Manche verändern die Welt. Das ist eine Tatsache die wohl jedem klar ist. Es gibt wenige, die sagen ein Wort und die Welt stürzt an den Rand des Abgrunds. Einige sagen viele Worte und ändern die Welt um ein kleines Bisschen zum Guten. Manchmal verändert man auch die Welt indem man gar nichts tut und die Dinge so sein lässt wie sie sind. Für gewöhnlich ist Peter auch so ein Mensch. Ein ausge- sprochen gutmütiger und freundlicher Mann, der es liebte zu helfen. Ein Mensch also ohne größere Fehler, würde man sagen.
Einmal jedoch, also es im Supermarkt diese Sorte von Jogurt gab, die jeder gerne as, trug sich folgende Geschichte zu:
Peter war einkaufen. Während er einen Gossenschlager im Geiste nachhörte, nahm er seine Waren aus dem Regal. Er ging zum Kühlregal und nahm sich den letzten dieser Jogurts und dachte sich nichts dabei. Aber ein älterer Mann humpelte an ihm vorbei, sah dass kein Jogurt mehr da stand und seufzte. Peter hörte den Alten eine Ange- stellte fragen: „Haben sie noch welche auf Lager?“
„Nur noch das was da ist, ansonsten erst wieder mit der nächsten Lieferung, die kommt allerdings erst wieder nächste Woche.“, antwortete jedoch diese. Es war Montag.
„Nehmen sie meinen, ich schau wo anders nach, ob sich noch einer finden lässt.“, sagte Peter, gab dem alten Mann den Jogurt, zahlte und verließ den Supermarkt.
Was Peter jedoch nicht wissen konnte: Der Jogurtfirma war bei der Herstellung ein Fehler unterlaufen, wegen mangelhafter Kontrollen waren giftige Substanzen in die Behälter gelangt. Der Jogurt war praktisch Gift. Der alte Mann war nicht der einzige der starb. Es gab einen riesigen Skandal, die Jogurtfirma wurde auf die Milliarden verklagt, woraufhin sie ihren Betrieb schloss.
An sich ist dies schon traurig und bedauerlich, wäre das Unglück nicht ein Stein auf der Spitze eines Berges. Einmal in Gang gesetzt rollte er bis ganz nach unten.
Der Alte hatte zwei Söhne. Einen reichen Sohn, der sich mit Lug und Betrug sein Geld erkauft hatte, alle zwei Jahre seine Frau wechselte und keine Kinder hatte. Der andere Sohn, war arm, da er auf ehrliche Art und Weise versuchte, seine Familie durchzubringen und Geld zu verdienen. Er war leider nicht sehr klug, aber dafür fleißig bei der Arbeit und seinen sechs Kindern ein guter Vater.
Als nur der alte Mann starb, übernahm der arme Sohn, die Organisation der Beerdigung und alle damit verbunden Kosten. Er hatte seinen Vater sehr geliebt und fragte aus Stolz den reichen Bruder nicht nach Geld. Er dachte sich, dass wenn ihm etwas am Vater gelegen habe, so werde er schon etwas beisteuern. Diesen interessierte die Beerdi- gung aber nicht, da er ein wichtiges Geschäft in Shanghai abzuschließen hatte und besuchte das Begräbnis auch nicht. So blieb der arme Sohn auf seine Schulden, die er machen musste um alles zu bezahlen, sitzen. Es kam wie es kommen musste:
Von Geldsorgen geplagt wurde er frustriert, lächelte kaum noch und verlor daraufhin seinen Job bei einer Firma, bei der Fröhlich sein und Lächeln Pflicht war. Kunden mochten nun einmal Freundlichkeit.
Peter wurde sein Nachfolger, blieb dort aber nicht lange, denn er bekam wegen „hervorragenden Leistungen“ eine Beförderung zum Abteilungsleiter. Er hatte nicht mehr gemacht als der arme Sohn.
Kein Job, kein Geld, Haus gepfändet, kurzum, der arme Sohn wusste nicht mehr weiter, erschoss Frau und Kinder, danach sich selbst. Bedauerlich, sagten viele, sehr bedauerlich andere.
Peter bekam von all dem wenig mit.
War die Geschichte nur Zufall? Unwahrscheinlich. Hatte das Schicksal seine Hände im Spiel? Schon eher! Oder war alles bloß ein einziges Unglück? Mit Sicherheit!
Die Frage ist: Was hätte Peter also tun müssen, dass das alles nicht passiert wäre? Dem alten Mann den Jogurt nicht geben sollen? Dann wäre er an seiner statt gestorben. Also auch nicht die optimale Lösung für Peter. Das heißt der Alte musste von dem Zeitpunkt an sterben, an dem Peter den Jogurt in die Hand nahm, wollte man für Peter die optimale Lösung finden. Das heißt für Peter ist die Geschichte an sich schon die optimale Lösung. Aber ist das ganze auch ethnisch vertretbar? Wenn Peter die Hinter- gründe wüsste, würde er wohl dem armen Sohn nach- folgen.
Hätte also Peter den Jogurt gar nicht in die Hand nehmen sollen? Dann wäre der alte Mann trotzdem gestorben, wollte er doch den Jogurt essen. Also musste er unwei- gerlich sterben. Man kann also Peter nicht mal einen Vorwurf machen, nein man musste ihn auch noch loben, war sein Verhalten doch wohl mehr als christlich!
Was hätte man also tun können, dass der arme Sohn nicht starb?
Hier kann man nur die Firma anklagen, die den Sohn entlassen hat, weil er nicht mehr lächelte. Jedoch ist auch das Konsumverhalten der Gesellschaft anzuprangern: Lächeln ist nicht alles.
Also muss man sagen, die Absicht zählt mehr als die Konsequenzen, seien sie noch so schrecklich?
Denn kehrt man es um, heiligt ja der Zweck, wie das Sprichwort schon sagt, die Mittel…
So mag diese Geschichte unrealistisch sein und diese Dinge werden sich auch nie in dieser Kombination zutragen, jedoch können kleinere Dinge genauso passie- ren und haben dann einen großen Einfluss. Denn alles hat seinen Sinn.
Texte: © Johann L. M. Scheck
Alle Rechte vorbehalten
Tag der Veröffentlichung: 02.12.2010
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