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Mein Freund aus Kanada

Ich kann mich nicht mehr an den Tag erinnern, an dem wir uns das erste Mal sahen.
Es muss über zehn Jahre her sein. Die Telekom-Aktien waren im Rausch und viele Kleinanleger zockten, was das Zeug hielt.
Wir begegneten uns mit unseren Fahrrädern und waren uns irgendwie sofort sympathisch. Unsere Häuser waren 10 Fahrradminuten voneinander entfernt und er hatte damals einen ebensolchen Brennholzfimmel wie ich. Beide sorgten wir rührend für den milden Winter in Spanien vor. Seine Wände von Brennholz hatten Dimensionen, die mich neidisch machten.
Er war mir irgendwie immer mit allem voraus.
Sein Lebensweg war für mich, den etwa 5 Jahre jüngeren, bewunderungswert.
Er hatte in der Nähe von Aurich zwei Häuser gebaut. Eines davon schnell und gut verkauft und alles in Telekom-Aktien angelegt. Mit dem richtigen Händchen und der richtigen Nase verkaufte er die Aktien zum fünffachen Preis und erwarb sich in Spanien eine wertvolle Immobilie zum Schnäppchenpreis. Dann kam auch das zweite Aurichhaus unter den Hammer und er kaufte Telekom nach, als sie gerade wieder eine Abwärtsbewegung machten. Dank Manfred Krug ging es mit der Telekom dann noch einmal kurz hoch und mein Freund Peter stieß auch dieses Aktienpaket wieder mit Gewinn ab. Von diesem frischen Bargeld erwarb er sich mit seiner lieben Frau ein schönes Anwesen in Kanada. In größeren Abständen trafen wir uns und ich konnte beeindruckende Bilder vom Kanadaanwesen bestaunen.
Nun liefen unsere Begegnungen fast nach dem Motto: mein Haus, mein Boot, mein Reitpferd ab. Wir sahen uns seltener. Kanada war mit der Zeit auch nicht mehr so attraktiv für meinen bewunderten Freund, weil gesundheitliche Probleme die Lücken im dortigen medizinischen Versorgungssystem offenbarten. Das kanadische Anwesen kam wieder gewinnbringend unter den Hammer. Erstaunlicherweise wollte er jetzt auch seine Spanienimmobilie versilbern, was ihm auch glänzend gelang.
Der clevere Weltenmann wollte natürlich nicht heimatlos sein und erwarb eines seiner Aurichhäuser zurück. Mittlerweile waren die Immobilienpreise in Deutschland auch im Keller, so dass er die Brieftasche gar nicht weit aufmachen musste. Außerdem kannte er sich mit dem Grundstück bestens aus – es war ja von ihm selbst errichtet.
Wer nun vermutet, mein Freund würde sein Rentnerleben in Friesland genießen, irrt sich gewaltig. Die nächste Anschaffung war ein Riesenwohnmobil und mit dem überwinterte er die letzten Jahre in Marokko.
Bei unserem letzten zufälligen Treffen war er wieder mit einem Drahtesel unterwegs.
Das Rad zeigte Rostflecken, war aber gut aufgepumpt. Die Rostflecken entschuldigte er damit, weil es jahrelang huckepack am Wohnmobil hing.
Wenn wir uns das nächste Mal treffen, will er mehr Zeit mitbringen und ich werde ihn mal nach einem Tipp fragen - womit man gegenwärtig sein Kapital vermehren kann?

Die Lösung mit dem Wohnmobil und Marokko wäre keine für mich.
Vielleicht geht Carglas dann an die Börse, die machen ja momentan genug Wirbel im Fernsehen.
Kaufen und wieder verkaufen das wird die Lösung sein.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 08.03.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Meinem Freund Peter aus Aurich

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