»Sie flirten ja schon wieder mit mir, Herr Professor«, war Theresas Antwort auf Peters Kompliment, als er vor ihrer Haustür stand. Sie blinzelte ihm neckisch zu und bat ihn herein.
Diese Frau war wirklich unmöglich, ständig brachte sie ihn aus der Fassung. Er hatte das Gefühl, dass sie es auch noch genoss.
Tatsächlich hatte sie sich das Ziel gesetzt, seine undurchdringliche Fassade bei jeder Gelegenheit, die sich ihr bot, zu durchbrechen. Mit einer gewissen Befriedigung bemerkte sie, dass es ihr auch oftmals gelang. Theresa musste zugeben, sie hatte sich in diesen äußerst intelligenten Mann verknallt. Ihre Gedanken verirrten sich häufig zu ihm, oft während des Unterrichts, was ihr sehr unangenehm war. Es wurde langsam lästig, sich ständig Aufgaben ausdenken zu müssen, die sie als Ausrede vortrug, wenn der Professor sie wieder einmal beim Träumen ertappt hatte.
Das verschaffte ihm wiederum eine gewisse Befriedigung. Es war zu einem Spiel zwischen ihnen geworden.
So eine Träumerei kannte sie überhaupt nicht von sich. Normalerweise verfolgte sie geradlinig ein Ziel, und sie ließ sich durch nichts, schon gar nicht durch Männer, von einem eingeschlagenen Kurs abbringen. Aber dieser Mann reizte sie einfach, denn er war anders. Niemals zuvor hatte sie so einen außergewöhnlichen Menschen kennengelernt. Sicher, er war ein Arsch, wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen ging. Trotzdem hatte sie sich in seine Außergewöhnlichkeit, in seinen rational akademisch geschulten Verstand, der einfach nur brillant war, verliebt.
Die Mühe, die es mit sich brachte, um viele freundschaftliche Beziehungen aufrechtzuerhalten, sparte er sich für die Physik auf. Hier offenbarte er seinen Studenten eine Leidenschaft, die jeden von ihnen mitriss. Wirkte er sonst auch emotionslos, so dass ein Außenstehender denken mochte, dass er immer so wäre. War er doch ganz anders, wenn er sich für ein Thema erwärmte, dann kam ein ganz anderer Mann zum Vorschein, den Theresa einfach lieben musste.
Das erste Semester bei ihm war wie im Fluge vergangen, und er hatte sie immer noch nicht zum Kaffee eingeladen. Theresa war langsam echt ungeduldig geworden.
Aber dann, letzte Woche, hatte Peter es doch getan, die Einladung war endlich gekommen. Zwar nicht zu einem Kaffee, sondern zu der kleinen Feier am heutigen Abend, zu der ihr Patenonkel, der Dekan der Universität, die Belegschaft eingeladen hatte, aber immerhin war es ein Anfang. Auch wenn sie wieder nicht für sich allein sein würden. Der Fakultätsbereich Physik der Berliner Universität war vom Land für seine Forschungsarbeit ausgezeichnet worden, und das sollte gebührend gefeiert werden.
Nun stand Peter hier vor ihr und wusste nichts auf ihre Bemerkung zu erwidern. Er hatte nur eine logische Bemerkung über ihre Erscheinung gemacht, die er ausgesprochen reizend fand. Es als Flirt zu bezeichnen, fand er, war etwas übertrieben.
Die junge Frau griff nach ihrem langen eleganten Mantel. Sofort nahm er ihn ihr ab, um ihn ganz gentlemanlike um ihre Schultern zu legen. Dabei strichen seine Finger sanft über diese. Ein wohliger Schauer lief ihr den Rücken hinab.
Der ältere Mann hatte lange mit sich gehadert, eine so viel jüngere Frau einzuladen. Aber Theresa hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass sie es gar nicht abwegig fand, wenn sie miteinander ausgehen würden. So hatte Peter sich letzte Woche ein Herz gefasst und sie gebeten, ihn zu begleiten, und sie hatte dankend angenommen.
Schon als er Theresa in der ersten Vorlesung kennengelernt hatte, hatte er sich dabei ertappt, wie er ihre Konversation genoss und sich darüber im Geheimen amüsierte. Ab diesem Tage an musste Peter ständig aufpassen, was er von sich gab, denn ihre Kommentare waren überaus intelligent und meist sehr sarkastisch. Darauf zu reagieren und zu kontern, erforderte ein hohes Maß an Konzentration und Schlagfertigkeit. So drifteten ihre Gespräche niemals in Oberflächlichkeiten ab. Manchmal ertappte er sich dabei, dass seine Gedanken zu einem Gespräch, das sie geführt hatten, wieder zurückgingen, statt den weniger intelligenten Vorträgen seiner Studenten zu lauschen. Dann lächelte er selig vor sich hin. Es war ein so ungewohntes Gefühl, dass er mit einer Hand über seinen Mund fuhr, um sich zu vergewissern, dass es kein Schlaganfall war, der seine Mundwinkel verzerrte.
Peter hielt Theresa die Autotür mit den Worten auf: »Sind Sie bereit für die verstaubte Gesellschaft der Gelehrten?«
»Was kann es schöneres für eine junge Frau geben, als mit mittelalten bis sehr alten und ein paar jüngeren Männern, die aber eher die Ausnahme sind, über Physik zu reden?«
»Well… ich kann mir nichts Interessanteres vorstellen.«
Jetzt war er aber doch interessiert. »Zu welcher Spezies zählen Sie mich, Miss Winter?«
»Das werde ich Ihnen noch früh genug mitteilen, Herr Professor.«
Er strich sich mit seinen langen Fingern durch sein volles, mehr grau als braunes Haar und grinste sie verwegen an. Sie schlenderten gerade die lange Auffahrt zu dem Haus des Dekans entlang, als sie ihn strahlend anlächelte.
Der Wissenschaftler war nie ein großer Sportler gewesen, aber er tanzte für sein Leben gern. Diana und Melissa hatten seine Liebe zu diesem Sport ganz und gar nicht geteilt. Ihm zu Liebe hatten sie es trotzdem getan, und er hatte sie auch immer ganz passabel über die Tanzfläche geführt, aber richtig harmonisiert hatten sie nicht mit ihm. Seit einer Ewigkeit schon hatte er nicht mehr getanzt. Nun stand Theresa vor ihm mit ihrem bezaubernden, schwarzen Kleid und diesem pfiffig geschwungenen Rock daran.
Sie strahlte ihn mit einem offenen Lächeln an und forderte ihn zum Tanzen auf: »Ich möchte jetzt herausfinden, zu welcher Spezies Sie gehören, Herr Professor.«
Mit hochgezogenen Augenbrauen antwortete er: »Ist das so eine gute Idee? Ich könnte vor Anstrengung ohnmächtig werden. Schließlich ist es offensichtlich, dass ich nicht zur letzteren gehöre.«
Wie es seine Art war, viel mit Gesten auszudrücken, wanderten seine Hände von seinen Füßen zu seinem Kopf, um dann auf seinem, vom Alter gezeichneten, markanten Gesicht ruhen zu bleiben. In den letzten Monaten war er immer lockerer und schlagfertiger in ihrer Gegenwart geworden.
