auf meine Stirn.
„Hast du irgendwie Fieber oder so? Ich sehe völlig normal aus und fühle mich auch so an!", gluckste er und schlug seine Tür auf.
Als ich aus der Windschutzscheibe schaute, erblickte ich Evelyn, nahm meine Tasche von der Hinterbank und stieß meine Tür ebenfalls auf, um auf sie zuzurennen.
„Du trägst meinen Koffer, bitte-dankeschön!", rief ich meinem Begleiter zu und rannte Eve direkt in die Arme.
„Ich bin so verdammt froh dich gerade zu sehen, dass glaubst du mir gar nicht!", schmollte ich und schlang meine Arme um sie.
Sie lachte und machte eine abwertende Handbewegung.
„Ach was", grinste sie selbstgefällig und tat so, als würde sie sich ihre Nägel feilen.
Ich boxte ihr freundschaftlich gegen die Schulter und wandte mich dann meinem Begleiter, dessen Namen ich nach wie vor immer noch nicht kannte, zu.
„Danke fürs herfahren, wäre aber nicht nötig gewesen", meinte ich.
"Und danke nochmal das du mitkommst, Eve. Es werden die besten letzten 6 Wochen in Freiheit, die wir haben!", sagte ich und umarmte sie noch einmal.
„Hab ich irgendwas verpasst oder so?", fragte sie an uns beide gerichtet und kratzte sich am Hinterkopf.
Das Arschloch massierte sich erst die Schläfen und hielt sich dann sein Nasenbein.
„Deine Freundin ist ziemlich dämlich, Eve", sagte er nur und ging dann mit den Koffern davon.
„Was hab ich denn jetzt schon wieder getan?", schrie ich ihm wütend hinterher.
Er hob seine Hand hoch und zeigte mir seinen Mittelfinger!
„Du mieser Pisser, steck dir deinen hässlichen Mittelfinger sonst wohin oder ich breche ihn dir!", schrie ich ihm noch nach, aber da war er schon verschwunden.
„Jetzt reicht's!", kreischte ich und rannte ihm hinterher.
Meine Tasche befand ich als unnötigen Ballast und warf sie Evelyn zu, die mich mit zusammen gekniffenen Augen ansah.
„Spar's dir!", rief ich und stieß die Eingangstür der Schule auf.
„Eh Arschloch, wo steckst du? Ich will dir deine Körperteile einzeln ausreißen und meinem inneren Hauspuma zum fraß vorsetzen!"
Ich lief durch das ganze Gebäude und durchkempte alle Zimmer.
„Komm raus!", schrie ich aufgebracht.
„Nom de Dieu, Alexis!", spie er mir entgegen, als er aus dem Jungsklo kam.
Shit, da hätte ich auch lange suchen können, dachte ich mir.
„Da bist du ja endlich! Mein innerer Hauspuma freut sich schon, auch wenn er lieber den Namen von seiner Beute kennt", knurrte ich und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Mr. Unbekannt schaute mich irritiert an und fingerte dann etwas aus seiner Hosentasche.
Er kam auf mich zu und nahm meine Hand, zog mich zur Treppe und schließlich setzten wir uns.
„Mach deine Augen zu und öffne deine Hand, erst wenn ich es sage, öffnest du deine Augen wieder", sagte er monoton und schaute mir dabei tief in die Augen.
Ich wusste nicht wieso, aber ich hatte ein Verlangen in der Brust, dass ich noch nie zuvor gespürt hatte.
Ohne zu überlegen schloss ich meine Augen und hielt ihm meine offene Hand hin.
Alle meine Sinne sträubten sich dagegen, aber dieses Verlangen machte meine Versuche zu nichte.
Ich spürte seine heißen Atem in meinem Gesicht immer näher kommen, wollte meine Hand zurück ziehen, aufspringen, aber nichts geschah.
Als wäre ich eine lebendige Statue, saß ich einfach nur da.
Dann plötzlich legte er seine Lippen auf meine.
Ich wollte die Augen aufreißen, schreien, mich unter ihm wenden und ihm vor allem eine reinhauen.
Doch mein Körper ließ es geschehen und sträubte sich gegen meinen Verstand. Körperlich genoss ich es sogar richtig!
Er berührte meine Wange, glitt zu meinem Nacken, zog mich näher zu sich und streichelte leicht auf und ab.
Milliarden von Schmetterlingen fingen an in meinem Bauch zu wüten, machten sich bereit zu einem Feuerwerk zu werden, dabei küsste ich einen völlig Fremden!
Nicht mal seinen Namen kannte ich!
Mir wurde heiß und kalt und ich bekam eine unvorstellbare Gänsehaut am ganzen Körper. Langsam zog er sich zurück, doch ich konnte seinen schnellen Atem noch auf meinem Gesicht spüren.
„18 Jahre hab ich auf diesen Moment gewartet", murmelte er leise, zu leise, doch ich verstand jedes Wort.
Hätte ich mich bewegen können, wären mir meine ganzen Gesichtszüge entglitten. „Öffne deine Augen, Alexis", flüsterte er an mein Ohr und ging ein wenig auf Abstand. Schlagartig riss ich meine Augen auf, wollte ausholen, doch er fing meine Hand ab. „Happy Birthday, Prinzessin", sagte er erfreut und küsste mich erneut.
Dabei streifte er nur leicht meine Lippen, doch es kribbelte sofort.
