OMME
Ein Leben auf viel zu kleinem Fuß
Eigentlich wollte ich mit einem Foto von Werner beginnen.
Aber es hätte ein Hüftbild sein müssen.
Dem hätte er zugestimmt.
Aber das wäre zu normal.
Alles andere an Werner ist extrem.
Beginnen wir mit Werners Schulzeit.
Wenn er nicht so ein begnadeter und kluger Kumpel gewesen wäre,
hätten ihn alle nur gehänselt.
Die Idioten aus den Parallelklassen riefen auch immer „Seht mal, da kommt Schweinefuß!“
Heute kann sich keiner mehr vorstellen, wie klein seine Füße mal waren.
Er trägt heute sogar schon Schuhe aus einem richtigen Schuhladen (für Kinder
versteht sich)
Seine Füße wurden in den zurückliegenden Jahren immer wieder von Ärzten
und Orthopäden vermessen und fotografiert.
Nichtsdestotrotz gewann er in den sechziger Jahren mit Karen, seiner Tanzpartnerin
manchen überregionalen Turniertanzpokal.
Werner war also nie wegen seiner Füße behindert – will ich mal sagen.
Auch die Umkehr des geflügelten Wortes „Der lebt aber auf viel zu großen Füßen“ trifft auf Werner nicht zu. Er war nie geizig oder kleinlich, ließ mich in der Schule regelmäßig abschreiben und gab auch immer von den leckeren Pfannekuchen, die sich täglich in seiner Brotbox befanden ab.
Übrigens sagte außer mir niemals einer Werner zu Werner.
Das mag wohl an dem anderen Extrem liegen.
Werner hatte schon als Kind einen viel zu großen Kopf.
Ich erinnere mich, dass Werner einmal in der zweiten Klasse zu einem Schulausflug mit einem Wehrmachtshelm herumlief. Wir fanden den in einem alten Schützengraben.
Jeder von uns Jungen probierte ihn aber er passte nur OMME.
OMME das war sozusagen sein wirklicher Name. Nein, das war kein Spitzname.
So nannten ihn alle. Das lag auch nicht an den feinen Omeletts, die Werners Mutter täglich in seine Brotbüchse stapelte. OMME wird wegen seiner Kopfgröße so genannt.
Im weiteren Leben hatte OMME nur noch Schwein.
Beim BUND war er ganze 6 Stunden. Er wurde nicht gemustert, sondern gleich eingezogen. Alles spielte sich nur in der Kleiderkammer und beim Regimentsarzt ab.
Diese Spezialisten gaben nach 6 Stunden auf und fuhren OMME mit einer unbegrenzten Untauglichkeitsbescheinigung und mit Dienstwagen nach Hause.
Beruflich gelang Omme eine beneidenswerte Karriere. Schnell stieg er die Leiter in einem international aufgestellten Versicherungsunternehmen auf. Zuletzt war er europaweit für Schiffsversicherungen verantwortlich.
Aber für die letzten Jahre seines Berufslebens wählte OMME ein anderes Betätigungsfeld. Er wurde zunächst Korrektor dann Lektor und Cheflektor in einem renommierten Verlag. Bis er vor zwei Jahren selbst den mittlerweile namhaften OMME-Verlag begründete. Nun hat er viele junge Autoren von BookRix unter seinen Fittichen und plant für 2011 schon eine Verlagserweiterung.
Tag der Veröffentlichung: 15.04.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
meinem Freund Werner gewidmet