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„Bist du dir sicher? Auf die Erde? Ich dachte du wolltest den Bruder deines Großvaters stürzen, was willst du dann bitte auf der Erde?“ Fini blickte Briella mit erstaunten Augen an.

„Wie bitte soll ich denn in das andere Reich gelangen? Solon hat überall Wachen aufstellen lassen. Gut, ich könnte mich durchkämpfen, aber ich brauche all meine Kräfte für den letzten Kampf. Deshalb gibt es nur einen Weg dorthin. Ich gehe auf die Erde und schmuggle mich mit der nächsten starken, sterbenden Seele zu Solon. Ich brauche nur noch zur Erde zu gelangen, und das ist jetzt deine Aufgabe!“ Der Pegasus erhob sich, er wusste, dass sie Recht hatte.
„Ich werde meine Flügel verstecken müssen, das weißt du, oder? Dadurch wird meine Kraft verborgen bleiben, bis ich meine Flügel wieder benutze, was ich auf der Erde so gut wie nie machen kann. Dadurch bist auch du schwächer. Ich hoffe du bist dir darüber bewusst!“ In Infinios Stimme schwang ein bisschen Angst mit, doch Briella beruhigte ihn.
„Senktus wird sich um alles kümmern. Er organisiert unser neues Zuhause und ich bin sicher, dass er auch an dich denken wird. Wahrscheinlich ein Gebäude im Nirgendwo, wo wir weder unsere Flügel, noch unsere Macht verbergen müssen. Im Rucksack habe ich alles was wir brauchen. Möbel, Kleidung, Proviant für unterwegs, Waffen, viel Erdengeld und lauter solche Sachen."
"Du hast ihn wohl mit einem Raumzauber belegt! Clever! Wir müssen durch ein Portal reisen, es gibt eines für jeden Kontinenten. Wo willst du hin?"
"Amerika. Los, wir dürfen keine Zeit verlieren!"

Das Portal zu finden war schwerer als sie gedacht hatte. Sie irrten in einer Wüste am anderen Ende des Schattenreiches herum und suchten nach einer Tür. Zumindest Briella dachte, dass sie nach einem Tor suchen sollte, was sich jedoch als falsch erwies. Nach einem langen Flug und einem ihr endlos erschienenen Ritt durch diese Wüste blieb Infinio irgendwo in der Wüste plötzlich stehen. Nirgends war etwas anderes zu sehen außer Sand, Sand und noch mehr Sand. "Bist du müde?", fragte Ella, doch sie wusste, dass diese Frage unbegründet war, da sie seine Energie spürte, die genauso, wenn nicht größer, wie ihre war.
Infinio schnaubte und sah sie spöttisch an.
"Das hier ist das Portal. Streng doch einfach kurz deine Augen an!"
Briella ignorierte den spöttischen Unterton und ließ ihre Energien wieder in ihre Augen fließen.
Am Anfang sah sie nur Sand, doch als sich ihre Sicht besserte, erkannte sie, dass der Sand ununterbrochen nach unten gezogen wurde.
"Das ist das Portal?", fragte sie und beugte sich über Infinios Hals um besser sehen zu können.
"Ja, das ist es. Was hast du gedacht?" Er wieherte, als in ihren Gedanken das Bild von einem Tor mitten in der Wüste auftauchte.
"So, halte dich gut fest! Und halte die Luft an!"
Briella blieb keine Zeit mehr zu fragen warum, denn Infinio machte einen Satz nach vorne und die beiden versickerten im Sand.

Gerade als sie mit ihrem Kopf unter der Sanddecke verschwand, spürte sie von unten etwas Nasses.
Sie hielt ihre Augen geschlossen, bis auch ihr Kopf vom Sand befreit war. Rund um sie herum war Wasser, sie waren irgendwo in einem Ozean gelandet.
"Wo sind wir?", telephatierte sie Infinio.
"Wir sind im Atlantik und nähern uns jetzt Miami. Wir werden einen Umweg machen, zu einer abgelegenen Inselgruppe, von wo aus wir zu unser neues Zuhause fliegen."
Briella hatte neben den überirdischen Geschichten natürlich auch die Menschen studiert.
Ein Schlag der Erkenntnis traf sie.
"Das Bermuda Dreieck ist der Zugang zur Schattenwelt?", fragte sie.
"Falsch, es ist einer der Zugänge.
Es gibt noch weitere, nur dass das Bermuda Dreieck der Berühmteste ist. Immer wenn das Portal geöffnet wird, egal von welcher Seite, entsteht ein Magnetfeld und die Schiffe und Flugzeuge die sich selten genau zu dieser Zeit in der Umgebung befinden, werden hineingezogen. Die Menschen sterben und so können die Krieger die in Senktus Auftrag hierherkamen, gleich noch ein paar zusätzliche Seelen mitnehmen."

Er tauchte nicht auf. Für ihn war es ebenso kein Problem wie für Briella lange die Luft anzuhalten.
Er tauchte mit Hilfe seiner Flügel und sie kamen schnell voran.
Briella klammerte sich an seinen Hals und schloss die Augen. Sie würde lange nicht schlafen, sie wollte sich vorher noch ein wenig ausruhen.

Sie wurde von einem seltsamen Schaukeln geweckt.
Sofort hellwach öffnete sie die Augen.
Infinio war auf dem Weg zur Wasseroberfläche und schlug heftig mit seinen Flügeln. Sie klammerte sich noch fester an ihn, so dass sie nicht in das Wasser zurückgezogen wurde.
Es wäre kein Problem gewesen zu schwimmen, doch sie würde länger brauchen und Energie verschwenden.
Wenig später gelangten die beide an die Oberfläche.
Aus Instinkt sogen die beiden Luft ein.
Briella hustete. "Was ist das für eine Luft? Sie stinkt!" Sie hielt den Atem an und beschloss nur so wenig wie nötig um nicht aufzufallen zu atmen.
"Die Menschen sind nicht so reinlich wie wir. Zeig mir wohin wir müssen!" Er schien die Gegend bereits zu kennen, denn er beachtete sie nicht.


