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Kapitel 3

Simmonds saß in seinem Büro und starrte über die Dächer der Häuser hinweg. Der Regen hatte aufgehört .Es war stockfinster im Büro, da die Wolkendecke immer noch dunkel und verhangen schien.Große Pfützen hatten sich auf der Straße gebildet und sorgten für Chaos unter den Autofahrern. Ein Mann steckte in einer besonders großen Wasserlache mit seinem Auto fest. Fluchend und durchnässt versuchte er vergeblich,seinen Wagen zu befreien .Immer wieder drückte der Kerl gegen das Heck. Auf dem kahlen Kopf meinte Simmond´s die ersten Schweißperlen zu entdecken, welche ihm dank der immer noch tropischen Temperaturen von über 30 Grad, bald wie die Regentropfen zuvor, das Gesicht herunter tröpfelten. Nach einer Zeit gab er durchnässt auf und trottete,das Handy am Ohr,die Straße hinunter, aus dem Blickfeld.Der Chefredakteur zog die Brauen hoch. Für einen Moment war auf seinem Gesicht der Anflug eines Lächelns zu erkennen, welches aber im nächsten Moment wieder verschwand. Vor ihm lag ein Exemplar des Dallas Telegraph .Das Datum darauf verriet, dass die Zeitung bereits über 3 Wochen alt war. Kaffeeflecken, sowie zahllose Knitterfalten und kleinere Risse verdeutlichten diese Bild. Manch einer mochte sich jetzt fragen ,was der Chef der Zeitung damit anzufangen gedachte außer ,dass er stumm darauf starrte .Wie der Zustand des Papiers bereits verriet , betrachtete Simmonds an diesem Morgen nicht zum ersten Mal ein bestimmtes Bild auf der Titelseite.
Man mochte es schon fast zum täglichen Ritual erklären .Warum ?Keine Ahnung! Bisher war ihm trotz tagelangem Grübeln keine Antwort hierauf eingefallen ,hatte er doch in seiner 20 jährigen Karriere als Journalist im Grunde Alles gesehen, ob nun Morde oder Vergewaltigungen, die Bomben im Golfkrieg oder den Ebola Virus den er zu seinem größten Bedauern persönlich miterlebt hatte und dessen Wirkung ihn bis heute in Träumen verfolgte .Aber dennoch diese bestimmte Geschichte, bzw.das Foto, brannte sich wie ein Feuermal in seine Erinnerung .Es ließ ihn nicht los. Wie automatisch kramten seine Hände den Artikel immer wieder hervor, obwohl die Informationen darin längst überholt waren und das Foto inzwischen Jeder in diesem Bundesstaat kannte. Wie so oft in den letzten Wochen, senkten sich seine Augen auf die Zeilen.

Rote Welten
Von Souinned Louittle
An einen schlimmeren Ort kann man in diesen Tagen in Texas wohl kaum gelangen .Der Tod ist greifbar,aus allen Poren schwitzt man es heraus.Wände,rot ,nicht irgendwie rot, sondern rot vom Blut von wahrscheinlich unzähligen Menschen .Wenn man die kleine Höhle " Marcigo", etwa 20 Kilometer von Dallas entfernt betritt, fängt man an ,an das Böse zu glauben.Man vergisst seine eigenen Probleme ,alles um einen herum scheint für einen Moment ganz weit weg.Es gibt wohl nur ein Gefühl ,welches man empfindet,wenn man den süßlich- metallischen Geruch einatmet,der von den Wänden ausgeht ,sich von den Millionen von Fliegen,an den Wänden erschrocken abwendet.
Entsetzen!"Rote Welten" sagte ein Mann zu mir,
der zufällig zum Wandern hier vorbei kam und ich könnte für mich selbst keine bessere Beschreibung für diesen Horror finden.Die Höhle sieht aus, als habe Jemand versucht mit Menschenblut eine Art Kunstwerk zu schaffen. Wie viele Opfer es wohl gegeben haben muss um so etwas zu tun, bleibt eines der Rätsel, die in den nächsten Tagen von der Polizei geklärt werden müssen. Zunächst aber, liegt alles völlig im Dunkeln. Sicher ist nur, dass dieses definitiv kein Tierblut ist, was da an den Wänden klebt. Erste Vermutungen , die bisher in Richtung eines religiösen Sekten Kultes gehen ,bleiben wie alles Andere völlig spekulativ .Auch die Vermutung ,es könnte sich um das Blut von fünf Personen handeln ,die in den letzten vier Monaten einer Mordserie zum Opfer fielen ,bleibt von der Polizei unkommentiert.So wie bei vielem Heutzutage, bleiben auch wir Reporter ,wie Sie da Draußen , nur wieder sprachlos zurück und fragen uns , wie krank diese Gesellschaft eigentlich noch werden kann.