Sie imitierte ihn und zog auch ihre Augenbrauen hoch. Das tat sie gerne. Sie sagte ihm ehrlich ins Gesicht, dass es so herrlich arrogant bei ihm wirkte.
Er fing an zu schmunzeln, das tat er oft, wenn sie etwas Witziges tat oder sagte. Sie liebte es, ihm ein leises amüsiertes Lächeln zu entlocken.
»Das werde ich in Kauf nehmen. Ich versichere Ihnen, wenn es hart auf hart kommt, sind Sie bei mir in den besten Händen. Ich bin eine ausgezeichnete Ersthelferin, müssen Sie wissen. Meine Mund-zu-Mund Beatmung hat es in sich, auf die können Sie sich freuen, Herr Professor.«
Aus seinem Schmunzeln wurde nun ein herzhaftes Lachen. Sie brachte ihn gerne zum Lächeln. Wenn sie aber mit ihrer nächsten Bemerkung noch eins draufsetzte, und er dann laut auflachte, wie er es jetzt gerade tat, dann war sie glücklich und zufrieden, dass sie das erreicht hatte. Liebevoll schaute sie ihn an.
»Diese Aussicht ist sehr reizvoll, da kann ich wohl schlecht nein sagen, Miss Winter«, gab er unter Lachen von sich.
Er reichte ihr die Hand und lächelte sie unternehmungslustig an. In diesem Moment wechselte das Lied. Aus den Lautsprechern erschollen die Anfangstöne eines Liebesliedes, „Thinking out loud“ von Ed Sheeran. Sie schauten sich entsetzt an. War das nicht das Video, in dem der Sänger einen sehr aufreizenden Tanz mit einer sexy Tänzerin aufs Parkett legte? Sie schüttelten gleichzeitig den Kopf und fingen an zu lachen.
Sie protestierte: »Oh nein, ich werde jetzt hier sicherlich nicht so eine Tanzeinlage hinlegen.« Obwohl sie durchaus dazu in der Lage war. Vor dem Tod ihrer Eltern hatte sie auf Leistung getanzt und sogar erfolgreich an Wettkämpfen teilgenommen. Aber das war in einem anderen Leben gewesen.
Nun, in diesem Leben schmiegte sie sich in Peters Arme, und er führte sie in einem Slowfox über das Parkett des Wohnzimmers, das zu einer Tanzfläche umfunktioniert worden war. Sie dachten gar nicht über die Wahl des Tanzes nach, aber der Slowfox gehörte zu den technisch anspruchsvollsten Varianten des Foxtrotts. Peter meisterte die komplizierten Tanzschritte mit einer Leichtigkeit, um die ihn die anderen Tänzer auf der Tanzfläche beneideten.
Theresa fand ihren Tanzpartner heute sehr sexy in seinem eleganten, schwarzen Anzug. Dass er jetzt auch noch als Tänzer so eine gute Figur abgab, törnte sie noch mehr an. Sie harmonierten wunderbar miteinander und schwebten förmlich über das Tanzparkett. Die junge Frau hatte sich heute besonders schick für ihn gemacht, ohne sich zu sehr aufzudonnern. Ein dezentes Abend Make-up unterstrich ihre natürliche Schönheit, und sie trug ihre langen, rotbraunen Haare lockig und offen über den Rücken.
Die Frauen der Professoren und Doktoren beobachteten jede von Peters geschmeidigen Bewegungen, und die Männer verschlangen Theresa förmlich mit ihren Blicken. Davon bekamen die beiden jedoch nichts mit. Sie fühlte sich wie auf einer Wolke in seinen Armen. Erstaunt blickte sie ihn mit großen Augen an und konnte ihren Blick nicht mehr von seinen hellen, in diesem Licht eher graublauen, sonst so kalten Augen, abwenden, die sie nun aber sanft ansahen. So wie er seinen nicht von ihrem Blick abwenden konnte.
Peter hatte sich lange schon nicht mehr so gefühlt. Eigentlich sollte er das, was sich gerade zwischen ihnen hier abspielte, sofort unterbinden, bevor es richtig ernst werden würde. Sie war schließlich viel zu jung für ihn. Dann dachte er sich, dass konnte er immer noch tun, später. Jetzt wollte er erst einmal den Abend mit seiner schönen, bezaubernden, „ja, auch so viel jüngeren“, Begleiterin genießen.
Sie tanzten vom Foxtrott bis hin zum Walzer alles durch. Bald schon bildete sich ein Kreis von Zuschauern um sie, den sie aber gar nicht bemerkten, so versunken waren sie in ihrer eigenen Welt. Als die Musik abbrach, hoben sie nur zögerlich ihre Köpfe. Erst als sie Applaus bekamen, bemerkten sie ihre Zuschauer. Theresa wurde rot, und Peter fand es einfach hinreißend.
»Gut, der alte Mann braucht eine Pause, sonst fällt er um.«
»Das war meine Absicht, ich habe dir doch eine Mund-zu-Mund Beatmung versprochen. Jetzt musst du leider darauf verzichten. Schade für dich, alter Mann.« Sie zuckte mit den nackten Schultern.
Da zog der alte Mann sie raus aus dem Wohnzimmer, hinaus in den Flur und drückte sie dort mit sanftem Druck an die Wand. Er hielt sie eine Armeslänge auf Abstand, aber sein Gesicht kam immer näher. Bis zu einem gewissen Punkt, dann wartete er ab. Sie musste ihm nun entgegen kommen, und das tat sie auch.
Peter zog sie näher zu sich. »Küss mich«, flüsterte er sanft.
Kurz vor seinen außergewöhnlich geschwungenen Lippen, die Theresa vom ersten Moment an dazu eingeladen hatten, sie zu küssen, hielt die sinnliche Frau inne.
»Bist du dir sicher? Denn ein Kuss, der von ganzem Herzen kommt, ist so viel intimer als zwei nackte Körper, die sich aneinander reiben. Er offenbart mir dein Innerstes.« Ihr Mund kam ganz dicht an seinen, beim Sprechen streichelten ihre Lippen hauchzart die seinen. Ihre Worte brachten sein Blut zum Kochen. »Ein Kuss sagt nicht nur: Ich will dich. Ein Kuss ist ein Versprechen: Ich ergebe mich dir mit Haut und Haaren.« Ganz sanft fuhr ihre Zunge über seine Oberlippe und reizte ihn damit bis zum Äußersten.
Peter konnte sich nicht rühren, keinen Ton gab er von sich. Obwohl er sich nicht bewegte, bemerkte Theresa seine Vorfreude auf das, was kommen würde. Er konnte sich kaum noch beherrschen, wollte ihre Lippen endlich ganz fühlen, mit ihrer Zunge spielen, ihr zeigen, was es hieß, mit ganzer Seele zu küssen. Doch er wollte unbedingt, ihr die Entscheidung überlassen. Und sie entschied sich.
