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Kapitel 1

Ich winkte und setzte ein falsches Lächeln auf. Das Blitzlicht der Paparazzos nervte mich. Wäre ich doch nur als ein normales Mädchen geboren. Ich schielte rüber zu meinem Vater, der wie immer im Blitzlicht völlig aufging. Wäre ich doch nur nicht die Tochter des Bundespräsidenten. Ich seufzte. Meine Mutter war bei einem Autounfall gestorben als ich noch klein war. Geschwister hatte ich keine und Freundinnen hatte ich auch nie welche, denn mein Vater ließ mich zuhause Unterrichten. Jetzt war ich endlich fertig mit der Schule und ich musste zugeben, dass ich meinen Lehrer vermisste. Er war immer eine gute Gesellschafft gewesen. Mein Vater hatte kaum Zeit für mich, also war sozusagen mein kleiner Chihuahua, Nicky, meine Familie. Endlich konnte ich dem Blitzlicht entfliehen und setzte mich mit Nicky irgendwo hin, wo mich niemand sah. Wieso musste mein Leben nur so kompliziert sein? Wieso nur?

Nach einer Weile entschied ich mich nicht länger hier rum zu sitzen, denn es wurde langsam kalt. Ich schlenderte rüber zu meiner schwarzen Limousine und stieg ein. Ich hatte ein voll High-Tech Auto, weswegen ich keinen Fahrer brauchte.

Innerhalb von 5 Minuten kam ich zuhause an und schaute erstmal in den Briefkasten. Ich erwartete keine Post, doch nachschauen schadet ja nicht. Und tatsächlich: Wir hatten einen Brief bekommen. Ich schaute ihn mit großen Augen an. Heutzutage schrieben nur wenige Leute noch per Post. Nur die… Vampire. Sie waren ja schließlich ziemlich altmodisch.

Mich schauderte es, als ich an sie dachte. Ich fragte mich, wie manche Leute sich freiwillig melden konnten, um solchen Wesen Blut abzugeben. Brrr.

Voller Neugierde sah ich mir den Brief genauer an. Da stand kein Absender, also konnte es sein, dass der Brief vielleicht doch nicht von den Vampiren kam? Ich hoffte es. „Vater?“ rief ich aufgeregt. „Ich kann jetzt nicht Mira!“, rief er genervt zurück. Er hockte immer noch an seinem Computer. „Aber…“, versuchte ich erneut ihn anzusprechen, doch er unterbrach mich. „Kein Aber. Geh auf dein Zimmer.“

Ich seufzte. Nie hatte er Zeit für mich. Ich schlenderte schmollend zu meinem Zimmer und legte den Brief auf meinen Schreibtisch. Ich zog mir meinen Schlafanzug an, legte mich in mein Bett und machte das Licht aus.

Ich konnte einfach nicht einschlafen. Der Brief beschäftigte mich. Ich wüsste zu gerne was darin stand. Wenn ich mich ganz vorsichtig anstelle bemerkt mein Vater vielleicht nicht, dass der Brief schon mal offen war. Doch wenn er es bemerkte…

Ich knabberte auf meiner Unterlippe und überlegte. Doch letztendlich siegte meine Neugierde. Ich machte das Nachtischlämpchen an und schlich mich zum Schreibtisch. Dort nahm ich mir vorsichtig den Brief und huschte zum Bett zurück. Ich öffnete langsam den Brief und wie das Glück wollte, war der Brief unbeschädigt. Zufrieden lächelnd zog ich das Blatt Papier aus dem Briefumschlag. Es war sogar mit Hand geschrieben! In einer wunderschönen Schreibschrift. Ich las es mir einmal durch und konnte nicht glauben was darin stand. Deswegen las ich es mir noch einmal durch. Tatsächlich. Da stand das drin wovor ich mich schon immer gefürchtet habe.

Kapitel 2

Sehr geehrter Herr Summers,

ich muss ihnen leider mitteilen, dass es für den nächsten Monat nicht genug Blutspender gibt. Es fehlt ein Mensch für das Lotus Hotel in Berlin. Bitte beseitigen Sie den Fehler.

Liebste Grüße , Felix Dracula

Ich starrte den Brief ungläubig an. Ich hatte Recht gehabt mit meiner Vermutung. Doch gleich ein enger Vertrauter des Königs? Nur sie durften sich mit Nachnamen Dracula nennen. Mein Gott.

Der Brief war sehr kurz gehalten, doch der Inhalt schockierte mich. Wie sollten wir so schnell einen Freiwilligen finden? Ich würde mich selbst nicht freiwillig melden. Oh nein.

Ich schnappte mir das Blatt Papier und steckte es in den Briefumschlag. Danach schloss ich wieder den Brief. Erleichtert holte ich einmal tief Luft und lächelte zufrieden vor mich hin. Man konnte nicht erkennen, dass der Brief schon einmal offen war. Ich entschied mich sofort den Brief auf den Schreibtisch meines Vaters zu legen, denn er war bereits in seinem Schlafzimmer. Morgen würde er den Brief finden und er konnte sich darum kümmern einen Freiwilligen zu finden. Zufrieden ging ich in mein Zimmer zurück und schlief sofort ein als ich mein Kopfkissen berührte.

Die nächsten Tage verliefen einigermaßen normal. Nur einmal auf einer Dinner Party sah ich ein paar Vampire, was mich schon erschreckte. Mein Vater ist nicht mal auf die Party gegangen, sonst wollte er immer überall hin, um die ganze Zeit in irgendwelchen Zeitschriften zu stehen. Er arbeitete verzweifelt an irgendetwas am Computer. Keine Ahnung was, aber er trinkt literweise Kaffe!

Am Tag nach der Dinner Party wollte ich mal nach meinem Vater schauen. Er schaute mich mit gerunzelter Stirn an. „Setz dich doch.“, sagte er. Ich hockte mich besorgt auf ein weißes Sofa in der Nähe. Hatte ich irgendetwas falsch gemacht? Ich dachte angestrengt nach. Nein, eigentlich nicht. Ich war die ganze Zeit brav gewesen. „Weißt du…“, er holte einmal tief Luft „es ist so.“ er legte seine Hände in einander und sah mich politisch-mäßig an.“Es fehlt ein Freiwilliger Blutspender.“ „Ich weiß.“, rutschte es mir raus. „Wie bitte?“, fragte er mich wütend. „Äh, ich hab da so was aufgeschnappt auf der Dinner Party. Dort waren Vampire!“, der letzte Teil war nicht einmal gelogen. „Ah ja.“, murmelte er ungläubig. „Mhm, so war das.“ „Also ich komme jetzt auf den Punkt…“ „Ja mach das!“ „Unterbrech mich nicht!“, fuhr er mich an. „Also wenn du mich mich fragen willst, ob ich einen Freiwilligen kenne, muss ich dich leider enttäuschen. Da du  mich nie auf eine richtige Schule gelassen hast, kenne ich nur wenige Leute.“ Sagte ich mit einem grimmigen Lächeln. Er sah mich streng an. „Ich wollte dich das nicht fragen. Ich wollte nur sagen, dass ich dich als Freiwillige eingeschrieben habe.“ „WAS?!“, kreischte ich. „Das kannst du doch nicht machen! Du weißt doch, dass ich Vampire hasse!“ „Du musst am 2.8. zum Lotus Hotel. Zimmer Nummer 100.“, sagte er geschäftstüchtig. Ich stand auf und schrie: „Ich hasse dich Robin Summers. Du bist nicht länger mein Vater!“ und rannte in mein Zimmer. Die Tränen liefen mir schon an den Wangen hinunter. „Entschuldige dich gefälligst!“ donnerte er so laut, dass man es im ganzen Haus hören konnte. „Niemals!“, rief ich und schloss die Tür hinter mir. Wütend legte ich mich aufs Bett. Wie konnte er mir so etwas nur antun? Liebte er mich denn überhaupt nicht? Ich war schließlich seine Tochter! Aber ich würde und konnte mich niemals von einem Vampir beißen lassen!

Kapitel 3

Mein 'Vater' hatte mich in meinem Zimmer eingeschlossen. Ganze 4 Tage. Nur damit ich nicht abhauen konnte. Essen und Trinken hat mir immer eine Bedienstete gebracht.

 

Heute war es soweit. Heute sollte ich in dieses Lotus Hotel gehen. Heute durfte ich nichts essen, denn sie wussten nicht, wie ich beim ersten mal Blutspenden reagierte. Ich war schon richtig hibbelig. Mein Vater ließ mir keine Möglichkeit zu fliehen. Sobald ich im Lotus Hotel war, hätte ich sowieso keine Chance mehr zu fliehen. Dort waren überall Vampire. Vampire konnten übernatürlich gut hören, riechen, sehen und reagieren. Sie konnten in weniger als einer halben Stunde um die ganze Welt rennen, bzw. schwimmen. Also waren sie ziemlich schnell. Und gefährlich.

 

Mir war total langweilig. Der Uhrzeiger bewegte sich zwar total schnell, aber ich wusste trotzdem nicht was ich tun sollte. Ich schnappte mir meine Handy, ließ meine Lieblingslieder ablaufen und versuchte an etwas anderes als an Vampire zu denken. Das misslang mir und ich lief nervös in meinem Zimmer herum. Da hatte ich plötzlich eine Idee.

 

Ich lief zügig zu meinem Fenster hinüber. Es war ziemlich tief, aber direkt neben dran war eine Regenrinne, an der ich mich festhalten konnte. Ich versuchte mein Fenster zu öffnen, doch es klemmte irgendwie. Genervt zog ich fester daran. Nichts bewegte sich. Wahrscheinlich hatte mein 'Vater' mein Fenster abschließen lassen. Sehr schlauer Mann. Ich schielte zu meiner Uhr. Verdammt, schon 19 Uhr! Ich entschloss mich schön zu machen, um wenigstens ein Funken an Ehre zu behalten. Ich band mir die Haare hoch und duschte mich mit meinem Zitronen Dusch Gel. Danach trocknete ich mich schnell ab und zog mir meine Lieblingssachen an. Ein himmelblaues Top mit einer weißer kurzen Hose. Dazu zog ich mir noch Flip Flops an. Ich kämmte mir meine blonden Haare und glättete sie. Dann etwas Wimperntusche, um meine blauen Augen zu betonen und ich sah perfekt aus.

 

Plötzlich klopfte es an der Tür. "Ja?", rief ich. Die Tür öffnete sich einen Spalt und ich sah, dass es unser Butler war. "Fräulein Summers, ich muss sie bitten aufzubrechen." "Ja, natürlich. Danke."

 

Oh mann. Ich wollte doch gar nicht. Ich war verdammt nochmal keine Freiwillige! Ich schnappte mir meine Tasche und ging aus dem Haus. Meine schwarze Limousine wartete bereits vor der Tür auf mich. Ich stieg ein und sie fuhr sofort los, denn sie wusste wohin ich musste. Viel zu schnell war ich beim Lotus Hotel angekommen. Mein Herz klopfte so laut, dass ich Angst hatte, jemand würde es hören. Naja, wahrscheinlich nur die Vampire. Ich seufzte innerlich und ging vorsichtig hinein. Ich ging an einen Tresen, um mich anzumelden. Dort traf ich dann schon den ersten Vampir. "Guten Abend. Ich bin Mira Summers.", sagte ich mit einem gefälschtem Lächeln. "Oh ja, sie haben sich angemeldet. Hier sind ihre Schlüssel. Der hier ist für ihr Zimmer und der Andere für den Spa-Bereich. Der Spa-Bereich hat erst morgen geöffnet. Morgen um 19 Uhr können Sie dann auch schon wieder nach Hause gehen. Sektempfang ist heute um 20:30 Uhr in der Lobby. Bitte seien Sie anwesend. Ihre Zimmernummer ist die 100. Viel Spaß noch in dem Lotus Hotel!", sagte das Mädchen hinter dem Tresen mit einem warmen Lächeln. Wahrscheinlich war das Lächeln genauso wie meines gekünzelt. Ich nickte, nahm meine Schlüssel und ging zu meinem Zimmer. Beim Sektempfang werden die sicherlich irgendetwas in den Sekt mischen. Das sind schließlich Vampire. Ich schloss sorgfältig die Tür hinter mir. Es war jetzt bereits 20:20 Uhr. Ich hatte also noch 10 Minuten Zeit, mich seelisch auf den Sektempfang vorzubereiten. Ob da wohl auch schon die Vampire dabei waren? Wahrscheinlich. Ich zog mir noch schnell ein schwarzes Kleid an, das ich dabei hatte.

 

Ich meine beim Sektempfang sollte man doch schön aussehen. Dazu zog ich mir noch 7cm schwarze Schuhe an. Ich war nur 1,60 m groß, da wollte ich manchmal größer aussehen. Als ich fertig war mit umziehen, sah ich, dass es schon 20:30 Uhr war. „Verdammt!“, murmelte ich vor mich hin. Mit diesen Schuhen würde ich niemals pünktlich ankommen. Ich verließ schnell mein Zimmer und ging zur Lobby. Wie erwartet, waren alle schon da und ein Typ hatte bereits mit einer Rede angefangen. Ich tat so, als würde es mich interessieren, hörte aber in Wirklichkeit gar nicht zu. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt nicht aufzufallen. Ich stellte mich ganz hinten hin, damit niemand bemerkte, dass die Tochter des Bundespräsidenten hier war. Zwei Vampire gingen herum und gaben Sekt aus. Ich nahm auch einen an, trank aber keinen Tropfen davon. Ich traute Vampiren nicht. Plötzlich ging eine Tür auf und noch mehr Vampire strömten herein. Jeder ging zu dem Menschen, dem er zugeteilt worden ist. Verdammt, verdammt verdammt! Ich versuchte mich irgendwo zu verstecken, doch leider gab es hier kein gutes Versteck. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Werden die Vampire uns jetzt schon beißen? Nein, bitte nicht. Plötzlich sah ich einen Vampir, der zielgerichtet auf mich zukam. Er sah eigentlich ganz gut aus mit seinen braunen, verwuschelten Haare und grünen Augen. Er lief auf mich zu mit einem verschmitzen Lächeln, sodass fast mein Herz stehen blieb. Was dachte ich da eigentlich? Er war ein Vampir, verdammt nochmal! Langsam bekam ich die Panik und fing an zu zittern. Er kam immer näher auf mich zu. Was wäre, wenn er seine Fangzähne ausfährt und mit Vampirgeschwindigkeit auf mich los geht? Nein das macht er bestimmt nicht, versuchte ich mich zu beruhigen.

 

Jetzt kam er bei mir an. „Hi, ich bin Mike. Du bist Mira Summers, richtig?“, lächelte er mich an. Bestimmt war das wieder ein gefälschtes Lächeln. Er freute sich doch nur auf mein Blut! Ich konnte nur nicken, traute mich dann „Hi“, zu sagen und ging vorsichtshalber einen Schritt zurück. „Ist alles in Ordnung?“, fragte er mich besorgt. Ich nickte wieder reflexartig. Was? Nichts war in Ordnung! Ich bin verdammt nochmal keine Freiwillige! Mike sah mich verwirrt an. „Noch nie einen Menschen gesehen, Blutsauger?“, patzte ich ihn an. Ich hatte echt genug von den Vampiren! Jetzt sah er mich mit zusammen gekniffenen Augen an. Er regte mich so auf. Die ganzen Vampire regten mich auf. Wieso gab es überhaupt Vampire? Mit diesen Gedanken stolzierte ich in mein Zimmer zurück. Dann dachte ich daran, was ich da eigentlich gerade getan hatte. „Scheiße, scheiße, scheiße!“, fluchte ich leise vor mich hin. Verdammt, wieso habe ich das nur gesagt. Ich fing an zu schluchzen und setzte mich auf den Boden meines Zimmers. Er war doch ein Vampir! Wer weiß, was er jetzt mit mir machte! Ich zog die Knie an und weinte. Plötzlich hörte ich ein Klopfen. Mein Herz setzte eine Sekunde aus. Oh nein. Es war bestimmt Mike. Ich versteckte mich in der hintersten Ecke des Zimmers und macht mich ganz klein. „Ich weiß, dass du da bist! Mach auf.“, rief Mike. Ich schüttelte energisch den Kopf. Doch da fiel mir auf, dass er mich gar nicht sehen konnte. Ich entschloss mich, nichts zu sagen, vielleicht verschwand er dann wieder. Ich versuchte aufzuhören mit weinen. Mike konnte bestimmt die Tür einschlagen, da sollte er mich nicht so sehen. Ich ging so leise ich konnte rüber zum Bad und tupfte meine Augen ab. „Lass mich rein Mira. Ich tu dir auch nichts!“, versuchte er es erneut. Ja klar. Ich wusste doch, dass Vampire gut lügen konnten. Auf ihn konnte ich nicht vertrauen. Wahrscheinlich wollte er sich sowieso noch wegen vorhin rächen. Oh nein, ich würde ihn ganz sicher nicht rein lassen. Ich öffnete die Terrassen Tür und ging auf meinen kleinen Balkon. Dort hatte man eine wunderschöne Aussicht auf einen Park. Ich hockte mich auf einen von den zwei Stühlen. Erleichtert, dass Mike nicht mehr versuchte reinzukommen, schloss ich die Augen und genoss die letzten Lichtstrahlen des Tages auf meiner Haut. „Schöner Sonnenuntergang, nicht?“, grinste plötzlich Mike neben mir. Ich kreischte lauthals und stand auf. Ich versuchte wieder in mein Zimmer zu gehen und ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen, doch er war zu schnell. „Na na, so was macht man doch nicht.“, sagte er grinsend. Er machte es sich gerade auf meinem Bett bequem. Ich starrte ihn erschrocken an. Ich huschte schnell wieder auf den Balkon. Ich konnte ihn ja schließlich einfach in meinem Zimmer einsperren. Ich hielt die Tür zu gut es ging zu. Er schaute mir nur amüsiert zu und mit einem Lufthauch war er bei mir und hatte die Tür aufgemacht. Ich ging ein Schritt zurück, doch da war dann schon das Geländer vom Balkon. Ich sah hinunter. So tief war das nicht mal. Vielleicht 3,4 Meter, dass konnte ich überleben. Mike sah mich stirnrunzelnd an. „Du bist nicht freiwillig hier.“ Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage, doch ich antwortete. „Nein“; flüsterte ich und sah ihn ängstlich an. Wieso hatte ich das nur gesagt? Mein Vater wollte nicht, dass die Vampire wussten, dass ich nicht freiwillig hier war. Wobei... eigentlich schuldete ich ihm auch nichts. „Wieso bist du dann hier?“, fragte er mich neugierig. „Mein Vater hat mich gezwungen.“, murmelte ich und sah auf den Boden. Ich zitterte vor Angst. Wahrscheinlich wollte er mich gleich beißen. „Ist dir kalt?“, fragte er besorgt. „Nein.“, murmelte ich. Na los, dachte ich mir. Bring es hinter dich. Beiß mich einfach. Dann hätte ich es hinter mir. Ich verschränkte die Arme und lehnte mich ans Geländer. Auf einmal spürte ich, wie es nachgab. Ich warf noch einen letzten Angsterfüllten Blick auf Mike, als ich rückwärts vom Balkon flog. In meine Freiheit. Ich schloss die Augen und hoffte, dass es nicht zu sehr weh tun würde. Vor Schreck kam ich nicht einmal dazu zu schreien. Ich hielt die Luft an und landete eine Sekunde später in warmen Armen. Ich öffnete langsam die Augen. Mike hatte mich aufgefangen. Wahrscheinlich würde er sich jetzt in eine Fledermaus verwandeln und mich hoch tragen. Ach ja richtig, Vampire konnten das ja nicht machen. Er spannte seine Beine an und sprang ab, um dann gleich auf meinem Balkon zu landen. Er trug mich in mein Zimmer und legte mich vorsichtig auf dem Bett ab. Ich beobachtete ihn dabei die ganze Zeit mit großen Augen. „Ist alles in Ordnung?“, fragte er besorgt. „Mhm. Alles bestens.“, murmelte ich ironisch, nahm mir eine Traube vom Tisch und steckte sie mir in den Mund. „Mh, die sind aber lecker!“, schwärmte ich. „Aber du schmeckst ja nichts mehr, oder?“, sagte ich und nahm mir noch eine Traube. Dabei beobachtete ich ihn. Er sah mich mit zusammen gekniffenen Augen an. „Als ob ich etwas dafür konnte, dass ich ein Vampir bin. Mein Schöpfer hat mich verwandelt ohne vorher zu fragen.“, fuhr er mich mit zusammen gebissenen Zähnen an. „Außerdem habe ich auch Hunger und kann mir nicht einfach Blut vom Tisch holen!“ Ich sah ihn ängstlich an. „Wenn du dein Lieblingsgericht vor dir stehen hast und niemand hält dich davon ab, es zu es würdest du verzichten? Oder würdest du mitten im Essen aufhören, obwohl du noch Hunger hast?“, schrie er mich an. „Aber ich bin ein Lebewesen. Ich habe Gefühle.“; flüsterte ich erschrocken. „Oh ja genau. Gefühle. Als ob das irgendeinen Menschen interessiert. Schweine tötet ihr jeden Tag unendlich viele. Genauso wie Rinder oder manche andere Tiere. Da interessieren euch Gefühle plötzlich nichts mehr!“, rief er und machte dabei Handbewegungen. „Wir, Vampire, töten nicht einmal!“, schrie er und lief wütend im Zimmer herum. „Ich... Es tut mir leid.“; flüsterte ich. Ich spürte wie meine Augen wieder feucht wurden. Schon wieder. Mike saß plötzlich bei und streichelte meinen Arme. „Bitte weine nicht.“, murmelte er. Ich zuckte zurück, weswegen er mich traurig ansah. Irgendwie so, als ob er mich schon Jahre kannte. „Ich komm gleich wieder.“, murmelte ich verwirrt, schnappte mir meinen Koffer und ging ins Bad. Dort zog ich mir eine Jogging Hose und ein zu großes T-Shirt an. Meine Schuhe zog ich natürlich aus. Dann putzte ich mir meine Zähne und schminkte mich ab. Danach öffnete ich die Tür, schlenderte zum Bett und warf mich darauf. Mike saß jetzt auf der Couch und beobachtete mich amüsiert. „Bist du denn nicht müde?“, fragte ich. „Nein. Als Vampir muss man nicht mehr schlafen. Ich kann die ganze Nacht auf dich aufpassen.“, sagte er mit einem warmen Lächeln. „Ne, passt schon. Ich kann auf mich selbst aufpassen.“, murmelte ich. Mike ignorierte das Gesagte. „Kann ich nicht wenigstens ein kleines Schlückchen haben?“, fragte er mich mit einem spitzbübischen Lächeln. Ich warf ein Kissen nach ihm. „Das ist wohl ein Nein.“, murmelte er und ich sah plötzlich eine Idee in seinen Augen aufflackern. Er lächelte mich jetzt verschmitzt an. „Weißt du, es tut nicht mal weh. Es fühlt sich toll für den Menschen an.“, sagte er mit einem siegessicherem Lächeln. „Echt?“, ich sah ihn mit offenem Mund an. „Oh ja. Wir können ein Serum abgeben, was die Menschen schläfrig macht, wenn wir sie beißen. Außerdem fühlt sich der Mensch dabei auch sau gut. Für den Vampir ist es nur toll, wenn das Blut auch rein ist.“, beim letzten Satz rümpfte er die Nase, doch dann lächelte er wieder. Ich hörte ihm interessiert zu. Das wäre ja toll. Wenn es sich so toll anfühlen würde, wie er beschreibt. Mich packte plötzlich die Neugierde. Jetzt wollte ich unbedingt wissen, wie es sich anfühlte. Unschlüssig knabberte ich an meiner Unterlippe und bemerkte, wie Mike mich zufrieden beobachtete. Er hat gelogen! Ja ganz sicher. Er wollte nur mein Blut. Alles andere war ihm egal. Er wartete nur auf meine Zustimmung. Ich wurde langsam wütend. Er war ein verdammter Vampir. Er log doch jeden Tag. „Wenn ein Vampir einen Menschen beißt, spürt er sofort, wenn sie Seelen verwandte sind. Das ist ein Geheimnis unter uns Vampiren.“, sagte er zu mir. „Gut, dann müssen wir es ja nicht aus probieren. Wir sind bestimmt nicht Seelen verwandte.“, murmelte ich und sah noch wie er mich verärgert ansah, doch ich drehte mich weg. Ich legte mich so auf das Bett, dass er mir nicht ins Gesicht sehen konnte. Aber was wäre wenn es sich doch gut an fühlte? Und ich nie wusste, wie es war, gebissen zu werden. Verzweifelt umarmte ich mich selbst. Plötzlich spürte ich, wie das bett nachgab und blickte auf. Mike lag jetzt auch auf dem Bett. „Komm her.“, flüsterte er und breitete die Arme aus. Ich rührte mich keinen Zentimeter. Das konnte er vergessen. Er rückte näher an mich ran und ich seufzte innerlich.Er sah mich besorgt an und schlang seine Arme um mich. Komischerweise fühlte ich mich total wohl in seinen Armen und legte meine Arme auch um ihn. Eine seiner Hand war an meinem Rücken, wo er immer wieder hoch und runter fuhr, was ein wohliges Kribbeln hinterließ. Was machte er nur mit mir? Ich biss mir genüsslich auf die Unterlippe und schloss meine Augen. In dem Moment drückte er mich kurz weg, ich wollte schon protestieren, aber kam gleich wieder, nur um sich auf mich drauf zu legen. Er hauchte mir einen Kuss auf den Mund und beobachtete, wie ich darauf reagierte. Ich legte meine eine Hand in seinen Nacken und die andere an seinen Kopf, um ihn wieder zu mir runter zu ziehen. Er lächelte zufrieden, als er bemerkte, dass ich nicht mehr richtig denken konnte. Ich küsste ihm auf die Lippen, erst langsam, vorsichtig und dann immer vordender und leidenschaftlicher. Er machte das alles mit und ich konnte förmlich spüren, wie zufrieden er jetzt war. Er forderte Einlass mit seiner Zunge und ich gab sie ihm. Er fühlte sich so toll an und ich fuhr ihm durch seine wunderschönen Haare, was ihn rasender machte und er küsste sich langsam hinunter zu meinem Hals. Dort küsste er mich fordernd, ich keuchte auf und lag meinen Kopf in den Nacken, damit er besser an den Hals kam. Er hörte plötzlich auf und sah mich an. „Bist du sicher?“, flüsterte er auf einmal. „Ja.“, murmelte ich und zog ihn wieder zu mir ran. Er machte mich so rasend. Er fuhr noch einmal mit der Hand meinen Rücken hinunter, während er mich am Hals küsste. Schon spürte ich zwei kleine Einstiche am Hals. Eine wohlige Wärme ging von ihnen aus und ich wurde tatsächlich etwas schläfrig. Ich versuchte ihn noch näher an mich zu drücken, was fast nicht mehr ging. Es war wie eine Explosion von Gefühlen und er streichelte immer noch meinen Rücken! Ich stöhnte genüsslich auf. Ich wollte, dass er niemals damit aufhörte und gab mich ihm völlig hin. Doch er ging viel zu früh vom meinem Hals weg. „Nein.“, protestierte ich und versuchte ihn wieder an mich zu drücken. Er schüttelte lächelnd den Kopf und ließ mich erst mal verschnaufen. „Ich habe genug, Darling. Mehr könnte dir schaden.“, sagte er mit meinem geliebten verschmitzen Lächeln und küsste mir noch auf die Stirn. Ich kuschelte mich an ihn und schlief zufrieden in seinen Armen ein.