Ich legte meine Finger drauf, strich ungläubig darüber.
Verdammt!
Ich hatte meinen eigenen Geburtstag vergessen!
Ich hatte wirklich meinen 18 Geburtstag vergessen. Immer noch fassungslos, starrte ich den Kerl vor mir an.
Der Kerl, der gerade zum zweiten Mal meine Lippen berührt hat!
„Du! Was hast du da mit mir gemacht?", blaffte ich ihn an und ließ erneut meine Hand schnellen. Diesmal hielt er mich nicht davon ab und ließ die Bachpfeife über sich ergehen.
„Na los! Sag schon!"
Doch statt mir eine Antwort zu geben, legte er etwas in meine noch immer offene Hand. Ich starrte auf dieses Etwas. Ein Ausweis. Sein Ausweis! Ich nahm das Ding genau unter die Lupe.
Name.
Wollte ich wirklich wissen wer er war?
Ja, dass wollte ich!
Connor Nathaniel Scott. Er.., schoss es mir in den Kopf, ganz von selbst.
Plötzlich bahnte sich etwas den Weg durch meine Blutbahn, direkt zu meinem Herzen. Nathaniel.
Dieser Name kam mir so unendlich bekannt vor. Nathaniel, Nathaniel, Nathaniel.
Jedes Mal wenn ich auch nur den Anstand machte seinen Namen in Gedanken auszusprechen, zog sich mein Herz zusammen und eine dicke Gänsehaut überfuhr meinen ganzen Körper.
Ich riss mich selbst aus meinen Gedanken und starrte ihn an.
Immer noch völlig durch den Wind, ließ ich meine Hand mit dem Ausweis sinken.
„Was hast du mit mir angestellt?", es war eher ein flüstern, was da aus meinem sonst so lauten Mundwerk kam.
Er sah mich an, ein sanftes Lächeln stahl sich auf seine Lippen, dann nahm meine Hand. „Ich hab rein gar nichts mir dir gemacht, dass warst allein du", murmelte er und küsste sie keusch.
Was war da nur los mit mir?
Ich hatte nichts getan, dass war allein er!
Auch wenn mich das alles mehr als störte, hatte ich nun Grundinformationen.
Sein Name war also Connor, ich wollte den Zweitnamen definitiv nie wieder aussprechen, er war 18 und hatte am 19.07 Geburtstag.
Genau einen Monat nach mir!
Apropos Geburtstag, meiner war heute!
„Ach du meine Güte!", rief ich durch den Gang.
Ich sprang auf und rannte auf und ab.
Ich war 18, endlich 18!
Wie lange ich schon auf diesen Moment gewartet hatte.
Nach dem Tamtam der mich die nächsten Wochen begleitete, würde ich ausziehen, weg aus Brighton!
Mein eigenes Haus in der Gegend der Reichen und das in Paris oder Italien!
Das war das was ich mit meiner Mom besprechen musste und was die Strapazen der nächsten Wochen wett machen würde.
Verdammt nochmal!
„Ich muss.. ich muss nach Hause", stammelte ich wirr durch die Gegend.
„Was?! Du kannst doch jetzt nicht gehen, der Bus hält gleich", engegnete Connor auf mein immer noch wirres Gestammel.
„Was? Wel- welcher Bus?"
Anstatt mir eine Antwort zu geben, zog er mich einfach hinter sich her.
Ich wehrte mich nicht, ließ es einfach geschehen.
Was würde das auch nützen, er war viel zu kräftig.
„Wo ist Evelyn?", fragte ich ihn, da mir bewusst wurde, dass auch sie meinen Geburtstag vergessen hatte.
Genau so wie meine Mutter!
Hallo? Ich wurde 18, wie konnte man das vergessen?
Und Anthony! Er hatte mich an meinem 18 Geburtstag versetzt!
Das würde noch eine Standpauke geben.
Mein Vater hielt es ebenfalls nicht für wichtig, wenigstens an meinem Geburtstag aufzutauchen...
Er lief und lief und lief und dann standen wir vor einer weißen Limousine.
„Das nennst du Bus? Sag mal, ist dir eigentlich noch zu helfen?", nörgelte ich rum und schlug ihm mit meiner freien Hand gegen die Schulter.
Ich wartete nicht auf seine Antwort, riss mich los und drehte mich um, um nachhause zu gehen.
Ich musste mit meiner Mutter reden, wenn ich so schnell wie möglich aus Brighton weg wollte.
Die Bewerbungsphase für die Eliteschulen waren schon am laufen und ich musste mich dringend bewerben.
Ein Glück, dass ich eine Einserschülerin oder eher Musterschülerin war.
Sie würde mich danach sicherlich ins Auto setzen und nach Small Dole fahren lassen.
„Alexis, bleib doch bitte stehen", rief Connor mir hinterher und hatte mich auch schon bald eingeholt.
Er warf mich über seine Schulter und ging zurück zur Limousine.
Ich hämmerte wie verrückt auf seinem Rücken rum, aber ihn störte das nicht ein bisschen. Seine Haut war hart und auch irgendwie kalt, ganz anders als seine Lippen und seine Hände, die eine durchaus normale Temperatur hatten.
Dabei war es mehr als warm!
Sanft setzte er mich in die Limousine und schob mich rein, damit er sich selbst setzen konnte.
