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Der Regenmörder von Bremen

1. Kapitel


Er wischte sich den kalten Schweiß von der Stirn und blickte liebevoll zum kleinen
Yorkshireterrier zu seinen Füßen.
Nun begleitete ihn dieser Hund schon mehr als sechs Jahre.
Damals war es mehr eine Laune seiner Frau, sich „Terri“ anzuschaffen.
Er durfte ihn aber taufen. Petra brachte dafür extra eine Buddel guten Rum aus dem Büro mit. Ihr Chef vertraute ihr blind und überließ ihr auch den Safeschlüssel.
Neben etlichen Goldbarren, die sie nie anrührte waren auch ca. zwei Dutzend Rumflaschen darin. Darüber durfte sie ohnehin, wenn wichtige Gäste zu bewirten waren, verfügen.
Es gab immer wieder Auseinandersetzungen zwischen den streitenden Eheleuten
wegen des Hundes. Lieblos trat er damals nach dem Hund, um ihr weh zu tun.
Doch das ist Geschichte. Auch die Ehe gibt es nicht mehr. Nach kurzer Zeit der Pflegebedürftigkeit lebte sie ab, wie er zu betonen pflegte. Mit ihrem Tod hatte er nichts zu tun. Im Gegenteil, in der letzten Phase kümmerte er sich vorbildlich um seine Frau.
Nun hatte er nur noch diesen Hund.
Er beichtete ihm alles. Alles was er vorhatte und alles was er hinter sich hatte.
Im Grunde hatte er sonst Niemanden. Noch nicht einmal zum Biertrinken.
Noch vor Jahren gab es jeden Freitag sein Kneipenritual.
Nach Petras Tod hörte er schlagartig damit auf. Auch andere Frauen interessierten ihn nicht. Ich meine sexuell. Zum Quälen brauchte er sie schon. Aber da musste alles ringsum stimmen. Leider konnte er mit keinem darüber reden.
Es gab nur diese Monologe mit Terri und seine verschlüsselten Eintragungen in Petras letztem Tagebuch. Im gefiel das kleine, scheinbar kostbare Büchlein, das sie sich von ihrer letzten gemeinsamen Londonreise mitbrachten.
Mit Petra ging alles schnell zu Ende, das schicke Buch hatte sie gerade erst begonnen.
Es schaffte ihm Genugtuung, dass Petras Notizen über ihre körperlichen Qualen nahtlos übergingen in seine codierten Geständnisse über seine „Aktionen“

So genannte gemeinsame Freunde waren einmal so unhöflich, in seiner Gegenwart hörbar über ihn zu tuscheln. Sie witzelten darüber, dass er aussehe, wie ein Frauenmörder. Sie sollten Recht behalten, lächelte er nun vor sich hin.
Diese Freunde von damals hatten ihn längst nicht mehr auf dem Zettel. Auch das machte ihn wütend.
Seitdem sein Lieblingscafe geschlossen war, blieben ihm nur noch die Spaziergänge im Oldenburgischen.
Er unternahm sie nur an Regentagen.
An Regen gab es in Bremen und Umgegend keinen Mangel und allein stehende Frauen gab es auch reichlich.
Aber es musste alles passen. Nicht der Hauch eines Verdachts durfte an ihm hängen bleiben. Sein Vater hatte mit Schlägen diese korrekte Seite seiner Persönlichkeit geformt. Irgendwie war er dem alten Hafenmeister heute dankbar dafür.

Er war sicher einer der wenigen perfekten Mörder. Aber Niemand bewunderte ihn deshalb.

Er blickte auf die alte Fahrradkarte seines Vaters, wo er sich mit bunten Nadeln seine Markierungen gesteckt hatte.
Zufrieden konnte er sein, so viele bunte Nadeln in Petras Nähkasten gefunden zu haben.

Hinter seiner Stirn war Ruhe eingezogen. Kein Klopfen und Hämmern – einfach Ruhe. Auch der kalte Schweiß war wie weggewischt.
Er dachte an Werner, mit dem er über drei Ecken verwandt war.
Der fuhr in den 80èr Jahren einen Peterwagen in Hamburg. Ein Bullentaxi sagen die Leute heute. Später ging Werner zur Kripo und berichtete jedes Wochenende stolz über seine Ermittlungstätigkeit. Aus diesen Quatschereien, die ihm damals so auf den Sack gingen, hatte er viel gelernt und profitierte heute davon. Er vermied pingelig jeden Fehler, den er als Täter überhaupt kalkulieren konnte.
Manchmal schläft er aus alter Verbundenheit mit Werners Witwe, der alten Rosi.
Rosi würde er nie etwas tun, die ist einfach nur lieb.

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Tag der Veröffentlichung: 03.01.2010

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