Simmond´s nahm den Blick von dem Artikel und wandte sich noch einmal dem Bild zu . Es schien tatsächlich ,als hätte Jemand versucht eine Art Kunstwerk zu schaffen. Rote Welten, wer weiß ob das wirklich nur ein Wanderer war ...Ein Grinsen huschte über seine Lippen .Wenige Momente später jedoch wirkte sein Gesicht wieder ernst. Auf den ersten Blick ziemlich krank ,auf den zweiten Blick eine Tat ,wie sie jedes Jahr irgendwo passiert .Und trotzdem, dieses Bild ließ ihn nicht mehr los ,es verfolgte ihn in seinen Träumen und ließ ihn stundenlang grübelnd in seinem Büro sitzen. Eine Ahnung, das Gefühl da steckt mehr hinter.Der Chefredakteur konnte nicht sagen,
woher es kam und warum, jedoch verließ er sich schon eine ganze Weile auf seinen Instinkt und bisher hatte dieser ihn nicht im Stich gelassen. Er starrte wieder zum Fenster hinaus.Die Wochen nach dem Artikel hatten eben dieses bestätigt.Wie sich herausgestellt hatte, handelte es sich bei dem Blut tatsächlich um das der Opfer einer Mordserie,die sich in den letzten Wochen in Dallas ereignet hatte. Den Toten war das Blut entzogen worden, ein stummer, grausamer Tod, wie Simmond´s fand.Keine Spuren, keine Zeugen, kein Nichts .Die Polizei versuchte zwar krampfhaft den Eindruck zu vermitteln, es würde ihnen jeden Moment ein Durchbruch gelingen, aber er wusste aus zuverlässiger Quelle, dass sie weder Anhaltspunkte noch Indizien hatten.
Nur eins konnte man definitiv sicher sagen,
der Täter schlug immer am helllichten Tag zu .
Das war entweder sehr töricht und dumm ,was der Top Journalist aufgrund der Spurenlage stark bezweifelte ,oder der Täter konnte sich durch Aussehen bzw. Job unerkannt von Haus zu Haus bewegen.Zurück zum Artikel .Genauso wenig wie Simmond´s ´verstand,warum ihn diese Geschichte so interessierte ,so wenig konnte er erklären ,warum ausgerechnet sein Küken Souie die Story bekommen hatte.Immer noch schwebte ihr überraschtes Gesicht vor seinen Augen. Natürlich gab es Kritik an dieser Entscheidung, die Frau hätte schon mal bewiesen , dass sie mit so etwas nicht umgehen könne und bisher sei der Beweis des Gegenteils nicht erbracht worden.Simmonds lapidare Erwiderung: "Vielleicht ist sie gerade wegen ihrer Vorgeschichte für so was geeignet .Man muss ihr die Chance geben, das zu beweisen". Aber war dies die richtige Entscheidung gewesen?Zweifel an ihren Fähigkeiten hatte Keiner. Souie unterschied sich geradezu demonstrativ vom Rest .Abgesehen von ihrer Intelligenz,zeichnete sie die Fähigkeit aus,schnell auf Dinge aufmerksam zu werden ,die Anderen verborgen blieben .Instinktdenken, eine selten gewordene Tugend im Journalismus der Neuzeit.Das löste bei ihren Kollegen nicht immer Jubelstürme aus,verständlicherweise. Und gerade bei der Sache mit Selly, hatte Simmond´s die Vermutung, dass eben dieser Verrat nicht unbedingt ‘jener gegolten haben musste, schließlich wussten hier Alle, wie nah sich die Beiden standen.