Bevor ich mich überhaupt bewegen konnte, um die Tür aufzuschlagen, verriegelte er diese und wies dem Fahrer an, loszufahren.
Super!
Wir fuhren ungefähr 30 Minuten, was eine unfassbare Verschwendung der Limousine war, ehe wir ankamen. Ich hatte die ganze Fahrt über nicht aufgesehen, sondern nur meine Hand angestarrt, die immer noch verdächtig kribbelte und war in Gedanken versunken. Daher bemerkte ich auch nicht, dass Connor mich wieder hoch hob und auch nicht wo genau wir waren.
Im Brautstyle gingen wir einen schmalen Weg entlang und wären wir nicht in einer Limousine gefahren und hätte er mich davor nicht geküsst, hätte ich gedacht, er würde mich wirklich entführen.
„Lässt du mich bitte runter?", fragte ich ihn mit einem zuckersüßem Lächeln.
Er gewährte mir den Wunsch und ich konnte auf meinen eigenen Beinen weiter laufen, was sich allerdings als schwierig herausstelle, da mein ganzer Körper unter seiner Berührung litt und wie verrückt kribbelte.
Ich sah einige Caravans und weiter hinten große Familienzelte.
Ich runzelte die Stirn und versuchte heraus zu finden, wo genau wir waren, bis mir ein großes mit dicken Buchstaben bedrucktes Schlid vor die Augen kam.
FARMHOUSE - CARAVANS and CAMPING.
Small Dole!
Das hätte mir irgendwie klar sein müssen.
„Wieso sind wir jetzt in einer Limousine nach Small Dole gefahren?", fragte ich ihn, da mir die Stille unangenehm geworden war und hakte mich bei ihm ein.
Eine Geste um sein Vertrauen zu gewinnen!
„Immer schön schleimen, Alexis. Dann bekommst du auch was du willst!", sagte ich in Gedanken zu mir selbst. Er blieb verwundert stehen und ich konnte das Fragezeichen in seinem Gesicht förmlich anfassen, so erstaunt war er.
„Ähm", fing er sich wieder und ging weiter. „Du hast Geburtstag, da kann man so etwas doch mal machen", brachte er seinen Satz zu ende.
Ich lief um ihn herum, da er so schnell ging und ich probleme hatte mit ihm mitzuhalten und brachte ihn somit zum stehen.
Dabei ließ ich auch seinen Arm los, was er ganz und gar nicht toll fand.
„Also quasi ein Geschenk?", fragte ich ganz freundlich, vielleicht auch eine Spur zu freundlich, denn wieder schlich sich ein Fragezeichen auf sein Gesicht.
Er nickte nur und wollte weiter gehen, aber ich reichte ihm meine Hand, die er nur zu gern nahm.
Ich kannte diesen Jungen, da war ich mir sicher und so sicher wie ich war, würde ich meine Einsen darauf verwetten!
Allein wenn ich seinen Zweitnamen in Gedanken aussprach, merkte ich, dass da etwas war.
Das Gefühl, was meinen Körper durchfuhr, bestätigte das ganze nur noch.
„Ich muss dir jetzt die Augen verbinden", sagte Connor monoton und zog dabei eine Schlafmaske aus seiner Hosentasche.
Er starrte mir wieder wie besessen in die Augen und dieses Verlangen in meiner Brust kehrte zurück.
Ich wusste das etwas nicht stimmte.
Es lag nicht an mir!
Er machte etwas mit mir, dass nicht normal war.
Dieses Mal achtete ich auf alles was er tat und regte mich nicht darüber auf, dass ich mich nicht bewegen konnte.
Seine Pupillen wurden klein und seine Augen wechselten die Farbe. Sie waren dunkelgelb wie im Auto, aber diesmal mit ein wenig dunkelgrün gemischt!
Ich hatte mir das also alles doch nicht eingebildet.
Er machte etwas mit seinen Augen, dass mich diese verrückten Dinge machen ließ.
Danke an Ms. Morrison, die mich an einem Samstagabend, die Farbpsychologie hat pauken lassen.
Dunkles gelb stand für geistige Anstrengung und noch etwas.
Mentale Kontrolle!
Das war es!
Dunkles grün stand für Unbeweglichkeit, was mein momentaner Zustand auch bestätigt.
Demnach müsste ich jetzt dunkelgrüne Augen haben.
Hätte ich jetzt Stift und Zettel dabei, würde ich das alles aufschreiben.
Die Farbpsychologie würde mir sicherlich nochmal nützlich sein.
„Wie lange willst du mir eigentlich noch wie besessen in die Augen starren?", verwundert riss ich meine Augen auf, blickte ich ihn an und auch in seinen Augen konnte ich Verwunderung erkennen.
Wie zur Hölle konnte ich mich aus der Starre befreien?
Er hatte doch immer noch diesen Psychoblick drauf, also hatte er auch noch die Kontrolle über mich.
Wieso konnte ich das nicht, als er mich geküsst hat, verdammt!?
Vielleicht hatte er ja recht und innerlich wollte ich es wirklich.
Mein Körper war ja auch mehr als begeistert davon.
Ich musste meine Gedanken sortieren und dafür musste ich weg von ihm.
Da er immer noch völlig überrumpel war, nutzte ich diese Chance und rannte den Weg zurück.
Ich lief an der Limousine, die dort komischerweise immer noch stand, vorbei und sah ein Stück weiter ein altes weißes Haus mit der Aufschrift Timbers Bed and Breakfast.
