Blatt im Wind
Du zitterst wie ein Blatt im Wind.
Wer nimmt dir deine Ruhe?
Dabei bist du ein schönes Kind
und hast auch schicke Schuhe.
Die Augenlider zucken leicht
dein Blick senkt sich nach unten.
Wie gern hätt` ich dein Herz erweicht
und wär's nur ein paar Stunden.
Dort, einer jener groben Kerle,
das soll dein Vater sein-
an seiner Seite diese Perle,
ist das dein Mütterlein?
Ich rühr' dich an mit meinen Augen
und streichle über dein Gesicht.
Man sagt, du würdest nicht viel taugen.
Ich prüf ' es gern bei Sonnenlicht.
Der Brüster
Er trägt ein buntes Seidenhemd
und weisse Leinenschuhe.
Bei Frauen ist er meist enthemmt-
er lässt sie nicht in Ruhe.
Er fährt nen alten Jaguar
ne enge schnelle Kiste.
Er macht gern Mädchenträume wahr-
vergrössert ihre Brüste.
Selbst brüstet er sich unverhohlen
mit Geld und Immobilien.
Das meiste davon ist gestohlen
von ehrlichen Familien.
Die Notiz zum Tod
Heute starb sein ärgster Feind.
Es hat ihn kaum bewegt.
Natürlich hat er nicht geweint.
Er hat frisch Holz gesägt.
Sein Blick geht dankbar weit auf Reisen.
Wieviel Zeit verbleibt ihm noch?
Er hört so gern im Baum die Meisen
und trifft beim Golfen oft das Loch.
Er kritzelt etwas auf den Zettel:
“Bestattet mich wo ihr auch wollt,
doch niemals neben diesen Bettel-
der hat zu Lebzeit mich vergrollt.”
Texte: Georg Herrmann
Bildmaterialien: Georg Herrmann
Tag der Veröffentlichung: 28.05.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
allen, die in den letzten Wochen meine Verse vermisst haben