Cover

Solltest du glauben mein Freund, ich schreibe diesmal interessantes –
wirst du übel betrogen von mir – und hoffe nicht auf etwas erhabenes oder großes, es ist nichts und wieder nichts, worüber ich schreibe. Ich kümmere mich weder um rechts noch um links die letzte Zeit, fühle nichts, ich tue das notwendigste, spiele bisschen auf dem Klaviere, treibe körperliche Bewegung, und lasse die Welt treiben so weiterhin vor meinen interesselosen Augen. Ich höre Stimmen und schaue in fremde Augen – doch ist mir das alles nichts! Mein Herz hat diese Welt abgeschworen, fühlt sich den musikalischen Künsten hingezogen; wenn ich meine Finger auf die weißen und schwarzen Tasten lege und dann die Augen schließe und zu anfangen spiele, ich finde dann eine neue Welt! mehr wieder eine in Ahnung als Klarheit, doch an Seelenfarben viel als grauen Trübnissen, wie die Welt sie mir gibt. Mein Freund, wie ist’s mir dann, wenn ich in diesen wunderbaren Klängen ganz Geist ganz Gefühl werde, und darin ganz versinke! in den hallenden Strom eines Chopin mit allen Sinnen mich verliere! Davon hast du eine Vorstellung mein Lieber, bist du doch selbst der Musiker einer.
Alles gewähre ich meinem Herzen, denn so vieles hat es schon entbehren müssen, und das Wenige, voran es hängt, soll mir alles sein, was das Leben sei. Gott weiß, ich bin nicht gestorben über den Verlust meiner Liebsten – doch allerlei hat sich geändert. Die Gleichgültigkeit wohnt nun da, in dem Orte, wo einst die Liebe gehaust – und die Hoffnungslosigkeit hat auch so manche Träume und Kräfte mir geraubt, als ich eingesehen, dass die winzigen Möglichkeiten eines einzelnen Menschen selbst nicht für sein Glück ausreichen. Ich schaue nach den Sternen droben nicht mehr, wie ich es sonst immer tat, ich bin ganz auf der Erde nun, ich weiß, ich fühle es, und ich sehe es ein, dass vieles – wohl auch das ganze Leben – nichts als ein anfangs klarer und langsam schwindender Traum sei.

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Tag der Veröffentlichung: 31.01.2010

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