Er schloss in Erwartung ihrer vollen Lippen ganz langsam seine Augen. Endlich spürte er ihren Mund, zart wie Schmetterlingsflügel, auf seinem, spürte ihn mit all seinen Sinnen. Aber er rührte sich noch immer nicht.
Stattdessen genoss er Theresas Lippen, wie er alles in seinem Leben genoss: Peter aß gutes Essen nicht einfach oder trank nicht einfach nur einen guten Wein. Jeden Bissen und jeden Schluck machte er zu einem Fest, wie auch jetzt den Kuss dieser schönen, jungen Frau. Er hatte nicht viele Laster, gut gewürzte Hausmannskost, die vor Aroma im Mund explodierte, auf dessen Zubereitung er sich so gut verstand. Dazu einen fabelhaften Wein, der die Speise abrundete. Darauf konnte er bisher nicht verzichten.
Als Theresa ihn das erste Mal bei einem Essen beobachtet hatte, war sie ganz in seinem Anblick versunken. Noch niemals hatte sie jemanden so hingebungsvoll essen sehen. Er schloss doch tatsächlich dabei seine Augen, um mit absoluter Wonne einen Bissen zu nehmen und ihn andachtsvoll hinunter zu schlucken. Seine Freude über diese weltlichen, doch so profanen Dinge, standen in einem krassen Gegensatz zu seiner sonst so nüchternen Art.
Bei ihrem Kuss konnte Theresa nicht die Augen von ihm abwenden, denn diesmal war sie es, die in ihm diese absolute Ekstase auslöste. Doch auch sie verlor sich in diesem Gefühl, und nun endlich presste sie ihre Lippen fester auf seinen Mund, fordernd und lockend. Sie schmiegte sich eng an seinen Körper, der so deutlich auf den ihren reagierte.
Jetzt konnte er sich nicht mehr zurückhalten. Erst zögerlich zwar, aber als er den Druck ihrer weichen Lippen spürte und ihre sanfte Zunge, die ihm entgegenkam, wurde er leidenschaftlicher. Peter umschloss sie mit seinen langen Armen noch fester. Er hatte ja keine Ahnung gehabt, dass er zu so einer Leidenschaft fähig war. Aber diese junge Frau erweckte etwas in ihm, dass er sie auf der Stelle nehmen wollte. Sie erwiderte den Kuss nicht minder leidenschaftlich.
Die Rede von Edward Barnes, der die Musik hatte unterbrechen lassen, bekamen sie nicht mit.
Als Peter Atem holen musste, fragte er sie erstaunt: »Was tust du nur mit mir, Liebes? Ich bin doch kein junger Mann mehr.«
»Nein, du bist ein Mann in den besten Jahren. So, jetzt weißt du, welcher Spezies ich dich von dem Augenblick an, als ich dich das erste Mal sah, zugeordnet habe.«
Plötzlich wurde er sehr ernst, traurig schaute er sie an. »Wir können nicht zusammen sein.«
»Warum nicht?«, fragte sie ihn herausfordernd. »Weil der Altersunterschied zu groß ist?«
Er nickte.
»Bullshit!«
»Bullshit?«
»Genau… absoluter Bullshit!«
»Ist es auch Bullshit, dass ich mein Leben schon gelebt habe? Ich habe bereits so viel erlebt und so viel erreicht, während du dein Leben und deine Erfolge noch vor dir hast.«
»Ich habe einiges erlebt, das reicht mir für ein ganzes Leben.« Immer noch trotzig sah sie ihn an, nicht sonderlich erwachsen.
Fast schon verzweifelt setzte er nach: »Wir können nicht zusammen alt werden.«
»Ah ha, daher weht also der Wind.« Dann wurde ihre Stimme zärtlich: »Ich möchte mit dir meine besten Jahre verbringen. Das genügt mir für ein erfülltes Leben voll und ganz. Du gibst mir tausend Mal mehr, als irgendein jüngerer Mann mir je geben könnte. Ich kann mit niemandem mehr eine Unterhaltung führen, ohne dass ich nicht in Gedanken gleichzeitig diese auch mit dir führe. Immer frage ich mich, was würde Peter jetzt hierzu sagen. Alles ist so oberflächlich und farblos ohne dich.«
»Was ist mit Ben Miller? Ist er auch oberflächlich und farblos?«
»Oh, farblos ist er sicherlich nicht. Er hat eine wunderschöne, sexy Farbe.« Anzüglich grinste sie ihn an.
Peter zeigte seine wütende Stirn und starrte sie mit seinen leidenden Augen an, und sein Blick sagte „Spiel nicht mit mir!“
Sie riss sich zusammen und wurde wieder sehr ernst. Zärtlich fuhr sie ihm mit ihren Fingerspitzen über die Stirn, die sich augenblicklich glättete. »Nein, er ist weder farblos noch oberflächlich, aber er kann niemals du sein. Niemand kann das. Du bist der außergewöhnlichste Mann, dem ich je begegnet bin.«
Er wurde nachdenklich. »Ich gebe uns höchstens zwei Jahre, bist du mein altes Gesicht satthast, und bist du merkst, dass man mit diesem alten Sack nichts mehr anfangen kann.«
»Zwei Jahre? Zwei wundervolle Jahre?« Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und zog es zu sich herunter, dann lehnte sie ihre Stirn an seine. »Das wäre großartig! Lass sie uns genießen und schauen, was dann kommt.«
Sie sah zu ihm auf und strahlte ihn an. Sie versprach ihm nicht, dass sie ewig bei ihm bleiben würde, denn sie konnte nicht in die Zukunft sehen und wusste nicht, was auf sie beide zukam. Sie war immer ehrlich zu sich selbst und zu ihren Mitmenschen. Nein, sie wäre dankbar für zwei wundervolle Jahre mit diesem außergewöhnlichen Mann. Sie wäre dankbar für die Zeit, auch wenn sie noch so kurz war, die ihr niemand würde nehmen können.
»Wir waren sensationell heute da draußen. Ich möchte wieder in meinen alten Tanzverein eintreten. Zu lange schon habe ich mich nicht mehr so frei gefühlt wie diese eine Stunde auf der Tanzfläche. Ich glaube, ich habe den richtigen Partner gefunden. Was meinst du?«
Als Antwort zog er sie in seine Arme, küsste sie zärtlich auf den Mund und führte sie wieder in das Wohnzimmer. Das Timing war perfekt, denn Edward sagte gerade ihrer beider Namen und zeigte auf das Paar. Sie hatten zwar nicht mitbekommen, um was es ging, aber artig deuteten sie eine Verbeugung an und ließen den Applaus über sich ergehen. Dann war endlich die Rede vorbei, und sie konnten wieder tanzen. Und sie tanzten den ganzen Abend nach der Musik von Cossip`s „Move in the right direction“, was Theresa sehr passend erschien, dann noch einen langsameren Foxtrott nach Pinks „Try“ und einen sehr langsamen Slow Foxtrott wieder nach Ed Sheeran, diesmal im Duo mit James Blunt, die den Song „Sacrifice" von Elton John in einer sehr schönen Version interpretierten. Und sie tanzten mit Hingabe nach vielen anderen Liedern. Die Musik entsprach durchweg Theresas Geschmack, und die junge Frau stellte fest, dass Peter diesen teilte. Die anderen Gäste trauten sich neben das Paar gar nicht mehr auf die Tanzfläche. Und als die beiden zum Abschluss noch einen engumschlungenen Tanz nach "You're Beautiful" von James Blunt hinlegten und sich dabei sehnsuchtsvoll in die Augen schauten, dachten sich einige von ihnen, dass sie sich besser ein Zimmer nehmen sollten.