Nachdem sie Senktus´Koordinaten heruntergeladen hatte, sah Briella sich erst einmal gründlich um.
Sie waren an einem Sandstrand, hinter ihnen ein Wald.
Nirgends war ein Mensch zu sehen, zu hören oder zu riechen. Die Erde glich ziemlich genau der Schattenwelt, nur waren in Briellas Welt die Flüsse reiner, das Gras grüner und es war wärmer.
"Man kann hier leben!" Briella versuchte sich selbst Mut zuzusprechen und rief in ihren Gedanken die Karte, die irgendwo in ihrem Rucksack war, hervor. Infinio nickte und hob ab.

"Schlaf ein wenig, ich werde dich wecken, wenn wir da sind. Es wird eine Weile dauern. Ich werde Umwege nehmen müssen um nicht in Flugzeuglinien zu geraten!"
Briella war ausgeruht genug, sie würde nicht schlafen können, deshalb zog sie einige der Bücher heraus, die sie mitgenommen hatte.
Verschiedene Bücher über viele Sprachen.
Sie blätterte sie kurz durch, nahm den Stoff auf, und legte die Bücher wieder in den Rucksack.
"Die Sprachen sind einfach. Chinesisch ist für Menschen anspruchsvoll, ist aber kein sonderliches Hindernis." Sie drehte sich um und lehnte ihren Kopf an Infinios Hals.
Den ganzen Flug lang versuchte sie sich an die stinkende Luft zu gewöhnen und beobachtete die Wolken, durch die sie flogen.
Nach einer Weile, Briella hatte trotz allem ein bisschen gedöst, wurde sie von Infinio gewarnt.
"Wir sind gleich da. Dreh dich um und halt dich fest, von nun an ging´s bergab!" Er lachte in Gedanken und ließ sich einfach hinunterfallen.
Briella hatte sich schnell umgedreht und hätte den Halt fast verloren, da Fini senkrecht in die Tiefe stürzte.

Sie durchbrachen die Wolkenmauer und ein grünes Plätzchen erschien. Überall waren Wiesen, irgenwo in diesem Grün entdeckte Briella, auch ohne Energie zu bündeln, ein großes Haus.
Im vergleich zu ihrem Palast, so nannten zumindest die Schattenbewohner Senktus und ihr Haus, war dieses Haus winzig. Für die Menschen war es riesig.
Hundert Meter vor dem Erdboden öffnete Infinio wieder seine Flügel und ließ sich sanft zum Boden hinabgleiten. Er galoppierte über die Wiese und blieb vor dem Stall stehen.
Bevor er sich niederlegen konnte war Briella schon heruntergehüpft.
"Verdammt!", fluchte sie laut.
"Da ist überall Dreck! Wie soll ich da bitte herumgehen, ohne dass meine Schuhe schmutzig werden?" Sie stapfte wütend zum Stall und öffnete für Infinio die Tür.
Dieser jedoch verabschiedete sich kurz und flog über die Wiesen, bis er nicht mehr zu sehen war.

Senktus hatte ihnen eine Farm besorgt.
Seufzend ging Briella zum Hauptgebäude.
Es war in hervorragendem Zustand.
Fenster und Türen waren neu, das Haus war aus Holz.
Ebenso der wunderschöne Parkettboden.
Das Haus war leer und wirkte ohne Möbel riesig.
Nur die Küche und das Bad waren eingeräumt, und im Wohnzimmer war ein Kamin.
Briella kramte in ihrer Tasche und zog die Möbelstücke heraus. Als sie alle verteilt hatte, räumte sie ihren Kasten ein.
Unter einem losen Brett verstaute sie ihre Waffen.
Da nur ein Bruchteil ihrer Waffensammlung dort Platz hatte, ließ sie einen Teil in ihrem Rucksack, den anderen steckte sie ein.
Als sie ihre unzähligen Kleidungsstücke endlich eingeräumt hatte, begann sie die Möbel umzustellen, bis jedes Möbelstück genau dort stand, wo es sollte.
"Hoffentlich muss ich nicht zu lange hier bleiben! Ich muss einen sterbenden Menschen finden!", dachte sie sich und ließ sich auf das große schwarze Sofa fallen. Obwohl der ganze Raum aus Holz war, passten die Möbel zu dem Haus. Es wirkte dadurch heimelig und trotzdem groß und modern.

Eine Weile stöberte sie in Senktus Daten über starke sterbende Seelen, die er ihr geschickt hatte. "Starke sterbende Seelen unterscheiden sich von gewöhnlichen Seelen. Sie sind meist schwer zu finden und haben eine äußerst starke Persönlichkeit. Man erkennt sie, da man die Gedanken solch einer Person nicht lesen kann.
Ihre Aura hat eine einzigartige Farbe, die jedoch immer dunkler und dunkler wird, bis sie sterben." Briella hörte ein summendes Geräusch und sprang auf.
Sie spürte Finis Gedanken, die sich ihren wieder näherten. "Was ist los? Wer kommt da gerade zu dir?", er schien besorgt zu sein.
"Ich habe keine Ahnung, aber bleib weg. Das ist wahrscheinlich ein Mensch und ich kann mich verteidigen. Außerdem habe ich meine Waffen dabei, du kannst ruhig wieder fressen!" Sie schaltete ihre Gedanken ab und öffnete die Tür, bevor der Besucher überhaupt aus seinem Auto gestiegen war.

Er war jung, etwa in ihrem Alter, rein körperlich gesehen, hatte goldene Augen und ein charmantes Lächeln. "Guten Tag! Hi, ich bin Chad. Wohnt hier ein gewisser Herr Black?", fragte er und betrachtete sie argwöhnisch.
Briella brauchte eine Weile, bis sie sich wieder an ihren "Erdnamen" erinnerte.
"Nein, ich wohne alleine, aber das Auto ist für mich. Mein Großvater muss es bestellt haben. Kommen sie herein, ich hole das Geld!" Sie ging einen Schritt zur Seite und rümpfte die Nase, da er ohne sich die Schuhe abzuwischen in ihr Wohnzimmer ging.
Während sie das Geld aus einem Schrank holte, musterte sie ihn. Er war etwa 1,85m groß, dunkelbraune Haare, Muskeln und strahlend weiße Zähne. Er sah umwerfend aus, zumindest für einen Menschen. Seine Aura hatte die Farbe seiner Augen, eine einzigartige Farbe.