Dort rannte ich rein und lief Emma, der Besitzerin, auch direkt in die Arme.
„Kind, du siehst aus als hättest du einen Geist gesehen, ist alles in Ordnung mit dir?", zog sie mich in eine Umarmung und musterte mich besorgter wie eh und je.
Emma war meine Tante und sie entsprach so ziemlich das Ideal einer etwas zu vollbusigen Besitzerin eines Dinners.
Sie färbte sich mit ihren 40 Jahren immer noch die Haare rot. Fragt mich nicht wieso sie das tat, es war einfach so.
Sie war eigentlich ganz hübsch, ach was, sie war wunderschön, so wie jeder aus meiner Familie, bis auf mir.
Ich war... normal.
Ich war nicht mager, aber auch nicht dicklich.
Mein Gesicht war mit dunkelblauen Augen und schön geschwungenen, vollen Lippen gesegnet.
Ich hatte dunkelblonde Haare, die mir knapp unter die Brüste gingen und für meine Verhältnise echt tolle Augenbrauen.
Trotzdem war ich ziemlich zufrieden mit mir, bis zu den Momenten, in denen ich meine Familie sah.
„Kindchen, wie siehst du eigentlich aus? Hattest du eine Rund-um-Erneuerung und ein Paar OP's hinter dir?", fragte mein Tant'chen mich völlig schockiert und hielt sich ihre Hand vor den Mund.
Ja so war sie, direkt und unverblühmt.
Das sie dabei manchmal beleidigend wurde, merkte sie nicht oder sie wollte es auch gar nicht merken.
Was das Gute an der ganzen Sache war? Ich konnte genau so direkt sein, denn bei ihr konnte ich meine Teufelsader ausleben ohne schockiert angeschaut zu werden und Ärger zu kassieren.
„Nimmst du wieder diese Pillen und leidest an Halluzinazonen?", fragte ich sie deshalb genau so schockiert und mimte eine Ohnmächtige nach, indem ich mir dramatisch eine Hand vor die Stirn klatschte und gespielt das Gleichgewicht verlor.
„Oh nein", lachte sie und zog einen Spiegel aus ihrer Kitteltasche.
Immer noch lachend hielt sie mir den Spiegel vor mein Gesicht und was ich da sah, ließ meine gespielte Schockiertheit zu echter werden.
Und Unglauben. Und Verwirrung. Und Übelkeit, ja... ganz viel Übelkeit gepaart mit schwarz werdender Umgebung und erneuter Bekanntschaft mit dem diesmal laminierten Boden.
Ich befand mich in.. ja.. einem schwarz, dass ich immer noch nicht definieren konnte. Und dieses Mal schon ziemlich lange. Ich war schon ein paar Mal hier. Das ganze fing an meinem 16 Geburtstag an und passierte immer, wenn ich etwas neues an mir entdeckte. Das letzte Mal war, als mir an einem Morgen meine Lippen aufgefallen waren, die auf einmal richtig wundervoll aussahen.
An mir flogen ab und zu ein paar Schattenelfen vorbei und von weitem konnte ich meinen Ehegatten lachen hören. Ich hatte ihn auch schon gerufen, doch weder antwortete er mir, noch bewegte er seinen Knackarsch. Und er sprach von Liebe, pah! Gefallener Engel? In die Realität gezogener Teufel traf es besser!
„Luzifer, kannst du mir bitte endlich mal helfen?", spie ich dem Kerl gelangweilt entgegen und musste auch sofort demonstrativ gähnen, doch wieder hallte nur sein dämliches Lachen in das Schwarz.
Ich hatte mich an diese Situation schon gewöhnt. Ich war schließlich schon das mittlerweile 20 Mal hier. In der Zeit hatte ich Luzifer geheiratet und einen Pakt mit ihm geschlossen, die Ehe erst zu anulieren, wenn "ein bestimmter Kerl in mein Leben traf" und irgendwas mit mir anstellte. Was oder wen er damit meinte, wusste ich immer noch nicht, aber es war mir auch egal. In dieser "Welt" wie ich sie nannte, war alles lustig und so unreal, dass ein Pakt und eine Ehe mit Luzifer das geringste Problem dastellte.
Wenigstens konnte ich nun meine Gedanken in Ruhe ordnen. Das Letzte an das ich mich erinnern konnte, war mein Spiegelbild und die unsanfte Begegnung mit dem Laminatboden in der Pension meiner Tante. Und das war es schon wieder.
„He Luzi! Willst du wissen wie ich jetzt aussehe?", fragte ich irgendwo in die Richtung, wo ich das Lachen ausmachte, bekam aber trotzdem keine Antwort. Das war doch zum Mäuse melken! „Ich würde es gerne hören", piepste ein Schattenelf in mein Ohr. Und obwohl das wirklich bösartige Mistviecher waren, waren sie zu mir sehr nett und hatten auch diese piepsige Stimme, die man von einer Elfe erwartete. „Nun gut. Ich sehe völlig anders aus! Jetzt weiß ich auch was meine Tante mit der "Rund-um-Erneuerung" meinte. Ich habe eine richtig blasse Hautfarbe bekommen, deswegen auch die Bemerkung mit dem Geist. Außerdem sind meine Augen nicht mehr dunkelblau, sondern ein blau-rot Gemisch. Und meine Haare! Ja meine Haare erst! Die sind blau! Blau, kleine Elfe! Pardon Schattenelfe. Ich hab auch richtig große Brüste!", erfreut klatschte ich in die Hände und rieb sie aneinander. Ich freute mich richtig wieder aufzuwachen. Der Schattenelf kicherte, etwas zu hysterisch für meinen Geschmack, aber es schien, als würde er sich mit mir freuen.