Es war ein herrlicher Abend gewesen, und er war noch nicht zu Ende. Zufrieden gingen Theresa und Peter den kurzen Weg von der Straße zu ihrem Haus hinauf. Dabei hielt er ihre Hand festumklammert. Sie schloss die Tür auf und drehte sich zu ihm um. Gerade wollte er sich zu ihr hinunterbeugen, um sie zum Abschied zu küssen, da packte sie ihn am Kragen und zog ihn mit sich ins Haus, dabei küsste sie ihn hemmungslos. Sie konnte gar nicht schnell genug seinen Mantel ausziehen, kurz danach fiel sein Jacket zu Boden. Als er jedoch mit den Lippen zu ihrem zarten Hals wanderte, stöhnte sie auf und ließ sich in seine Arme sinken. Ihr Mantel folgte seinem. Er zog den Reißverschluss ihres Kleides auf, und es glitt zu Boden. Dann streichelte er mit den Fingerspitzen ihre samtweiche Haut den Rücken hinab. Sein Blick folgte jeder Windung und jeder Erhebung ihres wundervollen Körpers. Sie fing an, mit zittrigen Fingern die Knöpfe seines Hemdes zu öffnen, schon fiel auch dieses Kleidungsstück zu Boden. Ihre Hände glitten über seine Brust, und nun war es an ihm, aufzustöhnen. Sie sah zu ihm auf und lächelte ihn an. Dann nahm sie seine Hand und zog ihn mit sich in ihr Schlafzimmer.
Nichts war mehr, wie es vorher gewesen war. Seit Theresa in sein Leben getreten war, hatte sie es völlig auf den Kopf gestellt. Nun lag Peter in ihrem Bett und beobachtete sie beim Schlafen. Was sollte er tun? Sollte er sich davonschleichen und diese Nacht vergessen? Es war eine großartige Nacht gewesen. Nein, sie war sensationell. Niemals hätte er geglaubt, so etwas noch einmal in seinem Leben zu erleben. Aber so unglaublich es war, es war doch geschehen.
Sie konnten es noch nicht einmal dem Alkohol zuschreiben, denn sie waren beide nüchtern gewesen. Durch das viele Tanzen, das aufregendste Tanzen, das er jemals erlebt hatte, waren sie gar nicht zum Trinken gekommen. Es war eine absolut bezaubernde Nacht gewesen.
Ihm kam die Songzeile „I Could Have Danced All Night“, die Audrey Hepburn in dem Musical „My Fair Lady“ gesungen hatte, in den Sinn. Und tatsächlich traf das auf die gestrige Nacht zu, er hätte noch ewig so weiter tanzen können. Dann musste er grinsen, denn das, was nach dem Tanz passiert war, war noch zauberhafter gewesen. Ihm fielen immer mehr kitschige Adjektive für die gestrige Nacht ein, die er von Herzen auch so empfand.
Theresa schlug die Augen auf und bemerkte seinen Blick. Zaghaft lächelte er sie an, und sie lächelte herzlich zurück. Dann streckte sie sich und die Decke verrutschte und gab ihren formvollendeten Busen frei. Er konnte nicht anders und zog sie zu sich. Zärtlich küsste er sie, ohne jegliches Zögern gab sie sich ihm hin.
Nachdem sie sich geliebt hatten, schmiegte sie sich an ihn und sang leise in ihrer eigenen Interpretation vor sich hin: »Ich hab getanzt heut Nacht, die ganze Nacht heut Nacht«.
Keck schaute sie ihn an. »Und noch mehr. Es war die schönste Nacht meines Lebens, Schatz. Und… ich bin froh, dass du noch unter den Lebenden weilst.«
Er lachte laut auf. »Das, Miss Winter, habe ich allerdings nicht Ihnen zu verdanken.« Und dann nachdenklich: »Vielleicht bleiben uns ja doch eher fünf Jahre.«
Sie lehnte wieder ihren Kopf an seine Schulter und schmiegte sich an seinen drahtigen Körper. »Nicht an die Zukunft denken, nicht in so einem perfekten Moment.«
Schläfrig räkelte sie sich und gähnte herzhaft, dann schloss sie die Augen und nickte noch einmal ein.
Peter lag nur neben ihr, froh am Leben zu sein. „Diana, ich danke dir.“ Dann schloss auch er noch einmal die Augen.
Als er sie das nächste Mal öffnete, war es schon Mittag, der Platz neben ihm war frei. Es roch nach frischem Kaffee, Peter drehte sich auf den Rücken und grinste.
Theresa stand direkt neben ihm. Jetzt war es an ihr gewesen, ihn im Schlaf zu beobachten. Sie trug einen flauschigen Morgenmantel und betrachtete ihn liebevoll. »Du siehst glücklich aus«, stellte sie zärtlich fest.
»Oh, das bin ich auch. Glücklich und völlig erledigt.«
»Nicht schlappmachen, alter Mann. Ich möchte mit dir heute Möbel einkaufen gehen.«
»What? Für einen Moment habe ich befürchtet, du hättest etwas von „Möbel einkaufen gehen“ gesagt.«
Sie sprach langsam und deutlich, als wäre er schwer von Begriff: »Genau, ich heute mit dir Möbel einkaufen gehen wollen.«
»What?« Er griff nach ihr und zog sie wieder ins Bett. »Ich verstehe leider kein Kauderwelsch.«
»Aber Herr Professor, Sie sind ja unersättlich.«
»Das machen Sie aus mir, Miss Winter.«
Nach einer ganzen Weile saßen sie endlich beim Frühstück. Er genoss seinen Kaffee. »Mmh, dafür, dass du nicht kochen kannst, machst du einen ganz wundervollen Kaffee.«
»Das ist tatsächlich eins der wenigen Dinge, die ich in der Küche kann.«
»Neben deinem ausgezeichneten Omelette.«
Genießerisch steckte er sich eine weitere Gabel voll in den Mund. Er fühlte sich rundherum wohl. Nicht einen Augenblick lang gab es einen unangenehmen Moment zwischen ihnen, seit sie das erste Mal aufgewacht waren. So perfekt wie sie beim Tanzen harmonisiert hatten, harmonisierten sie auch im Bett miteinander.
Es kam ihm seltsam vor, wie zwei so unterschiedliche Menschen, so gut zusammenpassen konnten. War er eher der verschlossene, introvertierte Typ, war sie gegenüber allen Menschen und allen neuen Dingen offen und strahlte eine Herzlichkeit aus, die so gar nicht zu einer Wissenschaftlerin passte. Wenn man hörte, dass sie studierte, dachte man eher an Grundschullehrerin in Deutsch und Religion, aber niemals an Physik. Dieses Fach war geradlinig und strukturiert und ließ keinen Raum für Fantasie.