Rasch erledigten die beiden die Formalitäten und wechselten das Bargeld gegen die Schlüssel.
"Hat mich gefreut mit Ihnen Geschäfte zu machen!", verabschiedete sich der Junge und wollte gehen.
"Warte, willst du etwa zu Fuß in die Stadt gehen? Weißt du was, warte eine Minute, bin gleich fertig, ich nehme dich mit!"
Für sie wäre es natürlich ohne Auto kein Problem gewesen, am liebsten hätte sie sich nicht einmal eines besorgt, doch das wäre etwas auffällig gewesen, da der Weg weit war.
Schnell zog sie ein kurzes grünes Kleid an, steckte ihre Haare hoch und nahm ihre Handtasche. "So, wir können!", sagte sie und hielt Chad die Tür auf.
"Ich bin übrigens Briella und lass das "Sie". So alt bin ich noch nicht!"
Kurz informierte sie Infinio über ihre Shopping-Tour und schaltete seine protestierenden Gedanken aus.

Chad redete kaum.
Er fragte woher sie kam, nach ihrer Familie.
"Ich komme aus Europa, Spanien. Meine Eltern sind tot." Zumindest in diesem Punkt musste sie nicht lügen. Nachdem sie von ihren Eltern erzählt hatte, herrschte betretenes Schweigen.
"Gehst du hier zur Schule?", fragte sie ihn, um das Gespräch wieder ins Laufen zu bringen.
"Ja, das letzte Jahr. Danach werde ich weit weg von hier gehen." Seine Augen musterten sie. Wieder fielen ihr seine Augen auf.
Das zarte Gold schien zu glänzen, fast wie ihre schwarzen Augen.
Briella wollte noch seine Gedanken überprüfen, doch sie waren bereits in der Stadt angelangt und es wäre zu auffällig gewesen, wenn sie die ganze Zeit ihn anstatt der Straße angesehen und trotzdem keinen Unfall verursacht hätte. Ebenso konnte sie die Augen nicht schließen um sich mit ein bisschen mehr Energieverbrauch in seine Gedanken einzuloggen.

"Hier wären wir!", sagte sie und hielt vor einem kleinen, aber noblen Autogeschäft.
"Auf Wiedersehen, vielen Dank fürs mitnehmen! Wir sehen uns dann in der Schule!" Er winkte kurz zurück. Mit einem Nicken verabschiedete sich Briella und brauste mit ihrem Jaguar davon.

Die Leute in der Stadt bekamen nicht oft moderne Autos zu sehen, eine kleine Menge starrte ihr unverhohlen hinterher.
Auch sie wurde ausgiebig gemustert, was Briella nicht wunderte. Hohe Sandalen, kurzes Kleid und blonde Haare? Da sie nicht in der Schule ebenfalls so extrem auffallen wollte, ging sie in eine Boutique und besorgte sich einige Hosen und dazupassende Oberteile. Kleider hatte sie genug.
Rasch kaufte sie noch einen Fernseher, DVDs, CDs, dazu Stereoanlage und iPod und einen Laptop. Kurz bevor die Geschäfte schlossen beendete sie die Einkaufstour und fuhr wieder zurück zur Farm.
Kaum war sie über die Grundstücksgrenze gefahren, bemerkte sie Infinio neben sich. Das Tempo des Autos war für ihn gemütlich, so dass er sich nicht sonderlich anstrengen musste.
"Bist du verrückt? Du brichst einfach unsere Verbindung ab! So kann ich dir in einem Notfall nicht helfen! Mach das nie wieder!"
Briella lächelte ihn nur an und erwiderte: "Solange nichts passiert! Du bist doch nur neugierig was war, oder?" Sie ließ den Tag noch einmal vor ihrem geistigen Auge ablaufen, so dass auch Infinio alles sehen konnte.
Am Abend zog er sich in den Stall und sie sich in ihr Bett zurück.
Beide fielen in einen traumlosen Schlaf.

"Briella, Briella! Wach auf!"
Briella fuhr aus dem Bett und stellte sich sofort in Angriffsstellung neben das Bett.
Nachdem niemand zu sehen und zu hören war entspannte sie sich wieder und fauchte in Gedanken: "Musst du mich so erschrecken? Was ist denn los?"
"Du hast verschlafen! Und wenn du dich nicht beeilst, dann kommst du zu spät in die Schule.
Und könntest du mich da rauslassen? Die Schutzzauber wären wirklich nicht nötig gewesen, und ohne Magie schaffe ich es nicht an den Riegel zu kommen!"
Infinio klang ungeduldig.
Übernatürlich schnell sauste Briella durch das Haus, zog sich dunkle enge Jeans, helle Bluse, schwarze Lederjacke und schwarze High Heels an.
Ihre Tasche belegte sie mit dem Raumzauber und stopfte unter ihr Schulzeug einige ihrer Waffen hinein.
Rasch kämmte sie ihre Haare und zischte aus dem Haus. Die Stalltür war geschlossen, rundherum erkannte sie ihr Energiefeld, das sie zu Infinios Schutz aufgebaut hatte.
Es dauerte eine Weile bis es wieder abgebaut war und sie die Tür öffnen konnte.
Infinio klopfte mit seinen Hufen gegen die Boxenwand. "Lass die Zauber doch einfach mal! Ich kann mich selbst verteidigen!", er starrte sie trotzig an.
"Nicht wenn du schläfst!", erwiderte Briella laut. "Hey, hier ist sogar ein Sattel! Den werden wir heute ausprobieren wenn ich wieder zu Hause bin! Viel Spaß!"
Infinio sauste an ihr vorbei und breitete draußen seine Flügel aus.
Ella lachte, als sie ihn beobachtete, als er wie ein verspieltes Fohlen über die Wiese flog.
Seufzend hob sie ihre Tasche, die sie auf den Boden fallen hatte lassen auf und ging zum Jaguar.

Eine Viertelstunde später kämpfte sie sich durch eine staunende Menschenmenge, die sich um sie und ihr Auto versammelt hatte, um zum Haupttrakt der Schule zu gelangen.
Irgendwie schaffte sie es ohne jemanden zu verletzen oder auszurasten ins Sekretariat, wo sie ihre Formulare abgab.
Danach machte sie sich auf den Weg in ihr Klassenzimmer.
Die Schule war klein, deshalb warf Briella den Plan in den nächsten Mistkübel.
Falls sie sich verirren sollte, was sicher nicht geschehen würde, würde sie sich einfach in die Gedanken eines anderen Schülers einloggen.