„Ich bin wirklich wunderschön", murmelte ich etwas verträumt. „Hast du gehört Luzifer? Wunder-schön!", betonte ich das wunderschön ein wenig übertrieben, aber ich wollte mit meiner neu gewonnenen Schönheit eben ein wenig Aufmerksamkeit erhaschen.
„Kannst du mir vielleicht sagen wo ich bin?", versuchte ich aus ihm heraus zu bekommen. Bis jetzt wollte mir noch niemand etwas über das alles hier sagen. Vielleicht hatte ich ja jetzt Glück. „Tut mir leid Alexis, aber du kennst die Regeln", brüllte Luzifer aus seiner Ecke und kam langsam auf mich zu. Ich konnte zwar nichts sehen, aber die Aura konnte ich bei einer gewissen Entfernung ausmachen. Das hatte mir ein Dämon names Callum beigebracht. Eigentlich schade, dass ich sie nur sehen konnte, wenn ich in Ohnmacht fiel. „Jetzt mal ehrlich, wie würdest du dich bitte fühlen, wenn du als Mensch, in eine Traumwelt mit übernatürlichen Geschöpfen geworfen wirst und das ganze 20 Mal!", gummelte ich barsch und gönnte meinem Mittelfinger etwas Bewegung.
Ich hatte heraus gefunden, dass die Geschöpfe alles sehen konnten. Nur ich und die Schattenelfen nicht. Warum war mir nicht bewusst, aber ich musste den Ehevertrag mit meinem Blut überströmten Daumen unterzeichnen, da ich nicht sehen konnte, was und wohin ich schrieb. Wieder ertönte sein grauenvolles Lachen in die Dunkelheit. „Eben weil du schon sagenhafte 20 Mal hier warst, müsstest du doch langsam etwas realisieren, Alexis!", spottete er.
Und ab da verstand ich nichts mehr. Was gab es den zu realisieren? Hier war doch nichts real. Ich kam mir vor, wie in einem schlechten Film und ich war die Hauptdastellerin.
„Ich realisier ich gar nichts und jetzt schick mich wieder in die Wirklichkeit, es wird öde", versuchte ich ihm glaubhaft zu machen. Hier war gar nichts öde, aber ich wollte nicht, dass er mir etwas anmerkte. Es war vollkommen still und ich merkte, wie die Aura sich wieder verzog und mich in der Dunkelheit allein ließ. Selbst der Schattenelf war verschwunden. Da keiner mehr mit mir reden wollte, dachte ich weiter über den heutigen Tag nach.
Connor war kein Mensch. Oder er war einer und hatte sehr gruselige Superkräfte. Er wollte mich manipulieren und hatte das bereits auch schon einmal geschafft. Beim zweiten Mal, konnte ich mich Mental befreien, was mich auf die nächste Frage brachte. Wieso konnte ich das? Ich war ein Mensch ohne jegliche Superkräfte und konnte mich gegen dieses Etwas wehren. Gab es noch mehr von ihm? Kannte ich welche davon? So viele Fragen in meinem Kopf und ich konnte keine davon beantworten. So viele Tatsachen und nichts plausibles! Wenigstens eins war sicher.. Ich würde mich ihm nie wieder nähern. Aber was hatte es mit seinem Zweitnamen auf sich? Das war das größte Fragezeichen in meinem Kopf. Ich kannte ihn, definitiv, aber wieso konnte ich mich nicht an ihn erinnern? Hatte er mir die Erinnerung genommen? Es wäre nicht auszuschließen. Wenn er mich zu Sachen zwingen konnte, konnte er bestimmt auch Erinnerungen aus meinem Gehirn entfernen. Oder vielleicht auch nicht? Ich sollte umbedingt mal das Internet befragen!
Mein Kopf rauchte und ich bekam unfassbare Kopfschmerzen. Mein kleiner Zeh fing an zu zittern, was das Zeichen dafür war, dass ich wieder zurück in meinen Körper kam. Es würde jetzt noch fünf Minuten brauchen, bis ich wieder hören, 15 Minuten, bis ich wieder Finger und Zehen bewegen, 18 Minuten, bis ich meine Augen öffnen konnte und 30 Minuten bis ich wieder vollständig anwesend war. „Adieu Luzifer, ich hoffe es war das letzte Mal, dass wir uns sehen und ich will die Scheidung!", rief ich, wie auch sonst, in die Richtung in der ich das letzte mal seine Aura ausmachen konnte und schloss meine Augen.
„Sie ist jetzt schon viel zu lange in diesem Zustand, Emma!", konnte ich eine Stimme sagen hören. Ich kannte diese Stimme, hatte sie aber schon lange nicht mehr gehört. 4 Monate lang nicht, um genau zu sein. Es war mein Dad.. Ich wollte die Augen öffnen und auf mich aufmerksam machen, aber mein Körper wollte mir noch nicht ganz gehorchen.