Souie starrte Selly ins Gesicht .Die Gesichtszüge ihrer besten Freundin wirkten steif und nachdenklich, ihre Augen standen etwas weiter vor als sonst ,sie zeigte keine Regung ,sondern schaute nur stur nach vorn ins Feuer .Als Souie schon etwas sagen wollte ,hob diese die Hand ."Lass es, nichts was Du sagst, wird irgendwas ändern. Ich habe mich damit abgefunden und fertig".Souie musterte sie für einen Moment mit sorgenvoller Miene, entschied sich jedoch, nichts mehr zu sagen. Stattdessen war es Selly, deren nachdenklicher Gesichtsausdruck im Schatten des Kaminfeuers einem neugierigen, bohrenden Blick wich."Erzähl mir was es Neues gibt, wegen dieser Mordserie" entfuhr es ihr mit einen Unterton in der Stimme ,als ob Souie von einer Prüfung in der Schule erzählen sollte .Eine Sekunde fragte sich die Journalistin,ob das nur gespielt war ,antwortete jedoch ."Nicht viel" und sie gab sich dabei große Mühe ihrer Stimme einen gelangweilten Unterton zu verpassen. Selly setzte sich grinsend aus dem Wohnzimmersessel auf und strich mit einer Handbewegung das lange, schwarze Haar aus ihrem Gesicht. Es war bereits tief in der Nacht und beide hatten es sich im Wohnzimmer gemütlich gemacht. Das Licht des Kamins warf dunkle Schatten auf die Szene und das Gespräch, welches gar nicht so verlief, wie es eigentlich sollte .Selly lächelte schelmisch, "was verheimlichst Du mir Babe?Na los ,du kannst mich nicht täuschen , "und mit einem Satz landete Selly neben ihr auf der Sofakante .Da Souie keine Anstalten machte den Platz neben sich frei zu machen, warf sie sich einfach auf den Schoss ihrer Freundin ." Ey",rief diese mit gespielter Empörung.“Jetzt sach schon "maulte Selly und setzte einen doch recht eindrucksvollen Hundeblick auf.“Wenn es sein muss "kam die Antwort in gespielt beleidigten Ton, "also es ist so". Das Grinsen, welches Souie´s Gesicht durchzogen hatte, wich einem ernsten Ausdruck. "Es hat zwei weitere Opfer gegeben, beides Wachleute.“Sie biss sich auf die Unterlippe." Der Typ, der mir bei der Polizei immer die Infos verschafft meinte, es müsste ziemlich schlimm gewesen sein ".Bei diesen Worten verlor sich ihre Stimme in den Gedanken an die Bilder, die jetzt besser nicht zur Sprache kommen sollten. Zwei Männer, ausgestreckt auf dem Boden, alles voller Blut .Sie schauderte.“Was weißt Du sonst noch darüber" fragte Selly und starrte Souie weiter bestimmt an. In ihrem Gesicht jedoch hatten sich einige Sorgenfalten gebildet."Diese Morde passen auch nicht ins bisherige Schema des Täters „
bemerkte Souie.“Inwiefern" ? "Mhhh, die anderen Opfer sind alle zu Hause ermordet worden, ausnahmslos und tagsüber, sonst gab es bisher keinerlei Gemeinsamkeiten zwischen den Opfern""Und die Beiden hat´s"...fing Selly an..."nachts und bei der Arbeit erwischt " Souie nickte.“Den ersten Vermutungen nach sollen dies aber auch keine zufälligen Opfer sein". "Man ist sich bei der Polizei sicher, dass es derselbe Täter ist wie bei den anderen Opfern".
"Was für Wachleute ? Von ner Blutbank“? Doch Souie sah, sie selbst konnte über ihren eigenen Witz nicht lachen."Ne"antwortete die Journalistin wenig amüsiert ,"irgendwo in so ner Kunstlagerhalle von einem Sammler, alles total gesichert. Ist ein Rätsel wie der da rein gekommen ist“!!! Beide schwiegen.
Ein Schweif Mondscheinlicht fiel auf den Teppich genau gegenüber der Couch .Souie starrte gedankenverloren durchs Fenster. Eine Zeit lang betrachtete sie die den sternenklaren Himmel. Hin und wieder tauchten die Bilder vor ihren Augen auf, Blut auf dem Boden, alles voller Blut .Sie schüttelte für einen Moment den Kopf .Arme Schweine,aber da war so ein zweifelndes Gefühl in ihr,diese Männer konnten doch unmöglich das Ziel gewesen sein!An der Wand hinter den Toten hatte der Täter wieder sein Werk hinterlassen oder wie man das auch nennen mochte. Wahrscheinlich waren sie durch Zufall auf ihn gestoßen, naja....Souie dachte an die Gesichter,
als sie erkannten ,was der Täter dort trieb .