Es klingelte und sie betrat kurz danach das Klassenzimmer.
Ein kleiner Lehrer, der fürchterlich schwitzte, und 25 Schüler drehten ihre Köpfe zu ihr, als sie die Tür geräuschvoll schloss.
"Hi, ich bin Briella. Ich werde, denke ich, dieses restliche Jahr bei euch verbringen.
Freut mich!" Ohne den Lehrer zu Wort kommen zu lassen stellte sie sich vor und suchte sich schließlich einen Platz in der vorletzten Reihe aus. Der Lehrer war ein wenig verblüfft, fuhr jedoch gleich wieder mit dem Unterricht fort.
Auch die Schüler drehten sich langsam wieder um, doch jemand, der genau hinter ihr saß, starrte sie noch immer an.
Es war Chad. Sie hob eine Hand um ihn zu begrüßen und lächelte ihn an.
Er erwiderte ihr Lächeln und Briella wandte sich dem Unterricht zu.
Geschichte.

Der Unterricht war kein Problem für sie, da sie den ganzen Stoff schon durchgenommen hatte. Deshalb versuchte Briella einfach nicht einzuschlafen. Stattdessen beobachtete sie ihre neuen Mitschüler.
Die Auren der Menschen waren anders, als die der Schattenwesen.
Im Schattenreich hatten alle dunkle Auren, sie selbst hatte eine vollkommen schwarze Aura, die sie gerade zu unterdrücken versuchte.
Ein Spion hätte ihre Macht leicht an ihrer Aura erkennen können, wenn sie diese nicht verstecken würde. So sah er zwar, dass sie anders war, aber nicht das gesamte, oder besser gesagt nur einen kleinen Teil des Ausmaßes. Die Auren der Menschen waren in den verschiedensten Farben. Doch keine war vollkommen schwarz oder weiß.
Die Energiefelder waren ziemlich klein, nicht zu vergleichen mit ihrer Aura.
"Es wird leicht sein Menschen von uns zu unterscheiden!", dachte sie zufrieden und schrieb die Notizen von der Tafel ab, die für sie nichts Neues mehr waren.

Die Doppelstunde zog sich ohne Pause dahin und Briella konnte sich kaum ein Gähnen unterdrücken. Als sie es nicht mehr schaffte fing sie sich einen strafenden Blick des Lehrers ein, der sie die ganze Zeit beobachtete. Ihre Gedanken dämmerten weg und suchten Infinios.
Sie sah nur grün und verspürte eine ungeheure Lust das Gras zu essen.
"Tja, jetzt weiß ich wie du dich fühlst, wenn du auf einer Wiese stehst!", schickte sie ihre Gedanken zu Infinio. "Tja, freut mich für dich. Glaub mir, Gras würde deinen Körper nicht sonderlich sättigen. Bleib lieber bei Menschennahrung.
Das Gras hier ist ziemlich saftig, fast so wie zu Hause. Hast du Senktus schon erreicht?", wechselte er das Thema.
"Nein, noch nicht, ich kann mich durch dieses Internetnetz nicht durcharbeiten. Zum verrückt werden. Ich glaube jedoch, er weiß was ich vorhabe. Er wird sich schon keine Sorgen machen, nicht um mich. Wir sehen uns nachher!", schloss sie rasch ihr Gespräch und öffnete ihre Augen wieder, die sie geschlossen hatte, um sich besser zu konzentrieren.
"...Sie halten es wohl nicht für nötig dem Unterricht zu folgen, Miss..."
"Black", half ihm Briella weiter. Die Kreide in der Hand des Lehrers zerbröselte, seine Hände ballten sich zu Fäusten und seine Augen funkelten zornig. Briella hätte das nicht von dem Lehrer erwartet, doch es beeindruckte sie nicht. Niemand konnte so wütend werden wie sie.
"Stattdessen schlafen sie in MEINEM Unterricht! Wissen sie eigentlich wie wichtig Geschichte ist? MEIN Unterricht sollte sie interessieren..." Genervt verdrehte Briella die Augen und unterbrach ihn:
"Aber es interessiert mich nicht.
Lernen muss man nur solange, bis man alles weiß!", sie versuchte ihren aufkeimenden Ärger zu unterdrücken, der ihre Aura vergrößerte.
"Und sie glauben, dass sie alles wissen?", fragte der Lehrer, der vor Wut schon fast in die Luft hüpfte. "Wenn ich sagen würde, dass ich alles weiß, dann wäre das anmaßend. Aber ich weiß zumindest mehr als sie!", sagte sie mit gefährlich leiser Stimme.
Ihre Mitschüler starrten sie neugierig an.
"Gut! Ich werde sie prüfen. Wenn sie aber auch nur eine Frage falsch beantworten, dann sind sie dieses Semester bei mir durchgefallen!" Der Lehrer nahm sich seine Unterlagen und stellte ihr eine Frage nach der anderen. Sie überspannten das gesamte Geschichtskapitel der Abschlussklasse.
Die Fragen waren kein Problem für Briella, im Gegensatz zu den Gedanken des Professors.
"Ha, das weißt du sicher nicht mehr! Gleich bist du tot, hochnäsige...!"
Briellas Hände zitterten bereits, gleich würden sie anfangen zu qualmen.
Nur Infinio konnte sie gerade noch zurück halten. Nach einer halben Stunde läutete die Glocke zur Pause, doch niemand rührte sich.
Alle Augen waren auf den Lehrer gerichtet, der sich erschöpft und enttäuscht in seinem Sessel zusammenfallen ließ.
"Machen Sie Ihre Abschlussprüfung und werden Sie Lehrer. Seien Sie einfach anwesend und ich kann Ihnen mit gutem Gewissen eine Eins geben.
Der Unterricht ist beendet, keine Hausübung!" Er verließ den Raum und die Schüler lachten los. Briella stand auf und ging aus der Klasse, sie wollte sich etwas zu essen kaufen.
Hinter sich hörte sie Schritte.

Chad. Er hatte einen seltsamen Gang, leicht und fast fliegend. Ohne sich umzudrehen ging Briella weiter und ignorierte seine Schritte, die immer schneller wurden.

