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Prolog

Blitze jagten über den Himmel und schwere Regentropfen klatschen gen Erde. Die Sterblichen hatten sich in ihre Häuser evakuiert und hielten nach einem Tornado Ausschau, so schlimm war der Sturm. Oben auf dem Olymp war die Lage nicht besser. Zeus, der Herr der Himmel, war wirklich sauer. Der olympische Rat der zwölf war zusammengekommen, um über das Schicksal eines Babys zu beraten. Das mochte dumm klingen, war für die die Götter aber lebenswichtig. Das Mädchen hätte nicht geboren werden dürfen. Nicht nur die höchsten Götter waren anwesend, auch ein Mann mit schwarzen Haaren, weißer Haut und einem Blick, der selbst einem Schwerkriminellen Angst gemacht hätte, war anwesend. Sein Blick flog dauernd zu dem kleinen Bündel, in dem das Baby lag.Neben dem anderen Gott stand eine junge Frau mit schwarzen Haaren und meergrünen Augen. Sie weinte fürchterlich und wollte ständig zu dem kleinem Mädchen. Dem Baby. Ihrem Baby. Zeus erhob sich und sofort waren alle still.Er schaute zu dem Schwarzhaarigen und sagte: „Nenn' mir einen Grund, Hades, warum dieses Kind leben sollte.“ Der Mann namens Hades antwortete sofort: „Weil ihre Mutter sehr traurig über den Verlust des Mädchens wäre und ich ebenso.“ Zeus schüttelte den Kopf und setzte sich wieder. Er betrachtete nachdenklich das Kind. Es hatte die gleichen Haare wie sein Vater und auch der Blick war identisch. Er wirkte seltsam fehl in einem Babygesicht. „Sie wird zu mächtig sein für ein menschliches Leben und zu schwach für das eines Gottes. Sie passt nirgendwo rein.“ Hades wurde wütend, wodurch seine Augen heller wurden. „Ein Halbblut ist doch genau das Gleiche, nur weniger mächtig.“, fauchte er. „Das stimmt nicht.“,meinte eine Göttin mit honigblonden Haaren und grauen Augen. „Sie am Leben zulassen ist nicht besonders weise. Sie ist kein Halbblut, Hades. Das wird nie so sein.“ „Athene.“, knurrte Hades. „Tu nicht so, als wüsstest du alles.“ Ehe Athene aufspringen konnte, um sich auf Hades zu stürzen, hielt Zeus sie fest. Ihre grauen Augen funkelten mordlustig. „Ich bin die Göttin der Weisheit.“, zischte sie. „Ich bin Allwissend.“ Fast hätte Hades etwas erwidert, aber Zeus kam ihm zuvor: „Ich gebe dir eine Frist, Bruder. Du lebst mit ihr in der Unterwelt und wir werden warten bis sie siebzehn wird. Dann werden wir weiter schauen.“ Hades nickte und die Frau neben ihm brach in Tränen aus: „Danke, hoher Herr Zeus. Vielen Dank.“ Der Herrscher der Götter winkte ab. Sie wollten gerade gehen, als Zeus fragte: „Hat das Mädchen auch einen Namen?“ Hades zögerte ehe er antwortete: „Ich habe sie nach einer Meeresnymphe benannt. Sie heißt Kalypso.“ 

Kapitel I (Anubis-Alias)

Manchmal spinnt meine Mutter einfach. Sie hat mich zum Beispiel gleich nach meiner Geburt verlassen und mich mit meinem Vater alleingelassen. Versteht mich nicht falsch, ich mag meinen Dad, aber er ist halt irgendwie anders. Ich habe viel von meiner Mom (oh, sie hasst es, wenn ich sie so nenne) vererbt bekommen und er ist das genaue Gegenteil von ihr. Ein langhaariger Rocker ohne Verantwortung. Vielleicht mochte meine Mutter aber auch einfach nur sein Motorrad. Auf jeden Fall begann der Tag wirklich schön, bis meine Mutter die Bombe platzen lies.

Ein Halbblut zu sein ist meistens tödlich. Irgendein Monster findet einen immer. Bin ich ein Halbblut? Leider ja. Mit elf fand ich heraus, wer meine totgeglaubte Mutter wirklich war. Aphrodite, die Göttin der Liebe. Ich besuchte sie öfter auf dem Olymp und ja, der Olymp und die griechischen Götter existieren wirklich. Heutzutage denken die Sterblichen das wären Mythen um Naturphänomene zu erklären, aber das ist Quatsch.Die Menschen glaubten einfach zu sehr an die Wissenschaft, um andere Erklärungen zuzulassen. Ich meine,wer weiß schon, dass Hermes das Internet erfunden hat? Manche Götter finden es gut, dass keiner mehr an sie glaubt. Andere hätten lieber wieder das gute, alte Griechenland. Mir persönlich war das egal, aber ich kann mich ja auch nicht mehr an das 'gute, alte Griechenland' erinnern.