Kapitel 4

„Du hast mich verführt. Das war total unfair!“, schmollte ich. „Ich weiß.“, grinste Mike. Ich schlug ihm auf den Hinterkopf. „Sag mal Mike?“, flüsterte ich, immer noch mit geschlossenen Augen. „Ja, Darling?“ Jetzt öffnete ich meine Augen und sah ihn an. „Hast du eigentlich etwas Besonderes gespürt? Wegen diesem Seelenverwandtschaft-ding?“, fragte ich neugierig. „Das bleibt mein Geheimnis.“, sagte er mit einem spitzbübischen Lächeln im Gesicht. „Na gut, dann trag ich mich für den nächsten Tag wieder ein und probiere einen anderen Vampir aus.“, grinste ich. „Das machst du nicht!“, rief er und fing an mich zu kitzeln. Ich kreischte auf. „Hör auf!!“, flehte ich ihn an. „Nein.“, trällerte er. Ich kreischte noch lauter rum. Ob die Zimmer wohl schalldicht waren? Wahrscheinlich. „Bitte“, quengelte ich. „Nö.“, grinste Mike. „Na gut! Ich frag nicht einen anderen Vampir.“, rief ich. Er hörte sofort auf mich zu kitzeln und grinste mich an. Ich schlug ihm leicht auf den Arm. „Arsch.“, murmelte ich und stand auf. „Wo willst du hin?“, fragte mich Mike. „Ins Bad. Das darf ich ja wohl noch oder?“, fragte ich leicht genervt. „Klar.“, grinste er. Ich duschte mich erstmal und bemerkte, dass man die Biss stelle nicht mehr sah. „Wie cool ist das denn!“, flüsterte ich. „Was?“, rief Mike neugierig. „Nichts!“, rief ich zurück und zog mir schnell was an. Schon stand Mike in der Tür. „Was ist denn jetzt cool?“, fragte er. „Dass die Biss stelle nicht mehr zu sehen ist.“, seufzte ich und zeigte auf meinen Hals. „Das ist normal.“, grinste er und schloss wieder die Tür. Ich widmete mich nun dem Zähneputzen und schminken. Danach band ich mir die Haare zu einem Dutt hoch, denn es sollte heute heiß werden. Zufrieden mit meinem Aussehen ging ich aus dem Bad raus und sah, dass Mike im Bett auf mich gewartet hatte. „Wir können jetzt frühstücken gehen.“, lächelte ich. „Okidoki.“ Er sprang vom Bett auf und war in der nächsten Sekunde schon an der Tür, um sie mir Gentlemanlike aufzuhalten. Mike und ich gingen nebeneinander zu dem Esssaal. Wie zu erwarten aß Mike dort nichts. Es gab ein riesiges Buffet mit unendlich vielen Leckereien. „Und du willst wirklich nichts?“, flüsterte ich Mike zu. „Nein, danke.“, flüsterte er zurück. „Umso mehr für mich!“, sagte ich grinsend, was Mike zum lachen brachte. Ich nahm von allen ein bisschen was, nur keine Käse- Sachen. Ich hasse Käse! Nach einer Weile war mein Tablett überfüllt und ich entschied mich nicht noch mehr darauf zu laden. Wir suchten uns einen schönen Platz am Fenster aus und ich fing an, mir das Essen hineinzustopfen. Mike beobachtete mich schmunzelnd.

Ich hatte es tatsächlich geschafft alles aufzuessen. Und jetzt fühlte es sich an, als ob mein Bauch gleich platzen würde. Ich hätte mich nicht so voll stopfen sollen. Ich stöhnte und lehnte mich am Stuhl an. Mike sah mich lachend an. „Ey das ist nicht lustig!“, murrte ich. „Oh doch. Wollen wir wieder in dein Zimmer gehen? Da kannst du dich hinlegen.“, fragte er. „In diesem Zustand kann ich nicht mehr laufen. Tut mir leid.“, murmelte ich. „Gut. Dann trage ich dich.“, grinste er. Ich wollte gerade protestieren, doch er hatte mich schon hochgenommen. Kreischen konnte ich auch nicht, denn dann hätte ich eine große Szene gemacht und der Esssaal war ziemlich voll. Jetzt hieß es nur noch Augen zu und durch. Nach einer Weile, oder eher gesagt nach 5 Sekunden, wurde ich auf etwas harten, unebenen abgelegt. Ich öffnete meine Augen und sah den Himmel. Ich richtete mich auf und sah, dass wir in einem Park waren. Ich legte mich wieder hin. „Wollten wir nicht in mein Zimmer gehen?“, fragte ich murmelnd. „Ja, aber ich fand es schöner hier im Park herumzuliegen. Da kriegst du frische Luft und kannst viel schneller verdauen.“, grinste er. Ich nickte leicht und schloss die Augen. Ich spürte Mikes Blick auf mir und öffnete nach einer Weile wieder meine Augen. Als unsere Blicke sich trafen, konnte ich mich einen Moment nicht losreißen. Sein strahlend grüner Blick hielt mich fest. Er sah beinahe menschlich aus, aber er hatte etwas an sich - ich konnte es nicht genau benennen -, eine Andeutung, dass er bedeutender war, als offenbar wurde. „Sind die meisten Vampire wie du?“, fragte ich leise. Er blinzelte und nun konnte ich den Blick abwenden. „Das kommt darauf an, was du meinst.“, erwiderte er. „Wenn du meinen Charme und meinen Esprit ansprichst, muss ich mit Nein antworten – ich bin wirklich überaus charmant. Wenn es darum geht, wie ich aussehe...“ Er hielt inne und sah an sich herunter, wie um sich selbst abzuschätzen. „Ich würde sagen, ich bin ziemlich normal. Nichts Besonderes.“ Das sah ich anders. Er hatte ein Gesicht, das selbst Filmstars nur auf retuschierten Fotos vorweisen konnten.“Wie alt bist du eigentlich?“, fragte ich. „20“, antwortete er. Ich schlug ihm auf den Arm. „Na gut. Ich bin letzte Woche 99 geworden.“ „Mann, ich häng hier mit nem Alten Knacker ab!“, grinste ich. „Das ist doch ziemlich jung, wenn man bedenkt, dass wir tausend Jahre leben.“ Ich nickte zustimmend. „Und wie alt bist du?“, fragte er mich. „Jünger als du“, antwortete ich und streckte die Zunge raus. „Das ist mir auch schon aufgefallen.“, grinste er. „Na gut. Ich bin 19.“, murmelte ich.

„Na, hast du genug verdaut?“, lächelte Mike. „Ja, ja ich glaub ich kann wieder allein laufen.“, murmelte ich und stand vorsichtig auf. Und tatsächlich, es klappte. Ich fühlte mich schon viel besser. Ich streckte mich einmal und lief dann los. „Mira?“, rief Mike. „Ja?“, rief ich zurück ohne mich umzudrehen. „Das ist die falsche Richtung.“ „Oh.“, murmelte ich und lief in die andere Richtung an Mike vorbei, welcher mir folgte. Irgendwie fand ich mich hier nicht zurecht und Mike musste mir immer wieder mit dem Weg helfen. Wie ist er nur so schnell hier hin gekommen? Ich weiß ja, dass Vampire schnell sind, aber so schnell? Ich schüttelte den Kopf, wie um den Gedanken abzuschütteln. Ich wusste ja schließlich nicht genau wie schnell Vampire waren. Und vielleicht ist Mike ja auch einer, der schneller als die anderen ist. Nach einer halben Ewigkeit kamen wir endlich beim Lotus Hotel an. Oder man könnte auch sagen 10 Minuten. Zuerst liefen wir zu meinem Zimmer, um uns Badesachen zu holen. Wir hatten auf dem Weg zum Lotus Hotel ausgemacht, jetzt in den Spa Bereich zu gehen. Er hatte irgendetwas davon erzählt, dass Vampire ihre Steuern an die Lotus Hotels zahlen müssen und deswegen will er auch den Spa Bereich vollkommen ausnützen, da er ihn ja bezahlen muss. An der Tür zu dem Spa-Bereich standen 2 Damen, die uns die Tür aufhielten. Beide waren Vampire. Die eine hatte blonde Haare, die sie geflochten hatte und die andere Vampirin hatte braune offene Haare. Ich bedankte mich mit einem Nicken bei ihnen. Als wir eintraten, sah ich dass rechts die Umkleidekabine für Damen war und links die Umkleide für Männer. „Ciao.“, murmelte ich und bog rechts ab. Ich ging in eine Einzelkabine und zog mir meinen American Style Bikini an. Als ich fertig war, lief ich zu den Schließfächern und schloss meine restlichen Klamotten darin ein. Nun suchte ich den Eingang, aber wie das nun mal so ist mit schlechtem Orientierungssinn schaffte ich das nicht. Seufzend versuchte ich irgendwo ein Schild zu finden, das mich in die richtige Richtung brachte. Schlussendlich fand ich sogar eins. 'Spa Bereich' stand darauf. Na toll. Das brachte mir jetzt echt viel. Ich entschloss mich wieder ganz nach vorne zu den Spa- Vampir-Damen zu laufen und die zu fragen. Dort angekommen musste ich erst mal meinen Mut zusammenkratzen, um sie fragen zu können. Ich sprach die braunhaarige an, weil die mir sympatischer wirkte. „Äh hi. Ich wollte fragen, ähm, also ich find den Eingang nicht.“, sagte ich nervös. Die Braunhaarige setzte ein gefälschtes Lächeln auf, glaubt mir, ich erkenn so was und zeigte direkt hinter mich. „Da.“, sagte sie. Ich drehte mich um und tatsächlich, dort war der Eingang. Verdammt, wie dumm war ich eigentlich? Mit entschlossenen Schritten ging ich auf den Eingang zu und, so dumm wie ich nun mal war, rannte ich voll in die Glastür rein. Ich seufzte leise und öffnete die Tür. Von hinten hörte ich Gekicher. Na toll.

 

Im Spa Bereich angekommen, bekam ich gleich ein schönes weißes Handtuch, welches ich dankbar annahm. Doch ich achtete nicht auf das Handtuch sondern auf das große Becken, was vor mir lag. Es war riesig! Neben dran war noch eine Bar, wo sich viele Leute tummelten. Ich entschied mich dort Mike zu suchen und fand ihn sogar. Er laberte gerade mit irgendjemand, wahrscheinlich ein Kumpel von ihm oder so. Mike hatte eine Hawaii Badehose an, so eine mit weißen Blumen und orangenem Hintergrund. Er war gut gebräunt und hatte einen Six Pack. Wow. Er sah ja schon geil aus. Mein Gott, was dachte ich da eigentlich? Ich atmete einmal tief durch, um mich zu beruhigen. Als ich wieder in Mikes Richtung sah, bemerkte ich, dass er und sein Kumpel gelegentlich in meine Richtung sahen. Jetzt redeten die auch noch über mich oder was? Ich schau mir einfach mal seinen Kumpel an. Er hatte blonde, kurze Haare und blaue Augen, also überhaupt nicht mein Typ. Ich hatte ja schon blonde Haare und blaue Augen, da brauch ich ja ein bisschen Abwechslung. Also war Mike perfekt... Und schon wieder hatte ich vom Thema abgelenkt. Mikes Kumpel, ich nannte ihn einfach mal Blondie, hatte genauso wie Mike eine Hawaii Badehose an, aber mit blauem Hintergrund. Und Mike war viel gebräunter als Blondie.

 

Ich atmete einmal tief durch und ging mit entschlossenen Schritten auf die Beiden zu. Sie saßen an einem Vierertisch und ein Mädchen mit braunen Haaren hing an Blondie. So eine Tussi. Sie hatte einen viel zu kleinen Bikini und war zu sehr geschminkt. Ich stellte mir vor, wie die Schminke im Wasser verläuft und musste leise kichern. Mittlerweile war ich bei dem Tisch angekommen und ich setzte mich neben Mike. „Hi. Ich bin Mira“, sagte ich und lächelte. Ich musste schließlich einen guten Ersten Eindruck machen bei Blondie. „Hey, ich bin Caspar und das ist Trish.“, er zeigte am Ende auf das Mädchen neben sich. Ich nickte ihm zu. Caspar wandte sich nun wieder an Mike und sprach los in irgendeiner anderen Sprache. Wahrscheinlich Spanisch oder so. Mike erwiderte irgendetwas in der selben Sprache und dann sahen beide mich an. Mein Gott, mein Gesicht war doch nicht etwa noch von der Marmelade verschmiert? Ich wischte mir sicherheitshalber noch mal über meinen Mund mit der Hand. Auf meiner Hand sah ich nichts. Also war es nicht die Marmelade. Aber wieso lächelten die Beiden mich jetzt so doof an? „Was hab ich verpasst?“ „Nichts.“, antworte Mike schnell. Zu schnell. Die Beiden haben ein Geheimnis vor mir. Ganz sicher. Ich schaute ihn skeptisch an und lehnte mich zurück. Mike tat so, als ob alles geklärt wäre. Ich verschränkte die Arme vor der Brust.

 

„Wollen wir schwimmen gehen?“, fragte uns Caspar. Jetzt erst fällt mir auf, dass er einen Akzent hat. Was für einen weiß ich nicht. „Ja, klar.“, antwortete Mike für uns und stand auf. Ich stand ebenfalls auf und wir liefen zum Becken. Auf dem Weg dorthin entdeckte ich noch eine Tür zu dem Wellnessbereich. Mit meinen Zehen tauchte ich kurz in das Wasser. Ich zuckte sofort zurück, denn das Wasser war eiskalt. Ich verzog das Gesicht. Als Mike das sah grinste er mich an. Oh nein. Er will doch nicht etwa... Tatsächlich. Er schnappte mich einfach und sprang mit mir ins Becken. Ich kreischte auf. „Du Idiot!“, schrie ich. Als ich mich umsah, bemerkte ich, dass alle Blicke auf mich gerichtet waren und ich langsam rot wurde. Jetzt tuschelten sie auch noch. Na toll. Aus Rache versuchte ich Mike unter Wasser zu bringen. Ich warf mich auf ihn drauf und er bewegte sich kein Stückchen. „Mist.“, murmelte ich leise und er lachte mich aus. Langsam hatte ich mich an die Wasser Temperatur gewöhnt. Peinlich berührt ging ich wieder von ihm runter und ich sah, wie Caspar uns belustigt anschaute. Er war auch schon im Wasser und Trish hing an ihm wie eine Klette. Sie himmelte ihn beinahe an. „Caspar ist also ein guter Freund von dir?“, fragte ich Mike. „Ja.“, antwortete er knapp. Ich wusste nicht, was ich weiter mit ihm besprechen sollte, also schwamm ich ein paar Bahnen, während Caspar und Mike sich unterhielten. Ich fragte mich nur die ganze Zeit, ob sie über mich redeten, weil sie manchmal zu mir rüber sahen.