Briella betrat die Cafetaria und stellte sich in die Schlange. Sie ignorierte Chad, der hinter ihr stand und die ganze Zeit unruhig sein Gewicht verlagerte.
Schließlich tippte er sie zögernd an.
"Hey, Briella. Das war gerade echt toll. Woher weißt du das alles. Du kennst mich doch noch, oder? Chad Connor, ich habe gestern das Auto geliefert, den Jaguar." Er lächelte sie unsicher an.
"Hey, Chad, natürlich erinnere ich mich. Bist du etwa in meiner Klasse?", fragte sie ihn betont unwissend.
"Ja, ich sitze hinter dir."
Er nahm seine Pizza entgegen und deutete auf Briellas, die ihr schon von der Bedienung ungeduldig entgegengereicht wurde.
"Oh, danke. Tut mir leid, dass ich das nicht gemerkt habe. Ich war heute etwas müde und habe mich noch nicht wirklich umgesehen."
Briella lächelte zuerst die Bedienung, dann Chad freundlich an.
"Kein Problem, das war bestimmt der Jetlag. Willst du dich zu uns setzen?" Er deutete auf einen Tisch von dem ihm schon einige Leute zuwinkten. Er wartete keine Antwort ab und nahm einfach ihr Tablett.
"Warte, ich mach das schon!" Für einen kurzen Moment berührte er ihre Hand und sie nutzte diese kleine Geste um eine Verbindung zu ihm aufzubauen. Doch wie sehr sie sich auch bemühte, seine Gedanken blieben ihr verborgen. Mit höchster Konzentration versuchte Briella alle Gedanken in ihrer unmittelbaren Umgebung aufzunehmen. Ein wilder Strom Gedanken brach über sie herein, doch sie konnte nirgends Chads Gedanken finden.
Hätte er nicht ihr Essen gehalten, wäre es ihr bestimmt aus der Hand gerutscht.
Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag.
Sie hatte ihre sterbende Seele gefunden.
Chad Connor.

Sie blieb wie erstarrt stehen und Chad wäre fast in sie hineingerannt. Er blieb überrascht stehen und nur mit Mühe schaffte er es, sein Tablett im Gleichgewicht zu halten. Doch dasselbe galt nicht für Briellas Getränk.
Das Tablett knallte auf den Boden und Briellas Bluse war durchtränkt von Cola.
Ohne ein Wort zu verlieren rannte Briella einfach davon.

"Fini! Infinio! Wo steckst du?" Sie hatte ihr Auto stehen lassen und lief die matschige Straße entlang, ohne den Boden richtig zu berühren. Sie stürmte in das große Haus und kramte alle Unterlagen heraus, die sie über starke Seelen finden konnte.
Sie blätterte alle Bücher durch, doch überall stand dasselbe. Infinio bestätigte ihre Befürchtung.
"Du weißt, dass du nirgends etwas anderes finden wirst. Du musst dich um eine sterbende Seele kümmern.
Diese Seele wird dir nicht in den Himmel folgen, wenn er dir nicht vertraut. Außerdem gibt es keine Möglichkeit die Sterbezeit zu verringern."
Briella ließ die Bücher fallen und ließ sich seufzend auf das Sofa fallen.
"Ich habe zwar damit gerechnet, dass es nicht einfach werden wird, doch so kurz vor dem Ziel zu stehen, und zu wissen, dass man nichts tun kann..."
"Mach das Beste daraus und versuche nicht zu scheitern. Ruf mich, wenn du mich brauchst!"

Mit frischen Kleidern betrat sie wieder die Schule. Der Unterricht war längst wieder losgegangen.
Sie beschloss erst in der Pause wieder zum Unterricht zu gehen und erkundete in der Zwischenzeit die Schule. Sie war nicht besonders groß, doch modern eingerichtet. Ihre Schritte hallten durch den leeren Gang und sie machte sich auf den Weg zu den Schließfächern. Plötzlich spürte sie einen zweiten Herzzschlag und drehte sich um. Kurz darauf ertönte das Quietschen von Turnschuhen und Chad erschien vor ihr. "Hey, tut mir leid wegen deiner Bluse! Aber warum bist du weggelaufen? Geht es dir auch gut?"
Sie versuchte ihn anzulächeln, doch in Gedanken wünschte sie ihn tot.
"Nein, mir tut es leid, nur... Naja, ich habe mich nur kurz umgezogen!" Sie deutete auf ihr neues Outfit.
"Ich werde dir die Reinigungskosten natürlich bezahlen!", warf er sofort ein, doch sie winkte lächeln ab. Als es läutete gingen sie in die Klasse zurück. Als der Lehrer eintrat und sich alle auf ihre Stühle setzten wendete sich Briella dankbar von Chad ab und ihr Lächeln erstarb abrupt.

Den restlichen Tag versuchte sie Chad aus dem Weg zu gehen. In den restlichen Pausen unterhielt sie sich mit den anderen Mädchen. Die meisten waren ihr unsympathisch, da sie die ganzes Zeit nur über irgendwelche Jungs redeten, was Briella nach einer Weile jedoch erheiterte. Ein paar Mädchen waren ziemlich klug, jedoch nicht die hübschesten, was Briella aber nicht sonderlich störte.

Die Glocke läutete und Briella stürmte aus dem Klassenzimmer zu ihrem Wagen.
Während sie anch Hause fuhr, überlegte sie, wie sie Chads Vertrauen gewinnen konnte.
"Ganz sicher nicht, indem du ihm aus dem Weg gehst, was auf kurz oder lang gesehen sowieso nicht funktionieren wird!", mischte sich Infinio in ihre Gedanken ein.
"Ich weiß!", fauchte Briella zurück, wütend auf sich selbst, da sie dass genau wusste.
"Dann kehr doch einfach um!", versuchte Infinio sie zu überreden, was sie jedoch einfach ignorierte.
"Schulaufgaben!", versuchte sie sich herauszureden.
"Das wird dir Chad genau so wenig glauben wie ich, nachdem du bewiesen hast, dass du klüger als dein Lehrer bist!" Er erkannte die Sinnlolsigkeit seiner Worte und loggte seine Gedanken einfach aus.
Sie spürte noch die Verbindung zu ihm, doch es war, als wäre er in einem anderen Raum.