„Ich weiß, Ethan, es tut mir doch auch leid", hörte ich eine weitere Stimme murmeln. Tante Emma. „Wieso musstest du ihr auch ausgerechnet einen Spiegel vor die Nase halten", hielt er ihr brüllend vor. Seine Stimme klang heiser und rau. Scheinbar hatte er schon viel geschrien. So kannte ich meinen Vater nicht. Er war eigentlich der ruhige Gegenpol der Familie. „Ich hatte sie so lange nicht mehr gesehen, ich dachte, sie hätte ihre Haare einfach gefärbt und ist älter geworden. Woher hätte ich den wissen sollen, dass die Verwandlung so früh bei ihr eintritt?", konterte sie, klang aber verzweifelt und Reue war in ihrer Stimme zu hören.
Verwandlung? Ich hatte mich zwar selbst über mein neu errungendes Aussehen gewundert, mir aber keine Gedanken darüber gemacht. Ich hatte es einfach auf einen letzten Pupertätsschub geschoben. Und das mit meinen Haaren. Ja. Das hatte ich irgendwie verdrängt. Zu groß war die Freude. Verdammt! Ich war nicht mehr ich und ich war dafür sicherlich nicht verantwortlich gewesen!
Es war eine Zeit lang ruhig, keiner redete mehr und ich konnte uns alle nur atmen hören. Mittlerweile war ich auch wieder die Frau meines Körpers und meiner Sinne, bewegte mich aber trotzdem nicht. Zu recht.
„Was machen wir denn jetzt?", fragte meine Tante ihren Bruder. Sie saß neben dem Bett, auf dem sie mich anscheinend platziert haben und starrte aus dem Fenster. Mein Dad stand mit dem Rücken zu mir und zupfte die ganze Zeit über nervös an seinem Kragen rum.
Ich war noch in der Pension. Bis auf mir und den beiden, war keiner im Zimmer. Meine Mutter kam einmal ganz kurz rein und fragte, wie es mir ging.
„Ich habe keine Ahnung, warten und hoffen, dass sie die Verwandlung übersteht und wieder aufwacht", gab er ihr zur Antwort und verließ rasend das Zimmer. An seiner Stelle kam die Person, die ich auf keinen Fall hier haben wollte. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich ihn raus geschmissen, aber die Möglichkeit so mehr zu erfahren, als ich anfangs gedacht hatte, war zu groß.
„Wie geht es ihr?", fragte er. Er klang besorgt. Fast rührend, wäre er nicht irgendeine Art von Monster. „Immer noch unverändert", antwortete Emma monoton. Sie mochte ihn also auch nicht. Gut für mich. Ich fragte mich, warum es ihnen nicht auffiel, dass ich schon lange wieder bei Bewusstsein war, führte das aber auf den Stress zurück. „Habt ihr eine Ahnung, was gerade mit ihr passiert?", fragte er wieder. Nervensäge! „Mensch Nathaniel, wir haben keinen Schimmer. So etwas kam noch nie vor!", spie sie ihm entgegen und schlug mit der Faust gegen die Wand. Dieser Name. Ich hasste ihn! Und meine Tante scheinbar auch, denn ich hatte sie noch nie so aufgebracht gesehen.
Ich hatte genug gehört und wollte den Sackkobolt so schnell wie möglich wieder los werden. Ich öffnete langsam ein Auge. Dieses Mal würde ich den Fehler, beide Augen gleichzeitig aufzureißen, nicht nochmal machen, denn beim ersten Mal, wäre meine Tarnung fast aufgeflogen. Viel zu grell war das Licht, schlecht um aufzuwachen. „Bin ich im Himmel?", murmelte ich leise und hatte sofort jegliche Aufmerksamkeit auf mir. Mein Schauspielunterricht, sollte sich dann wohl doch nochmal nützlich machen. „Alexis, alles okay mit dir?", fragte meine Tante sofort. „Ethan, komm schnell, Alexis ist wach!", rief Connor gleich hinter her. Mein Vater war sofort anwesend und musterte mich besorgt. Besorgt, aber aufmerksam. „Alles okay?", fragte auch er und legte mir eine Hand auf die Stirn. „Seid ihr etwa auch gestorben?", schockiert setze ich mich auf, nur um gleich wieder nach hinten zu fallen. Ohja, Schauspielunterricht war toll. Ich sollte definitiv wieder damit anfangen. „Nein, nein, oh Gott, nein", fing mein Vater an zu lachen und so kannte ich ihn auch, ruhig, gelassen und immer für einen Lacher zu haben. „Wie jetzt?", fragte ich verwirrt und schaute hektisch nach links und rechts.
„Wir sind noch am Leben, Alexis", lachte Connor. Oh diesen Spaß würde ich mir nicht nehmen lassen. „Wer bist du und wieso kennst du meinen Namen?", fragte ich völlig entsetzt und kauerte mich ein wenig weiter in die Decke. Meine Stirn legte ich in Falten und riss meine Augen soweit auf, wie es nur ging. Sein Gesicht nahm ebenfalls etwas entsetztes an und wieder spiegelte sich Sorge in seinen Augen. „Ich bin Connor, erinnerst du dich etwa nicht mehr?", fragte er. „Ich kenne keinen Connor", sagte ich monoton und musste ein Grinsen unterdrücken. Es war gar nicht so leicht jemanden so zu veräppeln. „Ich, dass fass ich jetzt nicht", sagte er entsetzt und verließ das Zimmer.
