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Es war einmal eine kleine Elfe...


"Aber wenn ich's dir doch sage!" rief seine kleine Schwester laut " Elfen gibt es wirklich!".
Max stand mit verschränkten Armen, und mit einem Fußball unter dem Fuß, vor dem blonden und kleinen Mädchen und schaute genervt. Es war schon das dritte mal, dass seine kleine Schwester Emelie zu ihm gekommen war um ihn zu sagen, dass es Elfen gab. Er selbst war zwar erst Zwölf Jahre alt, aber er hatte dennoch noch nie an solch ein Mädchenkram geglaubt. Natürlich hatte er damals gedacht, dass sich ein gemeines Monster in seinem Kleiderschrank verbarg, aber nachdem er seine Kleidung mit einem Kissen angeriffen hatte wusste er dass dem nicht so war. Nun sah er böse auf sie herab.
"Hör schon auf Emelie!" sagte er böse. Sie hatte nämlich das Fußballspiel mit seinen Freunden unterbrochen.
"Es stimmt aber!" rief Emelie und stampfte ungeduldig mit einem Fuß auf dem Boden, sodass ihre geflochtenen Zöpfe hin und her wackelten.
Er ließ sich nicht beeindrucken "Dann beweis es doch, du Kleinkind." rief er selbst und funkelte Emelie herausfordernd an. Sie schon wütend die Unterlippe hervor "Ich bin kein Kleinkind!" schrie sie und rannte dann zurück zu ihrem Fahrrad, welches noch von zwei kleinen zusätzlichen Rädern gestützt wurde.
Dann sah sie trotzig zu ihm zurück und rief "Du wirst schon sehen, Maximilian! Ich werde dir beweisen, dass es Elfen gibt, darauf kannst du dich verlassen!"
Und mit diesen Worten trat sie in die Pedalen und fuhr davon.
Wahrscheinlich, dachte Max, würde sie jetzt nach Hause fahren um sich wie immer bei Vater oder Mutter zu beschweren. Sie würden ihm seine Lieblingsserie verbieten, aber damit konnte er leben.
"Heh! Max! Kommst du? Wir wollen endlich weiter spielen!"
"Ja, ich komme!"
Mit diesen Worten wandte er sich um und lief zurück auf das Spielfeld.

Erst nachdem die Sonne fast untergangen und seine Kleidung reif für den nächsten Waschgang war, hatte sich Max auf den Weg nach Hause gemacht. Das Abendessen würde sicher schon vorbei sein und seine Schwester lag mit Sicherheit schon im Bett. Normalerweise kam er rechtzeitig zum Essen, aber heute hatten sie so ein gutes Spiel gespielt, dass er die Zeit vergessen hatte. Max sah auf seine Uhr und erkannte, dass es kurz vor Zwölf war. Das würde Ärger geben, aber auf die Aufsicht, dass Emelie bereits gepetzt hatte und es so oder so ärger geben würde war ihm das auch egal. Er beeilte sich.