An diesem Tag sollte ich meine Mutter auf dem Olymp besuchen. Normalerweise meldete sie sich nie freiwillig, was wohl bedeutete, dass es wichtig war. Ich musste zugeben, dass ich aufgeregt war. Halbblüter sehen ihr göttliches Elternteil oft nur selten und manche nie. Es gab Götter, die bekannten sich einfach nicht zu ihren Kindern. Folglich kannte keiner die Stärken und Schwächen der Demigottheit. Ich fand das ziemlich fies. Aber heute konnte keiner meine Laune verderben. Nicht das Ares-Kind, dass mich vollkommen absichtlich über den Haufen rannte und dabei hämisch feixte, noch ein Athene-Kind, dass mit mir Schwertkampftechniken lernen wollte und das ich nicht mehr abschütteln konnte.

Wie ihr seht lebe ich nicht mehr zu Hause, sondern in einer Schule für Halbblüter. Hier kriegen wir gezeigt, wie man kämpft und in einer normalen Welt lebt. Viele von uns wären schon längst tot, wenn es diese Schule nicht gäbe. Monster würden uns angreifen und vernichten. Sie denken, Halbblüter wären schwach und Monster greifen nur schwache an. Aber wir sind auf keinen Fall kraftlos. In uns ist immerhin Götterblut. Aber Monster kommen in das Schulgelände nicht rein, dafür sorgen magisch gesicherte Grenzen. Außerdem steht unsere Schule auf einer Insel. Auf ihr leben nur wir und ungefähr hundert goldene Kühe. Das Sonnenvieh des Apollo. Sie sind prächtig anzusehen, aber tödlich für jeden, der kein Apollo-Kind ist. Also auch für mich.

All diese Gedanken schossen mir durch den Kopf, als ich mein Zimmer, oder meine Zimmer, betrat. Das Schlafzimmer an sich ist schon riesig, aber wir haben auch noch eine Küche und jeder ein Bad. Dazu noch den großen Gemeinschaftsraum. Das Schlafzimmer war für fünf Personen gedacht, es lebten aber nur vier darin. Jeder hatte einen eigenen Zimmerbereich, der von den anderen uneinsehbar war und von dem Halbblut selbstständig dekoriert werden konnte. Als Aphrodite-Kind hat man für so was ein Händchen. Meine Wände waren weiß und um meinen Zimmerbereich stand ein weißer Zaun. Ich schlief in einem Hochbett und überall wuchsen Rosen. Kleine Gefälligkeit der Demeter-Kinder. Ich liebte meinen Bereich. Er war der Schönste von allen und der der magische Spiegel an der Wand sehr kostbar. Er war ein Geschenk von meiner Mutter. Damit konnte ich meine große Liebe sehen, wo immer sie war. Leider hatte ich sie noch nicht getroffen, deshalb funktionierte der Spiegel nicht. Außer mir war nur Clea in unserem Zimmer. Sie las ein Buch auf Altgriechisch mit dem passenden Titel 'Faszination Wasser'. Ihr Vater war Poseidon, der Gott des Meeres, deshalb war Wasser ihre Leidenschaft. Sie blickte einmal kurz auf und murmelte ein kurzes „Hallo“, dann las sie weiter in ihrem Buch. Ich ging geradewegs zu meinem Kleiderschrank und kramte mein Festtagskleid heraus. Auf dem Olymp durfte man nicht in Jogginghosen erscheinen, das passte einfach nicht. Deshalb hatte jedes Halbblut ein Kleid für solche Anlässe. Meines war weiß und an der Hüfte und am Ausschnitt mit Rosen verziert. Im Haar steckte mein Haarreif. Eigentlich war es ein Schwert, aber Waffen konnten sich oft in Alltagsgegenstände verwandeln, wenn sie nicht gebraucht wurden. Leider konnte ich das Schwert nicht benutzen, da man für solche Art von Waffe den Namen kennen musste. Ich wusste, das der Name auf der Klinge stand, aber ich konnte die Sprache der Schrift nicht lesen. Deshalb blieb das Schwert vorläufig ein Haarreif.