Kapitel 5

Nachdem wir das Becken verlassen haben, bemerkte ich, dass ich viel weniger Bahnen als sonst geschafft hatte. Lag wohl am Blutverslust. Wir hatten uns entschieden, uns massieren zu lassen, das Wasserbecken konnte warten. Also liefen wir zu der Tür, die ich vorher schon gesehen hatte. Über der Tür stand ‚Wellnesbereich‘. Wir traten ein und rechts und links war wie eine Allee von Saunas. Mir stand der Mund offen und Mike grinste mich an. Wir gingen nach weiter hinten, wo man sich massieren lassen konnte. „Können wir auch mal in eine der Saunas?“, fragte ich im Laufen. „Klar, wir können auch in Jede gehen wenn du willst.“, sagte Mike und lächelte mich an. „Turteltäubchen.“, hörte ich Caspar leise murmeln und Mike warf ihm einen kurzen bösen Blick zu. Kurz vor der ‚Massage‘ Tür sah ich noch, dass wenn wir jetzt rechts laufen würden auch noch Whirlpools waren. „Geil!“, flüsterte ich. Mike schenkte mir ein verschmitztes Grinsen und öffnete die Tür zur Massage. Er hielt sie Gentleman auf und ließ sie wieder zufallen, als Caspar durchgehen wollte. Mike lachte kurz und Caspar sah ihn böse an. Ich kicherte auch leise. Nicht, dass Caspar wütend auf mich wurde oder so. Bei Vampiren musste man doch vorsichtig sein. Im Eingang standen 2 Männer und 2 Frauen, beides Menschen, die Vampire ließen sich wohl nicht dazu herab Menschen zu massieren. Ich bekam den blonden braunäugigen Mann, der mich beinahe mit seinen Blicken auf schlang. Wer weiß, was dieser Typ dachte. Er fing sogar an mit mir zu flirten. „Hey Süße, ich bin Jo. Schön dich kennenzulernen.“, säuselte er. Ich warf einen Blick zu Mike, er sah irgendwie böse aus. Aber warum? Ich legte ihm meine Hand auf den Arm. „Ist alles in Ordnung?“, flüsterte ich ihm zu. „Ja, alles gut.“, flüsterte er zurück. Er sah wieder besser aus. Trish bekam den anderen Mann und sie fing schon heftig an zu flirten. Mike und Caspar bekamen die zwei Frauen. Jeder durfte in sein eigenes kleines Zimmerchen gehen mit seinem Masseur. „Ciao.“, murmelte ich noch schnell Mike und Caspar zu. Wir wurden eine halbe Stunde massiert und es gab dabei noch wunderschöne entspannende Musik. Ich würde jetzt gerne sagen, dass die Massage wundervoll entspannend war und dass ich es genossen habe, aber eigentlich kitzelte es nur. Ich musste die ganze Zeit zusammen zucken und ich hoffte nur, dass es bald vorbei sein würde. Ich lag auf meinem Bauch und durfte somit die orangene Wand anstarren. „Umdrehen, bitte“, hörte ich Jo sagen. Ich drehte mich mühselig um und sah, dass Jo mich anlächelte. Kein warmes Lächeln, eher ein gruseliges Lächeln. Er fing an meine Beine zu massieren und endete nach meinen Geschmack zu spät. Jetzt, beim linken Bein starrte er mich irgendwie so gruselig an, das mir beinahe schlecht wurde. Ich lächelte Jo nur gequält an, welcher jetzt weitermachte mit meinen Armen. Hoffentlich ist das bald vorbei, konnte ich mir nur noch denken.

Nach einer quälenden Ewigkeit, hatte die Massage endlich ein Ende und ich freute mich irgendwie wieder auf Mike. Beim Hinausgehen des kleinen Zimmers spürte ich plötzlich eine Hand auf meinem Po. Meine Augen weiteten sich empört und ich drehte mich um. Scheiß Verdammter Jo! Ich holte mit meinem Arm aus und gab ihm eine Ohrfeige. „Das hast du verdient!“, spuckte ich ihm ins Gesicht. Auf seiner einen Hälfte des Gesicht, wo ich ihn geschlagen hatte, wurde es schon rot. Jo sah mich wütend an und ich starrte wütend zurück. Da warf ich meine Haare zurück, drehte mich um und machte einen Fernsehreifen Abgang.

Mike und Caspar warteten bereits auf mich. Ich versuchte meine Gesichtszüge unter Kontrolle zu behalten, ich wollte nicht, dass Mike oder Caspar etwas merkten. Ich wollte nicht schwach vor ihnen wirken. „Wo ist Trish?“, fragte ich die Beiden. Mike zuckte nur mit den Schultern. „Wahrscheinlich noch bei Tom.“, meinte Caspar. Tom war Trish ihr Masseur. Wer weiß, was die Beiden gerade machten…

Plötzlich kam Trish aus ihrem Zimmerchen hinausgestürmt. Sie hatte zerzauste Haare und ihr Lippenstift war verschmiert. Ich konnte mir zu gut vorstellen, was gerade passiert war und musste mir ein Kichern verkneifen. „Ich muss mich nur noch schnell frisch machen! Ich bin gleich wieder da.“, trällerte sie im Gehen zu den Kabinen. Ungeduldig tippte ich regelmäßig mit meinem rechten Fuß auf den Boden und verschränkte die Arme.

Nach einer Gefühlten Ewigkeit kam endlich Trish wieder und wir konnten zu den Saunas gehen. „In welche gehen wir?“, fragte ich und starrte ehrfürchtig die ganzen Saunas an. „In die Blockhaussauna!“, grinste Caspar. „Uh, ne die ist doch viel zu heiß! Da halte ich es nicht lange aus!“, sagte ich und verzog mein Gesicht. „Gut, dann gehen wir in die Biosauna.“, meinte Mike. Ich nickte zustimmend und grinste. Wir mussten natürlich in die Sauna gehen, die am wenigsten warm war. Wir liefen zu einer der Holzsaunen, wo oben drüber ‚Bio Sauna‘ stand. Caspar hielt uns Gentlemanlike die Tür auf. Ich nickte ihm dankend zu und trat ein. Ich hockte mich ganz unten hin, denn da war es nicht so warm und ich würde es länger aushalten in der Hitze. Entspannt lehnte ich mich zurück. Ehe ich mich versah, war ich in Mikes Armen, der mich dann wieder ganz oben in der Sauna absetzte. „Ey!“, rief ich empört und versuchte ihn zu schlagen. Er wich die ganze Zeit geschickt aus. Das würde Rache bedeuten! Ich starrte ihn böse an und er grinste nur. Ich setzte mich hin, als ob ich mich ergeben würde. Als er einen Moment wegsah, rannte ich schon runter. Mike packte mich von hinten und zerrte mich nach oben. „Arsch!“, flüsterte ich und verschränkte meine Arme. „Komm setzt dich.“, grinste Mike. Ich verdrehte meine Augen und hockte mich neben Mike. Als er gerade einen Moment nicht aufpasste, schlug ich ihm auf den Arm und grinste. „Hat nicht wehgetan.“, sagte Mike. Na und. Ich hatte meine Rache noch nicht ganz ausgekostet, er würde noch etwas erleben.

Ich lehnte mich zurück und ertrug die Hitze. Caspar saß uns gegenüber und Trish saß ganz unten, wo ich auch hinwollte. Ich seufzte leise. Langsam fing ich an zu schwitzen. Ih, wie eklig. Ich weiß nicht, was die anderen Leute immer an Saunas so toll finden.

Ich hatte es jetzt schon 15 Minuten hier drin ausgehalten. Niemand anders geht sonst in die Biosauna, alle wollen wohl etwas Heißeres. Als ich schon fast etwas sagen wollte, damit ich hier raus kam, fing Trish damit an. „Sag mal können wir bitte wieder hier rausgehen? Diese Hitze ruiniert meine Frisur vollkommen.“, motzte sie. Caspar und Mike sahen sich kurz an. „Ja!“, rief ich und grinste. So schnell ich konnte rannte ich nach unten und an die frische Luft. Die anderen folgten mir. „Wollen wir zu den Whirlpools gehen?“, fragte ich quirlig. Ich wollte jetzt unbedingt ins Wasser und so Whirlpools waren da perfekt. Endlich mal entspannen. „Ja, klar.“, antwortete Mike und wir liefen gemeinsam zu den Whirlpools. Angekommen mussten wir erst einmal einen freien Whirlpool suchen. „Da! Da ist einer!“, rief ich und zeigte nach rechts. „Oh. Schon besetzt. Sorry.“, murmelte ich. Nach einer halben Ewigkeit, auch bekannt als 10 Minuten fanden wir endlich einen freien Whirlpool. Erfreut ging ich in den Whirlpool und setzte mich hin. Die Luftbläschen prickelten auf meiner Haut. Der Whirlpool sprudelte fröhlich vor sich hin und es war eine viel bessere Massage als die von Jo. Ich lehnte mich netspannt zurück. „A-ah da-as tu-ut gu-ut.“, stotterte ich, weil der Wasserdruck so stark war. Mike grinste mich an und setzte sich neben mich. Trish und Caspar setzten sich gegenüber von mir. „Ach sowas ist immer wieder gut!“, sagte Caspar. Warum musste er denn nicht stottern? Das war sowas von unfair! Plötzlich spürte ich etwas auf meiner Schulter. Als ich aufsah, bemerkte ich, dass es Mikes Hand war. Er hatte mich mit dem einen Arm von hinten umarmt. Er tat so, als wäre nichts und laberte nur mit Caspar. Aber warum legt er einen Arm um mich? Ich starrte ihn an, als ob ich die Lösung in seinem Gesicht finden würde.

Kapitel 6

Ich ignorierte einfach Mikes Arm und genoss den Whirlpool. Ich sah kurz auf die Uhr- 11:06 Uhr-, noch 2 Stunden bis zum Mittagessen. Wir hatten also noch ca. 1 Stunde hier im Spa- Bereich, bevor wir langsam mal aufbrechen müssen. Ich bemerkte, dass Trish jetzt auch auf die Uhr starrte und ihre Augen groß wurden. „Oh mein Gott! Sorry, Leute aber ich muss jetzt sofort los! Ich muss mich schön machen!“, zwitscherte sie. „Will mich jemand begleiten?“, fragte sie und sah uns erwartungsvoll an. Genervt sah ich weg. Man braucht doch nicht etwa 2 Stunden, um sich schön zu machen. „Ich schätze du findest alleine den Weg zu deinem Zimmer.“, sagte Caspar kalt. Trish schnaubte einmal und stieg auf dem Whirlpool. Ehe ich mich versah, war sie schon weg. Mike und Caspar sahen mich erwartend an. Ich hob meine Hände. „Ich muss jetzt noch nicht gehen.“, grinste ich und nahm meine Hände wieder runter. Mike fing auch an zu grinsen und streichelte meine Schulter. Langsam nervte es mich, dass er da seine Hand hatte und schüttelte sie ab. Mike sah mich traurig an. Mein Gott, wir waren doch nicht einmal zusammen. Ich würde auch niemals mit ihm zusammen sein. Er ist schließlich ein Vampir und er hat kein Recht mich so zu behandeln, als ob wir ein Paar wären. Ich verschränkte leicht meine Arme. „Ihr kennt euch also schon länger?“, fragte ich, um davon abzulenken was gerade passiert war. „Ja, eine Weile.“, antwortete Caspar. Ja, und ich weiß ja auch wie lange eine Weile ist. Klar. Genervt von den Vampiren lehnte ich mich zurück und versuchte an etwas anderes zu denken.

Meine Finger waren schon runzlig von dem Wasser und ich überlegte mir ebenfalls zu gehen. Es war schließlich schon halb zwölf. Also was war mir lieber? Meine Ehre oder meine Finger? Ich entschloss mich für meine Finger, da ich wahrscheinlich Mike und Caspar sowieso nicht mehr treffen werde. Die Welt ist schließlich so riesig und man trifft sich bestimmt nicht zweimal im Leben. Das ist nur ein altes Sprichwort. „Hey, Jungs, ich geh dann auch mal in mein Zimmer.“, unterbrach ich die Beiden, die gerade in irgendeiner anderen Sprache redeten. „Soll ich dich begleiten?“, fragte Mike. „Ne ich schaff des schon allein.“, grinste ich und ging aus dem Whirlpool. „Bis nachher.“, murmelte ich und winkte kurz im Gehen.

Ich lief durch die Allee von Saunas, dann durch den Raum mit dem vergleichsweise kleinen Becken und ab in die Kabinen. Ich öffnete meinen Spind mit dem Schlüssel, den ich am Anfang von der Rezeption bekommen hatte und holte mein Zeug raus. Ich drehte mich um und ging langsam zu meiner Kabine. Ich hatte es nicht eilig. Ich zog meine Sachen von davor an und legte meinen Bikini in meine Badetasche.

Mit gemäßigtem Tempo lief ich zu meinem Zimmer, Nummer 100. Ich öffnete sie Tür und bemerkte, dass wohl die Putzfrau schon dagewesen war. Die Bettdecke war zusammengelegt und es war durch gesaugt. Ich duschte erst einmal, um den Chlor wegzuwaschen. Danach zog ich mir eine kurze Jeans Hose an kombiniert mit einem pinken Top. Dazu zog ich mir noch pinke Sandalen mit kleinem Absatz an. Ich kämmte meine Haare und föhnte sie. Dann überlegte ich mir, was ich mit meinen Haaren machen soll. Flechten? Oder doch lieber hochbinden? Oder langweilig herunterhängen lassen? Ich entschied mich für die erste Option und flocht mir meine Haare über die rechte Schulter. Danach noch ein bisschen Wimperntusche und ich war fertig. Da ich noch eine dreiviertel Stunde Zeit hatte, entschloss ich mich, mich auf den Balkon zu setzten. Uh, der Balkon war ja immer noch kaputt. Vielleicht sollte ich bei der Rezeption melden, dass ich ihn kaputt gemacht habe? Lieber nicht.

Ich nahm mir einen Stuhl mit auf den Balkon und setzte mich darauf. Die Sonne auf meiner Haut fühlte sich einfach herrlich an. Ich musste mich sowieso mal ein bisschen bräunen, denn nach meinem Geschmack war ich noch viel zu blass.

Ich blickte gedankenverloren auf die vielen wunderschönen Blumen, die den Park, der sich vor mir ausbreitete, zierten. Es waren Unmengen von grünen, gepflegten Bäumen hier. Dazu noch viele Buchsbäume. Die brauchten sicherlich viele Gärtner. Meine Güte, dieses Hotel kostete bestimmt viel. Mike muss bestimmt viele Steuern zahlen. Aber ist ja schließlich ein Vampir. Er hat Zeit genug, um Geld zu verdienen. Was er wohl arbeitet? Oder er hatte so reiche Großeltern, dass er nie wieder arbeiten muss.

Plötzlich klopfte es an der Tür. Ich wollte nicht aufstehen, die Sonne war so schön auf meiner Haut. Seufzend erhob ich mich von meinem Stuhl und schlurfte zur Tür. Auf dem Weg dorthin bemerkte ich, dass ich noch eine halbe Stunde Zeit hatte. Ich öffnete langsam die Tür. „Hi, Mike.“, murmelte ich und drehte mich um, um wieder auf den Balkon gehen zu können. „Ich dusch mich nur schnell.“, rief Mike mir hinterher. „Sag mal hast du kein eigenes Zimmer?“, rief ich zurück. „Ne, eigentlich nicht.“, grinste er, schüttelte seine noch nassen Haare und ging ins Bad. Diese Vampire von heutzutage… naja egal. Ich setzte mich wieder auf den Balkon.

„Wollen wir schon mal runter gehen?“, fragte Mike. Ich zuckte zusammen. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er auch schon auf dem Balkon saß. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass wir nur noch 5 Minuten Zeit hatten. „Ja, klar.“, antwortete ich und stand auf. Ich sah noch schnell in den Spiegel, um mich zu vergewissern, dass ich okay aussah und öffnete dann die Tür. Mike und ich liefen nebeneinander her zu dem kleinen Restaurant in dem Hotel. Es waren schon ziemlich viele Leute da und wir suchten uns einen freien Platz. Alle Tische waren bedeckt von einer roten Tischdecke und Teller und Besteck. Ich nahm mir die Speisekarte vom Tisch und las sie durch. Meine Augen wurden groß. Scheiße, wie soll ich denn jetzt noch 5 Gänge essen? Ich war immer noch satt vom Frühstück.

Ein paar Bedienungen liefen rum und verteilten schon die Vorspeise. „Wildschweinterrine an Sauce Cumberland Toast und Butter. Guten Appetit Miss, Summers.“, sagte der Kellner mit einem freundlichen Lächeln, als er den Teller abstellte. „Danke“, murmelte ich mit einem gequälten Lächeln und fing an etwas davon zu essen. Was war da eigentlich auf meinem Teller? Das einzige was ich verstanden habe, war Wildschwein, Toast und Butter. Egal, man wird es schon essen können. Ich trank etwas von meinem Wasser, das bereits auf dem Tisch stand und nahm mir wieder meine Gabel und aß weiter. „Schmeckts?“, fragte mich Mike mit einem verschmitzten Lächeln. „Mhm“, murmelte ich und nickte bestätigend. Es war okay. Ich legte die Gabel auf den Teller, um zu zeigen, dass ich fertig war. Der Kellner von vorhin kam wieder und räumte den Teller weg. Mike war bestimmt langweilig, vielleicht sollte ich mich mit ihm ein wenig unterhalten? Aber ich war in sowas überhaupt nicht gut, ich war nie viel unter Menschen oder in seinem Fall Vampiren. Was sollte ich bloß sagen?

„Kraftbrühe mit Schinkenschöberln. Guten Appetit.“, sagte der Kellner und stellte die Suppe vor mich hin. „Danke.“, nuschelte ich und nahm mir einen Löffel. Ich schaute mich um, ob ich irgendwo Leute sah, ich die ich kannte und entdeckte Caspar und Trish. Caspar sah wirklich gelangweilt aus und Trish machte sich, wie immer, an ihn ran. Caspar war überhaupt nicht interessiert. Warum sie das wohl nicht bemerkte? Ich winkte kurz zu ihnen rüber und Caspar winkte zurück. Trish hatte mich gar nicht bemerkt. Der Kellner nahm den Suppenteller wieder weg. „Das Salatbuffet ist eröffnet.“, rief irgendeiner von den Kellnern. Die meisten Leute rannten schnell zum Buffet, um sich die besten Sachen zu ergattern. Ich blieb einfach sitzen, wir hatten schließlich noch 2 Gänge und ich war schon fast papp satt. „Willst du keinen Salat?“, fragte mich Mike. „Ne. Hab fast keinen Hunger mehr.“, antwortete ich und lehnte mich zurück. Ach, die Stühle waren bequem. Mit Polster und allem drum und dran.

Nach einer Weile waren endlich alle Leute mit dem Salat fertig und der 4. Gang wurde gebracht. „Entrecôte ‚Cafe de Paris‘: Kartoffelbisquit; kleine Gemüseauswahl. „Guten Appetit.“, sagte der Kellner und stellte den Teller ab. Ich nickte ihm zu und nahm meine Gabel. Es schmeckte ganz gut, aber ein Burger oder so würde mir auch reichen zum Mittagessen. Der Kellner kam wieder, nahm den Teller weg und stellte das Dessert hin. „Buttermilchmouse. Guten Appetit.“

„Mhhhh. Das ist so lecker.“, schwärmte ich. Das konnte ich den ganzen Tag essen! Mike beobachtete mich lächelnd. Warum sah er eigentlich nicht so gelangweilt aus, wie Caspar? Fand er mich so interessant oder was? Ich dachte nicht mehr darüber nach. War ja auch egal.

Kapitel 7

Diesmal schaffte ich es sogar alleine in mein Zimmer zu laufen. Ich hatte mich bemüht, nicht so viel zu essen. Ich schloss mein Zimmer auf und setzte mich auf mein Bett. Eine Weile kramte ich in meiner Tasche herum, bis ich fand, wonach in gesucht hatte. Meine Lesebrille. Ich setzte sie mir auf und schaltete sie an der Seite ein. Ich hatte alle meine Lieblingsbücher auf die Lesebrille gespeichert. Ich ging die Liste durch und wählte eine romantische Liebesstory. Die Buchstaben flimmerten vor meinen Augen auf. Ich stellte sie so ein, dass ich sie gut sehen konnte. Mike machte irgendetwas mit Caspar. Ich fragte mich, was wohl Trish macht. Vielleicht hing sie mit ihren Freundinnen ab? Egal. Ich konnte mein schönes Buch lesen auf meiner neuen Lesebrille. Sie war gerade erst auf den Markt gekommen und jeder wollte sie haben. Ich hatte sie als Werbegeschenk bekommen. Eigentlich hieß sie ja iRead aber ich nannte sie immer Lesebrille, weil das besser passte.

Meine Güte, um 16 Uhr war schon wieder Kaffe und Kuchen Zeit. Ich stöhnte leise. Es war bereits 15 Uhr. Vielleicht sollte ich den Kuchen einfach ausfallen lassen? Nein, das wäre unhöflich.

Auf einmal klingelte meine Multi-Task-Armbanduhr. Ich sah darauf und bemerkte, dass mein Vater mich anrief. Ich nahm an. „Hallo Mira! Wie geht es dir?“, fragte er gespielt fröhlich. „Hallo. Bist du etwa besorgt um mich?“, sagte ich genervt. „Aber ja! Du bist schließlich meine Tochter!“, antwortete er. Ach du meine Güte, und ich soll jetzt weich werden oder was? „Hör mal. Ich hab jetzt keine Zeit für dich. Ruf mich wann anders an. So in 100 Jahren!“, patzte ich und drückte auf auflegen. Mein ‚Vater‘ nervte einfach nur! Erst schickt er mich hierhin und dann tut er auch noch so, als ob er besorgt ist um mich. Er ist so ein Arschloch! Meine Armbanduhr piepte wieder, aber ich nahm nicht an.

Ich nahm einfach wieder meine Lesebrille und las weiter. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bereits 16 Uhr war. Egal, das Buch war gerade so spannend und ich hatte gar keinen Hunger. Ich würde wieder zum Abendessen um 18 Uhr kommen. Ich könnte auch mal in der Zeit meine Tasche wieder packen, denn um 19 Uhr durften wir ja schon wieder gehen. Und um 20 Uhr kommen dann schon wieder die nächsten Gäste…

Ich nahm mein ganzes Zeug aus dem Bad raus und legte es in meine Tasche, die ich dann schloss. Ich war froh, bald wieder hier weg zu dürfen, auch wenn das hieß, dass ich wieder nach Hause musste.

Plötzlich klopfte es an der Tür. Oh Mann, warum muss ich dann immer aufstehen? Ich stöhnte leise und hievte mich hoch. Griesgrämig öffnete ich die Tür. „Was willst du Mike?“, seufzte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wir haben uns Sorgen um dich gemacht. Du bist nicht zum Kaffe und Kuchen gekommen.“, murmelte er. „Ich hatte keinen Hunger.“, sagte ich genervt. „Na dann…“, murmelte er, quetschte sich bei mir vorbei und hockte sich auf die Couch. Seufzend schloss ich wieder die Tür, lief Mike hinterher und setzte mich aufs Bett. „Da gab es um die 20 Kuchen.“, lächelte Mike. Ich kotz gleich. Ich bin so voll, da würde nicht einmal ein Mini Kuchen Stück bei mir rein passen. „Mhm.“, murmelte ich nur.

