Er stand auf der Brücke und sah in den Abgrund. In letzter Zeit war er oft hier her gekommen, ohne genau sagen zu können, warum. Er mochte die gähnende Leere, das Gefühl, zu schweben. Jetzt war er schon wieder hier und lehnte sich gegen das dünne Geländer, das verhindern sollte, dass ausversehen ein kleines Kind oder sonst jemand in die Schlucht fiel. Er konnte am Grund Wanderer erkennen, die an dem, von oben schmal erscheinenden Fluss entlangschlenderten. Manchmal, wobei, eigentlich sehr oft, wünschte er sich, dass er genauso unbeschwert sein könnte, wie die Wanderer am Fluss es schienen. Einfach mal irgendwo gemütlich spazieren gehen und sich über nichts Sorgen machen müssen. Er drehte sich um und stieß sich energisch von der Brüstung ab. Selbstmitleid konnte er jetzt gar nicht brauchen.
In seiner Gedankenwelt versunken, bemerkte er ihn erst, als er bereits in ihn reingerannt war. ER. Er, wegen dem all seine Probleme und Sorgen erst angefangen hatten. Jacob. Eigentlich wollte er Jacob böse anschnauzen und dann schnell verschwinden, aber sein Herz klopfte viel zu schnell und sein Mund verzog sich zu einem leichten, schüchternen Lächeln, statt, wie eigentlich gedacht, zu einem säuerlichen Ausdruck. „´Tschuldigung“ krächzte er, räusperte sich schnell und setzte ein „Hi, Jacob.“ hinterher. „Oh, hey. Ich wollte eh zu dir.“ Anscheinend war Jako in Gedanken auch woanders gewesen und hatte ihn jetzt erst bemerkt. Fragend verzog er sein Gesicht. Warum wollte Jacob zu IHM? Sein Gegenüber sah den überlegenden Ausdruck und erklärte schnell. „Du hattest doch neulich so große Probleme in Mathe und Physik… Ich hab gedacht, ich könnte dir vielleicht helfen. Also… Wenn du willst.“ Zum Ende war er, der übrigens fast Klassenbester war, immer leiser geworden. Dass er das noch erleben durfte. Ein schüchterner Jacob. Aber er hatte Recht, er hing in Mathe und Physik tatsächlich hinterher. Nur seit wann interessierte Jacob das? Jacob war so … intelligent und gab sich eigentlich nicht mit Leuten ab, die in Mathe etwas schlechteres als eine 2 hatten. Und er hatte gerade die zweite vier, bei drei Noten wohl gemerkt, kassiert. Er überlegte, ob es etwas nützen würde, wenn er jetzt einfach nach Hause rannte, kam aber zu dem Schluss, dass Jacob wohl wissen würde, wo er wohnte und es demnach wenig nützen würde. Stattdessen dachte er dann darüber nach, wie er sich möglichst unauffällig und schnell aus dieser Situation befreien konnte. „Okay.“ Flüsterte er kaum hörbar, aber Jacob verstand ihn. Direkt nachdem das simple Wort seine Lippen verlassen hatte, verfluchte er sich selbst. Konnte er denn nicht einmal nachdenken, bevor er etwas sagte?
Auf dem Weg zu ihm sagten sie kein einziges Wort, was ihm sehr entgegenkam. Er hatte Angst, sonst noch mehr und weitaus schlimmere Dinge als dieses „Okay“ zu sagen.