Aber auch hier belehrte sie ihn eines Besseren, denn nur ihre Vorstellungskraft und die so völlig andere Herangehensweise an die Probleme im Labor, hatte ihnen die Lösungen aufgezeigt. Sie war es gewesen, die ihnen vorgeschlagen hatte, die ungewöhnlichen Behälter, die er aus dem neuen Material konstruiert hatte, stark zu erhitzen. Das Material leitete die Hitze direkt in die Mikrowellen und beschleunigte sie um ein Vielfaches. Nur so konnte die Rakete abheben und gen Decke fliegen. Was er allerdings sah, war nicht die Decke, sondern er sah die Sterne, die bisher unerreichbar, aber jetzt jedoch in seine Reichweite gelangt waren.
Nun schaute er Theresa voller Dankbarkeit an. Als sie seinen Blick bemerkte, fragte sie ihn: »Woran denkst du gerade?«
»Ich danke dir.«
»Oh, bitte schön. Und wofür dankst du mir?«
»Für den Weg zu den Sternen.«
Das meinte er mit Absicht zweideutig, denn letzte Nacht hatte sie ihn metaphorisch zu den Sternen getragen, und wer weiß, vielleicht trug sie ihn bald schon physisch zu einem anderen Sonnensystem.
»Ich durchschaue dich.«
Er schaute sie verständnislos an.
»Du gehst mit mir einkaufen, da helfen dir deine Komplimente auch nicht raus, mein Lieber.«
»Natürlich tue ich nichts lieber als das.«
Jetzt imitierte sie seinen ungläubigen Gesichtsausdruck, wenn er seine Augenbrauen fragend hob, indem sie ihre in die Höhe zog.
Nichts konnte Peter davon abhalten, mit Theresa einen Tag zu verbringen. Doch als sie im fünften Möbelgeschäft waren, zweifelte er an seinem Verstand. Dann erinnerte er sich an letzte Nacht und erduldete die gefühlte tausendste Ansicht eines Sofas. Plötzlich brach sie in verzückte Begeisterungsstürme aus und warf sich auf ein Rundsofa.
»Ist das nicht fabelhaft? Was sagst du hierzu?«
Mittlerweile hätte er zu jedem Sofa ja gesagt, wenn er dadurch der Hölle entkam, sich weitere ansehen zu müssen. Aber tatsächlich gefiel ihm dieses hier auch am besten von allen bisher gesehenen.
Er setzte sich neben sie, sie kam ganz nah zu ihm heran und flüsterte ihm ins Ohr: »Ich freue mich schon darauf, es mit Ihnen einzuweihen, Herr Professor.«
»Aber, Miss Winter…«, zu mehr kam er nicht, da verschloss sie ihm auch schon den Mund mit einem sehr innigen Kuss.
Als sie ihn atemlos zurückließ und aufsprang, klatschte sie in die Hände. »Na, dann können wir uns ja jetzt an das Entertainment Equipment machen.«
Peter stöhnte auf. Er hatte gehofft, sie wären für heute durch.
»Nur nicht schlappmachen, alter Mann. Ich möchte einen riesigen Fernseher und ein Soundsystem wie im Kino.« Und um ihn zu ködern. »Ich möchte doch deine Lieblingsserie mit diesem komischen „Doctor“ mit dem neuesten technischen Schnickschnack sehen. Ich bin schon sehr gespannt darauf.«
»Das ist kein komischer Doctor.« Widerwillig stand er auf und seufzte theatralisch dabei. Aber er konnte nicht widerstehen, denn die britische Serie war eins der wenigen Unterhaltungsprogramme, das er sich im Fernsehen ansah.
Als man ihnen im nächsten Laden, der das benötigte elektronische Schnickschnack anbot, mitteilte, dass es besser sei, wenn jemand vorbeikäme, um sie vor Ort zu beraten, konnte er seine Erleichterung nicht verbergen. Erleichtert nahm sie den Vorschlag an, denn auch sie war mittlerweile echt müde.
Zufrieden lud sie Peter in ein teures, elegantes Restaurant ein. Er war sicherlich nicht arm, aber durch das Professorengehalt würde er niemals reich werden. Natürlich hätte er sehr viel mehr verdienen können, wenn er seinen brillanten Verstand der Industrie zur Verfügung stellen würde. Tatsächlich hatte er es auch für eine kurze Zeit versucht.
Die AFS bezahlte nicht schlecht, aber sie hielten alles geheim, was eigentlich dem Allgemeinwohl hätte zur Verfügung stehen sollen. Auf diese Art und Weise wollte er nicht reich werden. Das war einer der Gründe gewesen, warum er gekündigt hatte. Ihn trieb es an, sein Wissen an jüngere Leute weiterzugeben und gleichzeitig forschen zu können. Junge, brillante Köpfe, wie den der jungen Frau vor ihm, mit zu formen, und ihre Ideen in die richtige Richtung zu lenken, das war sein Ziel.
Als er den Preis im Elektronikgeschäft für den Fernseher sah, den sie sich ausgesucht hatte, dazu das sehr teure Sofa, wurde ihm wieder einmal bewusst, dass sie keine arme Studentin war. Als dann auch noch der Maître d’hôtel, der Theresa mit ihrem Namen begrüßt hatte, sie zum Tisch begleitete, da wurde ihm so richtig klar, dass sie sehr vermögend und auch berühmt sein musste.
»Wie viel Geld verdient ein Model eigentlich?«
»Sehr viel Geld. Wenn man sich denn nach harter Arbeit endlich einen Namen gemacht hat, dann kann man tatsächlich unglaublich viel Geld verdienen. Ich hatte Glück, entdeckt zu werden. Nachdem meine Eltern gestorben waren, war ich am Ende. Ich hatte befürchtet, meine Schwestern zu verlieren und sie in ein Heim geben zu müssen. Da tat sich für mich diese Tür auf, und ich ergriff die Chance.«
Ihre braunen Augen nahmen einen traurigen Ausdruck an. Er ergriff ihre Hand und drückte sie.
Jetzt sagte er etwas, das er vor einem halben Jahr niemals in Erwägung gezogen hätte. Hatte er da noch ihren Model-Job als die leichtere von zwei Lösungen angesehen. »Du hast Großartiges geleistet. Ganz alleine hast du deine kleine Familie mit harter Arbeit ernährt und das in so jungen Jahren. Und dann hast du nebenher auch noch weiter studiert. Selbst ich erblasse vor Ehrfurcht vor dir.« Dann setzte er ernst nach: »Deine Eltern wären stolz auf dich.«
»Danke. Deine Worte bedeuten mir sehr viel, Peter.«
Sie schüttelte ihre Traurigkeit ab, denn vor ihr saß ein brillanter Mann, mit dem sie niemals eine belanglose Unterhaltung führen musste, wie sie es so oft mit ihren früheren Dates hatte tun müssen. Dazu war er noch auf eine intellektuelle Weise sehr sexy, die sie auch jetzt wieder in Erregung versetzte. Was machte dieser Kerl nur mit ihr? Er ließ sie alle guten Vorsätze vergessen. Sie wusste noch nicht, ob das gut war, aber sie würde es herausfinden.