Als das weiße Haus mit dem roten Dach in Sicht kam fing er an den restlichen Weg schlendernd zurückzulegen.
Promt blieb er stehen. Vor dem Haus stand nämlich ein Polizeiwagen. Verwundert rannte Max los. Je näher er kam, desto besser konnte er sehen wer im Garten stand. Seine Eltern redeten mit einem Uniformierten Mann. Er wusste dass dieser zum Wagen gehörte. Max stieß die Gartentür auf die laut quietschte. Das Geräuscht hatten auch seine Eltern und der Polizist gehört, denn sie wandten sich zu ihm um. Als seine Eltern ihn erkannten stürzten sie plötzlich auf ihn zu und seine Mutter packte ihn an beiden Schultern.
"Um Gottes Willen, Max! Weißt du wie spät es ist? Wir haben uns unglaubliche Sorgen gemacht-"
Sie hielt plötzlich mittem im Satz inne und sah an ihm vorbei. Ihre Augen wurden groß und ihr Gesicht bleich "Wo ist Emelie?!" rief sie laut. Ihre Stimme war schrill geworden und er konnte hören wie auch sein Vater Luft ein sog. Verwirrt sah Max von seiner Mutter zu seinem Vater und dann zu dem uniformierten Mann, der nichts sagte.
"Ich.." stammelte er " Ich dachte sie wäre längst zu Hause..."
Hilflos sah er in die Gesichter seiner Eltern die ihn bleich entgegen starrten.
Jetzt trat der Polizist ins Geschehen.
Er schob Max bei Seite und sah seine Eltern an "Frau Strach... verstehe ich das richtig?...Der Junge, dessen langes wegbleiben sie dazu veranlasst hat mich zu rufen ist wieder da, aber ihre Tochter...Emelie, von der sie gedacht haben sie wäre bei ihrem Sohn, ist verschwunden?."
Sein Vater und seine Mutter nickten gleichzeitig. Der Polizeibeamte nickte ebenfalls und schrieb sich irgendetwas auf einen Notizblock auf.
"Wie alt ist ihre Tochter?" wollte er wissen.
"Acht." sagte sein Vater.
"Gut. Und wie sieht sie aus...?"
Max hörte nicht mehr was sein Vater antwortete. Ihm war plötzlich sehr heiß und kalt zugleich geworden. Emelie war weg. Und es war seine Schuld! Er hatte gesagt, dass sie ihm Beweise zeigen sollte, wobei er natürlich wusste dass sie neimals welche finden würde. Schließlich gab es keine Elfen! Es war also seine Schuld, dass sie noch nicht zu Hause war. Was ist wenn ihr etwas zustoßen würde? Er würde sich das niemals verzeihen!
Okay, ganz ruhig. Er musste sie suchen! Er wusste auch schon wo er anfangen würde.
Mit einem Ruck wandte er sich von seinen Eltern ab, stieß das Gartentor wieder auf und rannte die selbe Straße zurück die er eben erst hinauf gekommen war.