Wieder im Haus installierte sie Fernseher und die anderen elektrischen Geräte, wobei sie sich die gesamte Zeit über die vielen kleinen Einzelteile ärgerte. Sie zuckte zusammen, als ihr Handy läutete.
"Black?", meldete sie sich und Chads Stimme erklang.
"Hi, ich bin´s, Chad. Hättest du Lust, dir die Stadt anzusehen? Ich könnte dir ein paar nette Plätze zeigen! Komm einfach in einer Stunde ins Cafe, ok? Gut, bis dann!"
Briella wollte antworten, doch er hatte einfach aufgelegt ohne sie zu Wort kommen zu lassen.
"Warum hat niemand erwähnt, dass starke Seelen unglaublich bestimmend sind?", fluchte sie leise und machte sich auf den Weg ins Badezimmer.

Dreißig Minuten später machte sie sich auf den Weg in die Stadt. Obwohl sie zu früh ankam spürte sie schon Chad im Cafe. Er saß neben dem Fenster und redete mit einem gleichaltrigen Mädchen. Die beiden lachten und er drehte sich zufällig in ihre Richtung. Als er sie entdeckte winkte er ihr zu.
Briella schloss den Wagen ab und überquerte die Straße. Als sie an dem kleinen Tisch ankam verabschiedete Chad sich gerade von dem Mädchen.
Sie drehte sich noch einmal lächelnd um und ging dann zu einem anderen Tisch weiter.
Chad kam auf sie zu und schien ehrlich erfreut sie wieder zu sehen.
"Ich hatte gehofft, dass du kommen würdest!", sagte er deutete auf den Platz gegenüber.
"Das heißt, du hast nicht mit mir gerechnet?", fragte Briella verwundert.
"Doch, das habe ich!", antwortete Chad und lächelte sie selbstsicher an.
Briella seufzte in Gedanken und setzte sich auf den weichen Stuhl.

Nachdem die beiden bestellt hatten erkundigte sich CHad nach ihrem Auto.
"Bist du zufrieden mit der Karre? Ich habe noch nie ein besseres Auto verkauft. Das ist ein Prachtstück!"
Briella war das Auto ziemlich egal, was sie sich jedoch nicht anmerken ließ.
"Ein wirklich schnelles Auto!", antwortete sie und versuchte begeistert zu klingen, was jedoch nur halb funktionierte.
"Und wie gefällt dir deine neue Schule? Mit den Lehrern scheinst du ja gut auszukommen!", lachte er und sie wusste, dass er von ihrem Geschichtelehrer sprach.
"Die Schule ist ganz in Ordnung."
"Und hast du schon viele Freunde gefunden?", fragte er weiter.
"Naja, nicht wirklich", wich Briella dem Thema aus. Sie konnte ja wohl kaum sagen: "Hey, nein, und ich habe auch keinen Bock drauf, weil hier fast alle Menschen oberflächlich sind, so wie du!"
Er schien bemerkt zu haben, dass sie nicht sonderlich darauf versessen war ausführlich zu antworten und so begann er einfach über sein Leben zu erzählen.
Briella war ihm schon fast dankbar dafür, auch wenn sie seine Arroganz hasste.
Während er von einem Unfall erzählte, den er vor ein paar Jahren hatte, beobachtete sie ihn genauer.
Er lächelte ununterbrochen und seine Augen klitzerten dabei. Sie spürte seine Aura dicht an ihrer eingezogenen, was sie verwunderte, da das Energiefeld der Menschen meist nur klein war. Bei Chad jedoch war es riesig, menschlich natürlich.
Die Energie die er ausstrahlte sah sie auch in seiner Haltung. Ständig war er in Bewegung, wenn er auch nur einen Finger rührte. Das einzige, dass immer gleich blieb, war sein lächeln. Strahlend, herzlich und ehrlich. Es wirkte an ihm natürlich, angeboren, es war ein Teil von ihm.
Ein Teil, der Briella sehr gefiel, auch wenn sie sich gewünscht hätte, dass er ruhiger wäre und ernst sein konnte, was sie von Chad nicht erwartete.
So unbekümmert wie er aussah schmerzte es sie fast, dass ausgerechnet die lebendigste Seele die sie je getroffen hatte, so bald und so jung sterben musste. Doch nicht einmal dieses winzige Gefühl könnte sie davon abbringen sich an Solon zu rächen, schwor sich Briella.
"Hey, hörst du mir überhaupt zu?", fragte sie Chad gerade und sie blickte auf.
"Oh, entschuldige, ich war kurz in Gedanken!", entschuldigte sie sich und holte ihre Geldbörse aus ihrer Tasche, da die Kellnerin auf ihren Tisch zusteuerte.
"Lass nur, du bist eingeladen!" Chad hob die Brieftasche zum Beweis in die Höhe und bezahlte schließlich. Briella legte ihre wieder zurück in die Tasche. Sie blickte aus dem Fenster und sah, dass schon über eine Stunde vergangen sein musste.
Auch er schien das bemerkt zu haben.
"Komm, wenn wir jetzt nicht gehen werden wir mit unserer Besichtigungstour heute nicht mehr fertig, bevor es dunkel wird." Er nahm seine Jacke und streifte sie über, obwohl es im Cafe ziemlich heiß war. Briella folgte ihm aus dem Cafe und bemerkte, dass ein kalter Wind aufgezogen war, der sie fröstlen ließ. "Ich bin noch nicht einmal lange hier, und schon stellen sich meine Sinne um. Normalerweise müsste mir das Klima warm vorkommen!", dachte sich Briella und blickte besorgt auf ihre Arme, auf denen sich eine leichte Gänsehaut gebildet hatte.
"Du frierst ja!", stellte Chad fest und reichte ihr seine Jacke.
"Du wirst dich an diesen Wind gewöhnen. Im einen Moment ist es kalt, gleich darauf wieder warm. Geh auf jeden Fall nur mit Jacke aus dem Haus! Hier!"
Briella schwor sich seinen Rat anzunehmen, lehnte sein Jacke jedoch dankend ab. Schulterzuckend nahm er sie einfach wieder entgegen und zog sie wieder an.
"Wo willst du anfangen? Für den heutigen Tag wird sich nur unsere kleine Einkaufsstraße, die Bibliothek, das Jugendzentrum und der Park ausgehen.
Die Bars kommen dann morgen wenn du möchtest. Also, wo fangen wir an?" Erwartungsvoll blickte er sie an.
Als sie kurz überlegte und sich nicht entscheiden konnte sagte er einfach: "Die Einkaufsstraße, eine sehr gute Wahl. Folgen sie mir!" Briella lachte kurz als er sich vor ihr verbeugte und in Richtung Stadtzentrum deutete.