Von weitem hörte ich Musik. Vielleicht war da eine Party im Gange. Ich schielte zu Mike herüber. Er hört die Musik bestimmt auch. Er hat ja schließlich ein viel Besseres Gehör als ich. Ich ging auf den Flur, um zu schauen, ob es von irgendwo vom Hotel kam. Mike folgte mir. Ich ging den Flur entlang und irgendwann wurde dann die Musik lauter. Bei Zimmer Nummer 23 hörte ich es am lautesten also klopfte ich. Die Tür ging einfach auf und ich sah eine Menge Leute, die die Arme oben hatten und tanzten. Ich entdeckte Trish auf dem Schoß von einem Typen. Ich lief zu ihr. „Hey Trish. Was geht denn hier ab?“, schrie ich, denn sonst hätte sie mich nicht gehört bei der Musik. „Ich mache Party!“, lallte sie. Oh mein Gott, jetzt bemerkte ich auch wie sie nach Alkohol stank. Ich bedeckte meine Nase mit meiner Hand und ging wieder aus dem Raum raus. Mike wartete draußen auf mich. „Da solltest du nicht rein gehen.“, sagte ich Nase rümpfend. „Hatte ich auch nicht vor.“, sagte er lächelnd. Ach ja richtig. Vampire können besser riechen. Armer Mike.

Als ich gerade wieder zu meinem Zimmer gehen wollte, sah ich, dass bereits ein paar Vampir-Angestellte kamen, um die Party zu beenden. Ich musste ein Kichern unterdrücken. Trish und ihre Freunde würde jetzt Ärger bekommen. Ein kleines Lächeln huschte über meine Lippen und ich konnte nicht mehr aufhören zu grinsen. Ich drehte mich um, damit es niemand sah und lief zu meinem Zimmer.

Ich ging zuerst mal auf den Balkon und bemerkte, dass die Luft stickig war. Verwundert blickte ich in den Himmel. Pechschwarze Wolken kamen auf uns zu. Ein Sommergewitter braute sich zusammen. Der Wind peitschte mir ins Gesicht und ich huschte schnell wieder ins Zimmer rein und schloss die Balkontüre. Ängstlich setzte ich mich auf mein Bett und zog meine Beine an. Mike war mir ins Zimmer gefolgt und beobachtete mich besorgt. Er war in der nächsten Sekunde bei mir und umarmte mich von hinten. Ich schmiegte mich an seinen wohlgeformten Oberkörper. Seine Beine waren rechts und links von mir. Jetzt war es mir egal, dass er ein Vampir war. Ich hatte Riesen Angst vor Gewittern und da könnte ich jeden gebrauchen. Langsam fing es an zu tröpfeln und wurde dann immer stärker. Schon sah ich den ersten Blitz am schwarzen Himmel. 5 Sekunden später kam ein lauter Donnerschlag. Es hörte sich an, als ob es beim Nachbar eingeschlagen hätte. Ich zuckte zusammen und Mike umarmte mich noch stärker. In seinen Armen fühlte ich mich so geborgen, so sicher… Aber er war immer noch ein Vampir. Ich sollte nicht zu viel hinein interpretieren. Ein weiterer Blitz zierte den Himmel und darauf kam ein etwas leiserer Donnerschlag. Vielleicht zog das Gewitter weg? Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Tatsächlich klarte der Himmel etwas auf und die Sonne kam wieder heraus. Ein kleiner Regenbogen entstand. Ich stand erfreut vom Bett auf und drückte meine Nase an die Fensterscheibe. Aber so schnell, wie der Regenbogen kam, verschwand er auch wieder. Traurig öffnete ich die Balkontür und sog die frische Luft in mich hinein. Nach Regen ist die Luft immer so toll. „Hey, Mira, es ist schon 18 Uhr.“, rief mir Mike zu. Oh mann, nicht schon wieder essen. Aber ich konnte nicht noch einmal einfach nicht aufkreuzen, das wäre unhöflich. „Okay.“, murmelte ich und ging zur Tür. Wir liefen nebeneinander her zum Speisesaal. Die meisten Leute waren schon dort und es gab nur noch einen freien Platz direkt neben der Toilette. Armer Mike mit seiner guten Nase, sogar ich roch den Toilettengestank. Ich bestellte mir nur einen Salat, das würde reichen. „Ihr Gemischter Salat. Guten Appetit.“, sagte der Kellner lächelnd. „Danke.“, murmelte ich und machte mich über meinen Salat her. „Mh, der ist echt lecker.“, schmatze ich zwischen zwei Bissen. Mike lächelte mich nur amüsiert an. Die meisten Leute gingen jetzt schon wieder zu ihren Zimmern, um ihr Zeug zu packen. Der Saal leerte sich langsam. Ich aß noch schnell meinen Salat fertig und stand dann auf. „Wir können auch gehen.“, sagte ich lächelnd zu Mike. „Okay.“, murmelte er und stand auch auf. Wir liefen schweigend nebeneinander her zu meinem Zimmer. Ich schloss die Tür auf und packte meine letzten Sachen noch in die Tasche. Jetzt hieß es Abschied nehmen. Ich schwang mir meine Tasche über die Schulter und lief zu Mike, der mir die Tür aufhielt. Er sah auch nicht gerade fröhlich aus, dass ich jetzt gehen würde. Ich ging zur Rezeption und gab meine Schlüssel ab, die ich am vorherigen Tag bekommen hatte. „Auf Wiedersehen!“, sagte die Frau an der Rezeption noch lächelnd während ich schon auf dem Weg nach draußen war. Ach endlich wieder hier draußen. Eigentlich war es gar nicht so schlimm hier, wie ich immer gedacht hatte. Ich drehte mich um und sah Mike, der mich traurig ansah. War er etwa so betrübt, dass ich gehen musste? Er musste ja schließlich auch gehen. Andere Leute wollten jetzt in das Hotel kommen und es musste erst alles vorbereitet werden. „Tschüss.“, murmelte ich und umarmte ihn. Irgendwie war er mir ans Herz gewachsen. Aber jetzt würde ich ihn sowieso nie mehr sehen. Also sollte ich ihn am besten vergessen. „Wir werden uns wieder sehen.“, murmelte er in meine Haare. „Mal sehen.“, lächelte ich und trat einen Schritt zurück. Waren seine Augen etwa feucht? Ich winkte ihm noch zu und lief zur Garage. Ich gab meine Zimmernummer ein und schon kam mein Auto auf mich zugebraust. Ich sah noch, wie Mike auch sein Auto holte und mir zuwinkte, da war ich schon weg. Endlich konnte ich wieder nach Hause. Erleichtert seufzte ich auf. Ich legte meine Tasche neben mich und nach 10 Minuten war ich schon zuhause angekommen. Ich öffnete die Autotür und ging raus. Ich schlenderte zur Haustüre und öffnete diese. Ich lief schnell zu der Haushälterin um meinen Hund abzuholen, denn ich hatte meine kleine Nicky in ihre Obhut gebracht. „Hallo! Und hast du gut auf meine Kleine aufgepasst?“, lächelte ich Berta an. So hieß die Haushälterin. „Aber ja. Hier haben Sie ihren kleinen Chihuahua.“, sagte sie und übergab mir meine kleine Nicky. Ich wollte gerade in mein Zimmer gehen, da kam mir mein ‚Vater‘ in die Quere. Ich sah ihn genervt an. „Ist das dein Ernst?! 150€ für Reparatur!“, rief er und schmiss einen Brief auf den Schreibtisch. Ich zuckte zusammen. Die Putzfrau hat wahrscheinlich bemerkt, dass etwas am Balkon fehlt. „Ich hab mich nur an den Balkon gelehnt und dann ist er zusammen gekracht. War wahrscheinlich schon kaputt.“, murmelte ich und verschränkte meine Finger. Meine ganze Freude, dass ich zuhause war, war verschwunden. Ich fühlte mich hier überhaupt nicht zuhause. „Das bezahlst du!“, zischte er wütend. „Ja, ja.“, murmelte ich und ging mit Nicky auf dem Arm in mein Zimmer.

Kapitel 8

Ein kleines Stupsen an meiner Backe weckte mich. Ich stöhnte. Ich war noch so müde und wollte nicht aufstehen. Langsam öffnete ich meine Augen. Nicky hatte mich an gestupst. Ich lächelte sie an und streckte mich. Ich stand auf und ging zu meinem Schrank. Müde öffnete ich langsam die Schranktür und schnappte mir etwas zum anziehen. Nicky saß lieb auf meinem Bett und beobachtete mich. Ich schlenderte zu meinem Bad und duschte mich erstmal. Ich stellte das Wasser auf kalt, damit ich wach wurde. Ich zog mir schnell meine Sachen an, die ich vorher aus dem Schrank geholt hatte. Eine kurze weiße Hose mit Fransen und dazu ein schwarzes Top. Ich ließ meine Haare einfach nass über den Schultern hängen, sie würden schon von selbst trocken. Ich ging tänzelnd wieder in mein Zimmer zurück, hielt aber in der Bewegung inne, als es plötzlich an der Tür klopfte. „Ja?“, fragte ich. Vorsichtig öffnete sich die Tür. „Ihr Frühstuck.“, sagte die Haushälterin Berta, die ein Tablett in der Hand hatte. „Oh. Danke.“, lächelte ich und nahm ihr das Tablett ab. Berta verschwand auch schon wieder. Ich setzte mich auf mein Bett und schaute nach, was ich heute zum Frühstück bekam. Ein Orangensaft, belegte Brötchen und ein kleiner Fressnapf für Nicky. Ich stellte ihren Napf auf den Boden und sie fing sofort an zu essen. Ich nahm mir ein Brötchen und biss herzhaft hinein. Ehe ich mich versah, hatte ich schon 2 Brötchen aufgegessen und den ganzen Orangensaft leergetrunken. Ich stellte das Tablett auf ein kleines Tischchen an der Tür. Nicky war auch schon fertig mit Essen und sah mich an. „Na, komm wir gehen raus.“, sagte ich zu ihr und sie sprang schwanzwedelnd auf. Es sah beinahe so aus, als würde sie lächeln. Ich öffnete die Tür und trat auf den Flur. Nicky rannte schon voraus, sie kannte den Weg. Ich ging die langen Gänge entlang, früher, als kleines Kind hatte ich mich hier öfters verirrt. Jetzt kannte ich mich bestens aus. Zuerst rechts, dann nochmal rechts und einmal links, dann kam man in den Hauseigenen Garten. Nicky wartete bereits an der Tür zur Wiese. Ich öffnete sie lächelnd und Nicky sprang hinaus und rannte erstmal im Garten rum. Ich sah ihr lächelnd hinterher und holte ihr Lieblingsspielzeug, das direkt neben der Tür lag. Ich warf es ihr zu und sie brachte es mir zurück. So ging es eine Weile, bis Nicky hechelnd liegen blieb. Ich ging zu ihr und verknuddelte sie. Als ich eine Sekunde aufhörte stupste sie mich an. „Ist ja gut.“, murmelte ich und streichelte sie weiter. Nach einer Weile gingen wir wieder rein. Ich schloss sorgfältig die Tür und folgte Nicky zu meinem Zimmer. „Mira?“, rief mein Vater. Ich zuckte zusammen und drehte mich um. „Was?“, fragte ich genervt und verschränkte meine Arme vor der Brust. „Hast du schon den Balkon bezahlt?“, brummte er. „Nein! Warum sollte ich auch? Du hast mich doch gezwungen, dort hin zu gehen, also ist es deine Schuld!“, patzte ich. „Das war ja klar! Immer die Schuld auf andere verschieben. Die Jugend von heutzutage!“, rief er aus. „Nein, du verschiebst es doch auf andere. Ich habe nicht jemanden zu etwas gezwungen!“, rief ich entrüstet. Er öffnete den Mund, wie um etwas zu sagen, schloss ihn jedoch gleich wieder. Er wurde grün im Gesicht und starrte mich wütend an. „Das hat Konsequenzen, mein Kind!“, sagte er und wedelte mit seinem Zeigefinger in der Luft herum. „Ach ja? Was für welche denn? Ich bin 18!“, schrie ich ihn an. Er wurde noch grüner und ich bekam langsam Angst um ihn. „Du lebst immer noch unter meinem Dach!“, donnerte er. „Dazu habe ich auch eine Lösung. Ich ziehe aus.“, lächelte ich zufrieden. Die Idee war mir gerade erst gekommen, aber sie war brillant. „Das machst du nicht!“, rief er. „Wir werden sehen.“, sagte ich und drehte mich um. Zufrieden, mit mir selbst und der Welt, schlenderte ich zu meinem Zimmer und setzte mich an meinen Schreibtisch. Nicky sprang zuerst hoch auf meinen Schoß und dann auf den Tisch. Sie wollte meine gesamte Aufmerksamkeit. „Nein, Nicky, ich muss jetzt nach Wohnungen suchen.“, sagte ich zu ihr und schaltete meinen alten Computer an. Den hatte ich von meiner Mutter geerbt. Der Computer fing an zu brummen und man konnte schon ein Bild auf dem Bildschirm sehen. Ich klickte auf Mozilla Firefox und tippte ‚Wohnungen in Berlin‘. Ich klickte auf das erstbeste Ergebnis und schrieb mir ein paar Namen auf. Dann schaltete ich den Computer wieder aus und widmete mich meiner Multifunktionsambanduhr. „Anruf Sabine Schneider.“, sagte ich laut und deutlich zu meiner Uhr. Sie piepte fröhlich vor sich hin und hörte dann auf, als jemand abnahm. „Schneider am Apparat, was kann ich für Sie tun?“, fragte sie. „Ähm ich würde gerne die Wohnung anschauen.“ „Ja okay. Wann hätten Sie Zeit?“ „Jetzt gleich?“ „Gut. Wir treffen uns in einer halben Stunde dort.“, meinte sie und legte auf. Ich atmete erleichtert auf und verknuddelte erstmal Nicky zu meinem Erfolg. Ein Lächeln lag mir auf den Lippen, ich nahm Nicky auf meinen Arm und ging aus meinem Zimmer. Ich sah erstmal nach, ob die Luft rein war und ging dann den Gang entlang. Zusammen mit Nicky stieg ich in mein Auto und sagte ihm wohin ich wollte. Nach 20 Minuten war ich bei dem Viertel angekommen. Es waren viele Einfamilienhäuser zu sehen, mit den unterschiedlichsten Farben. Ich hielt vor einem hellgrünen Haus an. Hellgrün war nicht so mein Style, aber ich hatte es ja noch nicht von innen gesehen. Vorne dran waren ein kleiner Garten und ein Holzzaun. Ich lehnte mich an den Zaun und wartete auf Frau Schneider. Nach einer halben Ewigkeit kam sie und wir begrüßten uns erstmal. „Ihr Hund darf aber nicht mir rein.“, sagte sie und betrachtete Nicky kritisch. „Ich nehme die Wohnung nur wenn meine Hündin mit rein darf!“ „Gut, dann hätten wir das geklärt.“, murmelte sie schon im Weggehen. Mist! Ich hatte nicht daran gedacht, dass ich auch Nicky mitnahm. Ich entschied mich, wo anders anzurufen. Ich sah auf meinen Zettel, wo ich die ganzen Namen aufgeschrieben hatte und nahm den nächst besten Namen. „Anruf Regina Hohl.“, seufzte ich deutlich in meine Uhr. Es piepte fröhlich, bis jemand abnahm. „Hallo?“, fragte eine piepsige Stimme. „Ja, hallo, ist Frau Hohl da?“ „Ja! Warte… Mama?!...Ja?...Da ist jemand für dich!“  Ein Rascheln ertönte und schon war jemand anders am Apparat. Diese Altmodischen Leute, haben immer nur ein Telefon für die ganze Familie. „Guten Tag. Hier spricht Regina Hohl.“ „Hier ist Mira Summers. Ich würde gerne die Wohnung, die sie vermieten wollen anschauen?“, fragte ich höflich. „Aber natürlich! Können Sie in 20 Minuten da sein?“ „Ja, klar.“, antwortete ich und legte auf. Oh Mist! Ich hatte vergessen zu fragen, ob Hunde okay sind. Egal. Ich stieg wieder in mein Auto ein und fuhr los. Ich fuhr so um die 15 Minuten, bis ich in dem richtigen Viertel ankam. Hier waren nur große Häuser, man konnte beinahe sagen Villen. Ich hielt vor einem weißen, etwas kleineren Haus, aber man konnte es immer noch als Villa durchgehen lassen. Ich nahm Nicky auf den Arm und stieg aus. Frau Hohl wartete bereits am Eingang auf mich. Sie hatte graues Haar und blaue Augen. „Hallo!“, lächelte ich sie an. „Hallo. Oh, wie ich sehe haben Sie bereits Ihren Hund mitgenommen.“ „Ja. Ich hoffe, das ist ok.“ „Aber natürlich! Ich liebe Hunde.“, sagte sie lächelnd und öffnete die Tür. Der Gang war weiß gehalten und eine Wendeltreppe führte nach oben. Frau Hohl tippte auf die Treppe mit Ihren Schlüsseln. „Hier wohnt Frau Kuhn mit Ihrem Sohn.“ Sie ging weiter den Gang entlang zur einzigen Tür. „Hier wird dann Ihre Wohnung sein. Ich meine, wenn Sie es wollen.“, sagte sie, wurde leicht rot und öffnete schnell die Tür. Es war bereits alles eingerichtet, aber sehr stilvoll mit hellem Holz. Ein 3D Fernseher zierte die Wand und davor war eine schwarze Couch. Ein Glastisch war vor der Couch, wo bereits einige Kerzen darauf standen. An den Wänden standen Holzschränke und an einer Wand waren riesige Fenster und eine Tür, die in den Garten hinausführte. Frau Hohl führte mich zu dem nächsten Zimmer. „Hier ist die Küche.“, sagte sie lächelnd. Es war alles vorhanden, was man brauchte. Eine große Ablage, ein Herd, eine Spülmaschine und noch viel mehr. Ein großer Tisch mit hellem Holz stand in der Mitte des Raumes. Ich nickte zufrieden. Bis jetzt hatte mir alles gefallen. Frau Hohl führte mich zu dem nächsten Zimmer. „Hier ist Ihr Schlafzimmer, mit begehbaren Schrank und hier ist das Bad.“, sie öffnete eine weitere Tür. Mitten im Schlafzimmer war ein großes Bett, worauf auch 2 Leute gemütlich Platz hatten. Es war mit roter Bettwäsche bezogen. Ich ging Frau Hohl hinter her, die bereits im Bad war. Das Bad war fast nur in Weiß, nur ab und zu war noch etwas Holz dabei. „Wie hat es Ihnen gefallen?“, fragte Frau Hohl strahlend, als wir bereits wieder ins Wohnzimmer gegangen sind. „Ich wüsste jetzt nur noch gerne wie viel es kostet?“, fragte ich. „Ach, sagen wir mal 1000 €.“ „Ähm, ich telefonier lieber mal schnell mit meinem Vater.“ Ich trat ein paar Schritte von ihr Weg. „Anruf Vater.“, sagte ich zu meiner Uhr. Es piepte nur einmal, dann nahm er schon ab. „Was willst du?“, sagte er ruhig. „Ähm, also ich hab da so eine schöne Wohnung gefunden…“ „Du willst wirklich ausziehen! Ich dachte das wäre ein Scherz!?“, rief er aus. „Ähm, ja und die Wohnung ist so schön! Aber sie kostet leider 1000 € warm im Monat.“ „Und jetzt willst du, dass ich dir das bezahle?“, donnerte er. „Äh, ja?“, sagte ich nervös und drehte eine Haarsträhne mit einem Finger. „Na gut! Ich bezahle 800€ aber den Rest bezahlst du selber!“ Ich musste schlucken. „Wie soll ich denn 200€ für jeden Monat kriegen?“, fragte ich. „Das musst du selber herausfinden!“, meinte er und legte auf.

 „Ich nehme die Wohnung!“, sagte ich grinsend zu Frau Hohl. Sie sah mich überrascht an. „Gut, unterschrieben Sie das hier bitte.“, sagte sie und holte einen Zettel heraus. Ich unterschrieb schnell und grinste glücklich vor mich hin. „Wann wollen Sie einziehen?“, fragte sie beim Einstecken des Zettels. „Am Besten jetzt gleich.“, sagte ich glücklich. Wieder blitze Erstaunen auf in den Augen von Frau Hohl. „Okay, hier sind Ihre Schlüssel. Erste Monatszahlung ist am 1. September fällig.“, meinte sie und gab mir die Schlüssel. Sie drehte sich um und ging aus der Wohnung. Aus meiner Wohnung.

Kapitel 9

Ich sprang glücklich in die Luft. Meine Eigene Wohnung! Ich nahm Nicky, die bereits fleißig am beschnüffeln der Wohnung war, auf den Arm und ging wieder hinaus. Ich musste noch so viele Sachen packen. Ich schloss sorgfältig die Tür ab und schlenderte zu meinem Auto. Glücklich, wie ich war, konnte ich die ganze Zeit nur vor mich hin grinsen. Mein Auto fuhr schon los und ich streichelte Nicky fröhlich.

Es kam mir vor wie eine halbe Ewigkeit, bis wir endlich bei meinem alten Zuhause ankamen. Ich sprang aus meinem Auto raus und ging schnell zu meinem Zimmer. Ich streckte mich, um ganz oben zu meinem Koffer hinzukommen. Ich zog ihn von meinem Schrank runter und legte ihn auf mein Bett. Ich schmiss alle Sachen, die ich im Schrank hatte, achtlos in meinen knallgelben Koffer. Als dieser voll war, holte ich meinen anderen Koffer vom Schrank und legte den Rest hinein. Ich setzte mich auf den gelben Koffer, damit ich ihn zumachen konnte. Mein anderer Koffer, in stylischem Pink, ging einfach zu. Ich nahm den gelben Koffer in die linke Hand und den pinken Koffer in die Rechte. „Du gehst jetzt schon?“, ertönte eine erschrockene Stimme hinter mir. Mein Vater. Ich schluckte. „Ähm, ja?“, es hörte sich an wie eine Frage, aber eigentlich sollte es ein Aussagesatz sein. „Komm, ich helfe dir.“, murmelte er und nahm mir einen Koffer ab. Was war denn mit dem los? Er war doch sonst nicht so…so nett. Vielleicht hatte er eine Frau getroffen? Ich musste mir ein Kichern verkneifen.

