„Hallo Herr M.,
der Vorgang Münster – Calibra, DA - ….., war 100 % schön & und richtig geheftet gewesen. Musterhaft! Weiter so!!“
In dicken Lettern, eine viertel Din-A4-Seite füllend, lag die ausgedruckte Email mit den Betreff: Lob!
zu oberst auf meinem Schreibtisch. Der Leiter der Ermittlungsgruppe, der die von mir aufgenommene Strafanzeige – einen reinen Schreibtischvorgang ohne weitere Ermittlungen – selbst weiterbearbeitet hatte, war der Absender. Eigentlich duzten wir uns.
Ich legte das Papier weg, nahm es wieder auf, las es nochmals, schüttelte den Kopf, legte weg, stand auf, seufzte, setzte mich wieder hin und schrieb:
„Vielen Dank, lieber Kullech!
Ich gehe mal davon aus, daß die Dienststellen- und Behördenleitung von (wie man in der großen Politik sagen würde) dieser meiner Tat auch Kenntnis erhalten hat; denn ich will ja demnächst den A12er
erklimmen. Und was wäre auf dem Weg dorthin eine bessere Basisstation als ein richtig gehefteter Anzeigenvorgang?
Andererseits möchte ich auch in Zukunft unbeachtet durch meine kleine Beamtenwelt streifen können. Jetzt stell' Dir mal vor, jeder wüßte, daß ich der Richtighefter war, der 2009 den Vorgang abgegeben hat. Auf Jahre hinaus könnte ich nicht mehr über die präsidialen Flure – die einzige Polizeilaufbahn, die ich gerne noch einschlagen würde – wandeln, ohne daß die Drehstuhlartisten ihre schlanken Hälse durch ihre immer offene Bürotür zu mir recken würden und zum alles aufhaltenden Gruß ansetzten. Einen Richtighefter muß man doch in seinem intimsten Dunstkreis festhalten – und vor allen Dingen von den höheren Weihen fernhalten. Einer der richtig zu heften weiß – so denkt sich der Kollege ganz bestimmt -, könnte ja auch noch sonst etwas besser können als zum Bleistift ICH
!
Tadel nagelt, und Lob adelt. Bei aller Dankbarkeit ob Deiner Labsal muß ich meinem Dank anheften, daß Du mir in gewisser Weise auch einen Bärendienst erwiesen hast. Denn die Mitarbeiter stehen bereits Schlange, wenn es um Fragen der Ord-, Sortier- und Heftung geht. Aber da muß ich wohl durch. Und ich tu`s ja nicht nur für Geld, sondern auch gerne.
Was hältst Du davon, wenn auch ich Dich mal befördern helfe? Hast Du noch Ambitionen? Ein anderes Amt? Eine bessere Bezahlung? Eine Sekretärin? Ich würde Dir gerne einen Treppenstein auf den Weg dorthin schmeißeln. Wenn wir uns gegenseitig so hoch hinauf loben und labern – who can stop us now? Und wenn ich mich so umschaue, dann war`s bei den anderen Koniferen
doch auch nicht wesentlich anders gewesen?
Also! Schick`mir mal einen besonders schönen Vorgang, und ich werde auch Dir eine Käseecke zukommen lassen. Sag’ mir noch, wer davon wissen muß, und ich komme auch auf die anschließende Party.
Bis bald und heftig Mac – Dein Kollegenschreck
“
Ich bekam keine Antwort. Und nicht die A12.
Tag der Veröffentlichung: 19.04.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Gewidmet all meinen lieben Kollegen - ich denke oft und gern an euch.