Die Tür schloss sich mich einem Knall und ich brach in schallendes Gelächter aus. „Das war das Beste was ich je erlebt habe!" rief ich erfreut. „Hallo Dad, schön dich endlich mal zu Gesicht zu bekommen", sagte ich etwas liebevoller und fiel ihm in die Arme. Er erwiederte die Umarmung herzlich. „Herzlichen Glückwunsch zu deinem 18. Geburtstag meine kleine Prinzessin", schmunzelte und ich konnte eine Träne aus seinem Auge fliehen sehen. „Ach Dad", lachte ich und drückte ihn etwas enger an mich.
„Ich glaube wir haben dir einiges zu erklären", sagten Emma und er synkron und ich nickte. Ja das hatten sie.
„Hör mal, Prinzessin", mein Vater seufzte laut, ehe er anfing weiter zu sprechen. „Du hast dank Nath bestimmt mitbekommen, dass irgendwas hier nicht ganz normal läuft", sofort unterbrach ich ihn, um meinen Senf dazu zugeben.
„Der Kerl ist ein Monster! Er kann irgendwas mit seinen scheiß beschissenen Augen und murmelt ständig irgendwas davon, dass er schon 18 Jahre darauf warten würde und irgendwas von Prinzessinen und so einen Scheiß! Der Kerl ist krank! Sein beschissener Zweitname stellt Dinge mit mir an, die ich nicht will und geküsst hat der Penner mich auch und das wollte ich auch nicht, aber irgendwie schon und die Gefühle die ich dabei hatte waren nicht normal Dad! Der hat mich manipuliert mit seinen dummen, verrückten Augen! Und ich hasse ihn so sehr, so ein Sackkobolt!" spie ich durch das Zimmer und zeigte ständig auf die Tür durch die der Verrückte gestürmt ist.
Mein Vater und auch meine Tante starrten mich verdutzt an, ehe meine Tante anfing wirklich teuflisch zu grinsen und mein Vater mich besorgt musterte. Sie konnte ihn also wirklich nicht leiden und er wohl schon.
„Das war naja, nicht geplant, aber Nath ist kein Verrückter, kein Monster und auch nicht krank. Er ist genau wie du ein Savant und höchstwahrscheinlich bist du genau wie er ein Vampir.", sprach mein Vater weiter und ich unterbrach ihn wieder barsch. „Bitte was?", fragte ich spitz und in einem quickigen Ton. „Lass mich doch einfach aussprechen", bat er mich, worauf hin ich einfach nur nickte.
„Das er dich manipulieren konnte, liegt an seiner Begabung. Er kann jedes exstierende Wesen mit den Farben seiner Augen manipulieren, so auch dich", endete er und blickte mich besorgt an. Verständlich, wenn man seiner Tochter weiß machen wollte, es gab Vampire und sie selbst war einer davon. Ich lachte auf bevor ich sprach und winkte mit meiner Hand von meinem Gesicht rum.
„Du bist wohl nicht ganz dicht, Vampire, Savants, ist klar Dad", lachte ich ihn voller Hohn aus. „Prinzessin, dass ist mein voller Ernst" Er blickte mich tatsächlich mit einem sehr ernsten Gesichtsausdruck an, der keinen Zweifel zuließ. „Du, nein, du verarscht mich hier doch, oder?", fragte ich sichtlich unsicher und aufgelöst. „Nein mein Schatz. Du bist ein Savant und wahrscheinlich auch ein Vampir, vielleicht aber auch ein Medium, wenn du nach deiner Mutter kommst. Wenn sich unsere Gene nicht einigen konnten, beides." Liebevoll blickte er mich an und strich mir über mein Haar. Ich schüttelte wirr meinen Kopf und schlug seine Hand weg.
„Nein", flüsterte ich und versuchte zu flüchten, doch mein Vater hielt mich eisern fest. „Prinzessin, lass es mich dir von anfang an erklären", sprach er autoritär auf mich ein. So hatte ich ihn noch nie erlebt. Ich nickte leicht und ließ mich wieder aufs Bett fallen.