Für morgen stand eine Vorlesung bei Peter auf Theresas Plan.
„Wird es komisch werden?“, fragte sie sich zum wiederholten Male. „Natürlich wird es komisch werden. Wie sollte es das nicht?“, antwortete sie sich zum wiederholten Male.
Da Peter selbst auch noch niemals in so einer Situation gewesen war, es eigentlich auch nie hatte soweit kommen lassen wollte, konnte er ihr keine Antwort auf ihre Frage geben. Sie zog eine Schnute und schmollte, woraufhin er sie küsste.
Er startete einen Versuch, sie zu beruhigen: »Ich werde versuchen, dich so normal wie möglich zu behandeln. So wie ich es bei den anderen Studenten auch mache.«
»Wann hast du uns jemals normal behandelt?« Bei dem Wort normal hatte sie mit ihren Fingern Ausrufungszeichen in die Luft gemalt.
»Wie jetzt? Werdet ihr von den anderen Lehrkräften der Anstalt nicht so behandelt?«
»Neeeeiiin!«
»Warum sagt mir das niemand? Ich werde für euch Beschwerde gegen sie einreichen, wenn sie nicht gut mit euch umgehen.«
»Oh, sie gehen mit uns sehr gut um.«
»Well… da bin ich aber beruhigt.«
Er schnitt weiter seelenruhig das Gemüse, als hätte er ihren Vorwurf gar nicht bemerkt. Oft konnte sie nicht erkennen, ob seine komischen Ansichten wirklich seine Überzeugung waren oder ob er sie auf den Arm nahm.
Seit fünf Tagen war er jeden Tag zu ihr gekommen und hatte bei ihr übernachtet. Sie waren zu einem Paar geworden, und sie war glücklich mit dieser Situation. Doch ihre Beziehung würde am morgigen Tag auf die Probe gestellt werden.
Er bemerkte ihre Nachdenklichkeit. »Möchtest du, dass ich dich mit Samthandschuhen anfasse?«
»Würdest du es denn tun?«
Er dachte nach, dabei zogen sich seine Augenbrauen nachdenklich zusammen. Er sah sie an und lächelte leicht. »Ich glaube, ich würde es tatsächlich tun.«
»Tatsächlich?«
»Ja, für dich mit Freuden.«
Es freute sie, dass er seine Prinzipien ihr zuliebe verraten wollte, aber das wäre dann nicht mehr der Mann, in den sie sich verliebt hatte.
So schüttelte sie ihren Kopf. »Nein, das brauchst du nicht. Bitte nimm keine Rücksicht auf meine Gefühle. Ich glaube, du holst das Beste aus mir heraus, wenn du mich weiterhin quälst.«
»What?« Er schaute sie ungläubig an. »Du meintest doch wohl, wenn ich dich weiterhin fordere oder, Liebes?«
»Mein Schatz, nichts Anderes habe ich gemeint.«
Es klingelte an der Tür. Sie war froh, dem Gespräch entkommen zu können. Vor der Tür stand Ben, den sie heute Abend zum Essen eingeladen hatten.
Nach der Begrüßung hob er die Nase in die Luft und schnüffelte. »Hmmm, der Professor kocht, habe ich Recht?«
»Höre ich da einen Hauch von Erleichterung in deiner Stimme?«
»Nicht nur einen Hauch. Mir fiel gerade ein riesiger Stein vom Herzen. Den gesamten Weg habe ich mir überlegt, welche Komplimente ich dir machen muss, um dich nicht zu kränken.«
»Da hast du ja noch einmal Glück, denn wir wissen ja alle, was für ein schlechter Lügner du bist.«
Zur Küche rief sie: »Ben ist da, und er hat mir gerade mitgeteilt, dass er eine Magenverstimmung hat und nichts essen kann.«
Ben beeilte sich in die Küche zu kommen, um dem Professor hastig zu sagen, dass es ihm gut ginge und Theresa eine dumme Zicke sei.
»Da erzählen Sie mir nichts Neues, Ben. Nehmen Sie doch Platz, die dumme Zicke wird Ihnen sicherlich gleich etwas zu trinken anbieten.«
»Theresa, benimm dich und spucke nicht in sein Glas.« Seine Stimme hatte den Tonfall eines strengen Lehrers angenommen.
Theresa trat auf ihn zu und flüsterte ihm ins Ohr: »Dieser Ton macht mich tierisch an. Du darfst mich später so im Bett anreden, und ich werde dir zeigen, dass ich auch artig kann.«
Ihr Tonfall einer reuigen Sünderin erregte ihn sehr, und für einen kurzen Augenblick nur verlor er seine immer beherrschte Fassung, und er musste hart schlucken. Zum wiederholten Male fragte er sich, wie sie das nur schaffte? Wenn er nicht ständig auf der Hut war, wäre er in einem Zustand völliger Hilflosigkeit gegenüber ihrer Scharfzüngigkeit und ihres Sexappeals.
Er fasste sich und drehte sich zu seinem Gast um. »Ich glaube, ich werde Ihnen lieber das Glas einschenken. Theresa ist heute nicht ganz zurechnungsfähig, scheint mir.«
Ben sah dem Turteln der beiden zu. Die Eifersucht hatte er längst abgelenkt, hatte er doch gewusst, dass aus ihnen einmal ein Paar wird. Er war Theresa dankbar, dass sie damals so ehrlich zu ihm gewesen war und noch früh genug die Handbremse gezogen hatte. Obwohl er sich nicht allzu sicher war, ob es wirklich früh genug für ihn gewesen war. Aber er freute sich für Theresa, die ihm eine sehr gute Freundin geworden war.
So wie er das sah, passten sie sehr gut zueinander, trotz des großen Altersunterschiedes. Er hoffte nur für sie beide, dass es nicht nur Bewunderung von ihrer Seite her war. Professor Calder war ohne Zweifel ein großartiger Mann, aber nicht besonders emotional und kein bisschen empathisch veranlagt. Das ließ seine Logik einfach nicht zu. Die Menschheit lag ihm am Herzen, das wusste Ben. Reichte das aber, um die Liebe einer jungen Frau zu erwidern? Auch das hoffte er für seine Freundin.
Sie kannten sich noch nicht lange, aber in der kurzen Zeit hatte der junge Student erkannt, dass sie eine tolle Frau war. Dass sie sich auch noch als wahre Schönheit herausstellte, war ja klar. Heute hatte sie ihre übliche unscheinbare Verkleidung nicht angelegt, stattdessen umschmeichelte ein enganliegendes rotes Kleid ihre schlanke Figur. Sie trug ihre Haare in großen Locken lang über der Schulter. Auch hatte sie ihre fürchterliche Brille nicht auf der Nase. Ihre Augen strahlten ohne aufwendiges Make-up und ihre Wangen zeigten ein zartes Rot. Theresa war einfach perfekt, eine Schönheit innerlich und äußerlich. Da war sie also doch wieder, die Eifersucht, von der er geglaubt hatte, sie abgelegt zu haben.