Sie gingen eine Weile an zweistöckigen, alten Häusern vorbei, die alle ungefähr gleich aussahen. Er erzählte ihr einige Details über die Stadt.
Wann und von wem sie erbaut wurde, über verschiedene Seuchen die die Stadt fast zerstört hätten, und so weiter und so fort.
Bis sie schließlich einen Marktplatz erreichten.
In der Mitte stand ein großer Brunnen, auf dessen Rand ein paar Leute saßen. Rund herum sah Briella viele kleine Bars und Cafes. Vom Hauptplatz führten drei Straßen weg. Eine führte aus dem Zentrum, von wo Briella und Chad gekommen waren, die zweite führte zu einer kleinen Kirche.
"Gehen wir da auch hin?", fragte Briella Chad und deutete den Hügel hinauf.
"Nicht heute!", antwortete er einfach und ging in Richtung der dritten Straße. Der gepflasterte Platz war eine Fußgängerzone, ebenso wie der Weg zur Kirche und die Straße die sie entlanggingen.

Die Straße wurde links und rechts von unzähligen kleinen Geschäften gesäumt.
Briella betrachtete die Läden neugierig und war erstaunt hier so viel zu finden. Es gab Modegeschäfte, Souvenirläden, Bücherhandlungen, Lebensmittelläden,...
Sie blieben vor jedem Schaufenster stehen, Chad lächelte immer nur gedulig wenn sie anhielt.
"Toll solche Läden, nicht?", fragte er mit einem wissenden Lächeln.
Briella ersparte sich die Antwort und ging einfach weiter, vorbei an einem Juwelier, als sie bemerkte, dass Chad vor einer Bücherei stehen geblieben war.
Er winkte sie zu sich und sie betraten den duinklen Raum, in dem der unverkennbare Geruch nach alten, sehr alten Büchern lag.
Es war ein Buchantiquitariat. Keine Bücher zum Ausborgen, sondern nur zum Kaufen, und das zum Teil für sehr hohe Preise.
"Ich hätte gar nicht gar nicht gedacht, dass du ein Typ bist, der freiwillig eine Buchhandlung betritt!", merkte Briella an und Chad lachte nur. Er winkte einem alten Mann zu, der von der Theke hervorkam.
Er hatte dünne, weiße Haare und eine riesige, uralt aussehende Brille.
Er sah eigentlich harmlos aus, doch ein Blick in seine Gedanken genügte Briella um das erstaunlich große Wissen des alten Mannes zu erkennen. Wieder wünschte sie sich eine andere Seele stehlen zu können, zum Beispiel von diesem Mann, doch er hatte noch ein paar Jahre zu leben. Seine Aura strahlte nicht, aber sie war noch immer hell. Im Gegensatz zu Chads Aura, die schon einen Stich dunkler geworden war, wie ihr auffiel.

"Chad, wie geht es dir, Junge? Das Buch ist noch nicht verkauft, du kannst also weiter darin lesen. Wen hast du da mitgebracht?", fragte der Mann und klopfte Chad freundschaftlich auf die Schulter.
"Hi, Grandpa! Das ist Briella, sie ist neu hier. Kannst du ihr die Bücherei zeigen. Ich möchte ein paar Minuten herumblättern, ist das in Ordnung?"
Er wandte sich Briella fragend zu.
Sie nickte und er ließ seinen Großvater und Briella alleine.
"Ich habe momentan sowieso keine Kunden. Inflation. Diese Schätze kann sich im Moment sowieso keiner leisten!", seufzte Chads Großvater. "Du bist Briella, hm? Du kannst mich Johan nennen. Chad hat noch nie eine Freundin, nicht einmal einen Freund hierher mitgebracht. Er muss dich wohl sehr schätzen! Komm mit!" Er ging einfach los ohne weiter auf das Thema einzugehen, doch Briella fühlte sich durch seine Worte geschmeichelt, was sie jedoch sofort bereute.
Sie folgte Johan durch eine Tür in einen anliegenden Saal. Er war vollgestopft mit Büchern. Die Regale, die mehrere Meter bis zur Decke hinaufragten waren bis zum letzten Platz besetzt, in der Mitte des Raumes standen alte, jedoch teuer aussehende Möbel die perfekt in den düsteren Raum zu passen schienen.
Staundend blickte sich Briella um. Alle Bücher waren alt und wertvoll, es musste Jahrhunderte gedauert haben diese ganzen Sammlerstücke zu bekommen. Als hätte Johan ihre Gedanken erraten begann er zu erzählen:
"Der UrUrgroßvaters meines Urgroßvaters begann mit einem kleinen Buchladen, bis er schließlich besonders alte Bücher sammelte.Die meisten sind noch heute hier. Sie wurden von Generation zu Generation weitergegeben und immer mehr, und das ist die Sammlung heute.
Aber das Beeindruckendste ist hinter dieser Tür. Geh ruhig, Chad ist auch da drinnen. Seit er ein Kind war hat ihn das eine Buch immer fasziniert. Er dachte sogar einmal, dass es von den Geschichtsfiguren selbst geschrieben worden war. Schließt ab wenn ihr den Raum wieder verlasst!" Briella bedankte sich schnell bevor der alte Mann wieder zurück in den Laden ging.
Leise öffnete sie die Tür und betrat einen Raum, der wie ein altes Wohnzimmer eingerichtet war. Er war heller als der vorige Raum und die Möbelstücke sahen noch wertvoller aus. In der Mitte des Raumes stand eine Glasvitrine die geöffnet und leer war.
Das Buch, dessen eigentlicher Platz die Vitrine war, lag vor Chad auf einen großen Tisch. Er schien völlig fasziniert von diesem extrem dicken Buch. Er blätterte vorsichtig eine Seite um. Sein Gesicht sah tatsächlich ernst aus, keine Spur eines neckischen Lächelns zu sehen, seine Gesichtszüge waren angespannt und man konnte förmlich sehen, wie angestrengt er nachdachte.
Briella schlich sich näher heran und blickte ihm über die Schulter. Das Buch hatte einen harten schwarzen Einband. Die Schrift war in einer wunderschönen, kunstvollen Handschrift gehalten und Briella fand, dass jeder Buchstabe ein Kunstwerk war.
"Wie heißt das Buch?", fragte sie flüsternd, doch trotzdem schrak Chad hoch und sie konnte seinen rasenden Herzschlag hören.
"Mann, hast du mich erschreckt! Setz dich her. Das ist mein Lieblingsbuch, das musst du dir ansehen!" Er rutschte ein Stück zur Seite und Briella ließ sich neben ihm auf die Couch fallen. Sie klappte das Buch zu um einen Blick auf den Titel zu werfen:
"Schwarzes Himmelreich"
Ein weiterer Versuch das Dasein des Menschen zu erklären.
"Wer hat das Buch geschrieben?", fragte sie Chad, der nur mit den Schultern zuckte.
"Ich habe bisher noch keinen Hinweis, geschweige denn einen Namen entdeckt.
Das werden wir wohl niemals erfahren!"
Er seufzte und schloss das Buch vorsichtig.
"Wir sollten wohl weitergehen! Es gibt noch viel zu sehen!" Er legte das Buch behutsam in die Vitrine zurück.
"Wir können auch noch hierbleiben wenn..."
Chad unterbrach Briella einfach:
"Schon in Ordnung. Wir können ja wieder einmal herschauen. Das Buch ist ein Vermögen wert, so schnell wird mein Grandpa das Ding sicher nicht los!"
Er schloss den Raum ab und brachte den Schlüssel zu Johan. Danach verabschiedeten die beiden sich.
"Was, gar kein Kaffee oder Tee?", fragte Johan überrascht. "Morgen komme ich vorbei!", versprach Chad und machte sich mit Briella auf den Weg ins Jugendzentrum.