Er schloss die Tür auf und musste anfangen zu reden. Um der Höflichkeit Willen. Sonst wäre er wahrscheinlich für immer neben IHM hergelaufen und hätte versucht, nichts zu sagen. Aber so musste er mit ihm sprechen. „Die Schuhe kannst du hier links hinstellen, mein Zimmer ist die Treppe hoch und dann direkt rechts. Ich hol kurz was zu trinken.“ Er wollte sich eigentlich nur an den Gedanken gewöhnen, dass Jacob im Haus war und einmal tief durchatmen. Aber er redete sich ein, er würde es machen, weil es sich so gehörte. „Danke.“ Erwiderte Jako und lächelte ihn an „Wo ist die Toilette?“ Einen kleinen Moment starrte er Jacob nur an, ehe er wohlüberlegt antwortete: „Gegenüber von meinem Zimmer.“
Daran gewöhnen, dass Jako wirklich in SEINEM Haus, oder bessergesagt, dem seiner Familie war, konnte er sich auch nicht, nachdem er zwei Gläser Cola eigeschenkt und in sein Zimmer getragen hatte, indem er Jacob jetzt gegenüber saß. „Wo sind eigentlich deine Eltern?“ fragte besagter ihn gerade, während sein Blick unstet durch das Zimmer wanderte. „Meine Ma ist arbeiten“ antwortete er, während seine Augen nervös an Jako hingen. Plötzlich schämte er sich für die vielen Blumentöpfe, die bei ihm im Zimmer und auf der Fensterbank standen. Welcher normale Junge hatte schon Blumen bei sich? „Und dein Vater?“ Autsch. Das tat weh. Aber Jacob konnte nicht wissen, auf welch einem gefährlichen Terrain er sich beim Thema seines Vaters befand. „Der ist abgehauen.“ Versucht er so normal wie möglich raus zu bringen. Jako, der ihn kaum kannte bemerkte nichts. „Oh! Wann?“ hakte er nach. Gefährlich. Für Jacob und für ihn. Er sah Jako nicht an, sondern stierte stur auf den Boden, versuchte ruhig zu bleiben. „Vor einem halben Jahr.“ Presste er hervor, mühsam Wut und Verzweiflung unterdrückend. „Das tut mir leid.“ Erwiederte Jacob. Er klang mitfühlend und auch besorgt. „Willst du mir erzählen, warum?“ Eigentlich hatte er keine Lust, darüber zu reden. Eigentlich wollte er es so weit wie möglich verdrängen. Aber warum nicht, dacht er. Dann würde Jacob wenigstens abhauen und ihn in Ruhe lassen. „Ich bin schwul, hab mich geoutet.“ Erklärte er lustlos.
Eine Millisekunde war es still in seinem Zimmer und Jacob sah ihn perplex an, schien zu überlegen, was dieser Satz bedeutete. Dann fing Jako an zu grinsen und drückte ihn fest an sich. „Tja, dann wohl verspäteten herzlichen Glückwusch zum Outing. Ich bin leider noch nicht so weit.“
Enttäuschung darüber, dass Jacob nicht einfach aufgestanden und panisch hinausgerannt war, macht sich in ihm breit, bevor ihn ein sehr, sehr starkes Glücksgefühl durchströmte. Jacob war auch schwul. Oder zumindest bi. Er freute sich total darüber, auch wenn diese Freude etwas gedämpft wurde, als er überlegte, dass seine Chancen bei Jacob trotzdem verschwindend gering waren. Ungläubig fragte er zur Sicherheit nochmal nach, ob sein, in diesem Moment ziemlich langsam arbeitendes Gehirn alles richtig zugeordnet hatte. „Du bist auch schwul?“ Er konnte nicht verhindern, dass diese Frage hoffnungsvoller klang, als sie eigentlich sollte. Er kam sich vor, wie in einem Traum. Einem besonders Guten, wohlgemerkt. „Ja, bin ich. Wie hast du es gemerkt?“ fragte Jako, immer noch unverändert grinsend. Verlegen sah er zu Boden. Was sollte er antworten? Die Wahrheit? Wenn das hier wirklich ein Traum war, konnte er es ja mal versuchen und wenn nicht… Tja, dann hatte er halt Pech gehabt, entschied er. „Ich hab irgendwie noch nie Interesse an Mädchen gehabt, aber richtig klar geworden ist es mir, als ich dich das erste Mal gesehen habe.“ Nuschelte er, hoffte dass Jacob zumindest den letzten Teil nicht verstehen würde. Aber dieser hatte einfach zu gute Ohren. Er grinste jetzt noch breiter, falls das überhaupt möglich war. „Du hast, als ich Anfang letzten Schuljahres in den Klassenraum gebracht und vorgestellt wurde, gedacht: >Ja, man, ich bin schwul< ? Ich hoffe, dass hat wenigstens etwas mit mir zu tun.“ Gluckste Jacob als Antwort. Sein Herzschlag schnellte peinlich in die Höhe und er lief rot an, als er das hörte. „Ja, hat es.“ Er schämte sich, als er es zugab. Niemals würde Jacob auf ihn stehen. Leider. „Das ist schön zu hören.“ Meinte dieser. „Bei mir hat es nämlich auch mit dir zu tun.“ Sein Kopf schoss in die Höhe, suchte in Jacobs Augen irgendein Anzeichen dafür, dass er sich über ihn lustig machte. Gab es nicht. Also, zu dem Schluss kam er, musste es wirklich ein Traum sein. Und in einem Traum konnte man quasi nichts falsch machen. Und dann konnte er… Er legte seine Lippen vorsichtig auf Jakos und klammerte sich an diesen.