Als ich mich fertig angezogen hatte, ging ich zurück zu Clea. Die war immernoch in ihr Buch vertieft und schien gar nicht zu bemerken, wie ich das Zimmer auf und ab tigerte, bis sie plötzlich sagte: „Du bist ganz schön nervös wegen der Reise zum Olymp, oder?“ Ich schüttelte mit dem Kopf: „Der Olymp ist mir egal, aber meine Mutter...“ Clea nickte: „Ich weiß, wie es mir immer geht, wenn ich Dad besuchen komme. Ich meine, hey, unser eines Elternteil ist ein Gott. Das ist natürlich cool, aber auch irgendwie beängstigend.“ Ich wusste genau wovon sie sprach. Wir waren nun mal keine Menschen, zumindest nicht ganz. Ich dankte Clea für die Unterhaltung und verabschiedete mich von ihr.

Draußen auf dem Gang war es menschenleer. Die meisten waren bei den Hausaufgaben oder draußen auf dem Trainingsplatz. Niemand sah mich, als ich die Treppe zum obersten Stock hochging. Ich öffnete leise die erste Tür und trat ein. Drinnen gab es nicht viele Sachen, nur ein paar alte, griechische Relikte und Bücher. In einer Ecke stand ein langer Stab mit einer Fassung. Dort konnte man Gegenstände rein tun, die von dem Ort stammten, an den man reisen wollte. Ich besaß einen Stein, den ich in die Fassung legte. Es war wie immer unglaublich, aber der Stein passte haargenau rein. „Zum Olymp.“, sagte ich leise. Der Stab glühte hell auf und ich war in einer Woge von Licht verschwunden.

Als ich die Augen wieder öffnete, stand ich auf einem gepflasterten Weg. Ich wusste, dass er zum größten Gebäude im Olymp führte: Zum Rat der Götter. Einmal im Monat trafen sich die zwölf höchsten Götter zu einer Sitzung. Dort redeten sie über wichtige Dinge, auch über die Menschheit. Keiner, der nicht im Rat war, wusste wovon sie sprachen. Die Götter durften es auch nicht erzählen und alle hielten sich daran. Meine Mutter war auch im Rat, aber dort würde ich sie heute nicht treffen.

Nachdem ich ein kurzes Stück dem Weg gefolgt war, bog ich auf die Wiese ab. Ich kannte mich auf dem Olymp gut aus, da ich meine Mutter schon ziemlich oft sah, nur gingen die Treffen meistens von mir aus. Ich war ziemlich nervös, als ich den Hügel hochging, denn ich wusste was dahinter lag: Der Teich, an dem sich Aphrodite mit mir treffen wollte. Als ich den Hügelkamm erreicht hatte sah ich zwei Dinge. Das erste war der Teich. Er funkelte herrlich im Sonnenlicht und reflektierte das Licht in allen Regenbogenfarben. Überall flogen Schmetterlinge und Bienen umher und die Blumen dufteten nach Frühling. Das andere, was ich sah, war meine Mutter. Man konnte sie nicht beschreiben, so schön war sie. Ihre Haarfarbe schien das ganze Farbspektrum zu umfassen und ihre Augen waren ebenso. Sie saß am Teich in einem weißen Kleid und musterte ihr ohnehin perfektes Spiegelbild. Sie schien mich bemerkt zu haben, denn sie hob den Kopf und lächelte. „Anubis-Alias.“, sagte sie und stand elegant auf. Ich kam auf sie zu und begrüßte sie ebenfalls. Ich erwartete keine Umarmung oder sogar einen Kuss, denn so war meine Mutter einfach nicht. Sie zeigte gegenüber ihren Kindern keine Zärtlichkeit. Ich bekam davon heute ebenfalls nichts zu sehen.

Nachdem wir uns wieder am See niedergelassen hatten, fragte ich sie: „Warum sollte ich eigentlich kommen? Ist etwas passiert?“ Sie lachte leise und schüttelte den Kopf: „Aber nein, Tochter. Es ist alles in Ordnung, aber das hat jetzt Zeit. Wie ist es denn so in der Schule?“ Normalerweise war meine Mutter nie so interessiert an meinem Privatleben, trotzdem gab ich höflich Auskunft. Gespannt und wirklich interessiert hörte sie zu. Als ich geendet hatte, kam ihre Standartfrage: „Hast du an deiner Schule denn auch schon einen netten Jungen kennengelernt. Also...“ „Nein, Mutter.“, unterbrach ich sie, denn ich wusste worauf die Frage hinauslief. „Ich habe keinen Freund und bin auch nicht verliebt.“ Die Augen der Liebesgöttin funkelten. „Oh, das ist perfekt.“, murmelte sie

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 27.03.2013
ISBN: 978-3-7309-1717-6

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