Wir waren bereits bei meinem Auto angekommen und legten Beide Koffer hinein. Mein Vater umarmte mich plötzlich. Überrumpelt wusste ich erst nicht was ich machen sollte. Nach ein paar Sekunden erwiderte ich die Umarmung und sah ihn dann an. Seine Augen sahen leicht feucht aus. „Dad, ich wohne doch nicht weit entfernt.“, flüsterte ich ihm zu. Er nickte ein paar Mal. „Pass auf dich auf meine Kleine.“ Ich lächelte ihn an und stieg dann ein.

Nach 15 Minuten war ich wieder bei meiner Wohnung. Ich nahm meine beiden Koffer und ging mit Nicky in das Haus. Ich setzte die Koffer auf meinem Bett ab und räumte alles in die Schränke ein. Ich legte Nickys Lieblingsdecke in das Wohnzimmer und Nicky machte sich darauf bequem. Als ich sicher war, dass Nicky nichts fehlte, entschloss ich mich, meinen Nachbarn hallo zu sagen. Man sollte schließlich immer höflich sein. Ich schloss die Tür sorgfältig zu und schlenderte die Treppe hoch.

Leicht nervös drückte ich auf die Klingel. Hoffentlich waren es nette Leute. Die Tür wurde geöffnet und ich setzte ein Lächeln auf. Ein kleiner Junge mit braunen Lockigen Haaren und braunen Augen stand vor mir. Er war ca. 8 Jahre alt. „Mama!“, schrie er. „Was ist?“, fragte eine ca. 40 Jährige Frau, die gerade in den Flur gekommen war. „Hallo, ich bin Mira Summers, Ihre neue Nachbarin. Ich wohne unter Ihnen.“, sagte ich freundlich. „Ich bin Daria Kuhn. Und das ist mein Sohn, Kevin. Freut mich Sie kennen zu lernen. Ich würde Sie jetzt gerne einladen einen Tee zu trinken, aber ich bin sehr beschäftigt. Ich muss noch für meinen Kleinen kochen.“; lächelte sie. „Ich will Sie nicht länger stören. Auf Wiedersehen.“ „Auf Wiedersehen.“, sagte sie und schloss die Türe wieder. Ich atmete einmal tief durch. Erste Nachbarin abgehakt. Jetzt fehlte nur noch rechts und links von meiner Wohnung.

Ich legte meine Schlüssel in meine rechte Hosentasche und schlenderte zu meinem linken Nachbarn hinüber. Ich klingelte und wartete erstmal eine Weile, bis jemand zur Haustüre kam. Die Tür öffnete sich und eine grauhaarige Person lugte heraus. „Wer ist da?“, kreischte sie. Ich zuckte zusammen. „Hallo. Ich bin Mira Summers, ihre neue Nachbarin. Ich wollte…“ „Nicht unhöflich werden.“, unterbrach sie mich. „Okay tut mir leid, Sie gestört zu haben.“, murmelte ich. Sie warf mir noch einen vernichtenden Blick zu und schlug dann die Tür zu. Das war ja eine gruselige Frau. Jetzt traute ich mich nicht mehr zu meinen anderen Nachbarn. Ich hatte echt genug.

Ich ging seufzend zurück zu meiner Wohnung, um mit Nick etwas zu unternehmen. Ich schloss vorsichtig die Tür auf und Nicky kam mir Schon entgegengesprungen. „Hey, Kleine!“, begrüßte ich sie. Ich öffnete die Terrassentür und ließ Nicky sich austoben.

Ich schnappte mir einen kleinen roten Ball und warf es ein paar Mal. Nicky holte sich den Ball und brachte ihn brav zu mir zurück. So ging es eine Weile, bis langsam mein Arm wehtat. „Komm, Nick, wir gehen wieder rein.“, mit diesen Worten ging Nicky und ich wieder durch die Terrassentür und ab in die Küche. Ich hatte mittlerweile Hunger bekommen und stellte zwei Töpfe auf den Herd. In den einen tat ich Wasser und Salz und als es kochte, schmiss ich Nudeln hinein. Jetzt widmete ich mich dem anderen Topf und tat eine Fertigtomatensoße hinein. Ich rührte fleißig die Nudeln um und nach 10 Minuten waren sie durch. Ich holte mir ein Sieb und ließ das Nudelwasser ablaufen. Danach richtete ich mir schön einen Teller mit Nudeln und Tomatensoße auf den Wohnzimmertisch hin. Nicky hatte sich bereits erschöpft auf ihren Platz gelegt. Ich aß still mein leckeres Essen und spülte den Teller und die Töpfe danach schnell.

Da Nicky wahrscheinlich auch hunger hatte stellte ich ihren Napf hin und sie begann fleißig zu essen. Erschöpft von dem Tag ging ich in mein Schlafzimmer und schmiss mich auf mein Bett. Nach einer Weile war ich eingeschlafen.

 

Ich blinzelte gegen das Sonnenlicht. Heute wurde es warm. Ich streckte mich und stand dann vom Bett auf. Schnell ging ich in meinen Begehbaren Schrank und zog mir etwas an. Danach ging ich in mein Bad, putze meine Zähne und machte mich schön. Ich aß noch schnell mein Müsli und ging dann mit Nicky raus in den Garten. Ich hatte sie schnell ausgetobt, denn Nicky wird schnell schlapp bei so einer Hitze. Die Sonne brannte mir auf den Kopf und deswegen gingen wir schnell wieder hinein. Ich entschied mich zu meinen anderen Nachbarn zu gehen, die rechts von meiner Wohnung wohnten. Neuer Tag neues Glück. Ich seufzte im Gehen zu meinen Rechten Nachbarn. Hoffentlich waren die Netter als die anderen Nachbarn von mir.

Ich stand vor einer großen, weißen Villa. Die Tür war ebenfalls aus weiß und ich drückte vorsichtig auf die Klingel. „Warten Sie kurz!“, ertönte eine männliche Stimme, die ich irgendwo her kannte. Woher nur? Nervös knabberte ich an meiner Unterlippe. Plötzlich öffnete sich die Türe. Mir blieb der Mund offen stehen. „Du…“, sagte ich erstaunt. „Mira?“, flüsterte er und hielt sich an der Tür fest. „Was machst du denn hier?“, flüsterte ich zurück. „Ich wohne hier.“, stellte er fest. „Was?“, kreischte ich und drehte mich um. Ich rannte so schnell ich konnte wieder zu meiner Wohnung. Nein, das konnte nicht sein. Nicht er. Ich glaube, er wollte mir hinter her kommen, ließ es jedoch. Ich setzte mich verängstigt auf mein Bett. Nicky kam zu mir und ich kuschelte mich an sie.

Kapitel 10

Plötzlich klingelte es an meiner Haustür. Erschrocken zuckte ich zusammen und lief langsam zur Tür. Ich atmete einmal tief durch, dann öffnete ich sie. Mike stand im Türrahmen und sah mich besorgt an. „Ich wollte mich entschuldigen. Ich habe dich verängstigt.“, sagte er und grinste dann schief. Das Grinsen ließ mein Herz einen Moment aussetzten. Er sah so sexy damit aus! „Mike.“, seufzte ich, „Es ist schon in Ordnung. Willst du reinkommen?“, fragte ich und machte eine Einladende Bewegung mit meinem Arm. Ein erleichtertes Lächeln zierte seine Lippen und er trat ein. Er setzte sich einfach auf die schwarze Couch, als ob er hier wohnen würde. Ich stand immer noch unschlüssig an der Tür und sah ihm hinterher. Mike klopfte neben sich auf die Couch. „Willst du dich nicht setzten?“, fragte er grinsend. Ich nickte vorsichtig und setzte mich neben ihn. „Ich wollte eigentlich nur meine neuen Nachbarn begrüßen.“, sagte ich nervös und knabberte an meiner Unterlippe.

„Ach du wohnst jetzt hier?“, sagte er nach einer Weile und sah sich genauer um. „Ja.“, murmelte ich und nickte dazu. Nicky kam tapste zu uns und schnupperte an Mike seinem Bein. Er fühlte sich wohl unwohl dabei und sah leicht gequält aus. „Ich gehe dann mal wieder.“, meinte er und stand schnell auf. „Ähm okay.“, sagte ich überrascht und begleitete ihn zur Tür. Mochte er etwa keine Hunde? Ich öffnete ihm die Tür und winkte ihm lächelnd zu. Er winkte noch über seine Schulter und war dann verschwunden. Verwirrt sah ich nach Nicky, die es sich auf der Couch bequem gemacht hat. Ich zuckte mit meinen Schultern und wollte mich gerade wieder auf die Couch setzten, als es schon wieder klingelte. Ich seufzte leise und öffnete die Tür, in Erwartung Mike wieder zu sehen. „Was willst du wieder?“, fragte ich genervt. „Wie bitte?“, fragte eine hohe Stimme. Oh nein, es war nicht Mike sondern Frau Kuhn meine Nachbarin. Mir stieg die Röte ins Gesicht und ich starrte beschämt den Boden an. „Hören Sie, Miss Summers, ich habe nicht viel Zeit, ich muss schnell los. Könnten sie in der Zeit bitte auf meinen Sohn Kevin aufpassen.“, fragte sie gehetzt und ich bemerkte erst jetzt den kleinen Jungen, der sich an ihrem Arm festhielt. „Oh. Ähm klar natürlich.“, lächelte ich sie unsicher an. „Ich weiß, dass kommt jetzt plötzlich und sie sind ja ganz neu hier, aber ich wüsste nicht wem ich meinen Kleinen sonst anvertrauen könnte! Vielen Dank!“, sagte sie und war dann verschwunden. Ich starrte ihr verdutzt hinter her. Was wohl los war? Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf den kleinen Jungen. Was sollte ich nur mit ihm machen? Ich hatte doch keine Erfahrung mit Kindern. Leicht verzweifelt schaute ich ihn an. Er sah auch nicht gerade fröhlicher aus als ich. Naja, er kannte mich auch nicht. „Hallo Kleiner. Du heißt Kevin, richtig? Ich bin Mira.“, begrüßte ich ihn und bedeutete ihm reinzukommen. Er traute sich nicht etwas zu sagen, ging aber vorsichtig ein paar Schritte in meine Wohnung hinein. Ich schloss sachte die Tür und überlegte fieberhaft was ich jetzt machen sollte. Ihm mit Nicky spielen lassen? Nein, zu gefährlich. Memory spielen? Dazu war er wieder zu alt. Oder?

Unschlüssig stand Kevin mitten im Raum. Er schaute sich genau die Wohnung an. Hatte ich nicht aufgeräumt? Nein eigentlich sah alles gut aus. „Also Kevin. Willst du vielleicht Fernseher schauen?“, fragte ich und versuchte freundlich zu lächeln. Er nickt vorsichtig und setzte sich auf die Couch. Ich schaltete den Fernseher an und gab dem Kleinen die Fernbedienung. „Ich schätze du weißt, wie man die bedient, oder?“, fragte ich und er nickte wieder. Langsam fragte ich mich, ob er überhaupt reden konnte. Wahrscheinlich war er nur schüchtern.

Vorsichtig öffnete ich die Terrassentür und ließ ein bisschen frische Luft hinein. Das tat so gut, dass ich mich gleich entschloss, mich draußen hinzusetzten. Ich warf ab und zu besorgte Blicke zu Kevin hinüber. Ich wollte nicht, dass er gelangweilt war oder dass er sich irgendwelche schlimme Sachen ansah. Ich blickte hinüber auf das Grundstück von Mike. Was er wohl gerade machte?

Ein Umriss eines Menschen huschte vorbei zu Mikes Haus. Ich schaute ihm verdutzt hinterher. Diese Vampire von heutzutage hielten wohl gar nichts mehr von Privatsphäre. Rennt einfach so durch meinen Garten. Empört schüttelte ich den Kopf und beobachtete, was er wohl bei Mike will. Ich ging ein paar Schritte näher hin und versteckte mich hinter einem Baum. Scheiße, wenn Mike mich so sieht, denkt er ich bin ein Stalker! Ich konnte noch einen letzten Blick auf den unbekannten Vampir werfen, da war er schon in Mikes Haus verschwunden. Enttäuscht seufzte ich. Ich konnte ihn nicht einmal richtig erkennen. Da ich wahrscheinlich sowieso nichts mehr von dem mysteriösen Unbekannten sehen würde, setzte ich mich wieder auf einen Gartenstuhl.

Die Terrassentür von Mike öffnete sich schon wieder und ich sah erwartend hin. Dieser Unbekannte verschwand schon wieder viel zu schnell, als dass ich ihn sehen konnte. Mike blickte auch kurz aus der Terrassentür hinaus, ich zog schnell wieder meinen Kopf ein und tat so, als hätte ich nie in seine Richtung geschaut. Ich betete, dass er mir das abkauft. War ja klar, dass er das nicht tat. Er sprang über die kleine Mauer, die unsere Grundstücke abgrenzte und lief grinsend zu mir rüber. Bevor ich mich Mike zuwendete, warf ich nochmal ein Blick zu Kevin, der vollkommen vertieft im Fernsehschauen war. Mike folgte meinem Blick. „Ist das dein Kind?“, fragte er ruhig. Ich starrte ihn ungläubig an. Da müsste ich ihn ja mit 10 Jahren bekommen haben! „Das ist nicht dein Ernst oder?“, lachte ich. Er sah mich nur böse an und ich hörte auf zu lachen. „Hör mal. Das ist nur der kleine Sohn von meiner Nachbarin, die da oben wohnt.“, sagte ich sachlich und zeigte auf die obere Wohnung. „Und warum ist er dann bei dir?“, fragte er und setzte sich neben mich auf einen Gartenstuhl. „Ich soll auf ihn aufpassen.“, sagte ich schultern zuckend. „Außerdem…magst du eigentlich keine Hunde?“, fragte ich und sah ihn mir genau an, um jede Reaktion genau zu sehen. „Hunde.“, brummte er. „Nun. Das ist eine lange Geschichte.“ Das heißt dann wohl er will es eigentlich nicht erzählen. Was er wohl nur gegen Hunde hatte? Ich glaube nicht, dass ein Vampir eine Allergie gegen Hunde haben konnte. Außerdem gab es Medikamente dafür. Aber vielleicht bildete ich mir aber auch nur zu viel ein. Ich seufzte leise.

„Wer ist das?“, fragte eine piepsige Stimme. Ich drehte mich um und blickte Kevin in die Augen. Mike hatte sich schneller umgedreht, als ich. Wahrscheinlich hatte er ihn schon herlaufen gehört. Die Fähigkeiten von Vampiren waren schon ziemlich cool. Ich hatte alles über sie von meinem Hauslehrer gelernt. Heutzutage stand der Vampirismus im Stundenplan drin und es war das einzige Fach gewesen, was ich immer gern gelernt hatte. Das Übernatürliche hatte mich schon immer sehr interessiert, jedoch hatte ich auch sehr Angst davor. Deswegen wollte ich nicht, dass Kevin wusste, dass ein Vampir vor ihm stand. Er würde bestimmt Panik kriegen und Frau Hohl würde mir nie wieder vertrauen. Ich wollte doch, dass meine Nachbarn mich mögen. „Ist dir langweilig?“, versuchte ich ihn abzulenken. Kevin nickte leicht und beäugte Mike misstrauisch. „Okay mal schauen, was mir machen können. Ich bin gleich wieder da!“, sagte ich und ging schnell in meine Wohnung. Ich hatte einen Ball auf meiner Kommode gesehen. Genau…hier. Ja hier war ein roter Ball. Zufrieden nahm ich ihn in beide Hände und ging damit raus. „Ball spielen!“, rief Kevin erfreut, ich lächelte ihn an und warf ihm den Ball zu, den er sofort fing und wieder zu mir zurückwarf.

„Bist du eine Babysitterin?“ Mike sprach irgendwie das Wort Babysitter total komisch aus. So als ob er es verabscheuen würde. „Ich weiß nicht ob man es so nennen kann. Schließlich bekomme ich ja kein Geld von Frau Hohl.“, stellte ich fest und warf den Ball wieder zu Kevin. „Du solltest Geld verlangen. Schließlich tust du etwas für diese Frau, die du nicht einmal kennst.“ „Ach was. Wir sind doch schließlich Nachbarn. Da macht man so etwas.“ Ich weiß nicht, was Mike hatte. Er runzelte seine Stirn und sah gedankenverloren durch den Garten. „Heutzutage kostet doch alles etwas.“, brummte Mike. Warum musste er immer so konsequent bei diesem Thema bleiben? „Na aber ich kann doch etwas kostenlos machen.“, seufzte ich und fing wieder den Ball von Kevin. Ohne viel darüber nachzudenken was ich tat, warf ich den Ball immer wieder zu Kevin zurück. „Wohnst du eigentlich allein in deiner Wohnung?“, fragte mich Mike nach einer Weile. „Ja.“, antwortete ich knapp und ich bemerkte, wie ich mich dem Teich näherte. Kevin konnte noch nicht so gut mit dem Ball umgehen, weswegen er immer etwas weiter nach rechts warf. Ich sprang ächzend in die Luft und konnte den roten Ball in letzter Sekunde noch fangen. Als ich wieder auf dem Boden aufkam, fand ich mein Gleichgewicht nicht mehr und rutschte aus. Ein kleines Kreischen entfuhr mir und da das Gras nass war rutschte ich weiter und direkt in den Teich hinein. War ja klar das das mir passiert, dachte ich düster. Die eisige Kälte fuhr an meinen ganzen Körper, was mich erzittern ließ. Ich strampelte mit meinen Armen und Beinen, um wieder an die Oberfläche zu kommen. Doch irgendwie, ich weiß nicht ob es Schicksal war oder einfach nur Pech, verhing sich mein rechter Knöchel mit einer Wasserpflanze. Mein erster Impuls war zu schreien, doch ich schloss mein Mund schnell wieder, als Wasser hineinfloss. Ich hatte keine Luft mehr in meinen Lungen und Panik ergriff mich. Ich musste hier rauskommen! Verzweifelt strampelte ich mit meinen Beinen. Wieso kam mir Mike nicht zur Hilfe? Ich blickte noch ein letztes Mal hoffnungsvoll nach oben, als mich die Dunkelheit einhüllte.

Kapitel 11

Letztendlich hatte mich Mike gerettet. Er sprang mir hinterher in den Teich, löste die Wasserpflanze an meinen Fuß und zog mich hinaus. Ich bewegte mich zuerst gar nicht, doch Mike hatte es geschafft, dass ich wieder zu mir komme. Ich spuckte bestimmt einen halben Liter Wasser aus, jedenfalls hatte mir das Mike erzählt. Kevin hat total hyperventiliert, aber ich habe es geschafft ihn zu beruhigen. Nachdem Mike sicher war, dass alles mit mir in Ordnung ist, verschwand er wieder in sein Haus. Kevin und ich gingen auch wieder rein und ich konnte ihn wieder mit Fernsehschauen beschäftigen. Nach einer Weile kam Frau Kuhn wieder, um ihren Sohn abzuholen. Sie bedankte sich tausendmal bei mir und drückte mir dann noch einen Zehner in die Hand. Das ist jetzt schon wieder ein paar Tage her. Heute musste ich meine erste Monatsrate für die Wohnung bezahlen und ich wusste einfach nicht wie ich soviel auf Dauer bezahlen soll. Mein Vater bezahlte ja 800 Euro, dann muss ich noch 200 Euro dazulegen und.... tada weg ist mein restliches Geld. Ich weiß, es ist echt schrecklich, wie wenig Taschengeld ich bekommen habe, aber ich bekam immer alles einfach von meinem Vater bezahlt! Vielleicht sollte ich Spenden sammeln? Für arme kleine Mädchen, die sich ihre Miete nicht bezahlen können? Ich verwarf den Gedanken schnell wieder. Heutzutage spendete man höchstens für irgendwelche schlimme Fälle und meinen Fall würden sie nicht als so schlimm einstufen. Leicht genervt drehte ich mich auf die andere Seite und fiel prompt vom Bett hinunter. Ich stöhnte auf und hievte mich wieder hoch, um weiter zu dösen.

Was sollte ich nur machen? Mein Vater würde mir bestimmt nicht noch mehr Geld geben. Er würde wahrscheinlich sagen, dass ich wieder bei ihm einziehen soll und das wollte ich nicht. Ich war eine erwachsene Frau und brachte nicht meinen Vater zum leben! Wobei, eigentlich schon. Wer bezahlte nochmal fast die ganze Miete?

Ich hatte noch eine Oma, die irgendwo in Hessen wohnte, aber die brauchte ihr Geld selber. Da ich sonst keine Verwandte hatte, die ich um Geld bitten konnte blieb mir nur noch eine Lösung. Einen Job.

Aber was machte man denn ohne Ausbildung? Putzfrau werde ich bestimmt nicht. Das ist mir viel zu eklig.

Ich zerbrach mir den Kopf, aber mir fiel einfach nichts gutes ein, also entschied ich mich erst mal aufzustehen. Mit zerzausten Haaren und Pyjama machte ich mich auf den Weg in die Küche, um zu schauen, ob ich noch etwas zu essen hatte. Aber wie das Glück es wollte, war der Kühlschrank gähnend leer. Ich gab Nicky noch etwas von dem restlichen Hundefutter und ging dann ins Bad. Als ich zufrieden mit meinen Aussehen war zog ich mir eine Jeans, ein pinkes Top und weiße Schuhe an. Ich ging hinaus in den Garten und spielte ein bisschen mit Nicky. Ich wollte einkaufen gehen und vielleicht noch irgendwo frühstücken. Deswegen musste ich Nicky zuhause lassen. Sie setzte zwar ihren Hundeblick auf, aber ich muss eben hart bleiben. Mit einem schlechten Gewissen, wegen meiner lieben Nicky, ging ich dann aus meiner Wohnung hinaus.