„Vor einiger Zeit sind die Familien deiner Mutter und mir durch das Portal, dass zu dieser Welt führt geflüchtet. Auf der anderen Seite herschte großer Krieg, sodass die führenden Familien flüchten mussten, um weiter agieren zu können. Dein Opa war damals der erste König und wäre damals sicherlich gestürzt worden. Der Vater deiner Mutter war sein oberster Führer und musste ihn begleiten. So kam es, dass deine Mutter und ich uns verliebten. Wir waren gerade 18 geworden, sodass ich die Unsterblichkeit erlangte und sie die Gabe der Seelenführer bekam. Damit waren wir beide Unsterblich. Der Krieg verebbte und alle kehrten zurück. Kurze Zeit später wurden deine Mutter und ich verbannt, weil damals die Liebe zwischen nicht gleicher Wesen verboten war. Der Grund war, dass deine Mutter mit dir schwanger geworden ist, dass war vor circa 19 Jahren. Wir kehrten also zurück in das Leben, dass wir hier führten und lernten die Familie von Nath kennen. Sofort war klar, dass du und Nath Savants seit, also Seelenspiegel, es heißt oft auch Seelenverwandt oder auch Seelenverbunden. Das passiert nicht oft, musst du wissen. Die Chance seinen Seelengefährten zu finden ist so gering, dass es damals nur ein Mythos war. Nur die Königsfamilien wussten von ihnen, weswegen ich handeln konnte. Nath war damals 17, als er dich zum ersten Mal sah und seine Familie waren normale Vampire ohne jegliche Macht in der damaligen Gesellschaft. Wir baten ihnen also an, wenn sie annahmen, dass wir dich ihnen versprechen, sie einen gewissen Machtheitsgrad in der anderen Welt erhielten. Ich war einer der Söhne des Königs und somit ein Prinz. Das Gleiche galt für dich und so wäre Nath ebenfalls Prinz geworden. So wollten wir verhindern, dass sie Nath, wenn er 18 wird, mit irgendeiner dahergelaufenen Vampirin verheirateten. Deswegen auch das gerede davon, dass er 18 Jahre auf etwas warten musste. Nämlich auf dich. Das er sich dir nähern darf, dich berühren darf, verstehst du? Seine Eltern wurden nach einiger Zeit sehr skeptisch, weshalb wir ihnen schließlich erklären warum wir darauf beharrten dich mit ihm zu verheiraten. Damals musste ein Vampir, es sei denn er war versprochen, mit 18 seinen Gefährten wählen und heiraten. Als du dann geboren wurdest, wollten dich deine Großeltern entführen. Du musst wissen, dass Könige und Königinen nach einer bestimmten Rangfolge ausgewählt werden. Aber das werde ich dir ein anderes Mal erklären. Sie haben dich also gefangen genommen, sodass Nath, Olivia und ich dich erst einmal wieder bekommen mussten, was wir ja, wie du siehst, geschafft haben. Ab da haben Nath und ich dafür gesorgt, dass du unbeschwert leben kannst. Beide aus einer gewissen Entfernung. Das war auch der Grund, warum ich so wenig Zeit mit dir verbringen konnte, es tut weh und es tut mir auch schrecklich leid meine kleine Prinzessin. Achja du hast dich ja immer gewundert, warum dich alle Prinzessin genannt haben, nunja, du bist eine.", lachend beendete mein Vater seinen Vortrag.
Und um ehrlich zu sein, ich glaubte ihm und schlimm war es für mich auch nicht. Irgendwie hab ich schon immer gespürt, dass alles um mich herum, inklusive mir, nicht ganz normal war. „Das heißt, ich meine, sind Evelyn und Anthony auch übernatürlich?", fragte ich neugierig. „Ja, Evelyn ist ein Vampir und Anthony ein Medium. Ich hoffe du bist uns nicht böse, aber sie waren all die Jahre für deinen Schutz zuständig. Als du in den Kindergarten kamst, waren alle dort Wesen aus der anderen Welt. Du hatttest viel Auswahl, dich aber trotzdem für die beiden entschieden und nach langem Reden haben wir uns dann auch für die beiden entschieden, sie sind deine Umbra. Naja, sie waren deine Umbra. Mit deinem 18 Lebensjahr benötigst du keine gesetzlichen mehr, jetzt sind sie einfach nur deine besten Freunde die nebenbei auf dich aufpassen", erzählte er, wobei es mir ziemlich leid für die Beiden tat. Durch mich hatten sie ja dann quasi kein eigenes Leben.
„Meint ihr, ich, dürfte ich Connor suchen gehen?", fragte ich meinen Vater, worauf meine Tante schnaubte. „Natürlich, aber nenne ihn doch bitte nicht Connor, er heißt Nathaniel, Connor war nur, damit du ihn nicht als Savant entarnen kannst", bat mich mein Vater und ich nickte.
Ich stand vom Bett auf und ging durch die gerade noch zu geschmissene Tür. „Nathaniel?", rief ich durch den Gang der Pension und kurze Zeit später lugte ein Kopf aus der letzten Tür. Sofort spürte ich wieder, wie mein Herz anfing zu rasen.
„Es tut mir leid, natürlich erinnere ich mich noch an dich" Ich lächelte leicht, hoffte er würde nicht so nachtragend sein. Sofort stürmte er durch die Tür und zog mich in seine Arme. „Ich hatte so sehr gehofft, dass du scherzt", lachte er und drückte mich enger an sich. Okay, er war kein nachtragender Mensch.
„Kommst du?", fragte ich ihn und deutete auf die Tür aus der ich gekommen war. „Natürlich", antwortete er und zog mich hinter sich her. Er öffnete die Tür und ließ mir den Vortritt. Er setzte sich auf einen der Stühle, die neben das Bett gezogen wurden, während ich es mir wieder auf dem Bett bequem machte.
„Es gibt einiges das doch ungesagt ist, aber ich denke es ist am besten, wenn wir wieder nach Brighton fahren, Nath übernachtet solange bis seine Eltern wieder kommen bei uns" Ich nickte und stand auf.
Auf dem Weg zur Limousine, die immer noch dort stand, wo ich sie zuletzt gesehen hatte, ergriff Nathaniel meine Hand und verschränkte sie mit einander. Ich war übernatürlich und es machte mir nichts aus. Komisch war das Wort, dass sich in meine Gedanken schlich, ehe ich ins Auto stieg.
Texte: Meine Fantasie, mein Buch, alles meins.
Bildmaterialien: Therianthrop
Tag der Veröffentlichung: 20.12.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für die Clowns aus dem Deutschunterricht, meine Anregung, mein Ansporn und meine Motivation. Ihr seid die Besten.