Conchitas Traum
Der kleine Chita wuchs wohlbehütet am Rande von Hamburg auf.
Seine Eltern brachten das mit, was man heute einen Migrationshintergrund nannte.
Conchi, seine Mutter, kam in den frühen 50er Jahren mit ihren Eltern aus Venezuela und Julio war einer der bekanntesten Kolumbianer im Rotlichtmilieu der Hansestadt.
Die Familie lebte relativ bescheiden in Pinneberg in einem Backsteinbau ohne Pool
Aber mit einem Gewächshaus. Na Sie wissen schon.
Was die Eltern anfassten, wurde zu Geld oder ließ sich recht schnell zu Geld machen.
Papa Julio war einer der ersten Drogenbosse von Hamburg. Zog sich aber soweit zurück, dass es auch der Polizei und dem Ordnungsamt schwer fiel, ihm irgendeine Verstrickung nachzuweisen. Mit Prostitution oder Förderung derselben hatte er gar nichts am Hut. Offiziell war er Kaufmann und besaß eine Import-Exportfirma, die sehr gut lief – auch ohne Julio. Geld war immer da und Conchi hatte es mit den Jahren aus eigener Kraft auch zu einer ansehnlichen Stange Geldes gebracht. Ihr gehörten drei Pachttoiletten auf Sankt Pauli und eine in Wandsbek
Freunde der Familie sagten oft: “Was ihr anpackt wird garantiert was. Ihr macht tatsächlich aus Scheiße Bonbon.“
Da reifte in beiden zeitgleich Mitte der 70er Jahre ein Plan, der alles bisher dagewesende in den Schatten stellen sollte.
Sie arbeiteten hart und lustvoll am Nachwuchs. Es sollte eine Conchita werden, von der die Welt spricht. Nun wurde es ein Junge. Er kam in Eppendorf zur Welt und Julio saß jede Minute am Bett seiner geliebten Conchi. Sie nannten ihn CHITA und er wurde nur von Julio mit privaten asiatischen Bastwindeln gewickelt.
Es war schon ein Geheimnis um den kleinen Chita. Die Ärzte und Schwestern im Uniklinikum hatten solche väterliche Fürsorge noch nicht erlebt und lächelten insgeheim. Chita war als Baby der Liebling auf der Entbindungsstation und Julio wurde von anderen Besuchern schon mal als Pfleger angesehen. Er trug einen blütenweißen Kittel und hatte eine Art Rollator dabei, in dessen Zentrum sich ein Wäschetrommelähnlicher Behälter befand.
Nach 7 Tagen konnte die kleine Familie endlich das Klinikum verlassen.
Julio benutzte für die Fahrt nach Pinneberg den neuen Transporter.
Die ganze Zeit in der Klinik hatte er peinlich genau dafür gesorgt, dass der gesamte Stuhlgang seines Babys aufgefangen, separiert und gelagert wird.
Chita wurde der erste Mensch der Welt dessen Kot von der ersten Stunde an aufbewahrt wird.
Anfangs war es nur eine Leidenschaft ohne klare Ziele.
Später wurde es eine Manie die immer perfekter realisiert wurde.
Das erste Scheißdepot war ein Flüssiggastank im Garten in Pinneberg.
Nach Jahren wurde ein zweiter in die Erde gelassen.
Ein Sicherheitsdienst bewachte rund um die Uhr den safeähnlichen Deckel des Kottanks. Lange ließ man die Presse im Ungewissen.
Chita selbst fand an diesem geheimnisvollen Spiel bald auch Gefallen.
Ihm wurde als ersten Menschen weltweit ohne organische Gründe ein künstlicher
Darmausgang gelegt. Einfach um ihm auch Reisen zu ermöglichen und um sicher zu stellen, dass ihm keine kleinste Menge Kot verloren geht.
Mittlerweile reiste er um die Welt und wurde in Talk-Shows eingeladen.
Ein Technikerteam komprimierte den Altstuhl und fertigte nummerierte Pellets daraus an. Alles wurde perfekt vermarktet.
Aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und aus Japan gab es Wahnsinnsangebote für das gesamte lückenlose Depot.
Der Vatikan archivierte sämtliche Internetveröffentlichungen zu diesem Fall.
Wissenschaftler aus aller Welt promovierten zu diesem Thema.
Im Guinessbuch der Rekorde gab es seit vier Jahren die offizielle Anerkennung, dass es einen solchen Fall weltweit nur einmal gibt.
CHITA selbst durchbrach im letzten Winter alle bisher eingehaltenen Grundregeln.
Er sagte einem RTL –Team, das dauerhaft in seiner Begleitung war: „Verpißt Euch Ihr Kacker. Mir ist jetzt alles scheißegal.“ Er zog sich eine starke Kanüle mit Eigenkot auf schüttelte sich und die Spritze und begann von Hand seine Memoiren zu schreiben.
So platzte Conchitas Traum am Starrsinn ihres Sohnes.
Texte: alle Rechte liegen beim Autor
Tag der Veröffentlichung: 12.06.2009
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