Unbewusst dachte er bei sich: „Ich hasse diesen Kerl.“ Natürlich meinte er es nicht so, aber der Gedanke kam ihm trotzdem gelegentlich. Und das er auch noch so fabelhaft kochen konnte, machte die Sache auch nicht besser.
„Ich habe mich an die falsche Person herangemacht“, dachte er mit einer Spur Selbstironie.
Ben haute beim Essen kräftig rein und nahm sich zweimal nach. Er war ein großer Mann mit einem durchtrainierten Körper.
»Sie laufen viel, nicht wahr?«
Zum ersten Mal fragte Peter ihn etwas Persönliches. War es geheucheltes Interesse, da er Konversation betreiben musste? Nein, es interessierte ihn wirklich, wie er selbst erstaunt feststellte.
»Ich bin früher auch etwas gelaufen, und ich überlege, wieder anzufangen. Wissen Sie, Theresa will mit mir in ihre alte Tanzschule gehen, da möchte ich mich vorher wieder ein wenig auf Vordermann bringen. Vielleicht könnten Sie mir ein paar Tipps geben.«
»Eins schon einmal vorab, übernehmen Sie sich nicht am Anfang. Viele Neueinsteiger oder Wiederanfänger glauben, Sie müssten sofort voll einsteigen. Aber das ist falsch. Sie müssen langsam anfangen und sich dann steigern, sonst übersäuern Ihre Muskeln und Sie schaden sich mehr als Sie sich helfen.«
»Das ist logisch. Danke für den Tipp.«
»Ah ha, du willst also anfangen zu joggen? Ist ja interessant.« Interessiert schaute Theresa ihren Liebsten an.
»Machst du mit?«
»Oh nein, das ist wirklich nicht mein Ding. Ich hasse laufen. Ich freue mich aufs Tanzen, und nur so möchte ich mich fithalten. Wahrscheinlich ist es einfach so, dass ich in der Zeit als Model genug gelaufen bin. Ich weiß nicht, wie viele Kilometer ich in den letzten zwölf Jahren abgelaufen bin. Jeden Laufsteg der Welt habe ich hunderte Male umrundet. Mal ganz abgesehen von dem täglichen Training, dass ich absolvieren musste. Nein, danke, ich habe genug davon.«
Die beiden Männer nickten verstehend.
»Du kannst ja deine High-Heels anziehen, dann fühlst du dich vielleicht beim Laufen wohler.«
Ben staunte, seit wann machte der Professor Scherze und lachte dann auch noch ausgelassen über seinen eigenen Witz?
Strafend schaute Theresa ihn an. »Wo ist denn jetzt deine Logik?«
Er beugte sich zu ihr rüber und flüsterte ihr eine Frage ins Ohr: »Wenn ich meinen strengen Tonfall heute Abend mit ins Bett nehme, bringst du dann deine High-Heels mit?« Ernsthaft schaute er ihr in die Augen.
»Soll ich dir auch noch meine Unterwäsche vorführen?« Kokett zwinkerte sie ihm zu.
»Dann bist du mein persönlicher „Victoria´s Secret Angel“?«
»Möchtest du, dass ich dich mit meinen Samthandschuhen anfasse?«
»Auch noch Samthandschuhe? Ich bin im Paradies. Würdest du es denn tun?«
Sie dachte nach und imitierte dabei seinen Gesichtsausdruck, den er bei ihrem Gespräch vorhin gezeigt hatte. Sie zog ihre Augenbrauen nachdenklich zusammen. Dann lächelte sie ihn an. »Ich glaube, ich würde es tatsächlich tun.«
»Tatsächlich?«
»Ja, für dich mit Freuden.«
Für einen Augenblick hatten sie Ben völlig vergessen. Nun stand er auf und verabschiedete sich. Ohne sich aus den Augen zu lassen, schickten sie ihm einen kurzen Gruß und waren schon wieder völlig ineinander versunken.
»Ist schon gut, Leute, ich finde auch alleine raus. Danke für das Essen. Wir sehen uns dann morgen in der Uni.« Fluchtartig verließ er das Haus, bevor die beiden noch übereinander herfielen, während er noch anwesend war.
»Geh schon mal nach oben, ich komme gleich nach.« Ihre Stimme klang geheimnisvoll.
Ohne an den Abwasch zu denken, ging Peter die Treppe hoch. Er war ein sehr ordentlicher Mensch, ein zwanghaft ordentlicher Mensch sogar. Doch Theresa brachte ihn dazu, alles stehen und liegen zu lassen, so schmutzig wie es war, und nur noch an sie zu denken.
Theresa eilte in den Keller und suchte ihre Sachen raus, die sie in Kartons hier unten lagerte. Da waren tatsächlich noch High-Heels, die sie eigentlich schon längst der Wohlfahrt hatte spenden wollen. Aber sie war sich nicht sicher, ob die hohen Schuhe wirklich als Spende geeignet waren. Sie nahm sie heraus, und weiter unten in dem Karton fand sie die langen, schwarzen Seidenhandschuhe, die bis zum Oberarm hinauf reichten. Voller Vorfreude strich sie sich damit übers Gesicht, sie bekam eine Gänsehaut von dem zarten Gefühl auf ihrer Haut. Sie hatte tatsächlich noch Unterwäsche von damals, die sie luftdicht in einem Frischhaltebeutel eingepackt hatte. Schnell ging sie in das Badezimmer in den ersten Stock und zog sich um oder besser gesagt, zog sich aus, denn das Nichts, das sie jetzt anzog, konnte man schwerlich als „sich anziehen“, bezeichnen. Sie grinste über den Gedanken.
Die sexy Frau hatte sich für hohe Lackstiefel entschieden, die bis zu den Oberschenkeln geschnürt werden mussten. Nein, die waren definitiv nichts für die Wohlfahrt, definitiv nicht. Sie schaute in den Spiegel und was sie sah, machte sie stolz. Theresas Figur war immer noch sensationell, allerdings nicht so wie die der Hungerlappen, die heutzutage so über die Laufstege stolzierten. Das ehemalige Model hatte Rundungen an den richtigen Stellen.
Peter saß auf der Bettkante und wartete spannungsgeladen. Er wusste nicht, was auf ihn zukam, als sich leicht die Tür zum Schlafzimmer öffnete und sich ein langes Bein in atemberaubenden High-Heels zeigte, das sich aufreizend am Türrahmen rieb. Das alleine verschlug ihm schon den Atem. Er befürchtete, sein Herz würde die Show, die sie ihm angedieh, nicht überstehen.
Theresa stieß die Tür auf und stellte sich breitbeinig in den Türrahmen. Starr und kerzengerade sitzend, schaute er dabei zu, wie sich dieses wundervolle Wesen langsam in Bewegung setzte und auf ihn zutrat, dann ein Bein hob und es ganz oben in seinem Schritt absetzte. Er hielt den Atem an. Sie warf mit einer lässigen Bewegung ihre Haare mit Schwung nach hinten.