Ihr Besuch dort war ziemlich lang.
Chad stellte sie allen möglichen Leuten vor und führte sie durch das gesamte Gebäude.
Er war der momentane Leiter des Jugendverbandes und so gut wie bei jedem beliebt.
Alls Leute zwischen 14 und 25 Jahren kannten ihn und wollten etwas von ihm wissen. Wie es ihm geht, ob er Zeit hääte um zu einer Party zu kommen usw.
Es war mühsam, doch Briella hatte ihre Freude daran, da sie Chads Art mochte wie er mit den anderen Leuten umging.
Selbst die peinlichsten Kommentare nahm er einfach lächelnd entgegen und erwiderte etwas, dass dem anderen aus seiner peinlichen Lage befreite.
Für einen Moment stellte Briella fest, dass er wesentlich besser mit Menschen umgehen konnte, als sie mit irgendjemanden. Sie war zu ungeduldig und beherrschend. Bevor sie noch länger darüber nachdenken konnte, schob Chad sie vor sich her zu einer größeren Gruppe, die neben einem Billardtisch standen. Ein paar sahen den Spielenden zu, die anderen standen einfach nur da und lachten über einen Witz, den nicht einmal Briella als göttliches Wesen verstand.

"Hey, Leute! Ihr kennt sie ja schon! Das ist Briella!
Briella, dass ist sozusagen unsere Clique. Boddie, Rob, Sina und Cel. Sie gehen auch in unsere Schule, nur eine andere Klasse, jedoch unser Jahrgang!"
Die beiden Jungs betrachteten sie neugierig und die Mädchen schüttelten ihr die Hand.
"Willst du einen Schluck?", fragte Rob, doch sie lehnte sein Angebot dankend ab.
"Gehört sie jetzt auch zu uns?", fragte Cel, ihr richtiger Name war Celestine.
Chad nickte und nahm von Boddie eine Bierflasche entgegen.
"Wer will mit ihr das Einweihungsspiel spielen?", fragte Sina mit einer geheimnissvollen Stimme.
Die beiden Jungs meldeten sich sofort, doch schließlich konnte Rob sich durchsetzen.
"Was ist das Einweihungsspiel?", fragte Briella neugierig.
"Nur ein Billardspiel. Tja, du wirst es verlieren, Rob ist der beste von uns. Ich konnte ihn bisher glaube ich erst drei Mal schlagen, frustrierend sage ich dir. Aber mach dir nachher nichts draus!"
"Was um alles in der Welt ist Billard?", fragte Briella erstaunt.
"Was? Du hast noch nie etwas von Billard gehört? Wo bist du aufgewachsen?", fragte Rob entsetzt.
Sina zog sie schnell von ihm weg und erklärte Briella das Spiel.
Diese nickte kurz und ging dann zurück zum Tisch.

"Ich will nicht mehr, ich spiele doch nicht gegen Anfänger!", jammerte Rob doch Chad strafte ihn mit einem harten Blick.
"Na gut, du hast ja recht. Man sollte Anfänger immer motivieren!", sagte er und überließ Briella den ersten Stoß.


"Wahnsinn!", rief Sina und knallte ihre Bierflasche gegen Briellas.
"Und du hast echt noch nie gespielt?", fragte Boddie mit bewundernder Stimme.
"Nein, Leute, ich schwöre es!", lachte Briella und sah sich suchend um.
"Wo ist Rob?", erkundigte sie sich.
Cel deutete zu den Toiletten hinüber und imitierte einen sich übergebenden Menschen.
Nachdem Briella das Spiel gewonnen hat, trank Rob zu viel Alkohol.
Es war in der Zwischenzeit schon spät geworden.
Draußen war es bereits dunkel und es waren nur noch wenige Leute im Club.
"Na, El, wie hat es dir gefallen? Kommst du morgen wieder vorbei?", fragte Sina, schon sichtlich betrunken.
Die letzten Stunden hatten sie mit dem Feiern von Briellas Sieg verbracht, bis sogar Briella zu einer Bierflasche gegriffen hatte.
"Klar, aber ich gehe jetzt besser. Es ist schon spät und ich muss noch nach Hause fahren!", entschuldigte sie sich und verabschiedete sich von der Gruppe.
"Richtet Rob von mir einen schönen Gruß aus, und sagt ihm, dass ich ihn das nächste Mal gewinnen lasse!" Cel und Sina drückten sie kurz an sich und Rob klopfte ihr freundschaftlich auf die Schulter.
"WHOO!", erschrak Briella als sie leicht torkelte. Ihr Kopf dröhnte. Wie viel Flaschen hatte sie getrunken? Drei, vier,...?
Sie konnte sich nicht mehr erinnern.
Auf jeden Fall hatten alle ne Menge getrunken.
"Warte, du willst doch so nicht Auto fahren!"

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 27.10.2010

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