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Kiss me …!


Eigentlich lege ich großen Wert auf vernünftige Geschenke.
Mein Opa sagt immer :”An den Geschenken erkennt man den Charakter eines Menschen”
Nun sind meine Großeltern nicht gerade Millionäre, aber an Weihnachten und zu meinen Geburtstagen gibt es immer ein dickes Kuvert – gefüllt mit 5 ¤ Scheinen.

Dazu bekomme ich immer noch eine elektronische Spielerei.

Letztes Jahr z.B. Ein digitales Fieberthermometer. Das ist für mich der Renner.
Ich brauche es nicht stundenlang unter der Achsel zu tragen, sondern docke es einfach an mein Zungenpiercing an und schon kann ich meine Arbeitstemperatur exakt ablesen.
Ich habe mir eine Exceltabelle maßgeschneidert und kann so auf Stunde und Tag genau meine Intervalle mit Fieber

nachweisen.

Meine Eltern werden von Opas Ideenreichtum bezüglich interessanter Geschenke geradezu infiziert.
Schon am Ostersonntag sagten sie bedeutungsvoll zu mir:
“Chantalle, Liebes, wir wollen dir zu deinem 20. Geburtstag etwas Bleibendes, etwas von Wert schenken, das auch der Allgemeinheit dienlich ist.”
Tagelang trug ich meine rosarote Brille

. Die trage ich immer, wenn ich intensiv nachdenke.
Dann fiel mir ein, was mir meine alten Herrschaften schenken könnten: eine eigene Parkbank


mit einer eigenen Plakette. So etwas hat keine meiner Freundinnen.
Am Weltkusstag, der bezeichnenderweise mein Geburtstag ist, wurde die Bank eingeweiht.
Ihr könnte euch vorstellen, dass diese Parkbank zu meinem Lieblingsrefugium wird.
Bevor ich Platz nehme, lese ich jedes mal stolz: ”gespendet von Chantalle Weber am 06.07.2012”
Ich kann euch sagen, das ist ein Gefühl, eine eigene Bank zu besitzen.
Manchmal sitze ich dort sogar bei Mondschein

und illuminiere das Spenderschild mit einer kleinen LED-Leuchte unauffällig.

Spaziergänger fragen mich häufig, was es mit dem beleuchteten Schild auf sich hat und so komme ich jedes mal ins Gespräch.
Am besten ist, dass ich auf diese Weise häufig auch interessante Männer kennenlerne.
Wenn mir einer besonders gefällt, drücke ich heimlich auch eine kleine Stoppuhr, um hinterher festzustellen, wie lange wir smalltalken bis der erste Kuss

erfolgt.
Die Intervalle werden immer kürzer. Wer das nicht glaubt – ich kann das mit einer speziellen Exceltabelle beweisen.

Ich bin meinen Eltern unendlich dankbar, dass sie mir am Weltkusstag das Leben schenkten.

Impressum

Texte: Georg Herrmann
Bildmaterialien: Georg Herrmann
Tag der Veröffentlichung: 06.07.2012

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