Die schöne Frau zog nun ihren Lackstiefel langsam, seinen Schenkel dabei sanft entlang streichelnd, zurück. Als das sexy bekleidete Bein den Boden berührte, ging Theresa verführerisch das Bett entlang, bis sie an ihrem Nachtschränkchen angekommen war. Für ihn machte sie das Schlafzimmer zu seinem persönlichen Laufsteg. Sie blieb mit dem Rücken zu ihm stehen und schenkte ihrem Professor über die linke Schulter einen lasziven Blick. Sein Herz blieb voller Vorfreude auf das, was noch kommen würde, tatsächlich fasst stehen. Dann drehte sie sich zu ihm und präsentierte sich in einer heißen Pose, nur für ihn.
Sie lief auf diesen Horrordingern so selbstverständlich, dass ihm jetzt erst so richtig bewusstwurde, wie gut sie ihren Job beherrscht hatte. Sie ging nicht nur an ihm vorbei zum anderen Nachtschränkchen, nein, sie schien zu schweben. Er ließ sie nicht aus den Augen, jede ihrer Bewegungen ließ seine Erregung ein Stückchen mehr anwachsen. Es dauerte schier eine Ewigkeit bis sie wieder bei ihm angelangt war.
Theresa beugte sich zu ihm hinunter. Ihr Mund war seinem ganz nah als sie ihm einen Stoß gab, und er rücklings auf das Bett fiel. Erst setzte sie ein wundervolles Bein auf das Bett, dann kam das andere. Jetzt stand sie in ihrer vollen Größe über ihm, und er war erregt wie nie zuvor.
Völlig vergessen war seine Logik. Logik? Was für eine Logik? Hier stand eine Frau, die sich nur für ihn zum Sexobjekt machte, und sie genoss es in vollen Zügen. Das sah er in ihren funkelnden Augen. Er hatte ja keine Ahnung, dass er so sexistisch sein konnte, aber auch er genoss ihre Darbietung mit allen Sinnen.
Aufreizend langsam ließ sie sich auf seinen Schoss herabsinken und riss ihm das Hemd förmlich vom Leib. Die Knöpfe sprangen wild umher, viel zu ungeduldig war sie, um sich mit ihnen abzugeben. Ganz langsam glitt sie an seinem Körper hinab, bis ihre Beine wieder am Boden waren und öffnete seine Hose. Mit einem Ruck zog sie das lästige Kleidungsstück und gleich seine Boxershorts mit über seine Beine und schmiss sie mit Schwung hinter sich. Seine Erregung war nicht zu übersehen. Langsam, ganz langsam zog sie ihren Slip hinab und auch dieser folgte seinen Kleidungsstücken.
Als sie jetzt ein Bein auf das Bett setzte, sah er ihre Weiblichkeit, sah wie feucht sie bereits war. Ohne jedes weitere Vorspiel ließ sie sich ganz auf seinen Schoss sinken und führte ihn in sich ein.
Er wollte sich bewegen, aber sie drückte ihn auf das Bett, ihr Becken kreiste sanft und langsam. Der Rhythmus machte ihn verrückt. Sie schaute ihm in die Augen, und er konnte sich ihrem Blick nicht entziehen. Theresa strich mit ihren behandschuhten Händen über seine Brust, er war kurz davor, zu explodieren. Sie erhöhte das Tempo und beide kamen mit einem Aufschrei zum Höhepunkt.
»Oh Gott, wenn ich jetzt sterbe, dann mit einem Gefühl der vollkommenen Zufriedenheit. Ich danke dir, Liebes.«
Sie schmiegte sich schläfrig an seinen Körper, aber nach einer Zeit gestand sie ihm: »Ich habe ein kleines Problem.«
Schläfrig schaute er sie fragend an.
»Ich glaube, ich komme nicht alleine aus diesen Dingern heraus.«
Gar nicht mehr so schläfrig, kniete er sich auf das Bett vor sie hin und fing an, die Stiefel aufzuschnüren. Dabei strich er wie zufällig über ihre Oberschenkel. Sie stöhnte wohlig auf.
Solche Stiefel waren ja gemeingefährlich. Nicht nur, dass sie einen Mann erregten, wenn er sie an der Frau seiner Träume sah. Nein, wenn er sie aufschnürte, dann war es, als würde er das Kleid einer Frau öffnen. Und dann noch das Lackmaterial, über das Peter bei jeder Bewegung mit seinen Händen streifte.
Sie streckte ihr Bein aus und berührte ihn zwischen den Beinen, sofort war er wieder aufs äußerste erregt. Endlich war er unten angekommen, erleichtert zog er ihr die Stiefel von den Füssen, dabei strich er ihre Beine entlang. Ihr Stöhnen wurde lauter.
Fast nackt lag sie vor ihm, der BH zeigte mehr als er verbarg. Peter öffnete den vorderen Verschluss und das Nichts von einem Kleidungsstück folgte den Stiefeln. Langsam rollte er einen Handschuh hinunter über ihre Hand, dann folgte der andere. Die Handschuhe warf er aber nicht zu den anderen Kleidungsstücken, sondern benutze das samtweiche Material, um Theresa zwischen ihren Beinen zu stimulieren.
Sie streckte Peter ihr Becken entgegen und seufzte auf. Mit dem anderen Handschuh strich er über eine Brustwarze. Sie erschauerte, fasziniert beobachtete er, wie sie hart wurde. Er wiederholte es bei der anderen, bis sie so hart waren, dass es sie vor Verlangen schmerzte.
Die junge Frau schrie fast schon verzweifelt auf: »Peter! Komm her zu mir! Ich will dich in mir spüren.«
Er kam ihrem Wunsch sofort nach, ließ sich zwischen ihre Beine sinken und drang sanft in sie ein. Diesmal gab er das Tempo vor. Mit langsamen Stößen trieb er sie immer näher an ihren zweiten Orgasmus heran. Sie kam ihm mit weichen Bewegungen ihres Beckens hingebungsvoll entgegen. Zärtlich und ohne Eile brachte er sie zur Erlösung. Ihre Ekstase ließ auch ihn einen weiteren, langanhaltenden Höhepunkt erleben.
Theresa umklammerte ihn mit ihren langen Beinen und hielt ihn in sich. Schweratmend ließ Peter sich sanft auf sie nieder. Als sich die Liebenden wieder beruhigt hatten, ließ er sich zur Seite sinken und zog sie mit sich, so dass ihr Kopf auf seiner Brust zum Liegen kam. Erschöpft und völlig zufrieden schliefen sie mit einem Lächeln auf den Lippen ein.
Möchten Sie mehr über den Physiker Peter Calder und dessen zauberhafte Studentin Theresa Winter erfahren? Das können Sie in dem zweiten Teil "Ein unbeugsamer Physiker und seine brillante Studentin" der Trilogie "Eine große Konspiration" in T. M. Wulfs spannender "Welt der Thriller".
Texte: t.m.wulf71@gmail.com
Bildmaterialien: t.m.wulf/pixabay.de/t.m.wulf71@gmail.com
Cover: t.m.wulf71@gmail.com
Tag der Veröffentlichung: 23.10.2018
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