Er steht auf der Brücke, in ihm ist es seltsam ruhig. Er hat gehört, dass viele in dieser Situation ihr ganzes Leben vor dem inneren Auge vorbeiziehen sehen, aber er sieht nichts. Er spürt nichts als eine tiefe Ruhe und Zufriedenheit. Er hat sein Leben wieder in den Griff bekommen. Er bekommt Nachhilfe in Physik und Mathe, allerdings nicht von Jacob. Von Jacob bekommt er ganz andere Dinge. Liebe. Zuneigung. Immer ein offenes Ohr. Und immer noch Herzrasen, wenn er nur diesen Namen hört. Gute Noten in der Schule. Akzeptanz von seiner und Jakos Familie, abgesehen von seinem eigenen Vater. Aber der ist ihm egal. Er ist glücklich und genau deswegen steht er hier. Er will nicht, dass es irgendwie endete, sondern er will es selbst beenden. Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Und jetzt ist es am schönsten.
Er schwingt seine Beine über das dünne Geländer und setzt sich darauf. Ein Wunder, dass es hält, so dünn, wie es ist. Er stellt sich auf den minimalen Vorsprung auf der anderen Seite der Absperrung, bemerkt nicht die Schritte, die sich ihm nähern. Bemerkt erst die Arme, die sich um ihn schlingen, als er sich vorbeugt und sich an ihm festhalten. Bemerkt die Stimme die ihm ins Ohr flüstert. „Nimm mich mit.“ Sagt sie. Und dann lässt er los.
Hey, Wolfi!
Ich wünsche die alles, alles erdenklich Gute zum Geburtstag! Bitte nimm mir das Ende nicht allzu übel *ganz lieb guck* Genieß das nächste Jahr! (auch wenn du dann meine Geschichten ertragen musst;))
Hallo, ihr Lieben!
Das ist also meine erste veröffentlichte Kurzgeschichte, ganz klein und unscheinbar... Ich hoffe ihr hattet trotz dem Ende ein wenig Gefallen daran!
Ich verschwinde dann jetzt auch ganz schnell wieder;)
Schönen Tag noch!
„Was?“ Mühsam unterdrückte ich ein Lachen, konnte allerdings nicht verhindern, dass ich kurz aufgluckste „Du bist echt neidisch auf Lina?“ Mein Freund funkelte mich teils böse, teils beschämt an. „Naja…“, murmelte er langgezogen, während er sich an mich kuschelte „du machst in letzter Zeit so viel mit ihr…“ Ein leichter Vorwurf klang in seiner Stimme mit, als wollte er sagen „Mach doch lieber was mit mir.“ Ich konnte es ihm nicht verübeln, schließlich war ich in den letzten Wochen tatsächlich oft bei ihr gewesen. Wenn mein Freund allerdings gewusst hätte, warum, wäre er bestimmt nicht so empfindlich gewesen, nur konnte ich ihm nichts sagen. Vorerst.
„Außerdem bist du mit ihr zusammen gewesen.“, sagte er nun leicht schmollend. „Just, du weißt genau, dass wir damals 13 waren und das Ganze nur ne knappe Woche gehalten hat.“ „Trotzdem warst du mit ihr zusammen!“ Mensch, konnte der bockig sein. „Hey, ich dachte du weißt mittlerweile, dass ich auf Männer stehe, genau genommen auf den wundervollen, jungen Mann, der hier, direkt vor mir steht und so tut als wäre er eifersüchtig.“, meinte ich liebevoll lächelnd und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Aber ich muss jetzt wirklich los, tut mir leid, Lina wartet sicher schon.“
Damit zog ich mir meine Schuhe an, drückte Justin noch mal und flüsterte ein „Dafür hast du mich Morgen ganz für dich.“ in sein Ohr, bevor ich die Wohnungstür hinter mir schloss und in der prallen Hitze des Hochsommers stand. Ich wand mich nach links und schritt zügig auf das kleine Café zu, in dem ich mich mit Lina verabredet hatte, um nochmal alles für Morgen zu besprechen. Morgen. Hoffentlich war Just nicht zu beleidigt… Aber am nächsten Tag würde er ja sehen, dass ich mich aus gutem Grund mit meiner besten Freundin getroffen hatte. Wenn alles glattlief…
