Freude und Trauer
„Asche zu Asche, Staub zu Staub...“
Eine Seele wandert umher, zwängt sich zwischen den Trauergästen und sieht jedem ins Gesicht. Doch niemand kann sie sehen und hören.
Als sie mich erblickt, hebt sie die Hände, schaut sie an, als ob sie fragt: Was geschieht mit mir?
Ich lächle ihr zu, lasse meinen Tränen freien Lauf und blicke hinauf zum Himmel.
Der Himmel öffnet seine Tore, lässt die ersten Regentropfen zur Erde schweben, mein Gesicht benetzen, sich mit meinen Tränen vermischen, fallen auf die Erde zu Deinen Füssen, erhellen für einen Moment die Trauer in mir.
Die Seele steht erstart vor Deinem Sarg und schaut ihn traurig an, während Dein lebloser Körper nichts von alledem spürt, keine Regung mehr zeigt.
„Bin ich das da drin?“ fragt sie
Ich nicke ihr zu.
Der Wind lässt die Weiden sich sanft bewegen, ein rauschen von sich geben und ein Lied anstimmen, so traurig, so alt, so weise.
Niemand kann das Lied hören, niemand kann es fühlen außer den Wind, der ihre Gesichter streift, ihre Tränen trocknet, sie aus ihrer Starre erweckt.
Die Seele blickt zu den Weiden und schaut mich an: “ Hörst du wie die Weiden singen?“
Ich nicke ihr zu und bilde mit dem Mund leise das Wort ja.
Die Seele lächelt und fragt: „Singen sie nur für mich?“
Wieder nicke ich ihr zu und lächle.
„Sie singen von meiner Reise. Ist es wirklich so schön dort?“
Ich lege den Kopf ein wenig zur Seite und hebe meine Schultern. Meine Lippen formen die Worte: ich weiß es nicht.
Der Regen wird stärker, das Lied beginnt leiser zu werden.
„So nimm diese Seele in Dein Reich auf.“
Wie von Geisterhand, erscheint ein Regenbogen, fliegt von West nach Ost, bündelt sich dort, wo die Sonne, ein Tor in den Wolken öffnet.
Die Seele schaut mich an und fragt: „Ist das der Weg den ich gehen muss?“
Ich schaue sie an, nickte ein letztes mal und forme die Worte: Lebwohl liebe Seele, dann verliert sie sich in meinen Tränen, die wie ein Schleier alles verwischen.
„Und gib ihr Frieden.“
Als ich aufblicke, wird Dein lebloser Körper in die Tiefe gelassen. Der Regenbogen verblasst langsam, das Himmelstor schließt sich hinter der Seele für immer und ewig, lässt nur Trauer zurück.
Erde fällt auf Deinen leblosen Körper, als ob sie dich wecken wollen, aus Deinem langen Schlaf, dem Ende von allem. Du nimmst meine Gedanken mit dir, meine Liebe, mein lachen, meine Tränen, mein Herz.
Niemals wirst du mehr mit mir lachen, niemals wirst du mit mir weinen, mich halten, mich berühren, mich küssen.
Ohne es zu wollen, verblassen Deine Bilder in mir. Ich höre Deine Stimme – wie lange noch?
Ich rieche dich noch – aber wie lange noch bis Dein Geruch geht, mich verlässt.
Und doch muss ich dich gehen lassen, dich auf die Reise schicken, die so unendlich ist, ohne Wiederkehr.
Nun stehe ich alleine an Deinem Grab, hilflos vor Trauer, gebrochen und alt.
Kann keine klaren Gedanken mehr fassen, will es nicht wahrhaben, spüre Wut in mir, kalte Wut auf alles um mich herum.
Ich spüre Deinen letzten Kuss, Deine letzte Träne auf meinen Lippen, den letzten Hauch in meinem Mund, bevor du gegangen bist.
Du hast gelächelt, meine Hand ein letztes Mal gedrückt und gesagt: „Freude und Trauer, auf ewig Dein“ waren Deine letzten Worte, bevor alles Leben in dir erlosch.
Ich lächelte dir ein letztes Mal zu, bevor Deine Augen sich schlossen.
Freude und Trauer - eine besondere Geschichte voller Trauer.
Sie zu schreiben bereitete mir große Schwierigkeiten, denn wenn man traurig ist,
dann fällt es schwer Worte zu fassen, die einem die Tränen in die Augen treiben.
Aber ein Freund von mir hatte in jenen Tagen eine sehr schwere Bürde zu tragen ohne den
Rückhalt von Freunden. Auch ich war nicht fähig ihm mit Kraft zur Seite zu stellen,
da ich selbst in einer Phase des schweben war. So schrieb ich Freude und Trauer.
Ich hoffe nur der Tag ist noch sehr weit weg, sein eigenes Leben oder das eines
geliebten Menschens zu verlieren und in ein Tal des Trauerns zu fallen,
aus dem ich kaum einen Ausweg gibt für den Rest seines Lebens.
Texte: John Bienuck
Bildmaterialien: John Bienuck
Tag der Veröffentlichung: 22.01.2014
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