Max stürzte als er den Hügel hinunter rannte,
rollte sich im Fallen ab und landete etwas unsanft auf seinem Po. Er hatte den Ort erreicht, wo er seine Schwester vermutete. Sie hatte oft davon geredet. Er war aber niemals mitgekommen um zu sehen was sie so toll an den Graben fand. Es war matschig, voller Bäume und Gras und es war ständig feucht. Die Feuchtigkeit rührte von dem Fluss her dessen Gischt immer wieder ans Ufer schwabbte, weil der Fluss eine rasende Geschwindigkeit an den Tag legte.
Wegen der Gefährlichkeit des Flusses verbaten alle Eltern des Dorfen den Kindern hier zu spielen. Auch seine Eltern, allerdings lies sich Emelie aus irgendeinen Grund nicht davon abbringen.
Jetzt stand Max auf dem größten Hügel und sah sich um. Was sich als ziemlich schwierig erwies, weil es mitlerweile ziemlich dunkel geworden war - trotz Hochsommer.
"Emelie!" rief er ein paar mal, doch er hatte keine Antwort gehört. Gerade als er sich entmutigt abwenden wollte um wo anders nach ihr zu suchen hörte er etwas. Ein leises Wimmern. Aufgeregt spitze er die Ohren und lauschte. Er hörte das Wimmern noch einmal und hatte die Richtung ausgemacht, aus der er das Geräusch gehört hatte. Es kam direkt aus dem Gebüsch vor ihn. Er ging hin und schob vorsichtig die vereinzelten Äste bei Seite.
Und starrte ungläubig auf etwas Kleines. Etwas das leuchtete und sich bewegte. Dort vor ihm im Gras saß etwas menschliches. Ein Wesen mit Armen und Beinen wie Max oder Emelie sie hatte. Mit einem Kopf und blonden langen Haaren. Allerdings besaß das Wesen etwas, dass seine menschlichkeit in Frage stellte: Zwei schimmernde und durchsichtige Flügel. Ganz zu schweigen von der Winzigkeit dieses Wesens. Max machte einen überraschten Laut als er erkannte was dort im Gras auf dem Boden saß. Es war eine Elfe, die plötzlich zusammenzuckte und kreischend aufsprang um sich vor Max in Sicherheit zu bringen. Die hübsche, zierliche Elfe schrie ängstlich auf und fing an ihn wie wild zu beschimpfen.
"Bleib weg du Troll, du zu groß geratener Gnom! Wenn du mir zu Nahe kommst dann reiß ich dir ein Bein aus!"
Verblüfft über diese mutigen Worte blieb Max stehen, bevor er noch einen weiteren Schritt auf das kleine Wesen machen konnte. Er prustete laut los.
Empört plusterte die Elfe die Wangen auf und der kleine Kopf wurde rot "Was gibt es da zu lachen?!" rief sie und stand nun mit verschränkten Armen vor ihm.
"Gar nichts..." sagte Max und wischte die Tränen aus seinen Augen dann kam er nähe und setzte sich ins Gras. Er hatte völlig vergessen warum er eigentlich hier her gekommen war.
"Was tust du hier?" fragte er.
"Wonach sieht es denn aus?!" piepste die kleine Elfe und kam näher. Sie schien ihre Angst überwunden zu haben. Dann drehte sie ihm den Rücken zu und deutete auf einen Flügel. Einer war geknickt und hing seitlich weg.
"Eine Katze hat mich mit einer Maus verwechselt. Sie hat mich angegriffen. Ich konnte fliehen, aber mein Flügel..." sagte sie und versuchte mit den Flügeln zu schlagen. Der eine funktionierte wunderbar, der andere tat gar nichts.
"Oh." machte Max nur. Er fühlte sich komisch, dass er hier saß und mit etwas sprach dass es eigentlich nicht geben durfte. Hoffentlich halluzinierte er nicht, dachte er. Doch als die Elfe auf seinen Schoß krabbelte spürte er ihr zartes Gewicht und wusste dass er das nicht tat. Plötzlich traten ihr Tränen in die Augen "Und dabei ist heute doch das große Fest! Prinz Aron will sich seine Braut aussuchen und ich bin nicht dabei!" sie schluchtze und weinte hemmungslos. Kleine Nasse Tränen kullerten auf seinen Schoß.
"Das tut mir...leid." sagte Max. Er fühlte sich hilflos. Wenn Emelie jetzt hier wäre, dann wüsste sie was zu tun sei. Sie hatte sich schließlich viel mit Elfen aus ihren Büchern beschäftigt. Wenn überhaupt hatte sie sich vielleicht sogar mit echten beschäftigt. Und kaum hatte er wieder an sie gedacht, fiel ihm auch plötzlich wieder ein warum er überhaupt hier war. "Oh Mist!" rief er aus und sprang hoch. Die Elfe fiel mit einem Piepsen zu Boden "Emelie!"
"Was ist mit mir?" ertönte plötzlich eine Stimme direkt hinter Max. Er erkannte die Stimme sofort. Schnell wand er sich um und blickte in das leicht gerötete Gesicht seiner Schwester. Sie schien sich beeilt zu haben.
"Emelie!" rief Max nocheinmal, diesmal aber erleichtert. Ihr ging es gut. Ihr war nichts passiert!
"Was machst du hier?" fragte sie verwundert. Dann sah sie an ihm vorbei und erblickte die kleine Elfe, die sich wieder aufgerappelt hatte und rief "Philo! Da bist du ja!" Seine Schwester schob ihn bei Seite und bügte sich "Ich hab dir etwas mitgebracht! Hier sieh mal. Das hier wird deinen Flügel wieder richten."
Sie holte etwas aus ihrer Tasche und die Elfe schaute neugierig auf das Ding dass Emelie in den Händen hielt. Es war eine Rolle durchsichtiger Tesafilm. Neugierig beugte sich Max über die Schulter seiner Schwester und sah zu wie sie ein Stück Klebeband von der Rolle abriss, den Flügel richtete und das Band darum wickelte.
Die Elfe Philo - so nannte sie seine Schwester- schlug nun versuchsweise mit den Flügelchen und hob vom Boden ab. Sie quiekte vergnügt und Emelie fing an freudig zu lachen.
"Siehst du? Ich hab es dir doch gesagt, es wird klappen!"
"Ja, danke Emelie!" antwortete Philo und sie strahlte. "Jetzt kann ich zurück nach Hause, ich kann den Prinzen sehen!"
"Ja und dann wird er dich als seine Braut aussuchen nicht war?" rief Emelie vergnügt. Max hatte das Gefühl überflüssig zu sein.
"Hmh..." machte die kleine Elfe nur und plötzlich war ihre Freude wie weggeblasen.
"Was ist los?" wollte Emelie wissen.
"Ich glaube nicht, dass er das tun wird." sagte Philo und sah an sich herab "Ich bin nur eine gewöhnliche Arbeiterelfe, keine Windelfe, Baumelfe oder Rebenbogenelfe die so schöne Kleider haben! Eigentlich dürfte ich ja noch nicht mal hier sein!"
"Oh, Philo! Was machen wir denn jetzt?." rief Emelie traurig.
"Ich weiß nicht...ich geh zurück und guck zu wie Aron seine Braut aussucht..."
"Ich wüsste was." sagte Max frei heraus. Die beiden Mädchen - Max fand Philo war wie seine Schwester - sahen ihn überrascht an und schien sich er jetzt daran zu erinnern dass er da war.
"Aha und was?" fragte Emelie patzig.
Max grinste und zog einen kleinen Plastikring hervor den er von einer Freundin aus der Schule bekommen hatte. Die Freundin hatte den Ring aus einem Kaugummiautomaten ergattert. Er war silber und hatte einen blauen Stein. Der Stein hatte die selbe Augenfarbe wie Philo. Max nahm ihn und setzte ihn auf Philos Kopf.
"So jetzt siehst du aus wie eine Prinzessin." sagte er stolz "Sowas hat bestimmt keine andere Elfe. Er wird bestimmt als aller erstes auf dich aufmerksam."
"Oh Max!" rief Emelie glücklich und auch Philo piepste fröhlich "Er ist wunderschön!"
Max grinste und war froh darüber dass er etwas dazu beisteuern konnte.