Immer noch gedanklich beim darauffolgenden Tag drückte ich Lina kurz, bevor ich mich ihr gegenüber auf einen Stuhl fallen ließ. „Hey“, begrüßte ich sie. „Na. Schon aufgeregt wegen Morgen?“, bekam ich als Antwort – oder eher als Frage zurück. „Jaaa“, gab ich zu „Just wollte mich erst nicht gehen lassen.“ Sie schmunzelte. „Wenn er wüsste, wie sehr du dich für ihn ins Zeug legst, ich glaube, er würde dich jedes Mal aus dem Haus jagen.“ Kurz schien es, als wäre sie in eine Parallelwelt eingetaucht, in der mich mein, sonst so zurückhaltender Freund durch die Straßen jagte. Anscheinend ein relativ witziges Paralleluniversum. Letztendlich landete meine Freundin aber wieder in der Realität und so konnte ich sie endlich fragen, ob das Geschäft die Großbestellung mittlerweile geliefert hatte. Zusätzlich wollte ich mit ihr den Plan nochmal durchgehen. Innerlich bereitete ich mich schon auf einen langen Redeschwall seitens Linas vor, der auch gleich darauf über mir zusammenbrach. „Also…“
Als ich Lina vor gut zwei Monaten von meiner Idee erzählt hatte, Justin zu überraschen und ihr erklärte, dass ich dazu ein wenig Hilfe benötigen würde, war ich enorm aufgeregt gewesen. Es hatte mich einiges an Überwindung gekostet, sie zu fragen, ich war unsicher gewesen wie noch nie. Aber selbst das wurde tausendfach getoppt von dem Gefühl, das mich befiel, als ich am nächsten Morgen aufwachte. Ich sprang aus dem Bett, machte mich in Rekordzeit fertig und setzte mich an meinen Schreibtisch. Dort lag ein Block, auf dem ich jedes kleine Detail des Plans für heute Nachmittag notiert hatte. Eigentlich war ich mir sicher, dass ich mir alles genauestens eingeprägt hatte, aber man konnte sich ja nie sicher genug sein… Nachdem ich den Ablauf einige Male in Gedanken durchgegangen bin, rief mich Just an. Ich hatte sowieso gleich zu ihm gehen wollen, aber er bat mich, in einer viertel Stunde fertig zu sein und dann auf ihn zu warten. Er wollte mich mit dem Auto abholen. Also hatte er auch etwas geplant… Ich hoffte, es würde sich nicht mit meinem Vorhaben überschneiden.
Fertig war ich schon, also nutzte ich die Zeit, um darüber nachzudenken, was er wohl vorhatte. Ich kam in den 15 Minuten auf kein sinnvolles Ergebnis und so war ich gespannt, wo es hingehen würde, als wir in sein Auto stiegen. Just brachte uns zur Minigolfanlage unserer Heimatstadt, nahe eines Parks, der in meinem Vorhaben inbegriffen war. Dann würde ich halt den Teil davor weglassen - der war eh nicht wichtig - und das Ganze im Park starten lassen… Jetzt konzentrierte ich mich jedoch voll auf meinen Freund, der versuchte der hübschen Brünetten hinter dem Empfang klar zu machen, dass wir nur zu zweit waren und auf niemanden mehr warten würden. Daraufhin versuchte sie, sich an Justin ran zu machen, während sie ihm die Schläger reichte. Die Hoffnungen, erfolgreich zu sein wurden jedoch von mir zunichte gemacht, in dem ich meinen Freund von hinten umschlang und der etwas perplex schauenden, jungen Frau die Bälle aus der Hand nahm, während ich Just am Hals küsste. Er stieg sofort darauf an und fragte scheinheilig: „Kommst du, Schatz?“ Natürlich machten wir auch sonst kein Geheimnis daraus, dass wir zusammen waren, aber es war einfach immer wieder köstlich, Leute damit aus dem Konzept zu bringen. Besonders junge Frauen, die versuchten mit einem von uns zu flirten boten wunderbare Opfer…
Wir wandten uns ab und betraten die Anlage. Jedoch nicht ohne ein Schmunzeln über den peinlich berührten, ein wenig faszinierten Gesichtsausdruck der Empfangsdame, während wir händchenhaltend zum ersten Loch gingen. Während des Spieles verlor ich allmählich an Nervosität, bis ich schließlich ganz im Golfen versank. Trotzdem hatte ich gegen meinen Freund keine Chance und so besiegte er mich am Ende auch. Wir blödelten noch, während wir auf die Theke zugingen. Es war immer noch die gleiche Frau hinter dem Tresen. Jetzt musterte sie uns mit sehr großer Neugier und fragte uns schließlich: „Wie lange seid ihr schon zusammen?“ Ich legte meine Hand auf Justins Hüfte und meinte: „Seit zwei Jahren.“ „Genau.“, stimmte Just mir lächelnd zu und lehnte sich gegen mich. „Ihr seid süß zusammen.“, stellte sie fest. „Ich wünsche euch alles Gute!“ „Danke.“, antwortete ich verdattert und wir wünschten ihr noch ein tolles Restwochenende, schließlich war heute Sonntag.