Es war kälter geworden, langsam kommt der Herbst. Die Blätter färben sich bunt und es windet. Ich schlenderte den Gehsteig entlang. Vielleicht finde ich ja in der Nähe einen Supermarkt. Nach einer Weile kam ich mir echt blöd vor, einfach den Weg hier entlang zu laufen. Weit und breit war niemand zu sehen und ich fragte mich warum ich nicht mein Auto genommen hatte. Meine Füße wurden langsam kalt und als ich auf sie herabsah, bemerkte ich, dass meine Schuhe nicht mehr weiß sondern braun waren wegen Nicky. Ich seufzte und lief einfach weiter.

Ich konnte mir einen kleinen Freudenschrei nicht verkneifen. Ich hatte eine Fußgängerzone gefunden, mit unendlich vielen Geschäften! In den ersten Supermarkt, den ich fand, ging ich rein. Ach wie sollte ich denn das alles bezahlen? Alles war teurer geworden. Sonst war Geld nie mein Problem gewesen. Ich war immer mit meinem Vater unterwegs gewesen, der genug Geld hatte. Aber nun ja, so ist das Leben, jeder muss mal erwachsen werden und auf eigenen Beinen stehen.

Mein Magen grummelte schon, als ich den Laden verließ. Ich blickte hinab, als ob ich die Lösung auf meinem Bauch finden könnte. Leider war das Glück nicht auf meiner Seite und da stand nicht zufällig in großen Buchstaben, wo ich was zu Essen bekam. Deswegen schaute ich mich erst mal um. An der Ecke sah ich ein kleines Café, auf welches ich dann auch gemächlich zuging. Durchs Schaufenster konnte ich unendlich viele Törtchen und Croissants sehen. Mir lief das Wasser im Mund zusammen und ich konnte nicht anders, als hineinzugehen und mich an die Theke zu stellen. Die Angestellte, die hinter der Theke stand, flitze die ganze Zeit hin und her um den Kunden ihre gewünschte Torte rüber zu reichen. Sie hatte braune, lockige Haare, die grob hinten zusammengebunden waren, aber ein paar Strähnen hingen schon heraus. Sie wirkte sehr sympathisch mit ihren rehbraunen Augen, die mich an Bambi erinnerten.

„So. Was hätten sie gerne?“ Das Mädchen hielt ihre zierlichen Hände bereit, um sofort an die Torten zu kommen. Ich brauchte einen Moment, bis ich realisierte, dass ich schon dran war. „Einen Job.“, grummelte ich leise. „Wie bitte?“, sie schaute erstaunt zu mir herüber. „Tut mir leid. Ich nehme ein Stück Erdbeerkuchen und einen Cappuccino bitte.“ „Aber natürlich.“, lächelte sie fröhlich und machte sich ans Werk. Sie kam irgendwie nicht mit der Kaffemaschine zurecht und auf einmal rauchte es und ein Knall ertönte. „Oh mein Gott, es tut mir so leid. Die Kaffeemaschine ist kaputt.“, sie klang verzweifelt. „Kann ich schnell zu Ihnen rüber kommen, ich glaub, ich weiß, wie man das reparieren kann.“ Mein Vater hatte auch eine Kaffeemaschine gehabt und ich hatte sie immer repariert, ich war ein Profi in Kaffee geworden. „Oh, ähm, okay.“, murmelte sie und wurde rot. Ich ging schnell durch die Schwingtür an der Seite und dann zur Kaffeemaschine. Mit ein paar Handgriffen hatte ich sie schon repariert. „So. Das war's schon.“ „Ich danke Ihnen vielmals!“ „Ach passt schon.“, ich machte eine wegwerfende Handbewegung und ging dann wieder auf die andere Seite der Theke. Mittlerweile hatte sich eine lange Schlange gebildet. „Hier. Ihr Cappuccino und der Erdbeerkuchen. Sie müssen nichts zahlen, sie haben schließlich mich hier gerettet.“, sie lächelte mich freundlich an. „Aber...“, wollte ich schon protestieren, doch sie fiel mir ins Wort. „Das ist doch das Mindeste, was ich tun kann.“ „Danke.“, murmelte ich und suchte mir einen Platz am Fenster. Ich hatte einen guten Ausblick auf die Straße und konnte somit die ganzen Leute beobachteten, die herum wuselten wie Ameisen.

Nach einer Weile kam ein etwas dicklicher Mann mit einem grauen Bart auf mich zu. „Guten Tag. Ich bin der Chef von diesem bescheidenem kleinen Café. Ich wollte Ihnen etwas dafür geben, dass Sie unsere Emma gerettet haben.“ Also Emma hieß die Brünette. Aber warum wollte mir eigentlich jeder etwas dafür geben, dass ich nur diese blöde Kaffeemaschine repariert hatte? „Das müssen Sie wirklich nicht. Ich habe das gerne getan.“ Irgendetwas muss ich doch tun.“, er wirkte leicht verzweifelt. Plötzlich bemerkte ich ein Schild an der Tür. Sie suchten noch nach Angestellten. Eine Idee wäre es ja hier zu arbeiten, dann müsste ich nicht mehr so viel über Geld nachdenken. „Also. Etwas könnten Sie schon tun.“ „Was denn? Ich tu alles. Okay nicht alles aber vieles. Oder vielleicht doch nur etwas?...“ Er überlegte immer weiter, was er tun sollte und wahrscheinlich bemerkte er nicht einmal, dass er laut redete. „Hören Sie“, unterbrach ich seinen Redeschwall, „vielleicht könnten Sie mir den Job geben, für den Sie noch jemand suchen.“ Ein Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. „Aber natürlich! Aber natürlich!“, erfreut klatschte er in seine Hände. „Oh ich hatte ganz vergessen mich vorzustellen, Entschuldigen Sie, wie unhöflich von mir! Ich bin Marius Mazzini.“,er reichte mir dabei die Hand und ich nahm sie höflich in die meine. „Ich bin Mira Summers. Schön, Sie kennen zu lernen.“

Nachdem wir das Schriftliche geklärt hatten und ich wusste, wann ich meine Schicht hatte, ging ich fröhlich pfeifend wieder aus dem Laden hinaus. Irgendwie hat das ziemlich gut geklappt. Ich habe eine Wohnung, einen Job und einen Hund. Wie könnte das Leben schöner sein?

Kapitel 12

Heute war in dem kleinen Café viel los. Die Leute drängelten und es war stickig. Ich zog meine Schürze mit der Aufschrift ‚Mazzinis‘ zurecht und nahm die nächste Bestellung auf. Marius, er wollte unbedingt, dass wir ihn mit dem Vornamen anredeten, wollte, dass ich Emma hinter der Theke ein wenig aushalf und manchmal auch den Leuten ihre Sonderwünsche an den Tisch brachte. Ich hatte mich schon ein wenig mit Emma unterhalten, sie war ein nettes Mädchen und hatte nicht sehr viel Geld, weswegen sie den Job ziemlich dringend benötigte. Sie war 18 Jahre alt, lebte noch bei ihren Eltern und ging auf eine staatliche Schule. Sie hatte es ja so gut! Ich hatte mir immer gewünscht auf eine normale Schule zu gehen, Freunde zu haben und zusammen über Lehrer zu lästern. Aber ich habe eben das Glück einen übervorsorglichen Vater zu haben.

Langsam wurde es anstrengend, immer alles so schnell den Kunden zu geben. Leise stöhnte ich. „Na, schon kaputt?“, Emma sah immer noch fit aus. „Ein bisschen.“, gab ich zu. „Ach was. Es gibt doch viel anstrengendere Jobs.“, sie lächelte fröhlich. „Es hört sich an als ob du da Erfahrung hast.“ „Ja ich hatte schon viele verschiedene Jobs vor diesem. Aber hier ist es echt toll.“, wir wurden unterbrochen, weil die Kunden noch mehr Kuchen wollten.

„Was für Jobs hattest du denn sonst noch?“, fragte ich zwischendurch. „Ach die Unterschiedlichsten… sogar jetzt habe ich noch einen Nebenjob.“ Wow, wie sie wohl so viele Arbeitsstellen bekommt? „Und bekommst du da genug Geld?“, sie hatte schließlich etwas davon erzählt, dass ihre Familie nicht soviel Geld hat. „Ja. Es reicht zum Leben.“, sie grinste mich an. Ich konnte nicht anders, als zurück zu grinsen.

Spät abends war dann endlich meine Schicht zu Ende. Ich schnappte mir noch meine Handtasche aus meinem Fach und verschwand aus der Hintertür. Erschöpft setzte ich mich in mein Auto. Ich hatte aus meinen Fehlern gelernt und diesmal bin ich mit meinem Auto hier her gefahren. Emma war schon ein nettes Mädchen, dachte ich mir, als mein Auto langsam losbrauste. Wir hatten uns noch ein wenig unterhalten, sie war wirklich toll.

Die Sterne standen schon am Himmel und ich schaute träumend hinaus. Zwei Gestalten erweckten meine Aufmerksamkeit. Sie waren leicht hinter ein paar Bäumen versteckt und ich konnte sie schemenhaft erkennen. Wenn die Sterne heute nicht so hell gewesen wären, hätte ich sie nicht erblickt. Ich deutete meinem Auto, dass es am Rande der Straße anhalten soll. Leise stieg ich aus und schlich mich hinter einen Baum. Ich kam mir vor wie ein Indianer, den niemand hört, wenn er herumläuft. Oder ich war ein Agent und spionierte hier hinter einem Baum. Mittlerweile kam ich mir ziemlich bescheuert vor, einfach so mitten in der Nacht hier anzuhalten. Wer wusste schon, was für Typen hier lauerten. Ich erkannte, dass die 2 Gestalten sich unterhielten, und falls ich mich nicht täuschte, lauerte noch eine andere Person gegenüber von mir hinter einem Baum. Die 3 Personen mussten auf jeden Fall Männer sein, denn ihr Oberkörber war eher breiter, genauso wie ihre Schultern. Die zwei Typen, die sich unterhielten, gestikulierten heftig, anscheinend bemerkten sie gar nicht, dass sie von mir und dem anderen Typ dort drüben beobachtetet wurden. Die Person, die sich hinter dem Baum gegenüber von mir verbarg, kam langsam hervor und ein Messer blitze in seiner Hand auf. Meine Augen weiteten sich. Er wollte doch nicht etwa die Beiden Typen hier… erdolchen? Ich musste irgendetwas tun… Aber was? Ich hatte doch keine Chance gegen einen bewaffneten Mann! Meine Hände fingen an zu schwitzen. Wieso bemerkten die zwei Typen den Kerl mit dem Dolch nicht? Ich wollte sie anschreien und warnen. Aber nichts davon glitt mir über die Lippen. Ich war wie erstarrt. Die dunkle Gestalt mit dem Dolch glitt lautlos näher an die zwei Personen. Verdammt, wieso bemerkten sie nichts? Ich muss was tun!, schrie ich mich in meinen Gedanken an. Ich fühlte meine Hosentaschen ab, vielleicht hatte ich zufällig etwas Nützliches dabei. Leider war heute das Pech auf meiner Seite, denn meine Hosentaschen waren gähnend leer. Ich beobachtete weiter die Person mit dem Messer, die nun mittlerweile das Messer mit einer Pistole ausgetauscht hatte. Was hatte der noch auf Lager? Eine Axt? Ein Speer? Aber wenn ich ganz genau hinschaute, sah es aus, als ob es eine Kinderspritzpistole war. Ich musste dringend mal zum Augenarzt. Was für Gedanken hatte ich hier eigentlich? Es könnte gleich ein Mord passieren und ich denke nur daran, dass meine Augen schlecht sind! Ich schüttelte leicht den Kopf, um diese Absurden Gedanken loszuwerden. Langsam richtete der Typ die Pistole auf die zwei sich immer noch unterhaltenen Personen. Ich krallte meine Finger in die Rinde des Baumes und war unheimlich froh, dass er so groß war und mich gänzlich verdeckte. Ich atmete einmal tief durch, bevor ich wieder vor dem Baum hervor lugte. Der Typ mit der Pistole schlich immer näher an die zwei Personen heran, ich konnte förmlich sehen, wie sein Zeigefinger immer näher an den Abdruck kam. Ich zog meinen Kopf schnell wieder ein, bevor mich noch eine Kugel traf. Plötzlich hörte ich einen markerschütternden Schrei, obwohl noch kein Knall von der Pistole kam. Ein weiterer Schrei folgte und ich hörte zwei dumpfe Aufprälle auf der Wiese. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, aber ich konnte nicht anders, als noch einmal zu schauen, was passiert war. Zwei Personen lagen auf der Wiese, von einer Person konnte ich das Gesicht sehen, was mir den Atem verschlug. Es sah so aus, als ob Säure darauf gekommen war. Das Gruselige an dem Ganzen war, dass seine Augen noch offen waren und direkt in meine schauten. Ich starrte zurück und ich hatte das Gefühl, als ob er wollte, dass ich ihm half. Ein kurzer Blick auf den Typ mit der Pistole genügte, dass ich mich wieder hinter meinem Baum verkroch. Er hatte mittlerweile wieder sein Messer herausgezogen und betrachtete es mit einem teuflischen Grinsen im Mondlicht. Mein Herz schlug so laut, dass ich mittlerweile Angst bekam, dass das die Person mit dem Messer hören könnte und zuerst mich erdolchen würde. Ich beugte mich noch einmal kurz hinter dem Baum hervor und erhaschte gerade noch so einen Blick darauf, wie reglos die zwei Personen im Gras lagen. Sie waren vollkommen wehrlos. Nervös biss ich mir auf die Unterlippe. Ich ging auf die Knie und krabbelte langsam Richtung meines Autos. Ich blickte noch einmal zurück und sah, wie der Blick der am Boden liegenden Person mich durchdrang. Er sollte verdammt noch mal aufhören mich so anzuschauen. Sonst bekam ich noch Schuldgefühle, dass ich sie einfach so da alleine ließ. Vorsichtig machte ich das Auto auf. Als es klickte zuckte ich kurz zusammen und blickte mich um. Anscheinend hatte es niemand bemerkt. Außer vielleicht der Kerl, der mich immer noch so anstarrte. Ich schluckte einmal und stieg dann leise ein. Verdammt, ich konnte doch nicht die zwei Person einfach so allein lassen…so hilflos. Da ich meinem Auto nicht erklären konnte, was ich jetzt vorhatte, setzte ich mich selber ans Lenkrad. Zum Glück hatte ich ihn nicht abbauen lassen. Vorsichtig machte ich den Motor an und wendete. Mit meinem Blick direkt gerade aus gerichtet drückte ich fest aufs Gaspedal. Der Typ mit dem Dolch sah mich zuerst verwirrt, dann erschrocken an und wollte gerade wegrennen, als es schon zu spät war und ich über ihn hinweg rollte. Ich legte nochmal den Rückwärtsgang ein, damit ich mir sicher sein konnte. Als ich über ihn drüber fuhr ruckelte es schrecklich. Erschrocken über das was ich jetzt grad gemacht hatte musste ich erstmal tief durchatmen und dann meine Lippen fest zusammenpressen, um nicht gleich loszuheulen. Vorsichtig stieg ich aus dem Wagen. Der Typ lag bewusstlos auf dem Boden. Auch gut. Hoffentlich blieb er noch lange liegen. Schnell ging ich rüber zu den anderen zwei Typen um erste Hilfe zu leisten. Ich schaute mir zuerst den Typ an, dessen Gesicht ich noch nicht gesehen hatte. Grüne Augen starrten mir entgegen. „Mike?“, flüsterte ich verwirrt. Wieso war er hier? Und warum hatte er mit seinen Vampirfähigkeiten nicht einfach den Typ da niedergerungen? Immer blieb die Arbeit an den Frauen hängen. Plötzlich wurde mir alles klar. Natürlich. Der andere Typ war auch ein Vampir. „Mira.“, Mike lächelte glücklich. „Ja ich bin hier. Dir kann nichts mehr passieren. Keine Angst.“, ich kam mir total komisch vor dass ich einen Vampir gerettet hatte. Ich meine…wer war noch mal der Stärkere? Mensch oder Vampir? Aber wieso konnte er sich nicht mehr bewegen? Ich könnte ihn ja einfach mal fragen. „Ehm, kannst du aufstehen?“, er sah beschämt weg. „In diesem Zustand- Leider nein.“, er presste seine Lippen aufeinander. „Was ist denn mit dir passiert?“, fragte ich verwirrt und versuchte ihn in mein Auto zu bugsieren. Nach ein paar Fehlgeschlagen Versuchen ihn hochzunehmen, setzte ich ihn auf, umarmte ihn von hinten und schleifte ihn somit mit ins Auto. Ich ächzte leicht. Ich setzte ihn vor meinem Auto ab und öffnete die Hintertür. Nach einer halben Ewigkeit hatte ich es dann geschafft ihn auf den Platz zu setzten. „Ab geht’s in Runde 2.“, murmelte ich. Es gab ja schließlich noch den anderen Typen, der auf dem Boden lag, und damit meinte ich nicht den, den ich umgefahren hatte. Er hatte die ganze Zeit über Geschwiegen. Ich tat das mit einem Achselzucken ab und zog ihn dann ebenfalls ins Auto.

Schnell fuhr ich zu mir nach Hause und stöhnte auf, als ich daran dachte, dass ich die Beiden jetzt hineintragen durfte. Ich ging erstmal vor, öffnete die Türen und schaltete das Licht an.

Ich zog zuerst Mike hinein und als ich sein Gesicht sah, verschlug es mir den Atem. Es sah aus, als ob Säure darauf getroffen wäre. Genauso wie bei dem anderen Typ. Ich biss die Zähne zusammen und setzte Mike dann auf der Couch ab. Den anderen Typen setzte ich dann auch auf der Couch ab und ging dann nochmal raus, um die Türen zuzumachen. Ich setzte mich gegenüber von den Beiden und betrachtete sie erstmal. Bei Mike ging die Säurespur von seinem Rechten Auge bis runter zu seinem Kinn. Bei dem anderen Typ sah es so ähnlich aus. Wie sollte ich den Beiden denn helfen? „Ähm, erzählt mir doch erstmal wie das da passiert ist.“, ich zeigte dann noch auf ihre Gesichter. „Sieht es sehr schlimm aus?“, fragte Mike. War ja auch klar, dass er nur an seine Schönheit dachte. „Es geht. Meinst du man kann den Rest von der Flüssigkeit mit einem Handtuch wegmachen?“ „Probieren könnte man es ja.“, murmelte Mike und zuckte dann die Schultern. „Okay.“ Ich holte schnell ein Handtuch und nahm das erste was ich fand. Leider war es ein pinkes mit Krönchen drauf. Hoffentlich bemerkten die des mit den Krönchen nicht. Ich ging schnell wieder zurück zu den Beiden und tupfte vorsichtig Mikes Gesicht ab. „Du weißt doch wie man das am Besten heilt“, Mike starrte mich mit einem undurchdringlichen Blick an. „Ne. Keine Ahnung. Woher soll ich das denn Bitteschön jetzt wissen?“, gab ich zurück und konzentrierte mich weiter aufs abtupfen. „Was für ein Handtuch ist das eigentlich?“, Mike lächelte belustig. „Ein pinkes. Hast du was dagegen?“, ich war immer schlecht gelaunt wenn ich müde war. „Nein, nein.“, murmelte Mike hastig. „Na dann ist ja gut.“ Mittlerweile war ich fertig mit Mikes Gesicht. Ich traute mich nur nicht richtig, bei dem anderen Typ, das Gesicht abzutupfen. „Ähm, darf ich Ihr Gesicht auch abtupfen?“, fragte ich höflich. „Nein. Es bringt sowieso nichts.“, antwortete er schneidend. „Na dann.“, murmelte ich beschämt. Ich setzte mich erschöpft neben Mike und schloss erstmal die Augen. „Mira?“, fragte mich dann Mike. Ich öffnete leicht meine Augen. „Was?“, brummte ich. „Ehm, ich weiß jetzt nicht wie ich dich das gut fragen kann, aber…“ „Sag es doch einfach.“, unterbrach ich ihn. „Na gut.“, er befeuchtete seine Lippen. „Kann ich etwas von deinem Blut haben? Dann heilt es besser.“ Empört stand ich auf. „Erst rette ich dich und dann verlangst du auch noch Blut von mir?!“ Das sollte er mir mal erklären. „Mira, jetzt beruhige dich doch. Wenn du mir jetzt kein Blut gibst, bleiben vielleicht in meinem Gesicht Narben.“ Und das wollte sein Ego natürlich nicht. „Was geht mich das an?“, patzte ich. „Mira! Bitte!“, flehte er mich an. Ich verdrehte die Augen. „Du bist mir was schuldig.“, murmelte ich und zog meinen Ärmel hoch. „Wieso nicht der Hals?“, traurig starrt er mich an. „Entweder das oder gar nichts.“, entschied ich und setzte mich neben ihn. Ich wandte mich ihm zu und hielt meinen linken Arm vor sein Gesicht. Er öffnete leicht den Mund und kam meinem Arm näher. Irgendwie freute ich mich schon drauf, dass er mich biss, letztes Mal hatte es sich so gut angefühlt. Oh Mann, ich digitiere hier schon zum Blutjunkie. Wenn man es denn so nennt. Mittlerweile waren seine Beißerchen ausgefahren und kamen meinem Arm immer näher. Zuerst berührten seine Lippen meinen Arm und dann spürte ich den leichten Druck seiner Zähne. Als er meine Haut durchbrach, kam wieder die wohlige Wärme und ich konnte nicht anders als genüsslich meine Augen zu schließen. Er liebkoste meinen Arm, es kam mir beinahe vor, er würde ihn küssen, nur dass es sich einfach wundervoll anfühlte. Als er die ersten paar schlucke getrunken hatte, war er stark genug, um seine Hände zu heben und meinen Arm zu umklammern. Als ob ich jetzt ihn meinem Arm entziehen würde. Er saugte gierig an meinem Arm und langsam fühlte ich, wie ich schwächer und müder wurde. Kurz bevor ich beinahe eingeschlafen wäre, ließ er von mir ab und leckte noch einmal genüsslich von der Bissstelle ab. Ich betrachtete noch kurz sein Gesicht, es war jetzt makellos, also hab ich einen guten Job gemacht. Erschöpft schloss ich meine Augen. „Ehm, Mira?“ „Was ist denn jetzt schon wieder?“, fuhr ich ihn an. Wenn ich müde bin, werde ich zur Bestie. Das ist einfach so. Und jetzt hat er sogar noch etwas von mir trinken dürfen, das heißt ich bin noch müder! „Kannst du ihm auch noch Blut geben?“, er zeigte rüber zu seinem Kumpel. Ich starrte ihn entsetzt an. „Ich hab doch schon dir Blut gegeben! Ich brauch mein Blut auch noch selber!“, zischte ich. „Ach komm schon! Wir wissen besser wie viel Blut dir reicht. Komm vertrau mir.“, bettelte er. „Nein.“, ich schüttelte den Kopf. Mike stand auf und schob mich rüber zu seinem Kumpel, der das alles amüsiert beobachtete. „Das kannst du doch nicht machen. Du kannst mich nicht zwingen ihm Blut zugeben.“, patzte ich. Mike sah mich flehend an. Oh nein, diesen Augen konnte ich nicht wiederstehen! „Meine Güte, dann bist du mir aber ganz schön viel schuldig.“ Er grinste mich erfreut an. Ich sah ihn griesgrämig an. „Bringen wir es hinter uns.“, murmelte ich genervt. Ich reichte dem Kerl mein Handgelenk. „Ich trinke nur aus dem Hals.“, sagte dieser kalt. „Jetzt auch noch Extrawünsche!“, rief ich empört. Diese Vampire von heutzutage regen mich auf! Ich schaute rüber zu Mike, der nur die Schultern zuckte. „Jetzt hör mal. Ich muss dir kein Blut geben. Entweder du trinkst jetzt von meinem Handgelenk oder du lässt es ganz bleiben. Kapiert?“ Der Typ sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. „Na gut.“, zischte er. Ich verdrehte darauf die Augen. Er packte mein Handgelenk und biss fest zu. Erschrocken keuchte ich auf. Er war wohl schon so stark, dass er seine Hand heben konnte. Aber es tat teuflisch weh, wie er an mir saugte. Nichts von der Wärme und der Sicherheit von Mikes Biss war hier vorhanden. Eine Träne rollte mir über meine Wange. Mike sah weg.