Ihr lief es kalt den Rücken herunter. Was mochten wohl ihre letzten Gedanken gewesen sein im Moment der Gewissheit ?Und dann waren da wieder die Bilder der Vergangenheit ,der Spiegel.Sie sah ihren eigenen toten Körper,eine Stimme weit weg in ihrem Kopf schrie, "das was wir uns wünschen ist nicht immer das Richtige für uns". Souie schreckte hoch.Selly stand über ihr,ein einziger sorgenvoller Ausdruck, der nichts Gutes erahnen ließ."Du hast die ganze Zeit den Kopf hin und her geschüttelt",sagte Selly und blickte Souie durchdringend ins Gesicht. "Woran hast du gedacht"? "An die Toten "antworte die Journalistin leise und versuchte dabei so wenig wie möglich schuldig auszusehen."An welche Toten“?fragte Selly und ihr Gesicht wurde noch ein Stück sorgenvoller, während sie Souie mit der Hand durchs Haar strich, „sag es mir!!" Ihre Stimme wurde fordernder. "Nicht das, was Du denkst" antwortete die Journalistin wütend und sprang auf. Beide sahen sich jetzt funkensprühend an."Noch einmal an welche Toten „?
fragte Selly leise.“Welche wohl, die über die ich seit Wochen jeden Tag schreibe "!!!Ein zweifelnder Blick .Souie wusste, dass Selly ihr nicht glaubte, aber ihre beste Freundin konnte unmöglich wissen, woran sie gerade gedacht hatte. Doch zu ihrer Überraschung war es nicht eine Stimme in ihrem Kopf die antwortete,sondern ihre beste Freundin selbst. "Ich mag deine Gedanken nicht lesen können, aber ich kann sie fühlen, weil ich dich besser kenne als jeder Andere“. Ihre Stimme hatte etwas trauriges:" Ich hab Simmonds gesagt, dass es Wahnsinn ist, ich hab ihm gesagt, dass manche Wunden zu tief sind , um zu verheilen, zumindest nicht in der Kürze der Zeit" .Souie starrte empört drein. "Du hast mit Simmonds über mich gesprochen"? Die Journalistin wusste nicht auf was oder wenn sie wütender sein sollte. Auf Selly, weil die ihr das verheimlicht hatte oder sich selbst, weil sie damit einfach nicht gerechnet hatte. Resigniert ging es wieder zurück auf das Sofa ."Es ist immer noch derselbe Satz" und ihre Augen huschten zu ihrer besten Freundin, die nur nickte ."Das was wir uns wünschen, ist nicht immer das Beste für uns"!!!Und dann stand sie plötzlich wieder vor dem Haus, nicht vor irgendeinem Haus ,sondern vor einem alten, weißen Ranchhaus. Rinder grasten auf den Weiden links vom Haus, rechts nahm ein großes Maisfeld die Sicht. Der Mais sah schon etwas überreif aus .Zumindest war das Souies Eindruck von einst gewesen .Wie vor 2 Jahren auch, stand sie auf der Veranda des kleinen Hauses und starrte zu den Fenstern hoch.Ihr Blick ging an ihrem zwei Jahre jüngeren Ich herunter, damals noch mit den kurzen braunen Haaren und der Sonnenbrille. Die jüngere Souie rief gerade etwas zum Fenster hinauf. Souie konnte die Worte nicht hören, es war wie bei einem kaputten Film, dennoch wusste sie es noch genau:"Miss Jenkins, ich hab einen Termin mit ihrem Mann.Bitte fragen sie ihn ".Souie sah, wie ihr Ich von Damals den albernen Sonnenhut abnahm und genau die Frau beobachtete, die hinter den Gardinen aufgetaucht war. Warum war sie nicht misstrauisch geworden? Eine quälende Frage .Eine Mitte Dreißigerin mit langem, blondem Haar und einer weißen Bluse öffnete das Fenster."Mein Mann ist krank, er kann leider nicht mit Ihnen sprechen" hallte ihre Stimme herunter. Hätte Souie Damals den sorgenvollen Blick in Miss.Jenkins Gesicht anders deuten sollen? Nein, ihr Mann war krank, was hätte da auch schon im Gesicht der Frau stehen sollen? Souie schloss wieder die Augen , nichts hören , nicht sehen ,was in den nächsten Minuten passieren würde .Doch so fest entschlossen Souie auch versuchte den Film vor ihren Augen zu stoppen, er lief erbarmungslos weiter. Ihre protestierende Stimme."Ich bin von Dallas extra hier her gefahren, Miss Jenkins, es wird auch nicht lange dauern“. Sie wollte sich selbst etwas zurufen, wie schon so oft in letzten zwei Jahren .Doch inzwischen war ihr klar, dies war vollkommen sinnlos, alles längt Vergangenheit. Nur eine Erinnerung im Kopf , die immer und immer wieder ablief,vielleicht nur um sie zu quälen .Es passierte wieder , das Knacken der Tür ,das eigene lächelnde Gesicht, sie konnte jeden Schritt ihrer Füße auf dem Holzboden wie einen Schuss in ihr Ohr eindringen hören.Nicht hineinsehen,Souie wollte das verhindern, bloß nicht hineinschauen in den Spiegel, der ihr ganzes Leben verändern sollte. Und dann war sie wieder zu Hause,flach auf dem Boden liegend, ihr Puls raste.Zu Souie´s Füßen angelehnt, auf dem Teppichboden lag Selly.Es war nur Vergangenheit, wenn ihr Kopf das nur endlich begreifen würde .Vielleicht würden diese Träume ja aufhören.

Ich bedanke mich fürs Lesen und hoffe es hat gefallen.

John Mintzer

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 08.11.2010

Alle Rechte vorbehalten

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