Nachdem wir im Lokal gegenüber Mittag gegessen hatten, fragte ich meinen Freund, ob wir eine Runde spazieren gehen wollen. Zum Glück stimmte er zu und wir begaben uns auf den Weg zum Park. Ich will mir gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn er nicht zugestimmt hätte, aber das Wetter spielte mit und Justin liebte die Natur. Deswegen war ich überhaupt erst auf die Idee gekommen, mit ihm spazieren zu gehen.
Wir ließen uns auf einer Parkbank nieder und redeten. Wir redeten über alles und trotzdem über nichts. Wir redeten über uns, die Zeit vor uns und unsere Zukunft. Trotzdem gab es nichts, was wir nicht schon wussten. Und dennoch genoss ich das Gespräch genauso, wie die Gespräche, die wir geführt hatten, als wir noch nicht alles übereinander wussten. Überhaupt genoss ich die Zeit mit ihm. Ich fühlte mich so unendlich frei bei ihm. Mit ihm.
Als das Handy in meiner Hosentasche vibrierte, wusste ich genau, wer das war, wusste genau, was in der Nachricht stand. Niemand ruft mich sonntags an, niemand schreibt mir sonntags. Noch weniger heute. „Willst du nicht nachsehen?“, fragte Just mich. „Nein“, antwortete ich „Ich habe dir gestern versprochen, heute nur für dich da zu sein, also bin ich das auch.“
Ich stand auf und zog ihn ebenfalls hoch. „Komm, ich will dir etwas zeigen.“ Ich nahm seine Hand und führte ihn auf die große, alte Halle zu, die mitten im Park war. Kurz bevor wir die Tür erreichten, drehte er mich zu sich um. „Hey, bevor wir jetzt in diese alte Lagerhalle verschwinden und womöglich nicht mehr lebend auftauchen, möchte ich dich noch einmal richtig küssen!“ Damit drückte er seine warmen, weichen Lippen sanft auf meine. Ein Glücksgefühl durchströmte mich. Ich erwiderte den Kuss kurz, bevor ich grinsend meinte: „Gutes Argument, allerdings nutzlos, weil ich dafür gesorgt habe, dass dort drinnen alles andere als dumme, alte Geister auf uns warten.“ Ich atmete noch einmal tief ein, bevor ich die Tür aufstieß und versuchte in Justs Gesicht abzulesen, wie er es fand. Es gab immer noch die Möglichkeit, dass er es nicht mochte. Und dann? Ihm entglitten die Gesichtszüge. Oh, je. Gefiel es ihm etwa nicht?
Er kam auf mich zu und legte seine Hände an meine Wangen. „Das hast du alles für mich gemacht? Es ist wunderschön!“, meinte er. Langsam wandte ich den Blick von meinem Freund ab und ließ ihn durch den Raum schweifen. Es sah genau so aus, wie ich es mir vorgestellt hatte. Überall im Raum standen rote, sanft leuchtende Kerzen. Einzig ein schmaler Pfad war nicht mit den Lichtern belegt. „Na komm!“, forderte ich ihn auf und gemeinsam gingen wir nun genau diesen Weg entlang. Er wand sich in Schlängellinien durch den riesigen Raum, der jetzt fast aussah wie ein Saal, und führte zu einem gedeckten Tisch. Ich führte ihn zu seinem Stuhl und gab ihm danach die Karte, die davor zwischen den dampfenden Tellern gestanden hatte. „Alles Gute zum Zweijährigen“, flüsterte ich. Er zog mich auf seinen Schoß, er hatte Tränen in den Augen. „Ich liebe dich, Micha“, schluchzte er. Ich wischte ihm sanft ein paar Tränen von den Wangen. „Ich liebe dich auch, Justin! “
Das war also mein zweiter Oneshot. Ich hoffe, er hat euch gefallen, vielleicht besser als der letzte :)
Ich mach mich ans schreiben, eventuell kommt der nächste etwas schneller ;)
Bis dahin, Tigerchen
Texte: Alle Texte stammen von mir
Lektorat: Danke an die liebe Black Sheep
Tag der Veröffentlichung: 28.11.2014
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