Gierig saugte der Typ einfach weiter. „Ich glaube das reicht.“, zischte ich ihn an. Er saugte noch eine Weile weiter und hörte dann auf. Mit einem teuflischen Grinsen leckte er sich über seine Lippen. Empört von diesen Vampiren stand ich mit wackeligen Beinen auf. Ich musste mich die ganze Zeit irgendwo abstützen, damit ich nicht umfiel. Warum mussten die auch soviel trinken? Ich knallte hinter mir meine Schlafzimmertür zu. Hoffentlich verschwanden die Beiden schnell wieder. Ich legte mich erschöpft auf mein Bett. Meine Tür quietschte und jemand kam herein. Ich war zu müde, um zu protestieren. Leise schloss sich die Tür wieder. Jemand kam näher zu mir. Hoffentlich war es nicht dieser komische Typ, von dem ich noch nicht mal den Namen wusste. „Danke.“, flüsterte auf einmal jemand. „Mike.“, murmelte ich erleichtert. Er setzte sich zu mir aufs Bett und strich mir übers Haar. „Du musst dich jetzt ausruhen.“ „Mhm.“, antwortete ich ihm schläfrig. „Wieso wollte dieser Typ euch angreifen?“, fragte ich. Mike sah in die Ferne. „Das erzähle ich dann morgen. Du solltest jetzt schlafen, Liebste.“ Hatte er mich gerade wirklich Liebste genannt? Oder träumte ich schon? „Gute Nacht Mikey.“, murmelte ich. „Gute Nacht.“

Kapitel 13

Verschlafen blinzelte ich die ersten Sonnenstrahlen an. Es sah aus, als ob heute ein wunderschöner Tag wird, in jeder Hinsicht. Es gab schönes Wetter, ich hatte Essen im Kühlschrank und einen wundervollen kleinen Hund, der mich immer beschützte. Verträumt blickte ich aus dem Fenster und beobachtete den Sonnenaufgang. Eigentlich war ich ja nicht so eine Frühaufsteherin, ich wachte normalerweise erst um 9 auf und blieb dann erst mal eine Weile liegen. Aber heute war ich schon so früh wach, dass ich die ersten Strahlen der Sonne auf meinem Gesicht spüren konnte. Ich streckte mich erstmal und drehte mich auf die andere Seite. Ich zuckte leicht zusammen, als ich bemerkte was für ein Bild sich mir bot. Mike lag neben mir und grinste mich an, er stütze seinen Kopf mit seiner Hand ab. „Was machst du denn hier?“, fuhr ich ihn an. Ich war urplötzlich hellwach. Was dachte er sich eigentlich? Schleierhaft kamen die Erinnerungen von gestern Abend wieder in mein Bewusstsein. Ich seufzte leise. Nur weil ich ihm nicht gesagt habe, dass er nicht gehen soll, hieß das doch nicht, dass er bleiben darf! Ich war gestern einfach zu müde, um ihm noch meine Meinung zu geigen! „Mike…“, drohte ich, „Wenn du nicht in drei Sekunden aus meinem Bett verschwindest…“, verdammt mir fiel nichts Gutes ein! Was sollte ich denn jetzt machen? Ich lasse es einfach als offene Drohung. Genau. „Was dann?“, ein selbstgefälliges Grinsen lag auf seinen Lippen. Ich wurde langsam rot vor Wut. „Nur weil ich dir Blut gegeben habe, heißt dass nicht, dass ich gleich mit dir im selben Bett schlafe!“, ich blieb erstaunlicherweise ruhig, aber meine Stimme klang schneidend. Das selbstgefällige Lächeln verschwand immer noch nicht aus seinem Gesicht, doch er wirkte ein wenig unsicher. Ich starrte ihn grimmig an. „Also. Kannst du jetzt endlich mal aus meinem Bett verschwinden?“, zischte ich ihn an. Er kniff seine Augen zusammen und war dann in der nächsten Sekunde verschwunden. „Immer noch gruselig, aber okay.“, murmelte ich vor mich hin. Es war echt komisch, wie schnell er sich bewegen konnte, es überraschte mich jedes mal aufs Neue. Aber wenigstens war er jetzt weg und ich konnte mich in Ruhe umziehen. Wenn ich mir vorstellte, dass er die ganze Nacht da gelegen hatte und mich beobachtetet hatte, stieg mir wieder die Röte ins Gesicht. Hoffentlich hatte ich nicht im Schlaf gesabbert! Oder vielleicht hatte ich geredet… Oh nein, das wäre zu peinlich. Ich hoffte mal das Beste für mich und öffnete geschäftstüchtig meine Schranktür. Schnell schnappte ich mir etwas vom Schrank. Ich musste mich beeilen, denn vielleicht war Mike noch im Haus und ich könnte mit ihm mal Klartext reden. Ich ging zum angrenzenden Badezimmer und machte mich fertig für den Tag. Als ich wieder aus dem Bad rauskam, hüpfte mir meine kleine Nicky entgegen. Ich knuddelte sie erstmal ausgiebig und ging dann in die Küche, um ihr etwas zu Essen zu geben. Nicky fing gemütlich an zu essen und ich ging mit einem Müsli schon mal ins Wohnzimmer. Ich hatte vor, gemütlich auf der Couch zu sitzen, Fernseher zu schauen und dabei meine Cornflakes zu essen. Als ich ins Wohnzimmer trat erstarrte ich und blickte die Beiden ungläubig an. „Ihr seid immer noch hier?“, motzte ich und verschränkte meine Arme. Leider vergaß ich dabei, dass ich immer noch die Müslischale in meiner Hand hatte und die ganze Milch landete auf meinem T-Shirt. „Oh nein!“, ich fluchte noch ein bisschen weiter und huschte schnell in die Küche, um die Milch wegzuwischen. Da das nicht so gut klappte, zog ich mir gleich ein neues T-Shirt an und wagte mich dann wieder ins Wohnzimmer. Mike und der Typ von dem ich den Namen immer noch nicht kannte sahen mich amüsiert an. Ich stöhnte auf. „Also. Warum seid ihr noch hier?“, diesmal konnte ich meine Arme verschränken, denn ich hatte nicht noch eine Müslischale mir gemacht. „Ein ‚Guten Morgen‘ hätte mir auch gereicht.“, murmelte Mike. Ich erdolchte ihn mit meinen Blicken. Er seufzte. „Willst du dich nicht erst setzten?“, fragte er. „Nein.“, zischte ich, „Ich rette euch. Dann gebe ich euch auch noch mein Blut. Und jetzt wollt ihr auch noch hier wohnen oder was?!“, ich musste mich beherrschen, um nicht gleich los zu kreischen. „Mira, wir wollen doch nicht hier wohnen.“, er schüttelte missbilligend den Kopf. „Ach ja was wollt ihr dann?“, motzte ich. „Wir dachten du wolltest vielleicht ein paar Antworten, wegen gestern Abend.“, jetzt ging mir ein Licht auf. Mir stieg die Röte ins Gesicht, ich hatte ihn völlig falsch beschuldigt. Ich starrte auf den Boden. „Tut mir leid.“, murmelte ich leise. Mike stand plötzlich vor mir und hob mein Kinn vorsichtig an. „Es muss dir doch nicht leid tun.“, hauchte er in mein Ohr. Ich nickte verwirrt. Erst schreie ich ihn an und dann ist er plötzlich total lieb zu mir. Aus Männern werde ich nie schlau. Mike führte mich zur Couch und ich setzte mich neben ihn. In seiner Nähe fühle ich mich immer so wohl. Warum das wohl so ist? Naja, auch egal

„Wir wollten uns bei dir bedanken, dass du uns gerettet hast.“, Mike lächelte mich schief an. „Oh. Äh, Bitte.“, ich versteckte mein Gesicht hinter meinen Haaren. Plötzlich schwirrten mir unendlich viele Fragen durch den Kopf. Wer war eigentlich dieser Typ gewesen, der die Beiden umbringen wollte? Wieso hat er sie mit Säure besprüht? Und woher krieg ich diese Säure, die Vampire lähmt? Sowas wäre schon praktisch. „Wieso wart ihr gestern Abend überhaupt bei dem Park?“, fragte ich dann neugierig. „Wir mussten etwas besprechen und da wir nicht wollten, dass jemand uns zuhört, war ein verlassener Park praktisch. Naja, das mit dem zuhören hat wohl nicht so ganz geklappt. Hast du irgendetwas davon aufgeschnappt, wovon wir geredet haben? Wann hast du uns eigentlich gefunden?“, Mike fuhr sich durch die Haare und starrte mich dann mit einem undurchdringlichen Blick an. „Ich habe nichts von dem gehört, was ihr geredet habt. War es denn etwas so wichtiges?“, ich spielte mit meinen Fingern. Eigentlich wollte ich es gar nicht wissen. Vielleicht dealen die Beiden ja. Oder machen sonst irgendetwas Illegales. Und wenn sie es mir dann erzählen gehöre ich dazu und muss auch ins Gefängnis…Okay, ich machte mir eindeutig zu viele Gedanken. Wahrscheinlich haben sie ja nur über irgendeine Frau geredet, die sie interessant fanden. Aber dann hätte man ja auch einfach in eine Bar gehen können. Jedenfalls wollte Mike wohl nichts dazu sagen. Um das Gespräch im Laufen zu halten, entschloss ich mich die Stille zu brechen. „Warum wollte der Typ euch eigentlich umbringen?“, ich schielte zu Mike herüber, der gerade tief durchatmete. „Nun, um ehrlich zu sein, sind wir auf einer höheren Position als manch andere Vampire. Deswegen wollte er uns wahrscheinlich umbringen.“, Mike zuckte mit den Schultern. „Naja, aber wenn ihr auf einer höheren Position seid, warum konnte er euch dann überfallen?“, das Thema schien Mike nicht zu gefallen. Er biss die Zähne zusammen. „Er hatte den Überraschungsmoment auf seiner Seite.“, er schaute weg. „Ich dachte ihr könnt immer so super hören und riechen und so. Warum habt ihr ihn denn nicht bemerkt?“, Mike ballte seine Hände zu Fäusten. Okay, vielleicht war jetzt die Zeit um das Thema zu wechseln. Sonst dreht er noch durch. „Ihr wart also zu vertieft in eurer Gespräch. Verstehe schon. Aber wie hat er es geschafft so Säurespuren auf euren Gesichtern zu hinterlassen und euch auch noch zu lähmen?“, ich hoffte sie würden wenigstens Mal diese Frage beantworten. „Es war Zitronensaft.“, murmelte Mike. „Zitronensaft?“, ungläubig blickte ich Mike an. „Ja. Zitronensaft ist wie Säure auf unserer Haut. Und es lähmt uns.“, er biss seine Zähne zusammen. Wahrscheinlich kostete es ihn viel Überwindung das einem Menschen zu erzählen. „Das ist nicht dein Ernst!“, lachte ich. Mir kamen schon fast die Tränen. „Doch.“, sagte er kalt. Ich musste daran denken, dass ich sogar Zitronen eingekauft hatte. Wenn die Beiden Vampire weg waren, würde ich sofort die Zitronen pressen und sie in eine Wasserspritzpistole rein füllen. Das erinnerte mich irgendwie wieder an den Typ, der die Beiden hier umbringen wollte. Hatte er nicht auch eine Wasserspritzpistole in der Hand gehabt? Nach einer Weile beruhigte ich mich wieder von meinem Lachanfall. Es war ja auch echt zu komisch, dass man Vampire mit Zitronen flachlegen konnte. Das sah man ja daran, dass sie sich nicht einmal mehr bewegen konnten. Nur ihre Lippen, denn sie konnten ja reden. Ich hatte mir ja alle möglichen Säuren vorgestellt aber Zitronen? Früher, als wir Menschen noch nicht wussten, dass es wirklich Vampire gibt, gab es ja viele Romane, in denen stand, dass Vampire vor Knoblauch wichen. Aber nein, wir hatten es hier mit Zitronen zu tun. Meine Güte, ich musste schon wieder loskichern. Das war echt zu komisch.

Kapitel 14

Manchmal frage ich mich echt, warum ich das durchziehe. Ich muss um 6 Uhr aufstehen, nur um pünktlich zu meinem Job zu kommen. Natürlich mag jeder die Schicht um diese Uhrzeit am wenigsten und deswegen müssen natürlich die Neuen erstmal antreten. Zum Gefühlten tausendsten Mal seufzte ich auf und musste darauf gleich herzhaft gähnen. Mittlerweile war es schon nach 7 Uhr, das heißt ich werde auf jeden Fall zu spät kommen. Oh nein, Mario wird so schlecht gelaunt sein.

Ich versuchte mein Auto umzustimmen, dass es noch schneller fahren soll, aber wie immer hörte es nicht auf mich. Es hatte ja auch seinen Grund, dass mein Auto nicht schneller fahren wollte. Früher gab es so viele Autounfälle, dass man entschieden hatte, das wir etwas tun mussten. Jemand entwickelte ein Auto, welches sich immer an die Regeln hielt. Viele kauften das Auto, doch es gab auch manche, welche nicht genügend Geld hatten oder einfach der neuen Technologie vertrauten. Jedenfalls gab es mittlerweile viel weniger Unfälle als früher.

Endlich kam ich bei dem Mazzinis an und fuhr auf den Nahe gelegten Parkplatz. Im Eilschritt ging ich zu dem Hintereingang von dem Cafe und stellte meine Tasche in einem Fach ab. „Mira! Du bist viel zu spät!“, erschallte plötzlich eine tiefe Stimme. Mario. Ich zuckte zusammen. „Ich…Es tut mir leid.“, stammelte ich. Ich wollte diesen Job nicht verlieren. Er sah mich streng an, dann seufzte er und deutete mir mit dem Kopf, dass ich abzischen sollte. Hastig ging ich zur Theke und half Emma zu bedienen. „Hey Mira. Gut, dass du auch noch kommst.“, Emma rutschte eine Strähne ins Gesicht, die sie schnell wieder zurückstrich. „Gab viel Verkehr.“, versuchte ich mich rauszureden. „Ja das ist mir auch schon aufgefallen. Immer mehr Leute haben ein Auto.“, stimmte sie mir zu. „Hey!“, rief Mario vom Abstellraum. „Irgendein Handy klingelt! Hab ich nicht gesagt, ihr sollt eure Handys ausschalten?“, motzte er. Ich huschte schnell zu meiner Handtasche und sah nach, ob es mein Handy war. Mir wich jegliche Farbe aus dem Gesicht. Oh nein. Mario würde mich feuern. Erst komme ich zu spät und dann ruft mich auch noch jemand auf meinem Handy an. Ich nahm schnell ab, vielleicht war es wichtig. „Hallo?“ „Mira, wie gut, dass du dran bist. Ich muss unbedingt mit dir reden es ist wichtig!“, es war mein Vater. Ich musste mein Handy ein wenig von meinem Ohr weghalten, weil er so laut sprach. Was er wohl wollte? „Hör mal, ich habe jetzt nicht viel Zeit. Kannst du es nicht wann anders erzählen?“, murmelte ich. „Nein. Es geht um deine Oma Erin.“, Plötzlich wurde ich hellhörig. Das war die Mutter meiner Mama, die einzige noch Lebende Verwandte von ihr. Außer eben ich. „Ist ihr etwas passiert? Oder nein, sag bloß nicht sie ist tot?!“, mir stiegen die Tränen in die Augen. „Nein, beruhige dich. Sie ist doch nicht tot.“, ich konnte mir vorstellen, wie er missbilligend den Kopf schüttelte. „Was ist dann mit ihr?“, hoffentlich war ihr nichts Schlimmes passiert. „Sie hatte einen Autounfall…“ „Was?!“, unterbrach ich ihn kreischend. „Sie hatte einen Autounfall und liegt im Krankenhaus. Ich möchte, dass du sie besuchst, da ich das nicht kann. Ich bin sehr beschäftigt, deswegen kann ich das nicht tun. Kannst du bitte so schnell wie möglich zu ihr?“ Ich stöhnte auf. „Aber ich brauche doch meinen Job.“

„Was?! Du hast einen Job?“, rief er aus. „Äh ja. Hab ich wohl vergessen dir zu sagen.“, Schuldgefühle machten sich in mir breit. Hoffentlich bestrafte er mich nicht. Naja, eigentlich kann er mich nicht bestrafen ich war ja schon 18. „Mira.“, drohte er. Ich kniff meine Augen ängstlich zusammen und sagte nichts. Er atmete hörbar einmal tief durch. „Okay, wenn dich dein Boss feuern will dann regel ich das mit ihm. Sag ihm aber Bescheid, dass du 2 Monate weg sein wirst.“, erklärte er. „Was? 2 Monate? So lange?! Aber was ist mit meiner Miete… und mit Nicky? Kann ich sie überhaupt mitnehmen?“

Verzweifelt fuhr ich mit meiner Hand an meine Stirn. „Lass das mit der Miete meine Sorge sein. Nicky kannst du auf jeden Fall mitnehmen. Du kannst ja in der Zeit in dem Haus deiner Oma wohnen.“ Na toll. Zwei Monate in diesem alten Haus, wo es nicht einmal Heizung gab. Und das dann auch noch ganz allein. „Okay, wenn du meinst.“, murmelte ich. „Sehr gut.“, sagte er erfreut und legte auf. Ein Tschüss hätte es auch getan. Genervt packte ich mein Handy wieder in die Tasche. Ich zuckte zusammen, als ich bemerkte, dass Mario genau vor mir stand. Mit seinen verschränkten Armen und dem durchdringend bösen Blick machte er mir richtig Angst. Er erwartete wahrscheinlich, dass ich irgendetwas sagte. „Das war mein Papa.“, mein Herz setzte für ein paar Sekunden aus. Etwas Besseres hätte ich doch auch nicht sagen können oder? Ich war manchmal so dumm. Ich hätte einfach ‚es tut mir leid‘ sagen sollen und vielleicht hätte er mir verziehen. Zitternd wartete ich auf seine Antwort. „Dein Papa. So so.“, er kniff seine Augen zusammen. „Ja. Ähm, ich muss dann auch gehen, meine Oma hatte einen Autounfall.“, ich schluckte. Jetzt würde er mich feuern. Ganz sicher. „Ach du meine Güte! Deine arme Oma. Wie lange musst du denn zu ihr?“, fragte er fürsorglich. Ich starrte ihn entgeistert an. Es dauerte ein paar Sekunden bis ich zu Antwort ansetzte. „Zwei Monate.“ Er holte einmal tief Luft und fuhr mit seiner Hand seinen Bart nach. „Na gut.“, gab er nach.

„Mira! Du wirst hier gebraucht!“, rief Emma mir zu. „Tut mir leid, aber ich muss zu meiner Oma!“, schrie ich aus dem Abstellraum zurück. „Was? Aber ich schaff das hier nicht allein!“, kreischte sie perplex. „Du schaffst das schon. Wir sehen uns.“, schnell schnappte ich mir meine Handtasche und ging zu meinem Auto. Irgendwie fand ich es jetzt ziemlich beängstigend mit dem Auto zu fahren. Meine Oma hatte erst gerade einen Autounfall. Ich holte tief Luft, um mich zu beruhigen. Ich würde einfach mit dem Auto nur nach Hause fahren. Zu meiner Oma fahr ich dann mit dem Zug. Hoffentlich darf ich Nicky mit in den Zug nehmen.

Vorsichtig schaltete ich mein Auto an. Meine Hände zitterten während der ganzen Fahrt, ich machte mir große Sorgen um Erin. Plötzlich erinnerte ich mich wieder daran, dass auch meine Mutter einen Autounfall hatte und daran gestorben war. Mir stiegen die Tränen in die Augen. Warum musste das immer meiner Familie passieren?