Am selben Abend, nachdem sie sich von Philomela verabschiedet hatten - Sie hatte ihnen erklärt, dass ihr ganzer Name so lautete- waren sie schnurstracks nach Hause geeilt. Es hatte ein riesiges Donnerwetter gegeben. Ihre Eltern hatten sie beide mit drei Monaten Hausarrest bestraft, so wütend waren sie gewesen. Der Polizist war mit einem Kopfschütteln davon gefahren und er und Emelie hatten sich erst einmal in ihre Zimmer zurückgezogen, damit sich ihre Eltern beruhigen konnten.
Max hatte noch lange wach gelegen, nachdem er sich erst einmal bei seiner Schwester entschuldigt hatte. Er wusste nun, dass sie nicht gelogen hatte. Er wusste nun dass es Elfen wirklich gab. Und er wusste, dass sich seine Welt nun völlig verändert hatte. Es gab mehr als er auf den ersten und zweiten Blick sehen konnte. Ab sofort würde er ein drittes mal hinsehen, bevor er voreilige Schlüsse zog.

Zwei Wochen später hatte etwas auf seinem Schreibtisch gelegen. Eine winzig kleine Schriftrolle. Es war eine Einladung gewesen. Eine Einladung zu Philomelas Hochzeit. Sie hatte geschríeben, dass Aron sie wirklich als aller erstes ausgesucht hatte. Sie hatte sich tausendmal bedankt und geschrieben dass sie jetzt sehr glücklich sei. Sie hatte ihn und Emelie zu ihrer Hochzeit eingeladen, zu einer Hochzeit der Elfen.


Und wenn Max heute darüber nachdachte, dann konnte er sich an das schönste Fest erinnern dass er jemals erlebt hatte. Er würde es immer in seiner Erinnerung bewahren - wie einen Schatz. Und der Schatz würde aus der schönsten Erinnerung bestehen und aus einer Erkenntnis...


Er hatte erkannt, dass es mehr Dinge gab als er sehen konnte.


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Tag der Veröffentlichung: 30.07.2009

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