Seufzend stieg ich aus, als ich bei meiner Wohnung ankam. Ich schnappte mir meine Schlüssel und schloss schnell auf. Jetzt musste ich mir nur noch überlegen, was ich einpackte. Am besten gleich einfach alles. Ich nahm meinen schweren Koffer vom Schrank runter und warf achtlos meine Klamotten hinein. Das konnte ja was werden. Meine Oma und ich, alleine für zwei Monate. Oder eher gesagt, ich alleine in ihrem Haus. Sie war ja schließlich im Krankenhaus. Dort würde ich dann auch gleich als erstes hingehen. Hoffentlich war ihr nichts Schlimmes passiert.

Nicky war total aufgeregt, als sie sah, dass ich den Koffer packte. Sie stand jetzt an der Tür und hoffte, dass sie mitgenommen wurde. Vorsichtig stellte ich meinen Koffer auf und rollte ihn zur Haustüre. Ob Mike mich wohl vermissen würde? Vielleicht sollte ich mich lieber noch von ihm verabschieden? Lieber nicht. Sonst wollte er vielleicht noch mit. Was eigentlich aber auch nicht so schlimm wäre. Dann hätte ich jedenfalls Gesellschaft. Aber ich würde ihn auf keinen Fall fragen, ob er mitwollte. Das würde dann heißen, ich würde ihn mögen. Sehr mögen. Aber ich mag doch keinen Vampir. Oder wollte ich mir das bloß nicht eingestehen? Eigentlich war er ja ganz nett. Gut, dann mochte ich ihn halt. Aber mehr auch nicht.  

Nicky ließ ich vorausrennen zum Auto. Ich lief ihr langsam hinterher. Diese Wohnung hat mir so gut gefallen und jetzt muss ich schon wieder wo anders hin. Hoffentlich kann ich nach den 2 Monaten wieder zurück in diese Wohnung. Ich schloss mein Auto auf und ließ Nicky hineinspringen. Danach ging ich zum Kofferraum und versuchte den Koffer hineinzuschmeißen. Das war gar nicht so einfach, denn der Koffer war ziemlich schwer. „Brauchst du Hilfe?“, ich erstarrte mitten in der Bewegung, als ich Mikes Stimme hörte. Warum musste er mich auch immer so erschrecken? „Ne ich schaff das schon.“, murmelte ich und versuchte das zu beweisen, in dem ich den Koffer erneut hochhievte. Mike stand urplötzlich neben mir und nahm den Koffer hoch, als ob es nur eine Feder wäre. Ich verschränkte die Arme. „Ich kann auch nichts dafür, dass ich keine übermenschlichen Kräfte habe.“, motze ich. Mike schaute mich belustigt an. „wohin willst du überhaupt mit so einem großen Koffer?“, fragte er und nickte zu dem Koffer, der endlich im Kofferraum lag. „Weg von hier.“, sagte ich schlicht und zuckte mit den Schultern. Ich versuchte zu verbergen, dass ich total aufgeregt war, dass er da war. Was ist wenn er mitwill? Soll ich ja sagen? Oder doch nein? Ich versuchte abzuwägen, welche Antwort besser wäre. Ich entschied mich für nein. Ich kannte ihn ja fast gar nicht. „Also ich muss dann auch mal los. Bis dann.“, murmelte ich und winkte kurz. „Warte! Sag mir erst wo du hinwillst.“, er hielt mit seiner einen Hand meinen Oberarm fest, damit ich nicht abhauen konnte. „Ich gehe zu meiner Oma. Für zwei Monate.“, seufzte ich. Musste ich das eigentlich jedem heute erklären? Mike ließ langsam meinen Arm los und sah mich mit einem unergründlichen Blick an. „So lange?“, fragte er flüsternd. Ich nickte vorsichtig. „Ich komme mit.“, sagte er plötzlich, mit einem Ton, der keinen Widerstand duldete. „Aber…“, stotterte ich. Er kann doch nicht einfach so mitkommen! Das ist falsch! Er war dann mit mir in dem Haus von meiner Oma. Alleine. Mir stieg die Röte ins Gesicht, als ich daran dachte. Ich versuchte mich schnell hinter meinen Haaren verstecken. „Die Welt ist heutzutage nicht mehr sicher für so eine schöne Frau. Ich will dich doch nur beschützen.“, hauchte er mir ins Ohr. Das er so nah bei mir war, ließ mein Herz schneller schlagen. Wieso reagierte ich nur so auf ihn? Ich kannte ihn kaum! Ich sog seinen unwiderstehlichen Duft ein und konnte nicht anders, als aufzuseufzen. „Na gut.“, murmelte ich. Mike grinste mich erfreut an. Er hatte wahrscheinlich erwartet, dass er mich noch stundenlang überreden müsste.

Als ich aber wieder daran dachte, dass ich mit dem Auto zum Bahnhof fahren musste, wurde mir leicht übel. Das war echt schlimm mit mir, mittlerweile hatte ich total Schiss vor dem Auto fahren. „Kommst du?“, fragte Mike und streckte seinen Kopf aus meinem Auto. Er konnte gar nicht aufhören zu grinsen. „Ja, ja.“, brummte ich und stieg betrübt in mein Auto. Es fuhr sofort leise los.

„Du siehst so bedrückt aus. Was ist mit dir los?“, fragte er besorgt.“Ach, es ist nichts.“, versuchte ich ihn zu beruhigen. „Du lügst.“, er durchschaute mich mal wieder. „Also. Meine Oma, zu der wir fahren werden, hatte einen Autounfall und liegt im Krankenhaus. Deswegen soll ich zu ihr fahren, um mich um sie zu kümmern.“, erklärte ich ihm. „Kann denn nicht jemand anders sich um sie kümmern? Und was hat das mit deiner Nervosität zu tun?“, war er eigentlich immer so neugierig gewesen? „Ich habe eben nicht viel Verwandtschaft und mein Vater ist beschäftigt.“, ich zuckte mit den Schultern. Die zweite Frage von Mike überging ich einfach. „Ach so.“, sagte er und damit war das Gespräch auch beendet, denn wir waren am Bahnhof angekommen.

Kapitel 15

 

„Das ist nicht dein Ernst!“, rief Mike entrüstet aus. „Was meinst du?“, fragte ich unschuldig, musste mir aber ein Lächeln verkneifen. Wir standen gemeinsam vor dem großen Bahnhof, ich mit dem großen Koffer in der Hand und Mike, tja wieso hatte er eigentlich nichts dabei? „Wieso können wir nicht einfach mit dem Auto fahren?“, zischte er. „Na weil eben. Komm wir schauen schnell wann unser Zug kommt, sonst verpassen wir den noch.“, versuchte ich ihn abzulenken. Seine Augen wurden zu Schlitzen. „Ich fahre ganz bestimmt nicht mit einem Zug.“, motzte er. „Gut, dann wäre das ja geklärt.“, murmelte ich und zuckte mit den Schultern. Sein Gesicht hellte sich auf. „Ach echt?“, fragte er noch mal nach. „Jap. Dann werde ich wohl alleine zu meiner Oma gehen.“, ich grinste ihn teuflisch an. Sein Gesichtsausdruck verdunkelte sich von der einen Sekunde zur anderen. Er schnaubte nur abfällig, folgte mir dann aber doch in den Bahnhof hinein. Er rümpfte ab und zu die Nase. Zum Glück konnte ich nicht so gut riechen wie er, denn hier stank es regelrecht. Schnell ging ich an den Schalter und fragte, wann der nächste Zug nach Hessen kam.

 

„Tja, eine halbe Stunde haben wir noch Zeit. Was möchtest du machen?“, fragte ich an Mike gerichtet. Er blickte mich missmutig an und zuckte mit seinen Schultern. Ich seufzte und setzte mich auf eine nahegelegene Bank. „Du wirst es schon überleben, wenn du dich auf eine Bahnhofsbank hockst.“, murmelte ich abfällig, als ich Mikes angeekelten Blich sah. Er schnaubte nur und setzte sich dann neben mich. Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare, was zugegeben ziemlich gut aussah. „Ich dachte nicht, dass du zu den Leuten gehörst die immer noch mit dem Zug fahren. Unsere Technologie ist ja schon ziemlich fortgeschritten.“, er sah mich abwartend an. Ich zuckte nur mit meinen Schultern, ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. „Ich meine, heutzutage kann sich ja schon fast jeder seinen eigenen Helikopter leisten. Da verstehe ich es einfach nicht, warum du mit so etwas langsamen wie einem Zug fahren willst. Und außerdem auch noch so dreckig.“, er schüttelte abwertend den Kopf. „Es gibt immer noch genug arme Leute. Manche haben ja gerade nur genug Geld, um sich selbst zu ernähren. Wie sollen die sich dann einen Helikopter kaufen?“, konterte ich. Er schnaubte und verschränkte dann seine Arme vor seiner Brust. Irgendwie erinnerte mich das an ein trotziges Kleinkind. Ich fing leise an zu kichern. „Was?“, fuhr er mich an. „Nichts.“, beschwichtigte ich ihn und musste dann leider noch lauter kichern. Mike sah mich verwirrt an und ich beruhigte mich langsam. „Alles okay.“, murmelte ich. „Na dann.“, brummte er.

 

„Mike.“ „Ja?“ „Ich glaub da kommt unser Zug, oder?“ Er zuckte mit seinen Schultern. Ich stand auf und nahm meinen Koffer. Langsam ging ich rüber zu dem Zug. Mike trottete mir hinterher. „Hey! Fährt der Zug nach Wiesbaden?“, fragte ich den Schaffner. Zwar wohnt meine Großmutter nicht direkt in Wiesbaden, aber irgendwo dort in der Nähe. Wenn ich dort bin werde ich das schon finden. „Ja.“, antwortet der knapp. Ich lächelte ihn freundlich an und ging dann schnell in den Zug. Ich suchte mir einen Fensterplatz aus und Mike setzte sich murrend neben mich. Ratternd fuhr der Zug los. „Ich schätze mal wir müssen so 4 Stunden fahren.“, ich blickte kurz rüber zu Mike der genervt die Augen schloss und sich zurücklehnte. „Wenn ich rennen würde, wären wir in nicht mal 10 Minuten dort.“, er seufzte. „Aber wir fahren mit dem Zug. Der ist eben nicht so schnell wie ein Vampir.“, stellte ich nüchtern fest. „Ich hab‘s schon kapiert, dass wir mit einem Zug fahren.“, murmelte er. Ich seufzte innerlich und blickte aus dem Fenster. Ich würde Mike nie verstehen. Züge waren doch gar nicht mal so schlecht. Es war günstig und so konnte ich gut nach Hessen, ohne mit einem Auto zu fahren. Er hatte schon Recht, dieses Exemplar von Zug war schon etwas älter, als so manche moderne Züge. Der Zug ratterte die ganze Zeit und ein bisschen Angst hatte ich schon, dass der Zug plötzlich aus den Schienen rollt. „Meinst du der Zug ist stabil?“, fragte ich dann vorsichtshalber Mike. Er zuckte mit seinen Schultern und hebelte die Heizung aus. „Anscheinend nicht stabil.“, grinste er. Jetzt musste ich auch lachen. Er war einfach zu komisch. „Das habe ich doch gar nicht gemeint! Ich hatte nur Angst, dass der Zug vielleicht einen Unfall oder so baut.“, kicherte ich. „Ach bei Zügen kann das doch immer passieren. Aber mir passiert sowas nicht.“, er wackelte mit den Augenbrauen. Ich seufzte und starrte wieder eine Weile aus dem Fenster. Heute war nicht so viel los wie sonst im Zug. Wir waren fast allein in dem Waggon. Nur ein älterer Herr saß etwas weiter hinten und beobachtete uns ab und zu. Er hatte wohl nichts Besseres zu tun. Außer diesem älteren Mann konnte ich noch eine Person ausmachen, die ich aber nicht richtig sah.

Als ich mich wieder an diesen gruseligen Mann erinnerte, der Mike ermorden wollte, erschauerte ich. „Was ist denn los, Mira?“, fragte Mike besorgt, der wohl bemerkt hatte, dass ich leicht zitterte. „Ich habe nur wieder an den Abend gedacht, wo ich dich gerettet habe.“, ich lächelte leicht. „Ach.“, murmelte er. „Wie hieß eigentlich der andere Typ den ich auch gerettet hatte?“, schon komisch, dass ich seinen Namen noch nicht wusste. „Leander.“, er lächelte leicht. Ich nickte ihm zu. Leander hört sich irgendwie viel zu lieb an, für so jemand der nur aus der Halsschlagader trinken wollte. Ich kicherte mit vorgehaltener Hand. Mike sah mich komisch an. Nach einer Weile beruhigte ich mich wieder. „Und wie heißt der andere Typ? Der euch überfallen hat?“, ich blickte ihm neugierig in die Augen. Mike ballte seine Hände zu Fäusten. „Ich wünschte, ich wüsste es.“, er schaute weg. „Also müssen wir es herausfinden.“, murmelte ich. Mike nickte abwesend mehrmals. Anscheinend überlegte er etwas. Ich wusste nicht, was ich jetzt machen sollte, also starrte ich wieder aus dem Fenster.

„Entschuldigung, hätten Sie ein Taschentuch für mich.“, überrascht blickte ich auf. Der alte Mann, der uns vorhin beobachtet hat, stand jetzt vor mir und sah mich auffordernd an. „Aber natürlich.“, sagte ich lächelnd und fing an in meiner Handtasche rumzukramen. „Sie scheinen mir ein nettes Mädchen zu sein. Heutzutage weiß man ja nicht mehr was hinter den Personen wirklich steckt.“, sein Blick ging zu Mike rüber. Er hatte wohl erkannt, dass Mike etwas anders als ein Mensch war. Ich setzte mein hinreißendes Lächeln auf. „Ach früher wusste man das doch auch nie genau.“, meinte ich. „Früher. Früher war noch alles besser.“, brummte der alte Mann. Ich hatte endlich in meiner Handtasche die Taschentücher gefunden und reichte ihm eine. „Dankeschön.“, murmelte er. „Aber gerne.“, strahlte ich. Der alte Mann ging langsam wieder zu seinem Platz zurück. „Ältere Leute mochten uns noch nie.“, sagte plötzlich Mike. „Das habe ich gerade bemerkt. Aber warum eigentlich?“ „Ich würde mal sagen, sie haben Angst vor Veränderung. Aber genau weiß ich es auch nicht.“, er zuckte mit seinen Schultern. „Naja, aber irgendwie hat er ja schon Recht. Dieses ganze System funktioniert nicht einmal.“, ich beobachtete genau seine Reaktion. „Früher hat es gut geklappt, vor ein paar Jahren. Jetzt will plötzlich fast kein Mensch mehr zu den Lotus Hotels. Jetzt wird es langsam brenzlig. Wenn die Menschen es nicht schaffen, immer jemanden für die Blutspende zu finden, könnte es zum Krieg kommen.“, er sah mich ernst an. Ich musste schlucken. Es war erst der Anfang, dass manche gezwungen wurden Blut zu spenden. Bald könnte es sein, dass die Vampire einen einfach auf der Straße anfallen. Die Menschen würden sich das nicht so einfach gefallen lassen. Bald könnte es Krieg geben. Und es wäre jetzt schon klar, wer als Gewinner heraustreten würde.

 

Kapitel 16

Gedankenversunken starrte ich aus dem Fenster. Es würde noch ewig dauern, bis wir endlich an unserem Ziel ankommen würden. Sobald wir dort sind, werde ich sofort zu meiner Oma gehen, entschloss ich. Hoffentlich ging es ihr gut. Ich wusste nur, dass sie einen Autounfall hatte, aber was war eigentlich genau passiert? Ich sträubte mich davor, je wieder in ein Auto zu steigen. Meine ganze Familie hatte so Pech damit gehabt.

Mike starrte gelangweilt an die Decke. Er tat mir echt Leid. Mit dem Auto wären wir viel schneller gewesen, aber ich musste natürlich Angst davor haben. Dabei könnte mich sogar Mike schützen, falls wir einen Unfall hatten. Er war schließlich ein Vampir. Der Zugführer meldete sich wieder und gab die nächste Haltestelle bekannt.

„Hier müssen wir umsteigen.“, informierte ich Mike. Erst murrte er ein wenig, doch dann blitze in seinen Augen auf einmal etwas auf. Ich musterte ihn verwundert. Vielleicht hatte er sich endlich damit abgefunden mit dem Zug zu fahren? Ich bezweifelte es.

Als der Zug langsam anfing abzubremsen nahm ich Nicky auf den Arm und zog meinen Koffer hinter mir her. Eisiger Wind wehte mir entgegen, während ich aus dem Zug ausstieg. Ich spürte, wie Nicky sich näher an mich kuschelte. Ich drückte sie an mich und ging schnell zu einer Holzbank, um mich darauf zu setzten. Wir mussten noch eine Weile warten.  „Wann kommt unser Zug?“, fragte Mike, nachdem er sich direkt neben mich gesetzt hatte. Ich warf einen Blick auf meine Uhr. „In 2 Stunden.“ Er nickte ein paar mal und schien sich etwas zu überlegen. Manchmal war er für mich wie ein offenes Buch und manchmal hatte ich nicht die geringste Ahnung, was er dachte. Jetzt gerade war es eher das letzere. „Worüber denkst du nach?“, überwand ich mich ihn zu fragen. „Wirst du noch früh genug erfahren.“, sagte er tonlos und grinste mich dann schief an. Ich wurde aus ihm nicht schlau. Die 2 Stunden vergingen schleppend. Die Stille war mir unangenehm. Die ganze Zeit überlegte ich mir, was ich sagen sollte, doch mir fiel nichts ein. Als dann endlich unser Zug kam, atmete ich erleichtert aus. Schnell stieg ich ein und ließ mich auf den nächst Besten Stuhl fallen. Nach einer Weile fiel mir auf, dass mir die Ortsnamen immer unbekannter vorkamen. Sind wir etwa in den falschen Zug gestiegen? Angst stieg in mir hoch. Da kommen wir ja nur noch später bei meiner Oma an. Und ihre Pflanzen! Sie war nicht gerade zimperlich, was ihre wertvollen Blumen angehen. Meine Oma lag im Krankenhaus und ihre seltenen Blüten könnten gerade dahinwelken. Außerdem hatte sie auch noch eine Katze. Sie brauchte auch Essen! Mit schreckgeweiteten Augen saß ich da. Ruckartig setzte ich mich auf. Ich musste etwas tun! Leider bemerkte ich dabei Nicky nicht, die auf meinem Schoß saß und deswegen runtergefallen war. Erschrocken bellte sie auf. Ich nahm sie sanft auf den Arm und ging mit ihr zusammen zum Schaffner. „Bin gleich wieder da.“, hatte ich noch Mike zugemurmelt.

 

Fluchend ging ich wieder zurück zu unserem Platz und schnappte meinen Koffer. „Wir müssen austeigen.“, sagte ich schnell zu Mike. Er nickte nur und stand auf. An der nächsten Station gingen wir raus. Wir waren an irgendeinem kleinen Bahnhof gelandet, mit nur einer Zugschiene. Ein verrostetes Schild verriet den Namen des Dorfes. „Wir sind in die völlig falsche Richtung gefahren!“, stieß ich verzweifelt hervor. „Was sollen wir denn jetzt machen? Hierkommt vielleicht jeden Tag nur ein Zug vorbei!“

„Beruhig dich erstmal.“, meinte Mike gelassen. „Mich beruhigen?! Meine Oma wartet auf mich! Du hast keine Ahnung, wie sie durchdrehen wird, wenn ihre seltenen Blüten verdorren! Oder wenn ihre kleine Katze nichts zu essen bekommt!“, Ich raufte mir die Haare und fluchte leise vor mich hin. „Wir könnten auch einfach mit dem Auto…“ „Nein!“, zischte ich dazwischen. „Ich werde nie wieder in ein Auto steigen! Die bringen nur Unglück!“, vielleicht übertrieb ich etwas, aber im Moment war mir das egal. Diese Schrottkarren haben mir schon so viel Trauer gebracht. Verzweifelt setzte ich mir auf eine alte Bank. „Du willst so schnell wie möglich zu deiner Oma.“, stellte Mike nüchtern fest, „Würdest du auch alles dafür machen?“ „Ich würde alles für sie tun! Nur kann ich eben nicht in eine verdammte Schrottkarre steigen! Und ein Zug kommt nicht. Ich werde nie rechtzeitig bei ihr ankommen. Sie wird durchdrehen!“, langsam stiegen mir die Tränen in die Augen. „Ich hätte eine Idee. Aber dafür bist du mir was schuldig.“, als Mike das sagte keimte Hoffnung in mir und es war völlig egal, dass ich ihm deswegen was schuldete. „Aber erst sagst du mir, warum du so sehr Angst vor Autos hast.“, meinte er. Meine Hoffnung ebbte ab. Warum musste er grade sowas fragen? Wenn ich ihm das erzählen würde, würde ich in Tränen ausbrechen. Ich versuchte mich zu überwinden, indem ich die Augen schloss und kurz tief durchatmete. Als ich wieder die Augen öffnete sah Mike mich misstrauisch an. Da erzählte ich ihm alles. Dass meine Mutter bei einem Autounfall starb und dass meine Oma einen hatte. Mir stiegen die Tränen in die Augen und ich könnte sie nicht mehr zurückhalten. Mike umarmte mich besorgt und ich fühlte mich geborgen in seinen Armen. Hier könnte ich ewig verweilen. Leider wand er sich schon viel zu früh aus der Umarmung. Mike wischte mir sanft die Tränen aus meinem Gesicht. „Also was ist deine Idee?“, murmelte ich immer noch leicht verweint. „Wir könnten Rennen.“ „Rennen?“, ungläubig starrte ich ihn an. Dann machte es klick in meinem Gehirn. Er wollte rennen. Natürlich. Da er ein Vampir war, konnten wir in wenigen Sekunden bereits bei meiner Oma sein. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Die Idee war genial.

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Tag der Veröffentlichung: 18.08.2013

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